JudikaturVfGH

E4491/2021 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 2022

Spruch

I. 1. Die beschwerdeführenden Parteien sind, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Armenien, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 30-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 3.008,40 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Republik Armenien, stammen aus der Hauptstadt Jerewan und bekennen sich zum Mehrheitsglauben des Christentums. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der Drittbeschwerdeführerin.

2. Die Drittbeschwerdeführerin leidet an einer seltenen, unheilbaren Autoimmunkrankheit Neuromyelitis Optica, die in Schüben erfolgt. Der Krankheitsverlauf wird als aggressiv beschrieben, es kann bis zur Erblindung, gänzlichen Bewegungsunfähigkeit und Ateminsuffizienz mit Todesfolgen kommen. Die Krankheit wurde bereits vor der Einreise der Drittbeschwerdeführerin nach Österreich 2016 im neurologisch spezialisierten Krankenhaus "Nair" in Jerewan behandelt.

3. Am 11. Jänner 2016 stellten die beschwerdeführenden Parteien in Österreich Anträge auf internationalen Schutz und brachten vor, der Erstbeschwerdeführer sei durch die Teilnahme an einer Demonstration behördlich verfolgt worden, außerdem habe sich der Gesundheitszustand der Drittbeschwerdeführerin derart verschlechtert, dass die gesamte Familie das Land verlassen habe müssen. In Österreich erfolgten erstmals Behandlungen zur Stabilisierung der Krankheit der Drittbeschwerdeführerin. Mittels dauerhafter Therapie in Form von monatlichen stationären Aufenthalten zur Verabreichung von Antikörperinfusionen mit dem Wirkstoff Tocilizumab sowie physiotherapeutischer Behandlung ein bis zwei Mal pro Woche kann die Krankheit zwar nicht geheilt werden, aber der Zustand stabilisiert und weitere Schübe verhindert werden.

4. Mit Bescheiden jeweils von 16. Dezember 2016 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen. Der Status des Asylberechtigten wurde nicht zuerkannt. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf deren Heimatstaat Armenien wurde nicht zugesprochen und Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden nicht erteilt. Unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise wurden Rückkehrentscheidungen erlassen und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Armenien zulässig sei. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Wunsch auf medizinische Versorgung der Tochter kein asylrelevanter Fluchtgrund und das Vorbringen hinsichtlich einer politischen Verfolgung als nicht glaubhaft zu erachten sei. Weiters würde die Familie in Armenien sowohl über umfangreiche familiäre als auch soziale Beziehungen verfügen, welche aus dem Schulbesuch und der Berufstätigkeit der jeweiligen beschwerdeführenden Parteien resultieren würden. Es sei ihnen daher zumutbar, künftig in Armenien ihren Lebensunterhalt zu sichern.

5. Mit Beschluss vom 28. Februar 2017 behob das Bundesverwaltungsgericht die Bescheide vom 16. Dezember 2016 und verwies sie an die belangte Behörde zurück. Begründend wurde hiezu ausgeführt, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe die notwendigen Ermittlungen, insbesondere hinsichtlich des Krankheitsbildes der Drittbeschwerdeführerin unterlassen.

6. Nach dem fortgesetzten Ermittlungsverfahren durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ die belangte Behörde erneut Bescheide vom 14. Dezember 2019. Mit diesen Bescheiden wurden abermals die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Weiters wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass zwar nicht verkannt werde, dass die medizinische Behandlung in Armenien möglicherweise nicht dieselbe Qualität wie in Österreich aufweise, dies allerdings nicht ausreiche, um in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben. Auch gehe es davon aus, dass bei einer Überstellung jedenfalls die ärztlich empfohlenen Begleitmaßnahmen zu beachten wären.

7. Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2021 mit Erkenntnis vom 15. November 2021 ab. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst aus, es gehe davon aus, dass zwar die medizinische Behandlung in Österreich besser sei als in Armenien, dieser Umstand alleine würde allerdings, selbst bei einer schweren Krankheit, den Verbleib in einem fremden Aufenthaltsstaat nicht begründen. Unerheblich sei auch, dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, von Bedeutung sei nur, dass der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung habe. Die Drittbeschwerdeführerin leide an einer unheilbaren Krankheit, die aber mittels Infusionen von Tocilizumab bzw Ritzximab gut behandelbar sei. Diese beiden Medikamente seien in Armenien, wenn auch kostenpflichtig und unter anderem Namen, verfügbar. Unabhängig davon könne sich die Drittbeschwerdeführerin die Medikamente aus dem Ausland importieren lassen. Außerdem würde selbst das Ausbleiben der in Österreich verabreichten Wirkstoffe nicht zum sofortigen und unmittelbaren Tod der Drittbeschwerdeführerin führen, es käme lediglich zu einem beschleunigten Fortschreiten der Erkrankung. Das Bundesverwaltungsgericht verkenne auch nicht, dass es sich um eine seltene, unheilbare Autoimmunerkrankung handle, bei der der Krankheitsverlauf als aggressiv zu beschreiben sei und es bis zu einer Erblindung, gänzlichen Bewegungsunfähigkeit oder einer Ateminsuffizienz mit Todesfolgen kommen könne. Nicht verkennen würde das Gericht ebenso, dass die Drittbeschwerdeführerin mittlerweile bei Aktivitäten des täglichen Lebens sowohl auf Rollstuhl als auch auf fremde Hilfe angewiesen sei. Diese Hilfe würde zurzeit von den Eltern der Drittbeschwerdeführerin, den erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien, erbracht werden. Das Gericht verkenne nicht, dass von den Eltern der Drittbeschwerdeführerin auf Grund ihres Alters von 81 und 73 Jahren nicht zu erwarten sei, zukünftig dauerhaft die benötigte Pflege durchführen zu können, jedoch gebe es sonstige Familienmitglieder im Herkunftsstaat, auf deren Unterstützung die beschwerdeführenden Parteien zählen können würden. Hievon könne ausgegangen werden, da kein Zerwürfnis oder ein qualifizierter Unwille zu helfen aktenkundig sei.

8. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die medizinische Versorgung im Heimatland sei bereits durch die Corona-Pandemie bis an die Grenzen des Möglichen ausgelastet, daher sei eine permanente und rechtzeitige Versorgung mit den lebensrettenden Medikamenten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sicherzustellen. Ebenso sei die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes, die Drittbeschwerdeführerin könne sich die notwendigen Medikamente importieren lassen, vor dem Hintergrund, dass es angesichts der Corona-Pandemie zu Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr gekommen sei, geradezu absurd. Aus den Länderberichten gehe hervor, dass das Gesundheitssystem in Armenien stark unterfinanziert sei, im Falle einer Rückkehr daher nicht mit einer angemessenen Behandlung zu rechnen sei und dies zu einer raschen Verschlechterung des Gesundheitszustandes bis hin zum Tode führen würde.

9. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 30- tägigen Frist für die freiwillige Ausreise richtet, begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Solche Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt die im Lichte dessen notwendige Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen Situation der Drittbeschwerdeführerin im Hinblick auf eine nach ihrer Rückführung in den Herkunftsstaat erfolgende, mögliche unmenschliche oder erniedrigende Behandlung iSd Art3 EMRK nicht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise vor (vgl hiezu VfGH 19.9.2014, U634/2013 ua; 30.6.2016, E381/2016 ua; 24.11.2016, E1085/2016 mwN); das Bundesverwaltungsgericht führt insbesondere keine hinreichende Prüfung des Einzelfalls anhand der Kriterien aus der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR 13.12.2016 [GK], Fall Paposhvili, Appl 41.738/10; vgl zuletzt auch EGMR 7.12.2021 [GK], Fall Savran, Appl 57.467/15) durch (zur Maßgeblichkeit einer Prüfung des Einzelfalles anhand der Kriterien dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in vergleichbaren Fällen vgl bereits VfSlg 20.371/2020; VfGH 11.6.2019, E2094/2018 ua, und 11.6.2019, E3796/2018):

3.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht lässt entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die maßgebliche Entfernung zur Behandlungsmöglichkeit und die sich daraus ergebende besondere Vulnerabilität der Drittbeschwerdeführerin insofern außer Betracht, als es ihre eingeschränkte Mobilität und die fehlende Infrastruktur für Rollstuhlfahrer in Armenien nicht hinreichend untersucht, und misst diesem Umstand somit für die Beurteilung der Gefahr einer Verletzung von Art3 EMRK keine hinreichende Bedeutung zu (vgl zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums EGMR 13.12.2016 [GK], Fall Paposhvili, Appl 41.738/10 [Z174]).

3.2.2. Zudem stützt das Bundesverwaltungsgericht seine Erwägungen im angefochtenen Erkenntnis wesentlich auf die Annahme, es sei nur noch eine medikamentöse Behandlung notwendig und es gebe keine Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Drittbeschwerdeführerin in lebensbedrohlichem Ausmaß. Damit missachtet es die Aussage der – den Akten beiliegenden – Arztbriefe vom 16. Juli 2018 und 21. Februar 2019 (zuletzt bestätigt in einem aktuellen Schreiben vom 25. Juni 2021) des behandelnden Arztes des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien, demzufolge "die Fortsetzung der Therapie unbedingt erforderlich ist und die Beendigung oder Unterbrechung der Therapie oder eine Veränderung der Medikamente […] mit schwerwiegenden, irreversiblen Folgen verbunden sein [könne]. Es handle sich um eine nicht heilbare, sehr aggressiv verlaufende Krankheit, welche […] aber mit moderner Therapie sehr gut behandelt werden könne. Die Morbidität und die Mortalität sei aber in westlichen Staaten deutlich geringer als in anderen Staaten." Aus einem Schreiben des armenischen Gesundheitsministeriums vom 1. März 2019 geht hervor, dass das Ministerium rät, die Behandlung in Österreich fortzusetzen, da sowohl aus finanziellen Gründen als auch aus Mangel an Erfahrung mit der Therapie mit dem Medikament Tocilizumab die Behandlung im Falle einer Rückreise in Armenien nicht fortgesetzt werden könne. Mit diesem letztgenannten Umstand setzt sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend auseinander.

3.2.3. Weiters verabsäumt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung sich hinreichend mit den Behandlungskosten im Rückreisestaat auseinanderzusetzen. Es wird stets nur darauf verwiesen, dass es kostenlose stationäre Behandlungen und kostenlose mechanische Rollstühle für Personen mit Behinderungen gebe. Angeschnitten wird, dass ein Verfahren für die Anerkennung als Person mit einer Behinderung zirka drei Monate dauern würde; die genauen Voraussetzungen und der tatsächliche Kostenersatz, der daraus resultieren würde, geht allerdings weder aus dem Erkenntnis hervor noch lassen sich in den beigelegten Unterlagen hiezu einheitliche Angaben finden. Auch der pauschale Verweis, die Verwandten der beschwerdeführenden Parteien würden für die Kosten der Behandlung aufkommen bzw mit der notwendigen Pflege helfen, sobald die Eltern der Drittbeschwerdeführerin dies altersbedingt nicht mehr können, ist nicht ausreichend. Laut der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte muss das betreffende Gericht eine genaue Prüfung der Kosten der Medikation und Behandlung durchführen, im vorliegenden Fall fehlt eine Auseinandersetzung mit der individuellen Einkommens- bzw Vermögenssituation der Drittbeschwerdeführerin. Weiters stützt das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung darauf, dass die Drittbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise in Armenien erwerbsfähig war, verabsäumt aber eine aktuelle Auseinandersetzung mit einer möglichen Erwerbsfähigkeit, vor allem angesichts des Gesundheitszustandes und der sehr eingeschränkten Mobilität der Drittbeschwerdeführerin (vgl zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien EGMR 13.12.2016 [GK], Fall Paposhvili , Appl 41.738/10 [Z190]).

3.3. Die angefochtene Entscheidung ist aus diesen Gründen im Hinblick auf die Beurteilung einer der Drittbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr drohenden Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art3 EMRK mit Willkür behaftet und erweist sich – soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird – schon aus diesem Grund als verfassungswidrig. Sie – und die daran anknüpfenden Entscheidungen – sind somit aufzuheben.

3.4. Der Mangel schlägt gemäß §34 Abs4 AsylG 2005 auf die Entscheidungen betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch (s VfSlg 19.855/2014; VfGH 24.11.2016, E1085/2016 ua; 11.6.2019, E2094/2018 ua), weshalb diese auch – im selben Umfang wie jene hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin –aufzuheben sind.

4. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

4.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

4.2. Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen der Beschwerdeführer in allen Aspekten rechtmäßig beurteilt hat, insoweit nicht anzustellen.

4.3. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, abzusehen.

III. Ergebnis

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Armenien, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 30-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese insoweit dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art144 Abs3 B VG zur Entscheidung abgetreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl 19.867/2014).

4. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist die Umsatzsteuer in Höhe von € 501,40 enthalten.

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