JudikaturVfGH

E3506/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2024

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B VG verletzt worden.

Der Beschluss wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit Bescheid vom 13. November 2015 sprach die Landeshauptfrau von Niederösterreich gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG aus, dass die Eisenbahnkreuzung in km 10,607 der ÖBB Strecke Wittmannsdorf – Gutenstein mit der Landesstraße L 4070 zukünftig durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern sei, wobei die Schranken gemäß §4 Abs2 EisbKrV 2012 als Halbschranken auszuführen seien. Als Bauausführungsfrist wurde ein Zeitraum von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides festgelegt.

2. Mit Eingabe vom 4. Dezember 2018 beantragte die ÖBB Infrastruktur AG, die Landeshauptfrau von Niederösterreich möge gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG entscheiden, dass das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, als Träger der Straßenbaulast im Sinne von §48 Abs2 EisbG die Hälfte der Kosten für die Errichtung und die Erhaltung bzw Inbetriebnahme der Sicherungsanlage für die Eisenbahnkreuzung zu tragen habe. Am 7. März 2022 sprach die Landeshauptfrau von Niederösterreich mit Bescheid aus, dass die mit der Errichtung der Schrankenanlage verbundenen Kosten in Höhe von € 489.800,– jeweils zur Hälfte von der ÖBB Infrastruktur AG und dem Land Niederösterreich zu tragen seien.

3. Gegen diesen Bescheid erhob das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, in der es sich gegen die Höhe der Kosten wendete und vorerst beantragte, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wolle aussprechen, dass die ÖBB Infrastruktur AG 100 % der Kosten zu tragen habe. Im Laufe des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich machte das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, geltend, dass die beschwerdeführende Partei als weiterer Träger der Straßenbaulast anzusehen sei und daher an der Kostentragung beteiligt werden müsse. Begründend führte das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, aus, dass unter Bezugnahme auf die örtlichen Gegebenheiten ein Teil der Sicherungsanlage abseits der Landesstraße L 4070 auf dem Weg, Grundstück Nr 1832, KG Wöllersdorf, errichtet worden sei. Dieser Weg verlaufe parallel zur Schiene und münde in die Eisenbahnkreuzung. Die Sicherungsanlage diene auch der Sicherung des Verkehrs, der über diese (Gemeinde )Straße abgewickelt werde. Die beschwerdeführende Partei sei daher als weiterer Träger der Straßenbaulast an der Kostentragung zu beteiligen.

Mit Stellungnahme vom 14. August 2023 führte die beschwerdeführende Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus, dass es keine Eisenbahnkreuzung mit einer Gemeindestraße gebe und die beschwerdeführende Partei daher nicht als Träger der Straßenbaulast angesehen werden könne.

4. Mit Beschluss vom 27. September 2023 hob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich gemäß §28 Abs3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aus, dass ein geschotterter Weg im Nahebereich der zu sichernden Eisenbahnkreuzung vorhanden sei, weswegen der Einwand des Landes Niederösterreich bezüglich der Existenz eines weiteren Trägers der Straßenbaulast nicht von vornherein denkunmöglich sei. Zu eben dieser Frage fehlten im angefochtenen Bescheid jegliche Feststellungen. Die belangte Behörde gehe vielmehr davon aus, dass das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, alleiniger Träger der Straßenbaulast sei. Durch die gänzliche Vernachlässigung des Umstandes, dass das Vorliegen eines weiteren Trägers der Straßenbaulast möglich erscheine, habe die Behörde ihre Pflicht zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes verletzt. Erst wenn auf Grund entsprechender Feststellungen die (Rechts )Frage geklärt sei, wer an der Kreuzung Träger der Straßenbaulast im Sinne von §48 EisbG sei, erscheine die Befassung einer Sachverständigenkommission mit der Frage der (prozentuellen) Kostenaufteilung zweckmäßig.

Der Verfassungsgerichtshof habe im Februar 2020 die Auffassung vertreten, eine verfassungskonforme Auslegung im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG und Art2 StGG müsse zu dem Ergebnis führen, dass dem Träger der Straßenbaulast Parteistellung im Verfahren über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (§49 Abs2 erster Halbsatz EisbG) zukomme. Das Land Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und -verwaltung ST4, und die beschwerdeführende Partei seien im Sicherungsverfahren gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG beteiligt gewesen. Der Sicherungsbescheid vom 13. November 2015 sei sowohl dem Land Niederösterreich als auch der beschwerdeführenden Partei zugestellt worden. Da keine der beiden Parteien Beschwerde erhoben habe, sei der Bescheid für sie als Parteien des Sicherungsverfahrens rechtskräftig geworden. Die Parteien seien somit im Kostenverfahren gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz EisbG an den Sicherungsbescheid in Folge von dessen Rechtskraft gebunden.

5. Gegen diesen (Zurückverweisungs )Beschluss erhob die beschwerdeführende Partei gestützt auf Art144 B VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B VG, auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK und auf Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art7 B VG und Art2 StGG behauptet. Die beschwerdeführende Partei begründet ihre Beschwerde wie folgt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1. Beschwerdesachverhalt

Die ÖBB-Infrastruktur AG ('ÖBB') betreibt die Bahnstrecke Bad Fischau Brunn – Gutenstein, die durch unser Gemeindegebiet führt und in Bahn km 10,607 von der Landesstraße L 4070 ('L 4070') gekreuzt wird. Parallel zur Eisenbahnstrecke verläuft eine kurze Gemeindestraße, die in der Nähe der Eisenbahnkreuzung ('EK') in die L 4070 mündet.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 13.11.2015, RU6 E -529/010 2014 ('Sicherungsbescheid', Beilage C), wurde auf der Grundlage der Verhandlungsschrift vom 13.8.2014 (Beilage D) angeordnet, dass die EK künftig durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern ist, wobei die Schranken als Halbschranken auszuführen sind. Wir waren zwar über das Sicherungsverfahren informiert, hatten aber nach der damaligen (und heute überholten) Rechtslage keine Parteistellung.

Das Sicherungsverfahren nach §49 EisbG und der EisbKrV war auch nach der damaligen Rechtsprechung ein Einparteienverfahren. Nur dem Eisenbahnunternehmen wurde Parteistellung zugebilligt (vgl zB die mittlerweile überholten Erkenntnisse VwGH 10.10.2006, 2006/03/0111 und 3.9.2008, 2005/03/0219; Näheres dazu gleich weiter unten).

Demnach wäre die ÖBB allein Partei des Sicherungsverfahrens gewesen. Offenbar hat aber auch das Land Niederösterreich, vertreten durch die Abteilung Landesstraßenbau und -verwaltung ST4 ('Land NÖ'), als Träger der Straßenbaulast Parteistellung beansprucht, was aus unserer damaligen Sicht zwar nicht rechtmäßig, aber praktisch verständlich war. Schließlich ging es im Sicherungsverfahren ausschließlich (und richtigerweise) um die EK mit der L 4070 und die entsprechenden Interessen des Landes NÖ.

Dass wir von all dem in irgendeiner Form betroffen sein könnten, war nie ein Thema. Für uns bestand somit schon aufgrund des Verfahrensgegenstands gar kein Anlass, uns am Sicherungsverfahren zu beteiligen.

An der Verhandlung am 13.8.2014 nahm zwar ein Vertreter unserer Gemeinde teil, er verließ die Verhandlung allerdings noch vor Abfassung der Niederschrift. Wie gesagt, waren wir weder angesprochen noch vom Verfahrensgegenstand betroffen.

Insbesondere die Frage, ob wir als Gemeinde Trägerin der Straßenbaulast sein könnten, wurde von keiner Seite thematisiert. Daher ist weder der Verhandlungsschrift (Beilage D) noch dem Sicherungsbescheid (Beilage C) irgendetwas zu entnehmen, was darauf hindeuten könnte, dass die nahegelegene Gemeindestraße im Verfahren zu berücksichtigen gewesen wäre. Im Gegenteil, nach dem Sicherungsbescheid (Beilage C) war ausdrücklich und ausschließlich die EK mit der L 4070 zu sichern.

Der Sicherungsbescheid (Beilage C) ist rechtskräftig. Es wurde kein Rechtsmittel erhoben. Das Land NÖ hatte die Ergebnisse des Sicherungsverfahrens in der Verhandlung vom 13.8.2014 laut Verhandlungsschrift (Beilage D) zur Kenntnis genommen.

In weiterer Folge wurde – ohne unser Wissen – vor der belangten Behörde ein Kostenverfahren gemäß §49 Abs2 iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG eingeleitet. Die ÖBB hatte mit Eingabe vom 4.12.2018 beantragt, dem Land NÖ als Träger der Straßenbaulast 50 % der Kosten für die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb der Sicherungsanlage an der EK aufzuerlegen.

Dementsprechend hat die belangte Behörde auf der Grundlage des Sicherungsverfahrens ausführliche Ermittlungen durchgeführt und anhand des gesetzlich vorgeschriebenen Sachverständigengutachtens, das mehrmals ergänzt wurde, entschieden, dass das Land NÖ die Hälfte aller Kosten zu tragen hat. Der Bescheid der Eisenbahnbehörde vom 7.3.2022, RU6 E 529/010 2014, stützt sich naturgemäß ausdrücklich auf den Sicherungsbescheid (Beilage C).

Damit wäre die Frage der Sicherung der EK und der Kostenteilung auf der Grundlage des Sicherungsverfahrens abschließend geklärt. Das Land NÖ hat jedoch – immer noch ohne unser Wissen – gegen den Bescheid am 5.4.2022 Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erhoben.

Das Land NÖ hat vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zunächst versucht, die Höhe der Kosten anzugreifen und – entgegen den gesetzlichen Regelungen – einer Kostenbeteiligung überhaupt zu entgehen.

Im fortgeschrittenen Verfahren wollte das Land NÖ erreichen, dass auch wir als weitere Trägerin der Straßenbaulast Kosten der Sicherungsanlage zu übernehmen hätten. Davon wurden wir am 31.7.2023 vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich verständigt.

Der Antrag des Landes NÖ war im Ergebnis darauf gerichtet, uns als Partei in Verfahren hineinzuziehen, die uns überhaupt nicht betreffen, und deren Grundlagen noch dazu rechtskräftig erledigt sind.

Nach zwei jahrelangen Verfahren und dem fortgeschrittenen Beschwerdeverfahren wurden wir erstmals und überraschend mit der Kehrtwendung des Landes NÖ konfrontiert. Unsere Stellung als weitere Trägerin der Straßenbaulast sollte sich daraus ergeben, dass die parallel zur Bahnstrecke verlaufende und in die L 4070 mündende Gemeindestraße zur EK gehören würde.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir von den weiteren Verfahren nicht informiert. Wir konnten berechtigterweise davon ausgehen, dass die Angelegenheit mit der Rechtskraft des Sicherungsbescheids, der – wie oben ausgeführt – ausdrücklich nur von der EK mit der L 4070 spricht, für uns abgeschlossen ist.

• Die Frage, welche Straße die Bahnstrecke kreuzt, und welcher Träger der Straßenbaulast für die Sicherung der EK zuständig ist, wurde im Sicherungsbescheid rechtskräftig entschieden. Der Antrag des Landes NÖ, uns als Partei beizuziehen, wäre schon allein deshalb zurückzuweisen gewesen.

• Stattdessen hob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den angefochtenen Bescheid mit Beschluss vom 27.9.2023 (Beilage A) auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück. Demnach sollte nun geklärt werden, ob auch wir Träger der Straßenbaulast sind, was, wie gesagt, jeder Grundlage entbehrt und bereits rechtskräftig ausgeschlossen ist.

Dass im Betreff des Sicherungsbescheids (Beilage C) von einer EK mit einer Gemeindestraße die Rede ist, beruht auf einem offensichtlichen Irrtum und hat keine Relevanz. Auch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht von einem Schreibfehler aus ('Gemeindestraße' anstatt richtigerweise 'Landesstraße L 4070') aus (vgl Beilage A, Seiten 16 und 17).

Dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die ordentliche Revision gegen den Beschluss zugelassen hat, unterstreicht, dass es sich bei der Frage, wie mit mehreren (potenziellen) Trägern der Straßenbaulast im Sicherungs- und Kostenverfahren umzugehen ist, keinesfalls um eine bloße Einzelfallentscheidung handelt. Wie noch zu zeigen sein wird, stellen sich insbesondere im Zusammenhang mit der Bindungswirkung von Bescheiden und der Parteistellung in den Verfahren Rechtsfragen, die nicht nur für den VwGH von grundlegender Bedeutung sind, sondern auch verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte berühren.

Gegen den Beschluss vom 27.9.2023 (Beilage A) richtet sich diese Beschwerde.

2. Beschwerdeausführungen

Der angefochtene Beschluss verletzt uns in unseren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf

• das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter

• das Recht auf ein faires Verfahren,

und

• Gleichheit vor dem Gesetz.

2.1 Allgemeine Begründung und rechtlicher Zusammenhang

Die Behörde hat gemäß §49 Abs2 EisbG über die Sicherung einer EK zu entscheiden ('Sicherungsverfahren'), sie daher per Bescheid festzulegen ('Sicherungsbescheid'). Gemäß §3 EisbKrV muss das Eisenbahnunternehmen die EK sichern.

Nach einem abgeschlossenen Sicherungsverfahren und der Errichtung der Sicherungsanlage stellt sich nur noch die Frage der Kostenteilung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem betroffenen Träger der Straßenbaulast.

Für die Aufteilung der Kosten für Errichtung, Erhaltung und Betrieb einer Sicherungsanlage sieht der Gesetzgeber gemäß §49 Abs2 iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG grundsätzlich folgende Vorgehensweise vor:

• Primär sollen das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung erzielen.

• Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung erzielt wird, sind die Kosten je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen.

• Auf Antrag des Eisenbahnunternehmens oder des Trägers der Straßenbaulast hat die Behörde über die Kostenmasse und das Kostenteilungsverhältnis abzusprechen (Kostenverfahren). Dabei kann auch eine andere Aufteilung der Kosten als im Verhältnis 50:50 aufgetragen werden.

Das Sicherungsverfahren und ein mögliches anschließendes Kostenverfahren stehen in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang: Die Einleitung eines Kostenverfahrens setzt voraus, dass zuvor eine Sicherung bescheidmäßig angeordnet wurde. Dieser Zusammenhang wird auch dadurch unterstrichen, dass die beiden Verfahren durch die Verweisung in §49 Abs2 EisbG in einem Satz geregelt sind.

Der Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren wurde vom VfGH in der Vergangenheit auch anerkannt.

Davor, nach der ehemaligen und überholten Rechtsprechung des VwGH, kam den Trägern der Straßenbaulast und den Gemeinden im Sicherungsverfahren keine Parteistellung zu (zB VwGH 3.9.2008, 2005/03/0219; 16.4.1997, 97/03/0001; vgl dazu nach alter Rechtslage auch Liebmann, EisbG 3 §49 Rz 4 mwN).

Der VfGH hat jedoch erkannt, dass diese Rechtsauslegung dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Begründend führte der VfGH im Wesentlichen aus, dass es mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar ist, die Pflicht zur (anteiligen) Kostentragung für eine bescheidmäßig angeordnete Sicherung dem Träger der Straßenbaulast aufzuerlegen, aber nur dem Eisenbahnunternehmen die Parteistellung im Verfahren zur Erlassung dieses – den Kostenanspruch begründenden – Bescheids zu gewähren (vgl VfGH 26.2.2020, G179/2019 ua).

Im Gegensatz dazu hatte der VwGH in seiner, wie gesagt, überholten Rechtsprechung dem Träger der Straßenbaulast Verpflichtungen auferlegt, ohne dass er im Sicherungsverfahren als Partei mitwirken konnte und eine (allenfalls zu Unrecht) erfolgte Anordnung einer Sicherungsmaßnahme hätte bekämpfen können. Das widerspricht nun nach der Ansicht des VfGH dem Grundsatz, wonach jener, in dessen materielle Rechtssphäre ein Bescheid eingreift, als Adressat des Bescheids Parteistellung haben muss (vgl VfGH 26.2.2020, G179/2019 ua).

Dennoch widerspricht der VwGH in einem jüngeren Erkenntnis dem VfGH (VwGH 8.2.2021, Ro 2020/03/0044). Die Rechtssicherheit wird damit wieder in Frage gestellt.

Laut VwGH wird in einer Entscheidung gemäß §49 Abs2 EisbG 'weder normativ festgelegt, wer die beteiligten Verkehrsträger sind, noch, wer in welchem Umfang zur Kostentragung herangezogen werden kann' (VwGH 8.2.2021, Ro 2020/03/0044).

Diese Entscheidung steht im unmittelbaren Widerspruch mit der Rechtsprechung des VfGH.

Geht man nämlich davon aus, dass im Kostenverfahren auch andere Träger der Straßenbaulast zur Kostentragung verpflichtet werden können als im Sicherungsverfahren Parteistellung hatten, so wird die vom VfGH zugesprochene Parteistellung im Ergebnis ausgehöhlt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich schließt sich im angefochtenen Beschluss zwar ausdrücklich der Rechtsansicht des VfGH an, wonach dem Träger der Straßenbaulast im Sicherungsverfahren Parteistellung zukommen muss (vgl Beilage A, Seite 16), folgt aber offenbar dem VwGH, indem es meint, eine rechtskräftig entschiedene Sache wieder aufrollen zu müssen.

Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle noch anzuführen, dass formell und materiell rechtskräftige Bescheide Bindungswirkung entfalten (vgl VwGH 30.9.1994, 91/08/0099). Nicht nur die bescheiderlassende Behörde selbst, sondern auch die Parteien und andere Behörden sind an rechtskräftige Bescheide gebunden (vgl VwGH 23.4.1996, 93/08/0252; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht 7 Rz 559 mwN).

In diesem Zusammenhang hat der VfGH in der Vergangenheit zwar entschieden, dass eine Behörde nur aus besonderen Gründen auch an die Ergebnisse eines Verfahrens gebunden wird, an dem sich der Betroffene nicht beteiligen konnte (vgl VfSlg 13.646; VfSlg 11.934).

Aufgrund der besonderen Umstände des gegenständlichen Falls ist diese Rechtsprechung allerdings nicht einschlägig bzw liegt hier ein besonderer Grund vor, um die Behörde im Kostenverfahren an den Sicherungsbescheid zu binden, obwohl wir im Sicherungsverfahren keine Parteistellung hatten.

Schließlich wurden wir im Sicherungsverfahren nicht als Partei übergangen, sondern wir hatten zu Recht keine Parteistellung:

Einerseits, weil das nach der damaligen Rechtslage nicht vorgesehen war und andererseits, weil im Sicherungsverfahren von keiner Seite thematisiert wurde, dass wir als Träger der Straßenbaulast in Frage kommen könnten, zumal ja ausschließlich die L 4070 zu sichern war.

In unserem Fall ist daher unter den Gesichtspunkten der Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit von einer Bindung an den Sicherungsbescheid auszugehen.

Wendet man das oben angeführte hier an, lassen sich folgende wesentliche Punkte festhalten:

• Wie unter Punkt 1. ausgeführt hatten wir im Sicherungsverfahren keine Parteistellung.

• Schon allein aus diesem Grund können wir im Kostenverfahren nicht mehr dazu verpflichtet werden, Kosten für eine fremde Sicherungsanlage zu tragen. Das stünde im direkten Widerspruch zur Rechtsprechung des VfGH, wonach jeder, in dessen materielle Rechtsphäre ein Bescheid eingreift, Parteistellung im Verfahren gehabt haben muss (VfGH 26.2.2020, G179/2019 ua).

• Der Sicherungsbescheid (Beilage C) spricht normativ darüber ab, dass es sich bei der EK um eine Kreuzung zwischen der Bahnstrecke und (ausschließlich) der L 4070 handelt. Keine der Parteien des Sicherungsverfahrens hat gegen den Sicherungsbescheid Beschwerde erhoben, weshalb der Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist.

• Würden wir im Kostenverfahren als weiterer Träger der Straßenbaulast zu einer Kostentragung verpflichtet, stünde der Kostenbescheid mit dem Sicherungsbescheid im Widerspruch. Das wäre mit Blick auf die Bindungswirkung, die mit der Rechtskraft des Bescheids eingetreten ist, schlichtweg unvertretbar.

In Hinblick auf die durch den Beschluss verletzten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte ist im Einzelnen Folgendes zu sagen:

2.2 Gesetzlicher Richter (Art83 Abs2 B VG)

Gemäß Art83 Abs2 B VG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts verletzt, wenn es eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl VfSlg 15.372; 15.230; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht 11 Rz 1520). Genau das ist hier der Fall.

Indem es die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen hat, hat sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit angemaßt.

Die Frage, welche Straße die Bahnstrecke im gegenständlichen Fall kreuzt und wer somit als Träger der Straßenbaulast zur anteiligen Kostentragung für die Errichtung der Sicherungsanlage verpflichtet ist, wurde im Sicherungsbescheid rechtskräftig entschieden.

Der Spruch des Sicherungsbescheids ist selbstverständlich nicht nur für die bescheiderlassende Behörde verbindlich, sondern auch für andere Behörden und Verwaltungsgerichte. Dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich kam daher infolge res iudicata keine Zuständigkeit mehr zu, darüber zu entscheiden, wer hier Träger der Straßenbaulast ist (vgl VfSlg 15.230).

Dementsprechend hätte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Antrag, uns dem Verfahren als weiterer Träger der Straßenbaulast beizuziehen, schon aus rechtlichen Gründen und ohne weitere Ermittlungen zurückweisen müssen.

Stattdessen hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den angefochtenen Kostenbescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung dahingehend, wer als Träger der Straßenbaulast in Frage kommt, an die Behörde zurückverwiesen. Damit hat es sich über die Rechtskraft und die Bindungswirkung des Sicherungsbescheids hinweggesetzt und uns in unserem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

2.3 Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK)

Art6 EMRK gewährt das Recht, dass in Zivil- und Strafsachen Gerichte zur Entscheidung berufen werden. Darüber hinaus werden allgemeine Verfahrensgrundsätze und garantien normiert (vgl Muzak B VG 6 , Art6 Rz 1 und 21).

Der Anwendungsbereich von Art6 EMRK umfasst Streitigkeiten über 'zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen' sowie 'Verfahren über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage'. Das Verfahren gemäß §49 Abs2 EisbG iVm §48 Abs2 bis Abs4 EisbG hat eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art6 EMRK zum Gegenstand.

Das Vorliegen von zivilrechtlichen Ansprüchen oder Verpflichtungen setzt nicht die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte voraus (vgl VfSlg 5100; Grabenwarter in Korinek/Holoubek et al, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art6 Rz 15). Auch verwaltungs- und verfassungsrechtliche Verfahren sind davon umfasst, sofern die Entscheidung zumindest eine Auswirkung auf zivilrechtliche Positionen hat (Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht 11 Rz 1524 mwN).

Das ist im Fall des Kostenverfahrens nach §48 Abs2 bis 4 EisbG jedenfalls einschlägig.

Dem Eisenbahnunternehmen wird ein Anspruch auf Bestimmung der Kosten eingeräumt und darauf aufbauend ein teilweiser – einklagbarer – Kostenersatzanspruch gegen den Träger der Straßenbaulast begründet.

Somit ist Art6 EMRK anwendbar.

Der Grundsatz eines fairen Verfahrens verlangt insbesondere, dass der Betroffene seine Rechte effektiv vertreten können muss (vgl VfSlg 10.291). Aus dem Gebot eines fairen Verfahrens folgt auch der Grundsatz der Waffengleichheit, der ein faires prozessuales Gleichgewicht zwischen den Parteien gebietet (VfSlg 16.560 mwN).

Ob ein Verfahren fair war, ist dabei stets einer Gesamtbeurteilung zu unterziehen (vgl VfSlg 17.760).

Im gegenständlichen Verfahren hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unser Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

Wie oben ausgeführt, stehen das Sicherungsverfahren und das anschließende Kostenverfahren in untrennbarem Zusammenhang.

Die im Sicherungsverfahren vorgeschriebene Sicherungsanlage bildet die Grundlage für jede Regelung über die Kostentragung. Aus diesen Gründen hat der VfGH auch entschieden, dass dem Träger der Straßenbaulast, der im Kostenverfahren zu einer anteiligen Kostentragung für die Errichtung der Sicherungsanlage verpflichtet werden kann, im Sicherungsverfahren Parteistellung zukommen muss (vgl VfGH 26.2.2020, G179/2019 ua).

Eine Auslegung von §49 Abs2 iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG dahingehend, dass der Träger der Straßenbaulast im Sicherungsverfahren zwar Parteistellung hat, damit aber nicht bindend festgelegt wird, wer im Kostenverfahren zur Kostentragung verpflichtet werden kann, steht im Widerspruch zum Recht auf ein faires Verfahren.

• Einerseits können dann Verkehrsträger als Träger der Straßenbaulast zur Kostentragung für eine Sicherungsanlage verpflichtet werden, obwohl sie im Verfahren zur Festlegung ebendieser Sicherungsanlage ihre Rechte nicht effektiv vertreten konnten. Daraus resultiert eine Rechtsschutzlücke, die mit dem Recht auf ein faires Verfahren nicht vereinbar ist.

• Andererseits entstehen Konstellationen wie im vorliegenden Verfahren, in denen ein Träger der Straßenbaulast im Sicherungsverfahren Parteistellung hatte und seine Rechte effektiv vertreten konnte und ein Träger der Straßenbaulast erst im Kostenverfahren beigezogen wird. Er kann dann – im Vergleich zum anderen Träger der Straßenbaulast – keine Einwendungen gegen die Art der Sicherung, die allerdings die Grundlage seiner Kostenbeteiligung bildet, mehr erheben.

Das führt zu einer ungleichen Stellung der Parteien des Kostenverfahrens und verletzt somit den Grundsatz der Waffengleichheit.

2.4 Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG und Art7 B VG)

Der Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich verstößt weiters gegen den Grundsatz auf Gleichheit vor dem Gesetz.

Die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz unter anderem dann, wenn es der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung des Bescheids Willkür geübt hat (vgl VfSlg 10.413; 20.055).

Ein willkürliches Verhalten eines Verwaltungsgerichts, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt nach der Rechtsprechung unter anderem dann vor, wenn die Rechtslage gehäuft verkannt wurde (vgl VfSlg 12.001).

In unserem Fall hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sowohl der angewendeten Rechtsvorschrift einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt als auch gegen das Willkürverbot verstoßen.

Wie oben ausgeführt, hat der VfGH bereits entschieden, dass die Bestimmungen des §49 Abs2 EisbG verfassungskonform dahingehend auszulegen sind, dass dem Träger der Straßenbaulast im Sicherungsverfahren Parteistellung zu gewähren ist (vgl VfGH 26.2.2020, G179/2019 ua).

Daraus muss im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation des Gesetzes folgen, dass die Frage, wer als Träger der Straßenbaulast zur Kostentragung für die Sicherung einer bestimmten EK verpflichtet ist, im Sicherungsverfahren abschließend und bindend entschieden wird.

Würde man nämlich eine Bindung im Kostenverfahren an den Sicherungsbescheid in Hinblick auf den zuständigen Träger der Straßenlast verneinen, würde die verfassungsrechtlich gebotene Parteistellung – die selbstverständlich allen (potenziellen) Trägern der Straßenbaulast zukommen muss – ausgehöhlt.

Wie der vorliegende Fall zeigt, können ansonsten Konstellationen entstehen, in denen sich im Kostenverfahren zwei mögliche Träger der Straßenbaulast gegenüberstehen, von denen allerdings nur einer im Sicherungsverfahren, das die Grundlage des Kostenverfahrens bildet, seine Parteirechte wahrnehmen konnte. Das widerspricht dem verfassungsgesetzlichen Grundsatz, wonach Gleiches gleich zu behandeln ist.

Indem das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Antrag, uns als weiteren Träger der Straßenbaulast dem Verfahren beizuziehen, nicht zurückgewiesen hat, geht es daher von einer Interpretation des Gesetzes aus, die der VfGH bereits als gleichheitswidrig eingestuft hat.

Dadurch hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dem Gesetz nicht nur fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, sondern auch gegen das Willkürverbot verstoßen.

Der VfGH hat entschieden, wie §49 Abs2 iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG verfassungskonform zu interpretieren ist. Darüber hat sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich jedoch einfach hinweggesetzt, indem es den Antrag, uns als weiteren Träger der Straßenbaulast dem Verfahren beizuziehen, nicht zurückgewiesen hat.

Im Ergebnis hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine gebotene verfassungskonforme Interpretation des Gesetzes unterlassen, die Rechtslage gehäuft verkannt und dadurch willkürlich entschieden (vgl VfSlg 19.680)."

6. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab. Die ÖBB Infrastruktur AG und die Landeshauptfrau von Niederösterreich erstatteten jeweils eine Äußerung, in der sie dem Beschwerdevorbringen der beschwerdeführenden Partei entgegentraten.

II. Rechtslage

1. §48 und §49 des Bundesgesetzes über Eisenbahnen, Schienenfahrzeuge auf Eisenbahnen und den Verkehr auf Eisenbahnen (Eisenbahngesetz 1957 – EisbG), BGBl 60/1957, idF BGBl I 25/2010, lauten wie folgt:

"4. Teil

Kreuzungen mit Verkehrswegen, Eisenbahnübergänge

1. Hauptstück

Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge

Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung

(1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt , Neben , Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:

1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;

2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.

Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs1 Z1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,

und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigenkommission obliegt der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen.

2. Hauptstück

Schienengleiche Eisenbahnübergänge

Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung

(1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Die Straßenverwaltungen sind zur kostenlosen Duldung von Sicherheitseinrichtungen und Verkehrszeichen, einschließlich von Geschwindigkeitsbeschränkungstafeln, verpflichtet.

(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des §48 Abs2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann zwecks möglichster Hintanhaltung von Gefährdungen im Verkehr durch Verordnung Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen erlassen."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002). Darüber hinaus begründet das Unterlassen jeglicher Begründung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Willkür (VfSlg 12.477/1990, 15.409/1999, 15.696/1999, 17.050/2003, 18.925/2009, 19.519/2011).

2. Ein solches willkürliches Verhalten des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich liegt vor:

2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt in ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor, dass sie im verwaltungsbehördlichen Verfahren zur Sicherung der Eisenbahnkreuzung keine Parteistellung gehabt habe. Gegenstand des Sicherungsverfahrens gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG seien ausschließlich die Sicherung der Eisenbahnkreuzung mit der Landesstraße L 4070 und die entsprechenden Interessen des Landes Niederösterreich, Abteilung Landesstraßenbau und verwaltung ST4, gewesen. Die Frage, welche Straße die Bahnstrecke kreuze und wer Träger der Straßenbaulast für die Sicherung der Eisenbahnkreuzung sei, sei im Sicherungsbescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 13. November 2015 rechtskräftig entschieden worden. Die angefochtene Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, wonach die beschwerdeführende Partei nunmehr als (zusätzlicher) Träger der Straßenbaulast dem Kostenverfahren beigezogen werden könnte, widerspreche der vom Verfassungsgerichtshof verlangten verfassungskonformen Auslegung von §49 Abs2 EisbG.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof setzte sich in seinem Erkenntnis VfSlg 20.362/2020 mit dem Verhältnis der Sicherungsentscheidung gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG und der – zeitlich nachfolgenden – Kostenentscheidung bei der Sicherung von Eisenbahnübergängen gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz EisbG iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG auseinander und sprach dazu Folgendes aus:

"Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofes, dem Träger der Straßenbaulast komme im Verfahren gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG keine Parteistellung zu, widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, weil der Träger der Straßenbaulast gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz iVm §48 Abs2 EisbG zur anteiligen Tragung der Kosten für die Sicherung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges – sofern keine anderslautende (zivilrechtliche) Einigung zwischen Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast besteht – verpflichtet ist, er aber keine rechtliche Möglichkeit hat, die (Rechtmäßigkeit der) bescheidmäßig angeordnete(n) Sicherung – und damit seine Verpflichtung zur Kostentragung dem Grunde nach – in Zweifel zu ziehen. Im nachgelagerten Verfahren über die Kosten gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz iVm §48 Abs2 bis Abs4 EisbG haben zwar unbestritten sowohl das Eisenbahnunternehmen als auch der Träger der Straßenbaulast Parteistellung, die Rechtswidrigkeit der zuvor mit Bescheid gegenüber dem Eisenbahnunternehmen angeordneten Sicherung kann im Kostenverfahren jedoch nicht eingewendet werden (VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050). Gegenstand des nachgelagerten Kostenverfahrens sind allein die Höhe und Aufteilung der durch die Errichtung der im Einzelfall festgelegten Sicherung entstandenen Kosten, nicht aber die Anordnung der Sicherung dem Grunde nach.

Durch die Anordnung der Sicherungsmaßnahme gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG kommt es sohin als unmittelbare Rechtsfolge der im Bescheid angeordneten Leistungsverpflichtung des Eisenbahnunternehmens zu einer Belastung des Trägers der Straßenbaulast. Der Träger der Straßenbaulast ist somit in einem materiellen Sinn Adressat des Bescheides über die Anordnung der Sicherung, ohne aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Verfahren als Partei mitwirken bzw den Bescheid bekämpfen zu können. Es kommt somit zu einer Abweichung vom Grundsatz, dass jener, in dessen materielle Rechtsphäre bzw in dessen subjektive Rechte ein Bescheid eingreift, als Adressat des Bescheides Parteistellung haben muss (vgl dazu Leeb , Bescheidwirkungen und ihre subjektiven Grenzen nach dem AVG, 2010, 181; Pöschl , Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 807, 811).

Es ist mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, die Pflicht zur (anteiligen) Kostentragung für eine bescheidmäßig angeordnete Sicherung dem Träger der Straßenbaulast aufzuerlegen, aber nur dem Eisenbahnunternehmen die Parteistellung in dem Verfahren zur Erlassung dieses (den Kostenanspruch begründenden) Bescheides zu gewähren (vgl VfSlg 12.240/1989). Da auch im nachgelagerten Kostenverfahren gemäß §49 Abs2 EisbG keine Möglichkeit besteht, eine (allenfalls zu Unrecht) erfolgte bescheidmäßige Anordnung einer Sicherung zu bekämpfen (vgl VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050), werden Träger der Straßenbaulast in gleichheitswidriger Weise in ihren Parteirechten verletzt (vgl VfSlg 6478/1971 und VfSlg 6665/1972)."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat somit im zitierten Erkenntnis VfSlg 20.362/2020 festgehalten, dass ein Rechtsträger nur dann als Träger der Straßenbaulast gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz iVm §48 Abs2 EisbG zur anteiligen Tragung der Kosten für die Sicherung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges verpflichtet werden kann, wenn er die rechtliche Möglichkeit hatte, die (Rechtmäßigkeit der) bescheidmäßig angeordnete(n) Sicherung – und damit seine Verpflichtung zur Kostentragung dem Grunde nach – in Zweifel zu ziehen. Durch die Anordnung der Sicherungsmaßnahme gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG kommt es nämlich als unmittelbare Rechtsfolge der im Bescheid angeordneten Leistungsverpflichtung des Eisenbahnunternehmens zu einer (Kosten-)Belastung des Trägers der Straßenbaulast. Der Träger der Straßenbaulast ist somit in einem materiellen Sinn Adressat des Bescheids über die Anordnung der Sicherung.

Nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 20.362/2020) bedeutet dies aber nicht, dass die Entscheidung im Sicherungsverfahren gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz EisbG für das Kostentragungsverfahren gemäß §49 Abs2 zweiter Halbsatz iVm §48 Abs2 bis 4 EisbG in jedem Fall verbindlich festlegt, wer an der konkreten Eisenbahnkreuzung als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist. Wird einer Partei im Sicherungsverfahren keine Parteistellung gewährt und stellt sich erst im Rahmen der Kostenentscheidung heraus, dass diese Partei (bereits) im Sicherungsverfahren als Träger der Straßenbaulast beigezogen werden hätte sollen, ist diese Person als übergangene Partei im Verfahren zur Erlassung des Bescheids über die Anordnung der Sicherung der Eisenbahnkreuzung anzusehen. Für die Bindungswirkung des Sicherungsbescheides kommt es daher maßgeblich darauf an, ob einer im Kostenverfahren herangezogenen Partei die Möglichkeit offenstand, die Rechtmäßigkeit der bescheidmäßig angeordneten Sicherung in Zweifel zu ziehen und dementsprechend anzufechten.

2.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht in dem angefochtenen (Zurückverweisungs-)Beschluss gemäß §28 Abs3 dritter Satz VwGVG davon aus, dass sowohl das Land Niederösterreich als auch die beschwerdeführende Partei am Verfahren zur Sicherung der Eisenbahnkreuzung gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG als Parteien beteiligt gewesen seien. Das Landesverwaltungsgericht begründet dies damit, dass der Sicherungsbescheid beiden Parteien zugestellt worden sei. Da keine der beiden Parteien die Rechtmäßigkeit des Bescheides in Zweifel gezogen und daher angefochten habe, sei der Bescheid für sie als Parteien des Sicherungsverfahrens rechtskräftig geworden.

Die beschwerdeführende Partei bringt demgegenüber in ihrer auf Art144 B VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vor, dass zwar ein Vertreter der beschwerdeführenden Partei an der mündlichen Verhandlung vor der bescheiderlassenden Behörde teilgenommen habe. Die Frage, ob die beschwerdeführende Partei Träger der Straßenbaulast sein könnte, sei damals aber von keiner Seite thematisiert worden. Weder der Verhandlungsschrift noch dem Sicherungsbescheid sei zu entnehmen, dass die naheliegende Gemeindestraße im Verfahren zur Erlassung des Sicherungsbescheids zu berücksichtigen sei. Der beschwerdeführenden Partei sei daher keine Parteistellung im Sicherungsverfahren zugekommen.

2.5. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 20.362/2020) hat sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit der Parteistellung und der Beschwerdemöglichkeit der beschwerdeführenden Partei im Verfahren zur Erlassung des Bescheids über die Sicherung der Eisenbahnkreuzung und (als Folge dessen) mit der möglichen Heranziehung der beschwerdeführenden Partei als (weiterer) Träger der Straßenbaulast (neben dem Land Niederösterreich) zur Kostentragung nicht hinreichend auseinandergesetzt:

2.5.1. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht – in einer für das weitere Verfahren bindenden Begründung (§28 Abs3 dritter Satz VwGVG) – davon aus, dass die beschwerdeführende Partei Parteistellung im Sicherungsverfahren gehabt hätte. Nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist es aber für die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei im Verfahren zur Erlassung der Sicherungsentscheidung erforderlich, dass der Träger der Straßenbaulast nach der Umschreibung des Verfahrensgegenstandes und dem Spruch des Sicherungsbescheides einzuschätzen vermag, ob und inwieweit er vom Vorhaben (i.e. der Sicherung der Eisenbahnkreuzung) rechtlich betroffen ist. Wird durch einen Bescheid gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG das Projekt zur Sicherung einer Eisenbahnkreuzung zwar verbindlich festgelegt, ist zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht klar und aus dem Spruch des Sicherungsbescheides auch nicht bestimmbar, wer als Träger der Straßenbaulast zur Kostentragung verpflichtet ist, kann einem (potentiellen) Träger der Straßenbaulast auch keine Parteistellung und Beschwerdelegitimation gemäß Art132 Abs1 Z1 B VG zukommen. Diesfalls ist nämlich nicht erkennbar, ob der (potentielle) Träger der Straßenbaulast durch den Sicherungsbescheid in seinen Rechten überhaupt verletzt sein kann. Aus diesem Grund ist einer Person, die dem (Sicherungs-)Verfahren gar nicht beigezogen wurde, eine solche Person gleichzuhalten, die am Verfahren zwar in irgendeiner Weise beteiligt war, jedoch nicht erkennen konnte, dass bzw inwieweit ihre rechtlichen Interessen tangiert sein könnten (vgl VwGH 5.4.2022, Ra 2022/03/0072).

Dass die beschwerdeführende Partei nicht erkennen konnte, dass sie durch die Sicherungsentscheidung in ihren Rechten berührt sein könnte, ergibt sich zum einen daraus, dass das Land Niederösterreich erstmals im Kostentragungsverfahren gemäß §49 Abs2 EisbG vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Einwendung erhob, dass die beschwerdeführende Partei als (weiterer) Träger der Straßenbaulast zur Kostentragung (mit-)heranzuziehen sei. Zum anderen geht selbst das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon aus, dass es unklar sei, ob die beschwerdeführende Partei von der Sicherungsentscheidung rechtlich betroffen sein könnte. Anders ist nämlich nicht zu erklären, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ausführt, es sei "möglich", dass auch die beschwerdeführende Partei als Träger der Straßenbaulast anzusehen sei.

In verfassungskonformer Auslegung des §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG hätte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei im Sicherungsverfahren nicht ohne Weiteres als gegeben ansehen dürfen, sondern hätte sich mit der Parteistellung im Sicherungsverfahren und der Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei als Träger der Straßenbaulast in jenem Verfahren auseinandersetzen müssen. Indem das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in den tragenden Aufhebungsgründen im angefochtenen Zurückverweisungsbeschluss gemäß §28 Abs3 dritter Satz VwGVG festgestellt hat, dass die beschwerdeführende Partei im Sicherungsverfahren gemäß §49 Abs2 erster Halbsatz EisbG Parteistellung hatte, sich damit aber nicht näher auseinandergesetzt hat, hat es seine Entscheidung mit Willkür belastet.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführende Partei ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B VG verletzt worden.

2. Der Beschluss ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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