Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des SchulunterrichtsG betreffend das Zustimmungsrecht des Schulerhalters bei Bewilligung eines freiwilligen 11. und 12. Schuljahres für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf; kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Determinierungsgebot; Zustimmungserfordernis dient der Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung des Schulerhalters hinsichtlich der Erhaltung und Zurverfügungstellung von etwa Schulgebäuden und -liegenschaften, Personal, Verpflegung, Einrichtung und Lehrmittel; Möglichkeit der Versagung eines Schulbesuchs ausschließlich im Fall (der Gefahr) der Nichterfüllung der Verpflichtungen durch den Schulerhalter; Pflicht der Bildungsdirektion (als Schulbehörde) zur bescheidmäßigen Darlegung der Gründe der Versagung des Schulbesuchs; Rechtsmittel eröffnet Durchsetzung des Schulbesuchs auch ohne Zustimmung des Schulerhalters
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, die Wortfolge "mit Zustimmung des Schulerhalters und" in §32 Abs2 SchUG, BGBl 472/1986, idF BGBl I 101/2018 wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. In eventu begehrt das Bundesverwaltungsgericht, die Wortfolge "mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde" in §32 Abs2 SchUG, BGBl 472/1986, idF BGBl I 101/2018 wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §§8 und 18 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 101/2018 lauten wie folgt:
"Schulbesuch bei sonderpädagogischem Förderbedarf
(1) Auf Antrag oder von Amts wegen hat die Bildungsdirektion mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Unter Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt. Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.
(2) Im Rahmen der Verfahren gemäß Abs1 kann auf Verlangen oder mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten das Kind, sofern es die Volksschule oder Mittelschule noch nicht besucht, für höchstens fünf Monate in die Volksschule oder die Mittelschule oder eine Sonderschule der beantragten Art, sofern es die Volksschule oder die Mittelschule bereits besucht, in eine Sonderschule der beantragten Art zur Beobachtung aufgenommen werden.
(3) Sobald bei einem Kind auf die sonderpädagogische Förderung verzichtet werden kann, weil es – allenfalls trotz Weiterbestandes der Behinderung – dem Unterricht nach dem Lehrplan der betreffenden allgemeinen Schule zu folgen vermag, ist die Feststellung gemäß Abs1 erster Satz aufzuheben. Für den Fall, dass bei Fortbestand des sonderpädagogischen Förderbedarfs der Schüler oder die Schülerin dem Unterricht nach dem Lehrplan der betreffenden allgemeinen Schule zu folgen vermag, ist die Feststellung gemäß Abs1 vierter und fünfter Satz entsprechend abzuändern.
(3a) Bei körperbehinderten und sinnesbehinderten Schülern, die in eine Sekundarschule nach Erfüllung der allgemeinen Aufnahmsvoraussetzungen der jeweiligen Schulart aufgenommen werden, ist die Feststellung gemäß Abs1 aufzuheben. Dies gilt nicht beim Besuch einer Sonderschule."
"(Weiter-)Besuch der allgemeinbildenden Pflichtschule im 9. und in einem freiwilligen 10. Schuljahr
§18. (1) Schüler der Volksschuloberstufe und der Mittelschule, die im 8. Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine oder mehrere Stufen der besuchten Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind berechtigt, im 9. und in einem freiwilligen 10. Schuljahr die besuchte Schule weiter zu besuchen oder die Polytechnische Schule zu besuchen. Gleiches gilt für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die gemäß §8a Abs1 eine allgemeine Pflichtschule besuchen.
(2) Schülerinnen und Schüler, die im 9. Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine Stufe einer allgemeinbildenden höheren Schule oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind berechtigt, in einem freiwilligen 10. Schuljahr die Polytechnische Schule zu besuchen."
2. §32 Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl 472/1986, idF BGBl I 101/2018 lautet wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"Höchstdauer des Schulbesuches
§32. (1) Der Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule ist längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht folgenden Schuljahres zulässig, soweit in den nachstehenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist.
(2) Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde berechtigt, eine Sonderschule oder allgemeine Schule zwei Jahre über den im Abs1 genannten Zeitraum hinaus zu besuchen.
(2a) Schüler, die während der Schulpflicht oder nach Weiterbesuch der Schule in einem freiwilligen zehnten Schuljahr gemäß §18 Abs1 des Schulpflichtgesetzes 1985 die 4. Klasse der Mittelschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, dürfen in einem freiwilligen zehnten bzw elften Schuljahr die Mittelschule oder die Polytechnische Schule mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde besuchen, sofern sie zu Beginn des betreffenden Schuljahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Unter denselben Bedingungen sind Schüler, die eine im ersten Satz genannte Schule im neunten Jahr der allgemeinen Schulpflicht als außerordentliche Schüler beendet haben, berechtigt, eine der genannten Schulen ein weiteres Jahr als ordentlicher oder außerordentlicher Schüler zu besuchen.
(2b) Schülerinnen und Schüler, die im 9. Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine Stufe einer allgemeinbildenden höheren Schule oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind unter den in Abs2a erster Satz genannten Bedingungen berechtigt, in einem freiwilligen 10. Schuljahr die Polytechnische Schule zu besuchen.
(3) Der Besuch einer Berufsschule ist längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres zulässig, in dem das Lehr- oder Ausbildungsverhältnis endet.
(3a) Schüler von Berufsschulen, die nach Beendigung des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses die Berufsschule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind berechtigt, mit Zustimmung des Schulerhalters sowie mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde die Berufsschule zum Zweck der Erlangung eines erfolgreichen Berufsschulabschlusses weiter zu besuchen oder zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Mal zu besuchen. Ein Wiederholen von Schulstufen gemäß §27 ist nicht zulässig.
(4)-(8) […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Die am 4. November 2005 geborene Partei im Anlassverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht suchte am 13. Februar 2023 durch ihren Erziehungsberechtigten bei der Bildungsdirektion für Niederösterreich um Bewilligung eines freiwilligen 12. Schuljahres im Schuljahr 2023/24 gemäß §32 Abs1 und 2 SchUG an.
1.2. Diesen Antrag wies die Bildungsdirektion für Niederösterreich mit Bescheid vom 4. April 2023 gemäß §32 Abs1 und 2 SchUG ab und begründete dies damit, dass die Gemeinde eine negative Stellungnahme ("aus Platzgründen nicht möglich") abgegeben habe. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
2. Aus Anlass der Bescheidbeschwerde sind beim Bundesverwaltungsgericht Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "mit Zustimmung des Schulerhalters und" in §32 Abs2 SchUG entstanden. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne Hervorhebungen im Original):
"Verstoß gegen Art7 Abs1 B VG und Art6 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern (BVG Kinderrechte)
3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat (vgl etwa VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002).
Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassung wegen nicht verwehrt, ihre (sozial-)politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.167/2001, 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004 und 17.816/2006, 19.722/2012, jeweils m.w.N.) sowie Härtefälle in Kauf nehmen (vgl VfSlg 16.771/2002 m.w.N.).
Nach Art6 BVG Kinderrechte hat jedes Kind mit Behinderung Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die seinen besonderen Bedürfnissen Rechnung tragen. Zudem ist die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Kindern im Sinne des Art7 Abs1 B VG in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Demnach sind die Gebietskörperschaften verpflichtet, in Gesetzgebung oder Verwaltung die Diskriminierung von behinderten Kindern im täglichen Leben abzubauen (vgl Grabenwarter/Frank, B VG Art6 BVG Kinderrechte Rz 2 [Stand 20.06.2020, rdb.at]).
3.2. Nach §32 Abs1 SchUG ist es Schülern – auch ohne sonderpädagogischem Förderbedarf – möglich, die allgemeinbildende Pflichtschule ein Jahr über die Erfüllung der (neunjährigen) Schulpflicht hinaus – somit in einem 10. Schulbesuchsjahr – freiwillig zu besuchen. Eine Beschränkung ist für diesen Fall nicht vorgesehen.
Nach §32 Abs2 SchUG können Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinbildende Pflichtschule drei Jahre über die Erfüllung der (neunjährigen) Schulpflicht hinaus freiwillig besuchen – somit insgesamt 12. Schulbesuchsjahre. Für diese Möglichkeit bedarf es jedoch der Zustimmung des Schulerhalters und der Bewilligung der zuständigen Schulbehörde.
Das Bundesverwaltungsgericht vermag unter dem Blickwinkel des Art7 Abs1 dritter Satz B VG bzw des Art6 BVG Kinderrechte keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden, weshalb die (zusätzliche) freiwillige Verlängerung des Besuches der allgemeinbildenden Pflichtschule für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf von der Zustimmung des (jeweiligen) Schulerhalters abhängig gemacht wird.
In den Erläuterungen zu §32 Abs1 und 2 SchUG (etwa RV 345 BIgNR 13. GP, 48 sowie RV 417 BIgNR 20. GP, 25) wird nicht näher auf die Gründe für die unterschiedliche Verlängerungsdauer des Schulbesuches eingegangen. Die Schaffung der Möglichkeit für Kinder mit Behinderung, bei welchen der Bedarf einer besonderen pädagogischen Förderung festgestellt wurde (siehe §8 Schulpflichtgesetz), die allgemeinbildende Pflichtschule zwei Jahre über den in §32 Abs1 SchUG genannten Zeitraum hinaus zu besuchen, zeigt, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit eines 12 Schuljahre andauernden Pflichtschulbesuches für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf für notwendig hält, um diesen eine (gegenüber Kindern ohne solchen Förderbedarf) gleichwertige schulische Ausbildung zu ermöglichen.
In Anbetracht der Notwendigkeit des längeren Pflichtschulbesuches für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf erscheint das in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters lediglich zur Vermeidung finanzieller Belastungen der jeweiligen Gebietskörperschaft zu dienen. Durch die Notwendigkeit der Zustimmung des Schulerhalters nach Abs2 werden behinderte Kinder (mit sonderpädagogischem Förderbedarf), welche den längeren Pflichtschulbesuch für ihre Gleichstellung mit Kindern ohne einen solchen Förderbedarf benötigen, gegenüber nicht behinderten Kinder[n] benachteiligt. Eine Beschränkung der Gleichbehandlung von behinderten mit nicht behinderten Kindern ist nach Art7 BVG Kinderrechte nur zulässig, soweit sie zur Wahrung der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Die finanzielle Entlastung der Schulerhalter bzw der Gebietskörperschaften stellt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine sachliche Rechtfertigung für die in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Beschränkung der Möglichkeit eines weiteren (freiwilligen) Pflichtschulbesuches und damit der Einschränkung der Chancen auf gleichwertige Bildung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf dar (vgl VfSlg 19.732/2013).
3.3. Überdies bestehen mangels einer hinreichenden Determinierung Bedenken hinsichtlich einer vollziehbaren Regelung, da der Gesetzgeber in §32 Abs2 SchUG keinerlei Bedingungen bzw Voraussetzungen für die Erteilung bzw Verweigerung der Zustimmung des Schulerhalters festlegt. Damit wird eine Vorhersehbarkeit der behördlichen Entscheidung verunmöglicht.
4. Aus diesen Erwägungen erscheint nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes die beantragte Aufhebung der angefochtenen Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof geboten.
5. Zum Eventualantrag:
Falls der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertritt, dass der gestellte Hauptantrag zu kurz greift und die oben angeführten Argumente auch auf das Verfahren vor der zuständigen Schulbehörde zutreffen, wird eventualiter der Antrag gestellt, auch diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.
Insbesondere sieht §32 Abs2 SchUG (auch) keine hinreichende gesetzliche Determinierung näherer Kriterien vor, welche die Schulbehörde ihrer Entscheidung über die Bewilligung des weiteren Schulbesuches zugrunde zu legen hat.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass im Sinne einer ausreichenden Beistellung von Ressourcen für die Schulen ein geordnetes Verfahren von öffentlichem Interesse ist, gibt aber zu bedenken, dass Schüler ohne Behinderung und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf keine Bewilligung benötigen, um – im Sinne des unter Punkt 3.2 gesagten – die für sie nach dem Gesetz ausreichende Beschulung zu erhalten."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird (ohne Hervorhebungen im Original):
"[…]
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art7 Abs1 B VG und Art6 BVG Kinderrechte:
Das antragstellende Gericht begründet seine Bedenken gegen die Gleichheitskonformität der angefochtenen Bestimmung damit, dass für die – Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeräumte – Möglichkeit des freiwilligen Weiterbesuchs einer allgemeinbildenden Pflichtschule in einem 11. und 12. Schuljahr gemäß §32 Abs2 SchUG die Zustimmung des Schulerhalters und die Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde erforderlich seien, während für den freiwilligen Weiterbesuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule in einem 10. Schuljahr gemäß §32 Abs1 SchUG vergleichbare Voraussetzungen nicht bestünden. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, weshalb die (zusätzliche) freiwillige Verlängerung des Besuches der allgemeinbildenden Pflichtschule für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf von der Zustimmung des Schulerhalters abhängig gemacht werde, sei nicht auszumachen. Die Schaffung der Möglichkeit für Kinder mit Behinderung, die allgemeinbildende Pflichtschule freiwillig zwei Jahre über den in §32 Abs1 SchUG genannten Zeitraum hinaus zu besuchen, zeige, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit eines zwölf Schuljahre dauernden Pflichtschulbesuches von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf für notwendig halte, um diesen eine (gegenüber Kindern ohne solchen Förderbedarf) gleichwertige schulische Ausbildung zu ermöglichen. Durch das Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters nach §32 Abs2 SchUG würden behinderte Kinder (mit sonderpädagogischem Förderbedarf), die den längeren Pflichtschulbesuch für ihre Gleichstellung mit Kindern ohne einen solchen Förderbedarf benötigten, gegenüber nicht behinderten Kindern benachteiligt. Die Vermeidung einer finanziellen Belastung 'der Schulerhalter bzw der Gebietskörperschaften' stelle keine sachliche Rechtfertigung für das Zustimmungserfordernis dar.
Diesem Vorbringen wird seitens der Bundesregierung Folgendes entgegengehalten:
1.1. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (vgl zB VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018 und 20.270/2018). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassung wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl zB VfSlg 16.176/2001 und 16.504/2002). Dem Gesetzgeber muss es zwar gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl VfSlg 11.616/1988, 14.694/1996, 16.361/2001 und 16.641/2002). Doch ist diese Erlaubnis nicht schrankenlos; sie findet ihre Grenze dort, wo anderen Überlegungen, die gegen die Regelung sprechen, größeres Gewicht beizumessen ist als den verwaltungsökonomischen Erwägungen (vgl VfSlg 13.726/1994, 15.819/2000 und 17.886/2006).
1.2. Dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes liegt ein Vergleich der in §32 Abs1 SchUG einerseits und in §32 Abs2 SchUG andererseits getroffenen Regelungen zu Grunde, wobei Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Schüler ohne eine[n] solchen Förderbedarf einander gegenübergestellt werden. Damit werden jedoch nach Auffassung der Bundesregierung untaugliche Vergleichsobjekte herangezogen:
1.2.1. Aus §32 Abs1 SchUG in Verbindung mit §18 Abs1 des Schulpflichtgesetzes 1985 ergibt sich, dass Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf die Möglichkeit haben, in einem freiwilligen 10. Schuljahr eine allgemeinbildende Pflichtschule über die Dauer der allgemeinen Schulpflicht hinaus zu besuchen. Einer Zustimmung des Schulerhalters oder einer Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde bedarf es dazu nicht (vgl die Ausführungen unter Punkt I.3.2).
Dem Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters und der Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde unterliegt allerdings ein Schulbesuch gemäß §32 Abs2 SchUG. Diese Regelung betrifft ausschließlich Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und sieht die Möglichkeit des Schulbesuches in einem freiwilligen 11. und 12. Schuljahr (somit über das in §32 Abs1 leg cit geregelte Ausmaß hinaus) vor.
Ersichtlich regelt §32 SchUG in seinen Abs1 und 2 gänzlich verschiedene Sachverhalte.
1.2.2. Tatsächlich ist §32 Abs2 SchUG nicht im Vergleich zu §32 Abs1, sondern im Vergleich zu §32 Abs2a leg cit zu betrachten:
Gemäß §32 Abs2a dürfen Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, die während der Schulpflicht oder nach einem freiwilligen 10. Schuljahr die 4. Klasse der Mittelschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der Schulbehörde ein freiwilliges 10. bzw 11. Schuljahr absolvieren.
Da somit die Inanspruchnahme der Möglichkeit eines über das 10. Schuljahr hinausgehenden freiwilligen Besuches einer allgemeinbildenden Pflichtschule sowohl gemäß §32 Abs2 als auch gemäß §32 Abs2a SchUG von der Zustimmung des Schulerhalters sowie der Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde abhängt, liegt eine Ungleichbehandlung von Schülern mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf und Schülern ohne einen solchen Förderbedarf nicht vor.
Auch ein Vergleich der mit den beiden Bestimmungen jeweils verfolgten Zwecke legt keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nahe: Ziel des §32 Abs2 SchUG ist es, Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen; Ziel des §32 Abs2a SchUG hingegen ist es, Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf die Möglichkeit zu bieten, den allgemeinen Pflichtschulabschluss nachzuholen. Die jeweilige Festlegung einer Höchstdauer für den freiwilligen Weiterbesuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule orientiert sich an diesen Zielsetzungen und liegt insofern im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Mehr noch: Gerade die Umsetzung der unterschiedlichen Zielsetzungen in Form einer unterschiedlichen Höchstdauer für den freiwilligen Weiterbesuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule – freiwilliges 11. und 12. Schuljahr im einen Fall, freiwilliges 10. bzw 11. Schuljahr im anderen Fall – tragen der unterschiedlichen Bedürfnislage Rechnung. Insofern erweisen sich die in der vom antragstellenden Gericht zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg 19.732/2013, enthaltenen Ausführungen zu einer diskriminierenden Gleichbehandlung von Menschen mit und ohne Behinderung als auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Nach Auffassung der Bundesregierung liegt eine Diskriminierung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Sinne von Art7 Abs1 B VG also nicht vor. In Anbetracht der in der angefochtenen Regelung zum Ausdruck kommenden Zielsetzung einer bestmöglichen Förderung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist auch eine Ungleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Kindern im Pflichtschulbereich im Sinne des Art6 BVG Kinderrechte zu verneinen.
1.3. Da sich an das Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters (sowie der Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde) gemäß §32 Abs2 SchUG keine Diskriminierung knüpft, bedarf dieses Erfordernis in dieser Hinsicht keine Rechtfertigung. Ungeachtet dessen weist die Bundesregierung – in Hinblick auf eine selbständige Sachlichkeitsprüfung – auf Folgendes hin:
1.3.1. Die Verankerung eines Zustimmungserfordernisses des Schulerhalters gründet sich vor allem darauf, dass nach dem Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, BGBl Nr 163/1955, die Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Pflichtschulen dem gesetzlichen Schulerhalter obliegen (§1 Abs2 leg cit) und dieser für die entsprechenden Kosten aufzukommen hat (§8 Abs1 leg cit). Für schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben die gesetzlichen Schulerhalter gemäß §4 leg cit öffentliche Sonderschulen oder an öffentlichen Volks- oder Mittelschulen angeschlossene Sonderschulklassen im erforderlichen Ausmaß zu errichten und zu erhalten; Gleiches gilt für öffentliche Pflichtschulen mit integrativem Unterricht. Gemäß den §§2 bis 5 leg cit ist sicherzustellen, dass alle schulpflichtigen Kinder – gleich, ob mit oder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf – eine Schule bei einem ihnen zumutbaren Schulweg besuchen können.
Der Schulerhalter hat weiters dafür Sorge zu tragen, dass ein qualitätsvoller Unterricht in für schulische Zwecke gewidmeten Räumen durchgeführt werden kann. Den Schulerhalter trifft gemäß §7 leg cit die Verpflichtung, in jeder Schule die entsprechende Zahl an Unterrichts- und Nebenräumen einzurichten und sicherzustellen, dass die Schule in ihrer baulichen Gestaltung und in ihrer Einrichtung den Grundsätzen der Pädagogik und der Schulhygiene entspricht und jene Lehrmittel aufweist, die im Lehrplan für die betreffende Schulart vorgesehen sind. Um den besonderen Bedürfnissen von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gerecht zu werden, sind an den entsprechenden Schulen auch Räume für Pflege und therapeutische Maßnahmen vorzusehen (vgl §25 Abs6 des Schulorganisationsgesetzes). Für die bestmögliche Betreuung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist der Einsatz von entsprechend ausgebildeten Lehrkräften vorgesehen, und zwar fakultativ an Volksschulen (vgl §13 leg cit), obligatorisch an Mittelschulen (vgl §21g leg cit) und an Polytechnischen Schulen (vgl §32 leg cit).
1.3.2. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei Schülern, die nach neun Jahren Schulbesuch die Schule freiwillig weiter besuchen, nicht mehr um schulpflichtige Schüler handelt und dass der Gesetzgeber einen Rechtsanspruch auf den Besuch eines freiwilligen 10. Schuljahres einräumt (vgl erneut §18 des Schulpflichtgesetzes und §32 Abs1 SchUG), ergibt sich:
Um die Verpflichtungen zu erfüllen, wie sie entsprechend den Vorgaben im Pflichtschulerhaltungs Grundsatzgesetz normiert sind und wie sie sich aus Schulpflichtgesetz und Schulunterrichtsgesetz ergeben, trifft den Schulerhalter vorrangig die Verpflichtung, die notwendigen Räumlichkeiten und Ressourcen für alle Schüler zur Verfügung zu stellen, die schulpflichtig sind oder ein freiwilliges 10. Schuljahr absolvieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachlich gerechtfertigt, jeden darüberhinausgehenden freiwilligen Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule – ohne Unterscheidung, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt oder nicht – an die Zustimmung des Schulerhalters und die Bewilligung durch die Schulbehörde zu binden.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf eine mangelnde Determinierung:
Das antragstellende Gericht äußert ferner das Bedenken, dass für die Erteilung bzw Verweigerung der Zustimmung seitens des Schulerhalters keinerlei 'Bedingungen bzw Voraussetzungen' festgelegt seien; damit werde die Vorhersehbarkeit der behördlichen Entscheidung verunmöglicht.
Zu diesem Vorbringen verweist die Bundesregierung auf Folgendes:
Aus den Erwägungen unter Punkt 1.3 ergibt sich, dass der Schulerhalter für die Entscheidung über Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung gemäß §32 Abs2 SchUG nur solche Kriterien heranzuziehen befugt ist, die sich auf die ihn treffende Verpflichtung beziehen, notwendige Ressourcen für alle Schüler zur Verfügung zu stellen, die schulpflichtig sind oder freiwillig ein 10. Schuljahr absolvieren.
3. Die angefochtenen Wortfolgen sind daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig."
4. Die Partei im Anlassverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes anschließt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
1.3. Das Bundesverwaltungsgericht begehrt in seinem Hauptantrag die Aufhebung der Wortfolge "mit Zustimmung des Schulerhalters und" in §32 Abs2 SchUG. Die Anfechtung erweist sich als zulässig, weil §32 Abs2 SchUG vom Bundesverwaltungsgericht denkmöglich angewendet wird und die angefochtene Wortfolge im Hauptantrag ausreicht, um die in den Bedenken dargelegte Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Dem Antrag liegt folgende Rechtslage zugrunde:
2.1.1. Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht eine allgemeine Schulpflicht, deren Dauer gemäß Art14 Abs7a B VG und §3 Schulpflichtgesetz 1985 neun Schuljahre beträgt. Die Schulpflicht ist gemäß §5 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 durch den Besuch von allgemeinbildenden Pflichtschulen sowie mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen. Allgemeinbildende Pflichtschulen sind gemäß §3 Abs6 Z1 Schulorganisationsgesetz (SchOG) Volksschulen, Mittelschulen, Sonderschulen und Polytechnische Schulen.
2.1.2. Vermag ein Kind infolge einer Behinderung dem Unterricht an einer Volksschule, Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen, hat die Bildungsdirektion gemäß §8 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 auf Antrag oder von Amts wegen den sonderpädagogischen Förderbedarf für das Kind mit Bescheid festzustellen.
Die Feststellung iSd §8 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 begründet ein Recht des Kindes auf sonderpädagogische Förderung. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind gemäß §8a Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 berechtigt, die allgemeine Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule, Mittelschule, Polytechnischen Schule, Unterstufe einer allgemeinbildenden höheren Schule oder einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe zu erfüllen, soweit solche Schulen (Klassen) vorhanden sind und der Schulweg den Kindern zumutbar oder der Schulbesuch auf Grund der mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes erfolgten Unterbringung in einem der Schule angegliederten oder sonst geeigneten Schülerheim möglich ist.
2.1.3. Das Schulpflichtgesetz 1985 räumt unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit ein, eine allgemeinbildende Pflichtschule in einem 9. und in einem freiwilligen 10. Schuljahr zu besuchen. So sieht §18 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 für Schüler einer Volksschuloberstufe oder Mittelschule, die diese im 8. Jahr der allgemeinen Schulpflicht nicht erfolgreich abgeschlossen haben, die Möglichkeit vor, die Schule im 9. Jahr der Schulpflicht und in einem freiwilligen 10. Jahr zu besuchen und erfolgreich abzuschließen. Alternativ ist der Besuch einer Polytechnischen Schule vorgesehen. Diese Bestimmung findet auch auf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Anwendung, die gemäß §8a Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 eine allgemeine Pflichtschule besuchen.
2.1.4. Im Hinblick auf die Höchstdauer des Schulbesuchs legt §32 Abs1 SchUG fest, dass der Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht folgenden Schuljahres, somit 10 Jahre, zulässig ist, soweit in den nachstehenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist.
2.1.5. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht §32 Abs2 SchUG für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Möglichkeit vor, mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde eine Sonderschule oder allgemeine Schule "zwei Jahre über den im Abs1 genannten Zeitraum" zu besuchen, und zwar unabhängig davon, ob sie diese Schule zuvor bereits besucht haben (vgl Erläut zur RV 373 BlgNR 26. GP, 10).
2.1.6. Gesetzlicher Schulerhalter ist gemäß Art14 Abs6 B VG der Bund, soweit die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Schulen Bundessache ist. Gesetzlicher Schulerhalter ist das Land oder nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die Gemeinde oder ein Gemeindeverband, soweit die Gesetzgebung oder Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Schulen Landessache ist.
2.1.7. In den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen ist die Grundsatzgesetzgebung Bundessache, die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung gemäß Art14 Abs3 lita B VG Landessache. Gesetzlicher Schulerhalter von öffentlichen Pflichtschulen ist daher nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften entweder das Land, die Gemeinde oder ein Gemeindeverband.
2.1.8. Die Vollziehung auf dem Gebiet des Schulunterrichtsrechts ist gemäß Art14 Abs1 B VG Bundessache (vgl Wieser , Art14 B VG, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg. 2018, Rz 84). Sie ist nach Art113 Abs1 B VG vom zuständigen Bundesminister und von den dem zuständigen Bundesminister unterstellten Bildungsdirektionen zu besorgen.
Gemäß §83 Abs1 SchUG ist mit der Vollziehung des SchUG – ausgenommen der §§66a und 80 SchUG – der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betraut. Die Bewilligung des weiteren Schulbesuchs gemäß §32 Abs2 SchUG obliegt daher der örtlich zuständigen Bildungsdirektion als Schulbehörde. Zuständige Oberbehörde ist der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
2.1.9. Die Schulbehörde ist im Verfahren nach §32 Abs2 SchUG verpflichtet, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu erheben und ihre Entscheidung entsprechend zu begründen. Sie darf gemäß §32 Abs2 SchUG den weiteren Besuch der allgemeinbildenden Pflichtschule nur bewilligen, wenn die Zustimmung des Schulerhalters vorliegt. Ein bloßer Hinweis auf die fehlende Zustimmung des Schulerhalters reicht dabei nicht aus. Vielmehr hat die Schulbehörde die Gründe des Schulerhalters für die Versagung der Zustimmung in der Begründung ihres Bescheides wiederzugeben (vgl VwGH 22.7.1999, 98/12/0178; 30.5.2006, 2005/12/0202; 31.1.2007, 2006/12/0079; 17.10.2008, 2005/12/0102). Auch die Verweigerung der Zustimmung als ein der stattgebenden Entscheidung entgegenstehendes Tatbestandsmerkmal unterliegt der Überprüfung durch die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts (vgl VfSlg 14.318/1995; VfGH 22.9.2017, E503/2016; sowie VwGH 22.3.1996, 96/18/0046; 13.12.2018, Ra 2018/11/0209; 27.3.2019, Ra 2018/12/0022; 22.7.2020, Ra 2019/03/0021).
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.3. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Gründe, die es zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bewogen haben, zusammengefasst wie folgt dar:
Nach §32 Abs1 SchUG sei es Schülern – auch ohne sonderpädagogischen Förderbedarf – möglich, eine allgemeinbildende Pflichtschule ein Jahr über die Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht hinaus freiwillig zu besuchen. Eine Beschränkung sei für diesen Fall nicht vorgesehen.
Nach §32 Abs2 SchUG könnten Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinbildende Pflichtschule drei Jahre über die Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht freiwillig besuchen. Für diese Möglichkeit bedürfe es jedoch der Zustimmung des Schulerhalters und der Bewilligung der zuständigen Schulbehörde.
Das Bundesverwaltungsgericht vermöge unter dem Blickwinkel des Art7 Abs1 dritter Satz B VG bzw des Art6 BVG über die Rechte von Kindern keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden, dass die freiwillige Verlängerung des Besuches der allgemeinbildenden Pflichtschule für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf von der Zustimmung des Schulerhalters abhängig gemacht werde. In den Erläuterungen zu §32 Abs1 und 2 SchUG werde nicht näher auf die Gründe für die unterschiedliche Verlängerungsdauer des Schulbesuches eingegangen. Die Schaffung der Möglichkeit für Kinder mit Behinderung, bei welchen der Bedarf einer besonderen pädagogischen Förderung festgestellt worden sei, die allgemeinbildende Pflichtschule zwei Jahre über den in §32 Abs1 SchUG genannten Zeitraum hinaus zu besuchen, zeige, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit eines zwölf Schuljahre andauernden Pflichtschulbesuches für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf für notwendig halte, um diesen eine (gegenüber Kindern ohne solchen Förderbedarf) gleichwertige schulische Ausbildung zu ermöglichen. In Anbetracht der Notwendigkeit des längeren Pflichtschulbesuches für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf scheine das in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters lediglich zur Vermeidung finanzieller Belastungen der jeweiligen Gebietskörperschaft zu dienen. Durch die Notwendigkeit der Zustimmung des Schulerhalters nach §32 Abs2 SchUG würden behinderte Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, welche den längeren Pflichtschulbesuch für ihre Gleichstellung mit Kindern ohne einen solchen Förderbedarf benötigten, gegenüber Kindern, bei denen der sonderpädagogische Förderbedarf nicht bestehe, benachteiligt.
Die finanzielle Entlastung stelle keine sachliche Rechtfertigung für die in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Beschränkung der Möglichkeit eines weiteren freiwilligen Pflichtschulbesuches und damit bewirkte Einschränkung der Chancen auf gleichwertige Bildung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf dar.
Überdies bestünden mangels einer hinreichenden Determinierung Bedenken hinsichtlich einer vollziehbaren Regelung, weil der Gesetzgeber in §32 Abs2 SchUG keinerlei Bedingungen bzw Voraussetzungen für die Erteilung bzw Verweigerung der Zustimmung des Schulerhalters festlege. Damit werde eine Vorhersehbarkeit der behördlichen Entscheidung verunmöglicht.
2.4. Die Bundesregierung hält diesen verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes zusammengefasst Folgendes entgegen:
Dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes liege ein Vergleich der in §32 Abs1 SchUG einerseits und in §32 Abs2 SchUG andererseits getroffenen Regelungen zugrunde, wobei Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Schüler ohne einen solchen Förderbedarf einander gegenübergestellt werden. Damit würden jedoch untaugliche Vergleichsobjekte herangezogen. Die Abs1 und 2 des §32 SchUG regelten zwei gänzlich verschiedene Sachverhalte.
Aus §32 Abs1 SchUG iVm §18 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 ergebe sich, dass Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf die Möglichkeit hätten, in einem freiwilligen 10. Schuljahr eine allgemeinbildende Pflichtschule über die Dauer der allgemeinen Schulpflicht hinaus zu besuchen. Einer Zustimmung des Schulerhalters oder einer Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde bedürfe es dazu nicht. Dem Erfordernis der Zustimmung des Schulerhalters und der Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde unterliege allerdings ein Schulbesuch gemäß §32 Abs2 SchUG. Diese Regelung betreffe aber ausschließlich Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und sehe die Möglichkeit des Schulbesuches in einem freiwilligen 11. und 12. Schuljahr (somit über das in §32 Abs1 leg cit geregelte Ausmaß hinaus) vor.
Tatsächlich sei §32 Abs2 SchUG nicht im Vergleich zu §32 Abs1 SchUG, sondern im Vergleich zu §32 Abs2a SchUG zu betrachten. Da die Inanspruchnahme der Möglichkeit eines über das 10. Schuljahr hinausgehenden freiwilligen Besuches einer allgemeinbildenden Pflichtschule sowohl gemäß §32 Abs2 SchUG als auch gemäß §32 Abs2a SchUG von der Zustimmung des Schulerhalters sowie der Bewilligung durch die zuständige Schulbehörde abhänge, liege eine Ungleichbehandlung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Schülern ohne einen solchen Förderbedarf nicht vor.
Auch ein Vergleich der mit den beiden Bestimmungen jeweils verfolgten Zwecke lege keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nahe: Ziel des §32 Abs2 SchUG sei es, Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. Ziel des §32 Abs2a SchUG hingegen sei es, Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf die Möglichkeit zu bieten, den allgemeinen Pflichtschulabschluss nachzuholen. Die jeweilige Festlegung einer Höchstdauer für den freiwilligen Weiterbesuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule orientiere sich an diesen Zielsetzungen und liege insofern im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Gerade die Umsetzung der unterschiedlichen Zielsetzungen in Form einer unterschiedlichen Höchstdauer für den freiwilligen Weiterbesuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule – freiwilliges 11. und 12. Schuljahr im einen Fall, freiwilliges 10. bzw 11. Schuljahr im anderen Fall – trügen der unterschiedlichen Bedürfnislage Rechnung.
Die Verankerung eines Zustimmungserfordernisses des Schulerhalters gründe sich vor allem darauf, dass nach dem Pflichtschulerhaltungs Grundsatzgesetz die Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Pflichtschulen dem gesetzlichen Schulerhalter obliege (§1 Abs2 leg cit) und dieser für die entsprechenden Kosten aufzukommen habe. Den Schulerhalter treffe vorrangig die Verpflichtung, die notwendigen Räumlichkeiten und Ressourcen für alle Schüler zur Verfügung zu stellen, die schulpflichtig seien oder ein freiwilliges 10. Schuljahr absolvierten. Vor diesem Hintergrund erscheine es sachlich gerechtfertigt, jeden darüberhinausgehenden freiwilligen Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule an die Zustimmung des Schulerhalters und die Bewilligung durch die Schulbehörde zu binden.
Aus diesen Erwägungen ergebe sich auch, dass der Schulerhalter für die Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung gemäß §32 Abs2 SchUG nur solche Kriterien heranzuziehen befugt sei, die sich auf die ihn treffende Verpflichtung bezögen, notwendige Ressourcen für alle Schüler zur Verfügung zu stellen, die schulpflichtig seien oder freiwillig ein 10. Schuljahr absolvierten. Die angefochtenen Wortfolgen seien daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig.
2.5. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz:
2.5.1. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018, 20.270/2018) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).
2.5.2. Nach Art6 BVG über die Rechte von Kindern hat jedes Kind mit Behinderung Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die seinen besonderen Bedürfnissen Rechnung tragen. Im Sinne des Art7 Abs1 B VG ist die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Kindern in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.
2.5.3. Gemäß §18 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 sind Schüler der Volksschuloberstufe und der Mittelschule, die im 8. Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine oder mehrere Stufen der besuchten Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, berechtigt, im 9. und in einem freiwilligen 10. Schuljahr die besuchte Schule weiter zu besuchen oder die Polytechnische Schule zu besuchen. Gleiches gilt für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die gemäß §8a Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 eine allgemeine Pflichtschule besuchen.
2.5.4. Damit korrespondierend sieht §32 Abs1 SchUG für alle Schüler vor, dass der Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht folgenden Schuljahres zulässig ist, soweit in den darauffolgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist. Nach §32 Abs2 SchUG sind Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit Zustimmung des Schulerhalters und Bewilligung durch die Schulbehörde berechtigt, eine Sonderschule oder allgemeine Schule zwei Jahre über den im Abs1 genannten Zeitraum hinaus zu besuchen.
§32 Abs2a SchUG sieht vor, dass Schüler, die während der Schulpflicht oder nach Weiterbesuch der Schule in einem freiwilligen zehnten Schuljahr gemäß §18 Abs1 Schulpflichtgesetz 1985 die 4. Klasse der Mittelschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, in einem freiwilligen zehnten bzw elften Schuljahr die Mittelschule oder die Polytechnische Schule mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde besuchen dürfen, sofern sie zu Beginn des betreffenden Schuljahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
In beiden Fällen ist der weitere Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule nur mit Zustimmung des Schulerhalters und Bewilligung der zuständigen Schulbehörde möglich. Das in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Zustimmungserfordernis des Schulerhalters bewirkt – entgegen dem Vorbringen des Bundesverwaltungsgerichtes – schon deshalb keine Ungleichbehandlung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gegenüber Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf.
2.5.5. Das in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Zustimmungserfordernis des Schulerhalters verstößt auch sonst nicht gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot:
Gemäß §1 Abs2 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz obliegt es dem Schulerhalter, für die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen zu sorgen. Er hat gemäß §8 Abs1 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz für die entsprechenden Kosten aufzukommen.
Die Pflicht zur Erhaltung einer Schule umfasst gemäß §10 Pflichtschulerhaltungs Grundsatzgesetz etwa die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften erforderlichen Personals, bei ganztägigen Schulformen auch die Vorsorge für die Verpflegung. Der Schulerhalter hat gemäß §7 Pflichtschulerhaltungs Grundsatzgesetz eine der Anzahl der Klassen entsprechende Zahl von Unterrichts- und Nebenräumen einzurichten und sicherzustellen, dass jede Schule in ihrer baulichen Gestaltung und in ihrer Einrichtung den Grundsätzen der Pädagogik und der Schulhygiene entspricht und jene Lehrmittel aufweist, die im Lehrplan für die betreffende Schulart vorgesehen sind. Ferner ist gemäß §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz für die Beistellung von Schulärztinnen und Schulärzten sowie an ganztägigen Schulformen für die Beistellung des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals in einer Weise vorzusorgen, dass die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können.
Mit dem in §32 Abs2 SchUG vorgesehenen Zustimmungserfordernis des Schulerhalters soll im Verfahren über die Bewilligung des weiteren Schulbesuchs vor der zuständigen Schulbehörde sichergestellt werden, dass der Schulerhalter seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen kann. Die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen des Schulerhalters liegt dabei im Interesse aller Schüler, die die Schule besuchen oder (weiter )besuchen möchten, für deren Erhaltung der Schulerhalter zuständig ist.
Der Schulerhalter ist im Rahmen der ihm zukommenden Aufgaben grundsätzlich auch verpflichtet, Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf den in §32 Abs2 SchUG gesetzlich vorgesehenen Besuch der allgemeinbildenden Pflichtschule in einem 11. und 12. Schuljahr zu ermöglichen. Er hat dabei – wie die Schulbehörde – vor dem Hintergrund des Art6 BVG über die Rechte von Kindern zu gewährleisten, dass den besonderen Bedürfnissen der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Rechnung getragen wird. Die Zustimmung zum weiteren Schulbesuch gemäß §32 Abs2 SchUG darf daher nur versagt werden, wenn im Einzelfall nachgewiesen ist, dass es dem Schulerhalter auf Grund der ihm sonst obliegenden Aufgaben nicht möglich sein wird, seinen diesbezüglichen Verpflichtungen nachzukommen. Mit dem Zustimmungserfordernis des Schulerhalters soll sichergestellt werden, dass an der Schule die nötigen Räumlichkeiten und Ressourcen sowie das Personal zur Verfügung gestellt werden können, um den pädagogischen und organisatorischen Erfordernissen für einen qualitätsvollen Unterricht und eine entsprechende Betreuung für Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gerecht zu werden. Der Schulerhalter hat im Falle der Verweigerung der Zustimmung darzulegen, weshalb diese Erfordernisse nicht erfüllt werden können, und seine Entscheidung nachvollziehbar zu begründen. Es mag zutreffen, dass finanzielle und organisatorische Überlegungen in die Entscheidung einfließen, ein bloßer Hinweis, dass die Zustimmung aus Platzgründen nicht möglich sei, genügt aber jedenfalls nicht. Vielmehr muss anhand der Begründung der Zustimmungsverweigerung nachvollziehbar bzw überprüfbar sein, ob die Zustimmung gemäß §32 Abs2 SchUG rechtmäßig verweigert wurde. Der Verfassungsgerichtshof teilt daher die vom Bundesverwaltungsgericht vorgebrachten Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz nicht.
2.6. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art18 Abs1 B VG:
2.6.1. Das in Art18 Abs1 B VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde oder des Gerichts vorherbestimmt ist. Angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelung sein können, ist dabei ganz allgemein davon auszugehen, dass Art18 Abs1 B VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (zB VfSlg 19.700/2012 mwN). Ob eine Regelung dem rechtsstaatlichen Determinierungsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl VfSlg 8209/1977, 9883/1983, 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg 16.137/2001 mwN, 20.130/2016, 20.235/2018). Bereits im Gesetz müssen also die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns umschrieben sein, und zwar so, dass die Übereinstimmung des behördlichen Handelns mit dem Gesetz überprüft werden kann (vgl VfSlg 8395/1978).
2.6.2. Gegen das in §32 Abs2 SchUG vorgesehene Zustimmungserfordernis des Schulerhalters bestehen keine Bedenken im Hinblick auf das Determinierungsgebot. §32 Abs2 SchUG sieht zum einen die Zustimmung des Schulerhalters und zum anderen die Bewilligung durch die Schulbehörde als Voraussetzungen für die Berechtigung zum weiteren Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule vor. Zweck des Zustimmungserfordernisses des Schulerhalters ist es, im Bewilligungsverfahren vor der Schulbehörde sicherzustellen, dass es dem Schulerhalter möglich sein wird, seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und die entsprechenden Ressourcen für den weiteren Schulbesuch der antragstellenden Schüler zur Verfügung zu stellen. Aus dem Zweck des Zustimmungserfordernisses und der Regelungssystematik folgt, dass der Schulerhalter bei seiner Entscheidung über die Zustimmung zum weiteren Besuch der allgemeinbildenden Pflichtschule nur jene Kriterien heranziehen darf, die sich aus seinen Aufgaben hinsichtlich der Errichtung, Erhaltung und Auflassung öffentlicher Pflichtschulen (§1 Abs2 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz) ergeben. Im Falle der Verweigerung der Zustimmung sind die Gründe des Schulerhalters in den Bescheid der Schulbehörde aufzunehmen. Die Verweigerung der Zustimmung kann so in der Folge im Rechtsmittelweg überprüft und der Schulbesuch gegebenenfalls vom Verwaltungsgericht auch ohne Zustimmung des Schulerhalters bewilligt werden.
2.7. Der vorliegende Antrag erweist sich damit als unbegründet.
V. Ergebnis
1. Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.