V325/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit seinem auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge §46 Abs4 und §47 Abs6 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM), ABl. der Stadt Wien 28/2007, idF ABl. der Stadt Wien 14/2023 in eventu das Wort "sinngemäß" in §47 Abs6 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM), ABl. der Stadt Wien 28/2007, idF ABl. der Stadt Wien 14/2023 als gesetz- bzw verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl 28/1968, idF LGBl 27/2023 lautet auszugsweise wie folgt:
" §91
(1) […]
(4)
Der Bürgermeister hat insbesondere unter Bedachtnahme auf die gesetzlich festgelegte Organisation der Gemeindeverwaltung sowie unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines geordneten Amtsbetriebes mit Genehmigung des Gemeinderates die Geschäftsordnung und die Geschäftseinteilung für den Magistrat zu erlassen. Für das Statut der Unternehmungen ist §71 maßgebend. Dem Bürgermeister steht die Zuweisung des Personals beim Magistrat zu, soweit er diese Angelegenheit aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit nicht einer Dienststelle überträgt, die nach ihrem Aufgabenbereich zur Besorgung dieser Aufgaben geeignet ist."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM), ABl. der Stadt Wien 28/2007, idF ABl. der Stadt Wien 14/2023 lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
" Inhalt
§1. (1) Diese Geschäftsordnung regelt den internen Geschäftsgang des Magistrats.
[…]
[…]
Unterfertigung (Zeichnung) der Geschäftsstücke
in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches
§46. (1) Der Bürgermeister bzw die Bürgermeisterin unterfertigt Geschäftsstücke unter Anführung seiner bzw ihrer Funktionsbezeichnung. Der Vertreter bzw die Vertreterin des Bürgermeisters bzw der Bürgermeisterin unterfertigt unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“) und der eigenen Funktionsbezeichnung. Erteilt der Bürgermeister bzw die Bürgermeisterin einen Auftrag, unterfertigt der oder die Betreffende unter Beifügung der Worte „Im Auftrag“ (abgekürzt: „I.A.“).
(2) Der Magistratsdirektor bzw die Magistratsdirektorin unterfertigt unter Anführung seiner bzw ihrer Funktionsbezeichnung. Der Vertreter bzw die Vertreterin des Magistratsdirektors bzw der Magistratsdirektorin unterfertigt unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“). Erteilt der Magistratsdirektor bzw die Magistratsdirektorin einem oder einer Bediensteten einen Auftrag, unterfertigt dieser oder diese unter Beifügung der Worte „Im Auftrag“ (abgekürzt: „I.A.“).
(3) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht, wenn persönliches Briefpapier verwendet wird; in solchen Fällen erfolgt die Unterfertigung ohne besondere Formvorschriften.
(4) Die Leiter und Leiterinnen von Dienststellen und deren Vertreter und Vertreterinnen unterfertigen unter Anführung ihrer dienstlichen Stellung (z. B. als Leiter bzw Leiterin einer Magistratsabteilung mit „Der Abteilungsleiter:“ bzw „Die Abteilungsleiterin:“), die Vertreter und Vertreterinnen überdies unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“). Erteilt ein Dienststellenleiter oder eine Dienststellenleiterin einem oder einer Bediensteten einen Auftrag, unterfertigt dieser oder diese unter Beifügung der Worte „Im Auftrag“ (abgekürzt: „I.A.“).
(5) Bedienstete, denen eine Funktionsbezeichnung zukommt, unterfertigen unter Anführung ihrer Funktionsbezeichnung, deren Vertreter und Vertreterinnen überdies unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“).
(6) Alle anderen zur Unterfertigung von Geschäftsstücken berechtigten Bediensteten zeichnen mit „Für den ... (z. B. Magistratsdirektor, Abteilungsleiter, Bezirksamtsleiter)“ oder „Für die ... (z. B. Magistratsdirektorin, Abteilungsleiterin, Bezirksamtsleiterin)“.
(7) Wie die Bediensteten mit Sonderaufgaben unterfertigen, ist vom Magistratsdirektor bzw von der Magistratsdirektorin im Einzelfall zu bestimmen.
Unterfertigung (Zeichnung) der Geschäftsstücke in den Angelegenheiten,
deren Vollziehung Bundes- oder Landessache ist
§47. (1) In den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes unterfertigt der Bürgermeister als Landeshauptmann bzw die Bürgermeisterin als Landeshauptfrau unter Anführung seiner bzw ihrer Funktionsbezeichnung. Der Vertreter bzw die Vertreterin zeichnet unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“) und der eigenen Funktionsbezeichnung. Das mit der Führung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art103 Abs2 des Bundes-Verfassungsgesetzes betraute Mitglied der Landesregierung unterfertigt „Für den Landeshauptmann“ bzw „Für die Landeshauptfrau“ unter Anführung seiner Funktionsbezeichnung.
(2) In den Angelegenheiten der Landesvollziehung erfolgt die Unterfertigung gemäß den Bestimmungen des Abs1, jedoch unter Voransetzung der Worte „Für die Landesregierung“.
(3) Der Magistratsdirektor als Landesamtsdirektor zeichnet in den Angelegenheiten der Bundes- und der Landesvollziehung unter Anführung der Bezeichnung „Der Landesamtsdirektor“, die Magistratsdirektorin als Landesamtsdirektorin zeichnet in den Angelegenheiten der Bundes- und der Landesvollziehung unter Anführung der Bezeichnung „Die Landesamtsdirektorin“. Der Vertreter zeichnet unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“) und der Bezeichnung „Landesamtsdirektor-Stellvertreter“ bzw „Landesamtsdirektorin-Stellvertreter“‚ die Vertreterin zeichnet unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“) und der Bezeichnung „Landesamtsdirektor-Stellvertreterin“ bzw „Landesamtsdirektorin-Stellvertreterin“.
(4) Die Dienststellenleiter und Dienststellenleiterinnen zeichnen in den Angelegenheiten der Bundesvollziehung in der Landesinstanz mit den Worten „Für den Landeshauptmann“ bzw „Für die Landeshauptfrau“, deren Vertreter und Vertreterinnen überdies unter Beifügung der Worte „In Vertretung“ (abgekürzt: „I.V.“). Ein Hinweis auf die dienstliche Stellung, z. B. als Abteilungsleiter oder Abteilungsleiterin, hat zu unterbleiben.
(5) In den Angelegenheiten der Landesvollziehung zeichnen Dienststellenleiter und Dienststellenleiterinnen und deren Vertreter und Vertreterinnen in der Landesinstanz mit den Worten „Für die Landesregierung“. Abs4 letzter Satz gilt entsprechend.
(6) In den Angelegenheiten der Bundes- und der Landesvollziehung, in denen die Dienststellenleiter und Dienststellenleiterinnen nicht in der Landesinstanz tätig werden, sind für die Unterfertigung der Geschäftsstücke die Bestimmungen des §46 Abs4 erster Satz sinngemäß anzuwenden.
(7) Für Bedienstete mit Sonderaufgaben gilt §46 Abs7 sinngemäß."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Dezember 2022 wurde der Antrag der im Anlassverfahren beteiligten Partei, vertreten durch ihre Mutter und alleinige gesetzliche Vertreterin, auf Änderung ihres Familiennamens von dem ihres Vaters auf den ihrer Mutter gemäß §§1, 2 Abs1 Z8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1988 über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (Namensänderungsgesetz – NÄG), BGBl 195/1988, idF BGBl I 105/2019 bewilligt. In diesem Bescheid wurde im Kopf der Magistrat der Stadt Wien als zuständige Behörde ausgewiesen, im Spruch das Namensänderungsgesetz als Rechtsgrundlage angeführt, in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit zur Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht hingewiesen und eine Fertigungsklausel mit den Worten "Für den Abteilungsleiter" aufgenommen.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Vater der beteiligten Partei Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, um die Namensänderung seiner Tochter zu bekämpfen.
2. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, zusammengefasst wie folgt dar:
2.1. Zur Zulässigkeit des Antrages führt das Verwaltungsgericht Wien aus, dass durch die Bestimmungen der §§46 und 47 GOM insbesondere die Zeichnung von Bescheiden, welche durch Organwalter des "Magistrates der Stadt Wien" erlassen werden, geregelt werde.
Die Bestimmungen der §§46 und 47 GOM würden offenkundig das Ziel verfolgen, die Zuordnung eines durch einen Organwalter des "Magistrates der Stadt Wien" erlassenen Bescheides in einen konkreten Vollzugsbereich zu ermöglichen. Der beim Verwaltungsgericht Wien angefochtene Bescheid sei in Vollziehung des Namensänderungsgesetzes vom "Magistrat der Stadt Wien" erlassen und mit "Für den Abteilungsleiter" gefertigt worden. Diese Fertigung sei gemäß §46 Abs4 GOM lediglich für Bescheide, die im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches vom "Magistrat der Stadt Wien" erlassen werden, vorgesehen. §47 Abs6 GOM sei dahingehend auszulegen, dass diese Bestimmung nicht normiere, dass in Angelegenheiten der Vollziehung von Agenden durch die Bezirksverwaltungsbehörde "Magistrat der Stadt Wien" ebenfalls die Zeichnung "Für den Abteilungsleiter" zu verwenden sei. Hätte dies der Verordnungsgeber intendiert, hätte er in diesen Absatz nicht das Wort "sinngemäß" eingefügt. Demgegenüber lege der Magistrat der Stadt Wien §47 Abs6 GOM dahingehend aus, dass dem Wort "sinngemäß" keinerlei eigenständiger Bedeutungsgehalt zukomme und diese Bestimmung für die Vollziehung von Agenden durch die Bezirksverwaltungsbehörde "Magistrat der Stadt Wien" somit dieselbe Zeichnungsklausel anordne wie §46 Abs4 GOM. Es sei daher unklar, ob der beim Verwaltungsgericht Wien angefochtene Bescheid entweder dem "Magistrat der Stadt Wien" im Rahmen der Vollziehung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde oder dem "Magistrat der Stadt Wien" im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen sei. Diese Frage sei jedoch von entscheidender Bedeutung, weil im Falle der Zuordnung des Bescheides in den Vollzugsbereich des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde gegen diesen Bescheid nicht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, sondern das Rechtsmittel der Berufung an den Berufungssenat der Stadt Wien offenstehe.
Im Falle der Zuordnung des Bescheides in den Vollzugsbereich der mittelbaren Bundesverwaltung wäre gegen den Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zulässig, über welches das Verwaltungsgericht Wien meritorisch zu entscheiden hätte. In diesem Fall wären sowohl die Bestimmung des §47 Abs6 GOM als auch die gemäß dieser Bestimmung sinngemäß anzuwendende Bestimmung des §46 Abs4 GOM für das Beschwerdeverfahren präjudiziell.
Im Falle der Zuordnung des Bescheides in den Vollzugsbereich des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde wäre gegen den Bescheid demgegenüber das Rechtsmittel der Berufung an den Berufungssenat der Stadt Wien zulässig, weshalb das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde gegen den Bescheid wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen hätte. In diesem Fall wäre nur die Bestimmung des §46 Abs4 GOM präjudiziell.
2.2. In der Sache macht das Verwaltungsgericht Wien gegen die Bestimmungen der §§46 Abs4 und 47 Abs6 GOM näher begründete kompetenzrechtliche Bedenken, einen Verstoß gegen Art11 Abs2 B VG, gegen Art118 Abs2 B VG sowie gegen Art18 Abs1 B VG und einen Widerspruch zu §18 Abs4 AVG geltend.
3. Die Wiener Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in welcher sie die Zurück-, in eventu die Abweisung des Antrages beantragt.
3.1. Zur Zulässigkeit bringt die Wiener Landesregierung vor, dass die Bestimmungen der §§46 Abs4 und 47 Abs6 GOM für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien nicht präjudiziell seien. Die Grundlage für die Erlassung der GOM bilde §91 Abs4 Wiener Stadtverfassung. Diese Bestimmung ermächtige den Bürgermeister und den Gemeinderat aber nicht dazu, die Zuständigkeit zur Besorgung einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit zu regeln, sondern lediglich dazu, organisatorische Bestimmungen für den Magistrat im Inneren zu erlassen. Die auf der Grundlage von §91 Abs4 Wiener Stadtverfassung erlassene GOM enthalte daher interne, d.h. nicht nach außen gerichtete Regelungen über den internen Geschäftsgang des Magistrates der Stadt Wien (vgl §1 Abs1 GOM). Der GOM komme folglich keine Wirkung für die Zuordnung einer nach außen gerichteten Entscheidung zu einem Verwaltungsorgan zu. Die Zuordnung einer Rechtssache zu dem zuständigen Organ innerhalb der mittelbaren Bundesverwaltung müsse vielmehr aus der Erledigung selbst hervorgehen. Daraus folge, dass die GOM auch keine Wirkung für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien über die Zuständigkeit des Magistrates der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde in Vollziehung der mittelbaren Bundesverwaltung entfalten könne. Der Verordnungsprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtes Wien sei mangels Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen der §§46 Abs4 und 47 Abs6 GOM zurückzuweisen.
3.2. In der Sache tritt die Wiener Landesregierung den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien mit näherer Begründung entgegen.
4. Das Verwaltungsgericht Wien hat eine Stellungnahme erstattet, in der es auf die Äußerung der Wiener Landesregierung repliziert.
IV. Zulässigkeit
Der Antrag ist unzulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag im Sinn des Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Vor dem Hintergrund, dass die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien entscheidend davon abhängt, ob dieser Bescheid entweder dem Magistrat der Stadt Wien im Rahmen der Vollziehung einer Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder dem Magistrat der Stadt Wien im Rahmen der Vollziehung einer Angelegenheit in mittelbarer Bundesverwaltung zuzurechnen ist, ist dem Verwaltungsgericht Wien nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausgeht, dass bei der Beurteilung dieser Frage unter anderem auch der Fertigungsklausel im angefochtenen Bescheid Bedeutung zukommen kann und die Bestimmungen der §§46 Abs4 und 47 Abs6 GOM daher im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien präjudiziell sind.
2. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, §46 Abs4 und §47 Abs6 GOM, in eventu das Wort "sinngemäß" in §47 Abs6 GOM, als gesetz- bzw verfassungswidrig aufzuheben. Dieser Antrag ist jedoch zu eng gefasst und daher unzulässig.
2.1. Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).
Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
2.2. Gemäß §46 Abs4 GOM sind Geschäftsstücke in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde von den Leitern und Leiterinnen von Dienststellen und von deren Vertretern und Vertreterinnen unter Anführung ihrer dienstlichen Stellung (zB als Leiter bzw Leiterin einer Magistratsabteilung mit "Der Abteilungsleiter:" bzw "Die Abteilungsleiterin:"), von den Vertretern und Vertreterinnen überdies unter Beifügung der Worte "In Vertretung" (abgekürzt: "I.V.") zu unterfertigen. Gemäß §46 Abs6 GOM zeichnen alle anderen zur Unterfertigung von Geschäftsstücken berechtigten Bediensteten mit "Für den … (zB Magistratsdirektor, Abteilungsleiter, Bezirksamtsleiter)" oder "Für die … (zB Magistratsdirektorin, Abteilungsleiterin, Bezirksamtsleiterin)".
Gemäß §47 Abs6 GOM sind in den Angelegenheiten der Bundes- und der Landesvollziehung, in denen die Dienststellenleiter und Dienststellenleiterinnen nicht in der Landesinstanz tätig werden, für die Unterfertigung von Geschäftsstücken die Bestimmungen des §46 Abs4 erster Satz GOM sinngemäß anzuwenden.
2.3. Der beim Verwaltungsgericht Wien angefochtene Bescheid wurde mit den Worten "Für den Abteilungsleiter" gefertigt. Diese Fertigung ist gemäß §46 Abs6 GOM für Geschäftsstücke vorgesehen, die in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde von all jenen zur Unterfertigung von Geschäftsstücken berechtigten Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien, die weder Leiter und Leiterinnen von Dienststellen noch deren Vertreter und Vertreterinnen sind, erlassen werden. Gemäß §46 Abs6 GOM sind solche Geschäftsstücke von diesen Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien unter anderem mit "Für den Abteilungsleiter" zu unterfertigen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat §46 Abs6 GOM nicht (mit)angefochten. Das Verwaltungsgericht Wien hätte diese Bestimmung aber (mit)anfechten müssen, weil nur §46 Abs6 GOM ausdrücklich eine Fertigung "Für den Abteilungsleiter", wie im Bescheid im Anlassverfahren erfolgt, vorsieht. Die Bestimmung des §46 Abs6 GOM bildet daher zur Beurteilung der Fertigungsklausel im vor dem Verwaltungsgericht Wien angefochtenen Bescheid mit den Bestimmungen der §§46 Abs4 und 47 Abs6 GOM, deren Aufhebung das Verwaltungsgericht Wien beantragt, eine untrennbare Einheit.
3. Sowohl der Hauptantrag auf Aufhebung der Bestimmungen des §46 Abs4 und des §47 Abs6 GOM wie auch der Eventualantrag auf Aufhebung nur des Wortes "sinngemäß" in §47 Abs6 GOM erweisen sich daher als zu eng gefasst und damit als unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.