G3063/2023 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird, soweit Bedenken im Hinblick auf den "Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und das Rechtsstaatsprinzip" vorgebracht werden, abgewiesen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, am 27. November 2023 eingelangten und auf Art140 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, der Verfassungsgerichtshof möge
"- im Inhaltsverzeichnis die Zeilen '§38a.Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt' und '§58c Zentrale Gewaltschutzdatei',
- §25 Abs4,
- in §35 Abs1 Z8 die Wort- und Zeichenfolge 'oder eines Betretungs- und Annäherungsverbots nach §38a' und das Wort 'derselben',
- §38a (mitsamt der Überschrift),
- in §56 Abs1 Z3 die Wort- und Zeichenfolgen 'sowie Beratungsstellen für Gewaltprävention (§25 Abs4)', 'oder zur Gewaltpräventionsberatung' und ', wobei im Falle der Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots (§38a) die Dokumentation (§38a Abs6) sowie ansonsten die dem Inhalt einer solchen Dokumentation entsprechenden personenbezogenen Daten zu übermitteln sind',
- §56 Abs1 Z8,
- §58c (mitsamt der Überschrift),
- §84 Abs1b und
- im letzten Halbsatz des §98 Abs2 das Wort 'der' sowie die Wort- und Zeichenfolge '§38a Abs6 und'
des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl 566/1991 idF BGBl I 206/2021,
und
§13 Abs1 zweiter Satz des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl I 12/1997 idF BGBl I 211/2021,
in eventu zusätzlich zu den vorgenannten Bestimmungen
- §382f Abs2 letzter Satz und die Wort- und Zeichenfolge ', der noch nicht an einer Gewaltpräventionsberatung nach §38a Abs8 SPG teilgenommen hat,' in
§382f Abs4,
- §382g (mitsamt der Überschrift) und
- die Wort- und Zeichenfolge 'oder nach §38a SPG bei Gericht erlegter' in
§382i. Abs1 Z3
der Exekutionsordnung (EO), RGBl 79/1896 idF BGBl I 202/2021,
in eventu die im Hauptantrag bezeichneten Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, die im ersten Eventualantrag bezeichneten Bestimmungen der Exeku-tionsordnung und zusätzlich
- im Inhaltsverzeichnis die Zeile '§13 Vorläufiges Waffenverbot'
- §13 (mitsamt der Überschrift) und
- §51 Abs1 Z3
des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl I 12/1997 idF BGBl I211/2021,"
als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl 566/1991, in der (angefochtenen) Fassung BGBl I 206/2021 (im Folgenden: SPG) lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen sind hervorgehoben):
"3. Hauptstück
Begriffsbestimmungen
Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung
§16. (1) Eine allgemeine Gefahr besteht
1. bei einem gefährlichen Angriff (Abs2 und 3)
oder
2. sobald sich drei oder mehr Menschen mit dem Vorsatz verbinden, fortgesetzt gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen (kriminelle Verbindung).
(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Verlangen eines Verletzten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand
1. nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§278, 278a und 278b StGB, oder
2. nach dem Verbotsgesetz, StGBl Nr 13/1945, oder
3. nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, oder
4. nach dem Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl I Nr 112/1997, ausgenommen der Erwerb oder Besitz von Suchtmitteln zum ausschließlich persönlichen Gebrauch (§§27 Abs2, 30 Abs2 SMG), oder
5. nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007), BGBl I Nr 30, oder
6. nach dem Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz (NPSG), BGBl I Nr 146/2011,
handelt.
(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.
(4) Gefahrenerforschung ist die Feststellung einer Gefahrenquelle und des für die Abwehr einer Gefahr sonst maßgeblichen Sachverhaltes.
[…]
Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern
§22. (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt der besondere Schutz
1. von Menschen, die tatsächlich hilflos sind und sich deshalb nicht selbst ausreichend vor gefährlichen Angriffen zu schützen vermögen;
2. der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit;
3. der Vertreter ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte, der diesen zur Verfügung stehenden amtlichen und privaten Räumlichkeiten sowie des ihnen beigegebenen Personals in dem Umfang, in dem dies jeweils durch völkerrechtliche Verpflichtung vorgesehen ist;
4. von Sachen, die ohne Willen eines Verfügungsberechtigten gewahrsamsfrei wurden und deshalb nicht ausreichend vor gefährlichen Angriffen geschützt sind;
5. von Menschen, die über einen gefährlichen Angriff oder eine kriminelle Verbindung Auskunft erteilen können und deshalb besonders gefährdet sind, sowie von allenfalls gefährdeten Angehörigen dieser Menschen;
6. von Einrichtungen, Anlagen, Systemen oder Teilen davon, die eine wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die Funktionsfähigkeit öffentlicher Informations- und Kommunikationstechnologie, die Verhütung oder Bekämpfung von Katastrophen, den öffentlichen Gesundheitsdienst, die öffentliche Versorgung mit Wasser, Energie sowie lebenswichtigen Gütern oder den öffentlichen Verkehr haben (kritische Infrastrukturen).
(1a) Die Entgegennahme, Aufbewahrung und Ausfolgung verlorener oder vergessener Sachen obliegt dem Bürgermeister als Fundbehörde. Der österreichischen Vertretungsbehörde obliegt die Entgegennahme der im Ausland verlorenen oder vergessenen Sachen und deren Übergabe an die Fundbehörde, in deren Wirkungsbereich der Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, zum Zweck der Ausfolgung.
(2) Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind. Zu diesem Zweck können die Sicherheitsbehörden im Einzelfall erforderliche Maßnahmen mit Behörden und jenen Einrichtungen, die mit dem Vollzug öffentlicher Aufgaben, insbesondere zum Zweck des Schutzes vor und der Vorbeugung von Gewalt sowie der Betreuung von Menschen, betraut sind, erarbeiten und koordinieren, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass ein bestimmter Mensch eine mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlung (§17) gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Sittlichkeit eines Menschen begehen wird. (Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz).
(3) Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§53 Abs1, 53a Abs2 bis 4 und 6, 57, 58 und 58a bis d, sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.
(4) Hat die Sicherheitsbehörde Grund zur Annahme, es stehe ein gefährlicher Angriff gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen bevor, so hat sie die betroffenen Menschen hievon nach Möglichkeit in Kenntnis zu setzen. Soweit diese das bedrohte Rechtsgut deshalb nicht durch zumutbare Maßnahmen selbst schützen, weil sie hiezu nicht in der Lage sind, haben die Sicherheitsbehörden die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Verzichtet jedoch derjenige, dessen Rechtsgut gefährdet ist, auf den Schutz ausdrücklich, so kann er unterbleiben, sofern die Hinnahme der Gefährdung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
[…]
Sicherheitspolizeiliche Beratung
§25. (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe gegen Leben, Gesundheit und Vermögen von Menschen die Förderung der Bereitschaft und Fähigkeit des Einzelnen, sich über eine Bedrohung seiner Rechtsgüter Kenntnis zu verschaffen und Angriffen entsprechend vorzubeugen. Zu diesem Zweck können die Sicherheitsbehörden Plattformen auf regionaler Ebene unter Beiziehung von Menschen, die an der Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse mitwirken, einrichten, in deren Rahmen erforderliche Maßnahmen erarbeitet und koordiniert werden (Sicherheitsforen).
(2) Darüber hinaus obliegt es den Sicherheitsbehörden, Vorhaben, die der Vorbeugung gefährlicher Angriffe auf Leben, Gesundheit oder Vermögen von Menschen dienen, zu fördern.
(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, Menschen, die von Gewalt einschließlich beharrlicher Verfolgung (§107a StGB) bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und immateriellen Unterstützung anzusprechen (Interventionsstellen). Sofern eine solche Opferschutzeinrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Frauen dient, ist der Vertrag gemeinsam mit dem Bundesminister für Gesundheit und Frauen abzuschließen, sofern eine solche Einrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Kindern dient, gemeinsam mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.
(4) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Einrichtungen für opferschutzorientierte Täterarbeit vertraglich damit zu beauftragen, Gefährder gemäß §38a Abs8 zu beraten (Beratungsstellen für Gewaltprävention). Die Beratung dient der Hinwirkung auf die Abstandnahme von Gewaltanwendung im Umgang mit Menschen und soll mindestens sechs Beratungsstunden umfassen (Gewaltpräventionsberatung).
[…]
Identitätsfeststellung
§35. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt,
[…]
8. wenn dies für die Verhängung eines Betretungsverbots nach §36a oder eines Betretungs- und Annäherungsverbots nach §38a sowie für die Überprüfung und Durchsetzung derselben notwendig ist;
[…]
[…]
Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt
§38a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einem Menschen, von dem auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass er einen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit, insbesondere in einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, begehen werde (Gefährder), das Betreten einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, samt einem Bereich im Umkreis von hundert Metern zu untersagen (Betretungsverbot). Mit dem Betretungsverbot verbunden ist das Verbot der Annäherung an den Gefährdeten im Umkreis von hundert Metern (Annäherungsverbot).
(2) Bei Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
1. dem Gefährder den Verbotsbereich nach Abs1 zur Kenntnis zu bringen;
2. dem Gefährder alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung gemäß Abs1 abzunehmen und ihn zu diesem Zweck erforderlichenfalls zu durchsuchen; §40 Abs3 und 4 gilt sinngemäß;
3. dem Gefährder Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen;
4. den Gefährder über die Verpflichtung gemäß Abs8 und die Rechtsfolgen einer Zuwiderhandlung sowie über die Möglichkeit eines Antrags gemäß Abs9 zu informieren;
5. vom Gefährder die Bekanntgabe einer Abgabestelle für Zwecke der Zustellung von Schriftstücken nach dieser Bestimmung oder der Exekutionsordnung (EO), RGBl Nr 79/1896, zu verlangen; unterlässt er dies, kann die Zustellung solcher Schriftstücke so lange durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch erfolgen, bis eine Bekanntgabe erfolgt; darauf ist der Gefährder hinzuweisen;
6. den Gefährder bei Aufenthalt in einem Verbotsbereich nach Abs1 wegzuweisen.
(3) Betrifft das Betretungsverbot eine vom Gefährder bewohnte Wohnung, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Gefährders die Verhältnismäßigkeit (§29) wahrt. Sofern keine Ausnahme gemäß Abs9 vorliegt, darf der Gefährder den Verbotsbereich gemäß Abs1 nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufsuchen.
(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, den Gefährdeten über die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach §§382b und 382c EO und geeignete Opferschutzeinrichtungen (§25 Abs3) zu informieren. Darüber hinaus sind sie verpflichtet,
1. sofern der Gefährdete minderjährig ist und es im Einzelfall erforderlich erscheint, jene Menschen, in deren Obhut er sich regelmäßig befindet, sowie
2. sofern ein Minderjähriger in der vom Betretungsverbot erfassten Wohnung wohnt, unverzüglich den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger
über die Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots zu informieren.
(5) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Gefährder bei Verstoß gegen das Betretungs- und Annäherungsverbot wegzuweisen. Die Einhaltung eines Betretungsverbots ist zumindest einmal während der ersten drei Tage seiner Geltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu kontrollieren.
(6) Bei der Dokumentation der Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ist auf die für das Einschreiten maßgeblichen Umstände sowie auf jene Bedacht zu nehmen, die für ein Verfahren nach §§382b und 382c EO oder für eine Abklärung der Gefährdung des Kindeswohls durch den zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger von Bedeutung sein können.
(7) Die Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich bekanntzugeben und von dieser binnen drei Tagen zu überprüfen. Stellt die Sicherheitsbehörde fest, dass das Betretungs- und Annäherungsverbot nicht hätte angeordnet werden dürfen, so hat sie unverzüglich den Gefährdeten über die beabsichtigte Aufhebung zu informieren und das Verbot gegenüber dem Gefährder aufzuheben. Die Information des Gefährdeten sowie die Aufhebung des Betretungs- und Annäherungsverbots haben nach Möglichkeit mündlich oder schriftlich durch persönliche Übergabe zu erfolgen.
(8) Der Gefährder hat binnen fünf Tagen ab Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbots eine Beratungsstelle für Gewaltprävention zur Vereinbarung einer Gewaltpräventionsberatung (§25 Abs4) zu kontaktieren und an der Beratung aktiv teilzunehmen, sofern das Betretungs- und Annäherungsverbot nicht gemäß Abs7 aufgehoben wird. Die Beratung hat längstens binnen 14 Tagen ab Kontaktaufnahme erstmals stattzufinden. Nimmt der Gefährder keinen Kontakt auf oder nicht (aktiv) an einer Gewaltpräventionsberatung teil, ist er zur Sicherheitsbehörde zum Zweck der Ermöglichung der Durchführung der Gewaltpräventionsberatung durch die Beratungsstelle für Gewaltprävention zu laden; §19 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991, gilt.
(9) Die Sicherheitsbehörde ist ermächtigt, bei Vorliegen zwingender Notwendigkeit auf begründeten Antrag des Gefährders mit Bescheid örtliche oder zeitliche Ausnahmen von dem Betretungs- und Annäherungsverbot festzulegen, sofern schutzwürdige Interessen des Gefährdeten dem nicht entgegenstehen; zu diesem Zweck ist dem Gefährdeten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Ausnahmen für die Wohnung, die vom Betretungsverbot betroffen ist, sind nicht zulässig. Die Entscheidung der Behörde ist dem Gefährdeten unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.
(10) Das Betretungs- und Annäherungsverbot endet zwei Wochen nach seiner Anordnung oder, wenn die Sicherheitsbehörde binnen dieser Frist vom ordentlichen Gericht über die Einbringung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§382b und 382c EO informiert wird, mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des ordentlichen Gerichts an den Antragsgegner, längstens jedoch vier Wochen nach seiner Anordnung. Im Falle einer Zurückziehung des Antrags endet das Betretungs- und Annäherungsverbot sobald die Sicherheitsbehörde von der Zurückziehung durch Mitteilung des ordentlichen Gerichts Kenntnis erlangt, frühestens jedoch zwei Wochen nach seiner Anordnung.
(11) Die nach Abs2 abgenommenen Schlüssel sind mit Aufhebung oder Beendigung des Betretungsverbots zur Abholung durch den Gefährder bereit zu halten und diesem auszufolgen. Werden die Schlüssel trotz nachweislicher Information des Gefährders über die Abholungsmöglichkeit nicht binnen einer Frist von zwei Wochen abgeholt, können die Schlüssel auch einem sonstigen Verfügungsberechtigten ausgefolgt werden. Sechs Wochen nach Aufhebung oder Beendigung des Betretungsverbots gelten diese als verfallen; §43 Abs2 gilt sinngemäß. Im Falle eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§382b und 382c EO sind die nach Abs2 abgenommenen Schlüssel beim ordentlichen Gericht zu erlegen.
(12) Die Berechnung von Fristen nach dieser Bestimmung richtet sich nach §§32 und 33 Abs1 AVG.
[…]
Zulässigkeit der Übermittlung
§56. (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen personenbezogene Daten nur übermitteln
1. wenn der Betroffene in die Übermittlung – bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten (§39 DSG) ausdrücklich – eingewilligt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verarbeitung der Daten bewirkt;
2. inländischen Behörden, soweit dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder für den Empfänger eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe bildet;
3. an Interventionsstellen (§25 Abs3) sowie Beratungsstellen für Gewaltprävention (§25 Abs4) , soweit dies zum Schutz gefährdeter Menschen oder zur Gewaltpräventionsberatung erforderlich ist , wobei im Falle der Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots (§38a) die Dokumentation (§38a Abs6) sowie ansonsten die dem Inhalt einer solchen Dokumentation entsprechenden personenbezogenen Daten zu übermitteln sind ;
3a. – 7. […]
8. im Fall einer Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots gemäß §38a Abs1, wenn der Gefährdete minderjährig ist, an jene Menschen, in deren Obhut er sich regelmäßig befindet. Zu übermitteln sind ausschließlich der Name des Gefährders und des gefährdeten Minderjährigen sowie die Dauer des Verbots und die Information über eine allfällige Aufhebung desselben;
[…]
[…]
Zentrale Gewaltschutzdatei
§58c. (1) Die Sicherheitsbehörden sind als gemeinsam Verantwortliche ermächtigt, für den Vollzug von §38a hinsichtlich Personen, gegen die sich eine Maßnahme nach §38a richtet, Identifikationsdaten einschließlich der Erreichbarkeitsdaten und Vormerkungen wegen Gewaltdelikten, Angaben zu Grund und Umfang (räumlich und zeitlich) der verhängten Maßnahme einschließlich früherer Maßnahmen gemäß §38a und Verfahrensdaten, sowie hinsichtlich zu schützender Menschen ausschließlich Namen, Erreichbarkeitsdaten, Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit sowie Angehörigkeitsverhältnis zum Gefährder gemeinsam zu verarbeiten.
(2) Übermittlungen von Daten gemäß Abs1 sind an Sicherheitsbehörden für Zwecke des Vollzugs der §§8 und 12 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997, sowie an Staatsanwaltschaften und ordentliche Gerichte für Zwecke der Strafrechtspflege zulässig. Sofern besondere gesetzliche Regelungen dies vorsehen, ist darüber hinaus eine Übermittlung dieser Daten auch an Kinder- und Jugendhilfeträger in Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe zulässig.
(3) Die Daten sind zu löschen, wenn ein Betretungs- und Annäherungsverbot gemäß §38a Abs7 aufgehoben wurde. Sonst sind die Daten von Personen, gegen die sich eine Maßnahme nach §38a richtet, und der jeweils Gefährdeten drei Jahre nach Aufnahme in die zentrale Gewaltschutzdatei zu löschen, im Falle mehrerer Speicherungen drei Jahre nach der letzten.
[…]
Sonstige Verwaltungsübertretungen
§84. (1) – (1a) […]
(1b) Ein Gefährder (§38a), der
1. den vom Betretungsverbot gemäß §38a umfassten Bereich betritt,
2. sich sonst trotz Annäherungsverbots gemäß §38a einem Gefährdeten annähert,
3. einer Verpflichtung gemäß §38a Abs8 zur Kontaktaufnahme mit einer Beratungsstelle für Gewaltprävention oder zur (aktiven) Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung nicht nachkommt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 500 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
[…]
Vollziehung
§98. (1) Mit der Vollziehung der §§5a ausgenommen Abs3 Z1, 5b, 91 Abs2 und 93 ist die Bundesregierung betraut.
(2) Im übrigen ist mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes der Bundesminister für Inneres, hinsichtlich der §§25 Abs3, 31 Abs3 und 59 Abs3 im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesministern, hinsichtlich der § §38a Abs6 und 47 Abs3 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz betraut."
2. Die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Waffenpolizei (Waffengesetz 1996 – WaffG), BGBl I 12/1997, idF BGBl I 211/2021 lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):
"Waffenverbot
§12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
(1a) Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs1 liegen jedenfalls bei einer Verurteilung wegen §278b bis §278g oder §282a StGB vor. Dies gilt auch, wenn diese bereits getilgt ist, sofern auf eine Freiheitsstrafe von mindestens 18 Monaten erkannt wurde.
(2) Die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen
1. Waffen und Munition sowie
2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,
sind unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt §50 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl Nr 566/1991.
(3) Eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot hat keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten
1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;
2. die im Abs2 Z2 angeführten Urkunden als entzogen.
(4) Die Behörde hat dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen und verfallene Munition, soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheides eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Verbotes nach Abs1 zu stellen.
(5) Die gemäß Abs2 sichergestellten Waffen und Munition gelten trotz eines rechtmäßig verhängten Waffenverbotes nicht als verfallen,
1.wenn das ordentliche Gericht, dem sie anläßlich eines Strafverfahrens vorgelegt worden sind, ihre Ausfolgung an deren Eigentümer verfügt oder
2.wenn jemand anderer als der Betroffene binnen sechs Monaten, vom Zeitpunkt der Sicherstellung an gerechnet, der Behörde das Eigentum an diesen Gegenständen glaubhaft macht
und dieser Eigentümer die Gegenstände besitzen darf.
[…]
Vorläufiges Waffenverbot
§13. (1) Die Organe der öffentlichen Aufsicht sind bei Gefahr im Verzug ermächtigt, ein vorläufiges Waffenverbot auszusprechen, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass der Betroffene durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Zudem gilt mit Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes gemäß §38a SPG ein vorläufiges Waffenverbot als ausgesprochen. Darüber hinaus sind sie in diesen Fällen ermächtigt,
1. Waffen und Munition sowie
2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,
sicherzustellen. Die Organe haben dem Betroffenen über die Aussprache des vorläufigen Waffenverbots sowie im Falle einer Sicherstellung über diese sofort eine Bestätigung auszustellen.
(1a) Soweit die Befugnis gemäß Abs1 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wahrgenommen wird, gilt §50 SPG. Weigert sich ein Betroffener im Falle der Sicherstellung durch ein anderes Organ der öffentlichen Aufsicht Waffen, Munition oder Urkunden dem Organ zu übergeben, hat dieses unverzüglich die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen.
(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht haben unverzüglich jene Behörde, in deren Sprengel die Amtshandlung geführt wurde, über das vorläufige Waffenverbot zu informieren und dieser die allenfalls sichergestellten Waffen, Munition und Urkunden vorzulegen; sie hat eine Vorprüfung vorzunehmen. Sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes offensichtlich nicht gegeben, so hat die Behörde das vorläufige Waffenverbot aufzuheben, indem sie den Betroffenen darüber informiert und die allenfalls sichergestellten Gegenstände dem Betroffenen sofort ausfolgt. Andernfalls hat sie das Verfahren zur Erlassung des Verbotes (§12) durchzuführen, sofern sich hierfür aus §48 Abs2 nicht die Zuständigkeit einer anderen Behörde ergibt.
(3) Erweist sich in der Folge, dass die Voraussetzungen für das Waffenverbot doch nicht gegeben sind, so hat die Behörde den Betroffenen darüber zu informieren und ihm jene allenfalls sichergestellten Waffen, Munition und Urkunden ehestens auszufolgen, die er weiterhin besitzen darf.
(4) Gegen den Betroffenen gilt ab Aussprache des vorläufigen Waffenverbotes oder, sofern die Sicherstellung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte, ab diesem ein mit vier Wochen befristetes vorläufiges Waffenverbot, es sei denn, die Behörde hebt es gemäß Abs2 oder 3 früher auf oder die sichergestellten Waffen, Munition oder Urkunden werden von der Behörde vorher ausgefolgt.
[…]
Verwaltungsübertretungen
§51. (1) Sofern das Verhalten nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer entgegen diesem Bundesgesetz oder einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung
1. Schußwaffen führt;
2. verbotene Waffen gemäß §17 Abs1 Z9 oder 10 besitzt oder verbotene Waffen (§17), die er besitzen darf, führt;
3. Waffen oder Munition besitzt, obwohl ihm dies gemäß §13 Abs4 verboten ist;
4. Waffen (ausgenommen Kriegsmaterial) einführt oder anderen Menschen überläßt;
5. Munition anderen Menschen überläßt;
5a. Schusswaffen oder Munition jemandem wissentlich überlässt, dem der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schusswaffen oder Munition gemäß §11a nicht erlaubt ist,
6. gegen Auflagen verstößt, die gemäß §§17 Abs3 oder 18 Abs3 erteilt worden sind;
7. eine gemäß §33 erforderliche Registrierung unterlässt;
8. eine gemäß §41 Abs1 erforderliche Meldung unterlässt oder einem mit Bescheid erlassenen Verwahrungsverbot (§41 Abs3) zuwiderhandelt;
9. Schusswaffen oder Munition nicht gemäß §16b sicher verwahrt;
10. es unterlässt, eine Kennzeichnung gemäß §58 Abs6 durchführen zu lassen,
11. entgegen einer gemäß §42 Abs5a mit Verordnung getroffenen Anordnung einen Gefahrenbereich nicht verlässt oder entgegen der Untersagung betritt.
Der Versuch ist strafbar.
[…]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt eine Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gemäß Art130 Abs1 Z2 B VG iVm Art132 Abs2 B VG zugrunde, die sich gegen eine am 25. April 2023 telefonisch ausgesprochene Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes gemäß §38a Abs1 SPG richtet. Dieses Betretungs- und Annäherungsverbot betraf das Betreten der von der gefährdeten Person bewohnten Wohnung sowie eines Bereiches von 100 Metern im Umkreis dieser Wohnung. In diesem Umkreis liegt die Wohnung der Beschwerdeführerin vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.
2. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
2.1. Zunächst hegt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Bedenken, dass die angefochtenen Bestimmungen – insbesondere §38a Abs1 und Abs8 SPG – gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Art47 GRC) sowie gegen Art130 Abs1 Z2 B VG, gegen "verfassungsrechtliche Determinierungsgebote (Art8 EMRK, Art1 Abs1 1. ZPEMRK, Art2 4. ZPEMRK; Art7, 17 und 45 GRC; Art18 B VG)", gegen das Recht auf Freizügigkeit (Art2 4. ZPEMRK) bzw das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit (Art45 GRC), gegen Art13 EMRK und das Rechtsstaatsprinzip und letztlich auch gegen das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 Abs1 B VG) bzw das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art1 BVG gegen rassische Diskriminierung) verstießen.
Diese Bedenken decken sich – großteils wortident – mit jenen Bedenken, welche in dem zu G590/2023 ua protokollierten Verfahren vorgebracht wurden.
2.2. Darüber hinaus wird ein weiteres neues Bedenken, nämlich insgesamt ein Verstoß gegen den "verfassungsrechtlichen Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und das Rechtsstaatsprinzip des B VG" vorgebracht. In Bezug auf dieses Bedenken führt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wörtlich wie folgt aus (ohne die Hervorhebungen im Original):
"Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und das Rechtsstaatsprinzip des B VG
[…] Nach der These der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems gibt die Bundesverfassung für den einfachen Gesetzgeber – abgesehen von historisch vorgefundenen, stillschweigend akzeptierten und somit nicht ausdrücklich genannten Rechtsquellen (vgl etwa VfSlg 7593/1975) – eine bindende Typologie aller gültigen Rechtsquellen der Rechtsordnung vor, auf die sich die hoheitlich handelnde Verwaltung stützen kann. Bei diesen handelt es sich um Verordnungen, Bescheide und Akte der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, andere Rechtsquellen können nach hL nicht geschaffen werden (Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht. Allgemeines Verwaltungsrecht 5 [2022] Rz 31; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht 6 [2021] Rz 464). Im Hinblick auf die Rechtsquellen ist somit zwischen generellen und individuellen Rechtsquellen zu unterscheiden, wobei bei Ersterem vermehrt auf den Aspekt der Rechtserzeugung und bei Letzterem auf den Aspekt des Rechtsschutzes abzustellen ist (vgl dazu auch Eberhard, Altes und Neues zur 'Geschlossenheit des Rechtsquellensystems', ÖJZ 2007/58, 679 [680 ff]). Die Schaffung neuer Rechtsformen kann insbesondere zu[] Rechtsschutzlücken führen, sofern nicht im Einzelfall ein effektiver Recht[s]schutz gewährleistet ist (vgl VfSlg 13.699/1994 mwN, wonach das Recht[s]staatsprinzip das Gebot voraussetzt, die behördliche Festlegung von Rechtsfolgen an eine Form zu knüpfen, die einen verfassungsgesetzlich vorgesehenen Rechtsschutz ermöglicht).
[…] Wie bereits […] näher dargelegt, tritt die Verpflichtung zur aktiven Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung gemäß §38a Abs8 SPG als […] gesetzliche Folge mit der Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbotes des §38a Abs1 SPG ein. Damit verpflichtet der Gesetzgeber eine bestimmte Person zu einem aktiven Tun. Zwar stellt Abs1 leg. cit. die gesetzliche Grundlage für eine solche Verpflichtung dar, dh es liegt eine generelle Rechtsquelle, auf die sich die Verpflichtung stützen lässt, vor. Allerdings vertritt das antragstellende Gericht die Auffassung, dass es nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und den damit einhergehenden rechtsstaatlichen Anforderungen auch einer individuellen Rechtsquelle bedürfte, auf die sich die Verpflichtung eines konkreten Adressaten zur Kontaktaufnahme sowie zur aktiven Teilnahme einer Gewaltpräventionsberatung stützen ließe […].
Würde nunmehr die Ansicht vertreten werden, dass mit der ex lege Anordnung der verpflichtenden Teilnahme an dem Gewaltschutzprogramm eine neue Rechtquelle geschaffen werden sollte, so steht dem allerdings folgender Aspekt für die Zulässigkeit einer solchen Vorgangsweise entgegen: Nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems ist für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit neuer Rechtsquellen vorausgesetzt, dass diese nicht nur in einem demokratischen Erzeugungszusammenhang stehen, also von demokratisch gewählten oder zumindest verantwortlichen Organen geschaffen werden, sondern dass sie darüber hinaus der rechtsstaatlich gebotenen Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht entbehren (VfSlg 17.967/2006). Als bloße Rechtsfolge des Betretungs- und Annäherungsverbotes steht insbesondere mangels (eigenständiger) Entscheidung über die Verpflichtung gemäß §38a Abs8 SPG (etwa im Rahmen eines Bescheides) dagegen jedoch kein gesondertes Rechtsmittel zur Verfügung (…), wodurch es zu der in diesem Gerichtsantrag umfassend skizzierten Rechts[s]chutzlücke führt, die genau die Geschlossenheit des Rechtsquellensystems zu verhindern versucht.
Vor diesem Hintergrund geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon aus, dass zumindest in Hinblick auf §38a Abs8 SPG das verfassungsgesetzlich zwingend vorgesehene Rechtsschutzsystem mangels gesonderter Bekämpfbarkeit suspendiert und die Rechtsschutzmöglichkeiten in dieser Hinsicht eingeschränkt sind (vgl dazu VfSlg 13.223/1992).
[…] Im Gegensatz dazu gilt das vorläufige Waffenverbot gemäß §13 Abs1 zweiter Satz WaffG zwar ebenfalls mit Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes als ausgesprochen und teilt auch dieses nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes 'zwangsläufig das rechtliche Schicksal des Betretungsverbotes' (VwGH 10.5.2023, Ra 2023/01/0038). Sofern man jedoch §13 Abs2 bis 4 WaffG auf die von §13 Abs1 zweiter Satz WaffG umfassten Fälle für anwendbar erachtet, hätten auch in solchen Fällen die Organe der öffentlichen Aufsicht unverzüglich die zuständige Behörde über den Ausspruch eines vorläufigen Waffenverbotes zu informieren, welche wiederum eine Vorprüfung vorzunehmen hätte. Für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes nicht gegeben wären, hätte die Behörde sodann das vorläufige Waffenverbot aufzuheben und die sichergestellten Gegenstände auszufolgen, andernfalls ein Verfahren gemäß §12 WaffG durchzuführen. Da ein Abspruch darüber etwa mit Bescheid zu erfolgen hätte und somit gemäß Art130 Abs1 Z1 B VG eine Rechtsschutzmöglichkeit offen stünde, wäre (nur) unter dieser Prämisse §13 Abs1 zweiter Satz WaffG von den zuvor geäußerten Bedenken im Zusammenhang mit der These der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems – im Gegensatz zu §38a Abs8 SPG – nicht mitumfasst.
[…] Zusammengefasst hegt das antragstellende Gericht daher das Bedenken, dass §38a Abs8 SPG – und allenfalls auch §13 Abs1 zweiter Satz WaffG – gegen die These der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und das Rechtsstaatsprinzip verstößt, weil nach der derzeitigen Rechtslage keine gesonderte Entscheidung über die Teilnahme am Gewaltschutzprogramm – etwa in Form eines Bescheides – als individuelle Rechtsquelle erfolgt, sodass diese Rechtsfolge für sich unanfechtbar ist und keine Rechtsschutzmöglichkeit für den Normunterworfenen besteht."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den in diesem Antrag neu erhobenen Bedenken (auszugsweise) wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original). Im Übrigen verweist sie auf die in den zu G590/2023 ua und G240/2022 protokollierten Verfahren erstatteten Äußerungen:
"2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und das Rechtsstaatsprinzip:
2.1. Das antragstellende Gericht führt dazu aus, dass die Pflicht eines Gefährders zur aktiven Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung gemäß §38a Abs8 SPG als gesetzliche Folge der behördlichen Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes nach §38a Abs1 SPG eintrete. Damit verpflichte der Gesetzgeber den Gefährder zu einem aktiven Tun. Zwar liege mit §38a Abs1 SPG eine generelle Rechtsquelle vor, auf die eine solche Verpflichtung gestützt werden könne. Nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und den damit einhergehenden rechtsstaatlichen Anforderungen bedürfe es allerdings auch einer individuellen Rechtsquelle, auf die sich die Verpflichtung des Gefährders, eine Beratungsstelle für Gewaltprävention zur Vereinbarung einer Gewaltpräventionsberatung zu kontaktieren und an der Beratung aktiv teilzunehmen, stützen lasse. Würde man die Ansicht vertreten, dass mit der ex lege-Anordnung der verpflichtenden Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung eine neue Rechtsquelle geschaffen werden sollte, so würde dem allerdings der verfassungsrechtliche Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems entgegenstehen. Nach diesem Grundsatz setze die verfassungsrechtliche Zulässigkeit neuer Rechtsquellen ua voraus, dass diese der rechtsstaatlich gebotenen Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht entbehren (VfSlg 17.967/2006). Gegen die Verpflichtung des Gefährders zur Kontaktaufnahme und zur Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung durch §38a Abs8 SPG, über die keine eigenständige Entscheidung (etwa in Form eines Bescheides) ergehe und die eine bloße gesetzliche Rechtsfolge des Betretungs- und Annäherungsverbotes sei, stehe jedoch kein gesondertes Rechtsmittel zur Verfügung. Dies führe zu einer Rechtsschutzlücke, die der Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems gerade zu verhindern suche.
Das vorläufige Waffenverbot gemäß §13 Abs1 zweiter Satz WaffG gelte zwar ebenfalls mit Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes als ausgesprochen und teile das rechtliche Schicksal des Betretungsverbotes (VwGH 10.5.2023, Ra 2023/01/0038).
Sofern man jedoch §13 Abs2 bis 4 WaffG auf die von §13 Abs1 zweiter Satz WaffG erfassten Fälle für anwendbar erachte, hätten die Organe der öffentlichen Aufsicht unverzüglich die zuständige Behörde über das vorläufige Waffenverbot zu informieren; diese hätte eine Vorprüfung vorzunehmen. Wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes nicht gegeben wären, hätte die Behörde das vorläufige Waffenverbot aufzuheben und die sichergestellten Gegenstände auszufolgen. Andernfalls hätte die Behörde ein Verfahren gemäß §12 WaffG durchzuführen. Unter der Prämisse, dass ein Abspruch darüber etwa mit Bescheid zu erfolgen hätte und somit gemäß Art130 Abs1 Z1 B VG eine Rechtsschutzmöglichkeit offen stünde, würden die zu §38a Abs8 SPG geäußerten Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems nicht auch auf §13 Abs1 zweiter Satz WaffG zutreffen.
2.2. Nach Auffassung der Bundesregierung treffen die Bedenken des antragstellenden Gerichtes nicht zu:
2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus dem bundesverfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystem den Grundsatz der (relativen) Geschlossenheit des Rechtsquellensystems im Sinne eines Rechtstypenzwangs abgeleitet. Da das B VG Rechtsschutz nur gegen bestimmte Formen hoheitlichen Vollzugshandelns ermöglicht, würden die Gesetzgebung und die Verwaltung durch die Schaffung verfassungsrechtlich nicht vorgesehener bzw nicht vorausgesetzter genereller oder individueller Rechtsquellen den Rechtsschutz unterlaufen (vgl etwa VfSlg 9886/1983, 17.137/2004, 17.172/2004, 17.394/2004, 17.967/2006; grundlegend Schäffer, Rechtsquellen und Rechtsanwendung, 5. ÖJT Band I/1 B (1973) 34 ff.; vgl auch Öhlinger, Verfassungsrechtliche Bemerkungen zu den Gesamtverträgen im Urheberrecht, ÖBl 1976, 89; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht 3 , 1987, 237 f.; Eberhard, Altes und Neues zur 'Geschlossenheit des Rechtsquellensystems', ÖJZ 2007, 679; Traußnigg, Strukturfragen eines umfassenden effektiven Rechtsschutzes, JAP 2020/2021, 83 (85 f.); Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht 5 , 2022, Rz. 31, 90 ff.).
Nach Auffassung der Bundesregierung kann der vom antragstellenden Gericht behauptete Verstoß gegen den 'Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und [die] damit einhergehenden rechtsstaatlichen Anforderungen' schon deshalb nicht vorliegen, weil die Gesetzgebung durch §38a Abs8 SPG bzw durch §13 Abs1 zweiter Satz WaffG jeweils keine neue, im B VG nicht vorgesehene Rechtsquelle geschaffen hat. Beide Bestimmungen sehen für den Fall der behördlichen Verhängung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes nach §38a Abs1 SPG eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung des Gefährders vor, deren Anordnung als solche nicht in die Entscheidungsbefugnis der Behörde fällt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2022, G240/2022, Rz. 35 ff., in dem dieser die Präjudizialität – auch – des §38a Abs8 SPG zwar bejaht, zugleich aber betont hat, dass vom antragstellenden Gericht im dortigen Maßnahmenbeschwerdeverfahren 'allein darauf abzustellen [war], ob die einschreitenden Sicherheitsorgane auf Grund des sich ihnen bietenden Gesamtbildes vertretbar davon ausgehen konnten, dass eine Gefährdung (weiterhin) vor[lag]'.
Der Umstand, dass Individualrechtsschutz gegenüber generellen Rechtsquellen allgemein nur unter vergleichsweise restriktiven Voraussetzungen möglich ist, vermag nach Ansicht der Bundesregierung nicht die Verfassungswidrigkeit des §38a Abs8 SPG oder des §13 Abs1 zweiter Satz WaffG zu begründen, zumal die Prozessvoraussetzungen hiefür (im Wesentlichen) im B VG selbst geregelt sind (vgl insoweit auch zum Aspekt der stärkeren demokratischen Legitimation genereller Rechtsakte Eberhard, aaO, 680 ff.).
Entgegen der Auffassung des antragstellenden Gerichts verlangt der Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems in der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes nicht, dass eine unmittelbar von Gesetzes wegen (hier: gemäß §38a Abs8 SPG bzw §13 Abs1 zweiter Satz B VG als Folge der behördlichen Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes) eintretende Pflicht eines Rechtsunterworfenen (hier: des Gefährders zur aktiven Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung) auch einer individuellen Rechtsquelle als Grundlage bedürfte, um allenfalls leichter anfechtbar zu sein.
2.2.2. Über den Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems hinausgehende Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit von §38a Abs8 SPG und §13 Abs1 zweiter Satz WaffG mit dem rechtsstaatlichen Prinzip, über die der Verfassungsgerichtshof noch nicht erkannt hätte, bringt der Antrag nicht vor. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zuletzt den vom antragstellenden Gericht – in anderem Zusammenhang (…) – behaupteten Verstoß von §38a Abs8 SPG und §13 Abs1 zweiter Satz WaffG gegen das Gebot der faktischen Effizienz des Rechtsschutzes bereits wiederholt verneint (VfGH 7.12.2023, G105/2023 ua, Rz. 70; 7.12.2023, G590/2023 ua, Rz. 77 ff.). Auf das Prozesshindernis der entschiedenen Sache wurde insoweit bereits hingewiesen (siehe oben Punkt […]).
3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
4. Die Partei des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat als beteiligte Partei ebenfalls eine Äußerung erstattet, in der sie den Sachverhalt sowie in Folge die behauptete Verfassungswidrigkeit der im Gerichtsantrag angefochtenen Bestimmungen näher erläutert.
IV. Erwägungen
1. Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aus Anlass einer bei ihm anhängigen Maßnahmenbeschwerde mit seinem Hauptantrag die Aufhebung des §38a SPG samt weiterer näher bezeichneter Bestimmungen bzw Wortfolgen des SPG (§25 Abs4, §35 Abs1 Z8, §56 Abs1 Z3 und 8, §58c, §84 Abs1b und §98 Abs2 sowie im Inhaltsverzeichnis die Zeilen "§38a. Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt" und "§58c Zentrale Gewaltschutzdatei"). Darüber hinaus wird die Aufhebung von §13 Abs1 zweiter Satz WaffG begehrt. Der Antrag enthält mehrere Eventualanträge, in denen der Hauptantrag noch um weitere Bestimmungen ergänzt wird, die – so das antragstellende Gericht – in untrennbarem Zusammenhang mit den im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen stehen.
2. Damit gleicht dieser Antrag im Wesentlichen dem zu G590/2023 ua protokollierten Antrag, welcher mit Erkenntnis vom 7. Dezember 2023 abgewiesen wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden (jüngst VfGH 13.6.2023, G144/2023, mwH). Da die vom antragstellenden Landesverwaltungsgericht vorgetragenen Bedenken iSv §62 Abs1 VfGG mit jenen übereinstimmen, die den Anträgen im Verfahren zu G590/2023 ua zugrunde lagen und die der Verfassungsgerichtshof, da er diesbezüglich keine Verfassungswidrigkeiten erkannte, abgewiesen hat, ist der vorliegende Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen hinsichtlich der Bedenken gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde bzw einen wirksamen Rechtsbehelf sowie (damit einhergehend) gegen das Gebot der faktischen Effizienz des Rechtsschutzes (Art13 EMRK, Art47 GRC, Art130 Abs1 Z2 B VG), gegen Art18 B VG ua ("verfassungsrechtliche Determinierungsgebote"), gegen das Recht auf Freizügigkeit (Art2 4. ZPEMRK, Art45 GRC) und gegen das Sachlichkeitsgebot (Art7 Abs1 B VG, Art2 StGG ua) zu verstoßen, wegen rechtskräftig entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen (vgl VfGH 12.6.2020, G252/2019 ua, mwN).
3. In Bezug auf jenes Bedenken, wonach §38a Abs8 SPG gegen den Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems und (damit einhergehend) gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße, ist der Antrag zulässig, jedoch nicht begründet:
3.1. Vorauszuschicken ist, dass §38a Abs8 SPG als Rechtsfolge zum Grundtatbestand des Abs1 leg. cit. derart konzipiert ist, dass im Falle der Bekämpfung der Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbotes folglich auch die Rechtsfolge (Verpflichtung zur Teilnahme an der Gewaltpräventionsberatung) mitumfasst ist. Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend ausführt, führt der Umstand, dass Individualrechtsschutz allenfalls nur unter vergleichsweise restriktiven Voraussetzungen möglich ist, nicht – wovon das antragstellende Landesverwaltungsgericht anscheinend ausgeht – quasi automatisch zur Verfassungswidrigkeit der die Rechtsfolge anordnenden Norm: Wenn in dem speziellen, in §38a SPG hiefür vorgesehenen Verfahren die rechtmäßige Anordnung bejaht wird und die damit einhergehende Verpflichtung zur Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung als solche nicht isoliert bekämpft werden kann, ist dies keine unverhältnismäßige Verkürzung des Rechtsschutzes und daher kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip.
3.2. Eine eigenständige Rechtsquelle liegt in Bezug auf Abs8 leg. cit. eben nicht vor, sodass sich darüber hinausgehende Überlegungen zur Geschlossenheit des Rechtsquellensystems erübrigen (zur relativen Geschlossenheit des Rechtsquellensystems vgl allgemein VfSlg 17.967/2006).
V. Ergebnis
1. Das ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen des SPG, insbesondere des §38a SPG, und des §13 Abs1 WaffG erhobene Bedenken des Verstoßes gegen die Geschlossenheit des Rechtsquellensystems trifft nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.
2. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.