JudikaturVfGH

E1435/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
30. November 2023

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG und Art7 Abs1 B VG) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin und führt eine eigene Ordination, in welcher er auch Substitutionsbehandlungen durchführt. Die dafür erforderlichen Ausbildungen hat er absolviert und nimmt regelmäßig an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zur Oralen Substitutionstherapie (OST) teil.

2. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 23. April 2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß §7 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Weiterbildung zur/zum mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Ärztin/Arzt für den Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung von Patientinnen/Patienten mit Substanzgebrauchsstörung (im Folgenden: Weiterbildungsverordnung Opioid Substitution) aus der Liste der qualifizierten Ärztinnen und Ärzte gestrichen, weil – zusammengefasst – seine Verschreibungspraxis "Auffälligkeiten" aufgewiesen bzw nicht den einschlägigen Dokumentationsvorschriften der Suchtgiftverordnung entsprochen habe.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 25. März 2023 – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und nach Einholung eines Sachverständigengutachtens – mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer "durch seine Verschreibungen von Medikamenten mit Wirkstoffen, die zur Opioid-Substitution zum Einsatz kommen, vielfach die in den Leitlinien zur Durchführung der Substitutionsbehandlung angeführten Tages Dosismengen überschritten" habe. An die ärztlichen Sorgfalts- und Dokumentationspflichten (§23c Suchtgiftverordnung) würden besondere Anforderungen gestellt werden; es müssten die Gründe, die zur Beurteilung des Dosisbedarfs bewögen, nachvollziehbar dokumentiert werden. Eine solche nachvollziehbare Dokumentation liege aber in einer großen Zahl der vom Beschwerdeführer getätigten Verschreibungen nicht vor. Damit sei vielfach gegen Verpflichtungen der Suchtgiftverordnung im Zusammenhang mit der Opioid Substitutionsbehandlung verstoßen worden.

Auch gehe aus den Feststellungen hervor, dass der Beschwerdeführer vom regulären Abgabemodus im Sinne des §23e Suchtgiftverordnung abgewichen sei, obwohl die Stabilität der davon betroffenen Patienten nicht gegeben gewesen sei. Auch sei hier nicht den von §23e Suchtgiftverordnung geforderten Dokumentationspflichten entsprochen worden. Die Voraussetzungen für die Anwendung des §7 Abs1 der Weiterbildungsverordnung Opioid Substitution seien erfüllt, daher sei der Beschwerdeführer aus der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte gestrichen worden.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG), im Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) und im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B VG, Art2 StGG) sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird dazu wörtlich wie folgt ausgeführt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"4. Beschwerdegründe

4.1.Verletzung des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG)

4.1.1. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Stelle als Kassenarzt. Er[] ist seit mehr als 30 Jahren als Allgemeinmediziner tätig und etabliert. Neben seiner sonstigen allgemeinmedizinischen Tätigkeit ist der Beschwerdeführer im Bereich der Opioid-Substitutionstherapie tätig. Diese stellt eine bedeutsame wirtschaftliche Grundlage seiner Praxis und Tätigkeit dar. Unternehmerische Entscheidungen wie die Einstellung entsprechend qualifizierten Ordinationspersonals sind von der Ausübung dieser Tätigkeit (Opioid Substitutionstherapie) wesentlich abhängig.

Durch die Streichung des Beschwerdeführers von der Liste der zur Substitutionstherapie qualifizierten Ärzte verletzen die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht Wien das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG). Aufgrund der Streichung von der Liste darf der Beschwerdeführer ungeachtet seiner Qualifikation, Ausbildung und Erfahrung die Tätigkeit der Substitutionstherapie nicht weiter ausüben.

[…]

4.1.3. Das hier angefochtene[n] Erkenntnis beruht auf einer denkunmöglichen Anwendung der einschlägigen Bestimmungen, insbesondere einer denkunmöglichen Auslegung der Begriffe

• der 'die Ausstellung der Einzelverschreibung im entsprechenden Fall rechtfertigenden Begründung' (so §21 Abs6 SV), und

• der 'nachvollziehbaren Dokumentation' der Gründe für die Anordnung und die Dauer der Mitgabe sowie die Gründe, die den Arzt zur Annahme der Stabilität bewogen haben (§23c SV, §23e Abs2 SV vorletzter Satz).

Vorweg ist anzumerken, dass es sich bei den Fragen der 'Rechtfertigung' für die Ausstellung von Einzelverschreibungen und der Nachvollziehbarkeit der Dokumentation nicht um Sach-, sondern um Rechtsfragen handelt, die das Gericht selbst beurteilen hätte müssen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer – wie sich aus dem Akteninhalt ergibt – umfassende und genaue Aufzeichnungen über die jeweiligen Gründe für jede zusätzliche Einzelverschreibung und allfällige geänderte Abgabemodalitäten (Urlaub, COVID19 etc.) geführt und vorgelegt hat. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist es – auch ohne umfassende medizinische Kenntnisse und Bestätigung durch das Gutachten eines Sachverständigen – nachvollziehbar, dass insbesondere langjährige Patienten, die nicht in Wien leben, berufstätig sind und aufgrund der COVID19 Beschränkungen nicht regelmäßig nach Wien kommen konnten, in der ersten Zeit der COVID19 Pandemie besondere Bedürfnisse im Rahmen der Therapie hatten, denen der Beschwerdeführer durch wohlbegründete Einzelverschreibungen und Anordnungen über die Abgabemodalitäten nachgekommen ist.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch insofern 'denkunmöglich', als das Gutachten der Amtssachverständigen, auf das das Erkenntnis im Wesentlichen gestützt ist, ohne nähere Begründung von einer fehlenden Stabilität der namentlich bezeichneten Patienten ausgeht. Das Gutachten ist insoweit in sich nicht schlüssig. Dies wird weiter unten im Rahmen des Beschwerdegrundes des Verstoßes gegen das Recht auf ein faires Verfahren ausführlich geltend gemacht.

4.1.4. In der Suchtmittelverordnung (SV) ist neben der Therapie durch den behandelnden Arzt eine laufende Kontrolle durch den zuständigen Amtsarzt vorgesehen (siehe beispielsweise §21 Abs7 SV; §23b Abs2 SV).

Aus dem Regelungszusammenhang ist erkennbar, dass die Verpflichtung zur schriftlichen Dokumentation in erster Linie der Nachvollziehbarkeit für den Amtsarzt dient. An mehreren Stellen in der SV ist (lediglich) 'auf Verlangen' eine schriftliche Auskunft über die Gründe für bestimmte Verschreibungen, Anordnungen etc. zu erteilen.

[…]

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer über jeden relevanten Vorgang (Einzelverschreibungen, Anordnung über die Abgabemodalitäten) Dokumentationen angefertigt hat, ist unbestritten. Diese Dokumentationen weisen auch zweifellos einen Bezug zum jeweiligen Patienten, seiner Situation und zum jeweiligen therapeutischen Bedarf auf. Die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht haben sich allerdings nicht damit auseinandergesetzt, ob und inwieweit der Amtsarzt diese Dokumentation für nachvollziehbar erachtet und/oder nähere Auskunft verlangt hat. Tatsächlich hat der Amtsarzt [] lediglich in den oben beschriebenen zwei Fällen Zweifel an den jeweils auf den Einzelverschreibungen festgehaltenen Gründen und den verschiedenen Abgabemodalitäten geäußert, die vom Beschwerdeführer zufriedenstellend geklärt werden konnten, und daher auch keine weiteren Auskünfte vom Beschwerdeführer verlangt.

4.1.5. Aus den zitierten Bestimmungen der SV (§23c, §23e Abs2 letzter und vorletzter Satz) ergibt sich, dass die Anforderungen an die Dokumentationspflichten nicht überspannt werden dürfen, weil die Befugnis der Amtsärzte zu Auskunftsverlangen, allenfalls zur Aufforderung zur schriftlichen Auskunftserteilung 'auf Verlangen', erübrigen würde. Aus dem Sinn und Zweck der Bestimmungen ergibt sich vielmehr, dass die Dokumentationspflichten dazu dienen, die wesentlichen Gründe in der gebotenen Kürze auf Einzelverschreibungen festzuhalten, um diese relevanten Fakten einer Überprüfung bzw laufenden Kontrolle durch den Amtsarzt zugänglich zu machen.

Die von der belangten Behörde und vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs der 'nachvollziehbaren Dokumentation' läuft auf eine Überspannung des Begriffs der nachvollziehbaren Dokumentation hinaus, weil der behandelnde Arzt im Rahmen der Oralen Substitutionstherapie (OST)sämtliche relevante Fakten auf der Einzelverschreibung festhalten müsste, sodass eine Aufforderung zur (allenfalls schriftlichen) Auskunftserteilung durch den Amtsarzt überflüssig wäre.

Diese Auslegung ist denkunmöglich und verletzt damit das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG).

4.2.Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK)

4.2.1. Das Verfahren zur Streichung des Beschwerdeführers von der Liste der für die Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte betrifft zweifelsohne ein 'civil right' im Sinn der Rechtsprechung des EGMR und des Verfassungsgerichtshofs. Durch die Streichung von der Liste wird de[m] Beschwerdeführer eine erhebliche Einkunftsquelle entzogen. Der Beschwerdeführer wird in seinen bürgerlichen Rechten im Sinne von Vermögensrechten durch die angefochtene Entscheidung erheblich geschädigt. Der EGMR hat insbesondere auch die Entziehung einer Konzession als Eingriff in ein 'civil right' qualifiziert (EGMR 21.12.1999, G.S./Österreich, 26.297/95).

Aufgrund der (dauerhaften) Streichung von der Liste handelt es sich um einen derart schweren Eingriff, dass dieser auch als Sanktion im Sinne des Art6 EMRK zu werten ist.

Der EGMR und der Verfassungsgerichtshof haben auch disziplinarrechtliche Maßnahmen wie ein Berufsverbot als strafrechtliche Sanktionen qualifiziert (EGMR 19.2.2013, MüllerHartburg, NL 2013, 44; VfSlg 11.506/1985).

An das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht sind daher die Maßstäbe des Art6 EMRK an ein faires Verfahren (Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht, umfassendes Parteiengehör, Waffengleichheit, Entscheidung innerhalb angemessener Frist) anzulegen.

4.2.2. Im vorliegenden Fall erscheint die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Verwaltungsgerichts Wien fragwürdig, wenn sich diese auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S[] stützt, die nach eigenen Angaben bereits im erstinstanzlichen Verfahren federführend als Amtssachverständige der belangten Behörde tätig war. Durch die Beteiligung einer (zumindest dem Anschein nach aufgrund der Beteiligung im erstinstanzlichen Verfahren) befangenen Amtssachverständigen, auf die sich die angefochtene Entscheidung in wesentlichen Punkten stützt, ist das Recht des Beschwerdeführers auf Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht verletzt.

Nach der Rechtsprechung des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes reicht es für eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren iSd Art6 EMRK bereits, wenn nach dem äußeren Anschein Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Verwaltungsgerichts bzw Sachverständiger entstehen (allgemein für Kollegialbehörden VfSlg 17.525/2005; für Verwaltungsgerichte VfSlg 19.902/2014).

Die Amtssachverständige gab in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass sie im Rahmen der Ermittlungen der erstinstanzlichen Behörden im Rahmen der Sachverhaltserhebungen für die Entscheidungsgrundlagen des angefochtenen Bescheides tätig war:

'Es ging ein persönlicher Auftrag an meine Vorgesetzte. Im Rahmen dieser Tätigkeit haben wir alle Kollegen in Wien telefonisch kontaktiert. Es ging darum, darauf hinzuweisen, die Verordnung und die Angaben in der Leitlinie einzuhalten. (…) Die Kontaktaufnahme mit Dr. H[] fand am 8.4.2023 statt. Meine Vorgesetzte und ich arbeiten im Bereich "Aufsicht und Qualitätssicherung", Gruppe Gesundheits- und Arzneimittelwesen. In diesem Zusammenhang mit der Qualitätssicherung wurden wir beauftragt auf die Substitutionstherapien in Wien. Das sind in Wien mehr als 6.500. (…)

Wir sind nur für die Qualitätssicherung zuständig, wenn wir einen Auftrag haben. Wir brauchen definitiv einen Auftrag.'

(Protokoll zur Verhandlung vom 24.3.2023, S. 4, zweiter Absatz)

Diese Ausführungen der Sachverständigen zeigen, dass sie zunächst im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Qualitätssicherung an den Ermittlungen und der Entscheidung im erstinstanzlichen Verfahren mitgewirkt hat. Diese Tatsache lässt sie als Amtssachverständige für die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer ungeeignet erscheinen, weil zumindest der Anschein der Parteilichkeit und Voreingenommenheit besteht.

4.2.3. […]

4.2.4. Da in der Substitionstherapie aus bekannten medizinisch-physiologischen Gründen keine 'zulässigen Tages Dosismengen', (im Sinne von gesetzlichen limitierten Höchstmengen) definiert sind, sondern lediglich '…Tages Dosismengen, bei deren Überschreiten besondere Anforderungen an die ärztliche Sorgfalts- und Dokumentationspflicht zu stellen sind' (siehe §23a Abs3 Z1 SV und 'Leitlinien', Punkt 8.1.2), sind die Antworten der Amtssachverständigen auf Fragen 1 und 2 des Verwaltungsgerichts als grundsätzlich falsch bzw missverständlich anzusehen.

Sowohl die Amtssachverständige als auch der Richter verwenden in fachlich unzulässiger, nicht nachvollziehbarer Weise die Begriffe 'zulässige', 'übliche', 'durchschnittliche' Tagesmenge bzw 'Tagesmenge mit besonderer Sorgfalts- und Dokumentationspflicht' synonym.

[…]

Das Gutachten der Amtssachverständigen leidet aufgrund der mangelhaften Befundaufnahme an fundamentalen Mängeln, die im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt hätten werden müssen. Das Verwaltungsgericht Wien folgt dem Gutachten der Amtssachverständigen jedoch unkritisch und stützt das angefochtene Erkenntnis ausschließlich auf dieses Gutachten. Das Verwaltungsgericht verstößt damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der Unschuldsvermutung. Das angefochtene Erkenntnis ist damit auch nicht nachvollziehbar begründet. Auch dies stellt eine Verletzung des Art6 EMRK dar.

4.2.7. Der Gutachtensauftrag des Verwaltungsgerichts vom 21.2.2022 bezieht sich auf Rechts-, nicht auf Sachfragen. Zudem handelt es sich um Suggestivfragen, die bereits eine 'Vorverurteilung' des Beschwerdeführers nahelegen:

'1. Wann wurden (Beurteilung unter Heranziehung der im Akt aufliegenden Unterlagen und allfälligen ergänzten Unterlagen) bei der Verschreibung durch Dr. H[] die zulässigen Tages-Dosismengen bei der Substitutionstherapie überschritten (iSd §23a Abs3 Z1 SV)?

2. Wurden bei den Fällen der Überschreitung der zulässigen Tages-Dosismengen alle relevanten Fakten festgehalten, aus denen die Zulässigkeit der Überschreitung abgeleitet werden kann, und wurden zudem die Gründe für eine Person mit medizinischem Sachverstand auch nachvollziehbar angeführt, die den Beschwerdeführer zur Beurteilung des Dosisbedarfs bewogen haben?'

Wie bereits dargelegt enthalten weder die SV noch die Leitlinien 'zulässige Tages Dosismengen'. Die Fragestellung impliziert im Übrigen bereits, dass eine Überschreitung stattgefunden hat […]

Das Verwaltungsgericht ist von Vornherein von einer Überschreitung ausgegangen und hat die Klärung der wesentlichen Rechtsfrage, nämlich nach der Nachvollziehbarkeit der Dokumentation, der Amtssachverständigen übertragen. Auch dies stellt eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren dar.

[…]

4.2.9. Gem. §7 Opioid-Weiterbildungsverordnung hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid unverzüglich die Streichung von der Liste vorzunehmen, wenn ihr zur Kenntnis gelangt, dass eine Voraussetzung für die Eintragung weggefallen ist oder nicht vorgelegen hat, der Arzt oder die Ärztin ärztlichen Berufspflichten nicht nachkommt oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat.

Das Gebot der unverzüglichen Streichung dient einerseits der Wahrung des öffentlichen Interesses (Gesundheitsschutz), andererseits der Rechtssicherheit für den Betroffenen. Im vorliegenden Fall haben die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht ausschließlich im Sommer 2020 bezüglich einer im Vergleich zur Gesamtzahl der Patienten des Beschwerdeführers geringen Anzahl von Patienten mutmaßliche Verletzungen der Dokumentationspflichten festgestellt. Im Erkenntnis und den getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts gingen mehr als zwei Jahre andauerndes Beschwerdeverfahren voran. Von einer unverzüglichen Streichung von der Liste kann damit im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Hinzuweisen ist auch, dass während des gesamten, mehr als zwei Jahre dauernden Beschwerdeverfahren keine weiteren Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer erhoben wurden und dieser seinen Dokumentationspflichten vollumfänglich nachgekommen ist.

[…]

4.3. Verletzung des Sachlichkeitsgebotes (Art7 B VG, Art2 StGG)

4.3.1. Das Verwaltungsgericht verlässt sich in seiner Beweiswürdigung praktisch ausschließlich auf das Gutachten der Amtssachverständigen Dr. S[]. Diese hat im erstinstanzlichen Verfahren am Ermittlungsverfahren mitgewirkt und war damit nicht ausreichend unvoreingenommen/unparteiisch. Das Verwaltungsgericht Wien missachtete den Grundsatz der (amtswegigen) Ermittlungspflicht und nahm wesentliche, vom Beschwerdeführer mit ausführlicher Begründung beantragte und zielführende Beweise nicht auf. Es setzte sich nicht ausreichend mit den einschlägigen Ordnungsvorschriften in der Suchtmittelverordnung (SV) und den aus dem Regelungszusammenhang erkennbaren Anforderungen an eine 'nachvollziehbare Dokumentation' auseinander, in dem es missachtete, dass die laufende Kontrolle und Überprüfung der Verschreibungspraxis (und nachvollziehbaren Begründung) den Amtsärzten obliegt, die im Fall von Zweifeln (schriftlich) Auskunft vom behandelnden Arzt zu verlangen haben. Alle diese schwerwiegenden Mängel lassen das angefochtene Erkenntnis willkürlich erscheinen.

4.3.2. Das dem angefochtenen Erkenntnis vorangegangene Beschwerdeverfahren, die Beweiswürdigung und das angefochtene Erkenntnis selbst leiden an gravierenden Mängeln, die das Sachlichkeitsgebot (Art7 B VG, Art2 StGG) verletzen.

[…]

Wie bereits ausführlich und im Zusammenhang mit den Beschwerdebehauptungen zu Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) und des Rechts auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) dargelegt, sind dem Verwaltungsgericht (und der Amtssachverständigen, auf deren Gutachten sich das Verwaltungsgericht praktisch ausschließlich im angefochtenen Erkenntnis stützt) zahlreiche und gravierende Mängel im Ermittlungsverfahren anzulasten. In der Unterlassung der Aufnahme der beantragten Beweise ist eine (grobe) Verletzung des Parteiengehöres des Beschwerdeführers zu erblicken. Die Anforderungen der SV an die Dokumentationspflichten des behandelnden Arztes hat das Verwaltungsgericht verfassungswidrig (grundrechtswidrig) bzw denkunmöglich ausgelegt.

Diese Mängel verletzen (jeder für sich sowie auch in ihrer Summe) das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Sachlichkeit und Abstandnahme von Willkür durch staatliche Behörden bzw Verwaltungsgerichte.

[…]

4.4.Unzureichende Determinierung der Sucht[gift]verordnung (SV)

4.4.1. Die Streichung des Beschwerdeführers von der Liste der zu Substitutionstherapie qualifizierten Ärzte ist auf §7 Opioide Weiterbildungsverordnung gestützt. Als Vorfrage haben die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht die angelasteten Mängel der Dokumentation des Beschwerdeführers zu näher bezeichneten Fällen als 'wiederholte Verstöße gegen diese Berufspflichten [gemeint sind: ärztliche Berufspflichten, Anm.]' qualifiziert.

Konkret wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, gegen die Verpflichtung zu einer 'nachvollziehbaren Dokumentation' betreffend die Gründe für Einzelverschreibungen (§23c SV) sowie betreffend die Gründe für abweichende Abgabemodalitäten (§23e Abs2 vorletzter und letzter Satz SV) verstoßen zu haben.

Wie oben unter Punkt 4.1 der Beschwerde dargelegt, ergibt sich nach Ansicht des Beschwerdeführers aus der Systematik der Verordnung, dass die Dokumentation im Rahmen der Oralen Substitutionstherapie (OST) durch den behandelnden Arzt dazu dient, die Gründe knapp und in der gebotenen Kürze darzulegen, um eine Überprüfung durch den unmittelbar zuständigen Amtsarzt zu ermöglichen. Etwaige – hier überhaupt nicht vorliegende – Mängel der Dokumentation sollen nach dieser Systematik zunächst durch Auskunftsverlangen des Amtsarztes bzw (wohl bei stärkeren Zweifeln als 'Eskalationsstufe':) Aufforderungen zur schriftlichen Auskunft durch den Amtsarzt aufgegriffen werden. Das Verwaltungsgericht missachtet die Rolle des der Bezirksverwaltungsbehörde beigestellten Amtsarztes, dem die laufende Kontrolle und Überwachung und allenfalls gebotene Nachfrage-/Aufforderungspflicht obliegt.

4.4.2. Vorsichtshalber und für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof der Ansicht ist, dass eine (geltungserhaltende) Auslegung des Begriffs der 'nachvollziehbaren Dokumentation' möglich ist und es dem behandelnden Arzt daher obliegt, sämtliche Gründe für die Einzelverschreibung sowie für abweichende Abgabenmodalitäten sowie zur Stabilität auf einem Rezept vorzunehmen, führt der Beschwerdeführer ins Treffen, dass der Begriff der 'nachvollziehbaren Dokumentation' nicht ausreichend determiniert ist, um daran die schwerwiegende Sanktion eines praktischen Berufsverbots zu knüpfen.

Der Verordnungsgeber hätte in der Verordnung regeln müssen, welche Kriterien an die Beurteilung der 'Nachvollziehbarkeit' der Dokumentation anzuwenden sind. Er hätte etwa durch Beispiele illustrieren können, welche Kriterien der behandelnde Arzt zu prüfen und auf eine Einzelverschreibung zu vermerken hat, um dem Gebot der 'Nachvollziehbarkeit' gerecht zu werden.

[…]

4.4.4. Soweit ersichtlich ist die gesetzliche Grundlage für die Sucht[gift]verordnung (SV) in §10 SMG zu finden. Diese beschreibt jedoch lediglich allgemeine und globale Regelungsziele, und zwar die Abwehr der durch den Missbrauch von Suchtmitteln für das Leben oder die Gesundheit von Menschen drohenden Gefahren und zur Überwachung des geordneten Verkehrs und der Gebarung mit Suchtmitteln. Zu diesem Zweck soll der Verordnungsgeber unter anderem Regelungen betreffend die Verschreibung, Abgabe und Verwendung von Suchtmitteln einschließlich der Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und Kontrolle der Substitutionsbehandlung treffen (§10 Abs1 Z5 SMG).

4.4.5. Die Verordnungsermächtigung des §10 Abs1 Z5 SMG nimmt eine bloß formalgesetzliche, verfassungsrechtlich unzulässige Formaldelegation an den Verordnungsgeber vor, indem sie keinerlei Hinweise oder Konkretisierungen für Dokumentationspflichten enthält.

§23c und §23e Abs2 (vorletzter und letzter Satz) SV enthalten den unbestimmten Begriff der 'nachvollziehbaren Dokumentation'. Eine eindeutige und für den Arzt als Normadressaten entsprechend vorhersehbare Auslegung dieses Begriffs, etwa durch die Verordnungsermächtigung im SMG oder durch andere Bestimmungen der SV, ist nicht möglich. Eine Konkretisierung des Begriffs der 'nachvollziehbaren Dokumentation' ist somit unumgänglich. Bescheide und Erkenntnisse, die auf dem Vorwurf gründen, eine Dokumentation sei 'nicht nachvollziehbar', sind insoweit auf nicht ausreichend determinierte Regelungen in der SV gestützt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der nicht ausreichend determinierten Regelungen (im vorliegenden Fall: §23c SV, §23e Abs2 SV) als verfassungswidrig.

4.4.6. Diese Regelungen dürfen aufgrund der mangelnden Determinierung des Begriffs der 'nachvollziehbaren Dokumentation' auch im vorliegenden Fall nicht zur Beurteilung herangezogen werden, ob dem Beschwerdeführer 'wiederholte Verstöße gegen Berufspflichten' zur Last zu legen sind. Diese Regelungen sind präjudiziell. Der Beschwerdeführer beantragt ihre Aufhebung. Im Fall der Aufhebung sind dem Beschwerdeführer keine Berufspflichtverletzungen vorzuwerfen. Eine Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte ist im Fall der Aufhebung rechtswidrig. Auch aus diesem Grund ist das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.

4.4.7. Der Beschwerdeführer bekämpft die einschlägigen Regelungen, denen zufolge therapierende Ärzte zur – nicht näher konkretisierten und determinierte[n] – 'nachvollziehbaren Dokumentation' verpflichtet sind, als verfassungswidrig, weil diese dem verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebot widersprechen. Dies gilt umso mehr für Regelungen, an deren Missachtung derartig gravierende Sanktionen wie ein Berufsverbot geknüpft sind, die letztlich einer strafrechtlichen Sanktion gleichkommen. Damit wird im Übrigen auch Art7 EMRK verletzt. Diese Bestimmung verlangt, dass Strafnormen hinreichend konkret und präzise das strafbare Verhalten umschreiben müssen. Der EGMR hat aus Art7 EMRK ein Klarheitsgebot für Strafbestimmungen abgeleitet (vgl etwa Hengstschläger/Leeb, Grundrechte 3 [2019] Rz 25/4 mwN)."

5. Der Magistrat der Stadt Wien hat eine Gegenschrift insbesondere zu dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erstattet, in der den Beschwerdebehauptungen entgegengetreten wird: Nur bei Einhaltung der einschlägigen Substitutions- und Dokumentationsvorschriften sei eine funktionierende Gesundheitsversorgung und Vorsorge mit einer Hintanhaltung des Gefährdungspotentials für Substitutionspatientinnen und Substitutionspatienten sowie Dritter (Weitergabe) möglich.

6. Das Verwaltungsgericht Wien hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

7. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat eine Äußerung insbesondere zu den in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen Rechtsvorschriften erstattet, in der Folgendes vorgebracht wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

" 1. Zur behaupteten Verletzung des Legalitätsprinzips (Art18 B VG, Art7 EMRK)

1.1. Der Antragsteller behauptet, dass die Verordnungsermächtigung des §10 Abs1 Z5 SMG sowie §§23c und 23e Abs2 SV den Anforderungen aus Art18 B VG und aus Art7 EMRK nicht gerecht werden.

1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B VG vereinbar, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (zB VfSlg 16.993/2003 mwN). Bei Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl ua VfSlg 8395/1978, 10296/1984). Nach dem 'differenzierten Legalitätsprinzip' (grundlegend VfSlg 13.785/1994) verlangt Art18 B VG einen dem jeweiligen Gegenstand adäquaten Determinierungsgrad. Erhöhte Bestimmtheitsanforderungen ergeben sich für 'eingriffsnahe' Gesetze, auch in grundrechtssensiblen Bereichen ist damit aber grundsätzlich weder ausgeschlossen, der Behörde ein Ermessen einzuräumen, noch sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl VfSlg 10.737/1985 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs).

1.3. Auch aus Art7 EMRK ergibt sich nichts Anderes: Das Bestimmtheitsgebot des Art7 EMRK ist nicht absolut, sondern hängt vom Rechtsgebiet sowie von Zahl und Status des Adressaten ab (siehe Grabenwarter/Pabel, EMRK6 Rz 159). Das Klarheitsgebot verlangt, dass ein Straftatbestand eindeutig vom Gesetz festgelegt ist. Daraus ergibt sich jedoch nicht das Erfordernis kasuistischer Einzelfallregelungen und -definitionen. Den Anforderungen aus Art7 EMRK ist vielmehr Genüge getan, wenn dem Wortlaut – soweit erforderlich mit Hilfe der Auslegung durch die Gerichte – zu entnehmen ist, für welche Handlungen und Unterlassungen der Rechtsunterworfene zur Verantwortung gezogen werden kann und welcher Strafrahmen dafür besteht (EGMR 22. 1. 2013, BeschwNr 42931/10).

1.4. Diesen Anforderungen wird die Verordnungsermächtigung des §10 Abs1 Z5 SMG sowie §§23c und 23e Abs2 SV gerecht:

1.5. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers zu §10 Abs1 Z5 SMG (…) kann der BMSGPK eine verfassungsrechtlich unzulässige Formaldelegation nicht erkennen. Der Verordnungsgeber hat zur Abwehr der durch den Missbrauch von Suchtmitteln für das Leben oder die Gesundheit von Menschen drohenden Gefahren und zur Überwachung des geordneten Verkehrs und der Gebarung mit Suchtmitteln durch Verordnung nähere Vorschriften über die Verschreibung, Abgabe und Verwendung von Suchtmitteln einschließlich der Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und Kontrolle der Substitutionsbehandlung zu erlassen. Soweit der Antragsteller in §10 Abs1 SMG lediglich allgemeine und globale Regelungsziele erkennt, ist dem entgegenzuhalten, dass aus der Verordnungsermächtigung des §10 Abs1 Z5 SMG klar hervorgeht, dass die näheren Ausführungen zur Opioid-Substitutionsbehandlung (OST), welche in ihrem Kern in §8a SMG geregelt werden, durch Verordnung zu treffen sind. Eben diese Regelungen hinsichtlich der 'Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und Kontrolle' der OST trifft der Verordnungsgeber ua mit den Dokumentationsvorschriften der §§23c und 23e Abs2 SV.

1.6. Der BMSGPK vermag daher durch §10 Abs1 Z5 SMG keine verfassungsrechtlich unzulässige Formaldelegation an den Verordnungsgeber erkennen.

1.7. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers verstößt §§23c und 23e Abs2 SV auch nicht gegen das Determinierungsgebot. Soweit der Antragsteller unter Punkt 4.4.2. der Beschwerde moniert, dass der Verordnungsgeber etwa durch Beispiele hätte illustrieren können, welche Kriterien die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt zu prüfen und auf eine Einzelverschreibung zu vermerken hätte, um dem Gebot der 'Nachvollziehbarkeit' zu entsprechen, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus dem Verordnungstext klar ergibt, was von der Ärztin/vom Arzt zu dokumentieren ist. Im Falle des §23c SV sind es die Gründe, die die Ärztin/den Arzt dazu bewogen haben, eine Dosismenge zu verschreiben, die über die in der Leitlinie zur Durchführung der OST festgelegten Dosismenge liegt. Im Falle des §23e Abs2 sind es die Gründe für die Anordnung und die Dauer der Mitgabe sowie die Gründe, die sie/ihn zur Annahme der Stabilität bewogen haben. Bereits aus dem Wortlaut der §§23c und 23e Abs2 SV geht unmissverständlich hervor, dass so zu dokumentieren ist, dass einer Amtsärztin/einem Amtsarzt die Möglichkeit gegeben werden soll, die Gründe, die die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt für zB eine Überschrei[t]ung der in der Leitlinie festgelegten Dosismenge bewogen haben, auf medizinisch-fachlicher Ebene nachvollziehen zu können.

1.8. Werden die in der Leitlinie zur Durchführung der OST angeführten Dosismengen überschritten, hat dies zur Folge, dass an die ärztlichen Sorgfalts- und Dokumentationspflichten besondere Anforderungen gestellt werden. Es müssen die Gründe, die sie/ihn zur Beurteilung des Dosisbedarfs bewogen haben, nachvollziehbar dokumentiert werden. Werden nicht alle relevanten Fakten in der Dokumentation festgehalten, aus denen sich die Zulässigkeit der Überschreitung ableiten lassen, so nimmt man der Amtsärztin/dem Amtsarzt die Möglichkeit der Überprüfung der Nachvollziehbarkeit.

1.9. Dem Antragsteller war es aufgrund der geltenden Rechtslage durchaus möglich, sein Verhalten danach auszurichten.

2. Im Ergebnis treffen somit die Bedenken des Antragstellers nicht zu. Die behauptete Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen liegt nicht vor."

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die auf Grund der §§10 Abs1 Z5 sowie 11 Abs2 Z2 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl I 112/1997 idF BGBl I 134/2002 erlassene Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Weiterbildung zur/zum mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Ärztin/Arzt für den Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung von Patientinnen/Patienten mit Substanzgebrauchsstörung (im Folgenden: Weiterbildungsverordnung Opioid-Substitution), BGBl II 449/2006, lautet in der zur Zeit des vorgeworfenen Fehlverhaltens maßgeblichen Fassung BGBl II 216/2020 auszugsweise:

"Allgemeines, Begriffsbestimmungen

§1.

(1) Diese Verordnung regelt die Weiterbildung der zur selbständigen Berufsausübung berechtigten, freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätigen Ärzte und Ärztinnen mit dem Ziel der Erlangung jener Kenntnisse und Fertigkeiten eines/einer mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arztes/Ärztin, die diesen/diese zur Durchführung der Substitutionsbehandlung qualifizieren (§11 Abs2 Z2 des Suchtmittelgesetzes). Die Weiterbildung vermittelt

1. die umfassende Qualifikation zur Substitutionsbehandlung (Indikationstellung und Einstellung von Patienten auf ein Substitutionsmittel einschließlich Weiterbehandlung), oder

2. eine auf die Weiterbehandlung von bereits auf ein Substitutionsmittel eingestellten Patienten eingeschränkte Qualifikation.

(2) 'Substitutionsbehandlung' im Sinne dieser Verordnung ist die ärztliche Behandlung im Sinne des §23a Abs1 der Suchtgiftverordnung.

(3) Amtsärzte und Amtsärztinnen dürfen mit der Kontrolle der Substitutionsbehandlung (§§21 Abs2, 23g der Suchtgiftverordnung) nur betraut werden, wenn sie das Basismodul gemäß §3 Abs1 Z1 oder sonst eine Weiterbildung absolviert haben, die dem Basismodul gemäß §3 Abs1 Z1 gleichwertig ist.

(4) Soweit die Betrauung eines/einer gemäß Abs3 qualifizierten Amtsarztes/Amtsärztin nicht möglich ist, darf für die Kontrolle der Substitutionsbehandlung vorübergehend für die Dauer von längstens sechs Monaten ein/eine noch nicht gemäß Abs3 qualifizierter/qualifizierte Amtsarzt/Amtsärztin herangezogen werden, wenn sichergestellt ist, dass

1. die Kontrolltätigkeit einschließlich Vidierung von Substitutions-Dauerverschreibungen während dieser Zeit unter der Supervision eines/einer gemäß Abs3 qualifizierten Amtsarztes/Amtsärztin erfolgt, und

2. der/die supervidierte Amtsarzt/Amtsärztin mit der Basisweiterbildung gemäß §3 Abs1 Z1 (Basismodul) unverzüglich beginnt und zumindest die Hälfte des Basismoduls bis längstens zum Ablauf der sechs Monate nachweislich absolviert.

Qualifikation zur Durchführung der Substitutionsbehandlung

§2.

(1) Zur umfassenden Substitutionsbehandlung (Indikationstellung und Einstellung von Patienten auf ein Substitutionsmittel einschließlich Weiterbehandlung) sind nur jene Ärzte und Ärztinnen qualifiziert, die

1. nach den ärzterechtlichen Vorschriften zu einer allgemeinmedizinischen Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Rahmen eines Sonderfaches der Heilkunde berechtigt sind, das die Substitutionsbehandlung umfasst,

2. sich der Basisweiterbildung gemäß §3 Abs1 Z1 (Basismodul 'Indikationstellung und Einstellung') unterzogen haben,

3. in die Liste der zur Durchführung der Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen eingetragen worden sind, und

4. sich der regelmäßigen vertiefenden Weiterbildung gemäß §3 Abs1 Z2 (Weiterbildungsmodule) unterziehen.

(1a) Lediglich zur Weiterbehandlung von bereits auf ein Substitutionsmittel eingestellten Patienten sind jene Ärzte und Ärztinnen qualifiziert, die, ohne sich der Basisweiterbildung gemäß §3 Abs1 Z1 unterzogen zu haben, die Weiterbildung gemäß §3 Abs1a Z1 (Basismodul 'Weiterbehandlung') absolviert haben und die Voraussetzungen gemäß Abs1 Z1, 3 und 4 erfüllen. Die Qualifikation zur Weiterbehandlung umfasst die Weiterverschreibung des Substitutionsmittels, auf das der Patient oder die Patientin eingestellt worden ist; Dosisänderungen und Änderungen des Mitgabemodus dürfen innerhalb eines begrenzten, vom indikationstellenden und einstellenden Arzt vorgegebenen Rahmens vorgenommen werden. Weitergehende Dosisänderungen oder Änderungen des Mitgabemodus, insbesondere die Festlegung eines Mitgabemodus gemäß §23e Abs5 der Suchtgiftverordnung, sowie die Umstellung auf ein anderes Substitutionsmittel sind von der Qualifikation zur Weiterbehandlung nicht umfasst.

(2) Ausgenommen von den Qualifikationserfordernissen gemäß Abs1 und 1a sind Ärzte und Ärztinnen, soweit sie die Substitutionsbehandlung ausschließlich zur Überbrückung, insbesondere während des stationären Aufenthaltes einer opioidabhängigen Person in einer Krankenanstalt, durchführen und der stationäre Aufenthalt nicht hauptsächlich der Behandlung der Opioidabhängigkeit dient.

[…]

Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen

§5.

(1) Ärzte und Ärztinnen, die beabsichtigen, sich im Rahmen ihrer Berufsausübung der Substitutionsbehandlung zuzuwenden, haben der Bezirksverwaltungsbehörde das Vorliegen der entsprechenden Qualifikation nachzuweisen. Die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde richtet sich nach dem Berufssitz oder Dienstort, an dem sich der Arzt oder die Ärztin der Durchführung der Substitutionsbehandlung zuwenden will.

(2-4) […]

[…]

Streichung von der Liste

§7.

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid unverzüglich die Streichung von der Liste vorzunehmen, wenn ihr zur Kenntnis gelangt, dass eine Voraussetzung für die Eintragung weggefallen ist oder nicht vorgelegen hat, der Arzt oder die Ärztin ärztlichen Berufspflichten nicht nachkommt oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat. Darüber hinaus ist der Arzt oder die Ärztin wegen Ablaufs der Frist von der Liste unverzüglich zu streichen, sofern sich aus §6 nicht anderes ergibt. Die Österreichische Ärztekammer hat der Bezirksverwaltungsbehörde alle ihr zur Kenntnis gelangenden Umstände, die einer weiteren Eintragung in der Liste entgegenstehen, unverzüglich mitzuteilen.

[…]"

2. §23a, §23c und §23e der Suchtgiftverordnung, BGBl II 374/1997, idF BGBl II 292/2017 (§23c) und BGBl II 215/2020 (§§23a, 23e) laute(te)n:

"Opioid-Substitutionsbehandlung

§23a.

(1) Opioid-Substitutionsbehandlung im Sinne dieser Verordnung ist die ärztliche Behandlung der Opioidabhängigkeit mit opioidhaltigen Arzneimitteln nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung.

(2) Die Substitutionsbehandlung kann als Überbrückungs-, Reduktions- oder Erhaltungstherapie zum Einsatz kommen.

(3) Wenn es aus Gründen der Qualitätssicherung der Behandlung oder der Behandlungssicherheit erforderlich ist, hat die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen unter Bedachtnahme auf den Stand der medizinischen Wissenschaft und ärztlichen Erfahrung Leitlinien zur Durchführung der Substitutionsbehandlung zu erlassen. Die Bundesministerin/Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann stattdessen auf geeignete Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften referenzieren, sofern diese Standards einschließen, die geeignet sind, im Interesse des öffentlichen Gesundheitsschutzes den unkontrollierten Umgang mit den verschriebenen Substitutionsmedikamenten möglichst gering zu halten. Die Leitlinien müssen

1. für die bei der Verschreibung zur Opioid-Substitution zum Einsatz kommenden Wirkstoffe Tages Dosismengen festlegen, bei deren Überschreiten besondere Anforderungen an die ärztliche Sorgfalts- und Dokumentationspflicht zu stellen sind (§23c), sowie

2. Stabilitätskriterien nach medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkten als Voraussetzung für die ärztliche Anordnung einer längerfristigen Mitgabe des Substitutionsmedikamentes (§23e Abs4) festlegen.

§23c.

Die Ärztin/Der Arzt hat das Überschreiten der gemäß §23a Abs3 Z1 festgelegten Dosismenge, wenn sie/er dies aus fachlichen Gründen bei der Behandlung einer Patientin/eines Patienten im Einzelfall für erforderlich hält, unter Anführung der Gründe, die sie/ihn zur Beurteilung des Dosisbedarfs bewogen haben, nachvollziehbar zu dokumentieren und der Amtsärztin/dem Amtsarzt nach Aufforderung darüber Auskunft zu erteilen, auf Verlangen auch schriftlich.

§23e.

(1) Bei Ausstellung der Substitutionsverschreibung hat der Arzt einen Abgabemodus anzuordnen, der die tägliche kontrollierte Einnahme des Substitutionsmittels unter Sicht in der Apotheke, Ordinationsstätte, Krankenanstalt oder in der den Patienten betreuenden Drogenhilfeeinrichtung sicherstellt. Ausnahmen von der täglichen kontrollierten Einnahme sind nur an Wochenenden und Feiertagen zulässig; dabei dürfen dem Patienten nicht mehr als eine Tagesdosis für den Sonntag bzw eine Tagesdosis pro Feiertag ausgefolgt werden.

(2) Zur Sicherstellung der Behandlungskontinuität sind weitere Ausnahmen von der täglich kontrollierten Einnahme bei oraler Applikation zulässig, wenn der Patientin/dem Patienten nachweislich die tägliche Einnahme an der Abgabestelle

1. auf Grund des zeitlichen Umfanges einer beruflichen Tätigkeit oder einer vom Arbeitsmarktservice geförderten Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme, oder

2. aus anderen zeitlich begrenzten (wie insbesondere vorübergehende Erkrankung, Urlaub, vorübergehender Aufenthaltswechsel) oder zeitlich unbegrenzten, besonders berücksichtigungswürdigen Gründen

nicht möglich ist oder nicht zugemutet werden kann. In diesen Fällen ist die Mitgabe nach Maßgabe des Abs3 zeitlich zu begrenzen. Im Einzelfall ist bei der Festlegung der Dauer der Mitgabe auf die Stabilität der Patientin/des Patienten im Hinblick auf einen potenziell selbst- oder fremdschädigenden Umgang mit dem Substitutionsmedikament Bedacht zu nehmen. Die Ärztin/Der Arzt hat die Gründe für die Anordnung und die Dauer der Mitgabe sowie die Gründe, die sie/ihn zur Annahme der Stabilität bewogen haben, nachvollziehbar zu dokumentieren. Der Amtsärztin/Dem Amtsarzt ist nach Aufforderung darüber Auskunft zu erteilen, auf Verlangen auch schriftlich.

(3) Im Fall des

1. Abs2 Z1 darf die Mitgabe von bis zu sieben Tagesdosen angeordnet werden,

2. Abs2 Z2 darf die Mitgabe, wenn diese aus Anlass von Urlaub angeordnet wird, pro Kalenderjahr 35 Tagesdosen nicht überschreiten.

Als Tagesdosis gilt die Dosis für einen Kalendertag, unabhängig davon, ob es sich um einen Werktag, Sonntag oder Feiertag handelt.

(4) Unabhängig vom Vorliegen der Gründe gemäß Abs2 darf die Mitgabe von bis zu dreißig Tagesdosen angeordnet werden, wenn und solange die Ärztin/der Arzt bei der Prüfung gemäß Abs6 Z1 erster und zweiter Satz zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Patientin/der Patient die für die Mitgabe des Arzneimittels vorauszusetzende Stabilität aufweist und insbesondere die folgenden Stabilitätskriterien erfüllt:

1. medizinische und psychosoziale Stabilität im Sinne der gemäß §23a Abs3 Z2 festgelegten Kriterien,

2. ununterbrochene Dauer der Opioid-Substitutionsbehandlung über zumindest sechs aufeinander folgende Monate,

3. innerhalb der unmittelbar vorangegangenen sechs Monate

a) keine Mitteilung

aa) einer Apotheke (§8a Abs4 SMG) oder

bb) der Kriminalpolizei (§8a Abs5 SMG)

die nach ärztlicher Beurteilung geeignet ist, die für eine längerfristige Mitgabe des Substitutionsmedikamentes vorauszusetzende Stabilität der Patientin/des Patienten in Frage zu stellen,

b) kein Verlust der für die Patientin/den Patienten ausgestellten Substitutionsverschreibung, von abgegebenen Tagesdosen des Substitutionsmedikamentes und kein sonstiges Vorkommnis, das den Ersatz der Substitutionsverschreibung oder abgegebener Substitutionsmedikamente notwendig macht, jedenfalls aber nicht mehrmalige diesbezügliche Vorkommnisse.

(5) Andere Ausnahmen von der täglich kontrollierten Einnahme bei oraler Applikation sind nur zulässig, wenn dies im Einzelfall aus besonders berücksichtigungswürdigen, insbesondere auch aus therapeutischen Gründen, geboten ist und hierüber das Einvernehmen zwischen dem behandelnden Arzt und dem Amtsarzt hergestellt worden ist. Der besonders berücksichtigungswürdige Grund und das hergestellte Einvernehmen sind zu dokumentieren. Der besonders berücksichtigungswürdige Grund ist durch einen Vermerk auf der Verschreibung kenntlich zu machen.

(6) Die Ärztin/Der Arzt hat

1. vor Anordnung einer Mitgabe gemäß Abs4 oder vor Verordnung einer die Wochendosis überschreitenden Depotformulierung zu prüfen, ob die Patientin/der Patient die Stabilitätskriterien gemäß Abs4 Z1 erfüllt. Liegen ihr/ihm Informationen zur Beurteilung der Kriterien gemäß Abs4 Z2 und 3 vor, so sind auch diese in die Beurteilung des Vorliegens der Stabilitätskriterien einzubeziehen. Die Ärztin/Der Arzt hat unter Einbeziehung der Kriterien gemäß Abs4 die Gründe, die sie/ihn zu der Annahme bewogen haben, dass die Patientin/der Patient die für die Mitgabe des Arzneimittels oder der Verordnung einer die Wochendosis überschreitenden Depotformulierung vorauszusetzende Stabilität erfüllt, nachvollziehbar zu dokumentieren. Der Amtsärztin/Dem Amtsarzt ist nach Aufforderung darüber Auskunft zu erteilen, auf Verlangen auch schriftlich;

2. auf der Substitutionsverschreibung

a) die Anordnung der Mitgabe und die Tage/den Zeitraum, für die/den das Substitutionsmedikament mitgegeben werden soll, zu vermerken,

b) zur Information für die Amtsärztin/den Amtsarzt einen Hinweis anzubringen, der

aa) den Grund (Abs1 bis 3) oder den besonders berücksichtigungswürdigen Grund (Abs5) für die Mitgabe ausweist, oder

bb) im Falle einer Mitgabe gemäß Abs4 kenntlich macht, dass von der Erfüllung der Stabilitätskriterien gemäß Abs4 ausgegangen worden ist.

(7) Die Änderung des auf einer bereits vidierten Suchtgift-Dauerverschreibung verordneten Abgabemodus ist nur dann zulässig, wenn dies kurzfristig aus unvorhersehbaren Gründen (zB Erkrankung des Patienten, unvorhergesehener Reisebedarf) unerlässlich ist; sie bedarf der schriftlichen Begründung und Fertigung des behandelnden Arztes sowie der Vidierung durch den zuständigen Amtsarzt. In allen anderen Fällen hat der Arzt die bereits gültige Dauerverschreibung nachweislich zu stornieren und durch eine neue Dauerverschreibung mit dem geänderten Abgabemodus zu ersetzen.

(7a) Für Fälle des Abs7 erster Satz ist §21 Abs2a sinngemäß anzuwenden.

(8) Ist der Patient aus zwingenden Gründen (zB Erkrankung) an der auf der Verschreibung vermerkten täglich kontrollierten Einnahme gehindert, so hat der behandelnde Arzt durch geeignete Vorkehrungen, wie zB Mitgabe des Substitutionsmittels an eine vertrauenswürdige Person, welche sich durch einen amtlichen Lichtbildausweis auszuweisen hat, vorzusorgen. Der Arzt hat die abgebende Stelle (§23e Abs1), sofern er das Substitutionsmittel nicht selbst abgibt, rechtzeitig von der getroffenen Regelung in Kenntnis zu setzen. Die Mitgabe des Substitutionsmittels an eine vertrauenswürdige Person ist von der abgebenden Stelle zu dokumentieren.

(9) Im Fall, dass die Laufzeit der Dauerverschreibung während einer urlaubsbedingten oder sonstigen vorhersehbaren Abwesenheit des verschreibenden Arztes endet, hat dieser seinen Vertreter hievon zeitgerecht in Kenntnis zu setzen."

3. §§8a, 10 und 11 des Bundesgesetzes über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl I 112/1997, lautete in der zur Zeit des vorgeworfenen Fehlverhaltens maßgeblichen Fassung BGBl I 16/2020:

"Opioid-Substitutionsbehandlung

§8a.

(1) Ärzte haben den Beginn und, sofern es ihnen bekannt ist, das Ende einer Substitutionsbehandlung (§11 Abs2 Z2) unter Bekanntgabe der Daten gemäß §24b Abs1 Z1 und 2 unverzüglich der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu melden. Soweit nach Maßgabe der zu diesem Bundesgesetz erlassenen Durchführungsbestimmungen die Verschreibung oder Abgabe des Substitutionsmittels nicht unter Verwendung einer Substitutions-Dauerverschreibung erfolgt, ist bei Meldung des Behandlungsbeginns das Substitutionsmittel bekannt zu geben. Ferner hat die/der behandelnde Ärztin/Arzt den ihr/ihm zur Kenntnis gelangten Verlust einer für die Patientin/den Patienten ausgestellten Substitutionsverschreibung oder eines an die Patientin/den Patienten abgegebenen Substitutionsmedikamentes der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zur Kenntnis zu bringen.

(1a) Für Personen, die wegen ihrer Abhängigkeitserkrankung vom Morphintyp im Rahmen einer Opioid-Substitutionsbehandlung opioidhaltige Arzneimittel fortlaufend benötigen, sind, außer in begründeten Einzelfällen, Dauerverschreibungen mit einer maximalen Geltungsdauer auszustellen, die vor Übergabe an die Apotheke dem amtsärztlichen Dienst der zuständigen Gesundheitsbehörde zur Überprüfung und Fertigung (Vidierung) vorzulegen sind. Die Prüfung und Vidierung der Dauerverschreibungen hat nach Maßgabe der mit Verordnung gemäß §10 Abs1 Z5 getroffenen Vorschriften über die Qualität und Sicherheit der Behandlung zu erfolgen. Der amtsärztliche Dienst darf zu diesem Zweck Daten verarbeiten, die sich auf jene Person beziehen, für die die Dauerverschreibung ausgestellt worden ist, und die der Bezirksverwaltungsbehörde als nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 zuständiger Gesundheitsbehörde aufgrund des Suchtmittelgesetzes übermittelt worden sind. Die für die Gültigkeit der Dauerverschreibung erforderliche Vidierung durch den amtsärztlichen Dienst der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde ersetzt die chef- und kontrollärztliche Bewilligung.

(1b) Daten gemäß Abs1a dritter Satz sind

1. Meldungen gemäß Abs1,

2. Meldungen an das bundesweite Substitutionsregister gemäß §§24b und §26 Abs4 letzter Satz,

3. Mitteilungen aus Apotheken gemäß Abs4,

4. Mitteilungen gemäß §§13, 14 Abs2.

(1c) Dauerverschreibungen nach Abs1a gelten, zur Entlastung des amtsärztlichen Dienstes unter Bezugnahme auf die Umsetzung des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020, zur Verhinderung der Verbreitung von COVID 19 und zur Sicherstellung der Opioid-Substitutionsbehandlung, als vidiert, wenn die substituierende Ärztin/der substituierende Arzt den Vermerk 'Vidierung nicht erforderlich' auf der Dauerverschreibung anbringt. Der Vermerk ist von der substituierenden Ärztin/dem substituierenden Arzt zu unterfertigen und mit der Stampiglie der Ärztin/des Arztes zu versehen. Voraussetzung ist, dass der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt keine Hinweise auf eine Mehrfachbehandlung der Patientin/des Patienten mit Substitutionsmitteln vorliegen.

(2) Die an der Beratung, Behandlung oder Betreuung eines Patienten, der sich einer Substitutionsbehandlung unterzieht, beteiligten Ärzte, Amtsärzte, Apotheker, Bewährungshelfer, klinischen Psychologen, Psychotherapeuten oder Personen, die in einer Einrichtung gemäß §15 gesundheitsbezogene Maßnahmen (§11 Abs2) bei diesem Patienten durchführen, dürfen Wahrnehmungen aus dieser Tätigkeit gegenseitig nur insoweit mitteilen, als

1. der Patient in eine solche Mitteilung ausdrücklich eingewilligt hat, oder

2. die Mitteilung zum Schutz der Gesundheit des Patienten dringend erforderlich ist und seine ausdrückliche Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann.

(3) Der Arzt, Amtsarzt, Apotheker, Bewährungshelfer, klinische Psychologe, Psychotherapeut oder die Person, die in einer Einrichtung gemäß §15 gesundheitsbezogene Maßnahmen bei dem Patienten durchführt, hat im Fall des Abs2 Z1 die ausdrückliche Einwilligung des Patienten, im Fall des Abs2 Z2 die Gründe, weshalb die ausdrückliche Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte, zu dokumentieren.

(4) Abweichend von Abs2 haben die in öffentlichen Apotheken beschäftigten Apothekerinnen/Apotheker, wenn im Rahmen des Apothekenbetriebes

1. die Vorlage von Suchtmittelverschreibungen verschiedener Ärztinnen/Ärzte durch eine Patientin/einen Patienten wahrgenommen wird,

2. die ärztlich angeordnete kontrollierte Einnahme von Substitutionsmedikamenten nicht gewährleistet werden kann, oder

3. sonstige außergewöhnliche Umstände wahrgenommen werden,

und diese Wahrnehmung oder Wahrnehmungen eine erhebliche Gefährdung der Patientin/des Patienten selbst nahe legen oder, bei einer Weitergabe der Suchtmittel, eine Gefährdung Dritter, unverzüglich jene Ärztinnen/Ärzte davon in Kenntnis zu setzen, die die suchtmittelhaltigen Arzneimittel für die Patientin/den Patienten verschrieben haben. Sofern der Apotheke bekannt ist, dass sich die Patientin/der Patient einer Opioid-Substitutionsbehandlung unterzieht, ist auch die/der substituierende Ärztin/Arzt sowie die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Eine Verständigung in elektronischer Form darf nur unter Wahrung der Vertraulichkeit und Datensicherheit (§§6 und 8 Gesundheitstelematikgesetz 2012 in der geltenden Fassung) erfolgen.

(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darf personenbezogene Patientendaten, die ihr aufgrund einer Verständigung gemäß Abs4 oder einer Mitteilung gemäß den §§13 oder 14 Abs2 zur Kenntnis gelangt sind, insoweit verarbeiten, als diese für die Vollziehung der ihr nach diesem Bundesgesetz oder einer gemäß §10 erlassenen Verordnung übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.

(6) Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Abs1 bis 5 sind die Rechte und Pflichten gemäß Art13, 14, 18 und 21 der Verordnung (EU) Nr 679/2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr L 119 vom 04.05.2016 S. 1, (im Folgenden: DSGVO) ausgeschlossen.

Verordnung

§10.

(1) Soweit dies zur Abwehr der durch den Missbrauch von Suchtmitteln für das Leben oder die Gesundheit von Menschen drohenden Gefahren und zur Überwachung des geordneten Verkehrs und der Gebarung mit Suchtmitteln geboten ist, hat der Bundesminister oder die Bundesministerin für Gesundheit mit Verordnung nähere Vorschriften zu erlassen über

1. die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Suchtmitteln, der Cannabispflanze und von Mohnstroh,

2. die Erzeugung und Verarbeitung von Suchtmitteln einschließlich der Beschränkung der Erzeugung auf bestimmte Mengen und Bezugsquellen,

3. die Erteilung von Bezugsbewilligungen sowie die Ausstellung von Bedarfsbestätigungen für Suchtmittel,

4. die Führung von Vormerkungen und die Erstattung fortlaufender Berichte über die Herstellung und Verarbeitung, den Erwerb, die Veräußerung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr und die Abgabe von, über den sonstigen Verkehr mit und über vorhandene Vorräte an Suchtmitteln,

5. die Verschreibung, Abgabe und Verwendung von Suchtmitteln einschließlich der Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und Kontrolle der Substitutionsbehandlung,

6. den sonstigen Verkehr und die Gebarung mit Suchtmitteln,

7. die Kontrolle des Anbaus von Pflanzen der Gattung Cannabis zwecks Gewinnung von Suchtgift für die Herstellung von Arzneimitteln.

(2) Der Bundesminister oder die Bundesministerin für Gesundheit hat durch Verordnung Regelungen über die Ausstellung sowie über die behördliche Beglaubigung von Bescheinigungen im Sinne des Artikels 75 des Schengener Durchführungsübereinkommens von 1990 zu treffen. Sie kann die Gesundheitsbehörden ermächtigen, Ärzte, soweit sie zur Verschreibung suchtmittelhaltiger Arzneimittel befugt sind, mit der Berechtigung zur behördlichen Beglaubigung solcher Bescheinigungen zu beleihen.

(3) Während der Geltung des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020, kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz mit Verordnung Regelungen treffen, die die Aufrechterhaltung der Opioid-Substitutionstherapie sicherstellen und dabei das Risiko einer Ansteckung der Patientinnen und Patienten, substituierenden Ärztinnen und Ärzten, Amtsärztinnen und Amtsärzten sowie des Apothekenpersonals mit dem Virus minimieren.

2. Abschnitt

Gesundheitsbezogene Maßnahmen bei Suchtgiftmißbrauch

§11.

(1) Personen, die wegen Suchtgiftmißbrauchs oder der Gewöhnung an Suchtgift gesundheitsbezogener Maßnahmen gemäß Abs2 bedürfen, haben sich den notwendigen und zweckmäßigen, ihnen nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen. Bei Minderjährigen haben die Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten im Rahmen ihrer Pflicht zur Pflege und Erziehung dafür zu sorgen, daß sie sich solchen Maßnahmen unterziehen.

(2) Gesundheitsbezogene Maßnahmen sind

1. die ärztliche Überwachung des Gesundheitszustands,

2. die ärztliche Behandlung einschließlich der Entzugs- und Substitutionsbehandlung,

3. die klinisch-psychologische Beratung und Betreuung,

4. die Psychotherapie sowie

5. die psychosoziale Beratung und Betreuung

durch qualifizierte und mit Fragen des Suchtgiftmißbrauchs hinreichend vertraute Personen.

(3) Für die Durchführung gesundheitsbezogener Maßnahmen gemäß Abs2 Z3 bis 5 sind insbesondere die Einrichtungen und Vereinigungen gemäß §15 heranzuziehen."

4. §8a Abs1c und 1d des Bundesgesetzes über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl I 112/1997, lautet in der aktuell geltenden Fassung BGBl I 70/2023:

"Opioid-Substitutionsbehandlung

§8a.

(…)

(1c) Im Hinblick auf die zur Sicherstellung der Opioid-Substitutionsbehandlung gebotene Entlastung des amtsärztlichen Dienstes bis zur technischen Umsetzung eines digitalen Verschreibungsprozesses gelten Dauerverschreibungen nach Abs1a als vidiert, wenn die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt den Vermerk 'Vidierung nicht erforderlich' auf der Dauerverschreibung anbringt. Der Vermerk ist von der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt zu unterfertigen und mit ihrer/seiner Stampiglie zu versehen. Voraussetzung ist, dass der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt kein Hinweis auf eine Mehrfachbehandlung der Patientin/des Patienten mit Substitutionsmitteln und keine Mitteilung der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde vorliegt, dass die Entlastung des amtsärztlichen Dienstes zur Sicherstellung der Opioid Substitution nicht mehr erforderlich ist.

(1d) Die Übermittlung von Verschreibungen im Rahmen der Opioid Substitutionsbehandlung an die Apotheke und die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darf, bis zur technischen Umsetzung eines digitalen Verschreibungsprozesses, unter den Voraussetzungen des §27 Abs10 des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 (GTelG 2012), BGBl I Nr 111/2012, ungeachtet des §6 Abs1 Z2 GTelG 2012, per E-Mail erfolgen. Die technischen und organisatorischen Datensicherheitsmaßnahmen gemäß §27 Abs12 GTelG 2012, in der Fassung BGBl I Nr 206/2022, gelten für eine Übermittlung per E-Mail mit der Maßgabe, dass sie auf die Art und Eigenschaft dieser Übermittlungsform auszurichten sind."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Zu der im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Rechtslage:

1.1. §7 Abs1 der Weiterbildungsverordnung Opioid-Substitution sieht die unverzügliche Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung berechtigten Ärzte nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer unter anderem vor, wenn der Arzt oder die Ärztin ärztlichen Berufspflichten nicht nachkommt oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat. Die Rechtsfolge von §7 Abs1 der Weiterbildungsverordnung Opioid Substitution ist also die Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung berechtigten Ärztinnen und Ärzte; diese Rechtsfolge stellt einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit dar.

Im vorliegenden Fall stützt sich die Streichung ungeachtet des Umstandes, dass die Ärztekammer von ihrem Anhörungsrecht nach §7 Abs1 der Weiterbildungsverordnung orale Substitution im vorliegenden Fall keinen Gebrauch gemacht hat, auf den Tatbestand des wiederholten Verstoßes gegen die ärztlichen Berufspflichten.

Begründend wurde im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer vorgeworfen, in mehreren Fällen, also in Bezug auf mehrere Patienten, die Dokumentationsvorschriften nicht ausreichend erfüllt zu haben, weil in diesen Fällen regelmäßig die in den Leitlinien zur Durchführung der Substitutionsbehandlung angeführten Tages-Dosismengen überschritten worden seien und die Gründe, die den Beschwerdeführer zur Beurteilung des Dosisbedarfes bewogen haben, nicht nachvollziehbar dokumentiert worden seien. Zudem sei der Beschwerdeführer vom regulären Abgabemodus im Sinne von §32e Suchtgiftverordnung abgewichen, ohne dass die nach dieser Bestimmung geforderte Stabilität der Patienten gegeben gewesen sei. Die in diesem Zusammenhang geforderte Dokumentationspflicht sei ebenfalls nicht erfüllt worden. Bei den Dokumentationsvorschriften in den §§23a ff Suchtgiftverordnung handelt es sich um Bestimmungen, deren Nichteinhaltung einen Verstoß gegen die Berufspflichten darstellt (VwGH 26.7.2018, Ro 2014/11/0104).

1.2. Gemäß §23c der Suchtgiftverordnung hat die Ärztin bzw der Arzt das Überschreiten der gemäß §23a Abs3 Z1 leg cit festgelegten Dosismenge, wenn sie bzw er dies aus fachlichen Gründen bei der Behandlung einer Patientin bzw eines Patienten im Einzelfall für erforderlich hält, unter Anführung der Gründe, die sie bzw ihn zur Beurteilung des Dosisbedarfs bewogen haben, nachvollziehbar zu dokumentieren und der Amtsärztin bzw dem Amtsarzt nach Aufforderung darüber Auskunft zu erteilen, auf Verlangen auch schriftlich. §23e Abs2 leg cit sieht eine Verpflichtung zur nachvollziehbaren Dokumentation vor, wenn die täglich kontrollierte Einnahme dem Patienten bzw der Patientin auf Grund besonders berücksichtigungswürdiger Gründe zur Sicherstellung der Behandlungskontinuität nicht möglich oder nicht zugemutet werden kann.

1.3. Mit dem 2. COVID 19 Gesetz, BGBl I 16/2020 wurden coronapandemiebedingte Änderungen (auch) im Suchmittelgesetz, ua §8a Abs1c und §10 Abs3 SMG, eingefügt. Nach diesen Bestimmungen gelten Substitutions-Dauerverschreibungen als vidiert, wenn die substituierende Ärztin/der substituierende Arzt den Vermerk "Vidierung nicht erforderlich" auf der Dauerverschreibung anbringt. Der Vermerk ist von der substituierenden Ärztin/dem substituierenden Arzt zu unterfertigen und mit der Stampiglie der Ärztin/des Arztes zu versehen. Voraussetzung ist, dass der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt keine Hinweise auf eine Mehrfachbehandlung der Patientin/des Patienten mit Substitutionsmitteln vorliegen.

Für Wien wurde dazu gemeinsam mit der Ärztekammer, der Apothekerkammer und dem Gesundheitsdienst der Stadt Wien (MA 15) ein abgestimmter Prozess entwickelt, wie von allen Beteiligten während der Coronapandemie vorzugehen ist.

Die Geltungsdauer von §8a Abs1c und §10 Abs3 SMG in der Fassung BGBl I 16/2020 war zunächst bis zum 31. Dezember 2020 begrenzt, wurde jedoch stets weiterverlängert, bis diese mit 30. Juni 2023 endgültig außer Kraft getreten sind.

1.4. Das Verwaltungsgericht Wien sieht, indem es die Entscheidung des Magistrates der Stadt Wien bestätigt und sich dessen Argumentation in jeder Hinsicht zu eigen macht, die Dokumentationsvorschriften der §§23c und 23e Suchtgiftverordnung derart verletzt, dass ein Entzug der Berechtigung zu Substitutionsbehandlung zulässig sei.

1.5. In der Beschwerde wird nun – neben dem Vorwurf, dass das Verfahren nicht den Vorgaben des Art6 EMRK entsprochen habe und insgesamt willkürlich gewesen sei – insbesondere auch behauptet, dass die in §§23c und 23e Abs2 Suchtgiftverordnung verwendete Wortfolge "nachvollziehbar zu dokumentieren" derart unbestimmt sei, dass ein teilweiser Entzug der Berufsberechtigung als Folge dieses Vorwurfs nicht rechtfertigbar sei. Ebenso – so die Beschwerdebehauptung – sei die Verordnungsermächtigung des §10 Abs1 Z5 SMG verfassungswidrig, weil diese nicht ausdrücklich zu einer Dokumentationspflicht ermächtige.

1.6. Das in Art18 Abs1 B VG

verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Es ist jedoch verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber einer Verwaltungsbehörde ein Auswahlermessen einräumt und die Auswahlentscheidung an – die Behörde bindende – Kriterien knüpft (vgl zB VfSlg 5810/1968, 12.399/1990, 12.497/1990, 16.625/2002). Dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein und steht grundsätzlich in Einklang mit Art18 Abs1 B VG (vgl die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum "differenzierten Legalitätsprinzip", VfSlg 13.785/1994 mwN, 20.130/2016, 20.192/2017, 20.476/2021).

Die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe allein belastet eine Regelung noch nicht mit Verfassungswidrigkeit (vgl zB VfSlg 3981/1961, 18.550/2008, 19.530/2011 und 20.070/2016). Entscheidend ist vielmehr, ob der Anordnungsgehalt einer Regelung unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden geklärt werden kann (vgl zB VfSlg 8395/1978, 10.296/1984, 13.785/1994, 18.821/2009, 19.530/2011, 20.476/2021).

1.7. Die medizinische Dokumentationspflicht für Ärzte ist ein wesentlicher Bestandteil im Ärzterecht und auch im ÄrzteG ausdrücklich geregelt. Die – einer fachgerechten Behandlung sowie auch der Beweissicherung dienende – ärztliche bzw medizinische Dokumentationspflicht ist Teil der ärztlichen Berufspflicht. Jene Bestimmungen, die die Abklärung der Indikation, den Beginn und die weitere Durchführung der Substitutionsbehandlung regeln, was auf die §§23a ff Suchtgiftverordnung zutrifft, und deren Verletzung nach der zitierten einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Verstoß gegen Berufspflichten qualifiziert wird, enthalten derartige Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten. Vom Verordnungsgeber wird davon ausgegangen, dass diese Verpflichtungen als "Begleitmaßnahme" einer erfolgreichen Substitutionstherapie unabdingbar seien. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Verordnungsermächtigung in §10 Abs1 Z5 SMG die in §§23c und 23e Abs2 Suchtgiftverordnung verankerte Dokumentationspflicht nicht trage, geht ins Leere, ist doch die die Dokumentationspflicht normierende Regelung nicht isoliert zu lesen, sondern in einer Zusammenschau mit weiteren gesetzlichen Regelungen sowie der Suchtgiftverordnung zu interpretieren (§51 Ärztegesetz, §44a SMG, §§18, 21, 23a ff Suchtgiftverordnung).

Mit Blick darauf und unter Bedachtnahme darauf, dass eine nachvollziehbare Dokumentation der Verschreibung von Substitutionsmedikamenten auch im Interesse der Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung liegt, kann im hier gegebenen Zusammenhang eine nähere Auseinandersetzung mit der Rechtsqualität der mehrfach im Verfahren genannten Leitlinien des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz unterbleiben, selbst wenn diese als weitere Auslegungshilfe zur Auslegung des Begriffes "verpflichtende Dokumentation" nutzbar sein könnten.

Gesamthaft betrachtet ist der Begriff der "nachvollziehbaren Dokumentation" daher einer Auslegung zugänglich und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich. §10 Abs1 Z5 SMG, der die gesetzliche Grundlage für die §§23c und 23e Abs2 Suchtgiftverordnung bildet, ist nicht verfassungswidrig; die präjudiziellen Regelungen der Suchtgiftverordnung sind nicht gesetzwidrig.

2. Weiters wird in der Beschwerde vorgebracht, dass die angefochtene Entscheidung willkürlich ergangen sei:

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998, 16.488/2002 und 20.299/2018) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002 und 20.402/2020).

2.2. Ein solcher Fehler ist dem Verwaltungsgericht Wien tatsächlich unterlaufen:

Vorauszuschicken ist, dass sich der Vorwurf des Fehlens einer nachvollziehbaren Dokumentation auf den Zeitraum März 2020 bis Mai 2021 bezieht. In diesem Zeitraum waren – mit Blick auf die COVID-19 Pandemie – Sonderregelungen in Kraft.

Das Verwaltungsgericht Wien geht in der Begründung seiner Entscheidung – wie in der Beschwerde zutreffend moniert wird – auf diese spezifische, auch rechtlich unterschiedlich zu beurteilende Situation während dieses durch COVID-19 bestimmten Zeitraumes nicht ein: Die angelasteten Verletzungen der Dokumentationspflichten stehen in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zum Ausbruch der COVID-19 Pandemie, wie der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde hervorhebt.

3. Indem sich das Verwaltungsgericht Wien im Wesentlichen darauf beschränkt, die vom Beschwerdeführer in mehreren Fällen vorgenommene Dokumentation als nicht ausreichend iSv nicht nachvollziehbar zu qualifizieren, ohne auf die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten des Zeitraumes während der Pandemie einzugehen und insbesondere die mit BGBl I 16/2020 eingeführte und am 21. März 2020 in Kraft getretene Rechtslage (die zum Beispiel im Hinblick auf die Vidierung von Dauerverschreibungen Änderungen enthalten hat) einzugehen (diese ist jedoch wie dargestellt für die Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe bedeutsam), hat es Willkür geübt.

IV. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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