JudikaturVfGH

UA7/2022 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. August 2022

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass die Beschlüsse Blg CXXXa bis Blg CLXVIlla des Untersuchungsausschusses 'betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP Regierungsmitglieder' (4/US XXVII.GP) vom 14.07.2022, mit denen der Zusammenhang der Verlangen des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderungen Blg CXXX bis Blg CLXVIII mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig sind".

II. Rechtslage

1. Art53 und Art138b Abs1 Z3 B VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.

[…]

Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

3. die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder;

[…]"

2. §56e des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85/1953, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"c) Bei einem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses,

mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines

Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des

Nationalrates betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem

Untersuchungsgegenstand bestritten wird

§56e. (1) Der Antrag im Sinne des Art138b Abs1 Z3 B VG hat die Feststellung zu begehren, dass der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, rechtswidrig ist.

(2) Der Antrag hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des Verlangens;

2. die Bezeichnung des Beschlusses;

3. den Sachverhalt;

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;

5. die erforderlichen Beweise;

6. die Angaben und Unterlagen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.

(3) Dem Antrag ist eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des Verlangens der Antragsteller, der gegenständlichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung sowie des Beschlusses des Untersuchungsausschusses anzuschließen.

(4) Ein Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind.

(5) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(6) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

(7) Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses wird das Verlangen auf Erhebung weiterer Beweise wirksam."

3. §24 und §25 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA) zum Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG NR), BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 46 Mitglieder des Nationalrates haben am 13. Oktober 2021 ein Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP Regierungsmitglieder (in der Folge: ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss) mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über

Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu tätigen, insbesondere in Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten Dienstleistungen;

Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist;

Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene Personen tätig sind, insbesondere das Campaigning Bureau, die Blink Werbeagentur, die GPK GmbH, die Media Contacta GmbH, Schütze Positionierung, Research Affairs und das tatsächliche Erbringen der gewünschten Leistungen; allfällige Mängel in der Dokumentation der Leistungserbringung; die mögliche Umgehungskonstruktion, diese Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen;

Buchungen von Inseraten, insbesondere den sprunghaften Anstieg der Inseratenausgaben im Jahr 2017 im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, des Bundeskanzleramts im Jahr 2020 sowie Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen im Ausmaß von insgesamt 180 Millionen Euro und der Vergabe dieses Auftrags an die Unternehmen mediacom, Wavemaker und Group M sowie eines korrespondierenden Werbeetats im Ausmaß von 30 Mio. Euro über die Bundes-Beschaffungsgesellschaft an ua Jung von Matt im Jahr 2021; Buchung von Inseraten im Zusammenhang mit dem sogenannten 'B[.] ÖSTERREICH Tool' im Bundesministerium für Finanzen und ab 2018 im Bundeskanzleramt sowie parteipolitisch motivierte Tätigkeiten der 'Stabsstelle Medien' im Bundeskanzleramt, insbesondere die Einflussnahme auf Inseratevergaben von Organen des Bundes;

mögliche Kick Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;

mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen der Bundesministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den unterlegenen BieterInnen;

Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen;

Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel für Werbemaßnahmen in ÖVP geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen;

Schaffung und Gestaltung von Finanzierungsprogrammen des Bundes für Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen wie etwa im Falle des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes.

2. Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe, dem Zusammenwirken mit weiteren EigentümerInnen und jeweiligen OrganwalterInnen sowie der Ausübung von Aufsichtsrechten durch Mitglieder des Zusammenschlusses mit dem mutmaßlichen Ziel, die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen im Sinne der ÖVP zu steuern, und insbesondere über

(vorzeitige) Abberufung von Organen ausgegliederter Gesellschaften, insbesondere in Hinblick auf die Bestellung von B[.] G[.] [.] als ÖVP Kandidatin in den Vorstand der Casinos Austria AG und das Bestehen eines politischen Hintergrunddeals für diese Bestellung; den durch vorzeitige Abberufungen entstandene Schaden für die Republik;

den Informationsfluss in Angelegenheiten des Beteiligungsmanagements zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und den Bundesministern Blümel, Löger sowie Bundeskanzler Kurz, insbesondere in Hinblick auf die Auswahl von Organen der ÖBIB und ÖBAG und der Entstehung der Vorschläge für die Besetzung des Aufsichtsrats der ÖBAG sowie den Vorstand der ÖBAG;

Motive für Vorbereitungen für einen Verkauf (Privatisierung) von Anteilen an Beteiligungen des Bundes sowie entsprechende Szenarienentwicklung und Analyse, insbesondere von Anteilen der Austrian Real Estate als Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft, und das Zusammenwirken mit ParteispenderInnen der ÖVP aus dem Immobiliensektor sowie die Rolle von R[.] B[.] in Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der BIG und der ARE, insbesondere die Hintergründe des 99 jährigen Mietvertrags mit der BIG für das Gebäude der Postsparkasse.

3. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über

Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie Josef Pröll und Hartwig Löger; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP verbundenen Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex; Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei Hartwig Löger, Gernot Blümel, T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler Kurz;

Einflussnahme auf aus der Veranlagung von Parteispenden an die ÖVP oder ihr nahestehende Organisationen resultierende Finanzstrafverfahren bzw die mögliche Verhinderung der Einleitung solcher Verfahren; Einflussnahme auf gegen (potentielle) SpenderInnen der ÖVP geführte Finanzstrafverfahren;

die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;

Vorwürfe der Behinderung der Beweiserhebungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses, insbesondere die interne Vorbereitung und Kommunikation zur Frage der Erfüllung der Beweisanforderungen und Erhebungsersuchen des Ausschusses im Bundesministerium für Finanzen einschließlich der Einbindung des Bundesministers für Finanzen und der Finanzprokuratur in diese Angelegenheiten zum mutmaßlichen Zwecke des Schutzes von mit der ÖVP verbundenen Personen einschließlich des Bundesministers Blümel selbst.

4. Begünstigung bei der Personalauswahl

Aufklärung über Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes oder Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes abseits jener in Beteiligungen des Bundes sowie Aufnahme von Personen in Beratungsgremien (insbesondere Think Austria) oder Delegationen mit dem mutmaßlichen Ziel, einen kontrollierenden Einfluss für mit der ÖVP verbundene Personen auf die Tätigkeiten dieser Organe zu erreichen, oder Bestellungen als mutmaßliche Folge oder in Erwartung einer Begünstigung der ÖVP, und insbesondere über

Einhaltung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes bei der Vergabe von Leitungsfunktionen in ÖVP geführten Bundesministerien;

Interventionen für (ehemalige) PolitikerInnen der ÖVP und deren Versorgung mit Beschäftigungsverhältnissen; möglichen Schaden für den Bund durch Ermöglichung solcher Begünstigung insbesondere durch frühzeitige Abberufung anderer OrganwalterInnen oder die Schaffung neuer Funktionen;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen auf parteipolitisch loyale KandidatInnen durch Mitglieder des ÖVP Zusammenschlusses;

Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere durch MitarbeiterInnen politischer Büros von ÖVP Regierungsmitgliedern.

[…]"

1.2. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am 2. Dezember 2021 (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Gemäß §24 Abs1 VO UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.

Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen sechs Wochen, spätestens jedoch am 26. Jänner 2022 zu erfolgen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1 4 zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß InfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.

Klassifizierungen gemäß InfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß §4 Abs1 InfOG (§27 Abs6 VO UA, §5 Abs2 InfOG). Es wird außerdem auf §27 Abs3 VO UA und §5 Abs2 InfOG hingewiesen.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen.

Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit 31. März 2022) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.

Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.

Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstands und der Beweisthemen ist der Beilage zu entnehmen.

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

[…]

3. Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und einrichtungen.

[…]"

1.3. In der 27. Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses am 14. Juli 2022 erhob das (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO UA folgendes Verlangen:

"Der Bundesminister für Arbeit wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, sämtliche Akten und Unterlagen zu Besetzungen bzw (auch vorläufigen) Betrauung von Leitungsfunktionen mit

- (ehemaligen) Mitarbeiter[n] der Kabinette Faymann, Ostermayer, Kern, Drozda, Heinisch Hosek, Schmied, Oberhauser, Hammerschmid, Stöger, Rendi Wagner, Leichtfried, Darabos, Klug, Doskozil, Bures, Stöger, einer diesen Amtsträgern zugeordneten Stabstelle oder des Büros eines diesen Amtsträgern zugeordneten Generalsekretärs seit 2014, insbesondere

- Akten und Unterlagen, welche den Entstehungsprozess der Ausschreibungen dokumentieren;

- Aufzeichnungen über letztendlich erfolgte Ausschreibungen;

- Aufzeichnungen über einen etwaigen Bewerbungsprozess einschließlich Aufzeichnungen über die Zusammenstellung einer Auswahlkommission bzw Personalberaters;

- Aufzeichnungen über die sachliche Begründung einer vorübergehenden bzw vorläufigen Betrauung;

- Sämtliche ministeriumsinterne Kommunikation betreffend die genannten Besetzungen bzw Betrauungen

vorzulegen.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom 2.12.2021 (vgl Anlage 1 zu 1215 BIgNR XXVII.GP) sind anzuwenden. Bei bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen ist die ggst. Beweisanforderung durch einen Hinweis auf die bereits erfolgte Lieferung und Fundstelle erfüllt.

Die Vorlagefrist beträgt vier Wochen."

1.4. In derselben Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses erhob das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses entsprechende Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Finanzen, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Inneres, die Bundesministerin für Justiz, die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, den Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, die Bundesministerin für Landesverteidigung sowie den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

1.5. Ebenfalls in der 27. Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses erhob das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses folgendes Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA:

"Der Bundesminister für Arbeit wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, sämtliche Akten und Unterlagen zu Besetzungen bzw (auch vorläufigen) Betrauung von Leitungsfunktionen mit

- (ehemaligen) Mitarbeitern der Kabinette Kogler, Gewessler, Anschober, Rauch, Mückstein, Zadic, Wenzel, Starlinger, einer diesen Amtsträgern zugeordneten Stabstelle oder des Büros eines diesen Amtsträgern zugeordneten Generalsekretärs seit 2014, insbesondere

- Akten und Unterlagen, welche den Entstehungsprozess der Ausschreibungen dokumentieren;

- Aufzeichnungen über letztendlich erfolgte Ausschreibungen;

- Aufzeichnungen über einen etwaigen Bewerbungsprozess einschließlich Aufzeichnungen über die Zusammenstellung einer Auswahlkommission bzw Personalberaters;

- Aufzeichnungen über die sachliche Begründung einer vorübergehenden bzw vorläufigen Betrauung;

- Sämtliche ministeriumsinterne Kommunikation betreffend die genannten Besetzungen bzw Betrauungen

vorzulegen.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom 2.12.2021 (vgl Anlage 1 zu 1215 BIgNR XXVII.GP) sind anzuwenden. Bei bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen ist die ggst. Beweisanforderung durch einen Hinweis auf die bereits erfolgte Lieferung und Fundstelle erfüllt.

Die Vorlagefrist beträgt vier Wochen."

1.6. In derselben Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses erhob das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses entsprechende Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Finanzen, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Inneres, die Bundesministerin für Justiz, die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, den Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, die Bundesministerin für Landesverteidigung sowie den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

1.7. Ebenfalls in der 27. Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses erhob das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses folgendes Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA:

"Der Bundesminister für Arbeit wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, sämtliche Akten und Unterlagen zu Besetzungen bzw (auch vorläufigen) Betrauung von Leitungsfunktionen mit

- (ehemaligen) Mitarbeiter[n] der Kabinette von Strache, Kickl, Hofer, Hartinger Klein, Kneissl, F[.], Kunasek, einer diesen Amtsträgern zugeordneten Stabstelle oder des Büros eines diesen Amtsträgern zugeordneten Generalsekretärs seit 2014, insbesondere

- Akten und Unterlagen, welche den Entstehungsprozess der Ausschreibungen dokumentieren;

- Aufzeichnungen über letztendlich erfolgte Ausschreibungen;

- Aufzeichnungen über einen etwaigen Bewerbungsprozess einschließlich Aufzeichnungen über die Zusammenstellung einer Auswahlkommission bzw Personalberaters;

- Aufzeichnungen über die sachliche Begründung einer vorübergehenden bzw vorläufigen Betrauung;

- Sämtliche ministeriumsinterne Kommunikation betreffend die genannten Besetzungen bzw Betrauungen

vorzulegen.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom 2.12.2021 (vgl Anlage 1 zu 1215 BIgNR XXVII.GP) sind anzuwenden. Bei bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen ist die ggst. Beweisanforderung durch einen Hinweis auf die bereits erfolgte Lieferung und Fundstelle erfüllt.

Die Vorlagefrist beträgt vier Wochen."

1.8. In derselben Sitzung des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses erhob das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses entsprechende Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Finanzen, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, den Bundesminister für Inneres, die Bundesministerin für Justiz, die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, den Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, die Bundesministerin für Landesverteidigung sowie den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

1.9. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses begründete alle genannten, auf §25 Abs2 VO UA gestützten Verlangen wie folgt:

"Begründung

1[.] Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.

Der Untersuchungsausschuss hat auf Grund des Einsetzungsverlangens ua zu prüfen:

[']4. Begünstigung bei der Personalauswahl

Aufklärung über Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes oder Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes abseits jener in Beteiligungen des Bundes sowie Aufnahme von Personen in Beratungsgremien (insbesondere Think Austria) oder Delegationen mit dem mutmaßlichen Ziel, einen kontrollierenden Einfluss für mit der ÖVP verbundene Personen auf die Tätigkeiten dieser Organe zu erreichen, oder Bestellungen als mutmaßliche Folge oder in Erwartung einer Begünstigung der ÖVP, und insbesondere über

- Einhaltung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes bei der Vergabe von Leitungsfunktionen in ÖVP geführten Bundesministerien;

- Interventionen für (ehemalige) PolitikerInnen der ÖVP und deren Versorgung mit Beschäftigungsverhältnissen; möglichen Schaden für den Bund durch Ermöglichung solcher Begünstigung insbesondere durch frühzeitige Abberufung anderer OrganwalterInnen oder die Schaffung neuer Funktionen;

- Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen auf parteipolitisch loyale KandidatInnen durch Mitglieder des ÖVP Zusammenschlusses;

- Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere durch MitarbeiterInnen politischer Büros von ÖVP Regierungsmitgliedern.'

2[.] Bei der Durchsicht der Akten und Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss bereits vorliegen, sowie bei der Durchsicht öffentlich zugänglicher Ausschreibungen wurden bereits einige Fälle festgestellt, bei denen der Verdacht naheliegt, dass Ausschreibungen auf gewisse Wunschkandidat*innen bzw Unternehmen maßgeschneidert worden sind. Dem Ausschuss liegen aber keine Akten und Unterlagen vor, die es ermöglichen, die Entstehung der entsprechenden Ausschreibungen nachvollziehen zu können.

Beispielhaft ist an dieser Stelle z.B die Ausschreibung des FMA Vorstandes 2020 zu nennen. Bei dieser war erstmals statt der bis dahin notwendigen 'langjährigen Berufserfahrung im öffentlichen Bereich', auch 'Fachkunde, in mindestens einem der Aufsichtsgebiete der FMA, durch Tätigkeiten entweder im Aufsichtsbereich selbst oder in sonstiger wirtschaftlicher oder in beratender Tätigkeit erworben' ausreichend. Ohne diese Anpassung hätte sich der später bestellte Dipl. Kfm. Eduard Müller, MBA für die Stelle nicht bewerben können.

Außerdem ist es aus den dem Untersuchungsausschuss bereits vorliegenden Akten und Unterlagen ersichtlich, dass es immer wieder zu einem Wechsel von Kabinettsmitarbeiter*innen in die Verwaltung oder auch der Besetzung von Leitungsfunktionen mit Kabinettsmitarbeiter*innen in Doppelverwendung gekommen ist.

3[.] Mit der vorliegenden Beweisanforderung soll Beweis darüber geführt werden, zu welchen Begünstigungen es für mit der ÖVP verbundene Personen im Rahmen der Personalauswahl in den Bundesministerien bzw ihnen zugeordneten Behörden gekommen ist.

4. Es muss dem Untersuchungsausschuss möglich sein[,] zu prüfen, ob bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen mit der ÖVP verbundene Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen sind und Handlungen gesetzt wurden, wie sie im Untersuchungsgegenstand umschrieben sind.

5. Außerdem muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein[,] zu prüfen, ob bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen Bewerberinnen und Bewerber nicht zum Zug gekommen sind, die besser qualifiziert gewesen wären. Dafür ist es notwendig, die Akten und Unterlagen im angeforderten Ausmaß zu kennen.

6. In der Begründung des Einsetzungsverlangens (4/US 27. GP) wird zum Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, Folgendes ausgeführt:

'Der Begriff der 'Verbundenheit' beschreibt das erforderliche Naheverhältnis zur ÖVP, wobei dessen Grundlage vielfältig sein kann. Der Begriff der Verbundenheit erfasst in der Rechtsordnung unterschiedliche Formen der gegenseitigen Abhängigkeit, insbesondere wirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Art. Gemeinsam ist den damit erfassten Sachverhalten ein Abhängigkeitsverhältnis, das gerade dadurch entsteht, dass jeweils eine Seite einen Vorteil anstrebt, der von der anderen Seite zur Verfügung gestellt werden kann, da er sich in dessen Ingerenz befindet. Die Verbundenheit mit der ÖVP indiziert bereits das Vorliegen des parteipolitischen Interesses. [...]

Verbunden sind ebenso Personen, die auf parteipolitisches Wohlwollen angewiesen sind, um ihr berufliches Fortkommen zu fördern. Dies wird insbesondere dort der Fall sein, wo Personalentscheidungen (wenn nicht formell, dann faktisch) von ÖVP PolitikerInnen getroffen werden.'

Schon aus dieser Formulierung wird ersichtlich, dass der Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, in unterschiedlichsten Konstellationen gegeben und die Verbundenheit unterschiedlichster Natur sein kann. Keinesfalls genügt daher, die Prüfung der Verbundenheit mit der ÖVP rein auf die Mitgliedschaft bei der ÖVP zu beschränken (ganz abgesehen davon, dass es öffentlichen Stellen schon aus datenschutzrechtlichen Erwägungen untersagt wäre, derartige Informationen zu erheben und zu verarbeiten).

Daher ist es den vorlagepflichtigen Stellen anhand der im Einsetzungsverlangen enthaltenen Determinanten nicht möglich, Akten und Unterlagen mit Bezug zum vierten Beweisthema mit der Begründung auszusondern und dem Untersuchungsausschuss vorzuenthalten, dass diese keine Auskünfte über eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen enthalten oder lediglich eine Gewährung derartiger Vorteile betreffen, die nicht durch den im Einsetzungsverlangen angesprochenen Zusammenschluss aus ÖVP Regierungsmitgliedem und Mitarbeiterinnen bzw Mitarbeiter deren politischer Büros unter der Leitung von Sebastian Kurz veranlasst wurde.

Es muss vielmehr dem Untersuchungsausschuss selbst möglich sein, Bewerbungsverfahren und Besetzungen dahingehend zu prüfen, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Umstände vorliegen, weil ausschließlich der Untersuchungsausschuss aufgrund seiner vielfältigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen (Akten und Unterlagen, Erhebungsersuchen, Befragung von Auskunftspersonen) in der Lage ist, auf Grundlage von ihm selbst anhand politischer Wertungen entwickelter Maßstäbe zu beurteilen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist bzw ob die anderen im Einsetzungsverlangen angeführten Kriterien vorliegen.

Anders gewendet: Im Rahmen des vierten Beweisthemas hat der Untersuchungsausschuss zu prüfen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist, ob diese Person begünstigt wurde und, ob schließlich diese Begünstigung in einem Zusammenhang mit der Verbundenheit zur ÖVP steht. Eine solche Prüfung kann aber nur durch Vorlage der Unterlagen im beschriebenen Umfang erfolgen.

So kommt auch Univ. Prof. Dr. J[.] in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass es gemäß Art53 Abs3 B VG geboten ist, dass die im grundsätzlichen Beweisbeschluss genannten vorlagepflichtigen Organe […] prinzipiell alle Akten und Unterlagen vorlegen, die die Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes im Untersuchungszeitraum betreffen.

7. Darüber hinaus muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bei der Klärung der Frage, ob es bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen zu den im vierten Beweisthema umschriebenen Handlungen gekommen ist, die Vorgehensweisen unterschiedlicher Zentralstellen und nachgelagerter Dienststellen zu vergleichen, um anhand festgestellter Unterschiede zu untersuchen, ob diese Unterschiede auf das Vorliegen von Vorgängen im Sinne des Untersuchungsgegenstandes schließen lassen.

So hat auch die Vorsitzende in der 24. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 29.06.2022, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, eine Frage, die auf einen derartigen Vergleich gerichtet war, für zulässig erklärt und damit festgestellt, dass eine derartige Frage durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt ist (vgl vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. J[.] P[.], ÖVP Korruptions UsA-XXVII.GP, 24. Sitzung, 29.06.2022, Seite 16).

8. Genauso muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, aufgrund der eigenen Untersuchungen anhand der in dieser Aufforderung umschriebenen Akten und Unterlagen festzustellen, dass darin keine Hinweise auf die im vierten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Handlungen enthalten sind, weil damit der Schluss naheliegen könnte, dass die im vierten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Vorgänge nicht stattgefunden haben, was das Ergebnis des Untersuchungsausschusses sein kann. Dazu benötigt er aber zwingend die von dieser Aufforderung umfassten Akten und Unterlagen.

Es muss auch überprüft werden können, ob beim von dieser Aufforderung umfassten Besetzungsverfahren jene [Person] zum Zug gekommen ist, die dafür bestgeeignet war. Es muss dem Untersuchungsausschuss daher möglich sein, auch derart gelagerte Sachverhalte zu prüfen, um sich ein Bild darüber machen zu können, ob die im vierten Beweisthema behaupteten und umschrieben[en] Vorgänge stattgefunden haben.

9. Die Vorlagefrist beträgt vier Wochen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, einer besonderen Begründung bedarf."

1.10. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungssauschuss fasste am 14. Juli 2022 die Beschlüsse, den sachlichen Zusammenhang dieser Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Die beschlussfassende Mehrheit des Untersuchungsausschusses begründete diese Beschlüsse wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Ein Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf ergänzende Beweisanforderung ist gemäß §25 Abs3 VO UA zu begründen. Die VO UA überträgt somit die Verantwortung, den Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen, ausdrücklich dem verlangenden Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Für einen Beschluss eines Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO UA, mit dem der sachliche Zusammenhang eines Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, verlangt die VO UA zwar keine Begründung. Jedoch hat der Verfassungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall (VfGH 18.01.2021, UA4/20) ausgesprochen, dass die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss eine verfassungsrechtliche, auf die bestrittenen Teile näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz des Verlangens trifft. Diese Anforderungen dürfen jedoch angesichts des kurzen Zeitraums, der zwischen Einbringung und Wirksamwerden eines solchen Verlangens vergeht (und regelmäßig wenige Stunden beträgt), nicht überspannt werden (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/22).

Die verfassungsrechtliche Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses kann jedoch nicht die Begründungspflicht gemäß §25 Abs3 VO UA des verlangenden Viertels der Mitglieder für das Bestehen des sachlichen Zusammenhangs ihres Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand ersetzen. Es muss dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bereits aus der Begründung des Verlangens zu beurteilen, ob ein solcher, ausreichender Zusammenhang besteht, diesen gegebenenfalls zu bestreiten und in weiterer Folge dem verlangenden Viertel der Mitglieder eine Nachprüfung des Bestreitungsbeschlusses durch den Verfassungsgerichtshof zu ermöglichen. Es kann weder Aufgabe des Untersuchungsausschusses noch des Verfassungsgerichtshofes in einem allfälligen Verfahren gemäß Art138b Abs1 B VG sein, den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand aus eigenem zu ergründen oder aus Wortmeldungen der unterstützenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses abzuleiten (vgl VfGH 18.01.2021, UA4/20). Insofern bildet die Begründung des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung die Grundlage für die Bewertung des Bestehens des sachlichen Zusammenhangs durch die Mehrheit des Ausschusses, sofern diese nicht offenkundig ist.

Das gegenständliche Verlangen der Abg. Hanger, Kolleginnen und Kollegen, ist wie folgt begründet: [...]

Der Untersuchungsgegenstand begründet und begrenzt die Rechte und Pflichten des Untersuchungsausschusses. Es ist von vornherein ausgeschlossen, dass der Untersuchungsausschuss in seinem Handeln über den Untersuchungsgegenstand hinauswirkt, da diesfalls keine Rechtsgrundlage mehr für solches Handeln bestünde.

Der Untersuchungsgegenstand des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses enthält in diesem Sinne mehrere kumulative Kriterien, deren (potentielles) Vorliegen für jedes einzelne Kriterium bejaht werden muss, um den fraglichen Sachverhalt in den Untersuchungsgegenstand einzubeziehen. Im Einsetzungsverlangen wird dazu ausgeführt:

'Die relevanten Akteure (die Mitglieder eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Personen) und Handlungen (unsachliche Vorteilsgewährung sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage des 'Projekt Ballhausplatz'), der Zeitraum, der sachliche Umfang (Eignung zur parteipolitischen Begünstigung im Bereich der Vollziehung des Bundes) sowie die Zielrichtung der Untersuchung (Verdacht der Umgehung bzw Verletzung gesetzlicher Vorschriften) werden als konstitutive Merkmale des zu untersuchenden Vorgangs benannt. Gerade auf Grund des komplexen, der Untersuchung zu Grunde liegenden Sachverhalts muss die Bestimmung des Untersuchungsgegenstands durch eine Kombination mehrerer Elemente erfolgen.'

Zum gegenständlichen Verlangen ist folgendes festzuhalten:

Der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist nicht offenkundig: Inwiefern MitarbeiterInnen der Kabinette von Mitgliedern der Bundesregierung, die nicht der ÖVP zuzurechnen sind, als mit der ÖVP verbundene Personen anzusehen sind, erschließt sich prima facie nicht.

Auch die Begründung des Verlangens erhellt nicht. In der Begründung wird konkret lediglich folgendes angegeben:

'Mit der vorliegenden Beweisanforderung soll Beweis darüber geführt werden, zu welchen Begünstigungen es für mit der ÖVP verbundene Personen im Rahmen der Personalauswahl in den Bundesministerien bzw ihnen zugeordneten Behörden gekommen ist.'

Die restliche Begründung besteht lediglich aus allgemeinen (rechtlichen) Erwägungen über die Kompetenzen des Untersuchungsausschusses. Sinn und Zweck des Untersuchungsgegenstandes ist es jedoch gerade, eine eigenständige Ausweitung der Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss zu verhindern. Daher muss der Einsetzungsbeschluss/das Einsetzungsverlangen hinreichend bestimmt sein (vgl VfSlg 20370/2020).

In der Begründung des Verlangens fehlt außerdem jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Handlungen in nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18.12.2017 in Verbindung mit dem Projekt Ballhausplatz stehen könnten.

Es bestehen für den Untersuchungsausschuss auf Grund der Begründung des Verlangens keine Anhaltspunkte, anhand derer er die potentielle abstrakte Relevanz der Beweisanforderung anhand der im Untersuchungsgegenstand genannten Kriterien prüfen könnte. Daraus ergibt sich, dass mit der vorliegenden pauschalen Begründung beliebige Akten und Unterlagen angefordert werden könnten. Insbesondere fehlt im Verlangen auch eine nachvollziehbare Einschränkung, etwa auf jene Akten, die von abstrakter Relevanz für die Untersuchung sind.

Es kann aber nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll (VfGH 29.6.2022, UA4/22).

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, 3.3.2020).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen."

2. Am 28. Juli 2022 stellte das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses den vorliegenden, auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag und begründete diesen wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"3. RECHTLICHE AUSFÜHRUNGEN

[…]

Im antragsgegenständlichen Beschluss kam die Mehrheit dieser sie treffenden verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht bzw nicht ausreichend nach, weshalb sie den Beschluss mit Rechtswidrigkeit belastet hat. Die Minderheit hat ihre Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen gem. §25 Abs3 VO UA hingegen gesetzeskonform begründet. Die Verlangen stehen zudem gem. §25 Abs2 VO UA im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses. Um die Wirksamkeit der Verlangen zu erreichen, stellt die Minderheit daher den gegenständlichen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse der Mehrheit. […]

Dazu im Detail:

3.1. Sachlicher Zusammenhang der Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben und hinreichende Begründung der Verlangen

Die Beschlüsse der Mehrheit vom 14.07.2022 bestreiten den sachlichen Zusammenhang der Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII mit dem Untersuchungsgegenstand und behaupten zudem, aus den Verlangen der Minderheit ergebe sich der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig. Es würde sich nicht erschließen, warum Mitarbeiter aus Kabinetten in Ministerien, die nicht der ÖVP zuzurechnen seien, als mit der ÖVP verbundene Personen zu sehen sind. Auch durch die Verlangensbegründung würden die Antragssteller nicht erhellt. Die restliche Begründung würde lediglich allgemeine rechtliche Erwägungen wiedergeben. Es fehle zudem jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum.

Das Gegenteil ist der Fall:

Die Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII basieren auf jenen neun Verlangen 'betreffend Betrauung/Besetzung von Leitungsfunktionen mit ehemaligen Kabinettsmitarbeiter*innen', die Teile der Mehrheit des Untersuchungsausschusses, die die verfahrensgegenständlichen Verlangen bestritten hat, in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses selbst eingebracht haben. Diese Verlangen wurden in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses wirksam.

Beweis: […]

Es ist gelebte parlamentarische Praxis, dass für Anträge und Verlangen auf Muster zurückgegriffen wird, die im Einzelfall individualisiert und ergänzt werden. Im gegenständlichen Fall wurde für die Begründung der Verlangen Blg CXXX bis Blg CLXVIII auf die Begründung der inhaltsgleichen Verlangen Blg XLVI bis Blg LIV zurückgegriffen und die Begründung um zahlreiche Ausführungen in den Punkten 4 bis 9 ergänzt. Das verlangende Viertel hat in der Begründung ausführlich dargelegt, warum die angeforderten Akten und Unterlagen von – zumindest abstrakter – Relevanz für den Untersuchungsausschuss sind.

Ebenso behauptet die Mehrheit fälschlich, es fehle in den Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII jeder Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Richtig ist, dass im Verlangenstext explizit darauf hingewiesen wird, dass hinsichtlich der Anforderungen an die Aktenvorlage der grundsätzliche Beweisbeschluss (Anlage 2 zu 1215 BIgNR XXVII. GP (Beilage ./89)) anzuwenden ist. Dieser verpflichtet die vorlagepflichtigen Organe zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen 'im Umfang des Untersuchungsgegenstandes', welcher dem grundsätzlichen Beweisbeschluss auch angeschlossen ist. Der Untersuchungszeitraum ist untrennbarer Teil des Untersuchungsgegenstandes, wird durch ihn doch das notwenige Kriterium der Abgeschlossenheit nach Art53 Abs2 B VG erfüllt. Es fehlt in den Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII also weder die Einschränkung auf den Untersuchungsgegenstand noch auf den Untersuchungszeitraum, der unteilbarer Bestandteil des Untersuchungsgegenstandes ist.

Die Antragsteller haben in ihren Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII substantiiert und nachvollziehbar dargestellt, warum die Übermittlung der angeforderten Akten und Unterlagen von zumindest abstrakter Relevanz für die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses ist. Sie haben in den Punkten 4 und 5 der Begründung ausgeführt, warum es in der Frage der Begünstigung der Personalauswahl notwendig ist, nicht nur zu untersuchen, ob eine Person, die mit einer Stelle betraut wurde, mit der ÖVP verbunden ist, sondern auch, ob es besser geeignete Bewerber gegeben hat. Für die Bewertung, ob es zu einer – wie behauptet – systematischen Bevorzugung gekommen ist, ist außerdem relevant, bei wie vielen Stellenbesetzungen im Untersuchungszeitraum eine 'mit der ÖVP verbundene Person' zum Zug gekommen ist, da es für die abschließende politische Wertung (und allein das kann Aufgabe eines Untersuchungsausschusses sein) einen maßgeblichen Unterschied darstellt, [ob] im Untersuchungszeitraum eine von vier oder eine von vierhundert Stellen mit einer 'mit der ÖVP verbundenen Person' besetzt wurde. Ohne Heranziehung dieser Vergleichsgrößen ist es dem Untersuchungsausschuss und den in ihm vertretenen Fraktionen nicht möglich, aufzuzeigen, dass die behaupteten Missstände eben nicht stattgefunden haben und auch dies muss im Rahmen der parlamentarischen Kontrolltätigkeit zulässig sein. Auf die dargelegten Argumente ist die Mehrheit in der Begründung ihres Bestreitungsantrages nicht eingegangen.

'4. Es muss dem Untersuchungsausschuss möglich sein[,] zu prüfen, ob bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen mit der ÖVP verbundene Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen sind und Handlungen gesetzt wurden, wie sie im Untersuchungsgegenstand umschrieben sind.

5. Außerdem muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein[,] zu prüfen, ob bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen Bewerberinnen und Bewerber nicht zum Zug gekommen sind, die besser qualifiziert gewesen wären. Dafür ist es notwendig, die Akten und Unterlagen im angeforderten Ausmaß zu kennen.'

In Punkt 6 hat das antragstellende Viertel ausgiebig dargestellt, dass das Kriterium 'mit der ÖVP verbunden' aus Sicht einer aktenvorlagepflichtigen Stelle überhaupt nicht beurteilt werden kann. Die letztliche Entscheidung, wann eine Person noch als 'mit der ÖVP verbunden' gilt, ist eine politische Bewertung, die dem Untersuchungsausschuss in seinem Bericht obliegt, und nicht einer vorlagepflichtigen Stelle. Die im Übrigen solche Informationen über ihre Bediensteten aus vielerlei rechtlichen Erwägungen – beispielsweise aus Gründen des Datenschutzes – überhaupt nicht sammeln darf. Nachdem es den vorlagepflichtigen Stellen nicht möglich ist, zu bestimmen, ob bei einem konkreten Besetzungsverfahren eine 'mit der ÖVP verbundene Person' zum Zug gekommen ist oder nicht, müssen im Ergebnis dem Untersuchungsausschuss alle Unterlagen zu allen Stellenbesetzungen im Untersuchungszeitraum vorgelegt werden oder dürfen dem Untersuchungsausschuss keine Unterlagen zu Stellenbesetzung vorgelegt werden. Letzteres würde den Untersuchungsauftrag des Untersuchungsausschusses hinsichtlich des vierten Beweiskapitels verunmöglichen. Auf die dargelegten Argumente ist die Mehrheit in der Begründung ihres Bestreitungsantrages nicht eingegangen.

'6. In der Begründung des Einsetzungsverlangens (4/US 27. GP) wird zum Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, Folgendes ausgeführt:

'Der Begriff der 'Verbundenheit' beschreibt das erforderliche Naheverhältnis zur ÖVP, wobei dessen Grundlage vielfältig sein kann. Der Begriff der Verbundenheit erfasst in der Rechtsordnung unterschiedliche Formen der gegenseitigen Abhängigkeit, insbesondere wirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Art. Gemeinsam ist den damit erfassten Sachverhalten ein Abhängigkeitsverhältnis, das gerade dadurch entsteht, dass jeweils eine Seite einen Vorteil anstrebt, der von der anderen Seite zur Verfügung gestellt werden kann, da er sich in dessen Ingerenz befindet. Die Verbundenheit mit der ÖVP indiziert bereits das Vorliegen des parteipolitischen Interesses. […] Verbunden sind ebenso Personen, die auf parteipolitisches Wohlwollen angewiesen sind, um ihr berufliches Fortkommen zu fördern. Dies wird insbesondere dort der Fall sein, wo Personalentscheidungen (wenn nicht formell, dann faktisch) von ÖVP PolitikerInnen getroffen werden.'

Schon aus dieser Formulierung wird ersichtlich, dass der Umstand, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass eine Person mit der ÖVP verbunden ist, in unterschiedlichsten Konstellationen gegeben und die Verbundenheit unterschiedlichster Natur sein kann. Keinesfalls genügt daher, die Prüfung der Verbundenheit mit der ÖVP rein auf die Mitgliedschaft bei der ÖVP zu beschränken (ganz abgesehen davon, dass es öffentlichen Stellen schon aus datenschutzrechtlichen Erwägungen untersagt wäre, derartige Informationen zu erheben und zu verarbeiten).

Daher ist es den vorlagepflichtigen Stellen anhand der im Einsetzungsverlangen enthaltenen Determinanten nicht möglich, Akten und Unterlagen mit Bezug zum vierten Beweisthema mit der Begründung auszusondern und dem Untersuchungsausschuss vorzuenthalten, dass diese keine Auskünfte über eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen enthalten oder lediglich eine Gewährung derartiger Vorteile betreffen, die nicht durch den im Einsetzungsverlangen angesprochenen Zusammenschluss aus ÖVP Regierungsmitgliedern und Mitarbeiterinnen bzw Mitarbeiter deren politischer Büros unter der Leitung von Sebastian Kurz veranlasst wurde.

Es muss vielmehr dem Untersuchungsausschuss selbst möglich sein, Bewerbungsverfahren und Besetzungen dahingehend zu prüfen, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Umstände vorliegen, weil ausschließlich der Untersuchungsausschuss aufgrund seiner vielfältigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen (Akten und Unterlagen, Erhebungsersuchen, Befragung von Auskunftspersonen) in der Lage ist, auf Grundlage von ihm selbst anhand politischer Wertungen entwickelter Maßstäbe zu beurteilen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist bzw ob die anderen im Einsetzungsverlangen angeführten Kriterien vorliegen.

Anders gewendet: Im Rahmen des vierten Beweisthemas hat der Untersuchungsausschuss zu prüfen, ob eine Person mit der ÖVP verbunden ist, ob diese Person begünstigt wurde und, ob schließlich diese Begünstigung in einem Zusammenhang mit der Verbundenheit zur ÖVP steht. Eine solche Prüfung kann aber nur durch Vorlage der Unterlagen im beschriebenen Umfang erfolgen.

So kommt auch Univ. Prof. Dr. J[.] in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass es gemäß Art53 Abs3 B VG geboten ist, dass die im grundsätzlichen Beweisbeschluss genannten vorlagepflichtigen Organe […] prinzipiell alle Akten und Unterlagen vorlegen, die die Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes im Untersuchungszeitraum betreffen.'

Außerdem haben die Antragsteller dargelegt, dass es dem Untersuchungsausschuss möglich sein muss, einen Vergleich zu ziehen, um festzustellen, ob bestimmte Handlungen tatsächlich als die mutmaßlichen Bevorzugungen bzw Vorteilszuwendungen zu werten sind, wie dies im Rahmen der Befragung von Auskunftspersonen hinsichtlich der Zulässigkeit von Fragen an die Auskunftspersonen, die vom Untersuchungsgegenstand gedeckt sein müssen, gängige Praxis ist:

'7. Darüber hinaus muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bei der Klärung der Frage, ob es bei der Ausschreibung von dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen und bei der Betrauung von Personen mit dem Ausschreibungsgesetz unterliegenden Funktionen und Arbeitsplätzen der Zentralstelle und der nachgeordneten Dienststellen zu den im vierten Beweisthema umschriebenen Handlungen gekommen ist, die Vorgehensweisen unterschiedlicher Zentralstellen und nachgelagerter Dienststellen zu vergleichen, um anhand festgestellter Unterschiede zu untersuchen, ob diese Unterschiede auf das Vorliegen von Vorgängen im Sinne des Untersuchungsgegenstandes schließen lassen.

So hat auch die Vorsitzende in der 24. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 29.06.2022, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, eine Frage, die auf einen derartigen Vergleich gerichtet war, für zulässig erklärt und damit festgestellt, dass eine derartige Frage durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt ist (vgl vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. J[.] P[.], ÖVP Korruptions UsA-XXVII.GP, 24. Sitzung, 29.06.2022, Seite 16).'

Außerdem haben die Antragsteller dargelegt, dass es dem Untersuchungsausschuss möglich sein muss[,] aufzuzeigen, dass die behaupteten Vorteilsgewährungen eben nicht stattgefunden haben, was eine umfassende Sichtung der untersuchungsgegenständlichen Akten und Unterlagen aller Ressorts erfordert.

'8. Genauso muss es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, aufgrund der eigenen Untersuchungen anhand der in dieser Aufforderung umschriebenen Akten und Unterlagen festzustellen, dass darin keine Hinweise auf die im vierten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Handlungen enthalten sind, weil damit der Schluss naheliegen könnte, dass die im vierten Beweisthema behaupteten und umschriebenen Vorgänge nicht stattgefunden haben, was das Ergebnis des Untersuchungsausschusses sein kann. Dazu benötigt er aber zwingend die von dieser Aufforderung umfassten Akten und Unterlagen.

Es muss auch überprüft werden können, ob beim von dieser Aufforderung umfassten Besetzungsverfahren jene [Person] zum Zug gekommen ist, die dafür bestgeeignet war. Es muss dem Untersuchungsausschuss daher möglich sein, auch derart gelagerte Sachverhalte zu prüfen, um sich ein Bild darüber machen zu können, ob die im vierten Beweisthema behaupteten und umschrieben[en] Vorgänge stattgefunden haben.'

Auch auf die Punkte 7. und 8. der Begründung der Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII ist die Mehrheit im Rahmen ihrer Bestreitung nicht eingegangen.

Die Antragsteller haben in ihren Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII die wesentlichen Gründe dargelegt, warum die Verlangen des antragstellenden Viertels vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sind und die abstrakte Relevanz für die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses gegeben ist.

3.2. Keine substantiierte Begründung der Bestreitung

Prüfgegenstand in Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist nicht das Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sondern der Beschluss des Untersuchungsausschusses, mit dem der sachliche Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird.

Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur ist es der Mehrheit übertragen, ihre Entscheidung substantiiert und nachvollziehbar zu begründen (vgl VfGH 3.3.2020, UA1/2020; VfGH 18.1.2021, UA4/2020), eine lediglich pauschale Bestreitung des sachlichen Zusammenhangs eines Verlangens eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf ergänzende Beweisanforderungen kann diese ergänzenden Beweisanforderungen nicht verhindern (VfGH 18.1.2021, UA4/2020), wobei die Anforderungen an die Begründungspflicht aller im Organstreitverfahren verfangenen Parteien nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht überspannt werden dürfen (VfGH 26.6.2022, UA4/2022). Es obliegt beiden Organstreitparteien, die wesentlichen Gründe anzugeben, die dafür oder dagegen sprechen, dass ein Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt und somit von abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand ist (VfGH 26.6.2022, UA4/2022).

Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses hat seine Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII entsprechend der ausdrücklichen Regelungen gem §25 Abs3 zweiter Satz VO UA substantiiert und nachvollziehbar begründet.

Die Mehrheit des Untersuchungsausschusses hingegen hat es unterlassen, ihre Anträge Verlangen Blg CXXXa – Blg CLXVIlla substantiiert und nachvollziehbar zu begründen, obwohl sie eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht trifft. Insbesondere ist die Mehrheit auf die vom antragstellenden Viertel vorgebrachten Argumente weder eingegangen noch hat sie den Versuch unternommen, diese zu entkräften. Sie hat diese lediglich – wenn überhaupt – pauschal in Abrede gestellt.

Zu den spärlichen inhaltlichen Ausführungen der Mehrheit des Untersuchungsausschusses sei entgegnet:

Zur Frage, wie Mitarbeiter der Kabinette von Mitgliedern der Bundesregierung, die nicht der ÖVP zuzurechnen sind, als mit der ÖVP verbundene Personen anzusehen sind, ist wie oben ausgeführt festzuhalten, dass es einer vorlagepflichtigen Stelle unmöglich ist, zu bestimmen, ob eine Person 'mit der ÖVP verbunden' ist oder nicht. Diese politische Wertung kann allein der Untersuchungsausschuss vornehmen. Für vorlagepflichtige Stellen bedeutet diese wie oben und in der Begründung der Verlangen Blg CXXX – Blg CLXVIII dargelegt, dass sie nur zwei Möglichkeiten bieten, nämlich die Akten zu allen Postenbesetzung oder zu keinen Postenbesetzungen vorzulegen, wobei erstere Möglichkeit die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses hinsichtlich des vierten Beweiskapitels verunmöglichen würde.

Auch verlangt der erste Satz des Untersuchungsgegenstandes nicht, dass die mutmaßliche Vorteilsgewährung durch mit der ÖVP verbundene Organe erfolgt, sondern lautet vielmehr 'Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021 sowie ...' Wieso daher eine solche Vorteilsgewährung nur in ÖVP geführten Ministerien möglich gewesen sein soll, erschließt sich dem antragstellenden Viertel nicht.

Zur fälschlichen Behauptung, es fehle jeder Hinweis auf den Untersuchungszeitraum, sei auf die Ausführungen in 3.1. verwiesen.

Wenn die Mehrheit moniert, es sei für sie nicht nachvollziehbar, wie Handlungen von nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18.12.2017 in Verbindung mit dem Projekt Ballhausplatz stehen könnten, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Untersuchungszeitraum des UA 4/US XXVII. GP aus dem Untersuchungsgegenstand des UA 4/US XXVII. GP ergibt, der nicht vom antragstellenden Viertel formuliert wurde. Ein den verfassungsgesetzlichen Bestimmungen iSd Art53 Abs2 B VG genügender Untersuchungsgegenstand muss 'ein bestimmter, abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes' sein. Ein Vorgang kann sich denklogisch nur über einen Zeitraum erstrecken. Es kann pro Untersuchungsausschuss nur ein Vorgang untersucht werden. Dessen Zeitraum ist entsprechend der Formulierung des Einsetzungsverlangens mit 'ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz'' bis zum 11. Oktober 2021 angegeben. Es ist dem antragstellenden Viertel nicht offenkundig, wann das Projekt Ballhausplatz – da der politische Wille von BK aD Sebastian Kurz, Bundeskanzler der Republik Österreich zu werden – begonnen hat. So sollen ja andere ehemalige Bundeskanzler dieses Karriereziel bereits in frühen Kindheitstagen ins Auge gefasst haben. Nachdem sich ein tauglicher Untersuchungsgegenstand im Sinne des Art53 Abs2 B VG auf einen Bereich in der Vollziehung des Bundes zu beschränken hat, kann der Eintritt von Sebastian Kurz in die Bundesregierung per 21.04.2011 der Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes dienen. Im Übrigen kann das 'Projekt Ballhausplatz' keinen eigenen – vom Vorgang der Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen vom 18. Dezember 2017 (also dem Ausscheiden der SPÖ aus der Bundesregierung) bis zum 11. Oktober 2021 (also dem Einbringen des Einsetzungsverlangens für den UA 4/US XXVII. GP) abgetrennten – Untersuchungszeitraum haben, da entsprechend der verfassungsgesetzlichen Bestimmungen jeweils nur 'ein Vorgang' untersucht werden kann, und dieser kann nur einen Anfang und ein Ende haben. Außerdem stellt das 'Projekt Ballhausplatz' – also der Zusammenschluss von mehreren Personen zum Zwecke der Erreichung gemeinsamer politischer Ziele – kein[en] Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes dar, sondern die Ausübung des Grundrechts auf freie Betätigung politischer Parteien. Die Ausübung dieses Grundrechts ist kein untersuchungsfähiger Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG. Der Untersuchungsgegenstand des UA 4/US XXVII. GP wäre bei dieser Auslegung verfassungswidrig.

Weitere Passagen zur Behauptungs- und Begründungspflicht enthält der Beschluss der Mehrheit des Untersuchungsausschusses nicht.

Weder ist also die Mehrheit des Untersuchungsausschusses auf die vom antragstellenden Viertel ausgeführte Begründung inhaltlich eingegangen – sondern hat diese nur pauschal in Abrede gestellt und angeblich fehlende Passagen moniert – noch hat sie – entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung – ihrerseits die wesentlichen [Gründe] angegeben, warum das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes nicht gedeckt sein sollte."

3. Dem Präsidenten des Nationalrates wurde die Möglichkeit eingeräumt, bis 16. August 2022, 13 Uhr, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Binnen offener Frist langte keine Äußerung beim Verfassungsgerichtshof ein.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder. Dies umfasst auch Mehrheitsbeschlüsse, mit denen der sachliche Zusammenhang eines Verlangens auf Vorlage von Akten und Unterlagen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022).

1.2. Gemäß Art53 Abs1 zweiter Satz B VG ist ein Untersuchungsausschuss auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates einzusetzen (vgl auch §1 Abs2 erster Satz VO UA: "mindestens 46 […] Mitglieder"). Nähere Bestimmungen trifft nach Art53 Abs5 erster Satz B VG das GOG NR. Insbesondere fasst der Geschäftsordnungsausschuss den grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß §24 VO UA. Dieser verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Die vorlagepflichtigen Organe können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden.

1.3. Gemäß §25 Abs2 VO UA kann ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen (§25 Abs3 VO UA). Die Beweisanforderung ist zu begründen.

Ein solches Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in dieser Sitzung den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht mit Beschluss bestreitet (§25 Abs2 VO UA). Erfolgt eine solche Bestreitung, kann das verlangende Viertel der Mitglieder nach §25 Abs4 VO UA den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nach §25 Abs2 VO UA anrufen. Ein solcher Antrag ist gemäß §56e Abs4 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56e Abs6 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.4. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss hat mit Beschlüssen vom 14. Juli 2022 den sachlichen Zusammenhang der Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder auf ergänzende Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten.

1.5. Der am 28. Juli 2022 von vier – die Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA vom 14. Juli 2022 unterstützenden – Mitgliedern des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG erweist sich als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.

1.6. Da auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Gegenstand des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist der (Mehrheits )Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird. Der Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens wird durch den angefochtenen Umfang der Entscheidung des Untersuchungsausschusses begrenzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die (Mehrheits )Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 14. Juli 2022, mit denen der sachliche Zusammenhang mehrerer Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom selben Tag mit dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig sind oder nicht.

2.2. Nach der Begründung des auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrages des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses zielten die ergänzenden Beweisanforderungen darauf ab, dem Untersuchungsausschuss sämtliche Akten und Unterlagen zu Besetzungen bzw (auch vorläufigen) Betrauungen mit Leitungsfunktionen mit (ehemaligen) Mitarbeitern der Kabinette Faymann, Ostermayer, Kern, Drozda, Heinisch Hosek, Schmied, Oberhauser, Hammerschmid, Stöger, Rendi Wagner, Leichtfried, Darabos, Klug, Doskozil, Bures, Stöger, Kogler, Gewessler, Anschober, Rauch, Mückstein, Zadic, Wenzel, Starlinger, Strache, Kickl, Hofer, Hartinger Klein, Kneissl, F[.] sowie Kunasek, einer diesen Amtsträgern zugeordneten Stabstelle oder des Büros eines diesen Amtsträgern zugeordneten Generalsekretärs seit 2014 vorzulegen, nämlich insbesondere Akten und Unterlagen, die den Entstehungsprozess der Ausschreibungen dokumentieren, Aufzeichnungen über letztlich erfolgte Ausschreibungen, Aufzeichnungen über einen etwaigen Bewerbungsprozess einschließlich Aufzeichnungen über die Zusammenstellung einer Auswahlkommission bzw eines Personalberaters, Aufzeichnungen über die sachliche Begründung einer vorübergehenden bzw vorläufigen Betrauung sowie sämtliche ministeriumsinterne Kommunikation betreffend die genannten Besetzungen bzw Betrauungen.

Entgegen der Auffassung der beschlussfassenden Mehrheit bestehe ein "sachlicher Zusammenhang" der Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand. Die vorliegenden Verlangen basierten auf jenen neun Verlangen "betreffend Betrauung/Besetzung von Leitungsfunktionen mit ehemaligen Kabinettsmitarbeiter*innen", die Teile der Mehrheit des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses, welche die vorliegenden Verlangen bestritten habe, in der 27. Sitzung des Untersuchungsausschusses selbst eingebracht hätten. Diese neun Verlangen seien in der genannten Sitzung wirksam geworden. Es sei gelebte parlamentarische Praxis, dass für Anträge und Verlangen auf Muster zurückgegriffen werde, die im Einzelfall individualisiert und ergänzt würden. Im vorliegenden Fall sei auf die Begründung der inhaltsgleichen Verlangen, die von der Mehrheit angenommen worden seien, zurückgegriffen worden. Jene Begründung sei zudem ergänzt worden.

Entgegen der beschlussfassenden Mehrheit des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses fehle auch nicht der Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Dies sei bereits durch den Verweis auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss hinreichend dargelegt worden. Der grundsätzliche Beweisbeschluss sei ein untrennbarer Teil des Untersuchungsgegenstandes, weswegen eine Einschränkung der Verlangen in zeitlicher Hinsicht auf den Untersuchungszeitraum vorliege.

Das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses habe in der Begründung seiner Verlangen ausführlich dargelegt, warum die angeforderten Akten und Unterlagen von zumindest abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand seien. Es sei hinreichend dargelegt worden, warum es hinsichtlich der Frage einer Begünstigung in der Personalauswahl notwendig sei, nicht nur zu untersuchen, ob eine Person, die mit einer Stelle betraut worden sei, mit der ÖVP verbunden sei, sondern auch, ob es besser geeignete Kandidaten gegeben habe. Es sei zudem relevant, bei wie vielen Stellenbesetzungen im Untersuchungszeitraum eine mit der ÖVP verbundene Person zum Zug gekommen sei, um eine abschließende politische Wertung vornehmen zu können, die eine zentrale Aufgabe des Untersuchungsausschusses darstelle.

Das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses habe in der Begründung seiner Verlangen zudem darauf hingewiesen, dass das vorlagepflichtige Organ nicht beurteilen könne, ob eine Person mit der ÖVP verbunden sei oder nicht. Dies stelle eine politische Bewertung dar, die allein dem Untersuchungsausschuss obliege. Dem vorlagepflichtigen Organ sei es zudem verwehrt, entsprechende Daten über seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sammeln. Aus diesen Gründen müssten dem Untersuchungsausschuss die Akten und Unterlagen zu sämtlichen Besetzungen im Untersuchungszeitraum vorgelegt werden.

Dem ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss müsse es darüber hinaus möglich sein, Vergleiche zu ziehen, um feststellen zu können, ob bestimmte Handlungen tatsächlich als mutmaßliche Bevorzugungen bzw Vorteilszuwendungen zu werten seien. Diese Rechtsansicht werde auch durch die Zulassung einer Frage durch die Vorsitzende des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses in der 24. Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 29. Juni 2022 an die Auskunftsperson Mag. J[.] P[.], in der es um die Inseratenpraxis in von der SPÖ geführten Ministerien gegangen sei, gestützt. Wenn diese Frage an die Auskunftsperson zulässig gewesen sei, müsse auch den vorliegenden Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen nachgekommen werden. Nicht zuletzt müsse es dem Untersuchungsausschuss möglich sein, aufzuzeigen, dass die behaupteten Vorteilsgewährungen nicht stattgefunden hätten, was eine umfassende Sichtung der Akten und Unterlagen aller Ressorts erfordere.

Im Gegensatz zum antragstellenden Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses habe es die beschlussfassende Mehrheit in ihren (Bestreitungs )Beschlüssen unterlassen, eine substantiierte und nachvollziehbare Begründung zu geben. Damit habe sie ihre Behauptungs- und Begründungspflicht verletzt. Die beschlussfassende Mehrheit sei weder auf die Argumente des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses eingegangen noch habe sie versucht, diese zu entkräften. Eine für den Untersuchungsgegenstand relevante Vorteilsgewährung könne auch in nicht ÖVP geführten Ministerien vorkommen. Entgegen der beschlussfassenden Mehrheit seien auch Akten und Unterlagen vor dem 18. Dezember 2017 vom Untersuchungsgegenstand erfasst, weil dieser auf den Beginn des "Projektes Ballhausplatz" abstelle.

2.3. Die angefochtenen Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 14. Juli 2022 erweisen sich aus den folgenden Gründen als rechtmäßig:

2.3.1. Das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses hat am 14. Juli 2022 die unter Pkt. III.1.3. bis Pkt. III.1.9. dargestellten Verlangen gemäß §25 Abs2 (und 3) VO UA auf Vorlage näher bezeichneter Akten und Unterlagen gestellt.

2.3.2. Der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss fasste am 14. Juli 2022 die Beschlüsse, den sachlichen Zusammenhang der auf §25 Abs2 (und 3) VO UA gestützten Verlangen des (vor dem Verfassungsgerichtshof) einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Dies begründete der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss wie folgt:

"Ein Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf ergänzende Beweisanforderung ist gemäß §25 Abs3 VO UA zu begründen. Die VO UA überträgt somit die Verantwortung, den Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen, ausdrücklich dem verlangenden Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Für einen Beschluss eines Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO UA, mit dem der sachliche Zusammenhang eines Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, verlangt die VO UA zwar keine Begründung. Jedoch hat der Verfassungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall (VfGH 18.01.2021, UA4/20) ausgesprochen, dass die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss eine verfassungsrechtliche, auf die bestrittenen Teile näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz des Verlangens trifft. Diese Anforderungen dürfen jedoch angesichts des kurzen Zeitraums, der zwischen Einbringung und Wirksamwerden eines solchen Verlangens vergeht (und regelmäßig wenige Stunden beträgt), nicht überspannt werden (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/22).

Die verfassungsrechtliche Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses kann jedoch nicht die Begründungspflicht gemäß §25 Abs3 VO UA des verlangenden Viertels der Mitglieder für das Bestehen des sachlichen Zusammenhangs ihres Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand ersetzen. Es muss dem Untersuchungsausschuss möglich sein, bereits aus der Begründung des Verlangens zu beurteilen, ob ein solcher, ausreichender Zusammenhang besteht, diesen gegebenenfalls zu bestreiten und in weiterer Folge dem verlangenden Viertel der Mitglieder eine Nachprüfung des Bestreitungsbeschlusses durch den Verfassungsgerichtshof zu ermöglichen. Es kann weder Aufgabe des Untersuchungsausschusses noch des Verfassungsgerichtshofes in einem allfälligen Verfahren gemäß Art138b Abs1 B VG sein, den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand aus eigenem zu ergründen oder aus Wortmeldungen der unterstützenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses abzuleiten (vgl VfGH 18.01.2021, UA4/20). Insofern bildet die Begründung des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung die Grundlage für die Bewertung des Bestehens des sachlichen Zusammenhangs durch die Mehrheit des Ausschusses, sofern diese nicht offenkundig ist.

Das gegenständliche Verlangen der Abg. Hanger, Kolleginnen und Kollegen, ist wie folgt begründet: [...]

Der Untersuchungsgegenstand begründet und begrenzt die Rechte und Pflichten des Untersuchungsausschusses. Es ist von vornherein ausgeschlossen, dass der Untersuchungsausschuss in seinem Handeln über den Untersuchungsgegenstand hinauswirkt, da diesfalls keine Rechtsgrundlage mehr für solches Handeln bestünde.

Der Untersuchungsgegenstand des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses enthält in diesem Sinne mehrere kumulative Kriterien, deren (potentielles) Vorliegen für jedes einzelne Kriterium bejaht werden muss, um den fraglichen Sachverhalt in den Untersuchungsgegenstand einzubeziehen. Im Einsetzungsverlangen wird dazu ausgeführt:

'Die relevanten Akteure (die Mitglieder eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Personen) und Handlungen (unsachliche Vorteilsgewährung sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage des 'Projekt Ballhausplatz'), der Zeitraum, der sachliche Umfang (Eignung zur parteipolitischen Begünstigung im Bereich der Vollziehung des Bundes) sowie die Zielrichtung der Untersuchung (Verdacht der Umgehung bzw Verletzung gesetzlicher Vorschriften) werden als konstitutive Merkmale des zu untersuchenden Vorgangs benannt. Gerade auf Grund des komplexen, der Untersuchung zu Grunde liegenden Sachverhalts muss die Bestimmung des Untersuchungsgegenstands durch eine Kombination mehrerer Elemente erfolgen.'

Zum gegenständlichen Verlangen ist folgendes festzuhalten:

Der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist nicht offenkundig: Inwiefern MitarbeiterInnen der Kabinette von Mitgliedern der Bundesregierung, die nicht der ÖVP zuzurechnen sind, als mit der ÖVP verbundene Personen anzusehen sind, erschließt sich prima facie nicht.

Auch die Begründung des Verlangens erhellt nicht. In der Begründung wird konkret lediglich folgendes angegeben:

'Mit der vorliegenden Beweisanforderung soll Beweis darüber geführt werden, zu welchen Begünstigungen es für mit der ÖVP verbundene Personen im Rahmen der Personalauswahl in den Bundesministerien bzw ihnen zugeordneten Behörden gekommen ist.'

Die restliche Begründung besteht lediglich aus allgemeinen (rechtlichen) Erwägungen über die Kompetenzen des Untersuchungsausschusses. Sinn und Zweck des Untersuchungsgegenstandes ist es jedoch gerade, eine eigenständige Ausweitung der Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss zu verhindern. Daher muss der Einsetzungsbeschluss/das Einsetzungsverlangen hinreichend bestimmt sein (vgl VfSlg 20370/2020).

In der Begründung des Verlangens fehlt außerdem jeglicher Hinweis auf den Untersuchungszeitraum. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Handlungen in nicht von der ÖVP geführten Bundesministerien vor dem 18.12.2017 in Verbindung mit dem Projekt Ballhausplatz stehen könnten.

Es bestehen für den Untersuchungsausschuss auf Grund der Begründung des Verlangens keine Anhaltspunkte, anhand derer er die potentielle abstrakte Relevanz der Beweisanforderung anhand der im Untersuchungsgegenstand genannten Kriterien prüfen könnte. Daraus ergibt sich, dass mit der vorliegenden pauschalen Begründung beliebige Akten und Unterlagen angefordert werden könnten. Insbesondere fehlt im Verlangen auch eine nachvollziehbare Einschränkung, etwa auf jene Akten, die von abstrakter Relevanz für die Untersuchung sind.

Es kann aber nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll (VfGH 29.6.2022, UA4/22).

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, 3.3.2020).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen."

2.3.3. Art53 Abs3 B VG verpflichtet unter anderem die Organe des Bundes, somit auch die Bundesminister, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl auch §25 Abs3 VO UA).

Ein solches Verlangen kann gemäß §25 Abs2 VO UA ein Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses im Rahmen ergänzender Beweisanforderungen stellen, wobei das Verlangen erst dann wirksam wird, wenn die Mehrheit der Mitglieder "in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet". Die ergänzende Beweisanforderung, die ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ua zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten hat, ist entsprechend der ausdrücklichen Regelung in §25 Abs3 zweiter Satz VO UA zu begründen.

Dieser Behauptungs- und Begründungspflicht seitens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses steht eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses gegenüber, wenn und insoweit dieser das Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung mit Beschluss gemäß §25 Abs2 (letzter Satz) VO UA bestreitet:

Im Hinblick darauf, dass der den sachlichen Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestreitende Beschluss des Untersuchungsausschusses im Rahmen eines Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann, ist es der Mehrheit übertragen, ihre Entscheidung substantiiert und nachvollziehbar zu begründen (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022 unter sinngemäßem Verweis auf VfGH 18.1.2021, UA4/2020):

Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §56e Abs6 VfGG, über einen Antrag iSd Art138b Abs1 Z3 B VG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen) zu entscheiden, sowie im Hinblick auf die befristete Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl §53 VO UA) und auch angesichts der mangelnden Parteistellung der beschlussfassenden Mehrheit im Untersuchungsausschuss (vgl aber §56c Abs4 VfGG zu Verfahren nach Art138b Abs1 Z1 B VG) hat diese Mehrheit ihren Beschluss mit hinreichender Deutlichkeit auf eine nachvollziehbare Begründung zu stützen, um dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen der im Untersuchungsausschuss vorgebrachten Argumente eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG zu ermöglichen. Diese Begründung muss aus dem Abstimmungsvorgang bzw dem Beschluss im Untersuchungsausschuss ersichtlich sein. Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Wortmeldungen einzelner Ausschussmitglieder eine Mutmaßung zu treffen, ob und welche der in der Sitzung vorgebrachten Gründe die beschlussfassende Mehrheit zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht haben könnte (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022 unter Verweis auf VfGH 18.1.2021, UA4/2020).

Die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss kann somit mit einem pauschalen Bestreiten des Bestehens eines sachlichen Zusammenhanges des Begehrens eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen nicht verhindern. Sie trifft eine substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz des Verlangens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses für den Untersuchungsgegenstand.

2.3.4. Prüfungsgegenstand eines Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG vor dem Verfassungsgerichtshof ist nicht das Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sondern der Beschluss des Untersuchungsausschusses, mit dem der sachliche Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird.

Der Verfassungsgerichtshof prüft die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Umfang und im Hinblick auf die seitens der Mehrheit des Untersuchungsausschusses und seitens des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vorgebrachten Gründe.

2.3.5. Die Begründungspflicht der im parlamentarischen Organstreitverfahren verfangenen Parteien darf allerdings nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht überspannt werden. Es obliegt den Organstreitparteien, die wesentlichen Gründe anzugeben, die dafür oder dagegen sprechen, dass das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt – und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand – ist.

Die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA und andererseits einer Bestreitung, dass das Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist, sind unterschiedlich danach zu beurteilen, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist oder ob dies eben nicht der Fall ist. Dementsprechend sind die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs )Beschlusses unterschiedlich (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022).

2.3.6. Der Verfassungsgerichtshof hat sohin nun zu prüfen, ob die Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 14. Juli 2022, mit denen die Verlangen der einschreitenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestritten wurden, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig sind oder nicht.

Zuvorderst ist festzuhalten, dass das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses in seinen Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA die Vorlage von Akten und Unterlagen – und nicht Beweiserhebungen – durch näher bezeichnete Bundesminister verlangt hat. Im Unterschied zum Ersuchen um Beweiserhebungen, bei denen "ein Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" ausreicht, statuiert Art53 Abs3 B VG für Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen – restriktiver als für Ersuchen um Beweiserhebungen (vgl AB 439 BlgNR 25. GP, 5) –, dass diese "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" stehen (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022).

Wenngleich §25 Abs2 (und 4) VO UA, aber auch Art138b Abs1 Z3 B VG undifferenziert von der Bestreitung des "sachlichen Zusammenhang[es] mit dem Untersuchungsgegenstand" sprechen, ist vor dem Hintergrund der Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses im Sinne des Art53 Abs3 B VG die Frage zu beantworten, ob die (Bestreitungs )Beschlüsse zu Recht davon ausgegangen sind, dass die Verlangen des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderung nicht "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" liegen (vgl auch §25 Abs3 VO UA, der im Sinne des Art53 Abs3 B VG zwischen der Vorlage von Akten und Unterlagen und zusätzlichen Beweiserhebungen differenziert) und ihnen damit keine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zukommt (vgl VfGH 29.6.2022, UA4/2022).

2.3.7. Für den Verfassungsgerichtshof ist es nicht offenkundig, dass die Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses gedeckt sind. Auch aus diesem Grund dürfen – wie unter Pkt. 2.3.5. ausgeführt – die Anforderungen an die Begründung der (Bestreitungs )Beschlüsse nicht überspannt werden.

2.3.8. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes legen die (Bestreitungs )Beschlüsse hinreichend deutlich und nachvollziehbar dar, das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses habe es unterlassen, in seinen Verlangen hinreichend zu begründen, dass die begehrten Akten und Unterlagen "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" liegen und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind.

2.3.8.1. In der Begründung der (Bestreitungs )Beschlüsse wird insbesondere ausgeführt, es sei nicht offenkundig, inwiefern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kabinette von Mitgliedern der Bundesregierung, die nicht der ÖVP zuzurechnen seien, als mit der ÖVP verbundene Personen anzusehen seien. Auch die Begründung der Verlangen lege dies nicht substantiiert dar. Es seien keine näheren Anhaltspunkte dafür genannt worden, dass es bei den Bestellungen zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sei. Der Untersuchungsausschuss könne daher die potentielle abstrakte Relevanz der Beweisanforderung anhand der im Untersuchungsgegenstand genannten Kriterien nicht prüfen. Mit der vorliegenden (pauschalen) Begründung könnten beliebige Akten und Unterlagen angefordert werden.

2.3.8.2. Der Verfassungsgerichtshof stimmt dieser Beurteilung in den (Bestreitungs )Beschlüssen zu. Es ist aus den Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses nicht zu erkennen, inwiefern es bei den darin genannten Bestellungen zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein soll. Ist es aber, wie im vorliegenden Fall, nicht offenkundig, dass die Bestellungen, auf die sich die begehrten Akten und Unterlagen beziehen, im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung liegen, hätte das einschreitende Viertel in seinen Verlangen dafür eine nähere Begründung geben müssen (VfGH 29.6.2022, UA4/2022 sowie sinngemäß VfSlg 19.910/2014). Die Verlangen enthalten diesbezüglich lediglich die pauschale Annahme, dass es auch in nicht von der ÖVP geführten Ressorts zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein könnte.

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2022, UA4/2022, dargelegt hat, kann es nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll. Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO UA ausführen, beziehen sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand". Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (so ausdrücklich AB 440 BlgNR, 25. GP, 13 f.).

2.3.8.3. Der Verfassungsgerichtshof hält ferner fest, dass die vom antragstellenden Viertel der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses vertretene Auffassung, dass vom Untersuchungsausschuss auf der Grundlage von §25 VO UA auch Akten und Unterlagen vergleichbarer Sachverhalte – gleichsam unabhängig vom Untersuchungsgegenstand – angefordert werden können, um beurteilen zu können, ob eine ähnliche Vorgangsweise gewählt wurde wie bei den vom Untersuchungsgegenstand erfassten Sachverhalten, oder um aufzeigen zu können, dass behauptete Vorteilsgewährungen nicht stattgefunden haben, verfehlt ist. Eine solche Auslegung widerspräche den in Art53 Abs2 und 3 B VG festgelegten Begrenzungen des Untersuchungsgegenstandes und der Vorlageverpflichtungen sowie den diesbezüglichen Regelungen der VO UA. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Verhalten von Akteuren des Untersuchungsausschusses im Rahmen der Sitzungen des Untersuchungsausschusses für den Verfassungsgerichtshof keinen Maßstab für die Rechtmäßigkeit von (Bestreitungs )Beschlüssen bildet.

2.3.8.4. Die Begründung der (Bestreitungs )Beschlüsse des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses stellt maßgeblich darauf ab, dass ein Zusammenhang der Verlangen gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig sei. Demgegenüber wird nicht auf die Frage eingegangen, ob die Verlangen in sachlicher Hinsicht (zur Gänze) nicht unter den Untersuchungsgegenstand fallen. Insbesondere wird nicht thematisiert, ob die Zuwendung von Vorteilen durch nicht der ÖVP zurechenbare Bundesminister überhaupt unter den Untersuchungsgegenstand fällt. Der Verfassungsgerichthof kann daher diese Frage in der vorliegenden Entscheidung offenlassen.

2.3.8.5. Bei diesem Ergebnis ist zudem nicht auf die Frage einzugehen, ob und inwieweit sich der Untersuchungszeitraum – wie in sämtlichen Verlangen gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA zugrunde gelegt – (auch) auf die Zeit "seit 2014" erstreckt, sodass Akten und Unterlagen bereits ab diesem Zeitpunkt von der Vorlagepflicht erfasst wären.

2.3.9. Da somit der ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschuss in seinen (Bestreitungs )Beschlüssen vom 14. Juli 2022 hinreichend deutlich und nachvollziehbar dargetan hat, warum die Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses gedeckt sind, erweisen sich die Beschlüsse des Untersuchungsausschusses, mit denen bestritten wurde, dass die auf §25 Abs2 (und 3) VO UA gestützten Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des ÖVP Korruptions-Untersuchungsausschusses im Umfang des Untersuchungsgegenstandes liegen, als rechtmäßig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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