E2614/2022 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B VG) verletzt worden.
Der Beschluss wird aufgehoben.
II. Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.510,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführer sind die gesetzlichen, in die Verlassenschaft eingeantworteten und in das verfassungsgerichtliche Verfahren eingetretenen Erben des am 28. März 2022 verstorbenen Erblassers, der seit seiner Geburt an einer schweren Behinderung litt, weshalb ihm gemäß den §§20 und 21a Wiener Behindertengesetz 1966 "Beschäftigungstherapie" und "Hilfe zur Unterbringung" ab 1. September 1980 gewährt und er in Einrichtungen der Lebenshilfe Wien untergebracht worden war. Da die bis dahin bestehende Unterbringung nicht mehr adäquat erschien, wurde dem Erblasser im Jahr 2017 der Umzug in eine andere Einrichtung der Lebenshilfe Wien angeboten.
2. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer habe die Lebenshilfe Wien klargestellt, dass der Erblasser diesen Platz und die Förderung nur dann erhalten werde, wenn er entsprechende Betreuungsverträge unterfertige und künftig monatlich einen als "Differenzentgelt" bezeichneten Betrag in Höhe von € 279,50 direkt an die Lebenshilfe Wien bezahle. Auch der Fonds Soziales Wien (in Folge: FSW) habe auf die Unterzeichnung der Verträge gedrängt und darauf hingewiesen, dass ohne Vertragsabschlüsse keine Förderung und Betreuung des Erblassers in einer anerkannten Einrichtung des FSW mehr erfolgen werde. Um seine weitere Betreuung sicherzustellen, habe die damalige Erwachsenenvertreterin des Erblassers die Verträge unterfertigt, obwohl sie nie eine Aufschlüsselung der vom FSW an die Lebenshilfe gezahlten Förderungen erhalten habe und nie offengelegt worden sei, wofür der als "Differenzentgelt" bezeichnete Betrag zu bezahlen gewesen wäre. Dem Erblasser sei nur ein geringes Taschengeld verblieben, ein Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit habe er nicht erzielt.
3. Am 7. Mai 2017 stellte der Erblasser beim Magistrat der Stadt Wien unter anderem einen Antrag auf Übernahme des "Differenzbetrages", der auf Grund der vom FSW genehmigten Betreuungsverträge mit der Lebenshilfe Wien zwingend zu bezahlen sei.
3.1. Auf Grund der Säumnisbeschwerde des Erblassers wies das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 21. Jänner 2020 (unter anderem) den Antrag auf Übernahme des "Differenzbetrages" mangels Rechtsgrundlage im Wiener Chancengleichheitsgesetz (CGW) als unbegründet ab.
3.2. Der gegen dieses Erkenntnis vom Erblasser erhobenen, auf Art144 B VG gestützten Beschwerde gab der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2021, E782/2020, statt und hob das angefochtene Erkenntnis (im einschlägigen Umfang) wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz auf. Das Verwaltungsgericht Wien habe das Erkenntnis mit Willkür belastet, indem es infolge Verkennung der Rechtslage in entscheidenden Punkten jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe.
3.3. Am 28. März 2022 starb der Erblasser.
3.4. Daraufhin stellte das Verwaltungsgericht Wien das fortgesetzte verwaltungsgerichtliche Verfahren mit Beschluss vom 8. Juni 2022 ein und begründete die Verfahrenseinstellung im Wesentlichen damit, dass mit dem Tod des Erblassers seine Rechtspersönlichkeit untergegangen sei und das verwaltungsgerichtliche Verfahren daher nicht fortgeführt werden könne. Anderes gelte nur dann, wenn das Verfahren "dingliche Wirkung" habe, sich somit auf eine bestimmte Sache beziehe, bei der es nicht auf die Person des Antragstellers ankomme. Beim verfahrensgegenständlichen Antrag auf Zuerkennung von Förderungen handle es sich aber um ein höchstpersönliches Recht, in welches eine Rechtsnachfolge durch dritte Personen nicht möglich sei. Der Erblasser habe die Übernahme eines Differenzbetrages, der auf Grund der vom FSW genehmigten Betreuungsverträge mit der Lebenshilfe von ihm zu tragen gewesen sei, begehrt. Hiebei handle es sich somit um eine allfällige Leistung nach dem CGW. Bei der Feststellung dieses Anspruches komme es bereits auf Grund der ausdrücklichen Anordnung des §6 Abs2 CGW, wonach solche Leistungen zu fördern seien, die zur Unterstützung des Menschen mit Behinderung im Sinne dieses Gesetzes im Einzelfall sinnvoll, notwendig und zweckmäßig seien, typisch auf die konkreten Bedürfnisse des jeweiligen Antragstellers an. Es sei nicht ersichtlich, dass derartige Ansprüche dinglicher Natur seien und das Verfahren mit allfälligen Rechtsnachfolgern fortzuführen wäre.
3.5. Dieser Beschluss wurde der Verlassenschaft nach dem Erblasser am 17. August 2022 zugestellt.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art2 StGG bzw Art7 Abs1 B VG sowie im Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird.
Begründend wird unter anderem ausgeführt, das Verwaltungsgericht Wien verkenne die Sach- und Rechtslage in einem wesentlichen Punkt, wenn es meine, nur bei Verfahren, deren Gegenstand "dingliche Wirkungen" habe, könne eine Rechtsnachfolge stattfinden. Weder das VwGVG noch das über §17 VwGVG anwendbare AVG würden besondere Vorschriften über die Rechtsnachfolge in die Parteistellung enthalten. Zur Beurteilung, ob eine Nachfolge in die Parteistellung möglich sei, unterscheide die Rechtsprechung zwischen persönlichen und dinglichen "Sachen". Bei persönlichen Verwaltungssachen sei eine Rechtsnachfolge möglich, sofern es sich um vermögensrechtliche Ansprüche (zB Ruhegenuss, Rentenbezug) handle und sie bereits "angefallen, aber noch nicht flüssig gemacht" (zB für die letzten Lebensmonate) oder "bereits einmal durch Klage oder Antragstellung geltend gemacht" worden seien. Selbst wenn es sich bei den tatsächlichen Leistungen nach dem CGW (betreutes Wohnen, Beschäftigungstherapie etc.) um höchstpersönliche Rechte handeln sollte, sei die bereits zu Lebzeiten des Erblassers geltend gemachte Forderung des Differenzanspruches ab der Antragstellung mit 7. Mai 2017 ausschließlich auf Leistung eines Geldbetrages, sohin einen vermögensrechtlichen Anspruch von € 279,50 pro Monat, gerichtet. Daraus folge, dass die Verlassenschaft nach dem Tod des Erblassers am 28. März 2022 in das Verfahren eingetreten sei und dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien mit der Verlassenschaft als Rechtsnachfolgerin fortzusetzen gewesen sei. Die Verlassenschaft wäre demnach als Partei zu behandeln sowie das Verfahren mit ihr fortzusetzen gewesen. Da das Verwaltungsgericht Wien den vermögensrechtlichen Charakter des verfahrensgegenständlichen Differenzentgeltes und die Frage des weiterbestehenden rechtlichen Interesses grob verkannt habe, belaste es den angefochtenen Beschluss mit Willkür.
5. Das Verwaltungsgericht Wien hat von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die Gerichtsakten vorgelegt, soweit diese nicht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt worden sind.
II. Rechtslage
Die §§1, 2, 6, 9, 12 und 23 des Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung in Wien (Chancengleichheitsgesetz Wien – CGW), LGBl 45/2010, lauten wie folgt:
"Ziel
§1. (1) Ziel dieses Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderung beim chancengleichen, selbstbestimmten Zugang zu allen Lebensbereichen, insbesondere bei der chancengleichen Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben zu unterstützen.
(2) Das Erreichen des in Abs1 genannten Zieles soll durch die Finanzierung von Beiträgen zu Leistungen, die durch die behinderungsbedingten Mehraufwendungen erforderlich sind, erleichtert werden.
Träger der Behindertenhilfe, Rechtsansprüche, vertragliche Leistungen
§2. (1) Träger der Behindertenhilfe ist der Fonds Soziales Wien (FSW). Förderungen des 1. Abschnittes werden vom FSW gewährt.
(2) Auf Förderungen für Leistungen nach §§9, 12 Abs2, 13 und 15 Abs2 besteht ein Rechtsanspruch.
(3) Auf Förderungen für Leistungen nach §§7, 8, 10, 11, 12 Abs3, 14, 15 Abs3, 16 und 17 besteht kein Rechtsanspruch. Der FSW erlässt Richtlinien für die Gewährung dieser Förderungen. Diese Richtlinien werden in geeigneter Weise kundgemacht.
Förderbare Leistungen
§6. (1) Die Leistung muss zum Ausgleich der konkreten, behinderungsbedingten Benachteiligung geeignet und erforderlich sein.
(2) Es ist jene Leistung zu fördern, die zur Unterstützung des Menschen mit Behinderung im Sinne dieses Gesetzes im Einzelfall sinnvoll, notwendig und zweckmäßig ist. Die Höhe der Förderung muss in einem angemessenen Verhältnis zum dadurch voraussichtlich erzielbaren Nutzen stehen.
(3) Die Gewährung einer Förderung kann unbefristet oder befristet erfolgen.
(4) Geförderte Leistungen gemäß §§9 (Tagesstruktur) und 12 Abs2 (vollbetreutes Wohnen) sind grundsätzlich bei den vom FSW anerkannten Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Von dieser Voraussetzung kann in besonders begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden.
Tagesstruktur
§9. Tagesstruktur umfasst Leistungen für Menschen mit Behinderung, die aktuell oder dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Förderungen sind ab dem Ende der Schulpflicht, frühestens ab Vollendung des 14. Lebensjahres bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände auch darüber hinaus, zu gewähren.
Betreutes Wohnen
§12. (1) Die Leistungen sollen Menschen mit Behinderung ab Erreichen der Volljährigkeit Wohnen in einer möglichst selbstbestimmten Form ermöglichen.
(2) Vollbetreutes Wohnen umfasst das Wohnen in Einrichtungen sowie die notwendige Verpflegung und Betreuung. Vollbetreutes Wohnen in Einrichtungen wird nur unter der Bedingung der gleichzeitigen Inanspruchnahme einer Leistung der Tagesstruktur (§9), Berufsqualifizierung (§10), Berufs- oder Arbeitsintegration (§§10 und 11) bis zum Ende des erwerbsfähigen Alters gefördert. Von dieser Bedingung kann aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen abgesehen werden.
(3) Teilbetreutes Wohnen umfasst die Betreuung in Privatwohnungen, Einzelwohnungen oder Wohngemeinschaften von Einrichtungen.
Verfahren bei Rechtsansprüchen
§23. (1) Förderungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, werden auf Antrag gewährt. Der Antrag ist beim FSW einzubringen. Wird der Antrag beim Magistrat der Stadt Wien eingebracht, ist der Antrag unverzüglich an den FSW weiterzuleiten. Der FSW hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Förderung zu prüfen und über den Antrag zu entscheiden. Entscheidungen über den Antrag bedürfen der Schriftform. Entscheidungen über Anträge, denen nicht oder nur teilweise stattgegeben wurde, sind zu begründen. In den Entscheidungen des FSW ist auf die Möglichkeit der Bescheiderlassung durch den Magistrat der Stadt Wien ausdrücklich hinzuweisen.
(2) Die Parteien haben das Recht, die Erlassung eines Bescheides durch den Magistrat der Stadt Wien zu beantragen. Im Fall einer beabsichtigten Einstellung kann der Mensch mit Behinderung einen Antrag auf Weitergewährung der Förderung an den Magistrat der Stadt Wien richten. Wurde die Förderung mit Bescheid gewährt, so kann die Einstellung nur mit Bescheid verfügt werden. Parteistellung kommt der Antragstellerin oder dem Antragsteller und dem FSW zu. Dem Antrag sind die zur Beurteilung des Antrages erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Dies sind insbesondere folgende Unterlagen:
1. Nachweis über die Staatsangehörigkeit,
2. aktueller Nachweis über den Hauptwohnsitz,
3. aktueller Nachweis über die Vertretungsbefugnis,
4. aktuelle Gutachten und Atteste über das Vorliegen einer Behinderung,
5. aktueller Nachweis über Einkommen und Vermögen, den Bezug von pflegebezogenen und sonstigen Leistungen sowie Unterhaltsansprüche und -verpflichtungen und
6. Angaben und Nachweise über gleichartige oder ähnliche Leistungen Dritter.
(3) Der Mensch mit Behinderung hat die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und sich einer zur Entscheidungsfindung unerlässlichen ärztlichen Untersuchung oder multiprofessionellen Begutachtung zu unterziehen. Kommt er diesen Mitwirkungspflichten ohne triftigen Grund nicht nach, so kann die Förderung abgelehnt oder eingestellt werden, wenn er auf die Folgen seines Verhaltens nachweislich in geeigneter Art und Weise aufmerksam gemacht worden ist.
(4) Gegen Bescheide des Magistrats der Stadt Wien kann Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben werden."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Die Beschwerdeführer behaupten die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001, 16.717/2002 und 20.260/2018) oder wenn es in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, etwa indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001, 16.737/2002, 20.385/2020 und 20.392/2020).
4. Ein solcher Fehler ist dem Verwaltungsgericht Wien unterlaufen:
4.1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
4.1.1. Das Chancengleichheitsgesetz Wien (CGW) dient der Unterstützung von Menschen mit Behinderung beim chancengleichen, selbstbestimmten Zugang zu allen Lebensbereichen durch die "Finanzierung von Beiträgen zu Leistungen", die durch die behinderungsbedingten Mehraufwendungen erforderlich sind (§1 Abs1 und 2 CGW). Im Allgemeinen besteht auf "Förderungen für Leistungen" kein Rechtsanspruch (§2 Abs3 CGW), §2 Abs2 CGW räumt jedoch unter anderem auf "Förderungen für Leistungen" nach §9 ("Tagesstruktur") und nach §12 Abs2 leg cit ("vollbetreutes Wohnen") einen Rechtsanspruch ein. Der Rechtsanspruch bezieht sich demnach nicht auf entsprechende Realleistungen, sondern auf "Förderungen" (vgl im Besonderen §1 Abs2, §2, §5 und §6 CGW; VfSlg 20.514/2021).
4.1.2. Die §§4 und 5 CGW regeln den förderbaren Personenkreis und §6 CGW bestimmt die "förderbaren Leistungen": Nach §6 Abs1 leg cit muss die Leistung "zum Ausgleich der konkreten, behinderungsbedingten Benachteiligung geeignet und erforderlich sein". Gemäß §6 Abs2 leg cit ist "jene Leistung zu fördern, die zur Unterstützung des Menschen mit Behinderung im Sinne dieses Gesetzes im Einzelfall sinnvoll, notwendig und zweckmäßig ist. Die Höhe der Förderung muss in einem angemessenen Verhältnis zum dadurch voraussichtlich erzielbaren Nutzen stehen." Geförderte Leistungen gemäß §9 CGW ("Tagesstruktur") und §12 Abs2 leg cit ("vollbetreutes Wohnen"), auf die gemäß §2 Abs2 leg cit ein Rechtsanspruch besteht, sind "grundsätzlich bei den vom FSW anerkannten Einrichtungen in Anspruch zu nehmen" (§6 Abs4 CGW).
4.1.3. §23 CGW regelt das Verfahren bei Förderungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, folgendermaßen: Der Antrag auf Förderung ist beim FSW einzubringen, der die Voraussetzungen für die Gewährung der Förderung zu prüfen und über den Antrag schriftlich zu entscheiden hat. In der Entscheidung ist auf die Möglichkeit der Bescheiderlassung durch den Magistrat der Stadt Wien hinzuweisen. Gemäß §23 Abs2 CGW haben "Parteien" das Recht, die Erlassung eines Bescheides durch den Magistrat der Stadt Wien zu beantragen. Gegen Bescheide des Magistrates der Stadt Wien kann Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben werden.
4.1.4. Das CGW enthält zur Frage, ob Förderungsansprüche auf Rechtsnachfolger eines Behinderten übergehen, keine ausdrückliche Anordnung.
4.2. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Wien ein anhängiges Verfahren zur Bemessung der dem Erblasser gebührenden Förderung für zu seinen Lebzeiten im Einvernehmen mit dem FSW in Anspruch genommene Leistungen ("Tagesstruktur" und "vollbetreutes Wohnen") eingestellt, weil es sich bei diesem Förderungsanspruch um ein höchstpersönliches Recht handle, in das eine Rechtsnachfolge nicht möglich sei. Mit dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht Wien aus folgenden Gründen nicht im Recht:
4.2.1. Der unstrittig als begünstigter Behinderter iSd §§4 und 5 CGW eingestufte Erblasser hat gemäß dem System des CGW Leistungen eines privaten Rechtsträgers, der eine "anerkannte Einrichtung" im Sinne von §6 Abs4 CGW war und ist, auf vertraglicher Basis in Anspruch genommen. Der FSW leistete hiefür Zahlungen an diesen Rechtsträger in bestimmter Höhe. Strittig und Verfahrensgegenstand vor dem Verwaltungsgericht Wien war jedoch, ob der FSW als Träger der Behindertenhilfe auch das sogenannte "Differenzentgelt", das der Erblasser an den Rechtsträger der privaten Unterbringungseinrichtung monatlich gezahlt hat, im Wege der Förderung hätte übernehmen müssen (vgl näher das Vorerkenntnis VfSlg 20.514/2021), mit anderen Worten: ob eine höhere Förderung für bereits in der Vergangenheit vom behinderten Erblasser in Anspruch genommene Leistungen gebührt hätte.
4.2.2. Zwar teilt der Verfassungsgerichtshof zunächst die Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien, wonach Ansprüche auf Förderungen für "Tagesstruktur" und "vollbetreutes Wohnen" nur begünstigten Behinderten iSd §§4 und 5 CGW zustehen und insofern personenbezogen sind.
4.2.3. Im vorliegenden Fall hat der behinderte Erblasser jedoch bereits förderbare Leistungen im Einvernehmen mit dem FSW als Träger der Behindertenhilfe in Anspruch genommen und dafür die Zahlung eines Geldbetrages, der über die tatsächlich vom FSW geleisteten Förderungszahlungen hinausging, verfahrensförmlich geltend gemacht. Bei diesem geltend gemachten Anspruch auf (höhere) Förderung für vom Erblasser zu Lebzeiten tatsächlich in Anspruch genommene Leistungen handelt es sich jedoch um einen vermögensrechtlichen Anspruch, der – mangels gegenteiliger (im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers stehender) Regelung – rechtsnachfolgefähig ist und den nach dem Ableben des Behinderten dessen Rechtsnachfolger, sohin die Verlassenschaft bzw die eingeantworteten Erben, insbesondere durch Eintritt in anhängige Verfahren, geltend machen können (vgl zur Rechtsnachfolge in vermögensrechtliche Ansprüche etwa VfSlg 15.659/1999; VwSlg 3072 A/1953, 3635 A/1955, 14.761 A/1997; VwGH 16.9.1997, 95/08/0123; 14.7.2005, 2004/06/0026; A. Wimmer , Rechtsverhältnisse im öffentlichen Recht, 2019, 369 ff.).
4.2.4. Indem das Verwaltungsgericht Wien in Verkennung dieser Rechtslage das vom Erblasser anhängig gemachte Verfahren über diesen geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruch ohne weiteres mit Beschluss eingestellt hat, hat es die Beschwerdeführer im Recht auf eine Entscheidung in der Sache und damit auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B VG) verletzt.
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführer sind somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B VG) verletzt worden.
2. Der Beschluss ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 iVm §88a VfGG. Da die Beschwerdeführer gemeinsam durch einen Rechtsanwalt vertreten sind, ist der einfache Pauschalsatz, erhöht um einen entsprechenden Streitgenossenzuschlag von 25 vH des Pauschalsatzes, zuzusprechen. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 545,– sowie eine entrichtete Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.