JudikaturVfGH

G873/2023 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
04. März 2024
Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Aufhebung von Bestimmungen des ABGB, des ErwachsenenschutzvereinsG, des AußStrG sowie des GGG betreffend Notare, Rechtsanwälte, Vereine sowie deren ehrenamtliche Mitarbeiter als gerichtliche Erwachsenenvertreter; Sachlichkeit der Verpflichtung zur Übernahme von Vertretungen durch Notare und Rechtsanwälte auf Grund ihrer (freiwilligen) Eintragung in die Liste zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen; Entschädigung der gerichtlichen Erwachsenenvertreter durch das Einkommen bzw Vermögen der Betroffenen sowie Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen durch Mittel des Bundes bzw durch Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; keine Möglichkeit eines Vergleichs der Bestimmungen betreffend eine mit dem Erwachsenenschutzverein zu vereinbarende Aufwandsentschädigung ehrenamtlicher Mitarbeiter und der (geringeren) Entschädigung gerichtlicher Erwachsenenvertreter; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot hinsichtlich der Bestellung eines Erwachsenenschutzvereins auf Grund "besonderer Anforderungen" an die Erwachsenenvertretung, die Kenntnisse aus Sozialarbeit oder psychologische Fähigkeiten seitens der Erwachsenenschutzvereine erfordern; kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch allfällige – faktische – Kapazitätsgrenzen der Erwachsenenschutzvereine

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Landesgericht St. Pölten, der Verfassungsgerichtshof möge

"§§274 Abs3 bis 5, 275 und 276 ABGB idF 2. ErwSchG BGBl I 2017/59 sowie §§8 Abs1, 9 und 10 ErwSchVG und §137 Abs2 2. Satz AußStrG idF BGBl I Nr 58/218 sowie Anm. 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes"

als verfassungswidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. §274, §275 und §276 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS 946/1811, idF BGBl I 59/2017 lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§274. (1) Zum Erwachsenenvertreter ist vorrangig mit deren Zustimmung die Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung einer gewählten Erwachsenenvertretung oder einer Erwachsenenvertreter Verfügung hervorgeht.

(2) Ist eine solche Person nicht verfügbar oder geeignet, so ist mit deren Zustimmung eine der volljährigen Person nahestehende und für die Aufgabe geeignete Person zu bestellen.

(3) Kommt eine solche Person nicht in Betracht, so ist mit dessen Zustimmung ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) zu bestellen.

(4) Ist auch die Bestellung eines Erwachsenenschutzvereins nicht möglich, so ist – nach Maßgabe des §275 – ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder mit deren Zustimmung eine andere geeignete Person zu bestellen.

(5) Ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) ist vor allem dann zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind.

§275. Ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter), der nicht aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist, kann die Übernahme einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung nur ablehnen, wenn

1. die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert,

2. er nachweist, dass ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter), der in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren aufrecht eingetragen ist, mit der Übernahme der Erwachsenenvertretung einverstanden wäre oder

3. ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als fünf gerichtlichen Erwachsenenvertretungen vermutet.

Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz

§276. (1) Dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter gebührt eine jährliche Entschädigung zuzüglich der allenfalls zu entrichtenden Umsatzsteuer. Die Entschädigung beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte der vertretenen Person nach Abzug der davon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind. Übersteigt der Wert des Vermögens der vertretenen Person 15 000 Euro, so sind darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Ist der gerichtliche Erwachsenenvertreter kürzer als ein volles Jahr tätig, so vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung entsprechend.

(2) Das Gericht hat die so berechnete Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen, insbesondere wenn die Tätigkeit nach Art oder Umfang mit einem bloß geringen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden ist oder die vertretene Person ein besonders hohes Vermögen hat, für angemessen hält. Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, insbesondere im ersten Jahr seiner Tätigkeit oder im Bereich der Personensorge, kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent der Einkünfte und bis zu fünf Prozent des Mehrbetrags vom Vermögen bemessen. Dies gilt auch, wenn der gerichtliche Erwachsenenvertreter ausschließlich aufgrund der Art der ihm übertragenen Angelegenheit für eine besonders kurze Zeit tätig war und deshalb die nach Abs1 berechnete Entschädigung unangemessen niedrig ist. Bei der Ermittlung des Wertes des Vermögens nach Abs1 sind Verbindlichkeiten ausnahmsweise außer Acht zu lassen, wenn die Tätigkeit des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wegen der bestehenden Verbindlichkeiten mit einem besonderen Aufwand verbunden war.

(3) Nützt der gerichtliche Erwachsenenvertreter für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit bei der vertretenen Person die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.

(4) Die zur zweckentsprechenden Ausübung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die angemessenen Kosten einer zur Deckung der Haftung nach §249 Abs1 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden. Ist der einzelne Nachweis dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter nicht zumutbar, so ist ein angemessener Pauschalbetrag zu erstatten. "

2. §8, §9 und §10 des Bundesgesetzes über Erwachsenenschutzvereine (Erwachsenenschutzvereinsgesetz – ErwSchVG), BGBl 156/1990, idF BGBl I 59/2017 lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Förderung

§8. (1) Der Bundesminister für Justiz hat den Vereinen den Aufwand, der mit den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Leistungen im Zusammenhang steht, im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Geldmittel zu ersetzen. Dabei ist eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen.

(2) Der Verein hat sich dem Bund gegenüber zu verpflichten, über die widmungsgemäße Verwendung der Geldmittel alljährlich Bericht zu erstatten, Rechnung zu legen und zum Zweck der Überwachung der widmungsgemäßen Verwendung der Mittel Organen des Bundes die Überprüfung der Durchführung durch Einsicht in die Bücher und Belege sowie durch Besichtigung an Ort und Stelle zu gestatten und ihnen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Der Verein hat sich weiter zu verpflichten, bei nicht widmungsgemäßer Verwendung der Geldmittel oder Nichteinhaltung der angeführten Verpflichtungen die Mittel dem Bund zurückzuzahlen, wobei der zurückzuzahlende Betrag für die Zeit von der Auszahlung bis zur Rückzahlung mit drei Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu verzinsen ist.

§9. Ein Verein kann mit ehrenamtlich tätigen Personen (§3 Abs1 zweiter Satz) vereinbaren, dass er ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet; §12 Abs4 Bewährungshilfegesetz ist sinngemäß anzuwenden.

§10. Von einem Verein namhaft gemachte Personen, die mit der Wahrnehmung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung betraut sind, haben den vertretenen Personen gegenüber keinen Anspruch auf Ersatz der Entschädigung und des Aufwandes. Diese Ansprüche stehen dem Verein zu. "

3. §137 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I 128/2004, idF BGBl I 58/2018 lautet (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Bestätigung der Rechnung, Entschädigung

§137. (1) Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat sie das Gericht zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, die Rechnung entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies, so ist die Bestätigung zu versagen. Soweit das Vermögen oder die Einkünfte nicht gesetzmäßig angelegt oder gesichert erscheinen, hat das Gericht die erforderlichen Maßnahmen nach §133 Abs4 zu treffen.

(2) Zugleich mit der Entscheidung oder – bei Befreiung von der Rechnungslegung – unabhängig davon hat das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden und die Ansprüche der Höhe nach zu bestimmen. Auf Antrag hat das Gericht die zur Befriedigung dieser Ansprüche aus den Einkünften oder dem Vermögen der vertretenen Person notwendigen Verfügungen zu treffen, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann. Ist der gesetzliche Vertreter nicht mit der Verwaltung des Vermögens und des Einkommens betraut, so hat das Gericht die vertretene Person unter Setzung einer angemessenen Frist dazu aufzufordern, ein Vermögensbekenntnis (§66 Abs1 ZPO) beizubringen und erforderlichenfalls nach §66 Abs2 zweiter und dritter Satz ZPO vorzugehen. Kommt die vertretene Person der Aufforderung nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe des Betrages nach freier Überzeugung festzusetzen. Beantragt der gesetzliche Vertreter Vorschüsse auf Entgelt, Entschädigung oder Aufwandersatz, so hat sie ihm das Gericht zu gewähren, soweit er bescheinigt, dass dies die ordnungsgemäße Vermögensverwaltung fördert.

(3) Die Entscheidung über die Rechnung beschränkt nicht das Recht der vertretenen Person, Ansprüche, die sich aus der Vermögensverwaltung ergeben, auf dem streitigen Rechtsweg geltend zu machen."

4. Die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Bundesgesetzes vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz – GGG), BGBl 501/1984, idF BGBl I 58/2018 lautet wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Tarif

[…]

IV. Pauschalgebühren für Verfahren außer Streitsachen

[…]

Anmerkungen

[…]

9. Die Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren nach Tarifpost 7 sind zur Förderung der Vereine im Sinne des §1 ErwSchVG zu verwenden. "

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Beschluss vom 12. Februar 2018 bestellte das Bezirksgericht Mistelbach einen Rechtsanwalt zum Erwachsenenvertreter (vormals Sachwalter) eines – laut Gutachten des Gerichtssachverständigen – unter einer psychischen Krankheit leidenden Betroffenen.

1.2. Nach Anregung durch den Betroffenen sowie dessen Erwachsenenvertreter und nach Einholung eines weiteren Gutachtens eines Gerichtssachverständigen beendete das Bezirksgericht Mistelbach die gerichtliche Erwachsenenvertretung des Betroffenen mit Beschluss vom 23. Juli 2019.

1.3. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2020 bestellte das Bezirksgericht Mistelbach das VertretungsNetz Erwachsenenvertretung Wolkersdorf gemäß §119 AußStrG zum Rechtsbeistand im Verfahren über die Notwendigkeit der Bestimmung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters sowie gemäß §120 AußStrG zum einstweiligen Erwachsenenvertreter des Betroffenen zur Besorgung bestimmter dringlicher Angelegenheiten.

1.4. In der Folge wechselte der Betroffene seinen Wohnort in den Bezirk St. Pölten. Der für dieses Gebiet zuständige Erwachsenenschutzverein lehnte die Übernahme der Erwachsenenvertretung des Betroffenen mangels Kapazität ab. Daraufhin bestellte das Bezirksgericht Mistelbach einen Rechtsanwalt zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter des Betroffenen.

1.5. Mit Beschluss vom 29. März 2022 kam es zu einer Umbestellung des zur Erwachsenenvertretung des Betroffenen zuständigen Rechtsanwaltes. Im Zuge der Berichterstattung des (nunmehrigen) Erwachsenenvertreters über die Lebenssituation des Betroffenen an das Bezirksgericht St. Pölten beantragte der Erwachsenenvertreter zum Ersten den Zuspruch einer Entschädigung iHv insgesamt € 480,– gemäß §276 Abs3 und Abs4 ABGB sowie zum Zweiten den Zuspruch einer "nicht steuerpflichtigen Mindestentlohnung gemäß §9 iVm ErSchVg iVm §12 BewG" iHv € 784,40 und die Bewilligung der Entnahme aus dem Vermögen des Betroffenen.

1.6. Mit Beschluss vom 25. Juli 2023 sprach das Bezirksgericht St. Pölten dem Erwachsenenvertreter eine Entschädigung iHv € 548,59 für seine Vertretung im Zeitraum vom 1. März 2022 bis 28. Februar 2023 zu. Das darüberhinausgehende Begehren des Erwachsenenvertreters wies das Bezirksgericht St. Pölten ab.

1.7. Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens mit Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 25. Juli 2023 erhob der Erwachsenenvertreter Rekurs und regte beim Landesgericht St. Pölten die Stellung eines Gerichtsantrages beim Verfassungsgerichtshof wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Entlohnung von als Erwachsenenvertreter bestellten Rechtsanwälten an.

2. Das antragstellende Gericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"B) Zu den Verfahrensvoraussetzungen:

Das Landesgericht St. Pölten ist aufgrund der Gerichtsorganisation als zweite Instanz zur Entscheidung über den vom gerichtlichen Erwachsenenvertreter erhobenen Rekurs gegen die Bestimmung seines Entschädigungsanspruchs berufen. Es hat dazu insbesondere die Bestimmungen des §276 ABGB und des §137 AußStrG anzuwenden. Da sich der Rekurswerber ausdrücklich auf diese Bestimmungen beruft, hat sich das Rekursgericht auch mit den Bestimmungen der §§8 und 9 ErwSchVG zu befassen.

C) Zu den gegen die Verfassungsmäßigkeit der im Spruch angeführten Bestimmungen sprechenden Bedenken:

Als Anfechtungsgrund wird die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bzw des Sachlichkeitsgebotes (Art7 Abs1 B VG, Art2 StGG) und die mangelnde Bestimmtheit der Regelungen geltend gemacht.

Nach §274 Abs3 ABGB iSv §1 Abs1 ErwSchVG kann das Gericht einen Erwachsenenschutzverein iSd §1 ErwSchVG zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellen. Für Niederösterreich besteht einerseits der NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz — Erwachsenenvertretung, Bewohnervertretung, registriert zur ZVR 473 649 463, der gemäß Verordnung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz über die Feststellung der Eignung von Vereinen, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, BGBI. lI Nr 241/2018, als geeignet festgestellt wurde, andererseits für bestimmte Sprengel der Verein VertretungsNetz, ZVR: 409593435, für den dies ebenfalls gilt, sodass nach §1 Abs1 Z8 ErwSchVG der hier einschreitende Erwachsenenvertreter für Niederösterreich keinen Verein iSd §1 ErwSchVG mehr gründen kann.

Nach Anm. 9 zu TP IV GGG 9. sind sämtliche Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren nach Tarifpost 7 zur Förderung der Vereine im Sinne des §1 ErwSchVG zu verwenden. Dies umfasst nicht nur die Pauschalgebühren für Erwachsenenschutzverfahren, sondern für alle in TP 7 genannten Verfahren, wie Unterhaltsfestsetzungen, die mit Erwachsenenschutzverfahren in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Des weiteren regelt §10 ErwSchVG, dass den von einem Verein namhaft gemachten Personen, die mit der Wahrnehmung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung betraut sind, kein Anspruch gegen die betroffene Person auf Entschädigung zukommt. Diese Ansprüche stehen vielmehr dem Verein zu. Soweit es sich nicht um ehrenamtliche Erwachsenenvertreter handelt (dazu siehe unten), stehen die Mitarbeiter der Vereine regelmäßig in einem Dienstverhältnis zum Verein, haben also gegen den Verein einen Anspruch auf ein regelmäßiges Gehalt.

Die auf die Vereine gemäß §10 ErwSchVG übergegangenen Entschädigungsansprüche stellen neben den oben erwähnten Pauschalgebühren somit eine zweite Säule für die Finanzierung der Erwachsenenschutzvereine dar.

Gemäß §8 ErwSchVG hat der Bundesminister für Justiz (darüber hinaus) den Vereinen den Aufwand, der mit den so übernommenen Aufgaben im Zusammenhang steht, im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Geldmittel zu ersetzen, wobei eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen ist.

Es gibt also einen gesetzlichen Auftrag an den Bund, ausreichend Mittel für die Versorgung der Betroffenen mit Erwachsenenvertretern zur Verfügung zu stellen. Dies entspricht grundsätzlich auch den Vorgaben der UN Behindertenkonvention. Nach dieser ist es Aufgabe des Staates – nicht der betroffenen Personen –, sicherzustellen, dass Behinderte in gleicher Weise wie nicht behinderte Personen am Rechtsleben teilnehmen können. Alles Andere wäre auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Die Regelungen der UN Behindertenkonvention stellen nichts Anderes dar als eine besondere Ausformulierung des Gleichheitssatzes.

Würde der Bund diesem Auftrag gerecht, könnten die Vereine ausreichend Personen anstellen, die die Betreuung betroffener Personen übernehmen. Demnach dürfte es eigentlich gar nicht vorkommen, dass die Vereine die Übernahme von Erwachsenenvertretungen 'aus Kapazitätsgründen' ablehnen.

Es ist daher ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass den Erwachsenenschutzvereinen, konkret für Niederösterreich der NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz – Erwachsenenvertretung, Bewohnervertretung und 'VertretungsNetz' als 'Monopolisten', unabhängig vom verwalteten Vermögen der Betroffenen, die Abgeltung ihres Aufwandes aufgrund der gesetzlichen Zusicherung in den genannten Bestimmungen zusteht und ihnen neben den Entlohnungen aus den übernommenen Erwachsenenvertretungen die Erträge aus dem GGG zufließen (wohingegen die Entlohnung des 'normalen' gerichtlichen Erwachsenenvertreters, wie des hier bestellten Erwachsenenvertreters, nach §276 ABGB grundsätzlich das Vorliegen ein Einkünften und/oder Vermögen von mehr als eur 15.000, voraussetzt). Über die zweckgebundenen Pauschalgebühren und die übergegangenen Entschädigungen hinaus wären die Vereine vom Bund entsprechend zu dotieren. Letztere Verpflichtung ist aber nicht hinreichend determiniert, und widerspricht daher dem Bestimmtheitserfordernis.

Die Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Vereinen einerseits und anderen Erwachsenenvertretern andererseits hinsichtlich ihrer Finanzierung ist sachlich nicht zu rechtfertigen und daher gleichheitswidrig; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erwachsenenschutzvereine zwar vom Gesetzgeber geschaffen und als Monopol dazu eingerichtet sind, Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, in der Praxis aber die Übernahme neuer Vertretungen aus Kapazitätsgründen ablehnen, wohingegen Rechtsanwälte und Notare, obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich die ausreichende Sicherstellung gewährleistet haben möchte, ihrer Bestellung nicht widersprechen können.

§274 ABGB sieht grundsätzlich einen 'Stufenbau' für die Auswahl gerichtlicher Erwachsenenvertreter vor. Nach Abs1 ist vorrangig eine Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung eines gewählten Erwachsenenvertreters hervorgeht. Nach Abs2 ist, wenn eine solche Person nicht zur Verfügung steht oder nicht geeignet ist, eine der volljährigen Person 'nahestehende Person' zu bestellen.

Steht auch eine solche nicht zur Verfügung (weil entweder gar keine nahestehenden Personen zu ermitteln sind, oder sie nicht geeignet sind), ist nach Abs3 mit dessen Zustimmung ein Erwachsenenschutzverein zu bestellen. Die Rechtsprechung hat eindeutig klargestellt, dass eine Bestellung eines Vereins gegen dessen Zustimmung unzulässig ist (7 Ob 184/12b; diese Entscheidung ist zwar noch zur Vorgängerbestimmung ergangen, sie bleibt mangels inhaltlicher Änderung der Rechtsgrundlage aber weiter anwendbar).

Die Zustimmung der Vereine ist an keinerlei Kriterien gebunden. In der Praxis wird die Übernahme zumeist 'mangels Kapazität' abgelehnt. Ob dies zutrifft, ist für die Gerichte aber in keiner Weise überprüfbar; es gibt für eine Überprüfung auch keine gesetzliche Grundlage. Zumindest hypothetisch gesprochen, könnte ein Verein daher die Übernahme aller Erwachsenenvertretungen ablehnen, bei denen er sich keinen Beitrag aus Mitteln der Betroffenen Person zu seiner eigenen Finanzierung verspricht, sodass für die in letztere Linie berufenen Rechtsberufe (Abs4 und 5 sowie §275) nur die finanziell nicht lukrativen und besonders schwierigen Erwachsenenvertretungen übrig bleiben.

Damit soll nicht unterstellt werden, dass dies tatsächlich Entscheidungsgrundlage der Vereine ist. Es soll nur klar dargestellt werden, dass das bloße Anknüpfen an die an keinerlei Bedingungen geknüpfte Zustimmung des Vereines nicht hinreichend bestimmt, und zudem unsachlich ist. Eine Ablehnung mangels Kapazität dürfte es, wie oben schon dargelegt gar nicht geben, wenn der Gesetzgeber seiner Verpflichtung, eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen, nachkäme durch ausreichende Dotierung aus dem Budget, sodass die Vereine genügend Personal einstellen könnten, um alle Erwachsenenvertretungen, die nicht primär in der Wahrnehmung rechtlicher Agenden bestehen, übernehmen zu können.

Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall. Nach den Tätigkeitsberichten des NÖ Landesvereins für Erwachsenenschutz Erwachsenenvertretung, Bewohnervertretung sinkt sogar der sogenannte 'Servicegrad': konnten 2021 noch 62 % der Anfragen übernommen werden, waren dies 2022 nur noch 49 %. Da heißt, die Hälfte der Fälle, bei denen eigentlich die sozialarbeiterische Betreuung – und nicht juristische Fragen – im Vordergrund steht, kann vom Verein mangels ausreichender Finanzierung nicht übernommen werden. Die Hälfte der Betroffenen bekommt damit nicht den ihnen eigentlich nach dem Gesetz zustehenden Erwachsenenvertreter vom Verein. Dies stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Sicht der Betroffenen dar, und einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, weil die – wenn man keine unlauteren Motive unterstellt – rein zufällige Übernahme oder Ablehnung 'je nach Kapazität' keinerlei Auswahl nach sachlichen Kriterien entspricht. Die Regelung ist daher auch zu unbestimmt.

Nur dann, wenn alle anderen Optionen ausscheiden, sind nach §274 Abs4 und 5 ABGB Angehörige der Rechtsberufe zu bestellen. Die bloße Anordnung in Abs5, dass Angehörige der Rechtsberufe 'vor allem' dann zu bestellen sind, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, Vereine 'vor allem' dann, wenn 'besondere Anforderungen' (welche bleibt völlig offen) mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind, ist einerseits ebenfalls zu unbestimmt, andererseits in der Praxis durch das an keinerlei Kriterien geknüpfte Zustimmungserfordernis für die Übernahme der Erwachsenenvertretung durch Vereine in Abs3 völlig ausgehöhlt und unterlaufen. In der Praxis landen daher zahlreiche Erwachsenenvertretungen, die keineswegs in erster Linie Rechtskenntnisse erfordern, sondern eine sozialarbeiterische Betreuung, bei den Rechtsberufen, weil von den Vereinen 'mangels Kapazität' abgelehnt wurde. Eine Wahlmöglichkeit der Gerichte, die der 'Stufenbau' in §274 ABGB suggeriert, besteht de facto nicht.

Verschärft wird die Ungleichheit noch durch die Regelung des §275 ABGB, nach der Angehörige der Rechtsberufe die Übernahme von Erwachsenenvertretungen ablehnen können, wenn sie nicht in der Liste der zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälte oder Notare eingetragen sind, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen ablehnen können. Aus der Formulierung 'der nicht in die Liste ... eingetragen ist', ergibt sich nämlich im Umkehrschluss, dass die in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte oder Notare die Übernahme gar nicht ablehnen können (so schon 1 Ob 41/22v), und zwar nicht einmal mit einem 'Stopp Vermerk' mangels ausreichender Kapazität, weil für einen solchen die gesetzliche Grundlage fehlt (5 Ob 40/23b).

Mit anderen Worten: die Vereine, die nach dem gesetzlichen Auftrag aus Bundesmitteln so zu dotieren wären, dass sie alle dafür geeigneten Erwachsenenvertretungen (das heißt, alle, in denen nicht Rechtskenntnisse im Vordergrund stehen) übernehmen könnten, können 'aus Kapazitätsgründen' (oder überhaupt ohne Angabe von Gründen) die Übernahme ablehnen — der in die Liste der zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälte oder Notare eingetragene Rechtsanwalt oder Notar kann dies dagegen nicht.

Mit der Liste der zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälte oder Notare wollte der Gesetzgeber dem Problem begegnen, dass einzelne Rechtsanwälte oder Notare nicht eine Unzahl von gerichtlichen Erwachsenenvertretungen übernehmen sollen, die sie dann de facto gar nicht betreuen können (siehe dazu etwa 2 Ob 202/21a). Da die Bereitschaft der Rechtsanwälte und Notare, Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, insgesamt zurückgegangen ist, und mit §275 ABGB (und auch schon mit dessen Vorgängerbestimmung) Höchstgrenzen geschaffen wurden, bei denen die Übernahme abgelehnt werden kann, ergibt sich das Problem, dass zahlreiche Erwachsenenvertretungen 'übrig bleiben' würden, die weder von einem Verein, noch von einem Angehörigen der Rechtsberufe übernommen werden. Der Gesetzgeber hat daher in der nunmehrigen Regelung von Höchstgrenzen für die in die der zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälte oder Notare eingetragenen Personen abgesehen. Er geht davon aus, dass die Rechtsanwälte und Notare über eine ausreichende Ausstattung nicht nur an juristischen Mitarbeitern, sondern auch an besonders geschultem Kanzlei- und Buchführungspersonal (für die Rechnungslegung), aber auch an Sozialarbeitern verfügen, um die Erwachsenenvertretung führen zu können. Aber wie die Vereine, müssen auch Rechtsanwälte oder Notare derartiges Personal entlohnen, sind – im Gegensatz zu den Vereinen – aber ausschließlich auf die Entschädigung aus Einkommen und Vermögen der Betroffenen verwiesen. Eine Tragung des Aufwandes aus budgetären Mitteln (einerseits zweckgebundene Einnahmen aus Pauschalgebühren, andererseits zusätzlich zur Verfügung zu stellenden Mitteln aus dem Budget) sieht das Gesetz nicht vor.

Dies ist eine unsachliche Differenzierung, die durch die oben schon angeführte Möglichkeit der Vereine, die Übernahme ohne Angabe von Gründen abzulehnen, noch verschärft wird.

Die Unangemessenheit der Regelung wird noch weiter durch folgende Bestimmungen verschärft:

Gemäß §9 ErwSchVG kann ein Verein mit ehrenamtlich tätigen Personen (§3 Abs1 zweiter Satz) vereinbaren, dass er ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet; §12 Abs4 Bewährungshilfegesetz ist sinngemäß anzuwenden.

Soweit der Rekurswerber meint, als zweites Zwischenergebnis sei daher festzuhalten, dass der Erwachsenenschutzverein selbst entscheiden könne, ob er selbst die Vertretung übernimmt oder ob er eine ehrenamtlich tätige Person beauftragt; vor dem Hintergrund, dass sich die Entlohnung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach den Bestimmungen des ABGB nach dem Einkommen und dem Vermögen der betroffenen Person richte, sei dies freilich eine mehr als schiefe Optik: der Erwachsenenschutzverein könne selbst wählen und entscheiden, ob die zu vertretende Person eine entsprechende Entlohnung abwerfe und ob ihm dies ausreichend sei oder nicht, wird dieser Argumentation vom Rekursgericht nicht nähergetreten. Dies unterstellt nämlich, dass es die Vereine von der 'Lukrativität' einer Erwachsenenvertretung abhängig machen würden, ob die Erwachsenenvertretung von einem ehrenamtlichen Erwachsenenvertreter oder einem Vereinsangestellten geführt werde. Insoweit wird die Regelung vom Rekurswerber missverstanden. Erwachsenenvertreter ist sowohl bei der Führung durch hauptberufliche Mitarbeiter, als auch bei der Führung durch Ehrenamtliche, immer der Verein selbst. Die großen Hoffnungen, die bei Einführung des Sachwalterrechts 1985 in ehrenamtliche Sachwalter oder nunmehr Erwachsenenvertreter gesetzt wurden, haben sich weitgehend nicht bestätigt. Es ist nie gelungen, in derart großer Zahl ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen, dass damit der Bedarf in einem relevanten Umfang abgedeckt werden könnte. Die Hauptlast lag immer bei hauptberuflichen Mitarbeitern, die zudem die ehrenamtlichen Mitarbeiter zum Teil anleiten und überwachen müssen, wie in §3 Abs1 2. Satz ErwSchVG ausdrücklich festgehalten ist. Das Einsparungspotential für die Vereine hält sich daher in Grenzen, und hat nichts damit zu tun, ob es sich im Einzelfall um eine Erwachsenenvertretung mit viel oder wenig Mitteln handelt.

Allerdings verdient die vom Rekurswerber ins Treffen geführte Bestimmung des §9 ErwSchVG dennoch im Zusammenhang mit der Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters Beachtung. Dem ehrenamtlichen Mitarbeiter, dessen Tätigkeit per se nicht auf Gewinn gerichtet ist (sonst wäre er ja nicht 'ehrenamtlich'), steht unabhängig vom Vermögen und Einkommen des Betroffenen eine Entschädigung (nicht Entlohnung) analog §12 Abs4 Bewährungshilfegesetz zu. Demnach gebührt für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand eine steuerfreie Entschädigung sowie der Ersatz der diese Entschädigung übersteigenden Barauslagen, soweit sie für ihre Tätigkeit erforderlich sind.

Die Höhe der ohne Nachweis der Barauslagen zu leistenden Entschädigung beträgt je Schützling monatlich € 64,00; nur dann, wenn die Barauslagen (in diesem Fall aber: nachweislich) € 64,00 übersteigen, sind sie ebenfalls zu ersetzen. Der ohne Nachweis der Barauslagen zu ersetzende Betrag erhöht sich jedoch um ein Drittel, wenn nach der Erklärung des Dienststellenleiters die Barauslagen diesen Betrag im Durchschnitt um wenigstens ein Drittel übersteigen.

Soweit der Rekurswerber meint, als drittes Zwischenergebnis sei daher festzuhalten, dass dem so ernannten Erwachsenenvertreter unabhängig von seiner Steuerprogression ein jährliches Honorar iHv EUR 768, verbleibe; eine bloße Erklärung des Dienststellenleiters reiche aus, um das steuerfreie Honorar auf EUR 1.021,44 jährlich zu erhöhen, wohingegen der hier beauftragte Erwachsenenvertreter 'starr' anhand des §276 ABGB entlohnt werden solle und dann auch noch bis zu 60% Steuern auf diesen Ertrag bezahlen müsse, wird freilich der Sinn der Regelung teilweise verkannt. Die Regelung soll eben kein Honorar darstellen, sondern einen pauschalierten Aufwandsersatz. Nur dann, wenn der nachgewiesene Aufwand € 64,00 monatlich übersteigt, wird mehr ersetzt; ist dies regelmäßig um mindestens ein Drittel der Fall, kann der ohne Nachweis zu leistende Ersatz um ein Drittel erhöht werden. Dass ohne nähere Determinierung nur aufgrund einer Erklärung des Dienststellenleiters eine Erhöhung 'des Honorars' auf € 1.021,44 erfolgen könne, trifft daher nicht zu.

Zweifellos erfüllt der einschreitende Erwachsenenvertreter aber sämtliche Anforderungen, die an Mitarbeiter iSd §3 ErwSchVG bzw §12 Bewährungshilfegesetz gestellt werden. Der ihm unter Anwendung des §276 ABGB vom Erstgericht zuerkannte Entschädigungsbetrag einschließlich Barauslagen und Umsatzsteuer erreicht aber nur € 548,59 – und damit weniger als die Aufwandsentschädigung, die ein ehrenamtlicher Erwachsenenvertreter ohne Nachweis erhalten würde (nämlich zumindest € 768,00, von denen keine Steuern abzuziehen wären).

Damit liegt nach Auffassung des Rekursgerichts ebenfalls eine Verletzung des Gleichheits- und Sachlichkeitsgebotes vor.

Nach §137 Abs2 AußStrG hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden und die Ansprüche der Höhe nach zu bestimmen, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann.

Demgegenüber erhält der Erwachsenenschutzverein jedenfalls die von ihm benötigten Mittel, unabhängig vom Vermögen/Einkommen des Betroffenen. Zwar gilt §137 Abs2 AußStrG auch für den Verein als gerichtlicher Erwachsenenvertreter, aber daneben werden die Vereine zum Teil aus zweckgewidmeten (Anm. 9 zu TP 7 GGG), zum Teil aus allgemeinen Budgetmitteln finanziert, soweit die aus Einkommen und Vermögen der Betroffenen erhaltenen Entschädigungen nicht ausreichen, um den Aufwand abzudecken. Die Vereine, die nach der Anordnung des §2 Z1 ErwSchVG nicht auf Gewinn ausgerichtet sein dürfen, sind damit besser gestellt als Angehörige der Rechtsberufe, die auch unlukrative Erwachsenenvertretungen übernehmen müssen, ohne die Übernahme ablehnen zu können. Sie trifft die Anordnung des §137 Abs2 2. Satz AußStrG nicht im gleichen Maß.

Darüber hinaus ergibt sich auch eine dem Gleichheitssatz widersprechende Ungleichbehandlung der Betroffenen, weil die Vereine in Fällen nur geringen Einkommens oder Vermögens häufig auf Entschädigung verzichten – was sie sich 'leisten' können, weil sie aus Budgetmitteln finanziert werden, während Angehörige der Rechtsberufe, die von ihrer Tätigkeit ihre Angestellten bezahlen und auch selbst leben müssen, nicht ohne Weiteres verzichten können.

Es ist gerichtsnotorisch, dass die nach den zitierten Gesetzesstellen eingerichteten Erwachsenenschutzvereine zu wenig Personal haben und nicht bzw nicht ausreichend selbst für die Versorgung mit gerichtlichen Erwachsenenvertreter sorgen können und sorgen konnten, sodass nach wie vor die Versorgung, die der Gesetzgeber explizit als Ziel des Gesetzes festschreibt, nur unter Einbeziehung der Rechtsanwälte und Notare sichergestellt werden kann.

Besonders unbefriedigend und in der Praxis vielfach kritisiert sind die offenbar unzureichenden Kapazitäten der Erwachsenenschutzvereine, wobei eine entsprechende Erhöhung der finanziellen und personellen Ressourcen im Zuge der Reform des Sachwalterrechts vor Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutzgesetzes zugesagt worden war und zumindest nicht ausreichend umgesetzt wurde. Gerade in Fällen, in denen eine sozialarbeiterische Betreuung der betroffenen Person im Vordergrund steht und keine rechtlichen Angelegenheiten zu besorgen sind, wird oftmals im Clearingbericht die Bestellung eines Erwachsenschutzvereins empfohlen, und es scheint geradezu grotesk, wenn bei nachfolgender Anfrage durch das Gericht eine Ablehnung des Vereins zur Übernahme unter Hinweis auf fehlenden Kapazitäten erfolgt. Wenig verwunderlich ist es daher auch, dass bei Gerichten, aber auch bei rechtsberatenden Berufen oftmals der Eindruck entsteht, die Praxis der Vereine, welche Vertretungen übernommen würden und welche nicht, sei zu wenig transparent.

Der Vorschlag Weitzenböcks (iFamZ 2023, 216 ff) ist zweifellos sinnvoll, dass die Vereine die voraussichtliche Anzahl der aktuell jeweils möglichen Übernahmen in definierten Zeitabständen dem Gericht aktiv bekanntgeben oder zumindest Wartelisten führen sollten. Ein ausreichender Ausbau der Ressourcen der Erwachsenenschutzvereine zweckgebunden für die Erfüllung einer ihrer zentralen Aufgaben – Übernahme gerichtlicher Erwachsenenvertretungen – würde die vielfach unbefriedigend empfundene Situation zweifellos entschärfen. Auch Weitzenböck schlägt eine finanzielle Attraktivierung der Übernahme durch rechtsberatende Berufe durch eine öffentlich finanzierte und pauschale Mindestentschädigung vor.

Es darf angemerkt werden, dass nach Kenntnisstand des Rekursgerichtes zB in Oberösterreich keine Rechtsanwälte mehr in die Liste der besonders geeigneten Rechtsanwälte eingetragen sind.

Für die Zuerkennung einer solchen von Einkommen und Vermögen des Betroffenen unabhängigen Entschädigung, die mangels Leistungsfähigkeit aus Mitteln der öffentlichen Hand zu leisten wäre, fehlt es aber an einer gesetzlichen Grundlage.

Das Rekursgericht hegt daher Bedenken gegen die Verfassungskonformität des §276 ABGB idF 2. ErwSchG BGBI I 2017/59 in Verbindung mit den ebenfalls angefochtenen Bestimmungen der §§274 Abs3 bis 5 und 275 ABGB, §§8 bis 10 ErwSchVG, §137 Abs2 Z2 AußStrG und Anm. 9 zu TP 7 GGG, und hat daher den Beschluss gefasst, diese Bestimmungen in der geltenden Fassung als verfassungswidrig anzufechten. Eine Anfechtung nur der Bestimmung des §276 ABGB für sich allein würde jedenfalls zu kurz greifen, weil sich die Unsachlichkeit, mangelnde Bestimmtheit und Ungleichbehandlung erst aus der Zusammenschau der angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergibt. Zudem würde die Aufhebung des §276 ABGB der Bestimmung einer Entschädigung überhaupt die Grundlage entziehen, aber keine Grundlage für die begehrte Mindestentschädigung schaffen."

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

3.1. Zu den §§274, 275 und 276 ABGB sowie zu §137 AußStrG:

Die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegende Rechtslage entspricht zum Teil jener des Verfahrens zu G275 276/2021. Die Bundesregierung verweist daher zunächst auf die in diesem Verfahren zu den Punkten I.3.1. und I.3.2. erstattete beiliegende Äußerung vom 29. Oktober 2021, GZ 2023 0.843.247.

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

3.1.1. §274 ABGB bestimmt die Reihenfolge bei der Auswahl eines geeigneten gerichtlichen Erwachsenenvertreters und entspricht im Wesentlichen der Bestimmung des §279 ABGB in der Fassung des Sachwalterrechts Änderungsgesetzes 2006 – SWRÄG 2006, BGBl I Nr 92/2006 (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 43 f.).

3.1.2. Zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter ist gemäß §274 Abs1 ABGB vorrangig – mit deren Zustimmung – jene Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung einer gewählten Erwachsenenvertretung oder einer Erwachsenenvertreter-Verfügung hervorgeht. Ist eine solche Person nicht verfügbar oder geeignet, ist mit deren Zustimmung eine der volljährigen Person nahestehende und für die Aufgabe geeignete Person zu bestellen (§274 Abs2 ABGB). Erst wenn eine solche Person nicht in Betracht kommt, ist mit dessen Zustimmung ein Erwachsenenschutzverein zu bestellen (§274 Abs3 ABGB). Ist auch die Bestellung eines Erwachsenenschutzvereins nicht möglich, weil dieser etwa keine freien Kapazitäten hat (vgl ErlRV 1420 BlgNR XXII. GP, 16), ist – nach Maßgabe des §275 ABGB – ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder – mit deren Zustimmung – eine andere geeignete Person zu bestellen (§274 Abs4 ABGB). Das Pflegschaftsgericht muss beim Erwachsenenschutzverein konkret anfragen und kann sich nicht auf eine 'gerichtsbekannte Überlastung' berufen (siehe zur insoweit übereinstimmenden alten Rechtslage RIS Justiz RS0124000).

3.1.3. Bei der Auswahl des Vertreters hat das Pflegschaftsgericht auf das Wohl der betroffenen Person sowie darauf zu achten, dass die ausgewählte Person für die konkrete Vertretung geeignet ist. Wenn die Besorgung der Angelegenheiten der zu vertretenen Person besondere Fachkenntnisse erfordert, ist gemäß §274 Abs5 ABGB von Vornherein – auch vor selbst gewählten oder nahestehenden Personen – ein Notar (Notariatskandidat) oder ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) vor allem dann zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert; ein Erwachsenenschutzverein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind (siehe zur alten Rechtslage RIS Justiz RS0123297). So können etwa besondere sozialarbeiterische oder psychologische Fähigkeiten oder ein geschulter Umgang mit besonders schwierigen Personen gefragt sein (vgl Parapatits in: Kletečka/Schauer, ABGB ON 1.03 §275 Rz. 10 mwN).

Die Gesetzesmaterialien führen zu der übereinstimmenden Regelung des §279 Abs4 ABGB in der Fassung des SWRÄG 2006 Folgendes aus (vgl ErlRV 1420 BlgNR XXII. GP, 18):

'In verschiedenen Fällen sind für eine Person unter Sachwalterschaft Angelegenheiten zu besorgen, die besondere Fachkenntnisse erfordern. Dies können etwa rechtliche Angelegenheiten sein (z. B. Geltendmachung eines Anspruchs); aber auch der Umgang mit sehr schwierigen Klienten kann besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. Für den erstgenannten Bereich sind in erster Linie Rechtsanwälte und Notare (bzw Anwärter dieser Berufsstände) zu Sachwaltern zu bestellen (§279 Abs4 erster Fall), die zweit genannte Aufgabe kann wohl am ehesten von Vereinssachwaltern bewältigt werden (§279 Abs4 zweiter Fall). …'

3.1.4. Grundsätzlich darf die Bestellung zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter gemäß §274 ABGB nur mit Zustimmung der zu bestellenden Person oder des zu bestellenden Erwachsenenschutzvereins erfolgen. Nur Notare (Notariatskandidaten) und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter) sind gemäß §275 ABGB unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, eine gewisse Anzahl (nämlich de facto höchstens fünf; siehe dazu sogleich) an gerichtlichen Erwachsenenvertretungen zu übernehmen (vgl Parapatits , aaO, §275 Rz. 13).

Gemäß §275 kann ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter), der nicht aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist, die Übernahme einer Erwachsenenvertretung ablehnen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert (Z1), er nachweist, dass ein besonders geeigneter Rechtsanwalt oder Notar mit der Übernahme einverstanden ist (Z2) oder ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann (Z3), was bei mehr als fünf gerichtlichen Erwachsenenvertretungen vermutet wird. Notare (Notariatskandidaten) oder Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter), die in den von den jeweiligen Kammern geführten Listen von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten und Notaren eingetragen sind, können die Bestellung zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter somit nicht ablehnen. Hier wird davon ausgegangen, dass sich der Notar bzw Rechtsanwalt auf eine solche Tätigkeit spezialisiert hat und damit mit der Übernahme von Vertretungen grundsätzlich einverstanden ist (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 44).

Ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) darf gemäß §243 Abs2 ABGB nur dann mehr als 15 Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen übernehmen, wenn er aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist.

3.2. Zum Erwachsenenschutzvereinsgesetz:

3.2.1. Sachwaltervereine bzw die sog Vereinssachwalterschaft wurden mit dem Bundesgesetz über die Sachwalterschaft für behinderte Personen (im Folgenden: SachwG), BGBl Nr 136/1983, eingeführt. Ziel der Einführung war es, das Vorhandensein einer ausreichenden Anzahl geeigneter Personen zur Übernahme von Vertretungen sicherzustellen. Die Gesetzgebung ging davon aus, dass die Organisationsform eines Vereins dafür am zweckmäßigsten sei, weil diese ein hohes Maß an Beweglichkeit bei der Ausbildung und beim Einsatz der Sachwalter gewährleiste und dem Sachwalter eine gewisse Unabhängigkeit, auch von Behörden, verleihe (vgl ErlRV 742 BlgNR XV. GP, 13). Voraussetzung für die Bestellung von Mitarbeitern eines Vereins für Sachwalterschaft zu Sachwaltern war, dass der Bundesminister für Justiz die Eignung des Vereins mit Bescheid festgestellt und diesen im Amtsblatt der Österreichischen Justizverwaltung kundgemacht hatte (ArtIX SachwG). Mit dem Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz – VSPAG, BGBl Nr 156/1990, wurde der Tätigkeitsbereich der Sachwaltervereine auf die Namhaftmachung von Patientenanwälten erweitert und geregelt, dass die Eignungsfeststellung fortan anstatt durch Bescheid durch Verordnung zu erfolgen hatte. Mit dem Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 wurde das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz novelliert und sein Titel auf 'Vereinssachwalter-, Patientenanwalts- und Bewohnervertretergesetz – VSPBG' geändert.

3.2.2. Das Erwachsenenschutzvereinsgesetz – ErwSchVG geht auf die Änderung und Umbenennung des Vereinssachwalter-, Patientenanwalts- und Bewohnervertretergesetzes durch das 2. Erwachsenenschutz Gesetz, BGBl I Nr 59/2017, zurück. Mit dieser Sammelnovelle wurde das bisherige Sachwalterrecht einer umfassenden Reform unterzogen, die insbesondere dadurch gekennzeichnet war, dass die Vertretung vertretungsbedürftiger Personen durch Sachwalter durch die Vertretung durch gerichtliche Erwachsenenvertreter ersetzt wurde und weitere Vertretungsmöglichkeiten durch gesetzliche und gewählte Erwachsenenvertreter geschaffen wurden. Die Reform zielte insgesamt darauf ab, die Autonomie von vertretungsbedürftigen Personen zu erhöhen (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 1 ff.). Teil dieser Reform war der Ausbau der Sachwaltervereine. Sie wurden mit weiteren Befugnissen ausgestattet und sollten 'zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge ausgebaut' werden (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 5). Im Zuge dessen wurde auch das VSPBG angepasst und in 'Erwachsenenschutzvereinsgesetz' umbenannt.

3.2.3. Gemäß §1 Abs1 ErwSchVG hat der Bundesminister für Justiz die Eignung eines Vereins, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, mit Verordnung festzustellen, soweit noch kein Verein für einen bestimmten sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich zuständig ist. Eine solche Verordnung kann nur mit Zustimmung des betreffenden Vereins erlassen werden (§1 Abs2 ErwSchVG). In der Verordnung ist der sachliche und räumliche Tätigkeitsbereich der Verordnung anzuführen (§1 Abs3 ErwSchVG). Der sachliche Tätigkeitsbereich ergibt sich aus den in §1 Abs1 Z1 bis 8 ErwSchVG aufgezählten Aufgaben.

Gemäß §1 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz über die Feststellung der Eignung von Vereinen, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, BGBl II Nr 241/2018, wird derzeit die Eignung von vier Erwachsenenschutzvereinen festgestellt, die sich territorial nicht überschneiden. Der vom antragstellenden Gericht auf Seite 8 des Antrages angeführte sogenannte 'Servicegrad' (das Verhältnis zwischen den Anfragen der Gerichte und den Übernahmen) wird in dieser Form nur vom NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz regelmäßig erhoben und ist insoweit kein aussagekräftiger Indikator, da es stark von der Gerichtspraxis abhängt, ob und in wie vielen Fällen eine formelle (schriftliche) Übernahmeanfrage an den Verein gestellt wird.

3.2.4. §3 Abs1 ErwSchVG regelt die Pflichten eines Vereins (bzw seiner Mitarbeiter), dessen Eignung gemäß §1 ErwSchVG festgestellt worden ist. Gemäß §3 Abs2 ErwSchVG soll ein Erwachsenenschutzverein vornehmlich gerichtliche Erwachsenenvertretungen für Personen übernehmen, die auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihres Verhaltens, der Art ihrer Krankheit bzw ihrer Beeinträchtigung, ihrer Lebensumstände oder der zu besorgenden Angelegenheiten einer besonders qualifizierten professionellen Unterstützung und Vertretung bedürfen. Speziell für diesen Personenkreis soll der Verein die Vertretung übernehmen und die notwendige Unterstützung vermitteln (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 84).

3.2.5. §8 Abs1 ErwSchVG regelt die finanzielle Förderung von Erwachsenenschutzvereinen durch den Bundesminister für Justiz. Gemäß §8 Abs1 ErwSchVG ist den Vereinen der Aufwand, der mit ihren Leistungen im Zusammenhang steht, im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Geldmittel zu ersetzen; dabei ist eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen.

Diese Regelung, wonach Vereinen der Aufwand, der mit ihren Leistungen im Zusammenhang steht, zu ersetzen ist, geht auf §8 VSPAG zurück. In den Gesetzesmaterialien wird dazu Folgendes ausgeführt (vgl AB 1203 BlgNR XVII. GP, 3):

'Zum §8:

Die durch das SachwG geschaffenen Neuregelungen sind im wesentlichen auf große Zustimmung gestoßen. Als unbefriedigend werden diejenigen Regelungen empfunden, die die Förderung der Vereine betreffen. Es ist seit dem Inkrafttreten des Sachwalterrechts nicht gelungen, die finanzielle Grundlage der Sachwaltervereine ausreichend zu sichern. Darüber hinaus ist zufolge der ungenügenden Mittel der Ausbau der Vereinssachwalterschaft weiter hinter den seinerzeitigen Erwartungen zurückgeblieben. Dies ist in der Vergangenheit wiederholt von allen mit der Sachwalterschaft befaßten Stellen beklagt worden. Diese Schwierigkeiten sollen für das neue Unterbringungsrecht vermieden und für das Sachwalterrecht beseitigt werden.

Nach den neuen Regelungen hat der Bundesminister für Justiz den Vereinen den Aufwand, der mit den durch ihre Mitarbeiter erbrachten Betreuungsleistungen im Zusammenhang steht, also auch den auf die Betreuer entfallenden Aufwand für Ausbildung, Fortbildung, Anleitung, Überwachung, aber auch den Aufwand für den Ersatz von Reisespesen und die entsprechenden Bürokosten durch Gewährung von Förderungen zu ersetzen. Maßgeblich sind dabei nach wie vor die jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese' Zwecke verfügbaren Mittel. Es wurde allerdings der Auftrag in das Gesetz aufgenommen, eine möglichst ausreichende Versorgung der Betroffenen mit Vereinssachwaltern und Patientenanwälten sicherzustellen (Abs1). Da dies nicht sofort geschehen kann, sieht die Übergangsregelung des §12 Fristen vor, bis zu denen ein bestimmter, dem gegenwärtigen Bedarf entsprechender Stand erreicht werden muß. Auch nach dem vorgeschlagenen Gesetz bestehen allerdings keine Rechtsansprüche auf Gewährung von Förderungen. Es wird davon ausgegangen, daß jedenfalls Bemühungen gesetzt werden, die Förderungen, die ein Verein von dritter Seite erhalten hat, möglichst zu verdoppeln, um den Bedarf des Vereins zu decken. Dies wird auch dann in Betracht kommen, wenn ein Verein, der in großen räumlichen Gebieten tätig ist, von dritter Seite Förderungsmittel mit der Auflage erhält, sie in einem bestimmten Gebiet zu verwenden. …'

Mit dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz wurde §8 VSPBG durch §8 ErwSchVG ersetzt. In den Gesetzesmaterialien wird zu §8 ErwSchVG festgehalten, dass – im Hinblick auf die Erweiterung des Leistungsangebots der Vereine – nicht mehr nur auf die Vertretungs- und Beratungsleistungen der Mitarbeiter abgestellt werden soll, sondern allgemein auf den Aufwand, der durch die im ErwSchVG vorgesehenen Leistungen entsteht (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 89).

3.2.6. Gemäß §9 ErwSchVG kann ein Verein mit ehrenamtlich tätigen Personen vereinbaren, dass er ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet, wobei §12 Abs4 des Bewährungshilfegesetzes, BGBl Nr 146/1969, dabei sinngemäß anzuwenden ist. Gemäß §12 Abs4 des Bewährungshilfegesetzes gebührt den ehrenamtlich tätigen Bewährungshelfern für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand eine steuerfreie Entschädigung sowie der Ersatz der diese Entschädigung übersteigenden Barauslagen, soweit sie für ihre Tätigkeit erforderlich sind. Die Höhe der ohne Nachweis der Barauslagen zu leistenden Entschädigung beträgt je Schützling monatlich 64 Euro; sie erhöht sich jedoch um ein Drittel, wenn nach der Erklärung des Dienststellenleiters die Barauslagen diesen Betrag im Durchschnitt um wenigstens ein Drittel übersteigen.

§9 ErwSchVG entspricht im Wesentlichen der Vorgängerbestimmung des §9 VSPAG/VSPBG und wurde nur geringfügig durch das 2. Erwachsenenschutz Gesetz geändert. Die Gesetzesmaterialen führen zu §9 VSPAG Folgendes aus (vgl AB 1203 BlgNR XVII. GP, 3 f.):

'Zum §9:

Im Bereich der Vereinssachwalterschaft kommt es immer wieder dazu, daß Personen als ehrenamtliche Sachwalter tätig werden, die auch im Rahmen der Bewährungshilfe ehrenamtlich tätig sind. Diese Personen erhalten wegen der vergleichbaren Tätigkeit von den Vereinen eine Entschädigung, deren Höhe nach der Entschädigung für ehrenamtlich tätige Bewährungshelfer bemessen wird. Es ist daher nicht verständlich, daß diese Personen für eine im wesentlichen gleichartig organisierte Tätigkeit – nämlich soziale Arbeit unter ständiger Aufsicht und Überwachung durch einen Verein wie bisher – im einen Fall begünstigt, im anderen Fall benachteiligt werden. Damit könnte auch eine Verschiebung der Bereitschaft, ehrenamtliche Leistungen zu erbringen, zu Lasten der Vereinssachwalterschaft eintreten. Es wird daher eine neue Regelung vorgeschlagen, die dazu führt, daß für ehrenamtlich tätige Vereinssachwalter Entschädigung und Barauslagenersatz in gleicher Weise gewährt wird wie Entschädigung und Barauslagenersatz für ehrennamtlich tätige Bewährungshelfer. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung von Sachwaltern nach §281 Abs1 und 3 ABGB tritt hiedurch nicht ein. Es ist davon auszugehen, daß eine geeignete nahestehende Person oder der bisherige gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Pflegebefohlenen die Betreuungsleistungen aus einer familiären Verbundenheit heraus erbringen wird. Sachwalter nach §281 Abs3 ABGB, die ja nur dann bestellt werden, wenn die Besorgung der Angelegenheit der behinderten Person vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, werden ihre Belohnungsansprüche häufig nach den für ihre Berufsordnung aufgestellten Tarifen zuerkannt erhalten, weil sie entsprechende Betreuungsleistungen erbracht haben. Im ersten Fall wird eine steuerliche Begünstigung von Belohnungsansprüchen schon deshalb kaum in Betracht kommen, weil die Höhe der Belohnungsansprüche in der Regel unter der steuerlichen Deklarationsgrenze liegen wird: Im anderen Fall wird davon ausgegangen werden können, daß die Tätigkeit, die der rechtskundige Sachwalter entfaltet hat, und sein diesbezüglicher Belohnungsanspruch mit seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit im wesentlichen übereinstimmt, was eine – auch steuerliche – Sonderbehandlung nicht angezeigt erscheinen läßt. Im übrigen unterliegen beide zuletzt genannten Gruppen von Sachwaltern nicht der Beaufsichtigung und Anleitung durch die Vereine.'

3.2.7. §10 ErwSchVG normiert, dass die Entschädigung (vgl §276 ABGB) dem Erwachsenenschutzverein und nicht der von einem Verein dem Gericht namhaft gemachten Person zusteht. Die Gesetzesmaterialien halten zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmung des §10 VSPAG/VSPBG Folgendes fest (vgl AB 1203 BlgNR XVII. GP, 4):

'Zum §10:

Das ABGB enthält keinen Anhaltspunkt dafür, daß von Vereinen namhaft gemachte Sachwalter keinen Anspruch auf Belohnung hätten. Allerdings erhalten von Vereinen namhaft gemachte hauptberufliche Sachwalter ein Gehalt, ehrenamtlich tätige Sachwalter eine Entschädigung und den Ersatz ihrer Barauslagen. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, wenn ihnen ein Belohnungsanspruch, dessen wirtschaftliche Erträgnisse ihnen zukommt, zustünde. Die von den Vereinen namhaft gemachten Sachwalter haben wegen ihres sozialen Verständnisses Schwierigkeiten mit einer Vorgangsweise, die sie dazu zwingt, zugunsten des Vereins gegen ihre Pflegebefohlenen Belohnungsansprüche geltend zu machen. Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, wird daher vorgesehen, daß der Belohnungsanspruch unmittelbar dem Verein, der auch den Aufwand für die Betreuungsleistungen trägt, zusteht. Der Verein hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Bestimmung der Höhe an das Pflegschaftsgericht zu richten. Er wird damit Partei des Pflegschaftsverfahrens.'

3.3. Zum Gerichtsgebührengesetz:

3.3.1. Nach Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 GGG sind Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren zur Förderung der Vereine im Sinne des §1 ErwSchVG zu verwenden.

3.3.2. Die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 GGG wurde erstmals durch die Gerichtsgebühren-Novelle 2014 – GGN 2014, BGBl I Nr 19/2015, eingefügt. In den Gesetzesmaterialien zu 'TP 7 Anm 8 und 9' wird festgehalten, dass die Einnahmen aus dieser Gebührentarifpost in die Förderung der Vereine im Sinne des §1 VSPBG [nunmehr: §1 ErwSchVG] fließen und damit wesentlich zur Unterstützung der Vereinssachwalterschaften beitragen sollen (vgl ErlRV 366 BlgNR XXV. GP, 6.). Die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 wurde zuletzt durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Bereich des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz – ErwSchAG Justiz, BGBl I Nr 58/2018, geändert; hierbei wurde der Verweis auf das 'VSPBG' durch einen Verweis auf 'ErwSchVG' ersetzt.

II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

1. Mit Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 25. Juli 2023 wurde die Entschädigung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters mit einem näher genannten Betrag bestimmt. Der gerichtliche Erwachsenenvertreter erhob gegen diesen Beschluss Rekurs. Anlässlich des Rekursverfahrens hat das Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestellt.

2. Zur Zulässigkeit:

2.1. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG sind die anzufechtenden Bestimmungen genau und eindeutig zu bezeichnen (zB VfSlg 11.888/1988, 12.062/1989, 12.263/1990, 14.040/1995, 14.634/1996). Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (vgl VfSlg 12.062/1989, 12.487/1990, 14.040/1995, 16.340/2001). Eine ungenaue Bezeichnung der Gesetzesvorschriften, deren Aufhebung beantragt wird, ist nach ständiger Rechtsprechung kein verbesserungsfähiger Mangel (vgl VfSlg 14.634/1996; vgl auch VfSlg 17.570/2005). Es ist dem Verfassungsgerichtshof nämlich verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefasst haben könnte, in Prüfung zu ziehen und aufzuheben (vgl VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001 und 17.570/2005).

Das antragstellende Gericht beantragt unter anderem die Aufhebung der '§§8 Abs1, 9 und 10 ErwSchVG' sowie der 'Anm. 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes', wobei auf Seite 14 des Antrages darauf hingewiesen wird, dass diese Bestimmungen 'in der geltenden Fassung' angefochten werden. Ein Antrag, der sich darauf beschränkt, die angefochtene Norm bloß mit den Worten 'in der geltenden Fassung' zu nennen, statt sie konkret – etwa durch genaue Angabe der Fundstelle der Rechtsvorschrift in der zur Aufhebung begehrten Fassung oder zumindest durch deren wörtliche Wiedergabe – zu bezeichnen, ist unzulässig, wenn sich aus dem Blickwinkel der zu entscheidenden Rechtssache die 'geltende Fassung' der angefochtenen Bestimmung nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersehen lässt (vgl VfSlg 14.040/1995; VfGH 2.7.2015, G227/2015 ua).

Der Antrag verabsäumt es im Hinblick auf '§§8 Abs1, 9 und 10 ErwSchVG' sowie 'Anm. 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes' die Fassung der Gesetzesstellen anzugeben, deren Aufhebung begehrt wird. Nach Auffassung der Bundesregierung wird jedoch davon auszugehen sein, dass die §§8 Abs1, 9 und 10 ErwSchVG in der Fassung des 2. Erwachsenenschutz Gesetzes, BGBl I Nr 59/2017, (da diese seitdem nicht geändert wurden) und die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 in der Fassung des Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetzes für den Bereich des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, BGBl I Nr 58/2018, angefochten werden.

2.2. Zum Anfechtungsumfang:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit – wenn sie tatsächlich vorläge – zu beseitigen. Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (vgl VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012 und 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Wie das antragstellende Gericht selbst ausführt, hat es im Anlassverfahren §276 ABGB und §137 AußStrG anzuwenden. Das antragstellende Gericht bringt vor, dass sich die Unsachlichkeit, mangelnde Bestimmtheit und Ungleichbehandlung aus einer Zusammenschau der angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergäbe, versäumt es aber, den behaupteten untrennbaren Zusammenhang zwischen den im Anlassfall präjudiziellen Bestimmungen und den übrigen angefochtenen Bestimmungen im Einzelnen darzulegen. Das diesbezügliche Vorbringen, eine Aufhebung nur des §276 ABGB würde 'keine Grundlage für die begehrte Mindestentschädigung schaffen', geht schon deshalb ins Leere, weil ein gewünschter Akt positiver Gesetzgebung keine geeignete Grundlage für die korrekte Abgrenzung des Anfechtungsumfangs darstellt.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist ein untrennbarer Zusammenhang der präjudiziellen Bestimmungen mit den übrigen angefochtenen Bestimmungen – insbesondere mit den die Förderung der Erwachsenenschutzvereine regelnden Bestimmungen des §8 Abs1 ErwSchVG und der Anmerkung 9 der Tarifpost 7 GGG – auch nicht ohne Weiteres ersichtlich.

Sofern sich der Antrag auf Aufhebung des §8 Abs1 ErwSchVG als zulässig erweist, ist er allerdings zu eng gefasst. Das antragstellende Gericht moniert, dass gemäß §8 Abs1 ErwSchVG der Bundesminister für Justiz den Vereinen den Aufwand, der mit den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Leistungen im Zusammenhang steht, im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Geldmittel zu ersetzen hat. Diese Bestimmung steht jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit §8 Abs2 ErwSchVG, in dem die widmungsgemäße Verwendung der in Abs1 genannten Geldmittel durch den Verein geregelt wird. Eine allfällige Aufhebung des §8 Abs1 ErwSchVG würde auf Grund der fehlenden Mitanfechtung des §8 Abs2 ErwSchVG zu einem sprachlich unverständlichen Torso des verbleibenden Rests der Gesetzesstelle führen.

2.3. Zur Darlegung der Bedenken:

Gemäß §62 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken 'im Einzelnen' darzulegen. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – für den Antragsteller zu präzisieren (vgl VfSlg 17.099/2003 und 17.102/2003, vgl auch VfSlg 19.825/2013, 19.832/2013 und 19.870/2014; VfGH 20.11.2014, V61/2013).

Nach Ansicht der Bundesregierung ordnet das antragstellende Gericht seine Bedenken den einzelnen angefochtenen Bestimmungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu. Es wird vielmehr allgemein die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bzw des Sachlichkeitsgebotes (Art7 B VG, Art2 StGG) sowie die mangelnde Bestimmtheit 'der Regelungen' geltend gemacht (vgl etwa Seite 4 des Antrages). Darüber hinaus sind einige der vorgebrachten Bedenken vorwiegend rechts- und gesellschaftspolitischer Natur (vgl beispielhaft Seite 13 des Antrages, wo ausgeführt wird, dass es 'gerichtsnotorisch' sei, dass die nach den zitierten Gesetzesstellen eingerichteten Erwachsenenschutzvereine zu wenig Personal hätten und es 'geradezu grotesk' sei, wenn bei nachfolgender Anfrage durch das Gericht eine Ablehnung des Vereins zu Übernahme unter Hinweis auf fehlende Kapazitäten erfolge). Mit diesen Ausführungen vermag das antragstellende Gericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufzuzeigen.

Eine – präzise – Zuordnung konkret bezeichneter Bedenken zu den einzelnen angefochtenen Normen lässt sich dem Antrag sohin nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen (vgl VfGH 20.9.2022, G76/2021 ua).

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung.

III. In der Sache:

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011 und 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

Einige der vorgebrachten Bedenken sind – wie bereits unter Punkten II.2.3. dargelegt – vorwiegend rechts- und gesellschaftspolitischer Natur und können nicht klar bestimmten, als verletzt erachteten Rechten zugeordnet werden. Die Bundesregierung nimmt daher insoweit davon Abstand, auf dieses Vorbringen näher einzugehen.

1. Es wird eingangs darauf hingewiesen, dass sich der Verfassungsgerichtshof bereits vielfach mit Fragen der Entschädigung und Bestellung des gerichtlichen (und gesetzlichen) Erwachsenenvertreters (Sachwalters) auseinandergesetzt und bisher keine Verfassungswidrigkeit ausgemacht hat (vgl etwa aus der Perspektive der Eigentumsfreiheit und des Gleichheitssatzes VfSlg 18.838/2009, 19.532/2011, 20.188/2017 und VfSlg 20.510/2021; VfGH 22.9.2021, G81/2021; sowie aus der Perspektive des Bestimmtheitsgebotes VfGH 12.06.2023, G209/2023).

2. Das antragstellende Gericht ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen den Gleichheitssatz und das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Das Landesgericht St. Pölten hegt gleichheitsrechtliche Bedenken dagegen, dass Erwachsenenschutzvereinen die 'Abgeltung ihres Aufwandes aufgrund der gesetzlichen Zusicherung in den genannten Bestimmungen' zustehe und ihnen darüber hinaus die 'Erträge aus dem GGG' zufließen würden. Hingegen setze die Entlohnung des 'normalen' gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach §276 ABGB grundsätzlich das Vorliegen von Einkünften und Vermögen der vertretenen Person voraus.

Die Verletzung des Gleichheitssatzes liege nach Ansicht des antragstellenden Gerichtes auch darin, dass die 'Erwachsenenschutzvereine zwar vom Gesetzgeber geschaffen und als Monopol dazu eingerichtet' seien, Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, in der Praxis aber die Übernahme neuer Vertretungen aus Kapazitätsgründen ablehnten, wohingegen – in die Liste eingetragene – Rechtsanwälte und Notare ihrer Bestellung nicht widersprechen könnten. Das bloße Anknüpfen an die an keinerlei Bedingungen geknüpfte Zustimmung des Vereins sei nicht hinreichend bestimmt und zudem unsachlich; eine Ablehnung mangels Kapazität dürfte es gar nicht geben, wenn der Gesetzgeber seiner Verpflichtung, eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen, durch ausreichende Dotierung aus dem Budget nachkäme. Ebenso wird moniert, dass Rechtsanwälten keine Mindestentschädigung zustünde und die – steuerfreie – Entschädigung in Höhe von jährlich zumindest 768 Euro (nur) ehrenamtlich tätigen Personen zukomme, obwohl auch andere Erwachsenenvertreter sämtliche Anforderungen, die an Mitarbeiter iSd. §3 ErwSchVG bzw §12 des Bewährungshilfegesetzes gestellt würden, erfüllen.

3. Der Gesetzgebung sind durch den Gleichheitssatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995 und 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 18.269/2007). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, ihre politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 16.176/2001 und 16.504/2002).

4. Wie das antragstellende Gericht zutreffend ausführt, ist Österreich gemäß Art12 der UN Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, Menschen mit Behinderungen die Unterstützung zukommen zu lassen, die nötig ist, damit sie ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit ausüben können. Mit dem 2. Erwachsenenschutz Gesetz sollte die 'Schnittstellen- bzw Drehscheibenfunktion' der Erwachsenenschutzvereine zum Vorteil der betroffenen Personen weiter gestärkt werden (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 3 und 37).

Erwachsenenschutzvereine erfüllen angesichts ihrer Aufgaben besondere öffentliche Funktionen. Ihre Tätigkeit liegt daher im öffentlichen Interesse (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 84). Auch der Verfassungsgerichtshof betont in seiner Rechtsprechung das öffentliche Interesse an der flächendeckenden Tätigkeit von Erwachsenenschutzvereinen (vgl VfSlg 20.412/2020). Die Wahrnehmung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Rechtsfürsorgeaufgaben durch die Erwachsenenschutzvereine setzt daher auch deren entsprechende Finanzierung durch den Bund voraus. Soweit die Gesetzgebung in diesem Zusammenhang mit den angefochtenen Bestimmungen festlegt, in welcher Form Erwachsenenschutzvereine finanziert bzw gefördert werden, überschreitet sie den ihr zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht. Dabei ist auch von Bedeutung, dass es sich gemäß §2 Z1 ErwSchVG bei den Erwachsenenschutzvereinen um nicht auf Gewinn ausgerichtete (ideelle) Vereine handelt, deren Zweck ausschließlich in der Wahrnehmung der im Erwachsenenschutzvereinsgesetz umschriebenen Aufgaben bestehen darf. Die finanzielle Grundlage der Erwachsenenschutzvereine soll daher ausreichend gesichert werden, um eine flächendeckende Versorgung der Betroffenen sicherzustellen; maßgeblich sind dabei die jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Mittel (vgl AB 1203 BlgNR XVII. GP, 3).

Darüber hinaus steht der Gesetzgebung bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl VfSlg 19.590/2011 und 19.666/2012); es steht ihr sohin nach Auffassung der Bundesregierung auch frei vorzusehen, dass Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren nach Tarifpost 7 GGG zur Förderung der Erwachsenenschutzvereine gemäß §1 ErwSchVG zu verwenden sind.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der öffentlichen Interessen an der Tätigkeit der Erwachsenenschutzvereine bewirkt die durch die Gesetzgebung vorgenommene Differenzierung zwischen Erwachsenenvereinen und anderen gerichtlichen Erwachsenenvertretern hinsichtlich ihrer Finanzierung nach Ansicht der Bundesregierung keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot bzw den Gleichheitssatz.

5. Soweit das antragstellende Gericht die Unbestimmtheit des §274 Abs3 und 4 ABGB behauptet und gleichheitsrechtliche Bedenken darin sieht, dass Erwachsenenschutzvereine – im Gegensatz zu Notaren und Rechtsanwälten – ihre Bestellung ablehnen können, nimmt die Bundesregierung wie folgt Stellung.

5.1. Die Gesetzgebung verfügt nach Ansicht der Bundesregierung bei der Ausgestaltung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum und hat mit den angefochtenen Bestimmungen Regelungen geschaffen, die auf die unterschiedlichen Formen der gerichtlichen Erwachsenenvertretung in sachlicher Weise Bedacht nehmen. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl VfSlg 20.420/2020 und 20.412/2020).

5.2. Gemäß §274 Abs3 ABGB ist ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) nur mit dessen Zustimmung zu bestellen. Erwachsenenschutzvereine haben – so wie sonstige geeignete Personen gemäß §274 Abs4 ABGB – daher die Möglichkeit, die Übernahme von Vertretungen abzulehnen, etwa wenn keine Kapazität für die Übernahme besteht (vgl ErlRV 1420 BlgNR XXII. GP, 16). Damit soll – vor dem Ziel der qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Aufgabenerfüllung durch Erwachsenenschutzvereine – darauf Rücksicht genommen werden, dass mit den vorhandenen Geldmitteln auszukommen ist und Engpässe in personeller Natur gegeben sein können.

Zu §274 Abs4 ABGB geben bereits die Gesetzesmaterialien Hinweise, was unter den 'besonderen Anforderungen' zu verstehen ist; diese können insbesondere im 'Umgang mit sehr schwierigen Klienten' liegen, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern (vgl ErlRV 1420 BlgNR XXII. GP, 18; vgl auch Parapatits in: Kletečka/Schauer, ABGB ON 1.03 §275 Rz. 10, wonach etwa besondere sozialarbeiterische oder psychologische Fähigkeiten oder ein geschulter Umgang mit besonders schwierigen Personen gefragt sein können). Ebenso ergibt sich aus der Zielbestimmung des §3 Abs2 ErwSchVG, dass vornehmlich gerichtliche Erwachsenenvertretungen für Personen zu übernehmen sind, die auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihres Verhaltens, der Art ihrer Krankheit bzw ihrer Beeinträchtigung, ihrer Lebensumstände oder der zu besorgenden Angelegenheiten einer besonders qualifizierten professionellen Unterstützung und Vertretung bedürfen.

Unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik, der Gesetzesmaterialien und des Regelungszwecks erweist sich §274 Abs3 und 4 ABGB nach Auffassung der Bundesregierung daher als ausreichend bestimmt.

5.3. Wie bereits ausgeführt, kann ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter), der nicht aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist, die Übernahme einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung unter den in §275 Z1 bis 3 ABGB genannten Gründen ablehnen. Umgekehrt darf ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) nur dann mehr als 15 Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen übernehmen, wenn er aufrecht in der genannten Liste eingetragen ist (§243 Abs2 ABGB).

Es ist daher eine privatautonome und wirtschaftliche Entscheidung jedes Notars oder Rechtsanwalts, ob er sich in die Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eintragen (oder auch wieder austragen) lässt und somit mehr als 15 Vertretungen übernehmen möchte, dies mit dem Risiko, dass er – aufgrund des Schonvermögens der von ihm vertretenen Person (§137 Abs2 AußStrG) – weder Aufwandersatz noch Entschädigung erhält. Seit dem 2. Erwachsenenschutz Gesetz hindert eine Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse der vertretenen Person überdies nicht mehr das Entstehen des Anspruchs auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz an sich (vgl auch unten Punkt III.7.1.). Gemäß §137 Abs2 AußStrG hat das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden und die Ansprüche der Höhe nach zu bestimmen. Auch bei (vorerst) geringem Einkommen bzw Vermögen der vertretenen Person kann es in weiterer Folge zur Auszahlung der sohin bestimmten Beträge an den Vertreter kommen, wenn die betroffene Person zu Vermögen kommt (etwa, weil sie selbst etwas erbt oder geschenkt bekommt) oder weil nach ihrem Tod die Verlassenschaft diese Beträge (zum Teil) deckt. In diesem Zusammenhang ist auf die bevorzugte Behandlung der gesetzlichen Vertreter gegenüber anderen Gläubigern im Hinblick auf die festgesetzten Beträge hinzuweisen (§154 Abs2 Z2 AußStrG).

Seit Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz Gesetzes sind Rechtsanwälte und Notare im Allgemeinen nur mehr in jenen Fällen zur Übernahme gerichtlicher Erwachsenenvertretung verpflichtet, in denen die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert (§275 ABGB). Anderes gilt nur für die in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragenen Anwälte und Notare. Da die Eintragung in diese Liste freiwillig erfolgt, kann im Ergebnis nach der mit dem 2. Erwachsenenschutz Gesetz geschaffenen Rechtslage – abgesehen von jenen (zahlenmäßig mit höchstens fünf begrenzten) Fällen, bei denen die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert – kein Rechtsanwalt oder Notar mehr gegen seinen Willen zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt werden. Die Behauptung des antragstellenden Gerichtes, dass 'Rechtsanwälte und Notare […] ihrer Bestellung nicht widersprechen können' (siehe Seite 6 f. des Antrages) trifft daher seit Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes in dieser Allgemeinheit nicht mehr zu.

Nach Auffassung der Bundesregierung liegt daher keine unsachliche Ungleichbehandlung der Erwachsenenschutzvereine einerseits und der Notare und Rechtsanwälte andererseits vor.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgehalten hat, dass die Verpflichtung von Rechtsanwälten zur Übernahme der Tätigkeit eines Sachwalters keine Zwangs- oder Pflichtarbeit iSv. Art4 EMRK darstellt (vgl EGMR 18.10.2011, Graziani-Weiss gegen Österreich, Appl 31950/06; darauf bezugnehmend VfSlg 20.188/2017; vgl in diesem Sinne auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes RIS Justiz RS0128412). Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.532/2011 festgestellt, dass die Verpflichtung zur Übernahme der Tätigkeit eines Sachwalters [gerichtlichen Erwachsenenvertreters] grundsätzlich als eine aus der sozialen Verantwortung der Gesellschaft für besonders schutzbedürftige Personen abgeleitete Bürgerpflicht iSd. Art4 Abs3 litd EMRK und nicht in erster Linie als Erwerbszweig zu verstehen ist. Im Übrigen sah auch der Oberste Gerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität der gleichlautenden Vorgängerbestimmungen des §274 Abs2 und des §279 Abs3 ABGB idF des SWRÄG 2006 (vgl RIS Justiz RS0123296).

6. Das antragstellende Gericht sieht eine unsachliche Differenzierung auch im Vergleich der Entschädigung von gerichtlichen Erwachsenenvertretern mit der pauschalierten Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Mitarbeiter gemäß §9 ErwSchVG (siehe Seite 10 des Antrages). Der dem Rekurswerber unter Anwendung des §276 ABGB vom Erstgericht zuerkannte Entschädigungsbetrag einschließlich Barauslagen und Umsatzsteuer erreiche nämlich nur 548,59 Euro – und damit weniger als die Aufwandsentschädigung, die ein ehrenamtlicher Erwachsenenvertreter des Vereins ohne Nachweis erhalten würde (nämlich zumindest 768 Euro, von denen keine Steuern abzuziehen wären).

Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten: Selbst wenn man die Höhe der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Mitarbeiter der Vereine gemäß §9 ErwSchVG iVm. §12 des Bewährungshilfegesetzes als eine Art Vergleichsmaßstab für eine angemessene Entschädigung nach §276 ABGB heranzieht (wie das antragstellende Gericht selbst ausführt, handelt es sich dabei um zwei völlig verschiedene Bestimmungen), kann man aus einem Einzelfall, in welchem einem Rechtsanwalt eine geringere Entschädigung bzw ein geringerer Aufwandersatz zugesprochen worden ist, nicht auf die Gleichheitswidrigkeit der gesamten gesetzlichen Konstruktion schließen. Die behauptete Gleichheitswidrigkeit – folgte man der Argumentation des antragstellenden Gerichts – könnte allenfalls nur dann vorliegen, wenn Rechtsanwälte und Notare im Durchschnitt aller von ihnen betreuten Fälle eine Entschädigung bzw einen Aufwandersatz erhalten, die nicht einmal die in §9 ErwSchVG iVm. §12 des Bewährungshilfegesetzes vorgesehene Höhe erreicht. Dies wird aber vom antragstellenden Gericht nicht vorgebracht.

7. Schließlich leitet das antragstellende Gericht 'eine dem Gleichheitssatz widersprechende Ungleichbehandlung der Betroffenen' daraus ab, dass die Vereine in Fällen geringen Einkommens oder Vermögens der betroffenen Person häufig auf Entschädigung verzichten – was sie sich 'leisten' könnten, weil sie aus Budgetmitteln finanziert würden, während Angehörige der Rechtsberufe, die von ihrer Tätigkeit ihre Angestellten bezahlen und auch selbst leben müssten, nicht ohne Weiteres verzichten könnten (siehe Seite 12 f. des Antrages).

7.1. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtslage vor dem 2. Erwachsenenschutz Gesetz Ansprüche auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz insoweit nicht bestanden, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet worden wäre (§276 Abs4 ABGB in der Fassung des SWRÄG 2006, BGBl I Nr 92/2006). Mit dem 2. Erwachsenenschutz Gesetz wurde §276 ABGB insofern geändert, als nunmehr eine Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse das Entstehen des Anspruchs auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz an sich nicht mehr hindert (vgl ErlRV 1461 BlgNR XXV. GP, 44 ff.). Gemäß §137 Abs2 AußStrG hat das Gericht allerdings auf Antrag die zur Befriedung der Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters aus den Einkünften oder dem Vermögen der vertretenen Person notwendigen Verfügungen zu treffen, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der zugesprochenen Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung dieser Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann (vgl dazu auch das Erkenntnis VfSlg 20.510/2021, in dem der Verfassungsgerichtshof festhält, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §276 Abs1, 2 und 4 ABGB bestehen).

7.2. Es trifft zu, dass die Erwachsenenschutzvereine auch nach Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes (ganz oder teilweise) auf die Geltendmachung von Entschädigung und Aufwandersatz verzichten, wenn durch die Befriedigung dieser Ansprüche der notwendige Unterhalt der betroffenen Person beeinträchtigt würde. Diese Vorgehensweise erscheint durchaus effizient, weil die Bestimmung der Ansprüche der Höhe nach (§137 Abs2 AußStrG) durch das Gericht in einem solchen Fall (zumindest vorerst, vgl dazu auch oben Punkt III.5.3.) nur einen nicht vollstreckbaren Titel darstellen würde. Im Hinblick auf die begrenzten Förderungsmittel kommt ein gänzlicher Verzicht auf die Geltendmachung von Entschädigung und Aufwandersatz jedoch nur in Ausnahmefällen vor.

Eine unsachliche Differenzierung kann nach Auffassung der Bundesregierung schon deshalb nicht vorliegen, weil die Bestimmungen des §276 ABGB und des §137 AußStrG für alle gerichtlichen Erwachsenenvertreter gleichermaßen gelten (vgl VfSlg 20.397/2020). Aus der Tatsache, dass Erwachsenenschutzvereine in Fällen, in denen eine Befriedigung des Anspruchs auf Entschädigung und Aufwandersatz nach §137 Abs2 AußStrG ohnedies aussichtslos wäre, fallweise von vornherein auf die Bestimmung durch das Gericht verzichten, kann kein Argument für eine Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen abgeleitet werden."

4. Der Rekurswerber im Verfahren vor dem Landesgericht St. Pölten hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes mit im Wesentlichen übereinstimmender Begründung anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Teil einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.3. Die Bundesregierung zieht in ihrer Äußerung die Zulässigkeit der Anfechtung des §8 Abs1 ErwSchVG sowie der Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes mangels Präjudizialität in Zweifel. Mit diesem Einwand ist die Bundesregierung nicht im Recht:

Gemäß Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes sind Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren zur Förderung von Erwachsenenschutzvereinen zu verwenden. Es erscheint dem Verfassungsgerichtshof nicht offenkundig denkunmöglich, dass das antragstellende Gericht die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes betreffend die Verwendung von Gebühreneinnahmen aus dem Anlassverfahren angewendet hat.

§8 Abs1 erster Satz ErwSchVG bestimmt, dass der Bundesminister für Justiz den Erwachsenenschutzvereinen den Aufwand, der mit den im Erwachsenenschutzvereinsgesetz vorgesehenen Leistungen im Zusammenhang steht, im Rahmen der jeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügbaren Geldmittel zu ersetzen hat. Dabei ist eine ausreichende Versorgung der Betroffenen mit gerichtlichen Erwachsenenvertretern, Patientenanwälten und Bewohnervertretern sicherzustellen (zweiter Satz leg cit).

Der Verfassungsgerichtshof teilt zwar die Auffassung der Bundesregierung betreffend die fehlende Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung des §8 Abs1 ErwSchVG im Anlassverfahren. Die Bestimmung des §8 Abs1 ErwSchVG ist an den Bundesminister für Justiz gerichtet und regelt die Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen durch Bundesmittel. Es ist offenkundig denkunmöglich, dass das antragstellende Gericht im Verfahren über den Zuspruch der Entschädigung für den als gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellten Rechtsanwalt §8 Abs1 ErwSchVG anwendete bzw anzuwenden hatte.

Vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken gegen das Regelungssystem der Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen (im Unterschied zur Entschädigung von als gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellten Rechtsanwälten) erweist sich die (Mit )Anfechtung des §8 Abs1 ErwSchVG jedoch als zulässig: §8 Abs1 ErwSchVG steht mit den zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen in einem Regelungszusammenhang und ist von diesen nicht offensichtlich trennbar.

1.4. Im Übrigen ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen des §274 Abs3, 4 und 5, §275 und §276 ABGB sowie §9 und §10 ErwSchVG und §137 Abs2 zweiter Satz AußStrG zweifeln ließe.

1.5. Das antragstellende Gericht unterlässt es zwar – worauf die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu Recht hinweist –, die Fassung der angefochtenen Bestimmungen des Erwachsenenschutzvereinsgesetzes sowie der angefochtenen "Anm. 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes" anzugeben. Ungeachtet der fehlenden Bezeichnung ergibt sich für den Verfassungsgerichtshof jedoch unzweifelhaft aus der Wiedergabe des Regelungsinhalts des §8 Abs1, §9 und §10 ErwSchVG im Antrag, dass das antragstellende Gericht diese Bestimmungen in der in Geltung stehenden Fassung des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes, BGBl I 59/2017, anfechten will. Auch bezüglich der Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes ist anhand der Wiedergabe des Regelungsinhaltes im Antrag für den Verfassungsgerichtshof ohne Zweifel erkennbar, dass das antragstellende Gericht die Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes in der Fassung BGBl I 58/2018 anfechten will (vgl zB VfGH 5.10.2023, G172/2022 ua).

1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag zur Gänze als zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag ist nicht begründet.

1.1. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz

1.1.1. Das antragstellende Gericht erachtet zunächst die angefochtenen Bestimmungen über die Entlohnung von als gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellten Rechtsanwälten gemäß §276 ABGB einerseits im Vergleich zur Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen iSd §1 ErwSchVG andererseits als gleichheitswidrig. Gemäß der Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes seien sämtliche Einnahmen aus Gebühren in Pflegschaftsverfahren zur Förderung der Erwachsenenschutzvereine zu verwenden. Davon umfasst seien nicht nur Pauschalgebühren für Erwachsenenschutzverfahren, sondern alle in Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes genannten Verfahren, wie etwa Unterhaltsfestsetzungen, die mit Erwachsenenschutzverfahren in keinem unmittelbaren Zusammenhang stünden. Erwachsenenschutzvereinen würden darüber hinaus allenfalls bestehende Ansprüche gegenüber den vertretenen Personen zukommen (§10 ErwSchVG) und ihr Aufwand sei gemäß §8 Abs1 ErwSchVG durch Mittel des Bundes gedeckt.

Demgegenüber setze die Entlohnung des "normalen" gerichtlichen Erwachsenenvertreters (eines Rechtsanwaltes oder Notars) gemäß §276 ABGB das Vorliegen von Einkünften bzw eines Vermögens von mehr als € 15.000,– der vertretenen Person voraus. Die Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Erwachsenenschutzvereinen und "anderen Erwachsenenvertretern" im Hinblick auf deren Finanzierung bzw Entlohnung sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Weiters moniert das antragstellende Gericht eine unsachliche Differenzierung im Hinblick auf die Entschädigung einerseits des als gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellten Rechtsanwaltes (bzw Notars) und andererseits ehrenamtlicher Mitarbeiter bei Erwachsenenschutzvereinen (§3 Abs1 zweiter Satz ErwSchVG). Ein Erwachsenenschutzverein könne gemäß §9 ErwSchVG mit ehrenamtlich tätigen Personen vereinbaren, dass der Verein ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet. In diesem Fall würden ehrenamtlich für den Erwachsenenschutzverein tätige Personen den vollen Aufwandersatz – unabhängig vom Vermögen bzw Einkommen des vertretenen Betroffenen – erhalten, wohingegen der im Anlassverfahren einschreitende Erwachsenenvertreter eine geringere Aufwandsentschädigung (von lediglich € 548,59) erhalte.

Schließlich erachtet das antragstellende Gericht die Bestimmungen über die Bestellung von Rechtsanwälten (bzw Notaren) als Erwachsenenvertreter gemäß §274 Abs3, Abs4 und Abs5 sowie §275 ABGB als gleichheitswidrig. Dies vor dem Hintergrund, dass Erwachsenenschutzvereine ihre Vertretung oftmals aus Gründen fehlender Kapazitäten ablehnten. Demgegenüber könnten aufrecht in der Liste von zur Übernahme von gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragene Rechtsanwälte oder Notare ihrer Bestellung zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter nicht widersprechen (§275 ABGB). Dies habe zur Konsequenz, dass Rechtsanwälten und Notaren "weniger lukrative und schwierigere" Fälle der Erwachsenenvertretung blieben.

1.1.2. Die Bundesregierung entgegnet den im Antrag erhobenen Bedenken zusammengefasst, dass Erwachsenenschutzvereine eine ideelle Aufgabe im öffentlichen Interesse wahrnehmen. Bei den Regelungen über die Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen bzw die Verwendung von Gerichtsgebühren aus Pflegschaftsverfahren komme dem Gesetzgeber ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Vor dem Hintergrund des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes und des öffentlichen Interessens an der Tätigkeit von Erwachsenenschutzvereinen sei die Differenzierung im Hinblick auf die Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen einerseits und die Entschädigung sonstiger gerichtlicher Erwachsenenvertreter gemäß §276 ABGB andererseits kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die angefochtenen Regelungen des §274 und §275 ABGB würden auf die unterschiedlichen Formen der gerichtlichen Erwachsenenvertretung Bedacht nehmen. Mit der Möglichkeit von Erwachsenenschutzvereinen gemäß §274 Abs3 ABGB, die Übernahme einer Vertretung abzulehnen, solle – vor dem Hintergrund des Ziels der qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Aufgabenerfüllung – darauf Rücksicht genommen werden, dass Erwachsenenschutzvereine mit den vorhandenen Geldmitteln auskommen müssten und Engpässe personeller Natur gegeben sein könnten. Die Regelung des §275 ABGB, wonach Notare (Notariatskandidaten) oder Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter) ihre gerichtliche Bestellung als Erwachsenenvertreter nicht ablehnen könnten, wenn sie in die genannte Liste eingetragen seien, sei im Lichte der privatautonomen und wirtschaftlichen Entscheidung des jeweiligen Notars bzw Rechtsanwaltes gerechtfertigt, sich in die genannte Liste eintragen zu lassen.

Dem Vorbringen der unsachlichen Differenzierung zwischen der Entschädigung von gerichtlichen Erwachsenenvertretern nach §276 ABGB und der Entschädigung von ehrenamtlichen Mitarbeitern bei Erwachsenenschutzvereinen nach §9 ErwSchVG (iVm §12 Bewährungshilfegesetz) hält die Bundesregierung entgegen, dass die beiden Konstellationen nicht vergleichbar seien. Darüber hinaus könne aus einem Einzelfall wie dem Anlassfall, in dem einem Rechtsanwalt eine geringere Entschädigung für seine Tätigkeit als Erwachsenenvertreter als einem ehrenamtlichen Mitarbeiter bei einem Erwachsenenschutzverein gebühre, nicht der Schluss der Gleichheitswidrigkeit des gesamten Regelungssystems über die Entschädigung von Rechtsberufen als gerichtliche Erwachsenenvertreter gezogen werden.

1.1.3. Dem Gesetzgeber sind durch den Gleichheitsgrundsatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 8169/1977, 15.590/1999, 18.269/2007). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).

1.1.4. Zur vorgebrachten Unsachlichkeit der Bestimmungen über die Bestellung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach §274 Abs3, Abs4 und Abs5 sowie §275 ABGB

1.1.4.1. §274 ABGB bestimmt die Reihenfolge bei der Auswahl eines geeigneten gerichtlichen Erwachsenenvertreters. Gemäß §274 Abs1 ABGB ist zum Erwachsenenvertreter mit deren Zustimmung vorrangig die Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung einer gewählten Erwachsenenvertretung oder einer Erwachsenenvertreter-Verfügung hervorgeht. Ist eine solche Person nicht verfügbar oder geeignet, ist mit deren Zustimmung eine der volljährigen Person nahestehende und für die Aufgabe geeignete Person zu bestellen (Abs2 leg cit). Kommt eine solche Person nicht in Betracht, ist mit dessen Zustimmung ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) zu bestellen (Abs3 leg cit). Ist auch die Bestellung eines Erwachsenenschutzvereins nicht möglich, ist – nach Maßgabe des §275 ABGB – ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder mit deren Zustimmung eine andere geeignete Person zu bestellen (Abs4 leg cit).

Gemäß §275 ABGB kann ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter), der nicht aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist, die Übernahme einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung nur ablehnen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert (Z1 leg cit); er nachweist, dass eine in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren aufrecht eingetragene Person mit der Übernahme der Erwachsenenvertretung einverstanden wäre (Z2 leg cit) oder ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann, was bei mehr als fünf gerichtlichen Erwachsenenvertretungen vermutet wird (Z3 leg cit).

§274 Abs5 ABGB legt fest, dass ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) vor allem dann zu bestellen ist, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind.

1.1.4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 20.412/2020 festgehalten, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, die Versorgung mit Erwachsenenvertretern einerseits durch ideelle Erwachsenenschutzvereine und andererseits durch Notare (Notariatskandidaten) oder Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter) oder andere geeignete Personen gemäß §274 ABGB sicherzustellen. Die (subsidiäre) Bestellung von Notaren oder Rechtsanwälten als gerichtliche Erwachsenenvertreter (vormals Sachwalter) nach der Vorgängerbestimmung des §274 Abs2 ABGB idF BGBl I 92/2006 hat der Verfassungsgerichtshof bereits unter Sachlichkeitserwägungen für unbedenklich befunden (VfSlg 20.188/2017).

Der Umstand, dass Notare (Notariatskandidaten) oder Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter), die aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen sind, gemäß §275 ABGB (im Umkehrschluss) eine Vertretung aus den in der Bestimmung genannten Gründen nicht ablehnen können, vermag die Unsachlichkeit der Bestimmung des §275 ABGB nicht zu begründen. Es obliegt der freien Entscheidung von Notaren (Notariatskandidaten) und Rechtsanwälten (Rechtsanwaltsanwärtern), sich in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eintragen zu lassen.

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits mehrfach klargestellt, dass es sich bei der (Verpflichtung zur) Übernahme der Tätigkeit als Erwachsenenvertreter (vormals Sachwalter) vorrangig um eine aus der sozialen Verantwortung der Gesellschaft für besonders schutzbedürftige Personen abgeleitete Bürgerpflicht handelt (VfSlg 19.532/2011, 20.188/2017; siehe dazu auch EGMR 18.11.2011, Graziani Weiss , 31.950/06, Z40).

1.1.4.3. Beim Vorbringen des antragstellenden Gerichtes, "in der Praxis" würden Erwachsenenschutzvereine ihre Vertretung oftmals "mangels Kapazität" ablehnen, obwohl es Aufgabe des Staates bzw des Gesetzgebers sei, für eine hinreichende Versorgung der Betroffenen mit Erwachsenenvertretern zu sorgen, stellt das antragstellende Gericht rechtspolitische Überlegungen an, macht der Sache nach aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend. Selbst wenn die angefochtenen Bestimmungen nicht in jeder Konstellation geeignet sein sollten, die Vertretung Betroffener in erster Linie durch einen Erwachsenenschutzverein sicherzustellen, ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine allenfalls unzweckmäßige Regelung für sich genommen noch keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 B VG bewirkt. Ob die Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (vgl VfSlg 20.412/2020, sowie etwa VfSlg 12.416/1990, 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003).

1.1.4.4. Die unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes geäußerten Bedenken des antragstellenden Gerichtes gegen §274 Abs3, Abs4 und Abs5 sowie §275 ABGB gehen somit ins Leere.

1.1.5. Zur gerügten Gleichheitswidrigkeit der Bestimmungen über die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach §276 ABGB

1.1.5.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 20.510/2021 zur Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach §276 Abs1, 2 und 4 ABGB idF BGBl I 59/2017 ausgesprochen, dass aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen sprechen, wenn der Gesetzgeber den Betroffenen, für den Leistungen eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters erbracht worden sind, zur Finanzierung der Leistungen nach Maßgabe seines Einkommens sowie seines Vermögens heranzieht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sichergestellt ist, dass das dem Betroffenen Zumutbare auf der einen und die Grenze der Angemessenheit der Entschädigung nach Maßgabe der erbrachten Leistungen auf der anderen Seite jeweils nicht überschritten werden (siehe zuvor bereits zu §276 Abs1 dritter Satz ABGB idF BGBl I 92/2006 VfSlg 18.838/2009). Der Verfassungsgerichtshof sieht sich im Hinblick auf den vorliegenden Antrag nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzugehen.

1.1.5.2. Vor diesem Hintergrund vermag auch der vom antragstellenden Gericht angestellte Vergleich der Bestimmungen über die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach §276 ABGB mit den Regelungen über die Finanzierung von Erwachsenenschutzvereinen nach §8 Abs1 ErwSchVG und Anmerkung 9 zu Tarifpost 7 des Gerichtsgebührengesetzes einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht aufzuzeigen. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, (ideelle) Erwachsenenschutzvereine anders – nämlich durch Mittel des Bundes bzw durch Gebühreneinnahmen aus Pflegschaftsverfahren – als Rechtsanwälte (bzw Notare) für Erwachsenenvertretungen zu entschädigen.

1.1.5.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die vom antragstellenden Gericht geäußerten Bedenken gegen §276 ABGB im Hinblick auf einen Vergleich mit den Bestimmungen über die Entschädigung ehrenamtlicher Mitarbeiter von Erwachsenenschutzvereinen nach §9 ErwSchVG nicht.

Das antragstellende Gericht erachtet es als gleichheitswidrig, dass Erwachsenenschutzvereine gemäß §9 ErwSchVG mit ehrenamtlich tätigen Personen (§3 Abs1 zweiter Satz ErwSchVG) vereinbaren könnten, dass der Verein ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet. In diesem Fall würden ehrenamtlich für den Erwachsenenschutzverein tätige Personen den vollen Aufwandersatz – unabhängig vom Vermögen bzw Einkommen des zu vertretenen Betroffenen – erhalten, wohingegen der im Anlassverfahren einschreitende Erwachsenenvertreter gemäß §276 ABGB eine geringere Aufwandsentschädigung erhalte.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kommt ein (isolierter) Vergleich der Bestimmungen über die Aufwandsentschädigung von ehrenamtlichen Mitarbeitern von Erwachsenenschutzvereinen nach §9 ErwSchVG einerseits und die Entschädigung von gerichtlichen Erwachsenenvertretern nach §276 ABGB andererseits von vornherein nicht in Betracht. Ehrenamtlich tätige Personen können als gerichtliche Erwachsenvertreter nicht bestellt werden, sondern können für den Erwachsenenschutzverein neben der Wahrnehmung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung (für den bestellten Verein) unterschiedliche Tätigkeiten ausüben. Ein Anspruch auf Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeiten besteht gegenüber dem Erwachsenenschutzverein nicht; gemäß §9 ErwSchVG "kann" der Verein mit der ehrenamtlich tätigen Person vereinbaren, dass er ihnen Entschädigung sowie Ersatz der Barauslagen und Reisekosten leistet. Der vom antragstellenden Gericht angestellte (isolierte) Vergleich der Höhe der Entschädigung für den im Anlassfall bestellten gerichtlichen Erwachsenenvertreter mit der hypothetischen Entschädigung eines allenfalls für den Erwachsenenschutzverein ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters vermag die Gleichheitswidrigkeit des §276 ABGB nicht aufzuzeigen.

1.1.6. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 Abs1 B VG

1.1.6.1. Das antragstellende Gericht rügt – soweit einer der angefochtenen Bestimmung iSd §62 Abs1 VfGG zuordenbar – die Unbestimmtheit der Regelung in §274 Abs5 ABGB, wonach "ein Erwachsenenschutzverein (§1 ErwSchVG) vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind" zu bestellen ist. Nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes bleibe völlig offen, welche Anforderungen mit "besonderen Anforderungen" gemeint seien.

1.1.6.2. Die Bundesregierung entgegnet dem Vorbringen der Unbestimmtheit des §274 Abs5 ABGB, es ergebe sich bereits aus den Gesetzesmaterialien, dass unter "besonderen Anforderungen" Fähigkeiten und Kenntnisse zu verstehen seien, die etwa für den Umgang mit "sehr schwierigen Klienten" notwendig seien (Erläut zur RV 1420 BlgNR 22. GP, 18). Ebenso ergebe sich aus der Zielbestimmung des §3 Abs2 ErwSchVG, dass von Erwachsenenschutzvereinen vornehmlich gerichtliche Erwachsenenvertretungen für Personen zu übernehmen seien, die auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihres Verhaltens, der Art ihrer Krankheit bzw ihrer Beeinträchtigung, ihrer Lebensumstände oder der zu besorgenden Angelegenheiten einer besonders qualifizierten professionellen Unterstützung und Vertretung bedürften. Die angefochtene Bestimmung des §274 Abs5 ABGB sei somit im Einklang mit Art18 Abs1 B VG einer Auslegung zugänglich.

1.1.6.3. Das in Art18 Abs1 B VG verankerte Bestimmtheitsgebot gebietet im Allgemeinen, dass Gesetze einen Inhalt haben, durch den das Verhalten der Behörde oder des Gerichtes vorherbestimmt ist. Es kann allerdings im Hinblick auf den jeweiligen Regelungsgegenstand erforderlich sein, dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung der gesetzlichen Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet und durch die damit zwangsläufig verbundenen Unschärfen von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt (vgl VfSlg 20.279/2018, 13.785/1994 mwN).

Ob eine Regelung dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl zB VfSlg 8209/1977, 9883/1983 und 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl zB VfSlg 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996, 14.631/1996, 15.493/1999, 16.137/2001 und 16.635/2002).

1.1.6.4. Gemäß §274 Abs5 ABGB ist vorrangig ein Notar (Notariatskandidat) oder ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert; ein Erwachsenenschutzverein ist "vor allem dann, [zu bestellen,] wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind". Anders als das antragstellende Gericht meint, ist bereits anhand des Wortlautes und der Systematik der Bestimmung des §274 ABGB unmissverständlich, dass mit sonstigen "besonderen Anforderungen" all jene (verbleibenden) Aufgaben von Erwachsenenvertretern gemeint sind, die nicht in erster Linie Rechtskenntnisse erfordern. Solche besonderen Anforderungen in Pflegschaftssachen sind – wie das antragstellende Gericht selbst ausführt – allen voran Kenntnisse aus der Sozialarbeit oder psychologische Fähigkeiten (vgl auch Erläut zur RV 1461 BlgNR 25. GP, 2). Das in Bezug auf die mangelnde Bestimmtheit der Wortfolge "besondere Anforderungen" in §274 Abs5 ABGB gehegte Bedenken geht daher ins Leere.

Der monierte Umstand, dass Erwachsenenschutzvereine ihrer Bestellung zum Erwachsenenvertreter gemäß §274 Abs3 ABGB "in der Praxis" oftmals mangels Kapazität nicht zustimmten und deshalb ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) bestellt werde, obwohl die Besorgung der Angelegenheit nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordere, begründet nicht die Unbestimmtheit der angefochtenen Bestimmung des §274 Abs3 ABGB.

1.1.6.5. Im Übrigen ist für den Verfassungsgerichtshof anhand der Ausführungen im Antrag nicht erkennbar, gegen welche konkrete Bestimmung und aus welchen Gründen das antragstellende Gericht das Bedenken der Unbestimmtheit im Lichte des Art18 B VG hegt.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unbegründet abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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