E1659/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin ist nigerianische Staatsbürgerin. Sie habe ihr Herkunftsland im Jahr 2021 verlassen, weil sie von ihrem Onkel vergewaltigt worden sei. Auf ihrer Flucht nach Libyen sei sie Opfer einer Zuhälterin ("Madame") geworden. Auf ihrer Reise nach Italien sei die Beschwerdeführerin nach Malta gelangt, wo sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Beschwerdeführerin habe ihre Flucht weiter fortgesetzt, sei in weiterer Folge nach Österreich gelangt und dort untergetaucht.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 12. Dezember 2022 ohne in die Sache einzutreten gemäß §5 Abs1 AsylG 2005 zurück und erklärte Malta für die Prüfung des Antrages gemäß Art18 Abs1 litc der Verordnung (EU) 604/2013, ABl. 2013 L 180, 31, für zuständig (Spruchpunkt I.). Zudem ordnete es gemäß §61 Abs1 Z1 FPG die Außerlandesbringung nach Malta an und erklärte die Abschiebung für zulässig (Spruchpunkt II.).
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17. April 2023 als unbegründet ab.
Das Bundesverwaltungsgericht begründet die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Wesentlich damit, dass die Beschwerdeführerin zwar – ihren glaubhaften Ausführungen zufolge – in Libyen vergewaltigt und Opfer von Zwangsprostitution geworden sei, nicht aber auch während ihres Aufenthaltes in Malta. Es drohe ihr sohin in Malta keine Gefahr, erneut Opfer von Menschenhandel bzw der Zwangsprostitution zu werden. Zudem sei Malta unionsrechtlich (s Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer, ABl. 2011 L 101, 1) zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer verpflichtet, sodass sich die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr auf diese Bestimmungen berufen und staatlichen Schutz in Anspruch nehmen könne. Auch ließen sich den Länderberichten keine systemischen Mängel im maltesischen Asylverfahren entnehmen und seien auch Grund- und Gesundheitsversorgung entsprechend gewährleistet. Es sei sohin nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr eine Verletzung in ihren nach Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten drohen werde. Auch stehe Art8 EMRK einer Rückkehr nicht entgegen.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, die Gewährung aufschiebender Wirkung sowie von Verfahrenshilfe im Umfang der Gerichtsgebühren beantragt wird.
Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht die Vulnerabilität der Beschwerdeführerin und ihre daraus abzuleitende besondere Schutzbedürftigkeit verkannt habe. Sie sei wegen ihrer Erfahrungen des sexuellen Missbrauches und des Menschenhandels – ärztlich bestätigt – psychisch erkrankt und befinde sich deshalb in Therapie. Das Bundesverwaltungsgericht träfen deshalb besondere Ermittlungspflichten um zu gewährleisten, dass für die Beschwerdeführerin auch in Malta gewährleistet sei, dass sie im Hinblick auf ihre konkreten individuellen Bedürfnisse adäquat versorgt werde. Die Länderinformationsberichte zu Malta würden eine solche Versorgung jedoch in Zweifel ziehen. Da das angefochtene Erkenntnis trotz dieser Umstände eine solche Prüfung unterlassen habe, verletze es die Beschwerdeführerin in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §5 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl I 100/2005, idF BGBl I 87/2012 lautet:
"Zuständigkeit eines anderen Staates
§5. (1) Ein nicht gemäß §§4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des §9 Abs2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs1 Schutz vor Verfolgung findet."
2. §61 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I 100/2005, idF BGBl I 106/2022 lautet:
"Anordnung zur Außerlandesbringung
§61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß §68 Abs1 AVG,
2. […]
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) […]"
3. Art3 der Verordnung (EU) 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-Verordnung), ABl. 2013 L 180, 31, lautet:
"Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen."
4. Art21 der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (im Folgenden: Aufnahmerichtlinie), ABl. 2013 L 180, 96, lautet wie folgt:
"Die Mitgliedstaaten berücksichtigen in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung dieser Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z. B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:
3.1. Die Entscheidung, einen Fremden auszuweisen oder in anderer Form außer Landes zu schaffen, kann die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK bzw der GRC begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl VfSlg 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).
3.2. Dies gilt – bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art3 Abs2 zweiter und dritter Satz Dublin III-VO – auch dann, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union gemäß Dublin III-VO für die Prüfung eines im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gestellten Asylantrages zuständig ist. Insofern muss geprüft werden, ob es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung mit sich bringen. Daraus ergibt sich die Verpflichtung, den zur Beurteilung der Verpflichtung zum Selbsteintritt wesentlichen Sachverhalt festzustellen und zu würdigen (vgl VfSlg 19.264/2010, 19.794/2013, 19.878/2014, 20.021/2015). Zur Situation von vulnerablen Personen hat der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach die Bedeutung der zur Versorgungslage besonders schutzwürdiger Personen getroffenen Länderfeststellungen hervorgehoben (vgl VfGH 10.12.2015, E709/2015 ua und E1622/2015 ua).
4. Das Bundesverwaltungsgericht thematisiert zwar den Umstand, dass der Beschwerdeführerin in Malta – wie die Länderfeststellungen belegten – Inhaftierung drohe, da sie Malta während ihres anhängigen Asylverfahrens ohne Erlaubnis verlassen hatte. Diese drohende Haft stehe aber der Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin nach Malta nicht entgegen.
Das Bundesverwaltungsgericht unterlässt es jedoch, sich substantiiert mit den Haftbedingungen, die der Beschwerdeführerin im Falle einer Außerlandesbringung nach Malta drohen, auseinanderzusetzen. Es erläutert lediglich, dass für "die Annahme, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Überstellung nach Malta nicht entsprechend versorgt und untergebracht würde, […] sich weder aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid noch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin Anhaltspunkte" ergeben würden. Eine drohende "mangelhafte Versorgung und Unterbringung" habe die Beschwerdeführerin auch nicht dargelegt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat es damit in entscheidungswesentlichen Punkten unterlassen, nähere Ermittlungen anzustellen und sich mit den aktuellen Haftbedingungen von Dublin Rückkehrern in Malta auseinanderzusetzen. Damit behaftet es sein Erkenntnis mit Willkür:
5.1. Die Länderinformationen der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die auch dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegen, führen aus, dass Dublin Rückkehrer in Malta "meist in Haft genommen" werden würden, wenn sie nach Malta zurückkehren. Die Haftbedingungen werden – die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderfeststellungen weisen auch darauf hin – in einem Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) als "behördliche Vernachlässigung" und "an unmenschliche und erniedrigende Behandlung grenzend" bezeichnet.
5.2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Zusammenhang mit den, in den – auch der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden – Länderfeststellungen zu Malta dargestellten Haftbedingungen erkannt, dass eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit Willkür behaftet ist, wenn sie sich nicht hinreichend mit den Haftbedingungen für Dublin Rückkehrer in Malta auseinandersetzt, obwohl diese in der Bescheidbeschwerde problematisiert werden (s VfGH 20.9.2022, E622/2022). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Haftbedingungen in Malta im Kontext von Einwanderungsverfahren bereits mehrmals als Verletzung des Art3 EMRK qualifiziert (insbesondere im Zusammenhang mit vulnerablen Personen: EGMR 3.5.2016, 56.796/13, Abdi Mahamud ; 23.7.2013, 55.352/12, Aden Ahmed ).
5.3. Das Bundesverwaltungsgericht hätte sich daher im Falle der Beschwerdeführerin – diese ist, wie das Bundesverwaltungsgericht auch feststellt, gem. Art21 Aufnahmerichtlinie als Opfer von Menschenhandel eine besonders schutzbedürftige Person – eingehender mit den Bedingungen im Falle einer drohenden Haft der Beschwerdeführerin in Malta – unter Berücksichtigung der aktuellen zu Malta verfügbaren Länderfeststellungen – auseinandersetzen müssen (vgl VfGH 20.9.2022, E622/2022).
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.
4. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.