WI3/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Anfechtung wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
1. Am 9. Juni 2024 fand die mit Verordnung der Bundesregierung, BGBl II 72/2024, ausgeschriebene Wahl zum Europäischen Parlament statt, deren Ergebnis mit Kundmachung der Bundeswahlbehörde vom 26. Juni 2024, GZ.: 2024 0.453.634, verlautbart wurde.
2. Mit am 27. Juni 2024 eingelangter Eingabe beantragt der Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Wählergruppe die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Anfechtung der Wahl zum Europäischen Parlament vom 9. Juni 2024 wegen "Verfassungswidrigkeiten beim Wahlrecht".
Mit am 28. Juni 2024 eingelangter, ausdrücklich als "Wahlanfechtung" bezeichneter Eingabe ficht die anfechtungswerbende Wählergruppe die Wahl zum Europäischen Parlament vom 9. Juni 2024 an. Auch in einem weiteren Schriftsatz vom 2. Juli 2024 legt sie ausdrücklich dar, dass es sich bei der Eingabe vom 28. Juni 2024 um eine Wahlanfechtung handelt. Die Anfechtung stützt sich ohne nähere Begründung auf das "gleiche Wahlrecht" und nennt als "[r]elevante Paragraphen […] unter anderem, aber vermutlich nicht ausschließlich: Art141 B VG, Art26 B VG; Art18 StGG; Art60, 95, 117 B VG; Art7 B VG, Art2 StGG; Art83 Abs2 B VG; Artikel 1 EMRK". Ein Aufhebungsbegehren enthält die Anfechtung nicht.
3. Gemäß §15 Abs2 VfGG hat eine an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Wahlanfechtung nach Art141 B VG unter anderem eine Darlegung des Sachverhaltes, aus dem der Antrag hergeleitet wird, und ein bestimmtes Begehren zu enthalten. Gemäß §67 Abs1 letzter Satz VfGG hat eine Wahlanfechtung einen begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten.
3.1. Die vorliegende Anfechtung erfüllt diese Voraussetzungen nicht: Sie erschöpft sich – neben pauschalen Behauptungen – in einer Aufzählung von als relevant erachteten Verfassungsbestimmungen, ohne jedoch in irgendeiner Form darzulegen, inwiefern diese auf Grund welchen Sachverhaltes verletzt worden seien bzw aus welchen konkreten Gründen das Wahlverfahren rechtswidrig gewesen sei. Es liegt somit keine Konkretisierung der Wahlanfechtungsgründe vor, die den Voraussetzungen des §67 Abs1 VfGG genügen würde (vgl VfSlg 12.953/1991; VfGH 12.10.1994, W I 11/94; 22.9.2020, WIV89/2020). Außerdem enthält die Anfechtung keinen Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben, sondern lediglich den Antrag, "dass die Sache öffentlich verhandelt wird", und die nicht näher konkretisierte Forderung nach einer "umfangreiche[n] Abarbeitung", sodass auch kein zulässiges Begehren iSd §15 Abs2 iVm §67 Abs1 VfGG vorliegt (vgl VfGH 12.6.2023, WII1/2023).
3.2. Schon aus diesen Gründen hat der Verfassungsgerichtshof die Wahlanfechtung zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen der übrigen Prozessvoraussetzungen geprüft werden muss.
4. Bei diesem Ergebnis erweist sich die von der anfechtungswerbenden Wählergruppe angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos, weshalb ihr – (auch im Hinblick auf die Eingabe vom 2. Juli 2024) nicht auf das Vorliegen sämtlicher Formerfordernisse geprüfter – Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen ist (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG).
5. Diese Entscheidungen konnten in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VfGG bzw gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.