JudikaturVfGH

E870/2025 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
06. Juni 2025
Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Die antragstellende Gesellschaft brachte am 18. April 2024 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs auf Art144 B VG gestützte Beschwerden gegen die im Kopf dieses Beschlusses genannten Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ein.

1.1. Der antragstellenden Gesellschaft wurde mit Schreiben des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Juni 2024 die Möglichkeit eingeräumt, sich zur Rechtzeitigkeit der Beschwerden zu äußern. Mit Schreiben vom 12. Juni 2024 führte die antragstellende Gesellschaft aus, dass sich die Zustellbenachrichtigungen erst am 7. März 2024 in ihrem Postkasten befunden hätten und aus diesen kein Datum der Hinterlegung ersichtlich gewesen sei. Eine Zustellung sei daher erst am 7. März 2024 erfolgt.

1.2. Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juni 2024 legte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Verständigungen über die Hinterlegung der angefochtenen Entscheidungen vor. Diesen war zu entnehmen, dass die angefochtenen Erkenntnisse vom 22. Februar 2024 bis zum 11. März 2024 bei einer näher bezeichneten Geschäftsstelle der Österreichischen Post AG zur Abholung bereitgehalten und am 7. März 2024 behoben wurden.

2. Mit Beschluss vom 16. September 2024 — zugestellt am 27. September 2024 — wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerden zurück, weil die angefochtenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes bereits am 22. Februar 2024 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt wurden. Die erst am 18. April 2024 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachten Beschwerden waren daher als verspätet zurückzuweisen.

3. Mit Eingabe vom 24. März 2025 stellt die antragstellende Gesellschaft nunmehr den Antrag auf Wiederaufnahme der abgeschlossenen Beschwerdeverfahren. Begründend führt sie aus, die angefochtenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes seien erst am 7. März 2024 und nicht — wie vom Verfassungsgerichtshof festgestellt — am 22. Februar 2024 zugestellt worden. Die Hinterlegungsmitteilung sei der antragstellenden Gesellschaft erst am 7. März 2024 zur Kenntnis gebracht worden. Das Schriftstück habe bei der Post Geschäftsstelle auch zunächst nicht ausgefolgt werden können, weil der Zusteller die Schriftstücke noch mit sich geführt habe. Die Schriftstücke hätten erst am Nachmittag ausgefolgt werden können.

4. Der Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren ist unzulässig:

4.1. Da das VfGG die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§530 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden (VfSlg 8972/1980, 9126/1981).

4.2. Nach §530 Abs1 Z7 ZPO — auf den sich der Wiederaufnahmeantrag der Sache nach stützt — kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde". Der Antrag ist aber nur dann zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, die neuen Tatsachen oder Beweismittel vor Schluss der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen (§530 Abs2 ZPO). Ein entsprechender Antrag ist innerhalb von vier Wochen ab dem Tag, an welchem die Partei imstande war, die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen, zu stellen (§534 Abs1 und 2 Z4 ZPO).

4.3. Gemäß §538 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG ist ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Beschwerdesache zurückzuweisen, wenn dieser nicht auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (auch nicht der Sache nach) gestützt oder nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben worden ist (vgl VfSlg 16.642/2002). Wenn die in dem Antrag angegebenen Tatsachen und Beweismittel nach den eigenen Behauptungen der antragstellenden Partei bereits im abgeschlossenen Beschwerdeverfahren bekannt waren bzw in diesem von der antragstellenden Partei benützt werden konnten, also keine "nova" sind, ist der Wiederaufnahmeantrag ebenso als unzulässig zurückzuweisen (vgl zB OGH 5.8.2009, 6 Ob 30/09v mwN).

4.4. Die antragstellende Gesellschaft begründet ihren Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren im Wesentlichen damit, dass die Zustellung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen auf Grund von Zustellmängeln bei der erfolgten Hinterlegung erst zu einem späteren Zeitpunkt rechtswirksam erfolgt sei. Mit diesem — nicht näher substantiierten — Vorbringen legt die antragstellende Gesellschaft jedoch das Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel nicht dar, zumal sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung und damit der Rechtzeitigkeit der Beschwerden bereits im Rahmen der zu E1464/2024 und E1465/2024 protokollierten Beschwerdeverfahren auseinandergesetzt hat. Ungeachtet dessen wäre der nunmehr erst am 31. März 2025 — und damit rund sechs Monate nachdem der antragstellenden Gesellschaft der zurückweisende Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zugestellt wurde — eingebrachte Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren jedenfalls verspätet.

4.5. Der Antrag auf Wiederaufnahme der zu E1464/2024 und E1465/2024 geführten Verfahren ist daher gemäß §538 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG zurückzuweisen. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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