JudikaturVfGH

G95/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
17. September 2024

Spruch

Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit näher bezeichneter Teile des §4a und des §14 Abs2 MSchG betreffend die Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes bei Beschäftigungsverboten für stillende Mütter.

Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl VfSlg 15.980/2000, 16.176/2001, 16.407/2001, 16.504/2002, 16.814/2003) lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Der Gesetzgeber kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl zB VfSlg 14.841/1997, 16.124/2001, 16.771/2002 und 20.298/2018); dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (zB VfSlg 11.615/1988, 14.841/1997); ebenso wenig können daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (VfSlg 8871/1980).

Der Verfassungsgerichtshof hat ferner bereits mehrfach ausgesprochen, dass dem Gesetzgeber bei der Regelung des Kündigungs- und Entlassungsschutzes von Verfassungs wegen ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zusteht. Es steht dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, je nach Schutzgesichtspunkten unterschiedliche Regelungen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vorzusehen (vgl VfSlg 20.087/2016; VfGH 14.6.2022, G144/2022; 25.6.2024, G29/2024 ua). Nichts anderes ist im Hinblick auf die Bestimmungen des MSchG anzunehmen, die dem Schutz schwangerer und stillender Arbeitnehmerinnen dienen.

Im Lichte dieser Rechtsprechung ist für den Verfassungsgerichtshof – mit Blick auf den vorliegenden Anlassfall und die vorgebrachten Bedenken – daher nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der mit dem Beschäftigungsverbot für stillende Mütter verbundenen Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes gemäß §14 Abs2 iVm §4a Abs2 MSchG die Grenzen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes überschritten hätte.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen sämtlicher Formerfordernisse und Prozessvoraussetzungen geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

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