JudikaturVfGH

G950/2023 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
28. November 2023

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt und Anlassverfahren

1. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (in der Folge: PVA) vom 11. Oktober 2022 wurde der Anspruch des Antragstellers auf Schwerarbeitspension ab dem Stichtag 1. Juli 2022 iHv € 2.705,15 monatlich anerkannt (und deren Wegfall von 8. bis 23. September 2022 ausgesprochen).

2. Mit Bescheid der PVA vom 17. Juli 2023 wurde ausgesprochen, dass die Schwerarbeitspension des Antragstellers ab 1. Jänner 2023 mit dem Faktor 1,029 vervielfacht wird, sodass sie ab dem zuletzt genannten Tag € 2.783,60 brutto monatlich beträgt.

3. Mit Urteil vom 29. August 2023 erkannte das Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht die beklagte PVA schuldig, dem klagenden Antragsteller ab 1. Jänner 2023 eine Pension iHv € 2.783,60 brutto monatlich zu bezahlen; das Klagebegehren, die PVA sei schuldig, dem Antragsteller ab 1. Jänner 2023 eine darüberhinausgehende Pension auf Basis einer Pensionsanpassung in voller Höhe nach §108h Abs1 ASVG zu gewähren, wurde abgewiesen.

4. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2023 erhob der Antragsteller gegen das genannte – durch Hinterlegung zugestellte und ab 13. September 2023 zur Abholung bereit gehaltene – Urteil einerseits Berufung an das Oberlandesgericht Linz, andererseits brachte er am gleichen Tag auch den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag ein, der Verfassungsgerichtshof möge §108h Abs1a ASVG, BGBl 189/1955, idF BGBl I 28/2021, §775 Abs6 leg cit idF BGBl I 176/2022, in §775 Abs1 leg cit idF BGBl I 176/2022 den Satz "Dies gilt auch in den Fällen des Abs6", in §775 Abs3 leg cit idF BGBl I 176/2022 den Satz "Auf den so ermittelten Anteil des Erhöhungsbetrages ist §108h Abs1a erster Satz entsprechend anzuwenden.", §41 Abs9 PG 1965, BGBl 340, idF BGBl I 175/2022, §11 Abs10 BThPG, BGBl 159/1958, idF BGBl I 175/2022 und §37 Abs9 BB PG, BGBl I 86/2001, idF BGBl I 175/2022 als verfassungswidrig aufheben.

5. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2023 wies das Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht diese Berufung als verspätet zurück.

II. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist unzulässig.

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

1.2. Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", somit eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden. Für den Rechtsmittelwerber ist dabei die Frist zur Einbringung des Rechtsmittels maßgebend (vgl VfSlg 20.152/2017 mwN).

1.3. Nach der Aufhebung bestimmter Teile des §62a VfGG durch den Verfassungsgerichtshof ist das zeitliche Verhältnis zwischen der Erhebung eines Rechtsmittels und dem Parteiantrag vor dem Verfassungsgerichtshof unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B VG zu beurteilen. Demnach ist ein Antrag durch den Rechtsmittelwerber dann rechtzeitig, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit ist die Einbringung des Antrages beim Verfassungsgerichtshof (vgl VfGH 29.9.2021, G360/2020, mwN).

2. Da der vorliegende Antrag nicht innerhalb der gemäß §464 Abs1 ZPO mit vier Wochen bestimmten Berufungsfrist gegen das genannte Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht beim Verfassungsgerichtshof eingebracht (und – trotz des zitierten Beschlusses des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht – auch kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Verfassungsgerichtshof gestellt) wurde, mangelt es dem Antragsteller an der Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG.

3. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

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