E1490/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin ist eine syrische Staatsangehörige und seit 3. April 2020 anerkannte Asylberechtigte in Griechenland. Ihr wurde ein bis zum 4. Mai 2023 gültiges Reisedokument ausgestellt. Ferner liegt eine "Residence permit" für die Beschwerdeführerin abholbereit. Am 11. Februar 2022 stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Beschwerdeführerin gab an, sie sei mit ihren vier minderjährigen Kindern nach Österreich gereist. Ihr Ehegatte würde sich in Österreich aufhalten. Befragt zu ihrem Aufenthalt in Griechenland brachte sie unter anderem vor, dass die Situation im Flüchtlingslager sehr schlecht gewesen sei; sie hätte mit ihren vier Kindern im Freien vor einem Camp nächtigen müssen. Nach Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sei sie mit ihren Kindern ohne Unterstützung auf sich allein gestellt und der Obdachlosigkeit ausgesetzt gewesen. In der Folge sei sie von ihrem Vater finanziell unterstützt worden.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13. Oktober 2022 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß §4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die Beschwerdeführerin nach Griechenland zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin nicht erteilt (Spruchpunkt II.). Gemäß §58 Abs2 iVm §55 AsylG 2005 wurde ihr eine Aufenthaltsberechtigung gemäß §55 Abs2 leg cit erteilt (Spruchpunkt III.).
3. Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27. März 2023 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin die Zweitfrau eines näher bezeichneten Mannes sei, dem in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Dieser Mann sei auch der Vater der vier minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin. Diesen stehe daher derselbe Status wie ihrem Vater zu, weshalb den vier minderjährigen Kindern der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Die Beschwerdeführerin sei aktuell schwanger. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführerin im Fall ihrer "rein hypothetischen Rückkehr" keine Verletzung ihrer nach Art3 EMRK bzw Art4 GRC gewährleisteten Rechte drohe und führt dazu aus:
"Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Griechenland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht. […] Nach Zuerkennung des Asylstatus sei sie nicht mehr unterstützt worden. Sie sei dazu aufgefordert worden, arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen. Dazu sei sie jedoch aufgrund ihrer kleinen Kinder nicht in der Lage gewesen und sei daher von ihrem Vater finanziell unterstützt worden. Aufgrund der Unterstützung durch ihren Vater habe sie in Athen eine Wohnung mieten können. Die Beschwerdeführerin sei weder einer Arbeit nachgegangen noch habe sie die griechische Sprache gelernt. Ihr Vater habe ihren Aufenthalt in Griechenland finanziert. Ihre Kinder hätten die Schule nicht besuchen dürfen und die medizinische Behandlung sei teuer. Man müsse alles selbst zahlen. Einer persönlichen Verfolgung sei die Beschwerdeführerin in Griechenland nicht ausgesetzt gewesen. Eine Art3 EMRK-widrige Behandlung der Beschwerdeführerin in Griechenland ist aus diesem Vorbringen nicht ersichtlich. Im Fall der rein hypothetischen Rückkehr nach Griechenland wäre die Beschwerdeführerin alleinstehend, sohin ohne Betreuungspflichten und würde daher die Beaufsichtigung ihrer minderjährigen Kinder einer Arbeitsaufnahme nicht im Wege stehen. Allerdings ist an dieser Stellt auch anzumerken, dass grundsätzlich Asylberechtigte dazu verhalten sind, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, da sie Zugang zum Arbeitsmarkt haben. […]
[…]
Die Beschwerdeführerin lebte als Asylberechtigte von 03.04.2020 bis Anfang Feber 2022 – sohin fast zwei Jahre - in Griechenland und ist ihr Vorbringen, sie habe während dieser Zeit keine Unterstützung von Seiten der griechischen Behörden erhalten, nicht nachvollziehbar. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass sie nach Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten noch zwei Monate in der Flüchtlingsunterkunft gelebt habe und weitere sechs Monate in einer Wohnung in Athen, für deren Miete ihr Vater aufgekommen sei. Die Beschwerdeführerin lebte jedoch insgesamt 22 Monate als Asylberechtigte in Griechenland und da nicht davon auszugehen ist, dass sie 14 Monate mit vier kleinen Kindern auf der Straße gelebt hat ohne die Möglichkeit sich und ihre Kinder mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikel zu versorgen bzw ein derartiges Vorbringen auch nicht erstattet wurde – die Beschwerdeführerin gab lediglich an, dass die Situation im Flüchtlingslager schlecht gewesen sei – wurde sie wohl auch nach Zuerkennung des Schutzstatus versorgt. Hinzu kommt, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin Griechenland bereits im Juli 2020 verlassen und die Beschwerdeführerin mit den vier minderjährigen gemeinsamen Kindern zurückgelassen hat, sodass aus Sicht des Ehegatten die Situation in Griechenland nicht derart prekär gewesen sein kann, da er wohl andernfalls seine Familie mitgenommen hätte. Ferner gab der Ehemann der Beschwerdeführerin in seinem eigenen Verfahren vor dem Bundesamt an, dass seine Zweitfrau (= die Beschwerdeführerin) mit den Kindern aktuell in Griechenland lebe, er zu ihr regelmäßigen Kontakt habe und es ihr gut gehe […].
[…]
[Das Vorliegen 'systemischer Mängel'] ist im vorliegenden Fall schon deshalb zu verneinen, da die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Aufenthaltsberechtigung in Österreich ohnehin nicht nach Griechenland überstellt wird. Selbst bei einer hypothetischen Überstellung ist darauf zu verweisen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um keine besonders vulnerable Person, sondern um eine an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidende, arbeitsfähige, junge Frau ohne Sorgepflichten (die minderjährigen Kinder sind in Österreich subsidiär schutzberechtigt) handelt.
[…] Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr bei einer Rückkehr nach Griechenland tatsächlich eine Art3 EMRK widrige Behandlung drohen könnte. Sie hat von den griechischen Behörden ein bis zum 04.05.2023 gültiges Reisedokument erhalten und liegt die 'Residence permit' abholbereit für sie vor. […]
Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerdeführerin in Griechenland an die dort zahlreich ansässigen NGOs […] wenden kann, die übrigens auch Sprachkurse für Griechisch und Englisch anbieten. Da die Betreuungspflichten für ihre minderjährigen Kinder nunmehr wegfallen würden, kann die Beschwerdeführerin einen Griechischkurs belegen, um (zumindest rudimentäre) Sprachkenntnisse zu erlangen, was ihr in weiterer Folge bei der Arbeitssuche bzw Arbeitsaufnahme behilflich sein wird. Betreffend die Unterbringung von Schutzberechtigten in Griechenland ist der Vollständigkeit halber noch darauf zu verweisen, dass eine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung auch für die griechische Bevölkerung nicht besteht, sodass Schutzberechtigte in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt sind als griechische Staatsbürger.
[…]
Gemäß den Feststellungen im angefochtenen Bescheid gewährleistet Griechenland grundsätzlich ausreichend Schutz und Versorgung für Schutzberechtigte wie die Beschwerdeführerin. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf die gleichen sozialstaatlichen Möglichkeiten wie griechische Staatsangehörige. […] Zwar ist der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert, doch ergibt sich aus den Länderberichten, dass Schutzberechtigte in Bezug auf ihre Unterbringung und Versorgung etwa auch auf Hilfsangebote von NGOs zurückgreifen können.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer rein hypothetischen Rückkehr in Griechenland keinerlei Existenzgrundlage vorfinden und sich in einer Situation extremer materieller Not befinden würde. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass anerkannte Flüchtlinge bzw Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung grundsätzlich gehalten sind, ihre Existenz – wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes – selbst zu erwirtschaften.
[…]
[…] Die Beschwerdeführerin ist gesund und würde auch ihre aktuell vorliegende Schwangerschaft einer Überstellung nach Griechenland nicht entgegenstehen, da eine solche erst nach Ablauf der Schutzfrist nach der Geburt des Kindes erfolgen würde, was jedoch gegenständlich ohnehin nur rein hypothetisch wäre. […]
[…]
[…] Gerade eine Einzelfallprüfung wie sie im gegenständlichen Verfahren erfolgt ist, ergibt, dass die Beschwerdeführerin, die keiner vulnerablen Personengruppe angehört, in Griechenland kein 'real risk' einer Verletzung ihrer Rechte zu befürchten hat."
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) und im Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (Art3 EMRK), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
Begründend führt die Beschwerde dazu im Wesentlichen aus, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend mit der Berichtslage zu den Lebensbedingungen Schutzberechtigter in Griechenland auseinandergesetzt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe jegliche Ermittlungstätigkeit untererlassen, indem es pauschale Verweise auf Hilfsangebote vorgenommen habe. Darüber hinaus verkenne das Bundesverwaltungsgericht auch die Rechtslage, wenn es anführe, dass die Überlegungen ohnedies rein hypothetisch seien, weil der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel gemäß §55 Abs2 AsylG 2005 erteilt worden sei. Gerade diese Aufenthaltsberechtigung stehe nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes einer Geltendmachung der nach Art3 EMRK bzw Art4 GRC gegebenen Umständen entgegen.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht von der Erstattung einer Äußerung bzw Gegenschrift abgesehen.
III. Erwägungen
1. Die — zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Ein solcher Fehler ist dem Bundeverwaltungsgericht unterlaufen:
3.1. Gemäß §4a AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu Art33 Abs2 lita der Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl. 2013 L 180, 60, hat eine Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz, weil bereits von einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt worden ist, allerdings dann zu unterbleiben, wenn die Lebensverhältnisse, die die antragstellende Partei in dem anderen Mitgliedstaat als anerkannter Flüchtling erwarten würden, sie der ernst-haften Gefahr aussetzten, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art4 GRC bzw des diesem entsprechenden Art3 EMRK zu erfahren (EuGH 13.11.2019, C 540/17 ua, Hamed ua , Rz 43; ferner bereits EuGH 19.3.2019, C 297/17 ua, Ibrahim ua , Rz 101).
Das mit der Rechtssache befasste Gericht – wie zuvor auch die befasste Behörde – trifft demnach die Verpflichtung, "auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen", die einer Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz entgegenstehen (EuGH 19.3.2019, C-163/17, Jawo , Rz 90; EuGH, Ibrahim ua , Rz 88).
Diese "Schwachstellen" sind nur dann im Hinblick auf Art4 GRC bzw Art3 EMRK relevant, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen (EuGH, Jawo , Rz 91, mit Verweis auf EGMR 21.1.2011 [GK], 30.696/09 , M.S.S./Belgien und Griechenland ), indem etwa "die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre" (EuGH, Jawo , Rz 92; EuGH, Ibrahim ua , Rz 90).
3.2. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Entscheidung, der Beschwerdeführerin werde im Falle ihrer Rückkehr keine gegen Art4 GRC bzw Art3 EMRK verstoßende Behandlung drohen, und es lägen keine "systemische[n] Mängel" vor, auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Aufenthaltsberechtigung in Österreich ohnehin nicht nach Griechenland überstellt werde. Es handle sich um eine "rein hypothetische[…] Rückkehr". Insoweit das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Begründung vermeint, der vorliegende Fall könne nicht mit jenem Sachverhalt verglichen werden, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 2021, VfSlg 20.478/2021, zugrunde gelegen sei, verkennt es die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.
3.3. Überdies stützt das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung weitgehend auf die Gleichstellung von griechischen Staatsangehörigen und anerkannten Flüchtlingen und weist zudem pauschal auf Hilfsangebote von NGOs sowie darauf hin, dass die Beschwerdeführerin nach einer Übergangsphase der Unterstützung grundsätzlich gehalten sei, sich selbst ihre Existenz zu sichern, insbesondere sich selbst eine Unterkunft zu suchen.
Der pauschale Verweis darauf, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Griechenland als arbeitsfähige, junge, gesunde Asylberechtigte ohne Sorgepflichten (die minderjährigen Kinder seien in Österreich subsidiär schutzberechtigt) denselben Zugang zu sozialen Rechten wie Staatsbürger hätte und die Beschwerdeführerin erst nach Ablauf der Schutzfrist – sohin acht bzw zwölf Wochen nach der Geburt – überstellt werden würde, wird ihrer Situation, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer geeigneten Unterkunft – vor allem angesichts der vom Bundesverwaltungsgericht selbst wiedergegebenen Berichtslage zur Situation von Schutzberechtigten in Griechenland – nicht gerecht (vgl VfSlg 20.478/2021; VfGH 29.9.2021, E1377/2021 ua; 29.4.2022, E3231/2021; 13.6.2023, E818/2023).
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.