G48/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG, begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge §71c Abs5 UG, in eventu §71c Abs5 letzter Satz UG, jeweils BGBl I 120/2002, idF BGBl I 52/2023 als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl I 120/2002, idF BGBl I 52/2023 lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtene Bestimmung des §71c UG idF BGBl I 177/2021 ist hervorgehoben):
" Zulassung zum Studium
§60. (1) Das Rektorat hat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium zuzulassen. (1a) […]
[…]
Zulassung zu ordentlichen Studien
§63. (1) Die Zulassung zu einem ordentlichen Studium setzt voraus:
1. die allgemeine Universitätsreife,
2. die besondere Universitätsreife für das gewählte Studium,
3. die für den erfolgreichen Studienfortgang notwendigen Kenntnisse der deutschen oder, wenn das Studium in englischer Sprache abgehalten wird, der englischen Sprache; für die Zulassung zu einem Doktoratsstudium die für den erfolgreichen Studienfortgang notwendigen Kenntnisse der Sprache, in welcher das Studium abgehalten wird,
4. die künstlerische Eignung für die Studien an den Universitäten gemäß §6 Abs1 Z16 bis 21,
5. die sportliche Eignung für sportwissenschaftliche Studien und
6. für die Zulassung zu einem Bachelor- oder Diplomstudium, nach Maßgabe des Vorliegens einer Verordnung des Rektorats für einzelne oder sämtliche Bachelor- oder Diplomstudien, zu deren Zulassung keine besonderen Zugangsregelungen bestehen, den Nachweis, dass die Studienwerberin oder der Studienwerber ein Verfahren zur Eignungsüberprüfung durchlaufen hat. Im Rahmen dieses Verfahrens sind Maßnahmen im Sinne des §13 Abs2 Z1 litg zu treffen, um die Zulassung zum Studium von nicht-traditionellen Studienwerberinnen und -werbern sowie Studienwerberinnen und -werbern aus beim Zugang zur Hochschulbildung unterrepräsentierten Gruppen besonders zu fördern. Vor der Erlassung der Verordnung ist dem Senat die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen zu geben.
(1a) […]
[…]
Allgemeine Universitätsreife
§64. (1) Die allgemeine Universitätsreife ist durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:
1. ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis, ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein österreichisches Zeugnis über die Berufsreifeprüfung, sowie diesen durch völkerrechtliche Vereinbarung gleichwertige Zeugnisse,
2. ein österreichisches Zeugnis über die Zuerkennung der Studienberechtigung für eine bestimme Studienrichtungsgruppe an einer Universität, Pädagogischen Hochschule oder Fachhochschule,
3. eine Urkunde über den Abschluss eines mindestens dreijährigen Studiums (auf Vollzeitbasis oder 180 ECTS Anrechnungspunkte) an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung,
4. eine Bestätigung über die positiv beurteilte Zulassungsprüfung in den künstlerischen Studien,
5. ein 'IB Diploma' nach den Bestimmungen der 'International Baccalaureate Organization' oder
6. ein Europäisches Abiturzeugnis gemäß Art5 Abs2 der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen, BGBl III Nr 173/2005.
(2) Die allgemeine Universitätsreife kann darüber hinaus durch eine ausländische Qualifikation nachgewiesen werden, wenn kein wesentlicher Unterschied zur allgemeinen Universitätsreife gemäß Abs1 Z1 besteht. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedenfalls nicht, wenn
1. die Qualifikation im Ausstellungsstaat Zugang zu allen Sektoren von Hochschulen vermittelt,
2. die Dauer der Schulzeit mindestens zwölf Jahre beträgt und
3. allgemeinbildende Ausbildungsinhalte überwiegen, was durch die Absolvierung von sechs allgemeinbildenden Unterrichtsfächern (zwei Sprachen, Mathematik, ein naturwissenschaftliches, ein geisteswissenschaftliches sowie ein weiteres allgemeinbildendes Unterrichtsfach) in der Sekundarstufe II nachgewiesen wird.
Beträgt die Schulzeit gemäß Z2 nur elf Jahre oder fehlen Ausbildungsinhalte gemäß Z3, kann das Rektorat insgesamt bis zu vier Ergänzungsprüfungen vorschreiben, die vor der Zulassung abzulegen sind.
(3) […]
[…]
Studienberechtigungsprüfung
§64a. (1) Personen ohne Reifeprüfung erlangen nach Maßgabe einer Verordnung des Rektorates durch Ablegung der Studienberechtigungsprüfung die allgemeine Universitätsreife für Bachelorstudien und Diplomstudien einer Studienrichtungsgruppe.
(2) Die Studienberechtigungsprüfung kann entsprechend einer Verordnung des Rektorates für folgende Studienrichtungsgruppen abgelegt werden:
1. Geistes- und kulturwissenschaftliche Studien;
2. Ingenieurwissenschaftliche Studien;
3. Künstlerische Studien;
4. Naturwissenschaftliche Studien;
5. Rechtswissenschaftliche Studien;
6. Sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studien;
7. Theologische Studien;
8. Medizinische und Veterinärmedizinische Studien;
9. Lehramtsstudien;
10. Studien in allgemeinen pädagogischen Berufsfeldern.
(3) Zur Studienberechtigungsprüfung sind Personen zuzulassen, die die Zulassung zu Studien einer der Studienrichtungsgruppen an einer Universität anstreben, das 20. Lebensjahr vollendet haben und eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für das angestrebte Studium nachweisen.
(4) […]
[…]
Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien
§71c. (1) Das Rektorat kann in den Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Medizin, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken, wobei Elemente eines Aufnahmeverfahrens im Sinne einer mehrstufigen Gestaltung auch mit Elementen eines Auswahlverfahrens verbunden werden können. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von sechs Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von vier Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.
(2) In den Studien Human- und Zahnmedizin, Psychologie sowie Veterinärmedizin muss im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung folgende Anzahl an Studienplätzen für Studienanfängerinnen und -anfänger pro Studienjahr und Studium österreichweit ansteigend zur Verfügung gestellt werden:
Studium Gesamt
Human- und Zahnmedizin bis zu 2.000
Psychologie 1.300
Veterinärmedizin bis zu 250
(3) In den Studien gemäß Abs2 erfolgt in der Leistungsvereinbarung jener Universitäten, an denen die betreffenden Studien angeboten werden, eine Festlegung der Anzahl an Studienplätzen für Studienanfängerinnen und -anfänger im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung und unter Berücksichtigung der bisherigen Studierendenzahlen. Im Studium Humanmedizin ist zusätzlich die Wahrung der in Abs5 geregelten Schutzinteressen sicherzustellen.
(4) §71b Abs7 mit Ausnahme der Z4 sowie Abs9 ist anzuwenden. Zur Vorbereitung auf das Aufnahme- oder Auswahlverfahren für die Studien Human- und Zahnmedizin hat die Universität kostenlose Unterstützungsangebote zur Verfügung zu stellen.
(5) Im Studium Humanmedizin ist das Recht auf Bildung und Zugang zur Hochschulbildung der Inhaberinnen und Inhaber in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse durch erhöhten Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt und die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt. Unbeschadet der Aufnahmeverfahren gemäß Abs1 sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems im Studium Humanmedizin 95 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und anfänger den EU Bürgerinnen und EU Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellten Personen vorbehalten. 75 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und -anfänger stehen den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse und Personengruppen aufgrund der Personengruppenverordnung zur Verfügung.
(5a) In der Leistungsvereinbarung können zeitlich befristet aus den 5 vH der gemäß Abs5 verbleibenden Studienplätze eine bestimmte Anzahl an Studienplätzen für Aufgaben im öffentlichen Interesse sowie Kriterien für deren Vergabe festgelegt werden, wobei es zulässig ist, eine zu erbringende Mindestleistung im Aufnahmeverfahren gemäß Abs1 zu definieren. Es ist sicherzustellen, dass die Studierenden, die einen solchen Studienplatz erhalten haben, die Aufgaben im öffentlichen Interesse auch tatsächlich erbringen.
(6) Das Rektorat ist berechtigt, in den sonstigen Medizinischen sowie Veterinärmedizinischen Studien die Zulassung zu diesen Studien durch Verordnung entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens ein Semester nach der Zulassung zu regeln, wobei Elemente eines Aufnahmeverfahrens im Sinne einer mehrstufigen Gestaltung auch mit Elementen eines Auswahlverfahrens verbunden werden können. §71b Abs7 mit Ausnahme der Z4 sowie Abs9 ist anzuwenden.
(7) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wiederholungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Auch die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. §58 Abs8 ist nicht anzuwenden."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Medizinischen Universität Innsbruck über die Zulassungsbeschränkung zum Diplomstudium Humanmedizin für das Studienjahr 2024/2025, idF 26. Stück des Mitteilungsblattes der Medizinischen Universität Innsbruck vom 7. Februar 2024 lauten auszugsweise wie folgt:
" §1. (1) Diese Verordnung regelt die Beschränkung des Zugangs für das Diplomstudium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck aufgrund eines Aufnahmeverfahrens vor der Zulassung zum Studium.
(2) […]
[…]
§4. (1) Folgende Platzzahl wird entsprechend der vorhandenen Kapazitäten und nach Maßgabe von §71c Abs2 UG und der mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geschlossenen Leistungsvereinbarung für das Diplomstudium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck festgelegt: 380 .
(2) Die mehrjährige Erfahrung zeigt, dass durch das Ausscheiden von Studienwerberinnen/Studienwerbern bzw Studierenden mit fixer Studienplatzzuweisung durch die Nicht-Annahme der fix zugewiesenen Studienplätze oder auch durch Studienabbrüche innerhalb des ersten Semesters, die Anzahl der Studienplätze des ersten Semesters unter 380 fällt. Daher kann das für die Zulassung zuständige Mitglied des Rektorats der Medizinischen Universität Innsbruck die Studienplätze auf maximal 400 erhöhen.
(3) Von den festgelegten Studienplätzen sind gemäß §71c Abs5 UG
• 95 vH EU-Bürgerinnen/Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellten Personen und
• 75 vH den Inhaberinnen/Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse und Personengruppen aufgrund der Personengruppenverordnung vorbehalten.
(4) Von den verbleibenden 5 vH Studienplätzen, gebühren gemäß §71c Abs5a UG folgende Anzahl an Studienplätzen im öffentlichen Interesse den nachfolgenden öffentlichen Institutionen ('Subquote'):
• Bundesministerium für Inneres mit maximal 1 Studienplatz
• Land Tirol mit maximal 5 Studienplätzen
• Land Salzburg mit maximal 4 Studienplätzen
• Land Vorarlberg mit maximal 3 Studienplätzen
• Österreichische Gesundheitskrankenkasse mit maximal 5 Studienplätzen
[…]
[…]
§9. Die Vergabe der Studienplätze (§4) für das Diplomstudium Humanmedizin erfolgt durch den Aufnahmetest Humanmedizin – MedAT H.
[…]
§14. (1) Nach Absolvierung des Aufnahmetests wird für jede Studienwerberin/jeden Studienwerber das jeweilige Ergebnis ermittelt.
(2) Die Ergebnisfeststellung führt zu einer Rangliste, in der die Studienwerberinnen/Studienwerber nach den von ihnen beim Aufnahmetest erzielten Gesamtwerten gereiht werden. Das individuelle Testergebnis und die Information, ob ein Studienplatz angeboten werden kann, erhält die Studienwerberin/der Studienwerber über ihren/seinen MedAT Account.
(3) Die zur Verfügung stehenden Studienplätze (§4) werden grundsätzlich an jene Studienwerberinnen/Studienwerber vergeben, die in der Rangliste (Abs2) auf den ersten 380 bzw gemäß §4 Abs2 festgelegten Anzahl von Plätzen aufscheinen.
(4) Entspricht die Zusammensetzung der ersten 380 bzw gemäß §4 Abs2 festgelegten Anzahl von Plätzen der Rangliste (Abs2) für die Humanmedizin nicht den in §4 Abs3 normierten Anforderungen, ist die Rangliste unter größtmöglicher Wahrung der sich aus dem Testergebnis ergebenden Reihenfolge der Studienwerberinnen/Studienwerber so lange durch den Austausch von Studienwerberinnen/Studienwerber, die das/die zu wenig stark repräsentierte/n Kriterium/Kriterien nicht erfüllen, durch Studienwerberinnen/Studienwerber, die in der Rangliste zwar nachgereiht sind, das/die zu wenig stark repräsentierte/n Kriterium/Kriterien jedoch erfüllen, zu modifizieren, bis von den ersten 380 bzw gemäß §4 Abs2 festgelegten Anzahl von Plätzen für die Humanmedizin mindestens 95 vH auf EU Bürgerinnen/EU Bürger und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellte Personen sowie mindestens 75 vH auf Inhaberinnen/Inhaber in Österreich ausgestellter Reifeprüfungszeugnisse und Personengruppen aufgrund der Personengruppenverordnung entfallen.
(5) Sofern mehrere Bewerberinnen/Bewerber am letzten Rangplatz den gleichen Testwert erzielen (Rangbindung), wird der Studienplatz des jeweiligen Kontingents durch ein Losverfahren vergeben.
(6) Die Testergebnisse werden ab Ende der KW 32 2024 bekannt gegeben.
[…]
§16. (1) Zum Studium der Humanmedizin können nur jene Studienwerberinnen/Studienwerber zugelassen werden, die aufgrund der Rangliste (§14) ein Studienplatzangebot für das jeweilige Studium an der Medizinischen Universität Innsbruck im für sie maßgeblichen Kontingent (§4 Abs3) erhalten haben. Melden sich im Rahmen der Internet-Anmeldung gemäß §6 weniger Studienwerberinnen/Studienwerber an als Studienplätze gemäß §4 vorgesehen sind, wird kein Aufnahmeverfahren durchgeführt und jede Studienwerberin/jeder Studienwerber erhält einen Studienplatz angeboten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Die Angaben der Studienwerberinnen/Studienwerber über ihre Kontingentzugehörigkeit (§4 Abs3) werden im Rahmen der Zulassung überprüft. Stellt sich heraus, dass die bei der Internet-Anmeldung angegebene Kontingentzugehörigkeit zum Zeitpunkt der Zulassung nicht richtig ist, so werden die Studienwerberinnen/Studienwerber in dem für sie maßgeblichen Kontingent neu gereiht. Die Studienwerberin/der Studienwerber trägt die rechtlichen Konsequenzen falscher Angaben, wie insbesondere den Verlust eines Studienplatzangebots.
(3) Die Zulassung zum Studium der Humanmedizin setzt voraus, dass die Studienwerberin/der Studienwerber einen Studienplatz aufgrund der Rangliste gemäß §14 für das betreffende Studienjahr für die gewählte Studienrichtung erlangt hat und die Voraussetzungen der §§63 ff und 91 UG erfüllt.
(4) Die Zulassung von Studienwerberinnen/Studienwerbern, die keinen Platz auf der Rangliste gemäß §14 erzielt haben, ist unbeschadet von §18 (Nachrückung) unzulässig.
(5) […]"
III. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Der Antragsteller möchte Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck studieren. Er verfügt über kein in Österreich ausgestelltes Reifezeugnis, weshalb er zur Erlangung der allgemeinen Universitätsreife zunächst eine Studienberechtigungsprüfung ablegen musste. Mit Bescheid vom 16. Mai 2023 wurde der Antragsteller zur Studienberechtigungsprüfung für die Studienrichtungsgruppe Medizinische Studien an der Medizinischen Universität Innsbruck zugelassen.
Nach erfolgreicher Ablegung der Studienberechtigungsprüfung beabsichtigt der Antragsteller nunmehr, den Aufnahmetest für das Studium Humanmedizin (MedAT) an der Medizinischen Universität Innsbruck zu absolvieren. Auf Anfrage wurde dem Antragsteller seitens der Medizinischen Universität Innsbruck mitgeteilt, dass er im Falle der erfolgreichen Absolvierung des MedAT nicht in das Kontingent von 75 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse und Personengruppen auf Grund der Personengruppenverordnung zur Verfügung stehen, fallen würde, weil er mit einer Studienberechtigungsprüfung nicht die in §71c Abs5 letzter Satz UG normierten Voraussetzungen für dieses Kontingent erfüllen würde. Stattdessen würde der Antragsteller daher dem Kontingent von 20 vH der Gesamtstudienplätze für EU Bürgerinnen und EU Bürger zugeordnet werden.
2. Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung des §71c Abs5 UG, in eventu des §71c Abs5 letzter Satz UG.
2.1. Zur Zulässigkeit des Antrages führt der Antragsteller aus, dass er durch die Verfassungswidrigkeit des §71c Abs5 UG unmittelbar in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt werde. Durch die Zuordnung zum Kontingent für EU Bürgerinnen und EU Bürger werde er gegenüber Studienanfängerinnen und Studienanfängern mit österreichischem Reifezeugnis benachteiligt, weil seine Aussichten auf einen Studienplatz im Vergleich zu diesen erheblich eingeschränkt seien, obwohl er mit einer Studienberechtigungsprüfung für das Studium Humanmedizin zumindest gleich gut oder besser qualifiziert sei als Studienanfängerinnen und Studienanfänger mit einem österreichischen Reifezeugnis. Dem Antragsteller stehe kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die behauptete Verfassungswidrigkeit des §71c Abs5 UG bewirkte Rechtsverletzung geltend zu machen. Die Bestimmung des §71c Abs5 UG werde ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung bzw ohne Erlassung eines Bescheides für den Antragsteller wirksam. Es sei weder gesetzlich noch durch Verordnung vorgesehen, dass ein individueller Akt über seinen Antrag erlassen werde, die Zuordnung zu einem in §71c Abs5 UG vorgesehenen Kontingent erfolge bereits ex lege. Allenfalls denkbare Umwege wären auch wegen der zeitlichen Implikationen im Hinblick auf die Zulassung zum Studium jedenfalls unzumutbar.
2.2. In der Sache bringt der Antragsteller mit näherer Begründung vor, dass er auf Grund der Privilegierung von Personen mit österreichischem Reifezeugnis in §71c Abs5 letzter Satz UG beim Zugang zum Studium Humanmedizin diskriminiert werde.
IV. Zulässigkeit
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
1.2. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
2. Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, §71c Abs5 UG, in eventu §71c Abs5 letzter Satz UG, jeweils BGBl I 120/2002, idF BGBl I 52/2023 als verfassungswidrig aufzuheben.
2.1. §71c UG enthält ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien.
Gemäß §71c Abs1 UG kann das Rektorat in diesen Studien, wie zB Medizin, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken, wobei Elemente eines Aufnahmeverfahrens im Sinne einer mehrstufigen Gestaltung auch mit Elementen eines Auswahlverfahrens verbunden werden können. Gemäß §71c Abs2 UG müssen in den Studien Human- und Zahnmedizin im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung insgesamt bis zu 2.000 Studienplätze für Studienanfängerinnen und -anfänger pro Studienjahr österreichweit ansteigend zur Verfügung gestellt werden.
Die angefochtene Bestimmung des §71c Abs5 UG regelt die Verteilung der Gesamtstudienplätze an Studienanfängerinnen und Studienanfänger im Studium Humanmedizin. Unbeschadet der Aufnahmeverfahren nach §71c Abs1 UG sind gemäß §71c Abs5 zweiter Satz UG zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems im Studium Humanmedizin 95 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellten Personen vorbehalten. Gemäß §71c Abs5 letzter Satz UG stehen 75 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse und Personengruppen auf Grund der Personengruppenverordnung zur Verfügung.
2.2. Das Rektorat der Medizinischen Universität Innsbruck hat gemäß §71c iVm §63 UG eine Verordnung über die Zulassungsbeschränkung zum Diplomstudium Humanmedizin für das Studienjahr 2024/2025 erlassen. Gemäß §1 Abs1 leg cit regelt diese Verordnung die Beschränkung des Zuganges für das Diplomstudium Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck auf Grund eines Aufnahmeverfahrens vor der Zulassung zum Studium. Gemäß §4 Abs1 leg cit sind entsprechend der vorhandenen Kapazitäten und nach Maßgabe von §71c Abs2 UG und der mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geschlossenen Leistungsvereinbarung für das Diplomstudium Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck insgesamt 380 Studienplätze festgelegt. Gemäß §4 Abs3 leg cit sind von diesen Studienplätzen gemäß §71c Abs5 UG 95 vH EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellten Personen sowie 75 vH den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse und Personengruppen auf Grund der Personengruppenverordnung vorbehalten. Gemäß §9 leg cit erfolgt die Vergabe der nach §4 leg cit festgelegten Studienplätze für das Diplomstudium Humanmedizin durch den Aufnahmetest Humanmedizin – MedAT.
Gemäß §14 der Verordnung wird nach Absolvierung des Aufnahmetestes für jede Studienwerberin bzw für jeden Studienwerber das jeweilige Ergebnis ermittelt und eine Rangliste erstellt, in der die Studienwerberinnen bzw Studienwerber nach den von ihnen beim Aufnahmetest erzielten Gesamtwerten gereiht werden. Gemäß §16 Abs1 leg cit können zum Studium Humanmedizin nur jene Studienwerberinnen bzw Studienwerber zugelassen werden, die auf Grund der Rangliste gemäß §14 leg cit ein Studienplatzangebot für das jeweilige Studium an der Medizinischen Universität Innsbruck im für sie maßgeblichen Kontingent gemäß §4 Abs3 leg cit erhalten haben. Gemäß §16 Abs3 leg cit setzt die Zulassung zum Studium Humanmedizin voraus, dass die Studienwerberin bzw der Studienwerber einen Studienplatz auf Grund der Rangliste gemäß §14 leg cit für das betreffende Studienjahr für die gewählte Studienrichtung erlangt hat und die Voraussetzungen der §§63 ff und 91 UG erfüllt.
2.3. Diese Regelungen, insbesondere die hier angefochtene Bestimmung des §71c Abs5 UG, betreffen die Rechtssphäre des Antragstellers jedoch nur potentiell, erst der Akt der (Nicht )Zulassung zum Studium würde gegebenenfalls aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen (vgl VfSlg 18.089/2007; VfGH 26.11.2012, V82/12). Der Antragsteller wurde bisher noch nicht zum Studium Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck zugelassen. Die Entscheidung über die (Nicht )Zulassung zum Studium Humanmedizin erfolgt erst nach Absolvierung des Aufnahmetestes für das Studium Humanmedizin (MedAT) gemäß §60 Abs1 UG mit Bescheid des Rektorates. Damit stünde dem Antragsteller im Übrigen auch ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung von Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §71c Abs5 UG offen, weil der Antragsteller diesen Bescheid zunächst im Wege einer Beschwerde gemäß Art130 Abs1 Z1 B VG beim zuständigen Verwaltungsgericht und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes letztlich im Wege einer Beschwerde gemäß Art144 B VG beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen kann (vgl VfGH 26.11.2012, V82/12).
3. Der Antrag auf Aufhebung des §71c Abs5 UG, in eventu des §71c Abs5 letzter Satz UG, erweist sich daher schon deswegen als unzulässig, sodass von einer Prüfung weiterer Prozessvoraussetzungen Abstand genommen werden konnte.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.