JudikaturVfGH

UA46/2022 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. August 2022

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass die Beschlüsse Blg CIa bis Blg CXXIXa des Untersuchungsausschusses 'betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP Regierungsmitglieder' (4/US XXVII.GP) vom 14.07.2022, mit denen der Zusammenhang der Verlangen des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderungen Blg CI bis Blg CXXIX mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig sind".

II. Rechtslage

1. Art53 und Art138b Abs1 Z3 B VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungs-ausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.

[…]

Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

3. die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder;

[…]"

2. §56e Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"c) Bei einem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses,

mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines

Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des

Nationalrates betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem

Untersuchungsgegenstand bestritten wird

§56e. (1) Der Antrag im Sinne des Art138b Abs1 Z3 B VG hat die Feststellung zu begehren, dass der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, rechtswidrig ist.

(2) Der Antrag hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des Verlangens;

2. die Bezeichnung des Beschlusses;

3. den Sachverhalt;

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;

5. die erforderlichen Beweise;

6. die Angaben und Unterlagen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.

(3) Dem Antrag ist eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des Verlangens der Antragsteller, der gegenständlichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung sowie des Beschlusses des Untersuchungsausschusses anzuschließen.

(4) Ein Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind.

(5) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(6) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

(7) Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses wird das Verlangen auf Erhebung weiterer Beweise wirksam."

3. §24 und §25 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA) zum Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 46 Mitglieder des Nationalrates haben am 13. Oktober 2021 ein Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP Regierungsmitglieder (in der Folge: ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss) mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über

Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu tätigen, insbesondere in Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten Dienst-leistungen;

Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist;

Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene Personen tätig sind, insbesondere das Campaigning Bureau, die Blink Werbeagentur, die GPK GmbH, die Media Contacta GmbH, Schütze Positionierung, Research Affairs und das tatsächliche Erbringen der gewünschten Leistungen; allfällige Mängel in der Dokumentation der Leistungserbringung; die mögliche Umgehungskonstruktion, diese Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen;

Buchungen von Inseraten, insbesondere den sprunghaften Anstieg der Inseratenausgaben im Jahr 2017 im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, des Bundeskanzleramts im Jahr 2020 sowie Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen im Ausmaß von insgesamt 180 Millionen Euro und der Vergabe dieses Auftrags an die Unternehmen mediacom, Wavemaker und Group M sowie eines korrespondierenden Werbeetats im Ausmaß von 30 Mio. Euro über die Bundes-Beschaffungsgesellschaft an ua Jung von Matt im Jahr 2021; Buchung von Inseraten im Zusammenhang mit dem sogenannten 'B[.] ÖSTERREICH Tool' im Bundesministerium für Finanzen und ab 2018 im Bundeskanzleramt sowie parteipolitisch motivierte Tätigkeiten der 'Stabsstelle Medien' im Bundeskanzleramt, insbesondere die Einflussnahme auf Inseratevergaben von Organen des Bundes;

mögliche Kick Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;

mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen der Bundesministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den unterlegenen BieterInnen;

Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen;

Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel für Werbemaßnahmen in ÖVP geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen;

Schaffung und Gestaltung von Finanzierungsprogrammen des Bundes für Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen wie etwa im Falle des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes.

2. Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe, dem Zusammenwirken mit weiteren EigentümerInnen und jeweiligen OrganwalterInnen sowie der Ausübung von Aufsichtsrechten durch Mitglieder des Zusammenschlusses mit dem mutmaßlichen Ziel, die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen im Sinne der ÖVP zu steuern, und insbesondere über

(vorzeitige) Abberufung von Organen ausgegliederter Gesellschaften, insbesondere in Hinblick auf die Bestellung von B[.] G[.] [.] als ÖVP Kandidatin in den Vorstand der Casinos Austria AG und das Bestehen eines politischen Hintergrunddeals für diese Bestellung; den durch vorzeitige Abberufungen entstandene Schaden für die Republik;

den Informationsfluss in Angelegenheiten des Beteiligungsmanagements zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und den Bundesministern Blümel, Löger sowie Bundeskanzler Kurz, insbesondere in Hinblick auf die Auswahl von Organen der ÖBIB und ÖBAG und der Entstehung der Vorschläge für die Besetzung des Aufsichtsrats der ÖBAG sowie den Vorstand der ÖBAG;

Motive für Vorbereitungen für einen Verkauf (Privatisierung) von Anteilen an Beteiligungen des Bundes sowie entsprechende Szenarienentwicklung und Analyse, insbesondere von Anteilen der Austrian Real Estate als Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft, und das Zusammenwirken mit ParteispenderInnen der ÖVP aus dem Immobiliensektor sowie die Rolle von R[.] B[.] in Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der BIG und der ARE, insbesondere die Hintergründe des 99 jährigen Mietvertrags mit der BIG für das Gebäude der Postsparkasse.

3. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über

Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie Josef Pröll und Hartwig Löger; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP verbundenen Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex; Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei Hartwig Löger, Gernot Blümel, T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler Kurz;

Einflussnahme auf aus der Veranlagung von Parteispenden an die ÖVP oder ihr nahestehende Organisationen resultierende Finanzstrafverfahren bzw die mögliche Verhinderung der Einleitung solcher Verfahren; Einflussnahme auf gegen (potentielle) SpenderInnen der ÖVP geführte Finanzstrafverfahren;

die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;

Vorwürfe der Behinderung der Beweiserhebungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses, insbesondere die interne Vorbereitung und Kommunikation zur Frage der Erfüllung der Beweisanforderungen und Erhebungsersuchen des Ausschusses im Bundesministerium für Finanzen einschließlich der Einbindung des Bundesministers für Finanzen und der Finanzprokuratur in diese Angelegenheiten zum mutmaßlichen Zwecke des Schutzes von mit der ÖVP verbundenen Personen einschließlich des Bundesministers Blümel selbst.

4. Begünstigung bei der Personalauswahl

Aufklärung über Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes oder Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes abseits jener in Beteiligungen des Bundes sowie Aufnahme von Personen in Beratungsgremien (insbesondere Think Austria) oder Delegationen mit dem mutmaßlichen Ziel, einen kontrollierenden Einfluss für mit der ÖVP verbundene Personen auf die Tätigkeiten dieser Organe zu erreichen, oder Bestellungen als mutmaßliche Folge oder in Erwartung einer Begünstigung der ÖVP, und insbesondere über

Einhaltung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes bei der Vergabe von Leitungsfunktionen in ÖVP geführten Bundesministerien;

Interventionen für (ehemalige) PolitikerInnen der ÖVP und deren Versorgung mit Beschäftigungsverhältnissen; möglichen Schaden für den Bund durch Ermöglichung solcher Begünstigung insbesondere durch frühzeitige Abberufung anderer OrganwalterInnen oder die Schaffung neuer Funktionen;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen auf parteipolitisch loyale KandidatInnen durch Mitglieder des ÖVP-Zusammenschlusses;

Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere durch MitarbeiterInnen politischer Büros von ÖVP-Regierungsmitgliedern."

1.2. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am 2. Dezember 2021 (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Gemäß §24 Abs1 VO UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.

Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen sechs Wochen, spätestens jedoch am 26. Jänner 2022 zu erfolgen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1 4 zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß InfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.

Klassifizierungen gemäß InfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß §4 Abs1 InfOG (§27 Abs6 VO UA, §5 Abs2 InfOG). Es wird außerdem auf §27 Abs3 VO UA und §5 Abs2 InfOG hingewiesen.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen.

Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit 31. März 2022) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.

Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.

Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstands und der Beweisthemen ist der Beilage zu entnehmen.

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

[…]

3. Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und einrichtungen.

[…]"

1.3. In der 27. Sitzung des ÖVP Korruptions Untersuchungsausschusses am 14. Juli 2022 richtete das (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO UA 29 Verlangen an den Untersuchungsausschuss, die jeweils näher bezeichneten Mitglieder der Bundesregierung zu verpflichten, alle für das bzw durch das

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 17. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Kern)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 9. Mai 2016 (Kabinett Faymann)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 6. Dezember 2016 (Kabinett der Kanzleramtsministerin Heinisch Hosek)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett des Kanzleramtsministers Drozda)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 16. Dezember 2013 bis 18. Mai 2016 (Kabinett des Kanzleramtsministers Ostermayer)

Kabinett im Unterrichtsministerium im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 16. Dezember 2013 (Kabinett Schmied)

Kabinett im Unterrichtsministerium im Zeitraum ab 1. März 2014 bis 18. Mai 2016 (Kabinett Heinisch Hosek)

Kabinett im Bildungsministerium im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Hammerschmid)

Kabinett im Innenministerium im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Kickl)

Kabinett im Bundesministerium für Justiz im Zeitraum 6. Dezember 2021 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Zadic)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 1. September 2014 (Kabinett Bures)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 1. September 2014 bis 26. Jänner 2016 (Kabinett Stöger)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 26. Jänner 2016 bis 18. Mai 2016 (Kabinett Klug)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Leichtfried)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Hofer)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 3. Juni 2019 bis 7. Jänner 2020 (Kabinett Reichhardt)

Kabinett im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Zeitraum 29. Jänner 2020 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Gewessler)

Kabinett im Bundesministerium für den öffentlichen Dienst im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Strache)

Kabinett im Bundesministerium für den öffentlichen Dienst im Zeitraum 6. Dezember 2021 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Kogler)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 11. März 2013 (Kabinett Darabos)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 11. März 2013 bis 26. Jänner 2016 (Kabinett Klug)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 26. Jänner 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Doskozil)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Kunasek)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 3. Juni 2019 bis 7. Jänner 2020 (Kabinett Starlinger)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Hartinger Klein)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 1. September 2014 (Kabinett Stöger)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 8. März 2017 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Rendi Wagner)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 7. Jänner 2020 bis 19. April 2021 (Kabinett Anschober)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 19. April 2021 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Mückstein)

"erstellte[n] Planungsdokumente sowie Akten und Unterlagen betreffend Vorbereitung auf Klausurtage, Strategieklausuren etc., insbesondere

alle Akten und Unterlagen, die die Inhalte erfolgter Planungen festhalten wie Protokolle, Powerpoint Präsentationen etc.;

Akten und Unterlagen zu abgehaltenen Workshops;

Belege der Verwendung erarbeiteter Unterlagen;

Akten und Unterlagen betreffend externer Beauftragungen für die Prozessbegleitung;

Leistungsaufstellungen und Abrechnungen;

Sämtliche Korrespondenzen bezüglich der Prozesse sowohl ministeriumsintern als auch mit extern beauftragten Personen und Unternehmen (Emails udg.)

vorzulegen, sofern diese nicht bereits übermittelt wurden.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom 2.12.2021 (vgl Anlage 1 zu 1215 BIgNR XXVII.GP) sind anzuwenden. Bei bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen ist die ggst. Beweisanforderung durch einen Hinweis auf die bereits erfolgte Lieferung und Fundstelle erfüllt. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass von dieser Aufforderung auch Akten und Unterlagen, die bereits dem Staatsarchiv übergeben wurden, mitumfasst sind.

Die Vorlagefrist beträgt sechs Wochen".

Diese Verlangen wurden – jeweils gleichlautend – wie folgt begründet (ohne die in den Originalen enthaltenen Hervorhebungen):

"Begründung

1. Der UA 4/US XXVII. GP kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.

Der Untersuchungsausschuss hat auf Grund des Einsetzungsverlangens ua zu prüfen:

'1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über

(…)

mögliche Kick Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;

mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes-Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;

(…)

Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen; (…)'

2. Dem Untersuchungsausschuss liegen bereits Akten und Unterlagen vor, die nicht nur interne strategische Planungen von Kabinetten dokumentieren, sondern auch eine externe Betreuung dieser internen Prozessausrichtung und Strategieplanung belegen. Aus den vorliegenden Unterlagen ist jedoch nicht ersichtlich welche Dokumente im Zuge der Planungen erstellt worden und welche Leistungen bei einer externen Prozessbegleitung abgerechnet worden sind.

3. Von im UA 4/US XXVII. GP vertretenen Fraktionen wird folgendes in den Raum gestellt: 'Bei der Durchsicht von dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehenden Akten und Unterlagen wurde festgestellt, dass es bei einigen Beauftragungen zu Leistungen seitens der Unternehmen gekommen ist, die nicht dem entsprechenden Ministerium selbst zugutegekommen sind, sondern viel mehr als Grundlage für die Arbeit der ÖVP dienen sollten oder durch ein offensichtliches Missverhältnis zwischen bezahlter und tatsächlich erhaltener Leistung zu Vorteilen für mit der ÖVP verbundenen Personen geführt haben könnten.

Beispielhaft kann an dieser Stelle das im BMF 2017 stattgefundene Projekt unter dem Titel 'Organisationsentwicklung' genannt werden, dessen durch ICG ausgearbeiteter Inhalt nicht als Grundlage für die Arbeit des BMF herangezogen wurde, sondern offensichtlich die ÖVP auf die kommenden Koalitionsverhandlungen vorbereiten sollte. Somit liegt eine sachfremde Verwendung von öffentlichen Mitteln zu Zwecken der ÖVP vor, da diese sich somit einen Aufwand zur Vorbereitung von Koalitionsverhandlungen erspart hat.

Ein weiteres Beispiel ist die Vergabe des Auftrages der Leitbilderstellung für das BMDW im Jahr 2019 an die Karmasin Researchand Identity GmbH, bei dem nicht nur die Auftragserteilung selbst einige Fragen aufwirft, sondern auch die letztendlich entstandenen Kosten iHv 125.000 nicht mit der tatsächlich gelieferten Leistung in Einklang zu bringen sind.

Mit der nun vorliegenden Beweisanforderung soll Beweis darüber geführt werden, welche Vorteile mit der ÖVP verbundenen Personen durch Organe des Bundes gewährt wurden. Aus den bereits vorliegenden Akten und Unterlagen ist ersichtlich, dass es in den Kabinetten im Rahmen der Strategieplanung zu einer für die ÖVP prioritären Themensetzung gekommen ist, bzw, dass Leistungen externer Dienstleister nicht für das Ministerium selbst, sondern für die ÖVP erstellt worden sind. Mit der vorliegenden Beweisanforderung soll somit Beweis darüber geführt werden, welche Fälle sachfremder Mittelverwendung im BMLRT, durch die Abrechnung von der ÖVP zugutegekommenen Leistungen durch das Ministerium vorliegen.'

4. Die gegenständliche ergänzende Beweisanforderung wurde von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bereits an einzelne, unter der Leitung von der ÖVP zuzurechnenden Ministern stehende, Ressorts gerichtet. Damit sich der Untersuchungsausschuss ein möglichst umfassendes Bild machen kann, ist es notwendig, die in diesem Verlangen angeführten Akten und Unterlagen aus allen Kabinetten aus allen Ressorts des Untersuchungszeitraums anzufordern.

5. Hinsichtlich der Akten und Unterlagen, auf die sich diese Aufforderung bezieht, ist aufzuführen, dass eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen selbstverständlich auch in Bundesministerien stattgefunden haben kann, die nicht vom einem Bundesminister oder von einer Bundesministerin geleitet werden, der oder die mit der ÖVP verbunden ist. Dementsprechend hat auch der Geschäftsordnungsausschuss einstimmig beschlossen, den grundsätzlichen Beweisbeschluss an alle Bundesministerien zu richten, unabhängig davon, ob deren Leitung mit Organwalterinnen oder waltern besetzt sind, die der ÖVP zurechenbar sind.

Schon aus dieser Formulierung wird ersichtlich, dass der Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, in unterschiedlichsten Konstellationen gegeben und die Verbundenheit unterschiedlichster Natur sein kann. Keinesfalls genügt daher, die Prüfung der Verbundenheit mit der ÖVP rein auf die Mitgliedschaft bei der ÖVP zu beschränken (ganz abgesehen davon, dass es öffentlichen Stellen schon aus datenschutzrechtlichen Erwägungen untersagt wäre, derartige Informationen zu erheben und zu verarbeiten).

Daher ist es den vorlagepflichtigen Stellen anhand der im Einsetzungsverlangen enthaltenen Determinanten nicht möglich, Akten und Unterlagen mit der Begründung auszusondern und dem Untersuchungsausschuss vorzuenthalten, dass diese keine Auskünfte über eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen enthalten oder lediglich eine Gewährung derartiger Vorteile betreffen, die nicht durch den im Einsetzungsverlangen angesprochenen Zusammenschluss aus ÖVP Regierungsmitgliedern und Mitarbeiterinnen bzw Mitarbeiter deren politischer Büros unter der Leitung von Sebastian Kurz veranlasst wurde.

Es muss vielmehr dem Untersuchungsausschuss selbst möglich sein, bei allen Vergabe- und Förderverfahren zu prüfen, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Umstände vorliegen, weil ausschließlich der Untersuchungsausschuss aufgrund seiner vielfältigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen (Akten und Unterlagen, Erhebungsersuchen, Befragung von Auskunftspersonen) in der Lage ist, auf Grundlage von ihm selbst anhand politischer Wertungen entwickelter Maßstäbe zu beurteilen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist bzw ob die anderen im Einsetzungsverlangen angeführten Kriterien vorliegen.

Anders gewendet: Im Rahmen des ersten Beweisthemas hat der Untersuchungsausschuss zu prüfen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist, ob diese Person begünstigt wurde und ob schließlich diese Begünstigung in einem Zusammenhang mit der Verbundenheit zur ÖVP steht. Eine solche Prüfung kann aber nur durch Vorlage der Unterlagen im beschriebenen Umfang erfolgen.

So kommt auch Univ. Prof. Dr. J[.] in seinem vorhin zitierten Gutachten zum Ergebnis, dass es gemäß Art53 Abs3 B VG geboten ist, dass die im grundsätzlichen Beweisbeschluss genannten vorlagepflichtigen Organe – somit auch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – prinzipiell 'alle Akten und Unterlagen vorlegen, Vergabe und Förderverfahren [...] betreffen, und zwar – wegen der Einbeziehung zeitlich vorgelagerter 'Vorbereitungshandlungen' – selbst dann, wenn diese Dokumente schon vor dem Untersuchungszeitraum entstanden sind, aber in einem Zusammenhang mit dem – wie auch immer abzugrenzenden – 'Projekt Ballhausplatz' stehen bzw zumindest stehen könnten.'

6. Darüber hinaus muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bei der Untersuchung die Vorgehensweisen unterschiedlicher Zentralstellen und nachgelagerter Dienststellen zu vergleichen, um anhand festgestellter Unterschiede zu untersuchen, ob diese Unterschiede auf das Vorliegen von Vorgängen im Sinn des Untersuchungsgegenstandes schließen lassen.

So hat auch die Vorsitzende in der 24. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 29.06.2022, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, eine Frage, die auf einen derartigen Vergleich gerichtet war, für zulässig erklärt und damit festgestellt, dass eine derartige Frage durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt ist (vgl vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. J[.] P[.], ÖVP Korruptions UsA XXVII.GP, 24. Sitzung, 29.06.2022, Seite 16).

7. Genauso muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, aufgrund der eigenen Untersuchungen anhand der in dieser Aufforderung umschriebenen Akten und Unterlagen festzustellen, dass darin keine Hinweise auf die im ersten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Handlungen enthalten sind, weil damit der Schluss nahe liegen könnte, dass die im ersten Beweisthema behaupteten und umschrieben Vorgänge nicht stattgefunden haben, was das Ergebnis des Untersuchungsausschusses sein kann. Dazu benötigt er aber zwingend die von dieser Aufforderung umfassten Akten und Unterlagen.

Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen der untersuchungsgegenständlichen Vorgänge Personen begünstigt werden, weil sie mit einer anderen Partei als der ÖVP verbunden sind. Unter dieser Voraussetzung könnte die Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen ausgeschlossen werden. Es muss dem Untersuchungsausschuss daher möglich sein, auch derart gelagerte Sachverhalte zu prüfen, um sich ein Bild darüber machen zu können, ob die im ersten Beweisthema behaupteten und umschrieben Vorgänge stattgefunden haben.

8. Die Vorlagefrist beträgt sechs Wochen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, einer besonderen Begründung bedarf."

1.4. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss fasste am 14. Juli 2022 mehrheitlich die Beschlüsse, den sachlichen Zusammenhang dieser Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Die beschlussfassende Mehrheit des Untersuchungsausschusses begründete ihre Beschlüsse – jeweils gleichlautend – wie folgt (ohne die in den Originalen enthaltenen Hervorhebungen):

"Der Untersuchungsgegenstand des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses enthält […] mehrere kumulative Kriterien, deren (potentielles) Vorliegen für jedes einzelne Kriterium bejaht werden muss, um den fraglichen Sachverhalt in den Untersuchungsgegenstand einzubeziehen. Im Einsetzungsverlangen wird dazu ausgeführt:

'Die relevanten Akteure (die Mitglieder eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Personen) und Handlungen (unsachliche Vorteilsgewährung sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage des 'Projekt Ballhausplatz'), der Zeitraum, der sachliche Umfang (Eignung zur parteipolitischen Begünstigung im Bereich der Vollziehung des Bundes) sowie die Zielrichtung der Untersuchung (Verdacht der Umgehung bzw Verletzung gesetzlicher Vorschriften) werden als konstitutive Merkmale des zu untersuchenden Vorgangs benannt. Gerade auf Grund des komplexen, der Untersuchung zu Grunde liegenden Sachverhalts muss die Bestimmung des Untersuchungsgegenstands durch eine Kombination mehrerer Elemente erfolgen.'

Zum gegenständlichen Verlangen ist folgendes festzuhalten: Der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist nicht offenkundig: Inwiefern Planungsdokumente von Kabinetten in Ministerien, die von Personen geleitet wurden, die anderen Parteien als der ÖVP zuzurechnen sind, für die Untersuchung relevant sein könnten, erschließt sich prima facie nicht. Auch die Begründung des Verlangens erhellt nicht. In der Begründung wird konkret lediglich folgendes angegeben:

'Mit der nun vorliegenden Beweisanforderung soll Beweis darüber geführt werden, welche Vorteile mit der ÖVP verbundenen Personen durch Organe des Bundes gewährt wurden. Aus den bereits vorliegenden Akten und Unterlagen ist ersichtlich, dass es in den Kabinetten im Rahmen der Strategieplanung zu einer für die ÖVP prioritären Themensetzung gekommen ist, bzw, dass Leistungen externer Dienstleister nicht für das Ministerium selbst, sondern für die ÖVP erstellt worden sind. Mit der vorliegenden Beweisanforderung soll somit Beweis darüber geführt werden, welche Fälle sachfremder Mittelverwendung im BMLRT (sic!), durch die Abrechnung von der ÖVP zugutegekommenen Leistungen durch das Ministerium vorliegen.'

Diese Begründung erscheint lediglich aus Entwürfen anderer Beweisanforderungen kopiert und steht in Widerspruch zum Text der Beweisanforderung selbst. Es bleibt offen und ist auch ansonsten völlig unklar, auf welche Sachverhalte sich die verlangenden Abgeordneten beziehen. Inwiefern andere als der ÖVP zuzurechnende Mitglieder der Bundesregierung die ÖVP als Partei begünstigt haben sollen, erschließt sich nicht. Solche Sachverhalte werden von den verlangenden Abgeordneten auch nicht behauptet. Sie begnügen sich mit der pauschalen Behauptung, dass solche Begünstigungen nicht ausgeschlossen werden können. Dabei verkennen die verlangenden Abgeordneten jedoch, dass der Untersuchungsgegenstand ausdrücklich eine Vorteilsgewährung durch der ÖVP zuzurechnende Mitglieder der Bundesregierung verlangt.

In der Begründung des Verlangens fehlt außerdem jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Handlungen in nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18.12.2017 in Verbindung mit dem Projekt Ballhausplatz stehen könnten.

Aus alldem ergibt sich, dass mit der vorliegenden Begründung beliebige Akten und Unterlagen angefordert werden könnten. Es kann aber nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll (VfGH 29.6.2022, UA4/22).

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, 3.3.2020).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen."

2. Am 28. Juli 2022 stellte das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses den vorliegenden, auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag und begründete diesen wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Im antragsgegenständlichen Beschluss kam die Mehrheit [der] sie treffenden verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht bzw nicht ausreichend nach, weshalb sie den Beschluss mit Rechtswidrigkeit belastet hat. Die Minderheit hat ihre Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen gem. §25 Abs3 VO UA hingegen gesetzeskonform begründet. Die Verlangen stehen zudem gem. §25 Abs2 VO UA im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses. Um die Wirksamkeit der Verlangen zu erreichen, stellt die Minderheit daher den gegenständlichen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse der Mehrheit. […]

Dazu im Detail:

3.1. Sachlicher Zusammenhang der Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben und hinreichende Begründung der Verlangen

Die Beschlüsse der Mehrheit vom 14.07.2022 bestreiten den sachlichen Zusammenhang der Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX mit dem Untersuchungsgegenstand und behaupten zudem, aus den Verlangen der Minderheit ergebe sich der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig. Es würde sich nicht erschließen, warum Planungsdokumente aus Kabinetten in Ministerien, die nicht der ÖVP zuzurechnen seien, für die Untersuchung relevant sein könnten. Auch durch die Verlangensbegründung würden die Antragssteller nicht erhellt. Die Verlangensbegründung sei bloß aus anderen Beweisanforderungen kopiert, es würde sich nicht erschließen, wie andere als der ÖVP zuzurechnende Mitglieder der Bundesregierung die ÖVP als Partei begünstigt haben könnten. Es fehle zudem jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum.

Das Gegenteil ist der Fall:

Wenn die Mehrheit ausführt, die Begründung der Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX sei lediglich aus 'anderen' Beweisanforderungen kopiert, so ist ihr dahingehend zuzustimmen, als die Begründung aus den – von Teilen der Mehrheit, die die gegenständlichen Verlangen bestritten hat – in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 14.07.2022 eingebrachten und wirksam gewordenen Beweisanforderungen übernommen sowie um weitere Argumente ergänzt wurde. Jedoch handelt es sich nicht um 'andere' Beweisanforderungen, sondern um inhaltsgleiche, nämlich auch solche 'betreffend Planungsdokumente des Kabinetts'.

[…]

Es ist gelebte parlamentarische Praxis, dass für Anträge und Verlangen auf Muster zurückgegriffen wird, die im Einzelfall individualisiert und ergänzt werden. Im gegenständlichen Fall wurde für die Begründung der Verlangen Blg CI bis Blg CXXIX auf die Begründung der inhaltsgleichen Verlangen Blg LXIV bis LXVII zurückgegriffen und die Begründung um zahlreiche Ausführungen in den Punkten 4 bis 8 ergänzt. Es ist dem antragstellenden Viertel unerklärlich, wieso die Mehrheit behauptet, die Begründungen seien lediglich übernommen, geht die Begründung doch weit über die von Teilen der Mehrheit verwendete Vorlage hinaus. Das verlangende Viertel hat in der Begründung ausführlich dargelegt, warum die angeforderten Akten und Unterlagen von – zumindest abstrakter – Relevanz für den Untersuchungsausschuss sind.

Ebenso behauptet die Mehrheit fälschlich, es fehle in den Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX jeder Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Richtig ist, dass im Verlangenstext explizit darauf hingewiesen wird, dass hinsichtlich der Anforderungen an die Aktenvorlage der grundsätzliche Beweisbeschluss (Anlage 2 zu 1215 BIgNR XXVII. GP (Beilage ./64)) anzuwenden ist. Dieser verpflichtet die vorlagepflichtigen Organe zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen 'im Umfang des Untersuchungsgegenstandes', welcher dem grundsätzlichen Beweisbeschluss auch angeschlossen ist. Der Untersuchungszeitraum ist untrennbarer Teil des Untersuchungsgegenstandes, wird durch ihn doch das notwenige Kriterium der Abgeschlossenheit nach Art53 Abs2 B VG erfüllt. Es fehlt in den Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX also weder die Einschränkung auf den Untersuchungsgegenstand noch auf den Untersuchungszeitraum, der unteilbarer Bestandteil des Untersuchungsgegenstandes ist.

Die Antragsteller haben in ihren Verlangen substantiiert und nachvollziehbar dargestellt, warum die Übermittlung der angeforderten Akten und Unterlagen von zumindest abstrakter Relevanz für die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses ist. Sie haben in den Punkten 4 und 5 der Begründung dargelegt, wie die Auswahl der Ressorts, an die sich die Verlangen richten, getroffen wurde und warum es nach Meinung der Antragsteller für ein umfassendes Bild nicht ausreicht, die gegenständlichen Verlangen an sog 'ÖVP geführte' Ressorts zu richten. Insbesondere wurde dargelegt, dass sich aus dem Untersuchungsgegenstand nicht ergibt, dass die darin aufgeworfene, mutmaßliche Vorteilsgewährung nur in 'ÖVP geführten Ministerien' verwirklicht worden sein könnte, um untersuchungsgegenständlich zu sein. Es ist nahezu denkunmöglich, dass nicht auch in Bundesministerien, die nicht der ÖVP zugerechnet werden, Personen tätig sind, die im Sinne des Untersuchungsgegenstandes des Verlangens 4/US XXVII.GP 'mit der ÖVP verbunden' sind.

[…]

Außerdem haben die Antragsteller dargelegt, dass es dem Untersuchungsausschuss möglich sein muss, einen Vergleich zu ziehen, um festzustellen, ob bestimmte Handlungen tatsächlich als die mutmaßlichen Bevorzugungen bzw Vorteilszuwendungen zu werten sind, wie dies im Rahmen der Befragung von Auskunftspersonen hinsichtlich der Zulässigkeit von Fragen an die Auskunftspersonen, die vom Untersuchungsgegenstand gedeckt sein müssen, gängige Praxis ist[.]

[…]

Außerdem haben die Antragsteller dargelegt, dass es dem Untersuchungsausschuss möglich sein muss aufzuzeigen, dass die behaupteten Vorteilsgewährungen eben nicht stattgefunden haben, was eine umfassende Sichtung der untersuchungsgegenständlichen Akten und Unterlagen aller Ressorts erfordert[.]

[…]

3.2. Keine substantiierte Begründung der Bestreitung

[…]

Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses hat seine Verlangen Blg Cl bis Blg CXXIX entsprechend der ausdrücklichen Regelungen gem §25 Abs3 zweiter Satz VO UA substantiiert und nachvollziehbar begründet.

Die Mehrheit des Untersuchungsausschusses hingegen hat es unterlassen, ihre Anträge Blg Cla bis Blg CXXIXa substantiiert und nachvollziehbar zu begründen, obwohl sie eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht trifft. Insbesondere ist die Mehrheit auf die vom antragstellenden Viertel vorgebrachten Argumente weder eingegangen noch hat sie den Versuch unternommen, diese zu entkräften. Sie hat diese lediglich – wenn überhaupt – pauschal in Abrede gestellt.

Zu den spärlichen inhaltlichen Ausführungen der Mehrheit des Untersuchungsausschusses sei entgegnet:

Wie Planungsdokumente von Kabinetten in Ministerien, die von Personen geleitet wurden, die anderen Parteien als der ÖVP zuzurechnen sind, für die Untersuchung relevant sein könnten, wird in der Begründung der Verlangen Blg Cl – Blg CXXIX ausführlich ausgeführt. Insbesondere sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die mutmaßliche Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen (was auch immer darunter zu verstehen ist) nicht zwingend durch mit der ÖVP verbundene Personen vorgenommen werden muss. Man denke in diesem Zusammenhang uA auch an die sog 'Siedeletter'.

Auch verlangt der erste Satz des Untersuchungsgegenstandes nicht, dass die mutmaßliche Vorteilsgewährung durch mit der ÖVP verbundene Organe erfolgt, sondern lautet vielmehr 'Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie ...' Wo die Mehrheit hier lesen will, dass die vorteilsgewährenden Organe mit der ÖVP verbunden sein müssen, erschließt sich dem antragstellenden Viertel nicht. Im Übrigen richtete sich auch der einstimmig gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss an alle Bundesministerinnen und Bundesminister und keineswegs nur an solche, die einer bestimmten Partei zuzurechnen sind.

Zur fälschlichen Behauptung, es fehle jeder Hinweis auf den Untersuchungszeitraum, sei auf die Ausführungen in 3.1. verwiesen.

Wenn die Mehrheit moniert, es sei für sie nicht nachvollziehbar, wie Handlungen von nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18.12.2017 in Verbindung mit den Projekt Ballhausplatz stehen könnten, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Untersuchungszeitraum des UA 4/US XXVII. GP aus dem Untersuchungsgegenstand des UA 4/US XXVII. GP ergibt, der nicht vom antragstellenden Viertel formuliert wurde. Ein den verfassungsgesetzlichen Bestimmungen iSd Art53 Abs2 B VG genügender Untersuchungsgegenstand muss 'ein bestimmter, abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes' sein. Ein Vorgang kann sich denklogisch nur über einen Zeitraum erstrecken. Es kann pro Untersuchungsausschuss nur ein Vorgang untersucht werden. Dessen Zeitraum ist entsprechend der Formulierung des Einsetzungsverlangens mit 'ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz'' bis zum 11. Oktober 2021 angegeben. Es ist dem antragstellenden Viertel nicht offenkundig, wann das Projekt Ballhausplatz – da der politische Wille von BK aD Sebastian Kurz, Bundeskanzler der Republik Österreich zu werden – begonnen hat. So sollen ja andere ehemalige Bundeskanzler dieses Karriereziel bereits in frühen Kindheitstagen ins Auge gefasst haben. Nachdem sich ein tauglicher Untersuchungsgegenstand im Sinne des Art53 Abs2 B VG auf einen Bereich in der Vollziehung des Bundes zu beschränken hat, kann der Eintritt von Sebastian Kurz in die Bundesregierung per 21.04.2011 der Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes dienen. Im Übrigen kann das 'Projekt Ballhausplatz' keinen eigenen – vom Vorgang der Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen vom 18. Dezember 2017 (also dem Ausscheiden der SPÖ aus der Bundesregierung) bis zum 11. Oktober 2021 (also dem Einbringen des Einsetzungsverlangens für den UA 4/US XXVII. GP) abgetrennten – Untersuchungszeitraum haben, da entsprechend der verfassungsgesetzlichen Bestimmungen jeweils nur 'ein Vorgang' untersucht werden kann, und dieser kann nur einen Anfang und ein Ende haben. Außerdem stellt das 'Projekt Ballhausplatz' – also der Zusammenschluss von mehreren Personen zum Zwecke der Erreichung gemeinsamer politischer Ziele – kein Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes dar, sondern die Ausübung des Grundrechts auf freie Betätigung politischer Parteien. Die Ausübung dieses Grundrechts ist kein untersuchungsfähiger Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG. Der Untersuchungsgegenstand des UA 4/US XXVII. GP wäre bei dieser Auslegung verfassungswidrig.

Weitere Passagen zur Behauptungs- und Begründungspflicht enthält der Beschluss der Mehrheit des Untersuchungsausschusses nicht.

Weder ist also die Mehrheit des Untersuchungsausschusses auf die vom antragstellenden Viertel ausgeführte Begründung inhaltlich eingegangen – sondern hat diese nur pauschal in Abrede gestellt und angeblich fehlende Passagen moniert – noch hat sie – entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung – ihrerseits die wesentlichen Gründen angegeben, warum das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes nicht gedeckt sein sollte."

3. Der Präsident des Nationalrates hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit, bis zum 16. August 2022 zu diesem Antrag Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder. Dies umfasst auch Mehrheitsbeschlüsse, mit denen der sachliche Zusammenhang eines Verlangens auf Vorlage von Akten und Unterlagen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird (vgl VfGH 29.6.2022, UA 4/2022).

1.2. Gemäß Art53 Abs1 zweiter Satz B VG ist ein Untersuchungsausschuss auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates einzusetzen (vgl auch §1 Abs2 erster Satz VO UA: "mindestens 46 […] Mitglieder"). Nähere Bestimmungen trifft nach Art53 Abs5 erster Satz B VG das GOG NR. Gemäß §25 Abs2 VO UA kann ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen (§25 Abs3 VO UA). Die Beweisanforderung ist zu begründen.

Ein solches Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in dieser Sitzung den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht mit Beschluss bestreitet (§25 Abs2 VO UA). Erfolgt eine solche Bestreitung, kann das verlangende Viertel der Mitglieder nach §25 Abs4 VO UA den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nach §25 Abs2 VO UA anrufen. Ein solcher Antrag ist gemäß §56e Abs4 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß §56e Abs6 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.3. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss hat mit Beschlüssen vom 14. Juli 2022 den sachlichen Zusammenhang der Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder auf ergänzende Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten.

Der am 28. Juli 2022 von vier – die Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA vom 14. Juli 2022 unterstützenden – Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG erweist sich daher als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.

1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Gegenstand des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist der (Mehrheits )Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird. Der Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens wird durch den angefochtenen Umfang der Entscheidung des Untersuchungsausschusses begrenzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die (Mehrheits )Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 14. Juli 2022, mit denen der sachliche Zusammenhang der Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom selben Tag mit dem Untersuchungsgegenstand zur Gänze bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig sind oder nicht.

2.2. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss fasste am 14. Juli 2022 die Beschlüsse, den sachlichen Zusammenhang der auf §25 Abs2 VO UA gestützten Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Er begründet seine Beschlüsse gleichlautend zusammengefasst damit, dass das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhanges der Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig sei. Es sei nicht erkennbar, inwiefern Planungsdokumente von Kabinetten in von anderen als der ÖVP zuzurechnenden Personen geleiteten Ministerien für die Untersuchung relevant sein könnten, und es bleibe offen, welche konkreten Anhaltspunkte es für diese Annahme gebe. Die Antragsteller begnügten sich mit der pauschalen (großteils aus anderen Beweisanforderungen kopierten) Begründung, dass eine Begünstigung von der ÖVP zuzurechnenden Personen auch durch andere als der ÖVP zugehörige Mitglieder der Bundesregierung nicht auszuschließen sei. Dabei werde verkannt, dass vom Untersuchungsgegenstand nur solche Vorteilsgewährungen umfasst seien, die von der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung gewährt worden seien. Zudem mangle den Verlangen jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Inwiefern Handlungen in nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18. Dezember 2017 mit dem "Projekt Ballhausplatz" in Verbindung stehen könnten, sei nicht nachzuvollziehen. Es könne nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung sein, ohne Darlegung jeglicher Anhaltspunkte die Vorlage beliebiger Akten und Unterlagen zu begehren. Vielmehr müsse bereits im Verlangen offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstands nachgegangen werden solle.

2.3. Das (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellende Viertel führt im Rahmen der Begründung seines auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrages aus, der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss sei seiner Begründungspflicht zur Bestreitung des Bestehens eines sachlichen Zusammenhanges der Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder vom 14. Juli 2022 mit dem Untersuchungsgegenstand nicht ausreichend nachgekommen. Es sei richtig, dass die Begründung der in Rede stehenden Verlangen teilweise aus anderen, inhaltsgleichen Beweisanforderungen übernommen worden sei, jedoch habe man sie um weitere Argumente ergänzt. Durch den Hinweis, dass hinsichtlich der Anforderungen an die Aktenvorlage der grundsätzliche Beweisbeschluss anzuwenden sei, werde die notwendige Verknüpfung mit dem Untersuchungsgegenstand und zeitraum hergestellt. Soweit der Untersuchungszeitraum hinsichtlich seines Beginns an den Start des "Projekts Ballhausplatz" knüpfe, werde angenommen, dass diese vage Angabe mit dem Eintritt von Sebastian Kurz in die Bundesregierung, somit mit dem 21. April 2011, korrespondiere. Es sei ausführlich dargelegt worden, weshalb die angeforderten Akten und Unterlagen von – zumindest abstrakter – Relevanz für den Untersuchungsgegenstand seien. Der Untersuchungsgegenstand sei nicht nur auf jene mutmaßlichen Vorteilsgewährungen beschränkt, die in von der ÖVP zugehörigen Personen geführten Ministerien verwirklicht worden sein könnten. Es sei nahezu denkunmöglich, dass nicht auch in Bundesministerien, die nicht der ÖVP zuzurechnen seien, Personen arbeiteten, die im Sinne des Untersuchungsgegenstands "mit der ÖVP verbunden" seien. Begünstigungen an mit der ÖVP verbundene Personen müssten nicht zwingend auch von der ÖVP zuzurechnenden Personen ausgehen; man denke hiebei beispielsweise an sogenannte "Sideletter". Dem Untersuchungsausschuss müsse es überdies möglich sein, Vergleiche zwischen Vorgehensweisen verschiedener Zentralstellen sowie nachgelagerter Dienststellen zu ziehen, um an Hand derer zu bestimmen, ob gewisse Handlungen tatsächlich als Vorteilszuwendungen zu werten seien. Dies sei auch im Rahmen der Befragung von Auskunftspersonen gängige Praxis. Es müsse dem Untersuchungsausschuss außerdem möglich sein aufzuzeigen, dass die behaupteten Vorteilsgewährungen eben nicht stattgefunden hätten, was eine umfassende Sichtung der Akten und Unterlagen aller Ressorts erfordere. Stelle sich nämlich heraus, dass Personen begünstigt würden, weil sie mit einer anderen Partei als der ÖVP verbunden seien, so ließe dies den Schluss zu, dass eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen nicht erfolgt sei. Es müsse dem Untersuchungsausschuss daher möglich sein, auch derart gelagerte Sachverhalte zu prüfen.

2.4. Die angefochtenen Beschlüsse des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 14. Juli 2022 erweisen sich aus folgenden Gründen als rechtmäßig:

2.4.1. Das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses hat am 14. Juli 2022 die Verlangen gestellt, dass näher bezeichnete Mitglieder der Bundesregierung alle für das bzw durch das

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 17. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Kern)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 9. Mai 2016 (Kabinett Faymann)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 6. Dezember 2016 (Kabinett der Kanzleramtsministerin Heinisch Hosek)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett des Kanzleramtsministers Drozda)

Kabinett im Bundeskanzleramt im Zeitraum 16. Dezember 2013 bis 18. Mai 2016 (Kabinett des Kanzleramtsministers Ostermayer)

Kabinett im Unterrichtsministerium im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 16. Dezember 2013 (Kabinett Schmied)

Kabinett im Unterrichtsministerium im Zeitraum ab 1. März 2014 bis 18. Mai 2016 (Kabinett Heinisch Hosek)

Kabinett im Bildungsministerium im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Hammerschmid)

Kabinett im Innenministerium im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Kickl)

Kabinett im Bundesministerium für Justiz im Zeitraum 6. Dezember 2021 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Zadic)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 1. September 2014 (Kabinett Bures)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 1. September 2014 bis 26. Jänner 2016 (Kabinett Stöger)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 26. Jänner 2016 bis 18. Mai 2016 (Kabinett Klug)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 18. Mai 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Leichtfried)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Hofer)

Kabinett im Bundesministerium für Verkehr im Zeitraum 3. Juni 2019 bis 7. Jänner 2020 (Kabinett Reichhardt)

Kabinett im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Zeitraum 29. Jänner 2020 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Gewessler)

Kabinett im Bundesministerium für den öffentlichen Dienst im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Strache)

Kabinett im Bundesministerium für den öffentlichen Dienst im Zeitraum 6. Dezember 2021 bis 11. Oktober  2021 (Kabinett Kogler)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 11. März 2013 (Kabinett Darabos)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 11. März 2013 bis 26. Jänner 2016 (Kabinett Klug)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 26. Jänner 2016 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Doskozil)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Kunasek)

Kabinett im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 3. Juni 2019 bis 7. Jänner  2020 (Kabinett Starlinger)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 22. Mai 2019 (Kabinett Hartinger Klein)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum ab Beginn des Untersuchungszeitraums bis 1. September 2014 (Kabinett Stöger)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 8. März 2017 bis 18. Dezember 2017 (Kabinett Rendi Wagner)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 7. Jänner 2020 bis 19. April 2021 (Kabinett Anschober)

Kabinett im Gesundheitsministerium im Zeitraum 19. April 2021 bis 11. Oktober 2021 (Kabinett Mückstein)

"erstellte[n] Planungsdokumente sowie Akten und Unterlagen betreffend Vorbereitung auf Klausurtage, Strategieklausuren etc., insbesondere

alle Akten und Unterlagen, die die Inhalte erfolgter Planungen festhalten wie Protokolle, Powerpoint Präsentationen etc.;

Akten und Unterlagen zu abgehaltenen Workshops;

Belege der Verwendung erarbeiteter Unterlagen;

Akten und Unterlagen betreffend externer Beauftragungen für die Prozessbegleitung;

Leistungsaufstellungen und Abrechnungen;

Sämtliche Korrespondenzen bezüglich der Prozesse sowohl ministeriumsintern als auch mit extern beauftragten Personen und Unternehmen (Emails udg.)

vorzulegen [haben], sofern diese nicht bereits übermittelt wurden".

2.4.2. Art53 Abs3 B VG verpflichtet ua die Organe des Bundes, somit auch die Mitglieder der Bundesregierung, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstands der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl auch §25 Abs3 VO UA).

2.4.3. Zuvorderst ist festzuhalten, dass das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses in seinen Verlangen nach ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA die Vorlage von Akten und Unterlagen – und nicht Beweiserhebungen – durch die Mitglieder der Bundesregierung verlangt hat. Im Unterschied zum Ersuchen um Beweiserhebungen, bei denen "ein Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" ausreicht, statuiert Art53 Abs3 B VG für Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen – restriktiver als für Ersuchen um Beweiserhebungen –, dass diese "im Umfang des Gegenstands der Untersuchung" stehen.

Wenngleich §25 Abs2 (und 4) VO UA, aber auch Art138b Abs1 Z3 B VG undifferenziert von der Bestreitung des "sachlichen Zusammenhang[es] mit dem Untersuchungsgegenstand" sprechen, ist vor dem Hintergrund der Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses im Sinne des Art53 Abs3 B VG die Frage zu beantworten, ob die (Bestreitungs )Beschlüsse zu Recht davon ausgegangen sind, dass die Verlangen des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderungen nicht "im Umfang des Gegenstands der Untersuchung" liegen (vgl auch §25 Abs3 VO UA, der im Sinne des Art53 Abs3 B VG zwischen der Vorlage von Akten und Unterlagen und zusätzlichen Beweiserhebungen differenziert) und ihnen damit keine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zukommt.

2.4.4. Ein Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen kann gemäß §25 Abs2 VO UA ein Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses im Rahmen ergänzender Beweisanforderungen stellen, wobei das Verlangen erst dann wirksam wird, wenn die Mehrheit der Mitglieder "in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet". Die ergänzende Beweisanforderung, die ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstands ua zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten hat, ist entsprechend der ausdrücklichen Regelung in §25 Abs3 zweiter Satz VO UA zu begründen.

Dieser Behauptungs- und Begründungspflicht seitens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses steht eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses gegenüber, wenn und insoweit dieser das Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung mit Beschluss gemäß §25 Abs2 (letzter Satz) VO UA bestreitet.

Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §56e Abs6 VfGG, über einen Antrag iSd Art138b Abs1 Z3 B VG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen) zu entscheiden, sowie im Hinblick auf die befristete Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl §53 VO UA) und auch angesichts der mangelnden Parteistellung der beschlussfassenden Mehrheit im Untersuchungsausschuss (vgl aber §56c Abs4 VfGG zu Verfahren nach Art138b Abs1 Z1 B VG) hat diese Mehrheit ihren Beschluss mit hinreichender Deutlichkeit auf eine nachvollziehbare Begründung zu stützen, um dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen der im Untersuchungsausschuss vorgebrachten Argumente eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG zu ermöglichen (vgl sinngemäß VfGH 18.1.2021, UA4/2020). Diese Begründung muss aus dem Abstimmungsvorgang bzw dem Beschluss im Untersuchungsausschuss ersichtlich sein. Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Wortmeldungen einzelner Ausschussmitglieder eine Mutmaßung zu treffen, ob und welche der in der Sitzung vorgebrachten Gründe die beschlussfassende Mehrheit zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht haben könnte (vgl VfGH 18.1.2021, UA4/2020).

Die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss kann somit mit einem pauschalen Bestreiten des Bestehens eines sachlichen Zusammenhanges des Begehrens eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen nicht verhindern. Sie trifft eine substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz des Verlangens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses für den Untersuchungsgegenstand (VfGH 18.1.2021, UA4/2020).

2.4.5. Im vorliegenden Fall wurden die Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den bekämpften Beschlüssen mit der Argumentation bestritten, dass kein offenkundiger sachlicher Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bestehe und das einschreitende Viertel angesichts dieses Umstands nicht hinreichend konkret dargelegt habe, welche Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Zusammenhanges bestünden. Dem wurde im Antrag an den Verfassungsgerichtshof (nur) insofern entgegengetreten, als das Gegenteil der Fall sei, sohin die Verlangen auf Vorlage näher bezeichneter Akten und Unterlagen ausreichend begründet seien, eine substantiierte Begründung der (Bestreitungs )Beschlüsse jedoch fehle.

2.4.6. Wie der Verfassungsgerichtshof jüngst in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2022, UA4/2022, dargelegt hat, darf die Begründungspflicht der im parlamentarischen Organstreitverfahren verfangenen Parteien nicht überspannt werden. Es obliegt den Organstreitparteien, die wesentlichen Gründe anzugeben, die dafür oder dagegen sprechen, dass das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstands gedeckt – und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand – ist.

Die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstands gedeckt ist, sind unterschiedlich danach zu beurteilen, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstands gedeckt ist oder ob dies eben nicht der Fall ist. Dementsprechend sind die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs )Beschlusses unterschiedlich (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022).

2.4.7. Vor diesem Hintergrund legen nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die (Bestreitungs )Beschlüsse hinreichend deutlich und nachvollziehbar dar, das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses habe es unterlassen, in seinen Verlangen hinreichend zu begründen, dass die begehrten Unterlagen "im Umfang des Gegenstands der Untersuchung" liegen und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind:

2.4.7.1. Alle Verlangen betreffen nicht von der ÖVP geführte Bundesministerien und beziehen sich auf das Beweisthema 1 ("Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren"). Bei insgesamt 17 dieser Verlangen liegen die Untersuchungszeiträume vor dem 18. Dezember 2017; sie begehren – auch – die pauschale Vorlage von "insbesondere alle[n] Akten und Unterlagen, die die Inhalte erfolgter Planungen festhalten[,] wie Protokolle, Powerpoint Präsentationen etc.; Akten und Unterlagen zu abgehaltenen Workshops; Belege der Verwendung erarbeiteter Unterlagen". Bei diesen Beweisanforderungen fehlt es jedenfalls an einem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand: Die diesen Akten und Unterlagen zugrunde liegenden Vorgänge sind von vorneherein nicht geeignet, als "Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken […]" qualifiziert zu werden.

2.4.7.2. Die genauere Qualifikation der anderen – allesamt gleichlautend begründeten – Beweisanforderungen ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil die Begründung der angefochtenen (Bestreitungs )Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses maßgeblich darauf abstellt, dass ein Zusammenhang der Verlangen gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig sei. Der Verfassungsgerichtshof kann die Frage, ob die Verlangen in sachlicher Hinsicht zur Gänze jedenfalls nicht unter den Untersuchungsgegenstand fallen, in der vorliegenden Entscheidung daher offen lassen.

Es ist aus den Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses nicht zu erkennen, inwiefern es bei den darin genannten Vorgängen in Ministerien, denen nicht ein der ÖVP zurechenbarer Bundesminister vorstand, zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein soll. Ist es aber, wie im vorliegenden Fall, nicht offenkundig, dass die Vorgänge, auf die sich die begehrten Akten und Unterlagen beziehen, im Umfang des Gegenstands der Untersuchung liegen, hätte das einschreitende Viertel in seinen Verlangen dafür eine nähere Begründung geben müssen (VfGH 29.6.2022, UA4/2022, sowie sinngemäß VfSlg 19.910/2014). Die Verlangen enthalten diesbezüglich lediglich die pauschale Annahme, dass es auch in nicht von der ÖVP geführten Ressorts zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein könnte.

2.4.7.3. Angesichts dieser Ausführungen der in Rede stehenden Verlangen erweisen sich die angefochtenen Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses, mit denen der sachliche Zusammenhang der Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, daher als hinreichend begründet.

2.4.7.4. Es kann nämlich nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstands im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderungen nachgegangen werden soll (VfGH 29.6.2022, UA4/2022). Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO UA ausführen, beziehen sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand". Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (so ausdrücklich AB 440 BlgNR 25. GP, 13 f.).

2.4.8. Der Verfassungsgerichtshof hält ferner fest, dass die vom antragstellenden Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vertretene Auffassung, dass vom Untersuchungsausschuss auf der Grundlage von §25 VO UA auch Akten und Unterlagen vergleichbarer Sachverhalte – gleichsam unabhängig vom Untersuchungsgegenstand – angefordert werden können, um beurteilen zu können, ob eine ähnliche Vorgangsweise gewählt wurde wie bei den vom Untersuchungsgegenstand erfassten Sachverhalten, oder um aufzeigen zu können, dass behauptete Vorteilsgewährungen nicht stattgefunden haben, verfehlt ist. Eine solche Auslegung widerspräche den in Art53 Abs2 und 3 B VG festgelegten Begrenzungen des Untersuchungsgegenstands und der Vorlageverpflichtungen sowie den diesbezüglichen Regelungen der VO UA (vgl §25 Abs3 VO UA). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Verhalten von Akteuren des Untersuchungsausschusses im Rahmen der Sitzungen des Untersuchungsausschusses für den Verfassungsgerichtshof keinen Maßstab für die Rechtmäßigkeit von (Bestreitungs )Beschlüssen bildet.

2.4.9. Da somit der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss in seinen (Bestreitungs )Beschlüssen vom 14. Juli 2022 hinreichend deutlich und nachvollziehbar dargetan hat, warum die Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht vom Umfang des Untersuchungsgegenstands des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses gedeckt sind, erweisen sich die bekämpften Beschlüsse des Untersuchungsausschusses, mit denen die auf §25 Abs2 und 3 VO UA gestützten Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestritten wurden, als rechtmäßig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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