JudikaturVfGH

E3207/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
11. März 2025
Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch (erneute) Abweisung einer Beschwerde gegen eine Bauplatz- und Baubewilligung für die Errichtung eines Campingplatzes und Restaurantbetriebs; keine Zulässigkeit der Bewilligung eines Bauvorhabens mangels Vorliegens eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplans ("weißer Fleck") auf Grund der Aufhebung der Flächenwidmung durch den VfGH

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2021 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Hinterstoder der Campingresort Hinterstoder GmbH (im Folgenden: beteiligte Partei) die Bauplatzbewilligung für das Grundstück Nr 441/2, EZ175, KG Hinterstoder, (Spruchpunkt I.) und die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Campingplatzes mit Restaurantbetrieb auf diesem Grundstück (Spruchpunkt II.).

2. Die dagegen vom Beschwerdeführer (Nachbarn), einem deutschen Staatsangehörigen, erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 15. November 2022 als unbegründet ab.

3. Aus Anlass der vom Beschwerdeführer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde leitete der Verfassungsgerichthof von Amts wegen ein Verordnungsprüfungsverfahren ein und hob mit Erkenntnis vom 6. Dezember 2023, V73/2023 ua, den örtlichen Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20, den Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65, beschlossen jeweils vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 27. November 2019, und den Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa", beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 4. Mai 2021, als gesetzwidrig auf.

4. Mit Erkenntnis vom 6. Dezember 2023, E3500/2022, hob der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 15. November 2022 wegen Anwendung dieser gesetzwidrigen Verordnungen auf.

5. Mit Erkenntnis vom 25. Juni 2024 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2021 im zweiten Rechtsgang erneut als unbegründet ab.

5.1. Begründend führt das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Aufhebung der maßgeblichen Verordnungen mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023, V73/2023 ua, für das Baugrundstück derzeit kein Flächenwidmungsplan und kein Bebauungsplan existiere. Zwar sei inzwischen die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes beschlossen worden, in dem für das Baugrundstück die Widmung "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusbetrieb" beabsichtigt sei; diese Änderung sei jedoch noch nicht rechtswirksam.

5.2. Dem Beschwerdeführer komme gemäß §31 Abs1 Oö Bauordnung 1994 (Oö BauO 1994) Parteistellung als Nachbar zu. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe das Mitspracherecht des Nachbarn aber einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den baurechtlichen Vorschriften subjektiv öffentliche Rechte zukämen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte durch die rechtzeitige Erhebung von Einwendungen wirksam geltend gemacht habe. Nicht näher einzugehen sei daher auf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Ortsbildschutzes, der Sicherstellung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, der Verkehrserschließung, der Zahl von Stellplätzen, des Umwelt- und Naturschutzes, des Abfließens von Niederschlagswässern und des Grundwasserstandes, weil diese Themen nach näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte berührten.

5.3. Für das Bauvorhaben sei auch eine gewerberechtliche Genehmigung erforderlich, weshalb gemäß §31 Abs6 Oö BauO 1994 Einwendungen im Hinblick auf zu erwartende Immissionsbelastungen nur in eingeschränktem Umfang zulässig seien, und zwar nur, insoweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der jeweiligen Widmungskategorie beträfen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe dem Nachbarn ein Rechtsanspruch auf Einhaltung einer Widmung dann zu, wenn die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes auch seinem Interesse dienten, also insbesondere dann, wenn sie einen Immissionsschutz gewährten. Für das Baugrundstück gelte derzeit aber keine Flächenwidmung.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, dass seine Immissionseinwendungen nach §31 Abs3 Oö BauO 1994 vor dem Hintergrund allgemeiner Parameter (etwa aus dem ABGB) zu prüfen seien, finde sich dafür in der Oö BauO 1994 keine Rechtsgrundlage. Weiters lasse der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass seine Grundstücke als Grünland, Land- und Forstwirtschaft, gewidmet und unbebaut seien. Nach §31 Abs4 Oö BauO 1994 sei der Immissionsschutz dahingehend eingeschränkt, dass er nicht für Nachbargrundstücke oder die allenfalls darauf errichteten Bauwerke gelte, die nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet seien.

5.4. Vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023, V73/2023 ua, sei nunmehr strittig, ob das Bauvorhaben auf einem durch die Aufhebung der Flächenwidmung entstandenen "weißen Fleck" genehmigt werden dürfe oder ob die Baubewilligung deshalb (sofort) zu versagen sei. Dazu vertrete das Landesverwaltungsgericht die Ansicht, dass das Bauvorhaben auf dem derzeit vorhandenen "weißen Fleck" jedenfalls zulässig sei, weil das Fehlen einer Widmung der Erteilung einer Baubewilligung gerade nicht entgegenstehe (Verweis auf VwGH 20.10.2015, Ro 2015/05/0019; 27.2.2018, Ro 2016/05/0009). Der Verwaltungsgerichtshof habe auch bereits klargestellt, dass in einem solchen Fall eine Aufhebung der Baubewilligung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Baubehörde bis zur neuerlichen Erlassung eines Flächenwidmungsplanes nicht in Betracht komme.

Für den Antrag des Beschwerdeführers, das Landesverwaltungsgericht möge die angefochtene Baubewilligung auf Grund der Entscheidung des Verfassungsgerichthofes sofort zur Gänze aufheben, bestehe keine gesetzliche Grundlage. Es existiere auch kein subjektiv öffentliches Recht auf "Achtung des raumordnungsrechtlichen Bestandschutzes" und kein Rechtsanspruch auf Erlassung einer Verordnung.

5.5. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei aber zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, weil aus der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in anders gelagerten, aber vergleichbaren Fallkonstellationen abgeleitet werden könnte, dass das Verwaltungsgericht in einem Fall, in dem eine für eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines beantragten Bauvorhabens notwendige Verordnung fehle, im Verfahren über ein Rechtsmittel eines Nachbarn, der sich gegen die Erteilung der Baubewilligung wende, nicht zum Ergebnis kommen dürfe, dass das Rechtsmittel abzuweisen sei (Verweis auf VfGH 18.6.2014, B683/2012; 27.2.2018, E1328/2016; VwGH 1.8.2018, Ra 2018/06/0021). Allerdings hätten diese Fälle bislang die Rechtslage in der Steiermark betroffen. Zudem bleibe auch nach dieser Rechtsprechung offen, ob dies bedeute, dass bei Fehlen einer Flächenwidmung ("weißer Fleck") die Baubewilligung auf Grund einer Nachbarbeschwerde (sofort) zu versagen wäre.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes bedeute die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes lediglich, dass im fortgesetzten Beschwerdeverfahren (erneut) eine inhaltliche Auseinandersetzung mit potentiell beeinträchtigten Nachbarrechten geboten gewesen sei. Das Vorliegen eines "weißen Flecks" führe aber nicht automatisch zur Versagung der Baubewilligung. Zudem sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtslage in Oberösterreich die Abweisung des Baubewilligungsantrages dann nicht in Frage komme, wenn bereits eine Änderung eines Flächenwidmungsplanes anhängig und zu erwarten sei, dass nach Rechtswirksamkeit der Änderung kein Widerspruch zur Flächenwidmung vorliege (§30 Abs6 Oö BauO 1994).

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B VG, Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

6.1. Im Zentrum der Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich stehe die Ansicht, dass das Bauvorhaben auf dem derzeit vorhandenen "weißen Fleck" zulässig sei, weil das Fehlen einer Flächenwidmung der Erteilung einer Baubewilligung nicht entgegenstehe. Diese Argumentation sei willkürlich. Das Landesverwaltungsgericht konzediere zwar, dass die jüngere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 18.6.2014, B683/2012, und 27.2.2018, E1328/2016) zu einem anderen Ergebnis führe; dennoch folge es dem Verfassungsgerichtshof nicht. Es hätte in einer Konstellation, in der eine für eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines beantragten Bauvorhabens notwendige Verordnung fehle, nicht zulasten des Beschwerdeführers über diesen Mangel hinweggehen dürfen.

6.2. Die vom Landesverwaltungsgericht herangezogene Theorie vom "weißen Fleck" sei überholt, weil sie vor dem Verfassungsgerichtshof nicht mehr habe bestehen können. Sie sei auch in der Lehre scharf kritisiert worden. Fasse man Planungsrecht und Planunghierarchie verfassungs- und gesetzeskonform auf, dann sei ein mängelfreier Flächenwidmungsplan die Voraussetzung für einen mängelfreien Baubescheid. Ohne mängelfreie Flächenwidmung ließen sich auch nachbarrechtliche Befugnisse nicht erkennen und Einwendungen nicht präzise erheben. Im Rechtsstaat bestehe ein Anspruch darauf, dass planungsrechtliche Änderungen in den dafür vorgesehenen Verfahren mit den entsprechenden Abläufen festgelegt würden. Dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Erlassung einer bestimmten Verordnung habe, ändere nichts daran, dass er die Befugnis habe, eine bestehende Verordnung zu bekämpfen.

6.3. Nach §30 Abs6 Z1 Oö BauO 1994 seien Bauansuchen abzuweisen, die zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widersprächen. Daraus sei in der Vergangenheit zum Teil verfehlt gefolgert worden, dass dort, wo es keinen Flächenwidmungsplan gebe, auch kein Widerspruch zu einem solchen bestehen könne. Spätestens die Novellierung des §30 Abs6 Oö BauO 1994 mit LGBl 55/2021 ("Der Abweisungsgrund der Z1 liegt nicht vor, wenn ein Verfahren zur Änderung eines Flächenwidmungsplans, […] bereits anhängig und zu erwarten ist, dass der Widerspruch nach Rechtswirksamkeit der Änderung nicht mehr vorliegt.") habe deutlich gemacht, dass diese Ansicht verfehlt sei. Diesen Passus bräuchte es nicht, wenn mangels einer Flächenwidmung ein Bauansuchen ohnehin nicht abzuweisen wäre. Dies würden auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage unmissverständlich klarstellen (Verweis auf Erläut zur RV 1571/2021 BlgLT [Oö.] 28. GP, 14).

6.4. Dass das Landesverwaltungsgericht auf §30 Abs6 zweiter Satz Oö BauO 1994 verweise, sei unhaltbar. Mit dieser ohnehin bedenklichen "widmungsrechtlichen Konformitäts Fiktion" könne es allenfalls argumentieren, wenn es geprüft hätte, ob deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. In der Regierungsvorlage zu LGBl 55/2021 werde diesbezüglich ausgeführt: "Voraussetzung ist dabei allerdings, dass das entsprechende Raumordnungsverfahren nicht nur bereits eingeleitet wurde, sondern dass auch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einem aus Sicht der Baubewerberin oder des Bauwerbers positiven Ausgang ausgegangen werden kann […]." (Erläut zur RV 1571/2021 BlgLT [Oö.] 28. GP, 14). Aus der Bestimmung folge aber jedenfalls nicht, dass per se ohne Prüfung im Einzelfall ein "weißer Fleck" anzunehmen sei, der jede widmungsrechtliche Vorprüfung obsolet mache.

6.5. Schließlich gehe das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich darüber hinweg, dass in §70 Abs3 Oö Tourismusgesetz 2018 (Oö TG 2018) ein explizites Widmungserfordernis für Campingplätze statuiert sei. Diese seien als Sonderwidmung im Grünland auszuweisen und die einschlägigen Bestimmungen des Oö TG 2018 regelten dazu auch die Parteienrechte des Nachbarn umfassender als nach der Oö BauO 1994. Im Rahmen des Widmungsverfahrens seien also Interessen des Nachbarn geschützt, wenn es um die Schaffung der planungsrechtlichen Grundlage für den Bau und den Betrieb eines Campingplatzes gehe. Dies beziehe sich insbesondere auf Verkehrsemissionen. Auch vor dem Hintergrund dieses expliziten Widmungserfordernisses, auf das das Landesverwaltungsgericht nicht eingehe, könne nicht ein "weißer Fleck" postuliert werden, auf dem jedwede Bebauung zulässig sei.

6.6. Die vom Landesverwaltungsgericht vermeintlich anzustellende Auseinandersetzung mit "potenziell beeinträchtigten Nachbarrechten" sei dem Gericht gar nicht möglich, weil es diese potenziell beeinträchtigten Nachbarechte gar nicht erkennen könne, wenn die Widmung nicht feststehe. Das ergebe sich explizit auch aus §31 Abs4 letzter Satz Oö BauO 1994. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Baubehörde den Maßstab "nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung" erkennen und anwenden könne, wenn es eine solche Flächenwidmung gar nicht gebe. Mit der gewählten Vorgangsweise mache es sich das Landesverwaltungsgericht besonders leicht: Es erkläre widmungsrechtlich gestützte Einwendungen für irrelevant und behaupte zugleich, die Vorprüfung auf Widmungskonformität wäre wegen eines angeblichen "weißen Flecks" obsolet.

7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat den Gerichtsakt vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

8. Die beteiligte Partei (die Bauwerberin) hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen zusammengefasst wie folgt entgegentritt:

8.1. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei aus den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 2014, B683/2012, und vom 27. Februar 2018, E1328/2016, nicht ableitbar, dass die Baubewilligung wegen Fehlens des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes automatisch zu versagen wäre. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folge lediglich, dass im fortgesetzten Beschwerdeverfahren erneut eine Auseinandersetzung mit potenziell beeinträchtigten Nachbarrechten geboten sei. Die zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil gemäß §31 Oö ROG 1994 die Erlassung eines Bebauungsplanes nicht zwingend sei, es im Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde einen gültigen Bebauungs- und Flächenwidmungsplan gegeben habe und das Landesverwaltungsgericht die allfällige Beeinträchtigung der Nachbarrechte des Beschwerdeführers sehr wohl konkret geprüft habe.

8.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe zutreffend erkannt, dass das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren auf die ihm gesetzlich eingeräumten subjektiv öffentlichen Rechte beschränkt sei und daher auch die Nachbarbeschwerde nur in diesem Umfang zu prüfen gewesen sei. Vom Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren erhobene "ergänzende Einwendungen", etwa zur Nichteinhaltung von Abstandsvorschriften, die er trotz Vorhalt durch das Landesverwaltungsgericht nicht an die geänderte Rechtslage nach Aufhebung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplanes angepasst habe, seien daher unbeachtlich gewesen.

8.3. Im Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichtes habe für das Baugrundstück keine Flächenwidmung bestanden und es sei auch kein Bebauungsplan anwendbar gewesen. Der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder habe zwar gemäß §36 Oö ROG1994 ein Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplanes eingeleitet, bis zum Entscheidungszeitpunkt aber keine neuen Verordnungen erlassen. Das Fehlen einer Flächenwidmung stehe der Erteilung einer Baubewilligung grundsätzlich nicht entgegen. Im Nachbarbeschwerdeverfahren könne das Fehlen einer Flächenwidmung auch ausschließlich dahingehend geprüft werden, ob dadurch die subjektiv öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers beeinträchtigt würden.

8.4. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass nach §70 Abs3 Oö TG 2018 ein explizites Widmungserfordernis für Campingplätze bestehe, übersehe er, dass ihm hinsichtlich des Vorliegens einer bestimmten Widmung kein Mitspracherecht zukomme und die Baubehörde die Bestimmungen des Oö TG 2018 nicht zu prüfen habe, denn für die Genehmigung nach dem Oö TG 2018 sei ein eigenes Verfahren vorgesehen.

8.5. Die Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen betreffend den Schutz vor Immissionen setze gemäß §31 Abs4 Oö BauO 1994 voraus, dass die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet seien. Auf den als Grünland gewidmeten Grundstücken des Beschwerdeführers liege nicht einmal ein vorübergehender Aufenthalt von Menschen vor und es seien diese Grundstücke auch nicht zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt. Im Übrigen sei für das Bauvorhaben auch eine gewerbebehördliche Genehmigung erforderlich. In einem solchen Fall seien gemäß §31 Abs6 Oö BauO 1994 Einwendungen der Nachbarn, mit denen der Schutz gegen Immissionen geltend gemacht werde, nur zu berücksichtigen, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie beträfen; andere Einwendungen seien unzulässig.

9. Der Bürgermeister der Gemeinde Hinterstoder (als belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht) hat eine Äußerung erstattet, in der er dem Beschwerdevorbringen zusammengefasst wie folgt entgegentritt:

9.1. §31 Oö BauO 1994 räume kein von einer subjektiven Betroffenheit losgelöstes Nachbarrecht auf Einhaltung der Flächenwidmung ein, ohne dass diese Bestimmungen den Interessen der Nachbarn dienten. Niemandem komme ein subjektives Recht auf Erlassung eines Planungsaktes in Verordnungsform bzw auf dessen Gesetzmäßigkeit zu. Überdies ergäbe sich durch eine Flächenwidmung keine nachteilige Veränderung in der Rechtsposition des Beschwerdeführers, da die vor Änderung des aufgehobenen Flächenwidmungsplanes bestehende land- und forstwirtschaftliche Grünlandwidmung gleichfalls keinen Immissionsschutz gewähre.

9.2. Die vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 2014, B683/2012, vom 27. Februar 2018, E1328/2016, und VfSlg 20.400/2020 bezögen sich auf die Steiermark und beträfen spezifische Sachverhalte, weshalb sie auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar seien. Vergleichbare Bestimmungen wie die in diesen Erkenntnissen herangezogenen gebe es in Oberösterreich nicht. Zudem müsse in Oberösterreich nicht die Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan geprüft werden, sondern es genüge, wenn es diesen nicht widerspreche (§30 Abs6 Oö BauO 1994). Auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. August 2018, Ra 2018/06/0021, betreffe die Rechtslage in der Steiermark.

9.3. Der Immissionsschutz des Beschwerdeführers sei ohnehin durch die Betriebsanlagengenehmigung gewährleistet. Selbst bei Vorliegen einer Flächenwidmung könnte er aber bloß die Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie geltend machen. Abstands- und sonstige bautechnische Vorschriften, die der Beschwerdeführer als subjektiv öffentliche Rechte geltend machen könnte, müssten auch im vorliegenden Fall durch die zwingenden Vorschriften des Oö Bautechnikgesetzes 2013 (Oö BauTG 2013) eingehalten werden.

9.4. Die vom Beschwerdeführer kritisierte Theorie vom "weißen Fleck" sei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nichts anderes als ein Ausdruck des Eigentumsrechtes und der aus diesem erfließenden Baufreiheit. Dies habe zur Folge, dass auf dem "widmungsfreien" Baugrundstück jegliche Bauführung zulässig sei. §30 Abs6 Oö BauO 1994 sehe vor, dass ein Baubewilligungsantrag nicht abzuweisen sei, wenn ein Verfahren zur Änderung eines Flächenwidmungsplanes, Bebauungsplanes oder Neuplanungsgebietes bereits anhängig und zu erwarten sei, dass der Widerspruch nach Rechtswirksamkeit der Änderung nicht mehr vorliege. Dies sei vorliegend der Fall.

9.5. Wenn der Beschwerdeführer aus §70 Abs3 Oö TG 2018 ein gesondertes Widmungserfordernis ableite, verkenne er die Rechtslage. Das Oö TG 2018 sehe ein vom Baubewilligungsverfahren unabhängiges Verfahren vor, dessen Voraussetzungen gesondert zu prüfen seien. Die Bauwerberin verfüge über eine rechtskräftige Bewilligung nach diesem Gesetz. Der Beschwerdeführer irre auch, dass für einen Campingplatz zwingend eine Grünlandwidmung erforderlich sei. Wäre dies aber der Fall, so wäre für ihn nichts gewonnen, weil diese keinen Immissionsschutz biete.

II. Rechtslage

1. Das Landesgesetz vom 5. Mai 1994, mit dem eine Bauordnung für Oberösterreich erlassen wird (Oö Bauordnung 1994 Oö BauO 1994), LGBl 66/1994, idF LGBl 55/2021 lautet auszugsweise:

"Vorprüfung

§30. (1) Anträge gemäß §28 sind von der Baubehörde auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Landesgesetzes zu prüfen.

[…]

(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

[…]

Der Abweisungsgrund der Z1 liegt nicht vor, wenn ein Verfahren zur Änderung eines Flächenwidmungsplans, Bebauungsplans oder Neuplanungsgebiets bereits anhängig und zu erwarten ist, dass der Widerspruch nach Rechtswirksamkeit der Änderung nicht mehr vorliegt. Vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben.

[…]

Einwendungen der Nachbarn

§31. (1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden […]: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter, für die Nachbarrechte im Sinn des Abs5 höchstens 50 Meter, entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[…]

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

[…]

(6) Bei baulichen Anlagen, die auch einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, sind Einwendungen der Nachbarn, mit denen der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen geltend gemacht wird, nur zu berücksichtigen, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie betreffen."

2. Das Landesgesetz vom 6. Oktober 1993 über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oö Raumordnungsgesetz 1994 – Oö ROG 1994), LGBl 114/1993, idF LGBl 14/2024 lautet auszugsweise:

"Flächenwidmungsplan

§18. (1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus

1. dem Flächenwidmungsteil und

2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).

Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von fünfzehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von siebeneinhalb Jahren auszulegen.

(2) Das örtliche Entwicklungskonzept ist Grundlage des Flächenwidmungsteiles sowie der Bebauungsplanung und hat die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.

(3) Das örtliche Entwicklungskonzept ist eine zeichnerische Darstellung (Entwicklungsplan) mit den gegebenenfalls notwendigen ergänzenden textlichen Festlegungen im unbedingt erforderlichen Ausmaß. […]

(5) In Übereinstimmung mit den Zielen und Festlegungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes ist im Flächenwidmungsteil (Abs1 zweiter Satz Z1) für das gesamte Gemeindegebiet auszuweisen, welche Flächen als Bauland (§21 bis §23), als Verkehrsflächen (§29) oder als Grünland (§30) gewidmet werden. Die Gemeinde hat dabei auf Planungen benachbarter Gemeinden und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger möglichst Bedacht zu nehmen.

[…]

Sonderwidmungen im Bauland

§23. […]

(4) Als Sondergebiete des Baulands sind solche Flächen vorzusehen, die dazu bestimmt sind,

1. Bauwerke und Anlagen aufzunehmen, deren Standorte besonders zu schützen oder zu sichern sind oder denen sonst aus Sicht der Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt, wie insbesondere Krankenanstalten, Schulen, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, Kasernen, Sportstätten und Tourismusbetriebe, jeweils einschließlich der dazugehörigen, ständig bestehenden Anlagen, sowie Ver- und Entsorgungsanlagen, oder

[…]

(7) Tourismusbetriebe gemäß Abs4 Z1 dürfen als Beherbergungsbetriebe nur errichtet werden, wenn zugeordnete Räumlichkeiten für Infrastruktureinrichtungen, wie zB Rezeptionen, Speisesäle, Restaurants, Cafés, Wellnessbereiche und dergleichen vorhanden sind. Eine über die touristische Verwendung hinausgehende Nutzung für einen dauernden oder zeitweiligen Wohnbedarf ist unzulässig. Eine touristische Verwendung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Beherbergungsbetrieb der Tourismusabgabenpflicht gemäß §47 Abs2 Z1 Oö Tourismusgesetz 2018 unterliegt.

[…]

Grünland

§30. (1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen sind als Grünland zu widmen.

(2) Als Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan je nach Erfordernis insbesondere gesondert auszuweisen:

1. Flächen für Erholungs- oder Sportanlagen wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Tennishallen, Golfplätze, Reitsportanlagen, Gaststätten und Schutzhütten sowie Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten;

[…]

Bebauungsplan

§31. (1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß §11 Abs6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Bei der Erlassung der Bebauungspläne ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Insbesondere ist auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf die Ermöglichung einer ökologischen Bauweise (z. B. Solaranlagen, Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser), der Hygiene und der Feuersicherheit Rücksicht zu nehmen.

(3) §20 gilt sinngemäß.

Inhalt des Bebauungsplanes

§32. (1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

1. die genaue Abgrenzung des Planungsgebietes und die Darstellung seiner Lage im Gemeindegebiet;

2. die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen sowie die Darstellung von überörtlichen Planungen;

3. die Fluchtlinien (Abs3);

4. die Gebäudehöhe (Abs4);

5. den Verlauf und die Breite der Verkehrsflächen; nach Erfordernis auch die Angabe der Breite von Fahrbahnen und Gehsteigen;

6. die Art der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der Energieversorgung;

7. bestehende Bauwerke und Anlagen.

(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des §31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:

1. die Bauplätze, ihre Mindestgröße und Höhenlage;

2. die Bauweise (Abs5) und das Maß der baulichen Nutzung (Abs6);

3. Baufluchtlinien, an die im Baufall angebaut werden muß;

4. Fluchtlinien für verschiedene übereinanderliegende Ebenen desselben Planungsgebietes;

5. Höhenlinien;

6. Zu(Aus)gangs- und Zu(Aus)fahrtsverbote gegen bestimmte Verkehrsflächen;

7. den Verlauf der Anlagen der Energieversorgung und der Fernmeldeeinrichtungen;

8. Abstellplätze für Kraftfahrzeuge;

9. Flächen für Gemeinschaftsanlagen wie Kinder- und Jugendspielplätze;

10. Bestimmungen über die Anpflanzung und Erhaltung von Bäumen und Sträuchern sowie Maßnahmen der Dach- und Gebäudebegrünung;

11. die äußere Gestalt von Bauwerken und Anlagen wie Arkaden, Überbauungen und Dächer;

12. Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und Schallschutzwände sowie ähnliche Umwelteinrichtungen;

13. Bestimmungen über Nebengebäude;

14. abzutragende Bauwerke und Anlagen;

15. den Ausschluss der Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen im Sinn des §27 Abs1 der Oö Bauordnung 1994.

[…]

Aufsichtsverfahren und Kundmachung

§34. (1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, eine Änderung eines Flächenwidmungsplans oder eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz), so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan ist der Landesregierung vor Kundmachung des Beschlusses nur dann zur Genehmigung vorzulegen, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maß berührt werden. Überörtliche Interessen werden dann besonders berührt, wenn dies der Gemeinde von der Landesregierung anläßlich ihrer Stellungnahme gemäß §33 Abs2 mitgeteilt wurde.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan

1. Raumordnungszielen und -grundsätzen einschließlich den aus der Seveso III Richtlinie erwachsenden Pflichten oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder

2. einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß §11 Abs6 oder

3. – soweit nur der Flächenwidmungsteil (§18 Abs1 zweiter Satz Z1) betroffen ist – dem örtlichen Entwicklungskonzept (§18 Abs1 zweiter Satz Z2) oder

4. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Baulandanforderungen gemäß §21 und den Verfahrensbestimmungen, widerspricht oder

5. die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde.

[…]

Artikel V

[…]

(2) Auf Grundlage des Oö Raumordnungsgesetzes 1994, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl Nr 69/2015, erlassene örtliche Entwicklungskonzepte behalten ihre Geltung bis zur Erlassung eines örtlichen Entwicklungskonzepts auf Grundlage dieses Gesetzes. Mit Ablauf des 31. Dezember 2032 sind an diesen örtlichen Entwicklungskonzepten keine Änderungen mehr zulässig. Für Änderungen dieser örtlichen Entwicklungskonzepte gelten die Bestimmungen des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl Nr 69/2015.

[…]"

3. §18 Oö ROG 1994, LGBl 114/1993, idF LGBl 69/2015 lautete auszugsweise:

"Flächenwidmungsplan mit örtlichem Entwicklungskonzept

§18. (1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus

1. dem Flächenwidmungsteil und

2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).

Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.

(2) Das örtliche Entwicklungskonzept ist Grundlage des Flächenwidmungsteiles sowie der Bebauungsplanung und hat die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.

(3) Das örtliche Entwicklungskonzept besteht aus einer zeichnerischen Darstellung (Funktionsplan) und den gegebenenfalls notwendigen ergänzenden textlichen Festlegungen; […]

(5) In Übereinstimmung mit den Zielen und Festlegungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes ist im Flächenwidmungsteil (Abs1 zweiter Satz Z1) für das gesamte Gemeindegebiet auszuweisen, welche Flächen als Bauland (§21 bis §23), als Verkehrsflächen (§29) oder als Grünland (§30) gewidmet werden. Die Gemeinde hat dabei auf Planungen benachbarter Gemeinden und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger möglichst Bedacht zu nehmen.

[…]"

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998, 16.488/2002 und 20.299/2018; zur Geltung der Staatsbürgerrechte auch für Unionsbürger siehe VfSlg 19.077/2010) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

3. Ein derartiger Fehler ist dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unterlaufen:

3.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 15. November 2022 eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hinterstoder vom 11. Oktober 2021, mit dem die Bauplatzbewilligung für das Grundstück Nr 441/2, KG Hinterstoder, und die Baubewilligung für die Errichtung eines Campingplatzes mit Restaurantbetrieb auf diesem Grundstück erteilt wurden, als unbegründet abgewiesen. Diese Bewilligungen erfolgten vor dem Hintergrund, dass das in Rede stehende Grundstück als "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" gewidmet war.

3.2. Aus Anlass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. Dezember 2023, V73/2023 ua, insbesondere diese (von Grünland umgebene) Flächenwidmung wegen mangelhafter Grundlagenforschung und Interessenabwägung als gesetzwidrig auf. Dies bedeutet, dass die Gemeinde Hinterstoder die Grundlagenforschung und Interessenabwägung nachzuholen und anschließend neuerlich eine – gesetzmäßige – Flächenwidmung zu verfügen hat. Ob eine neuerliche Widmung als "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" gesetzmäßig ist oder nicht, kann insbesondere erst auf Grundlage dieser vollständigen Grundlagenforschung und Interessenabwägung beurteilt werden.

3.3. In der Folge hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. Dezember 2023, E3500/2022, auch das oben genannte Erkenntnis des Landesverwaltungs-gerichtes Oberösterreich vom 15. November 2022 auf, weil nach der Lage des Falles offenkundig war, dass die Anwendung gesetzwidriger Verordnungen (u. a. der genannten Änderung des Flächenwidmungsplanteiles) für den Beschwerdeführer nachteilig gewesen war.

3.4. Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Erkenntnis vom 25. Juni 2024 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hinterstoder vom 11. Oktober 2021, mit dem die Bauplatzbewilligung für das Grundstück Nr 441/2, KG Hinterstoder, und die Baubewilligung für die Errichtung eines Campingplatzes mit Restaurantbetrieb auf diesem Grundstück erteilt wurden, erneut als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass infolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023, V73/2023 ua, für das in Rede stehende Grundstück kein Flächenwidmungsplan und kein Bebauungsplan existiere, weshalb das Bauvorhaben im Sinne der Theorie vom "weißen Fleck" zulässig sei. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde somit im Ergebnis neuerlich die Baubewilligung für die Errichtung eines Campingplatzes mit Restaurantbetrieb erteilt, ohne dass sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023, E3500/2022, geändert hat.

3.5. Vor dem Hintergrund der aufhebenden Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023 zu V73/2023 ua bzw E3500/2022 hätte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aber angesichts der zuvor bestehenden Grünlandwidmung in einer Konstellation wie der vorliegenden nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass jedwede Bebauung im Sinne des aufgehobenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes jedenfalls zulässig ist, obwohl die die konkrete Bebauung ermöglichende Sonderwidmung vom Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieses Falles aufgehoben wurde. Mit seiner Entscheidung unterläuft das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher entgegen Art139 bzw Art144 B VG die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2023 zu V73/2023 ua bzw zu E3500/2022 (vgl auch §87 Abs2 VfGG sowie VfSlg 8536/1979 und 10.459/1985).

IV. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– und eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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