JudikaturVfGH

G30/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2024

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG begehren die Antragsteller, das AUA Betriebspensions-Änderungsgesetz, BGBl I 155/2023, (in der Folge: AUA BPÄG) zur Gänze, in eventu §3 Abs1 Z1 leg cit, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Das AUA-BPÄG, BGBl I 155/2023, lautet:

"Geltungsbereich

§1. Dieses Bundesgesetz gilt für Anwartschaften und Pensionsleistungen aus Betriebspensionszusagen von ehemaligen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern und von ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes der Austrian Airlines (AUA), es sei denn, auf diese Zusagen findet der Änderungs-Kollektivvertrag zur Pensionszusage für das Bordpersonal (PÄKV 2023) Anwendung.

Übertragung von Anwartschaften und Leistungsansprüche auf eine Pensionskasse

§2. (1) Die am 31. Dezember 2023 bestehenden Anwartschaften und Pensionsansprüche der ehemaligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes, die aus dem Arbeits(Dienst)verhältnis ausgeschieden sind, sind mit Wirkung 1. Jänner 2024 auf eine Pensionskasse zu übertragen, soweit deren Anwartschaften und Pensionsansprüche nicht bereits auf eine Pensionskasse übertragen sind.

(2) Der Arbeit(Dienst)geber hat das dafür notwendige Deckungserfordernis nach §48 Pensionskassengesetz (PKG), BGBl Nr 281/1990 grundsätzlich bis zum 1. Jänner 2024 an die Pensionskasse zu überweisen. Die Erstreckung der Überweisung auf längstens 10 Jahre gemäß §48 PKG ist zulässig, wobei die Überweisung des Deckungserfordernisses zuzüglich der Rechnungszinsen jährlich jeweils bis zum 31. Dezember mindestens mit je einem Zehntel zu erfolgen hat; vorzeitige Überweisungen sind zulässig.

(3) §3 ist auf die Leistungsansprüche dieser Pensionskassenzusagen anzuwenden, wobei der Rechnungszinssatz entsprechend den Vorgaben des PKG festzusetzen ist. Sofern nicht bereits vorhanden, sind die gesetzlich zwingend erforderlichen Bestimmungen zum Leistungsrecht in den entsprechenden arbeitsrechtlichen Grundlagenvereinbarungen vorzusehen.

(4) Mit der vollständigen Überweisung des Deckungserfordernisses wird der Arbeit(Dienst)geber aus der bisherigen Schuld und Haftung aus der direkten Leistungszusage frei.

Umwandlung der (leistungsorientierten) Pensionskassenzusagen in beitragsorientierte Pensionskassenzusagen

§3. (1) Für Anwartschafts- und Leistungsberechtigte, deren leistungsorientierte Ansprüche am 1. Jänner 2024 in der Pensionskasse verwaltet werden, hat die Umstellung auf eine beitragsorientierte Zusage in folgenden Schritten zu erfolgen:

1. Der Rechnungszinssatz wird auf 3 %, der vorgesehene rechnungsmäßige Überschuss auf 5 % abgesenkt[.] Dies gilt auch für die Zusagen, auf die gemäß §1 der PÄKV 2023 Anwendung findet.

2. Ausgehend von der individuellen Referenzpension wird eine individuelle Zielpension nach den folgenden Bestimmungen errechnet: Die vom Arbeit(Dienst)geber finanzierte Eigen- bzw Hinterbliebenenpension, wie sie im Dezember 2020 gebührte, wird für die Jahre 2021, 2022 und 2023 im Ausmaß der Erhöhungen der Gehälter für das Bordpersonal gem. OS-KV-2015 erhöht (entspricht: 1,4% für 2021, 2% für 2022 und 11% für 2023); das Ergebnis ist die Referenzpension. Die Zielpension errechnet sich aus der Referenzpension unter Anwendung der nachfolgenden Berechnungsregel. Die monatliche Referenzpension (jeweils brutto) unterliegt bis zu €500 keiner Verminderung, der Pensionsteil von über €500 bis zu €1.000 wird um 5%, der Pensionsteil von über €1.000 bis zu €1.500 um 10%, der Pensionsteil von über €1.500 bis €2.000 um 15% und der €2.000 übersteigenden Pensionsteil um 20% vermindert. Die Gesamtverminderung darf jedoch 15% der monatlichen Referenzpension nicht überschreiten.

3. Es ist die notwendige Deckungsrückstellung zu errechnen, welche für die durch Anwendung der Z1 und 2 neu errechnete Zielpension notwendig wird. Die Berechnung der notwendigen Deckungsrückstellung erfolgt gemäß den Bestimmungen des genehmigten Geschäftsplans der Pensionskasse.

4. Die gem. Z3 berechnete Deckungsrückstellung wird mit der zum 31. Dezember 2023 in der Pensionskasse vorhandenen kapitalgedeckten Deckungsrückstellung verglichen. Ist die vorhandene Deckungsrückstellung geringer als die notwendige Deckungsrückstellung, so wird aus der Differenz ein Einmalbetrag ermittelt, welcher in drei jährlichen gleich hohen Teilbeträgen bis spätestens 31. Dezember 2024, 31. Dezember 2025 und 31. Dezember 2026 vom Arbeit(Dienst)geber in die Pensionskasse einbezahlt wird.

5. Falls die individuelle, bereits vorhandene Deckungsrückstellung höher sein sollte als die nach der Z3 errechnete notwendige Deckungsrückstellung, so erfolgt eine Neuberechnung der Pensionsleistung auf Basis der individuellen, bereits vorhandenen Deckungsrückstellung.

6. Die individuelle Deckungsrückstellung zum 1. Jänner 2024 entspricht daher entweder der notwendigen Deckungsrückstellung gemäß Z3, oder der individuell bereits vorhandenen Deckungsrückstellung zum 31. Dezember 2023.

(2) Die Höhe der ab 1. Jänner 2024 gebührenden Leistung ergibt sich aus der Verrentung der individuellen Deckungsrückstellung und unter Anwendung des Rechnungszinssatzes gem. Abs1 entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse. Ab 1. Jänner 2024 wird das für die Erbringung der laufenden Versorgungsleistung vorhandene Kapital alljährlich zum Bilanzstichtag der Pensionskasse (31.Dezember) unter Berücksichtigung des Rechnungszinses, des rechnungsmäßigen Überschusses, der Sterblichkeitsgewinne/-verluste und des tatsächlichen Veranlagungsergebnisses und unter Beachtung der Vor-schriften über die Schwankungsrückstellung (§§24 und 24a PKG) gemäß den Grundsätzen des von der Pensionskassenaufsicht für die jeweilige Veranlagungs- und Risikogemeinschaft (VRG) genehmigten Geschäftsplanes bewertet. Dieser so bewertete Kapitalbetrag oder die sich so ergebende Deckungsrückstellung wird nach den Grundsätzen des genehmigten Geschäftsplanes verrentet, wodurch sich die im folgenden Jahr zur Auszahlung gelangende Versorgungsleistung ergibt, die somit höher, niedriger oder gleich hoch wie die Vorjahresleistung sein kann.

(3) Die zum 31. Dezember 2023 geltenden Bestimmungen für die Hinterbliebenenpensionen (etwa Anspruchsvoraussetzungen, Übergangs-Prozentsätze, allenfalls vorgesehene Deckelung der Pensionshöhe bei Anfall) bleiben für nach dem 31. Dezember 2023 neu anfallende Hinterbliebenenpensionen unverändert. §3 Abs1 ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Die Garantie eines Mindestertrages gemäß §2 PKG ist ausgeschlossen.

(5) Nach der Umstellung auf eine beitragsorientierte Pensionskassenzusage sind keine weiteren Beitragsleistungen des Arbeit(Dienst)gebers an die Pensionskasse mehr vorgesehen und es entfällt damit auch jegliche Nachschusspflicht des Arbeit(Dienst)gebers.

(6) Zusammen mit den Beiträgen gem. Abs1 leistet der Arbeit(Dienst)geber eine einmalige, zusätzliche Dotierung der Schwankungsrückstellung in Höhe von 2 % der zum 1. Jänner 2024 vorhandenen Deckungsrückstellung. Sofern das Veranlagungsergebnis der Pensionskasse zum 31. Dezember 2023 den rechnungsmäßigen Überschuss übersteigt, ist der den rechnungsmäßigen Überschuss übersteigende Teil auf diese 2 % anzurechnen.

(7) Die sich aus der Umstellung ergebenden Beiträge enthalten nicht die Kosten der Pensionskasse und die Versicherungssteuer, die beide vom Arbeit(Dienst)geber zusätzlich zu tragen sind.

Verweisungen

§4. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Vollziehung

§5. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betraut.

Inkrafttreten

§6. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zur Zulässigkeit ihres Antrages führen die Antragsteller, zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der Austrian Airlines (in der Folge: AUA) und die Witwe eines solchen, Folgendes aus:

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des vorliegenden Individualantrages seien erfüllt, weil das AUA-BPÄG unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreife:

Aus den den Schreiben der AUA bzw der VBV angeschlossenen Berechnungsblättern ergebe sich für die Antragsteller anstelle der bisherigen Bruttopension/dem bisherigen Brutto-Witwenbezug eine neue Brutto-Zielpension/ein neuer Brutto-Witwenbezug wie folgt:

§2 Abs1 AUA-BPÄG bestimme, dass die am 31. Dezember 2023 bestehenden Anwartschaften und Pensionsansprüche der ehemaligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ehemaligen Mitglieder des Vorstandes, die aus dem Arbeits(Dienst)verhältnis ausgeschieden seien, mit Wirkung 1. Jänner 2024 auf eine Pensionskasse übertragen würden, was auch geschehen sei.

Gemäß §3 Abs1 AUA-BPÄG habe für Anwartschafts- und Leistungsberechtigte, deren leistungsorientierte Ansprüche am 1. Jänner 2024 in der Pensionskasse verwaltet würden, die Umstellung auf eine beitragsorientierte Zusage in den in dieser Bestimmung beschriebenen Schritten zu erfolgen. Dies betreffe daher auch den Witwenbezug der Drittantragstellerin.

Die reduzierte Zielpension/der reduzierte Witwenbezug gelange daher, wie ebenso in den Schreiben der AUA bzw der VBV erwähnt werde, ab 1. Jänner 2024 seitens der Pensionskasse an die Antragsteller zur Auszahlung. Die in dem bekämpften Gesetz vorgesehene Rechtsfolge sei somit bereits eingetreten.

Die Antragsteller würden durch die Verfassungswidrigkeit des AUA BPÄG unmittelbar (ohne Erlassung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung) in ihren Rechten verletzt, und zwar in ihrem subjektiven Recht auf Eigentumsschutz wie auch auf Gleichbehandlung gemäß dem Gleichheitsgrundsatz.

Der Verfassungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass – sofern der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin bestehe, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen – ein solcher Feststellungsbescheid seit Einführung des Individualantrages (anders als zuvor, vgl zB VfSlg 6392/1971) eben kein für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendiges Mittel mehr sei (vgl VfSlg 10.842/1986, 11.402/1987); dies müsse auch für den Zivilrechtsweg gelten.

Ein anderer zumutbarer Weg als jener des Individualantrages, um die behauptete Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bestehe in diesen Fällen nicht.

Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sei es in den Fällen der Antragsteller nicht geboten, die (arbeits-)gerichtliche Feststellung der konkreten Rechtsfolge des AUA BPÄG – nämlich die Kürzung der ihnen bislang zustehenden Pension/des ihr zustehenden Witwenbezuges – zu begehren, weil sich diese ohnehin direkt aus dem Gesetz selbst auf eine jeden Zweifel ausschließende Weise ergebe.

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zur Zulässigkeit des vorliegenden Antrages Folgendes ausführt:

Nach Ansicht der Bundesregierung stehe den Antragstellern ein zumutbarer "Umweg" offen:

Gemäß §1 Jurisdiktionsnorm werde die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, soweit diese nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen seien, durch ordentliche Gerichte ausgeübt.

Gemäß §50 Abs1 Z1 und 4 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) handle es sich bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie zwischen juristischen Personen, die zur Gewährung von Ruhegenüssen, Versorgungsgenüssen oder ähnlichen einem früheren Arbeitsverhältnis entspringenden Leistungen errichtet und keine Sozialversicherungsträger seien, und Personen, die solche Leistungen beanspruchen würden, um Arbeitsrechtssachen. Nach §51 Abs3 Z2 ASGG stünden sonstige nicht mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigte Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten würden und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen seien, den Arbeitnehmern gleich. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft würden in der Regel weder als Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Personen qualifiziert. Je nach Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses und der wirtschaftlichen Unselbständigkeit würden in Ausnahmefällen jedoch auch Vorstandsmitglieder zu den arbeitnehmerähnlichen Personen gezählt (vgl Neumayr , in: Neumayr/Reissner [Hrsg.], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht II 3 , 2018, §51 ASGG, Rz 9 ff.). Der in §50 Abs1 Z1 ASGG geforderte Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sei umfassend zu verstehen, sodass auch Streitigkeiten aus Nachwirkungen eines Arbeitsverhältnisses unter den Begriff fielen (vgl Neumayr , aaO, §50 ASGG, Rz 10). Folglich liege eine Arbeitsrechtssache nach §50 ASGG auch dann vor, wenn Gegenstand des Verfahrens (vertragliche) Ansprüche seien, die betriebliche Ruhegeldzahlungen an ehemalige Arbeitnehmer betreffen würden (vgl etwa OGH 25.6.2003, 9 ObA 243/02d). Demgegenüber betreffe §50 Abs1 Z4 ASGG insbesondere Ansprüche gegen Pensionskassen im Sinne des Betriebspensionsgesetzes und des Pensionskassengesetzes (vgl Neumayr , aaO, §50 ASGG, Rz 17). Zur Entscheidung über Arbeits- und Sozialrechtssachen seien gemäß §2 Abs1 ASGG die ordentlichen Gerichte berufen.

Ob es sich bei Rechtsstreitigkeiten betreffend die vertraglich (im Vorstands- bzw Anstellungsvertrag der Antragsteller) geregelten Pensionszusagen um Arbeitsrechts- oder sonstige bürgerliche Rechtssachen handle, könne dahinstehen, weil in jedem Fall die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über derartige Rechtsstreitigkeiten berufen seien.

Im vorliegenden Fall stehe es den Antragstellern daher offen und wäre ihnen auch zumutbar, sich an die ordentlichen Gerichte zu wenden, um ihren Anspruch (gegen die AUA bzw die Pensionskasse) auf Leistung des einzelvertraglich ausbedungenen (höheren) Versorgungsbezuges geltend zu machen. Dabei hätten der Erstantragsteller und die Drittantragstellerin, deren Pensionsleistungen auf direkten Leistungszusagen der AUA beruhten, sowohl die Möglichkeit die AUA (als ursprüngliche Vertragspartnerin) gerichtlich zu belangen und im Zuge dieses Verfahrens die Unzulässigkeit der Übertragung ihrer Pensionsansprüche auf eine Pensionskasse, der Umwandlung in eine beitragsorientierte Pensionskassenzusage und der unter einem bewirkten Kürzung ihrer Pensionsansprüche vorzubringen, als auch die Pensionskasse zu klagen und im Zuge dieses Verfahrens die Unzulässigkeit der durch das Gesetz bewirkten Umstellung auf eine beitragsorientierte Pensionskassenzusage und der damit verbundenen Kürzung ihrer Pensionsansprüche zu behaupten. Auch dem Zweitantragsteller, dessen Pensionszusage als leistungsorientierte Pensionskassenzusage ausgestaltet gewesen sei, stehe die Möglichkeit offen, die Pensionskasse vor den ordentlichen Gerichten zu belangen. Als Parteien einer bei einem ordentlichen Gericht anhängigen Rechtssache bzw als Parteien einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache hätten die Antragsteller jedenfalls die Möglichkeit, durch Anregung einer amtswegigen Antragstellung auf Normenprüfung (Art140 Abs1 Z1 lita B VG) bzw mittels Parteiantrag (Art140 Abs1 Z1 litd B VG) ihre Bedenken gegen das AUA BPÄG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfGH 11.12.2020, V532/2020). Dies entspreche auch dem Charakter des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes (vgl VfGH 5.12.2022, G226/2022). Nach Ansicht der Bundesregierung seien auch keine außergewöhnlichen Umstände ersichtlich, die die Einbringung eines Individualantrages zulässig machen könnten; solche würden von den Antragstellern auch nicht substantiiert behauptet (vgl VfGH 1.12.2023, G151/2023).

3. Die Antragsteller haben eine Replik erstattet.

IV. Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 Z1 litc B VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

2. Ein solcher zumutbarer Weg steht den Antragstellern offen: Wie die Bundesregierung zutreffend aufzeigt, wäre es den Antragstellern möglich, beim örtlich und sachlich zuständigen ordentlichen Gericht mittels Klage von der AUA bzw der Pensionskasse die Leistung des einzelvertraglich vereinbarten (höheren) Versorgungsbezuges zu begehren, der das – behauptetermaßen verfassungswidrige – angefochtene Gesetz entgegensteht. In der Möglichkeit, ein gerichtliches Verfahren anhängig zu machen, ist grundsätzlich ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung von Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu sehen (siehe zB VfSlg 8979/1980, 10.445/1985, 14.355/1995, 15.835/2000, 16.920/2003, 18.569/2008, 19.874/2014; VfGH 28.11.2019, G14/2019; 22.6.2021, G101/2021). Mit der zumutbaren Anrufung der ordentlichen Gerichte stünde es den Antragstellern einerseits offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken an das Gericht heranzutragen und die Einleitung eines Verfahrens nach Art140 Abs1 Z1 lita B VG anzuregen (wozu jedes Gericht – sollte es die Bedenken teilen – gemäß Art89 Abs2 B VG verpflichtet ist), sowie andererseits aus Anlass eines Rechtsmittels gegen die gerichtliche Entscheidung erster Instanz selbst einen Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Daher bildet die Einleitung eines solchen zivilgerichtlichen Verfahrens einen zumutbaren Weg, der der Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrages im vorliegenden Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entgegensteht (weder mangelnde Erfolgsaussichten in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten noch das Prozessrisiko oder damit verbundene Kostenfolgen machen diesen Weg grundsätzlich unzumutbar; vgl VfGH 27.2.2024, G1838/2023, mwN).

3. Der Antrag erweist sich daher als unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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