JudikaturVfGH

UA81/2022 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
23. September 2022

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z4 B VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),

"der Verfassungsgerichtshof möge – mit Ausnahme der Studie betreffend 'Österreichisches Gallup Institut Dr. K[.] GmbH, Erhebung des Bekanntheitsgrades des Österreichischen Umweltverzeichnisses', der Studie betreffend 'Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Biobased Chemistry - Sekundärphosphor für die Düngemittelindustrie', der Studie betreffend 'Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Anforderung an die Kreislaufwirtschaft von Massivbaustoffen' und Studie betreffend 'H[.] Umweltwirtschaft GmbH, Studie Möglichkeiten zur Umsetzung d. EU Vorgaben betr. Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg' – feststellen,

dass die Weigerung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, der Aufforderung vom 14.07.2022 gemäß §27 Abs4 VO UA in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses, Blg. XCI (Beilage ./3), nachzukommen rechtswidrig ist,

sowie ferner,

dass die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dem grundsätzlichen Beweisbeschluss unverzüglich zu entsprechen hat und die Akten und Unterlagen, die in der – in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses gemäß §27 Abs4 VO UA eingebrachten – Aufforderung vom 14.07.2022, Blg. XCI (Beilage ./3), bezeichnet sind, unverzüglich dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln hat."

II. Rechtslage

1. Art53 und Art138b Abs1 Z4 B VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann."

"Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;

[…]"

2. §56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen

§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.

(2) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."

3. §24, §25 und §27 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA) zum Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben."

"Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

"Vorlage von Beweismitteln

§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß §24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §24 Abs4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß §26 Abs2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.

(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.

(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.

(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 oder Abs3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.

(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 beschließt.

(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 46 Mitglieder des Nationalrates haben am 13. Oktober 2021 (mit näherer Begründung) folgendes – auszugsweise wiedergegebenes – Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Der 'Ibiza'-Untersuchungsausschuss hat ein Sittenbild türkiser Politik offenbart, das ansonsten hinter einer teuren PR-Fassade versteckt geblieben wäre. Die Realität türkiser Politik ist eine, wo es um 'Kriegst eh alles, was du willst', um die türkisen 'Aufsichtsratssammler', um 'Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung', um Millionenaufträge aus türkisen Ministerien an eng mit der ÖVP verbundene Unternehmen und zuallererst um die Frage geht: Gehörst du zur Familie?

Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe und die von ihr vorgelegten Belege für ein System des parteipolitischen Missbrauchs öffentlicher Gelder und Strukturen unter der Führung von Sebastian Kurz und seinen Gefolgsleuten übertreffen sämtliche Befürchtungen. Das bisher Bekannte ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs.

Damit klar wird, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass in unserem Land in den letzten Jahren ein mutmaßliches System der Korruption und des Machtmissbrauchs zum zentralen Instrument von Regierungspolitik werden konnte, muss die Aufklärung dort fortgesetzt werden, wo der 'Ibiza'-Untersuchungsausschuss aufhören musste. Der Kontrollauftrag, den die Bundesverfassung dem Nationalrat überträgt, gebietet dies.

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen daher gemäß Art53 Abs1 2. Satz B VG sowie §33 Abs1 2. Satz GOG-NR die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit folgendem

Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über

- Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu tätigen, insbesondere in Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten Dienstleistungen;

- Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist;

- Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene Personen tätig sind, insbesondere das Campaigning Bureau, die Blink Werbeagentur, die GPK GmbH, die Media Contacta GmbH, Schütze Positionierung, Research Affairs und das tatsächliche Erbringen der gewünschten Leistungen; allfällige Mängel in der Dokumentation der Leistungserbringung; die mögliche Umgehungskonstruktion, diese Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen;

- Buchungen von Inseraten, insbesondere den sprunghaften Anstieg der Inseratenausgaben im Jahr 2017 im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, des Bundeskanzleramts im Jahr 2020 sowie Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen im Ausmaß von insgesamt 180 Millionen Euro und der Vergabe dieses Auftrags an die Unternehmen mediacom, Wavemaker und Group M sowie eines korrespondierenden Werbeetats im Ausmaß von 30 Mio. Euro über die Bundes-Beschaffungsgesellschaft an ua Jung von Matt im Jahr 2021; Buchung von Inseraten im Zusammenhang mit dem sogenannten 'B[.] ÖSTERREICH Tool' im Bundesministerium für Finanzen und ab 2018 im Bundeskanzleramt sowie parteipolitisch motivierte Tätigkeiten der 'Stabsstelle Medien' im Bundeskanzleramt, insbesondere die Einflussnahme auf Inseratevergaben von Organen des Bundes;

- mögliche Kick-Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;

- mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes-Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;

- Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen der Bundes- ministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den unterlegenen BieterInnen;

- Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die Förder- nehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen;

- Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel für Werbemaßnahmen in ÖVP-geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen;

- Schaffung und Gestaltung von Finanzierungsprogrammen des Bundes für Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen wie etwa im Falle des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes.

[…]"

1.2. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am 2. Dezember 2021 (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Gemäß §24 Abs1 VO UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.

Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen sechs Wochen, spätestens jedoch am 26. Jänner 2022 zu erfolgen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1-4 zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E-Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß InfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.

Klassifizierungen gemäß InfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß §4 Abs1 InfOG (§27 Abs6 VO UA, §5 Abs2 InfOG). Es wird außerdem auf §27 Abs3 VO UA und §5 Abs2 InfOG hingewiesen.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen.

Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit 31. März 2022) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.

Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sine der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.

Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstands und der Beweisthemen ist der Beilage zu entnehmen.

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

[…]

3. Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und –einrichtungen.

[…]"

1.3. In der 27. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am 14. Juli 2022 wurde die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß §27 Abs4 VO UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),

"ihrer sich aus dem grundsätzlichen Beweisbeschluss ergebenden Verpflichtung zur Vorlage aller Akten und Unterlagen betreffend Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie insbesondere betreffend der Vergabe folgender Inserate und Studien

nachzukommen. Alle angeführten Vorgänge liegen im Untersuchungszeitraum.

Die Frist, dieser Aufforderung zu entsprechen, beträgt zwei Wochen.

Begründung

1. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat im Untersuchungszeitraum die Vergabe von zahlreichen Inseraten und Studien durchgeführt. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat es unterlassen, aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BlgNR 27. GP, Anlage 2, wirksam geworden am 09.12.2021) Akten und Unterlagen zum ersten Beweisthema, insbesondere zu den oben angeführten Inseraten und Studien, vollständig zu übermitteln oder zu begründen, warum aus seinem Verantwortungsbereich keine Akten und Unterlagen zum ersten Beweisthema vorgelegt wurden.

2. Das erste Beweisthema des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses 4 US/27. GP (AB 1215 BlgNR 27. GP, Anlage 1) lautet:

[…]

3. Der Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses 4 US/27. GP ist außerordentlich weit gefasst und betrifft eine große Anzahl von unterschiedlichen Vorgängen im Bereich der Vollziehung des Bundes. Damit der Untersuchungsausschuss sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, erreichen kann, muss er über eine umfassende Informationsgrundlage zu all den im Untersuchungsgegenstand angeführten Vorgängen verfügen. Das B VG räumt dem Untersuchungsausschuss ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein, um in der Lage zu sein, die zu untersuchenden – aufgrund des Untersuchungsgegenstandes sehr zahlreichen – Sachverhalte umfassend zu beleuchten und aufzuklären.

So hält auch Univ.-Prof. Dr. A[.] J[.] in seinem im Auftrag des Bundeskanzleramtes erstellten und dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Gutachten vom 17.11.2021 zusammengefasst fest, dass es dem Untersuchungsausschuss möglich sein muss, das Vorliegen der im Einsetzungsverlangen genannten Kriterien, die die Vorlagepflicht umschreiben, selbst zu ermitteln. Dazu ist aber die vollständige Vorlage der Akten und Unterlagen betreffend das erste Beweisthema notwendig.

4. Hinsichtlich der Akten und Unterlagen, auf die sich diese Aufforderung bezieht, ist anzuführen, dass eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen selbstverständlich auch in Bundesministerien stattgefunden haben kann, die nicht vom einem Bundesminister oder von einer Bundesministerin geleitet werden, der oder die mit der ÖVP verbunden ist. Dementsprechend hat auch der Geschäftsordnungsausschuss einstimmig beschlossen, den grundsätzlichen Beweisbeschluss an alle Bundesministerien zu richten, unabhängig davon, ob deren Leitung mit Organwalterinnen oder -waltern besetzt sind, die der ÖVP zurechenbar sind.

5. Darüber hinaus muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein zu prüfen, ob bei der Vergabe von Aufträgen mit der ÖVP verbundene Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen sind und Handlungen gesetzt wurden, wie sie im Untersuchungsgegenstand umschrieben sind.

Das diese Aufforderung unterstützende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses geht davon aus, dass die in dieser Aufforderung näher umschriebenen Akten und Unterlagen Informationen enthalten bzw es zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass die in dieser Aufforderung näher umschriebenen Akten und Unterlagen

- Informationen enthalten, die zur Aufklärung über Vorwürfe der partei- politischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Event- management sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbun- denen Personen und dem Bund daraus entstandene Kosten beitragen können;

- Informationen betreffend mögliche Einflussnahmen auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu tätigen, insbesondere im Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten Dienstleistungen,

- Informationen betreffend die Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist,

- Informationen betreffend der Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene Personen tätig sind und das tatsächliche Erbringen der gewünschten Leistungen, allfällige Mängel in der Dokumentation der Leistungs- erbringung und eine mögliche Umgehungskonstruktion, diese Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen,

- Informationen betreffend Buchungen von Inseraten, Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen und Inseratenvergaben von Organen des Bundes,

- Informationen betreffend mögliche Kick-Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahl- kampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben,

- Informationen betreffend mögliche Umgehungen der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes-Beschaffungs- gesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum,

- Informationen betreffend Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Aus- schreibungen der Bundesministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den unterlegenen BieterInnen,

- Informationen betreffend der Vergabe von Förderungen der Bundes- ministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforder- lichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen,

- Informationen betreffend Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vor- gesehenen Mittel für Werbemaßnahmen in ÖVP-geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen oder

- Informationen betreffend Schaffung und Gestaltung von Finanzierungs- programmen des Bundes für Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen enthalten.

Eine abstrakte Relevanz der von dieser Aufforderung umschriebenen Akten und Unterlagen wären zB dann nicht auszuschließen, wenn mit der ÖVP verbundene Personen an der Vorbereitung und Vergabe von Aufträgen mitgewirkt haben, wenn mit der ÖVP verbundene Personen Mitglieder von Vergabekommissionen waren, wenn mit der ÖVP verbundene Personen bzw Unternehmen beauftragt wurden bzw Angebote gelegt haben oder wenn seitens politischer Entscheidungsträgerinnen bzw -träger zu Gunsten mit der ÖVP verbundenen Personen bei Personen, die nicht mit der ÖVP verbunden sind, interveniert wurde.

Vor diesem Hintergrund erscheint es – nicht zuletzt angesichts des in Bezug auf die 'Verbundenheit' mit der ÖVP ebenfalls überaus weiten Untersuchungsgegenstandes – nahezu ausgeschlossen, dass bei keinem der aufgezählten Vorgänge mit der ÖVP verbundene Personen involviert waren.

6. In der Begründung des Einsetzungsverlangens (4/US 27. GP) wird zum Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, Folgendes ausgeführt:

'Der Begriff der 'Verbundenheit' beschreibt das erforderliche Naheverhältnis zur ÖVP, wobei dessen Grundlage vielfältig sein kann. Der Begriff der Verbundenheit erfasst in der Rechtsordnung unterschiedliche Formen der gegenseitigen Abhängigkeit, insbesondere wirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Art. Gemeinsam ist den damit erfassten Sachverhalten ein Abhängigkeitsverhältnis, das gerade dadurch entsteht, dass jeweils eine Seite einen Vorteil anstrebt, der von der anderen Seite zur Verfügung gestellt werden kann, da er sich in dessen Ingerenz befindet. Die Verbundenheit mit der ÖVP indiziert bereits das Vorliegen des parteipolitischen Interesses. Verbunden sind insofern jedenfalls alle Unternehmen, an denen die ÖVP direkt oder indirekt beteiligt ist, ihr nahestehende Organisationen sowie Teilorganisationen, Unternehmen mit dauernder Geschäftsbeziehung zur ÖVP oder ihren Teilorganisationen sowie solche, die unter kontrollierendem Einfluss von ÖVP-FunktionärInnen stehen oder treuhänderisch für die ÖVP verwaltet werden. Verbunden sind ebenso Personen, die auf parteipolitisches Wohlwollen angewiesen sind, um ihr berufliches Fortkommen zu fördern. Dies wird insbesondere dort der Fall sein, wo Personalentscheidungen (wenn nicht formell, dann faktisch) von ÖVP-PolitikerInnen getroffen werden.'

Schon aus dieser Formulierung wird ersichtlich, dass der Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass ein Unternehmen oder eine Person mit der ÖVP verbunden ist, in unterschiedlichsten Konstellationen gegeben und die Verbundenheit unterschiedlichster Natur sein kann. Keinesfalls genügt daher, die Prüfung der Verbundenheit mit der ÖVP rein auf die Mitgliedschaft bei der ÖVP zu beschränken (ganz abgesehen davon, dass es öffentlichen Stellen schon aus datenschutzrechtlichen Erwägungen untersagt wäre, derartige Informationen zu erheben und zu verarbeiten).

Daher ist es den vorlagepflichtigen Stellen anhand der im Einsetzungsverlangen enthaltenen Determinanten nicht möglich, Akten und Unterlagen mit Bezug zum ersten Beweisthema mit der Begründung auszusondern und dem Untersuchungsausschuss vorzuenthalten, dass diese keine Auskünfte über eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Unternehmen oder Personen enthalten oder lediglich eine Gewährung derartiger Vorteile betreffen, die nicht durch den im Einsetzungsverlangen angesprochenen Zusammenschluss aus ÖVP-Regierungsmitgliedern und Mitarbeiterinnen bzw Mitarbeiter deren politischer Büros unter der Leitung von Sebastian Kurz veranlasst wurde.

Es muss vielmehr dem Untersuchungsausschuss selbst möglich sein, Auftragsvergaben dahingehend zu prüfen, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Umstände vorliegen, weil ausschließlich der Untersuchungsausschuss aufgrund seiner vielfältigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen (Akten und Unterlagen, Erhebungsersuchen, Befragung von Auskunftspersonen) in der Lage ist, auf Grundlage von ihm selbst anhand politischer Wertungen entwickelter Maßstäbe zu beurteilen, ob eine natürliche oder juristische Person mit der ÖVP verbunden ist bzw ob die anderen im Einsetzungsverlangen angeführten Kriterien vorliegen.

Anders gewendet: Im Rahmen des ersten Beweisthemas hat der Untersuchungsausschuss zu prüfen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist, ob diese Person begünstigt wurde und ob schließlich diese Begünstigung in einem Zusammenhang mit der Verbundenheit zur ÖVP steht. Eine solche Prüfung kann aber nur durch Vorlage der Unterlagen im beschriebenen Umfang erfolgen.

So kommt auch Univ. Prof. Dr. J[.] in seinem vorhin zitierten Gutachten zum Ergebnis, dass es gemäß Art53 Abs3 B VG geboten ist, dass die im grundsätzlichen Beweisbeschluss genannten vorlagepflichtigen Organe – somit auch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – prinzipiell alle Akten und Unterlagen vorlegen, die die Vergabe von Aufträgen im Untersuchungszeitraum betreffen.

7. Darüber hinaus muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bei der Klärung der Frage, ob es bei der Vergabe von Aufträgen und Förderungen zu den im ersten Beweisthema umschriebenen Handlungen gekommen ist, die Vorgehensweisen unterschiedlicher Zentralstellen und nachgelagerter Dienststellen zu vergleichen, um anhand festgestellter Unterschiede zu untersuchen, ob diese Unterschiede auf das Vorliegen von Vorgängen im Sinn des Untersuchungsgegenstandes schließen lassen.

So hat auch die Vorsitzende in der 24. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 29.06.2022, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, eine Frage, die auf einen derartigen Vergleich gerichtet war, für zulässig erklärt und damit festgestellt, dass eine derartige Frage durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt ist (vgl vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. J[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 24. Sitzung, 29.06.2022, Seite 16).

8. Genauso muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, aufgrund der eigenen Untersuchungen anhand der in dieser Aufforderung umschriebenen Akten und Unterlagen festzustellen, dass darin keine Hinweise auf die im ersten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Handlungen enthalten sind, weil damit der Schluss nahe liegen könnte, dass die im ersten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Vorgänge nicht stattgefunden haben, was das Ergebnis des Untersuchungsausschusses sein kann. Dazu benötigt er aber zwingend die von dieser Aufforderung umfassten Akten und Unterlagen.

Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass bei von dieser Aufforderung umfassten Vergabe- und Förderverfahren Unternehmen oder Personen zum Zug gekommen sind, weil sie mit einer anderen Partei als der ÖVP verbunden sind. Unter dieser Voraussetzung könnte die Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen ausgeschlossen werden. Es muss dem Untersuchungsausschuss daher möglich sein, auch derart gelagerte Sachverhalte zu prüfen, um sich ein Bild darüber machen zu können, ob die im ersten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Vorgänge stattgefunden haben.

9. Weil es die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie bis jetzt unterlassen hat, aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes zu übermitteln oder zu begründen, warum aus ihrem Verantwortungsbereich Akten und Unterlagen zum ersten Beweisthema nicht vorgelegt wurden, wird sie gemäß §27 Abs4 VO UA aufgefordert, binnen zwei Wochen die von dieser Aufforderung umfassten Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, einer besonderen Begründung bedarf."

1.4. Mit Schreiben vom 2. August 2022 hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu der soeben wiedergegebenen Aufforderung Folgendes festgehalten:

1.4.1. Allgemeines:

Die in Rede stehende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA stütze sich auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss vom 2. Dezember 2021.

Einleitend erlaube sich das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie festzuhalten, dass dieser Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA kein Antrag auf ergänzende Beweisanforderung gemäß §25 Abs1 leg cit vorangegangen sei. Die antragstellenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses hätten es demnach unterlassen, in einen wechselseitigen Kommunikationsprozess mit dem vorlagepflichtigen Organ einzutreten (vgl VfGH 10.5.2021, UA4/2021, Pkt. IV.2.6.).

Darüber hinaus hätten es die einschreitenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses ebenso unterlassen, eine hinreichende Begründung hinsichtlich der Herstellung eines Bezuges zwischen dem Begehren und dem Untersuchungsgegenstand zu übermitteln. Dies wäre erforderlich gewesen, weil sich eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA, die sich auf einen grundsätzlichen Beweisbeschluss stütze, Akten und Unterlagen maximal im selben Umfang nachfordern dürfe, wie dies ursprünglich erfolgt sei (vgl Schrefler-König/Loretto , Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse [VO UA] – Praxiskommentar, 2020, 128 [zu §27]).

Der Umstand, dass es die antragstellenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses damit unterlassen hätten, in den gesetzlich zwingend vorgeschriebenen wechselseitigen Kommunikationsprozess mit dem vorlagepflichtigen Organ einzutreten, führe dazu, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die vorliegende Aufforderung fehlten. Dennoch erstatte das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die vorliegende Äußerung.

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie habe die bereits in Folge des ursprünglichen Beweisbeschlusses vom 2. Dezember 2021 geprüften rechtlichen Fragen nochmals untersucht. Außerdem habe es erhoben, welche Akten und Unterlagen potentiell vorzulegen seien.

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie könne der Aufforderung aus den im Folgenden dargestellten Gründen keine Folge leisten:

In der in Rede stehenden Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA werde die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (insbesondere) aufgefordert, "ihrer sich aus dem grundsätzlichen Beweisbeschluss ergebenden Verpflichtung zur Vorlage aller Akten und Unterlagen betreffend Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie insbesondere betreffend der Vergabe folgender Inserate und Studien […]" nachzukommen.

Die in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeforderten Akten und Unterlagen würden jedoch die Grenzen des Untersuchungsgegenstandes überschreiten, wie sie im grundsätzlichen Beweisbeschluss gezogen würden. Da sich diese Aufforderung auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss stütze, jedoch die Vorlage von Akten und Unterlagen fordere, deren Vorlage nicht vom grundsätzlichen Beweisbeschluss umfasst sei, sei die Aufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit bereits aus diesem Grund unzulässig.

In der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA werde nämlich zur Vorlage aller Akten und Unterlagen betreffend Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, insbesondere betreffend die in der Aufforderung genannten Inserate und Studien, aufgefordert. Eine Einschränkung auf die in der Tabelle in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit genannten Vorgänge sei der Aufforderung nicht zu entnehmen (arg.: "insbesondere betreffend […] folgender Inserate und Studien").

Die Akten und Unterlagen, deren Vorlage verlangt werde, unterlägen zahlreichen Verschwiegenheitspflichten, die sich aus dem Vergaberecht, dem Datenschutzrecht, dem Recht auf Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, aus vertraglichen Verpflichtungen und schließlich aus der Amtsverschwiegenheit ergäben. Eine Vorlage komme daher nur in Betracht, wenn diese Verschwiegenheitspflichten durch die Pflicht zur Vorlage gemäß §27 VO UA bzw Art53 Abs3 B VG durchbrochen werde. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie habe daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu prüfen, ob es zur Vorlage der geforderten Akten und Unterlagen verpflichtet sei. Dies sei jedenfalls nur dann der Fall, wenn die geforderten Akten und Unterlagen abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand hätten.

Die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA vom 14. Juli 2022 beschränke sich ausdrücklich nicht darauf, abstrakt für den Untersuchungsgegenstand relevante Unterlagen im Zusammenhang mit Vergabe- und Förderverfahren anzufordern, sondern verlange die Vorlage aller Unterlagen betreffend Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie insbesondere betreffend die Vergabe der in der Aufforderung genannten Inserate und Studien.

Kurzum: Die Aufforderung zur Vorlage "aller" Akten, "insbesondere" der in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Inserate und Studien, beziehe sich auf sämtliche vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie durchgeführten Vergabe- und Förderverfahren.

Dem grundsätzlichen Beweisbeschluss sei eine derart umfassende Vorlagepflicht in Beweisthema 1. jedoch nicht zu entnehmen. Beweisthema 1. stelle vielmehr einen eindeutigen Bezug zu einem mutmaßlichen Nutzen für mit der ÖVP verbundene Personen her, wie sich aus den Spiegelstrichen in Beweisthema 1. ergebe. Ohne ein Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA, das im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, sei die Aufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit daher schon aus diesem Grund rechtswidrig.

Dass die mit der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeforderten Akten und Unterlagen im Sinne des Art53 Abs3 B VG vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses gedeckt seien, sei aus den im Folgenden dargestellten Gründen sachlich nicht nachvollziehbar und damit nicht offenkundig:

– Der Untersuchungsgegenstand habe folgenden Wortlaut: "Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden."

– Die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA betreffe großteils Vorgänge, die sich während der Amtszeit und unter der Verantwortung von Bundesministerin Leonore Gewessler als Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ereignet hätten. Diese habe ihr Amt am 28. Jänner 2020 angetreten und sei Mitglied der Partei Die Grünen - Die Grüne Alternative.

– Die politische Verantwortung und die Weisungsbefugnis als oberstes Organ sei in Bezug auf einen Großteil der von der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA betroffenen Vorgänge also nicht bei der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen oder MitarbeiterInnen politischer Büros gelegen, sondern bei Bundesministerin Gewessler und den von ihr eigesetzten politischen MitarbeiterInnen.

– Alle angeforderten Akten und Unterlagen, die unter die Anforderungen des Untersuchungsgegenstandes des ursprünglichen Beweisantrages vom 2. Dezember 2021 fielen, nämlich insbesondere jene, die der politischen Verantwortlichkeit von der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen oder MitarbeiterInnen politischer Büros zuzurechnen seien, seien dem Untersuchungsausschuss bereits mit der Aktenlieferung vom 11. Februar 2022 zur Verfügung gestellt worden.

In der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA hätten die Abgeordneten nicht dargelegt, inwiefern bzw worin dennoch ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Untersuchungsgegenstand des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses, etwa ein Bezug zu einer der ÖVP zuzurechnenden Person einerseits und allen (oder auch nur den genannten) Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (insbesondere der in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Inserate und Studien) andererseits bestehen sollte.

Im Gegenteil: Die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA beschränke sich vielmehr auf bloße Behauptungen, ohne einen konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen. An keinem Punkt würden konkrete Anhaltspunkte dafür genannt, dass es im Zusammenhang mit allen (oder auch nur den in der Aufforderung genannten) Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (insbesondere den in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Inseraten und Studien) zu einer Begünstigung von mit der ÖVP verbundenen natürlichen oder juristischen Personen gekommen sein könnte.

In der Beantwortung zu den Aufforderungen gemäß §27 Abs4 VO UA an das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zum "Klimarat" und zu "Stellenausschreibungen" sei bereits vor einer völligen Entgrenzung des Untersuchungsgegenstandes gewarnt worden, die sich auch bei der vorliegenden Aufforderung zu verwirklichen scheine: Die Anforderung von allen Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums (insbesondere den in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit genannten Inseraten und Studien) sei nicht mit dem Untersuchungsgegenstand vereinbar.

Betrachte man derart allgemeine Behauptungen, wie sie in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA enthalten seien, als ausreichend, eine Vorlagepflicht für Akten und Unterlagen zu begründen, führe dies zu einer völligen Entgrenzung des Untersuchungsgegenstandes. Jedes Bundesministerium wäre in diesem Fall verpflichtet, sämtliche Akten über alle Vergabeverfahren und alle Förderungen während des Untersuchungszeitraumes dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Es läge dann im unbeschränkten Ermessen des Untersuchungsausschusses, Unterlagen zu nach beliebigen Kriterien ausgewählten Vergabeverfahren oder Förderungen in unbeschränktem Umfang anzufordern. Eine derart weitreichende Auslegung der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen würde zu einer "Verwässerung" des Untersuchungsgegenstandes und des Prüfauftrages des Untersuchungsausschusses führen.

Es dürfe an dieser Stelle nochmals auf §22 Abs1 VO UA verwiesen werden, der klar vorgebe, dass der Untersuchungsausschuss Beweise nur im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes erheben dürfe.

Nach Prüfung der angeforderten Akten und Unterlagen und vor dem Hintergrund des Fehlens irgendwelcher Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen den angeforderten Akten und Unterlagen, den Vorgängen, die sie betreffen würden, und dem Untersuchungsgegenstand in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA gelange das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vorlage der angeforderten Akten und Unterlagen gemäß Art53 Abs3 B VG nicht vorlägen.

Da der Inhalt der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA nicht vom Gegenstand der Untersuchung erfasst sei, müsse das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie von der angeforderten Lieferung von Akten und Unterlagen an den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss Abstand nehmen.

Im Übrigen halte das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie abschließend fest, dass – anders als in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA behauptet – nicht alle angeforderten Unterlagen Handlungen betreffen würden, die im Rahmen des im ursprünglichen Beweisbeschlusses vom 2. Dezember 2021 festgelegten Schwellenwertes oder im festgelegten Untersuchungszeitraum liegen würden und daher schon deshalb nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien.

1.4.2. Zu den einzelnen Argumenten in der Aufforderung gemäß §27 VO UA:

1.4.2.1. Die Aufforderung liege außerhalb des Untersuchungsgegenstandes (zu Pkt. 3.):

Die Informationsrechte des Untersuchungsausschusses fänden von Verfassungs wegen sowie nach den Bestimmungen der VO UA ihre Grenze im "Gegenstand der Untersuchung" bzw im Untersuchungsgegenstand. Eine Vorlage von Akten sei demnach nur zulässig, soweit diese vom Untersuchungsgegenstand gedeckt sei.

1.4.2.2. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, die eine Verbindung zu den angeforderten Unterlagen und Vorteilsgewährungen an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen herstellten (zu Pkt. 4.):

Werde behauptet, dass eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen in Bundesministerien stattgefunden habe, die von einem Bundesminister oder einer Bundesministerin geleitet würden, der oder die nicht der ÖVP zuzurechnen sei, wäre es Sache jener Abgeordneten gewesen, die die entsprechende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA gestellt hätten, konkrete Anhaltspunkte für den Zusammenhang zwischen den angeforderten Akten und Unterlagen sowie dem Untersuchungsgegenstand darzulegen. In diesem Zusammenhang sei auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss zu verweisen:

"Die Mitglieder der Bundesregierung sind im Untersuchungsgegenstand – soweit sie der ÖVP angehören - ausdrücklich genannt. Auch bei den anderen Mitgliedern der Bundesregierung wird es aber regelmäßig zum Anfall von Akten und Unterlagen in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand kommen. Dies gilt insbesondere für die Bundesministerin für Justiz."

Auch aus dieser Formulierung ergebe sich, dass sich der Untersuchungsgegenstand im Hinblick auf Bundesministerien in erster Linie auf von der ÖVP geführte Bundesministerien beziehe. Das Tatbestandsmerkmal "Anfall von Akten in anderen Ministerien" könne nicht isoliert betrachtet werden, sondern verlange vielmehr einen konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand. Nach Prüfung der angeforderten Akten und Unterlagen habe seitens des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu dieser Aufforderung kein dementsprechender Bezug festgestellt werden können oder es seien die vorlagepflichtigen Akten und Unterlagen bereits mit 11. Februar 2022 übermittelt worden.

1.4.2.3. Die angeforderten Akten und Unterlagen hätten keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand (zu Pkt. 5.):

Reine Mutmaßungen, denen jegliches Tatsachensubstrat fehle, seien nicht geeignet, einen Zusammenhang zwischen den angeforderten Akten und Unterlagen sowie dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses herzustellen. Alle Akten und Unterlagen, die der politischen Verantwortlichkeit von der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen oder MitarbeiterInnen politischer Büros zuzurechnen seien, seien dem Untersuchungsausschuss bereits mit der Aktenlieferung vom 11. Februar 2022 zur Verfügung gestellt worden.

Die antragstellenden Abgeordneten würden in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA vorbringen, durch die Vorlage der Akten und Unterlagen nach einer möglichen Beteiligung oder Begünstigung mit der ÖVP verbundener Personen suchen zu wollen. Eine derartige Aufforderung zur Aufnahme eines Erkundungsbeweises – ohne konkrete Anhaltspunkte zu nennen – sei nicht vom Untersuchungsgegenstand gedeckt.

1.4.2.4. Unzulässigkeit der Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes auf Vergabe- und Förderverfahren, die keinen Bezug zu von der ÖVP-geführten Ressorts hätten (zu Pkt. 6.):

Die Annahme, dass Unterlagen zu allen Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (insbesondere zu den in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Inseraten und Studien) vorzulegen seien, stehe im Widerspruch zum Wortlaut des Untersuchungsgegenstandes und zum Wortlaut des ersten Beweisthemas. Sie sei insbesondere mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl insbesondere VfGH 29.6.2022, UA4/2022, Pkt. IV.2.3.8.2.) nicht in Einklang zu bringen. Der Untersuchungsgegenstand sei eingegrenzt auf Vergabe- und Förderverfahren mit dem Ziel, einen begünstigenden Einfluss für die ÖVP zu erreichen. Da pauschal und undifferenziert alle Vergabe- und Förderverfahren angefordert worden seien, sei die Aufforderung nicht einmal abstrakt geeignet, neue Erkenntnisse zum Untersuchungsgegenstand zu liefern, und bewirke nur eine unzulässige Entgrenzung des Untersuchungsgegenstandes.

1.4.2.5. Der Vergleich unterschiedlicher Vorgehensweisen von unterschiedlichen Zentralstellen sei nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst (zu Pkt. 7. und 8.):

Die Annahme, dass der Untersuchungsausschuss befugt sein müsse, alle Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (insbesondere die in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Inserate und Studien) zu prüfen, um die Vorgehensweisen unterschiedlicher Zentralstellen und nachgelagerter Dienststellen vergleichen zu können oder eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen ausschließen zu können, stehe in offenkundigem Widerspruch zum Wortlaut des Untersuchungsgegenstandes und zum Wortlaut des ersten Beweisthemas.

In der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA werde behauptet, es sei notwendig zu prüfen, ob Personen einen Vorteil erhalten hätten, die mit einer anderen Partei als der ÖVP verbunden seien, um dadurch die Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen ausschließen zu können. Auch dieser Argumentation stehe jedoch der Wortlaut des Untersuchungsgegenstandes entgegen. Dieser beschränke sich nämlich darauf zu prüfen, wo Vorteile an mit der ÖVP verbundene Personen gewährt worden seien. Es gehe nicht darum zu erheben, ob es Verfahren oder Beauftragungen gebe, bei denen mit der ÖVP verbundene Personen keine Vorteile gewährt worden seien.

1.4.2.6. Zu Pkt. 9.:

Siehe dazu die Ausführungen gleich unten.

1.4.3. Vorgangsweise/Methode der Beweiserhebung:

Um der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA Folge zu leisten, habe das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie einen umfassenden Prozess definiert bzw umgesetzt, um die für den Untersuchungsgegenstand relevanten Daten zu erheben. Dabei sei wie folgt vorgegangen worden:

1.4.3.1. Auswertungen aus dem ELAK und Befassung der MitarbeiterInnen:

Beim elektronischen Akt im Bund (ELAK) handle es sich um ein zentrales E Government-System der österreichischen Bundesverwaltung.

Dem Vorhabensbegriff des BHG folgend und der Vorgabe zur Dokumentation sämtlicher relevanter Schritte im Zuge eines Vorhabens entsprechend würden Unterlagen zu einer Beschaffung in den jeweiligen elektronischen Akt gezogen und damit über diesen verfügbar gemacht.

Sämtliche Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie seien im Zuge der ursprünglichen Beweiserhebung aufgefordert worden, im Umfang des Untersuchungsgegenstandes liegende Daten bekanntzugeben. Die Daten seien bei der koordinierten Stelle gesammelt und kategorisiert worden.

Im Zuge der in Rede stehenden Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA seien sämtliche Organisationseinheiten, die mit den in dieser Aufforderung angeführten Vorhaben und Inseraten befasst gewesen seien, erneut befasst worden.

Es werde darauf hingewiesen, dass zwei der genannten Inserate und Studien Abrufe einer Rahmenvereinbarung der Bundes-Beschaffungsgesellschaft darstellten.

Entscheidungsrelevante E-Mails seien in den zugehörigen Akten dokumentiert und damit selbstverständlich erfasst worden.

1.4.3.2. Relevanter Untersuchungszeitraum:

Sämtliche auf Grund der zum ELAK beschriebenen Vorgangsweise erhobenen Unterlagen und Dokumente seien sodann auf den relevanten Untersuchungszeitraum zwischen 18. Dezember 2017 und 11. Oktober 2021 überprüft worden. Insbesondere bei den explizit in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeführten Inseraten und Studien falle mindestens ein Inserat nicht in den Untersuchungszeitraum (Die Presse – Wissenschaft in Österreich).

1.4.3.3. Wertgrenze für Ausschreibungen von € 40.000,– und mehr:

Die übriggebliebenen Datenbestände seien sodann auf Ausschreibungen überprüft worden, die ein Auftragsvolumen von € 40.000,– oder mehr umfasst hätten. Festzuhalten sei auch hier, dass insbesondere drei der explizit in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeführten Inserate und Studien nicht innerhalb dieses Schwellenwertes liegen würden (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Biobased Chemistry – Sekundärphosphor für die Düngemittelindustrie sowie Anforderungen an die Kreislauffähigkeit von Massivbaustoffen; Österreichisches Gallup Institut Dr. K. GmbH, Erhebung des Bekanntheitsgrades des Österreichischen Umweltverzeichnisses).

1.4.3.4. Prüfung der "ÖVP-Verbundenheit" bzw der "abstrakten Relevanz":

In einem letzten Schritt seien die Daten auf ihren sachlichen Zusammenhang überprüft worden. Festgehalten werde an dieser Stelle, dass bei den explizit in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeführten Inseraten und Studien eine Studie unter den Untersuchungsgegenstand subsumiert werden könne (vgl den zweiten Spiegelstrich unter Punkt 1.) und bereits mit 11. Februar 2022 anlässlich des ursprünglichen Beweisbeschlusses übermittelt worden sei.

Für die weiteren Vergaben und Inserate der Liste könne keine "ÖVP Verbundenheit" bzw "abstrakte Relevanz" erkannt werden; auch in der Aufforderung sei keine entsprechende Begründung übermittelt worden.

1.4.4. Zuordnung und Kategorisierung der erhobenen Akten und Unterlagen:

Sämtliche auf Grund der soeben angeführten Vorgangsweise erhobene Daten seien im vorliegenden Dokument dargestellt worden. Es wäre unzulässig, Dokumente zu übermitteln, die außerhalb des Untersuchungsgegenstandes lägen. Diesbezüglich treffe das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Begründungspflicht für die Nichtvorlage der Dokumente (vgl VfGH 10.5.2021, UA4/2021):

"Lehnt das vorlagepflichtige Organ die Vorlage von Akten und Unterlagen ab, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, welche Akten und Unterlagen aus welchen Gründen nicht vorgelegt werden. Es bedarf daher einer Umschreibung des Akten- und Unterlagenbestandes und einer darauf bezogenen substantiierten Begründung. Erweisen sich die angeforderten Akten und Unterlagen – wie im vorliegenden Fall – als sehr umfangreich, so kann es sich als zweckmäßig erweisen, diesfalls Dokumente, die in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen, zu Kategorien zusammenzufassen und die Ablehnung ihrer Vorlage unter Bezugnahme auf die jeweilige Kategorie zu begründen. Die geforderte Begründungstiefe ist dabei in der Regel vom Gegenstand und Umfang der angeforderten Akten und Unterlagen abhängig."

Entsprechend der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes habe das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf Basis der oben beschriebenen Vorgangsweise insbesondere Akten und Unterlagen zu der in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeführten Auflistung erhoben und kategorisiert. Ein Inserat liege nicht im relevanten Zeitraum, drei Studien erreichten nicht den relevanten Schwellenwert. Bei 13 der 15 angeführten Inserate und Studien könne keine "ÖVP-Verbundenheit" bzw kein sachlicher Zusammenhang festgestellt werden; eine solche werde auch nicht durch die antragstellenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses dargelegt.

Die Akten und Unterlagen zur angeführten Studie "Möglichkeiten zur Umsetzung d. EU Vorgaben betr. Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg" von der H. Umweltwirtschaft GmbH mit einem Auftragswert iHv € 128.592,– sei bereits mit der Aktenlieferung vom 11. Februar 2022 anlässlich des ursprünglichen Beweisbeschlusses vom 2. Dezember 2021 übermittelt worden. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass zwei der Vergaben auf Basis eines Abrufes aus einer Rahmenvereinbarung der Bundes-Beschaffungsgesellschaft erfolgt seien (Mediacom) sowie etwaige Akten und Unterlagen betreffend Ausschreibung der Rahmenvereinbarung durch die Bundes-Beschaffungsgesellschaft geliefert werden könnten. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie könnte ausschließlich Akten und Unterlagen zu diesen Abrufen aus der Rahmenvereinbarung liefern.

2. Die Einschreiter begründen ihren auf Art138b Abs1 Z4 B VG gestützten Antrag wie folgt:

2.1. Zur Zulässigkeit:

Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sei ihrer Pflicht zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht nachgekommen (§24 Abs1 VO UA). Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss sei über die Gründe der nicht erfolgten Vorlage nicht unterrichtet worden (§27 Abs3 VO UA).

Der daraufhin am 14. Juli 2022 eingebrachten und am 19. Juli 2022 zugestellten Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA sei nicht entsprochen worden. Mit Schreiben vom 2. August 2022 habe die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ihr Vorgehen begründet.

Da es die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie unterlassen habe, bis zum Ablauf der zweiwöchigen Frist (§27 Abs4 VO UA) am 2. August 2022 die begehrten Akten und Unterlagen vorzulegen bzw für die Ablehnung der Vorlage eine vom Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses als hinreichend erachtete, substantiierte Begründung zu geben, bestehe zwischen dem antragstellenden Viertel des Untersuchungsausschusses und der Bundesministerin eine Meinungsverschiedenheit über die Pflicht zur Vorlage näher bezeichneter Akten und Unterlagen.

Gemäß §56f Abs1 VfGG sei ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 VO UA zwei Wochen vergangen seien. Die Frist für ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof nach Art138b Abs1 Z4 B VG anzurufen, ende am 16. August 2022. Somit seien die an diesem Tag im Wege des Präsidenten des Nationalrates eingebrachten "Anträge" rechtzeitig.

2.2. In der Sache begründen die Einschreiter ihren Antrag – auszugsweise – wie folgt:

2.2.1. Am 13. Oktober 2021 sei die Einsetzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses verlangt worden. Die Einsetzung und Konstituierung seien am 9. Dezember 2021 erfolgt. Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates habe am 2. Dezember 2021 einstimmig gemäß §3 Abs5 VO UA den grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß §24 VO UA gefasst. Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichte ua "die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und -einrichtungen" zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes; sohin auch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Diese habe dem Untersuchungsausschuss die von der Aufforderung vom 14. Juli 2022 umfassten Akten und Unterlagen nicht vorgelegt.

Daraufhin habe ein Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie am 14. Juli 2022 gemäß §27 Abs4 VO UA aufgefordert, binnen 14 Tagen dem grundsätzlichen Beweisbeschluss vom 2. Dezember 2021 hinsichtlich genau (abstrakt und konkret) bezeichneter Akten und Unterlagen, nämlich betreffend die Vergabe- und Förderverfahren des Bundesministeriums, insbesondere die Vergabe ausdrücklich in der Aufforderung bezeichneter Inserate und Studien, zu entsprechen, weil die Bundesministerin nach Ansicht eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ihrer sich aus dem grundsätzlichen Beweisbeschluss ergebenden Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss nicht vollständig nachgekommen sei.

Das Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses habe seine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA, Beilage XCI, ausführlich begründet. Es habe dargelegt, welche Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss bislang noch nicht vorgelegt worden seien und warum diese vom grundsätzlichen Beweisbeschluss umfasst seien, der sich über den gesamten Untersuchungsgegenstand erstrecke. Aus der Darlegung der wesentlichen Argumente dafür, dass die angeforderten Akten und Unterlagen vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, ergebe sich auch deren abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand.

Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie habe bis zum Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 VO UA dieser Aufforderung weder entsprochen, noch habe sie dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ausreichende und nachvollziehbare Gründe für die Nichtentsprechung dargelegt. Diese Weigerung, der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist zu entsprechen, sei rechtswidrig.

2.2.2. Wenn die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie behaupte, dass die Abgeordneten, die sie gemäß §27 Abs4 VO UA aufgefordert hätten, dem grundsätzlichen Beweisbeschluss zu entsprechen und näher bezeichnete Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln, es unterlassen hätten, in einen wechselseitigen Kommunikationsprozess mit ihr einzutreten, und dass ohne ein Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 leg cit eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA rechtswidrig sei, sei ihr Folgendes entgegenzuhalten:

Die VO UA sehe diesen wechselseitigen Kommunikationsprozess insofern vor, als normiert sei, dass vor Anrufung des Verfassungsgerichtshofes wegen einer Meinungsverschiedenheit auf Grund der Nichtentsprechung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses oder einer ergänzenden Beweisanforderung eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA zu ergehen habe. Dieser Zwischenschritt diene genau dazu, eine wechselseitige Kommunikation zu ermöglichen, die entweder die Übermittlung der Akten und Unterlagen oder die Abgabe einer hinreichenden Begründung zum Ergebnis habe, warum Akten und Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.

Im vorliegenden Fall habe die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss die in der Aufforderung vom 14. Juli 2022 näher bezeichneten Akten und Unterlagen auf Grundlage des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht übermittelt, obwohl diese näher bezeichneten Akten und Unterlagen nach Auffassung eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Untersuchungsgegenstand – und sohin auch vom sich auf den ganzen Untersuchungsgegenstand erstreckenden grundsätzlichen Beweisbeschluss – umfasst seien. Daraufhin habe ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie am 14. Juli 2022 aufgefordert, ihrer Vorlageverpflichtung hinsichtlich der in der Aufforderung näher beschriebenen Akten und Unterlagen binnen der gesetzlichen Frist von 14 Tagen nachzukommen. Die Aufforderung sei hinreichend begründet gewesen. So habe das Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den wechselseitigen Kommunikationsprozess eingeleitet. Die Bundesministerin habe die Möglichkeit gehabt, gegenüber dem Untersuchungsausschuss darzulegen, welche Akten und Unterlagen sich in ihrem Akten- und Unterlagenbestand befänden, welche dem Untersuchungsausschuss übermittelt würden bzw detailliert und nachvollziehbar zu begründen, warum welche Akten und Unterlagen nicht vorgelegt würden.

Die VO UA sehe nicht vor, dass in jedem Fall vor einer Aufforderung nach §27 Abs4 VO UA zuerst eine ergänzende Beweisanforderung gemäß §25 leg cit zu ergehen habe. Ganz im Gegenteil ergebe sich aus dem Wortlaut des §27 Abs4 VO UA ausdrücklich, dass die Aufforderung sowohl bei einer Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem grundsätzlichen Beweisbeschluss als auch bei einer Nichterfüllung einer Verpflichtung aus einer ergänzenden Beweisanforderung möglich sei.

Dieses Instrument der ergänzenden Beweisanforderung stelle nur eine Ergänzung zum grundsätzlichen Beweisbeschluss dar, die immer – wie auch der grundsätzliche Beweisbeschluss selbst – innerhalb der Grenzen des Untersuchungsgegenstandes bleiben müsse. Die ergänzende Beweisanforderung treffe für den Fall Vorkehrung, dass sich zB aus den bereits auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses vorgelegten Unterlagen oder auf Grund von Befragungen von Auskunftspersonen ergeben habe, dass ein bestimmtes Beweismittel für die Erhebungen des Untersuchungsschusses notwendig sei, dieses dem Untersuchungsausschuss aber bislang noch nicht vorgelegt worden sei. Daraus lasse sich jedenfalls keine Einengung der Vorlageverpflichtung auf Grundlage des grundsätzlichen Beweisbeschlusses ableiten.

Ebenso wenig diene eine ergänzende Beweisanforderung als "Rechtsmittel" gegen die unzureichende Vorlage von Akten und Unterlagen in Entsprechung eines grundsätzlichen Beweisbeschlusses. Komme ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht oder ungenügend nach, habe der Untersuchungsausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder gemäß §27 Abs4 VO UA die Möglichkeit, das betreffende Organ aufzufordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Das Instrument der ergänzenden Beweisanforderung stehe aber für diesen Zweck eben nicht zur Verfügung.

Daher gehe dieser Einwand der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ins Leere, zumal das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses gemäß §27 Abs4 VO UA die Bundesministerin aufgefordert habe, dem grundsätzlichen Beweisbeschluss zu entsprechen und die näher bezeichneten Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkomme, habe sie dies nachvollziehbar zu begründen.

3. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat dem Verfassungsgerichtshof Bezug habende Akten und Unterlagen vorgelegt sowie eine Äußerung erstattet, in der sie ua die Zurückweisung des Antrages begehrt:

3.1. Zur Zulässigkeit:

Zum ersten Punkt des Begehrens der Antragsteller ("[D]er Verfassungsgerichtshof möge […] feststellen, dass die Weigerung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, der Aufforderung vom 14.07.2022 gemäß §27 Abs4 VO UA in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses, Blg. XCI [Beilage ./3], nachzukommen rechtswidrig ist"):

Die im ersten Punkt des Begehrens beantragte Feststellung finde in den einschlägigen Bestimmungen des B VG und des VfGG keine Rechtsgrundlage (vgl dazu zuletzt VfGH 25.8.2022, UA5-6/2022, Pkt. IV.8., unter Berufung auf VfSlg 19.973/2015, S 657).

Der erste Punkt des Begehrens der Antragsteller sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Zur inhaltlichen Begründetheit des Antrages (Auszug):

Die in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA genannten Akten und Unterlagen seien nicht bereits auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses vorzulegen gewesen. Dies ergebe sich – wie im Schreiben vom 2. August 2022 ausführlich dargelegt – offenkundig aus dem Wortlaut des Untersuchungsgegenstandes und des ersten Beweisthemas sowie aus dem Fehlen einer Begründung in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit, die einen konkreten Bezug zum Beweisthema und zum Untersuchungsgegenstand herstellen würde. Nach dem System der VO UA bestehe eine Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen ausschließlich auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses oder auf Grund einer ergänzenden Beweisanforderung (vgl §27 Abs1 erster Satz leg cit).

Im vorliegenden Fall sei – wie im Schreiben vom 2. August 2022 ausführlich dargelegt – offenkundig, dass die in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA angeforderten Unterlagen nicht bereits auf Grundlage des grundsätzlichen Beweisbeschlusses vorzulegen gewesen seien.

Eine Pflicht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, die in der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA geforderten Akten und Unterlagen vorzulegen, könnte daher nur auf Grundlage einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 leg cit bestehen.

Da eine solche ergänzende Beweisanforderung aber nicht ergangen sei, bestehe – wie bereits im Schreiben vom 2. August 2022 ausgeführt – keine Vorlagepflicht, womit die Voraussetzung für eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA nicht vorliege.

Würde man eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA auch in Fällen zulassen, in denen offenkundig keine Vorlagepflicht für Akten und Unterlagen auf Grundlage des grundsätzlichen Beweisbeschlusses bestehe, ohne dass zuvor eine ergänzende Beweisanforderung erfolge, würde dies der Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Möglichkeit nehmen, den sachlichen Zusammenhang einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 leg cit mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten.

Im vorliegenden Fall sei – wie bereits im Schreiben vom 2. August 2022 ausgeführt – dem in der VO UA angelegten Kommunikationsprozess nicht entsprochen worden, weil eine Fristsetzungsaufforderung gemäß §27 Abs4 leg cit ergangen sei, ohne dass in Bezug auf die angeforderten Akten und Unterlagen eine Vorlagepflicht auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses bestanden habe oder eine ergänzende Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 VO UA ergangen sei.

IV. Zur Zulässigkeit

Der vorliegende Antrag entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen dem dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom heutigen Tag, UA75/2022 ua, zugrunde liegenden Antrag. Der Verfassungsgerichtshof kann sich daher darauf beschränken, auf Punkt IV. der Begründung des genannten Beschlusses zu verweisen. Daraus ergibt sich auch für den vorliegenden Fall, dass der im ersten Teil des Begehrens enthaltene Feststellungsantrag in den einschlägigen Bestimmungen des B VG und des VfGG keine Rechtsgrundlage findet sowie der im zweiten Teil des Begehrens gestellte Antrag unzulässig ist, weil die Voraussetzungen für eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem einschreitenden Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (noch) nicht vorliegen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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