G762/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, §344 Abs2 Z3 und §350 Abs7 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018), BGBl I 65/2018, in eventu nur §350 Abs7 BVergG 2018, als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 65/2018 lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Nachprüfungsverfahren
Einleitung des Verfahrens
§342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(2) Ist die zwischen dem Zugang der Verständigung über das Ausscheiden und der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung bzw der Widerrufsentscheidung liegende Zeitspanne kürzer als die in §343 vorgesehene Frist, ist ein Bieter berechtigt, das Ausscheiden gemeinsam mit der Zuschlagsentscheidung oder der Widerrufsentscheidung in einem Antrag innerhalb der für die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung bzw der Widerrufsentscheidung eingeräumten Frist anzufechten.
(3) Dem Antrag auf Nachprüfung kommt keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Vergabeverfahren zu.
(4) Wird dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung von mehreren Unternehmern angefochten, hat das Bundesverwaltungsgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Eine getrennte Verfahrensführung ist zulässig, wenn diese im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
Fristen für Nachprüfungsanträge
§343. (1) Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung sind bei einer Übermittlung bzw Bereitstellung der Entscheidung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen 10 Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg binnen 15 Tagen. Die Frist beginnt mit der Übermittlung bzw Bereitstellung der Entscheidung bzw der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.
(2) Bei der Durchführung einer Direktvergabe beträgt die Frist 10 Tage ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können.
(3) Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung – mit Ausnahme der Bekanntmachung bei einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung – können über den in Abs1 genannten Zeitraum hinaus bis spätestens 7 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder der Teilnahmeantragsfrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt. Wenn die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen nicht auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt, übermittelt bzw bereitgestellt werden, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder die Teilnahmeantragsfrist mehr als 22 Tage beträgt.
Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
§344. (1) Ein Antrag gemäß §342 Abs1 hat jedenfalls zu enthalten:
1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,
2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,
4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,
5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und
7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn
1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder
2. er nicht innerhalb der in §343 genannten Fristen gestellt wird, oder
3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
(3) Wird ein Antrag gemäß §342 Abs1 erst nach Zuschlagserteilung oder nach dem Widerruf des Vergabeverfahrens gestellt, hat ihn das Bundesverwaltungsgericht als Antrag auf Feststellung gemäß §353 Abs1 zu behandeln, wenn der Antragsteller von der Zuschlagserteilung oder vom Widerruf nicht wissen konnte und der Antrag innerhalb der in §354 Abs2 genannten Frist eingebracht wurde. Der Antragsteller hat auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes binnen einer von diesem angemessen gesetzten Frist näher zu bezeichnen, welche Feststellung gemäß §353 Abs1 er beantragt. Wird bis zum Ablauf dieser Frist keine Feststellung gemäß §353 Abs1 beantragt, ist der Antrag zurückzuweisen.
(4) Enthält die Ausschreibung eine unrichtige Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, ist der Antrag auch dann innerhalb der in §343 genannten Fristen gestellt, wenn er bei der in der Ausschreibung angegebenen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde. Enthält die Ausschreibung keine Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, ist der Antrag auch dann innerhalb der in §343 genannten Fristen gestellt, wenn er bei einer nicht offenkundig unzuständigen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde.
[…]
Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach §342 Abs1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in §342 Abs1 genannten Voraussetzungen,
3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,
4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,
5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) Wenn noch kein Nachprüfungsantrag zur Bekämpfung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit gestellt wurde, ist der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur zulässig, wenn er vor Ablauf der in §343 genannten Fristen für die Geltendmachung der betreffenden Rechtswidrigkeit eingebracht wird.
(4) Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar rechtzeitig gestellt, in weiterer Folge aber bis zum Ablauf der in §343 genannten Fristen kein Nachprüfungsantrag zur Bekämpfung der im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bezeichneten Rechtswidrigkeit gestellt oder ein bereits gestellter Nachprüfungsantrag nach Ablauf der Antragsfrist wieder zurückgezogen, ist das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung formlos einzustellen. Eine allenfalls erlassene einstweilige Verfügung tritt in diesem Fall mit Ablauf der in §343 genannten Fristen bzw mit dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages außer Kraft. Der Antragsteller und der Auftraggeber sind vom Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung zu verständigen.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat den Auftraggeber und gegebenenfalls die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehren, kommt ab Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber bzw die vergebende Stelle darf bis zur Entscheidung über den Antrag
1. den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw
2. das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw
3. die Angebote nicht öffnen.
(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber und gegebenenfalls an die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die Rechtsfolgen der Antragstellung gemäß §351 Abs2 hinzuweisen.
(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde. "
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.1. Beim Bundesverwaltungsgericht sind Anträge auf (teilweise) Rückerstattung von – hinsichtlich der Anfechtung von Auswahlentscheidungen zum Abschluss von Rahmenvereinbarungen bei sechs (Erstantragstellerin) bzw neun (Zweitantragstellerin) Losen (zu viel) entrichteten – Pauschalgebühren anhängig, die die vor dem Bundesverwaltungsgericht antragstellenden Parteien anlässlich von Anträgen auf Nachprüfung sowie Erlassung einstweiliger Verfügungen entrichtet haben. Die Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht betrafen Vergaben im Oberschwellenbereich (§12 BVergG 2018). In den Anträgen auf Rückerstattung wird jeweils vorgebracht, dass die gesondert nach Losen erfolgende Vergebührung der BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 (BVwG PauschGebV Vergabe 2018) widerspreche, nach der sich die Höhe der Pauschalgebühren nach dem geschätzten Gesamtwert bzw dem Gesamtwert der angefochtenen Lose richte, wenn sich der Antrag auf mehrere Lose beziehe.
1.2. Anlässlich der Behandlung der Anträge auf Rückerstattung von Pauschalgebühren sind im Bundesverwaltungsgericht Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen entstanden. Die Bedenken begründet das Bundesverwaltungsgericht in seinem (mit nachträglicher Eingabe "berichtigten") Antrag auszugsweise wie folgt (mit Hervorhebungen im Original):
" Verstoß des partiell unionsrechtlich verdrängten §350 Abs7 BVergG insb gegen Art18 Abs1 B VG samt daraus folgender Verfassungswidrigkeit des §344 Abs2 Z3 BVergG
Seit dem Beitritt Österreichs zur EU wurde der Gesetzesbegriff des Art18 Abs1 B VG durch das Unionsrecht erweitert, so dass das Handeln der Vollziehung auch durch – unmittelbar anwendbares – Unionsrecht (insbesondere Verordnungen) bestimmt sein kann. Dieses genießt auch Vorrangwirkung vor widersprechendem nationalem Recht jedweder Stufe (vgl Muzak , B VG 6 Art18, Rz 2f; VwGH 22.04.2008, 2008/18/0129; Ranacher/Sonntag in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art18 B VG, Rz 1 und 3; Grabenwarter/Frank , B VG Art18, Rz 2).
Der EuGH sprach in den verbundenen Rechtssachen C 274/21 und C 275/21 insb auch zu […] Art47 GRC aus, dass eine nationale Regelung dem Unionsrecht widerspricht, wenn eine Antragstellerin Pauschalgebühren in vorab nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat. Ein faires Verfahren bedingt, dass eine Antragstellerin zum Zeitpunkt der Antragseinbringung eigenständig in der Lage sein muss, die anfallenden Pauschalgebühren zu berechnen, um so auch das Gebührenrisiko abschätzen zu können (vgl etwa Rdnri 99 und 103 des bezogenen Auslegungsurteils).
Der EuGH hat insoweit im bezogenen Auslegungsurteil, das (auch) über ein Vorabentscheidungsersuchen des hier entscheidenden Senats (zur Rs C 275/21) ergangen ist, im Urteilstenor soweit hier interessierend ausgeführt:
[…] Art1 Abs1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahinauszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es dem Rechtsuchenden obliegt, in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder in seinem Nachprüfungsantrag das betreffende Vergabeverfahren und die von ihm beanstandete gesondert anfechtbare Entscheidung zu benennen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung noch nicht veröffentlicht worden ist.
[…] Art2 Abs1 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung ist im Licht von Art47 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen,
- dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers verhindert werden sollen, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren – die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte – vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung entschieden hat und die Vergabebekanntmachung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung im Zusammenhang mit diesem Verfahren noch nicht veröffentlicht worden ist;
– dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Gericht, das mit einem Nachprüfungsantrag, der auf die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers gerichtet ist, befasst ist, ausschließlich zum Zweck der Berechnung der Pauschalgebühren – die der Antragsteller insofern zwingend zu entrichten hat, als sonst sein Antrag allein aus diesem Grund zurückgewiesen werden könnte – vor der Entscheidung über diesen Antrag die Art des betreffenden Vergabeverfahrens, den (geschätzten) Wert des fraglichen Auftrags sowie die Summe der gesondert anfechtbaren Entscheidungen bzw allenfalls auch die Lose aus dem betreffenden Vergabeverfahren ermitteln muss.
[…] Art47 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Rechtsuchende, der einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich der öffentliche Auftraggeber für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, so dass der Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, der öffentliche Auftraggeber erlassen hat.
[...]
Diese Aussagen sind auch auf Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung übertragbar. Bei Einbringung eines jeden Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder eines jeden Nachprüfungsantrags muss die Antragstellerin über jene Informationen verfügen, die es ihr ermöglichen, die zu entrichtende Pauschalgebühr eigenständig zu berechnen. Betrachtet man das gegenwärtige Pauschalgebührensystem, zeigt sich aber, dass oftmals die maßgeblichen Elemente selbst in Verfahren, in denen eine Bekanntmachung oder eine Bekanntgabe veröffentlicht wurde, den künftigen Antragstellern nicht bekannt sind, etwa, weil der geschätzte Auftragswert durch den Auftraggeber nicht verpflichtend anzugeben gewesen wäre (vgl insb Thomas Ziniel , Der vergabespezifische Rechtsschutz gemäß BVergG 2018 am unionsrechtlichen Prüfstand, ZVB 2023/20, Heft 2/2023, S 70 [72]).
Das Bundesverwaltungsgericht vertritt – nach hg Auffassung konform mit T Ziniel – die Ansicht, dass das gegenwärtige Pauschalgebührensystem mit unionsrechtlichen Vorgaben nicht mehr zu vereinbaren ist. Es stellt sich nämlich im Einzelfall die Frage, welche Bestimmungen allenfalls noch anwendbar und welche durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts als verdrängt anzusehen sind.
Der Verwaltungsgerichtshof spricht in ständiger Rechtsprechung aus, dass im Wege der Verdrängung nur jene von mehreren unionsrechtskonformen Lösungen zur Anwendung gelangt, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt (vgl VwSlg 19.330 A/2016).
Dz ist davon auszugehen, dass die Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäßen Vergebührung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §350 Abs7 BVergG 2018 qua Anwendungsvorrang verdrängt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher mitunter über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch dann zu entscheiden und gegebenenfalls eine einstweilige Verfügung zu erlassen, bevor die Pauschalgebühr von der Antragstellerin ordnungsgemäß entrichtet worden ist ( Thomas Ziniel , Der vergabespezifische Rechtsschutz gemäß BVergG 2018 am unionsrechtlichen Prüfstand, ZVB 2023/20, Heft 2/2023, S 73).
Somit verbleibt hinsichtlich der Bestimmung der Gebühren insbesondere betreffend Anträge auf Einstweilige Verfügungen gemäß §350 Abs7 BVergG 2018 eine allenfalls partiell unionsrechtlich verdrängte Norm, die nationalgesetzlich weiterhin als Gesetz kundgemacht ist.
Aus der in Art18 Abs1 und 2 B VG angeordneten Bindung der Vollziehung an das Gesetz folgt insb auch das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot, inhaltlich ausreichend bestimmte Regelungen zu schaffen; dieses Gebot folgt va aus der Wendung 'auf Grund der Gesetze'. Das Determinierungsgebot verlangt somit im Interesse der demokratischen Legitimation des Vollzugshandelns, seiner Vorhersehbarkeit für die Rechtsunterworfenen und seiner effektiven (verwaltungs-) gerichtlichen Kontrolle, dass alle wesentlichen Momente der beabsichtigten Regelung (VfSlg 176/1923) schon im Gesetz selbst festgelegt sind. Der Verfassungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass der durch Art18 B VG gebotene Determinierungsgrad dem 'jeweiligen Regelungsgegenstand' iS eines differenzierten Legalitätsprinzips adäquat sein müsse, also angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ein dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquater Determinierungsgrad vorliegt (vgl VfSlg 17.348, 19.700, 20.250, 20.252). Art18 B VG verlange, dass jeglicher Vollzugsakt am Gesetz auf seine Rechtmäßigkeit hin gemessen werden kann (VfSlg 11.937, 12.133). Verschiedentlich wird auch gefordert, dass der Inhalt einer Regelung 'soweit bestimmbar ist, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann' (vgl VfSlg 13.460). Ob eine Vorschrift ausreichend bestimmt ist, hängt auch von ihren Folgen ab (vgl VfSlg 13.816; Muzak , B VG 6 Art18, Rz 8; Ranacher/Sonntag in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art18 B VG, Rz 10; Grabenwarter/Frank , B VG Art18, Rz 4 und 6).
Die VfGH - Judikatur vertritt dazu in einzelnen Bereichen eine strenge Linie. So geht diese davon aus, dass eine Abstufung nach dem Rechtschutzbedürfnis bestehe und Art18 Abs1 B VG einen, dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlange (vgl VfSlg 13.785, 17.349; Muzak , B VG 6 Art18, Rz 11).
Die Zuständigkeitsgrundlage des §350 Abs7 B VG für die Gebührenentscheidungen des Senats gemäß §328 BVergG 2018 betreffend Pauschalgebühren gemäß §340 BVergG 2018 für das Verfahren über einstweilige Verfügungen ist sohin jedenfalls seit der Klarstellung durch den EuGH in den verbundenen Rechtssachen C 274/21 und C 275/21 als nicht ausreichend bestimmt und daher verfassungswidrig anzusehen, weil diese Grundlage zumindest partiell unionsrechtlich verdrängt ist. Eine im nationalen Gesetz als geltend kundgemachte Gesetzesnorm, die im Einzelfall dann als unionsrechtlich verdrängt wieder nicht gilt, kann als zuständigkeitsbegründende Norm nicht hinreichend bestimmt sein, wenn sie ohnehin bislang nur im Wege verfassungsrechtlicher Interpretationsschritte abseits ihres Wortlauts als Zuständigkeitsgrundlage für judizielle Entscheidungen über Rechtsschutzgebühren gedient hat.
Der §350 Abs7 BVergG 2018 erscheint idZauch als gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG bzw Art7 B VG verstoßend, weil es unsachlich erscheint, eine Norm als im Rechtsbestand befindlich kundgemacht zu haben, die dann ausweislich des EuGH in dessen Urteil in der RS C 274/21 ua in Wahrheit zumindest teilweise nicht mehr gilt.
Damit erscheint es dem Bundesverwaltungsgericht jedoch auch gegen den Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung verstoßend unsachlich und auch nicht den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechend, wenn dann eine restliche Senatszuständigkeit gemäß §328 BVergG betreffend Pauschalgebühren- (-rückforderungs-) Entscheidungen in Verfahren betreffend die Nachprüfungsanträge anzunehmen sein soll, wenn pauschalgebührenrechtlich für die Gebühren iZm der einstweiligen Verfügung verfassungsrechtskonform keine solche Zuständigkeit eines Rechtsprechungsorgans mehr besteht.
Auch bei §344 Abs2 Z3 BVergG ist zudem gleichartig davon auszugehen, dass diese Norm gemäß dem Urteil des EuGH in den Rs C 274/21 ua partiell verdrängt und damit zu unbestimmt ist, siehe dazu die Rdnri 99 und 103 des oben bezogenen Auslegungsurteils samt dem Urteilstenor des EuGH.
Die §§344 Abs2 Z3 und 350 Abs7 BVergG 2018, beide BGBl I Nr 65/2018, erscheinen daher bereits unter diesen Gesichtspunkten als verfassungswidrig.
Verstoß gegen Art83 Abs2 B VG
Art83 Abs2 B VG normiert das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Der Verfassungsgerichtshof nimmt in ständiger Judikatur an, dass Art83 Abs2 B VG auch den Gesetzgeber bindet (VfSlg 6675; anders noch VfSlg 2470; vgl Muzak , B VG 6 Art83, Rz 3). Der Gesetzgeber muss die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg 3156, 8349), exakt (VfSlg 9937, 10.311; VwGH 05.09.2008, 2007/12/0078), klar und eindeutig (VfSlg 11.288) festlegen. Die Klarheit bzw Präzision gesetzlicher Zuständigkeitsregeln für Verwaltungsbehörden bzw Gerichte muss strengen Prüfungsmaßstäben standhalten können (vgl Muzak, B VG 6 Art83, Rz 3; Zußner in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art83 B VG, Rz 14). Die Zuständigkeit darf nicht von Umständen abhängen, die vom Rechtsunterworfenen nicht vorhersehbar sind und eine willkürliche Änderung der Zuständigkeit ermöglichen (VfSlg 14.192; VwGH 04.10.2018, Ro 2018/22/0001). Die Abgrenzung muss für diese klar und eindeutig erkennbar sein, und somit nach objektiven Kriterien festgelegt sein (vgl Muzak , B VG 6 Art83, Rz 3; Zußner in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art83 B VG, Rz 12). Das Recht auf den gesetzlichen Richter kann von einem Vollziehungsorgan sowohl durch die rechtswidrige Inanspruchnahme als auch durch die rechtswidrige Verweigerung einer Zuständigkeit verletzt werden (zusammenfassend und mwN zB VfGH 11.6.2018, E1660/2018; 10.10.2019, E1025/2018; s aber auch bereits VfSlg 3212/1957, 3544/1959, 3684/1960, 3779/1960; Zußner in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art83 B VG, Rz 17).
Eine innerstaatliche verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Zuständigkeit kann grundsätzlich nicht unmittelbar auf Unionsrecht gestützt werden, sodass der Gesetzgeber insoweit verpflichtet bleibt, eine solche nach Maßgabe der Determinierungserfordernisse der Art18 Abs1 B VG und Art83 Abs2 B VG zu schaffen (VfSlg 15.636/1999 mwN). Das soll aber nicht bedeuten, dass nicht uU bei entsprechend vergleichbarem Rechtsschutzerfordernis im Zusammenhang mit der Durchsetzung individueller Rechte, die im Unionsrecht wurzeln (Vergleichsmaßstab sind vergleichbare innerstaatliche Rechtsansprüche), wegen des primärrechtlichen Äquivalenzgebots Rechtsschutz aufgrund einer bestehenden, nämlich der sachnächsten innerstaatliche Behörden- bzw Gerichtszuständigkeit zu gewähren ist (vgl VfSlg 14.607/1996; VwSlg 16.241 A/2003). Im Ergebnis wird damit mitunter doch in gewisser Hinsicht eine an sich für die konkrete Rechtsdurchsetzung nicht vorgesehene Zuständigkeit unmittelbar aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften begründet (bzw hiezu ausgedehnt). Dass dieses Ergebnis in einem nicht glatt auflösbaren Spannungsverhältnis zur Rechtsprechungslinie des VfGH iSv VfSlg 15.636/1999 steht, ist offensichtlich (vgl Zußner in Kahl/Khakzadeh/Schmid , Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B VG und Grundrechte Art83 B VG, Rz 16).
Wie bereits oben zu Art18 Abs1 B VG dargelegt, geht das Bundesverwaltungsgericht gegenwärtig davon aus, dass die Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäßen Vergebührung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §350 Abs7 BVergG 2018 bzw auch der §344 abs 2 Z3 BVergG 2018 aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts iSv EuGH Rs C 274/21 ua verdrängt ist. Gerade die hier angefochtenen aktuell als geltend kundgemachte ( n) Bestimmung ( en) bildet (bilden) nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs jedoch die Zuständigkeitsgrundlage für Senatsentscheidungen iZm der Pauschalgebührenrückzahlung im Bereich der Pauschalgebühren für Anträge nach (§42 Abs1 BVergG 20[1]8 und) §350 BVergG. Somit verbleibt bei Beachtung des Anwendungsvorrangs keine von Art83 Abs2 B VG geforderte, nach objektiven Kriterien klar und eindeutig festgelegte Zuständigkeitsregelung, die eine Zuständigkeit des BvwG als Rechtssprechungsorgan tragen könnte.
Mangels einer ersichtlichen sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung der Zuständigkeiten für Entscheidungen über Pauschalgebühren nach §340 BVergG 2018, je nachdem ob es sich um Gebühren für Anträge nach §342 Abs1 BVergG oder um solche nach §350 Abs1 BVergG handelt
(, falls man den §344 Abs2 Z3 BVergG 2018 als nicht ohnehin auch partiell unionsrechtlich verdrängt betrachten möchte),
erscheint damit ein weiteres Mal auch die Zuständigkeitsgrundlage des §344 Abs2 Z3 BVergG 2018 jedenfalls unsachlich gleichheitswidrig. Dies, da es nicht sachlich sein kann, für eV - Gebühren - Entscheidungen eine andere Zuständigkeit als für Nachprüfungsgebührenentscheidungen annehmen zu müssen, zumal eV - Gebühren der Höhe nach gemäß §340 Abs1 Z4 BVergG von den Nachprüfungsgebühren abhängen.
Auch unter den Gesichtspunkten insb des Art83 Abs2 B VG (und auch der Art2 StGG und Art7 B VG) erscheinen die §§344 Abs2 Z3 und 350 Abs7 BVergG 2018, beide aktuell in der Stammfassung gemäß BGBl I Nr 65/2018 kundgemacht, ein weiteres Mal als verfassungswidrig.
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Gebot des fairen Verfahrens nach Art6 Abs1 MRK
Die beiden angefochtenen Normen erscheinen auch deshalb unsachlich und damit gegen den Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung sowie gegen das verfassungsrechtliche Gebot des fairen Verfahrens über civil rights iSv Art6 MRK verstoßend, weil es unsachlich und unfair erscheint, über diese beiden angefochtenen Normen ein Rechtsschutzsystem zu installieren, bei dem nach einem jeweiligen Gebührenverbesserungsauftrag Anträge auf Nachprüfung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Gebührenzahlung zurückgewiesen werden müssen, obwohl eine derartige Abhängigkeit des meritorischen Rechtsschutzes über civil rights sonst in der österreichischen Zivil- und Verwaltungsrechtspflege im Bundesvollzugsbereich nirgends derart vergleichbar normiert ist, noch dazu wo diese (grundsätzlich so erlassenen) Zurückweisungsnormen nach der aktuellen Gesetzeskundmachungslage auch dann als Gesetz zu gelten beanspruchen, auch wenn diese Zurückweisungsnormen mitunter unionsrechtlich bereits als partiell verdrängt und damit als nicht mehr als Gesetz anwendbar zu bewerten sind.
[…]"
2. Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen und für den Fall einer Aufhebung eine Frist von einem Jahr für das Außerkrafttreten beantragt.
3. Die Erst- und Zweitantragstellerin in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht haben als beteiligte Parteien im verfassungsgerichtlichen Verfahren Äußerungen abgegeben.
IV. Zulässigkeit
1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag im Sinn des Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
2. Dies liegt – nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 15.368/1998, 16.293/2001) – auch dann vor, wenn die innerstaatliche Norm in offenkundigem Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht. Trifft dies zu, so ist die angegriffene Norm einer Prüfung auf ihre (innerstaatliche) Rechtmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof entzogen.
Das Bundesverwaltungsgericht geht zunächst selbst davon aus (und der Verfassungsgerichtshof hätte dem nur entgegenzutreten, wenn diese Auffassung denkunmöglich wäre), dass die von ihm angefochtenen Bestimmungen des §344 Abs2 Z3 und §350 Abs7 BVergG 2018 im Gefolge des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14. Juli 2022, verb. Rs C 274/21 und C 275/21, EPIC , kraft unionsrechtlichen Anwendungsvorranges in seinen Verfahren verdrängt sind:
"Dz ist davon auszugehen, dass die Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäßen Vergebührung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §350 Abs7 BVergG 2018 qua Anwendungsvorrang verdrängt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher mitunter über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch dann zu entscheiden und gegebenenfalls eine einstweilige Verfügung zu erlassen, bevor die Pauschalgebühr von der Antragstellerin ordnungsgemäß entrichtet worden ist ( Thomas Ziniel , Der vergabespezifische Rechtsschutz gemäß BVergG 2018 am unionsrechtlichen Prüfstand, ZVB 2023/20, Heft 2/2023, S 73)."
Auch bei §344 Abs2 Z3 BVergG 2018 sei "gleichartig davon auszugehen".
Von dieser Rechtsauffassung ausgehend begründet das Bundesverwaltungsgericht sodann seine Bedenken.
Diese Rechtsauffassung schließt es aber aus, dass die vom Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bestimmungen eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden. Sie sind nach der eigenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes unionsrechtlich verdrängt und damit offenkundig nicht präjudiziell.
3. Der Antrag ist aber jedenfalls schon aus folgendem Grund mangels Präjudizialität der als verfassungswidrig angefochtenen Bestimmungen als unzulässig zurückzuweisen:
Wie die beteiligten Parteien in ihren Äußerungen zu Recht vorbringen, ist es ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über die Rückforderung von Pauschalgebühren – ungeachtet der unionsrechtlichen Vorgaben – die angefochtenen Bestimmungen, die jeweils eine Zulässigkeitsvoraussetzung für Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder auf Nachprüfung regeln, im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes anzuwenden hat. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in den Anlassverfahren auf Rückerstattung von Pauschalgebühren ergibt sich nämlich aus §327 BVergG 2018 (vgl zuletzt VwGH 21.2.2023, Ra 2021/04/0147; VfSlg 20.307/2019).
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite bzw §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.