V16/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Wort- und Zeichenfolgen "1,4 + 145 m", "Rechts", "80 Km/h (§52/10a)" und "§54 /5b '1,6 km'" in Punkt II.A. der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018, Z05/04/45143/1994/035, kundgemacht durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen, waren bis zum 7. Dezember 2022 gesetzwidrig.
II. Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Salzburg,
"in der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 09.10.2018, Zahl 05/04/45143/1994/0035, unter II.A. in der Aufstellung 'VZ-Liste in Fahrtrichtung Gaisbergspitze (Gipfelplateau)' folgende Eintragungen zu Nr 2:
'1,4 + 1,45 m' (Kilometrierung), 'rechts' (Fahrtrichtung), '80 km/h (§52/10a)' (Verkehrszeichen) und '§54/54b '1,6 km'' (Zusatztafel)"
als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018, 05/04/45143/1994/035, hat folgenden Wortlaut (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original, die angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen sind hervorgehoben):
"Verordnung
I. Auf Grund des §43 Abs1 litb Z1 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 wird vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde verordnet:
1. Die Verordnung vom 3.10.2018, Zahl 05/04/45143/1994/034, betreffend 30, 50 und 80 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) entlang der L 108 Gaisberg Landesstraße, wird aufgehoben.
II.
Auf Grund des §43 Abs1 litb Z1 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 wird vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde verordnet:
Für die L 108 Gaisberg Landesstraße werden die in den nachfolgenden Listen unter den Punkten A, B und C nach Straßenkilometern angeführten 80, 50 und 30 km/h Geschwindigkeitsbeschränkungen (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) samt den jeweiligen angeführten Zusatztafeln erlassen.
A. VZ-Liste in Fahrtrichtung Gaisbergspitze (Gipfelplateau) [auszugsweise]
B. VZ-Liste in Fahrtrichtung Guggenthal
[…]
C. VZ-Liste an den Einmündungen in die L108 Gaisberg Landesstr.
[…]
III. Hinweis Straßenverwaltung
1. Die Ausführung der Zusatztafeln hat nach §54 Abs5b StVO 1960 mit den angeführten Texten zu erfolgen bzw an den Einmündungen in die L 108 Gaisberg Landesstraße nach §51 Abs5 StVO mit Pfeil links und Pfeil rechts.
2. Die Anbringung sonstiger Gefahren- und Hinweiszeichen hat ebenfalls laut den oben angeführten Listen zu erfolgen.
3. Durch die Landesstraßenverwaltung ist der Behörde ein unterfertigter Aktenvermerk nach erfolgter Kundmachung der Verkehrszeichen umgehend zu übermitteln.
Für den Bürgermeister:
Für den Stadtrat:
[…]"
2. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, lauten in der maßgeblichen Fassung wie folgt (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. […]
c)–d) […].
(1a)–(11) […]
§44. Kundmachung der Verordnungen.
(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. […]
(1a)–(5) […]
[…]
§54. Zusatztafeln.
(1) Unter den in den §§50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in §38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.
(2)–(4) […]
(5) Die nachstehenden Zusatztafeln bedeuten:
a)
[…]
b)
[Zeichen]
Eine solche Zusatztafel gibt die Länge eines Straßenabschnittes an, für den das betreffende Straßenverkehrszeichen gilt, wie etwa eine längere Gefahrenstelle, die Länge einer Verbots- oder Beschränkungsstrecke u. dgl.
c)–n)
[…]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg wurde mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg eine Übertretung des §52 lita Z10a StVO 1960 zur Last gelegt, weil er am 22. Juni 2022, um 15.55 Uhr, in Salzburg, auf der L 108 Gaisberg Landesstraße bei Straßenkilometer 1,95, als in Richtung Gaisbergspitze fahrender Lenker eines nach dem Kennzeichen näher bestimmten Motorrades in einem Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten habe. Über den Beschwerdeführer wurde daher gemäß §99 Abs2e StVO 1960 eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
2. Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens gegen dieses Straferkenntnis stellt das Landesverwaltungsgericht Salzburg den vorliegenden Antrag und führt im Zusammenhang mit der Präjudizialität der angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018 aus, dass es diese als Rechtsgrundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers anzuwenden habe.
In der Folge legt das Landesverwaltungsgericht Salzburg seine Bedenken gegen die angefochtene Geschwindigkeitsbeschränkung im Wesentlichen wie folgt dar: Gemäß §51 Abs1 StVO 1960 sei bei Geschwindigkeitsbeschränkungen für eine Straßenstrecke von mehr als einem Kilometer die Länge der Strecke mit einer Zusatztafel nach §54 Abs5 litb StVO 1960 anzugeben; dies gelte für allfällige Wiederholungszeichen sinngemäß. Die angefochtene Geschwindigkeitsbeschränkung würde eine Strecke von 1,6 Kilometern betreffen, sodass eine Angabe über die Länge der Beschränkungsstrecke gemäß §51 Abs1 dritter Satz StVO 1960 jedenfalls dann iSd Verkehrssicherheit erforderlich sei, wenn der Verordnungsgeber die Anbringung einer diesbezüglichen Zusatztafel anordne. Laut den angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen sei bei Beginn der Beschränkungsstrecke eine Zusatztafel gemäß §54 Abs5b StVO 1960 "1,6 km" aufzustellen. Die tatsächlich kundgemachte Zusatztafel enthalte jedoch den Text "1,7 km". Die Auffassung der verordnungserlassenden Behörde, wonach die Anbringung einer Zusatztafel im vorliegenden Fall aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich und somit auch die festgestellte Abweichung der Kundmachung vom Verordnungstext für die Rechtmäßigkeit der Kundmachung nicht maßgeblich sei, entspreche nicht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Dieser sei zu entnehmen, dass dem Straßenerhalter bei der Gestaltung von Straßenverkehrszeichen kein Spielraum überlassen sei, wenn der Verordnungsgeber selbst den Wortlaut der Kundmachung von Hinweiszeichen festlege.
3. Der Beschwerdeführer hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich im Wesentlichen den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg anschließt und darüber hinaus moniert, dass das Ende der angefochtenen Geschwindigkeitsbeschränkung nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden sei.
4. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnungsbestimmungen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird:
"[…]
Die Verkehrszeichen wurden laut dem Aktenvermerk der Landesstraßenverwaltung am 10.10.2018 aufgestellt, wobei, wie das gegenständliche Verfahren ergab, unter dem Vorschriftszeichen gemäß §52 Z10a StVO auf der Zusatztafel gemäß §54 Abs5 litb nicht die Aufschrift '1,6 km' sondern '1,7 km' angebracht wurde.
Das in §51 Abs1 letzter Satz StVO normierte Erfordernis, bei Geschwindigkeitsbeschränkungen für eine Straßenstrecke von mehr als 1 km die Länge der Strecke mit einer Zusatztafel nach §54 Abs5 litb anzugeben, wurde vom Gesetzgeber auf jene Fälle eingeschränkt, in denen dies aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist.
[…] ist die exakte, metergenaue Angabe der Streckenlänge zwischen zwei entsprechend der Verordnung kundgemachten Verkehrszeichenstandorten aus Sicht der Verkehrssicherheit irrelevant.
Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zufolge ist eine Verordnung dann gesetzwidrig, wenn die vom Verordnungsgeber beschlossene normative Festlegung nicht mit dem kundgemachten Text übereinstimmt.
[…]
Wird jedoch, so etwa die Entscheidung V68/2015 vom 18.06.2015, mit 'Korrekturen' keine inhaltliche Änderung der normativen Aussagen (in concreto eines Plans) vorgenommen, liegt keine rechtswidrige Abweichung der Kundmachung von der Verordnung vor.
Durch die wie im gegenständlichen Fall geringfügige Abweichung der kundgemachten Streckenlänge von der in der Verordnung angeführten kommt es gerade eben nicht zu einer Änderung der normativen Aussage, i.e. der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zwischen den beiden in korrekter Umsetzung der Verordnung angebrachten Verkehrszeichenstandorten (80km/h in Fahrtrichtung Gaisbergspitze von StrKm 1,4 +145 m bis StrKm 3,2 -95 m).
Die Anbringung der Zusatztafel über die Streckenlänge erfolgt vielmehr in Vollziehung der Kundmachungsvorschriften des §51 Abs1 StVO, wonach bei Straßenstrecken von mehr als 1 km die Länge der Strecke mit einer Zusatztafel anzubringen ist, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Nachdem der Gesetzeszweck hier ausschließlich auf die Verkehrssicherheit, also die Möglichkeit des Verkehrsteilnehmers, sich vorausschauend zu verhalten, abstellt, behaftet die in concreto vorliegende geringfügige Abweichung der angegebenen Streckenlänge (1,7 km statt 1,6 km) die Verordnung nicht mit einem wesentlichen Kundmachungsmangel.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass am 7.12.2022 die von der Verordnung abweichende Zusatztafel gemäß §54 Abs5 litb entfernt und die der Verordnung entsprechende angebracht wurde […].
3. Antrag
Es wird beantragt, den vorliegenden Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg als unbegründet abzuweisen.
[…]"
5. Die Salzburger Landesregierung hat weder Akten vorgelegt noch eine Äußerung erstattet.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt zu Art89 Abs1 B VG beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt. Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich (vgl VfSlg 20.251/2018).
Die mit den angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018, 05/04/45143/1994/035, verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung wurde ausweislich der vorgelegten Verordnungsakten durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen kundgemacht, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzung zweifeln ließe.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Der Antrag ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg macht in seinem Antrag geltend, dass die Kundmachung der angefochtenen Geschwindigkeitsbeschränkung nicht mit der von der verordnungserlassenden Behörde beschlossenen Textierung der Verordnung übereinstimme.
2.3. Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 sind die in §43 StVO 1960 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft.
2.4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf ein Verordnungsbeschluss im Zuge der Kundmachung weder ergänzt noch sonst verändert werden. Jede Änderung des Inhaltes des Verordnungsbeschlusses obliegt allein der zur Willensbildung zuständigen Behörde (vgl VfSlg 13.910/1994 mwN). Eine Verordnung ist gesetzwidrig, wenn die vom Verordnungsgeber beschlossene normative Festlegung nicht mit dem kundgemachten Text übereinstimmt (VfSlg 15.192/1998, 19.980/2015 sowie zur StVO 1960 VfGH 27.11.2019, V58/2018; 29.11.2022, V185/2022 und 28.11.2023, V9/2023).
2.5. Laut der unter Punkt II.A. der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018 angeführten Verkehrszeichenliste wurde auf der L 108 Gaisberg Landesstraße in Fahrtrichtung Gaisbergspitze (Gipfelplateau) mit den angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen für den Bereich ab Straßenkilometer "1,4 + 145 m" eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h verordnet. Die Kundmachung dieser Geschwindigkeitsbeschränkung sollte nach dem Verordnungstext durch Anbringung des Straßenverkehrszeichens gemäß §52 lita Z10a StVO 1960 sowie einer Zusatztafel gemäß §54 Abs5 litb StVO 1960 mit der Aufschrift "1,6 km" erfolgen. Die von der verordnungserlassenden Behörde beschlossene Geschwindigkeitsbeschränkung umfasst daher eine Strecke von 1,6 Kilometern.
Das Vorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg, wonach die tatsächlich kundgemachte Zusatztafel jedoch "1,7 km" laute, wurde von der verordnungserlassenden Behörde im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bestätigt. Es steht daher fest, dass die Kundmachung der angefochtenen Geschwindigkeitsbeschränkung nicht dem Wortlaut des von der zur Willensbildung zuständigen Behörde gefassten Verordnungsbeschlusses entspricht. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Straßenerhalter bei der Gestaltung der Hinweiszeichen kein Spielraum überlassen, wenn die Verordnung selbst die Textierung der sie kundmachenden Hinweiszeichen festlegt (vgl zB VfGH 11.6.2018, V10/2018 mwN). Die angefochtene Geschwindigkeitsbeschränkung erweist sich daher als gesetzwidrig.
2.6. Die verordnungserlassende Behörde hat in ihrer Äußerung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass die vom Verordnungstext abweichende Zusatztafel am 7. Dezember 2022 entfernt und in der Folge eine den angefochtenen Wort- und Zeichenfolgen entsprechende Zusatztafel angebracht worden sei. Der Verfassungsgerichtshof hat daher auszusprechen, dass die Wort- und Zeichenfolgen "1,4 + 145 m", "Rechts", "80 Km/h (§52/10a)" und "§54 /5b '1,6 km'" in Punkt II.A. der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018, 05/04/45143/1994/035, bis zum 7. Dezember 2022 gesetzwidrig waren (Art139 Abs4 B VG).
V. Ergebnis
1. Die Wort- und Zeichenfolgen "1,4 + 145 m", "Rechts", "80 Km/h (§52/10a)" und "§54 /5b '1,6 km'" in Punkt II.A. der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 9. Oktober 2018, 05/04/45143/1994/035, waren bis zum 7. Dezember 2022 gesetzwidrig.
2. Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz B VG und §59 Abs2 iVm §61 VfGG sowie §2 Abs1 litf Sbg Landes-VerlautbarungsG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.