JudikaturVfGH

G94/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
16. September 2024

Spruch

I. Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Die Antragstellerin behauptet die Verfassungswidrigkeit des §1503 Abs7 ABGB, in eventu einzelner Absätze dieser Bestimmung. Die angefochtene Bestimmung widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B VG und Art2 StGG, weil gemäß §1503 Abs7 Z2 ABGB die mit 1. Jänner 2017 unter anderen in Kraft getretene Bestimmung des §725 ABGB in Bezug auf die Rechtswirksamkeit bestimmter letztwilliger Verfügungen auch dann anzuwenden sei, wenn die betroffene Person nach dem 31. Dezember 2016 verstorben sei. Damit werde für bestimmte, vor dem 31. Dezember 2016 errichtete letztwillige Verfügungen die Anwendung einer Regelung normiert, die zum Zeitpunkt der Errichtung eines Testamentes nicht dem Rechtsbestand angehört habe und infolgedessen weder vom Testator noch von jenem Juristen, der mit der Aufsetzung der Urkunde beauftragt gewesen sei, bedacht werden hätte können. Weder aus dem Gesetz noch aus den Erläuterungen lasse sich eine Erklärung für die Ungleichbehandlung von vor und nach dem 31. Dezember 2016 errichteten letztwilligen Verfügungen ableiten.

Das Vorbringen im Antrag lässt die behauptete Verfassungswidrigkeit als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis VfSlg 20.269/2018 ausgesprochen, dass keine Bedenken im Hinblick auf den "rückwirkenden Charakter" der Bestimmung des §1503 Abs7 Z1 und Z2 iVm §725 ABGB im Lichte des aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Vertrauensschutzes bestehen. Eine letztwillig verfügte Begünstigung begründet nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in einem Fall, in dem der Gesetzgeber vor dem Tod des Erblassers die Begünstigung einer Person im Testament beseitigt, kein durch den verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutz geschütztes Vertrauen des testamentarisch Begünstigten. Darüber hinaus wurde das ErbRÄG 2015 bereits am 30. Juli 2015 kundgemacht; die damit geänderten Bestimmungen des §725 iVm §1305 Abs7 Z1 und 2 ABGB in Bezug auf bestimmte letztwillige Verfügungen traten nach einer vergleichsweise langen Legisvakanz am 1. Jänner 2017 in Kraft. Es bestand daher für den Testator eine ausreichend lange Zeit, gegebenenfalls gewünschte, entsprechende Änderungen letztwilliger Verfügungen vorzunehmen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen aller Prozessvoraussetzungen geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

2. Da somit die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof als offenbar aussichtslos erscheint, ist ihr unter einem mit dem Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.

3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z1 B VG bzw §72 Abs1 ZPO ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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