JudikaturVfGH

V242/2021 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 2022

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 Z4 B VG begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge

"die in §2 Abs1 der Verpackungsabgrenzungsverordnung (in der im Anlassfall maßgeblichen und insoweit seither unveränderten Stammfassung) BGBl II 10/2015 normierte Wortfolge ', je nachdem welche Produkte oder Güter verpackt werden'

in eventu

die in der Anlage zur Verpackungsabgrenzungsverordnung BGBl II 10/2015 in der im Anlassfall maßgeblichen Fassung BGBl II 29/2016 festgelegte Produktgruppe 'AT 02 Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung' und die Produktgruppe 'AT 12 Trockenprodukte, Sonstige Lebensmittel'

in eventu

die Verpackungsabgrenzungsverordnung BGBl II 10/2015 in der im Anlassfall maßgeblichen Fassung BGBl II 29/2016 zur Gänze

wegen Gesetzwidrigkeit und/oder wegen mangelnder gesetzlicher Deckung und/oder wegen mangelhafter inhaltlicher Präzisierung aufheben".

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), BGBl I 102/2002, idF BGBl I 193/2013 lauteten:

"Pflichten für Primärverpflichtete von Verpackungen

(1) Als Primärverpflichtete für Verpackungen gelten folgende Personen, die unabhängig von der Vertriebsmethode, einschließlich des Fernabsatzes im Sinne des §5a KSchG, Verpackungen in Österreich erwerbsmäßig in Verkehr setzen:

1. Hersteller und Importeure von Serviceverpackungen im Sinne einer Verordnung gemäß §14 Abs1 mit Sitz oder Niederlassung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes,

2. Abpacker mit Sitz oder Niederlassung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes hinsichtlich der von ihnen erstmals eingesetzten Verpackungen, die keine Serviceverpackungen sind,

3. Importeure mit Sitz oder Niederlassung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes hinsichtlich der Verpackungen der von ihnen importierten Waren oder Güter,

4. Eigenimporteure mit Sitz oder Niederlassung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes hinsichtlich der Verpackungen von Waren oder Gütern, die für den Betrieb des eigenen Unternehmens aus dem Ausland erworben werden und die im Unternehmen als Abfall anfallen, und

5. Versandhändler, die keinen Sitz und keine Niederlassung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes haben und die Verpackungen oder Waren oder Güter in Verpackungen in Österreich an einen privaten Letztverbraucher im Rahmen des Fernabsatzes im Sinne des §5a KSchG übergeben.

(2) Primärverpflichtete gemäß Abs1 Z1 bis 3 und 5 haben hinsichtlich der von ihnen in Verkehr gesetzten Haushaltsverpackungen gemäß §13h an einem gemäß den §§29ff genehmigten Sammel- und Verwertungssystem für Haushaltsverpackungen teilzunehmen.

(3) Die Teilnahmeverpflichtung gemäß Abs2 entfällt

1. in dem Umfang, in dem eine vorgelagerte Vertriebstufe nachweislich an einem Sammel- und Verwertungssystem für Haushaltsverpackungen teilnimmt; der Primärverpflichtete hat die Nachweise auf Verlangen der Behörde vorzulegen; und

2. für nachweislich bepfandete Verpackungen, die zur Wiederverwendung bestimmt sind (Mehrwegverpackungen); gleiches gilt für Verpackungen, die zur Wiederverwendung bestimmt sind und bei einer Lieferung im direkten Austausch zwischen Lieferanten und Kunden den Besitzer wechseln, ohne dass bei diesem Vorgang ein Pfandbetrag verrechnet wird, und

3. für Verpackungen, die mit gefährlichen Abfällen oder mit Anhaftungen in einer Weise verunreinigt sind, dass sie die Wiederverwendung oder Verwertung verhindern oder unverhältnismäßig erschweren.

(4) Sofern ein Primärverpflichteter für Verpackungen nicht oder nicht ausreichend an einem Sammel- und Verwertungssystem teilgenommen und dies zu einer rechtskräftigen Bestrafung geführt hat, hat der Primärverpflichtete nachträglich an einem Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen und dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachzuweisen.

Haushaltsverpackungen und gewerbliche Verpackungen

(1) Als Haushaltsverpackungen gelten Verpackungen,

1. die folgende Größe aufweisen:

a) eine Fläche bis einschließlich 1,5 m 2 oder

b) im Falle von Hohlkörpern ein Nennfüllvolumen bis einschließlich 5 Litern oder

c) im Falle von Verpackungen aus expandiertem Polystyrol (EPS – zB Styropor) eine Masse bis einschließlich 0,15 kg pro Verkaufseinheit

und

2. üblicherweise

a) in privaten Haushalten oder

b) in hinsichtlich der anfallenden Verpackungen mit Haushalten vergleichbaren Anfallstellen; dazu zählen insbesondere Gaststätten, Hotels, Kantinen, Trafiken, Verwaltungsgebäude, Kasernen, Krankenhäuser, Arztpraxen, Bildungseinrichtungen, Kanzleien von Rechtsanwälten, Notare, Beratungsunternehmen und Wirtschaftstreuhänder, karitative Einrichtungen, Kinos, Theatergebäude, Opernhäuser und Museen, oder Ferienanlagen, Parkanlagen, Sportstätten, Freibäder, Solarien, Fitnesscenter und Raststätten, öffentliche Plätze und sonstige Kleinstunternehmen

anfallen.

Weiters gelten Serviceverpackungen im Sinne einer Verordnung nach §14 Abs1, Tragetaschen und Knotenbeutel unabhängig von ihrer Größe jedenfalls als Haushaltsverpackungen. Verpackungen aus Papier, Karton, Pappe und Wellpappe, die der Definition einer Verkaufsverpackung im Sinne einer Verordnung nach §14 Abs1 entsprechen, gelten unabhängig von ihrer Größe als Haushaltsverpackungen, sofern die Z2 zutrifft.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ermächtigt, in einer Verordnung jenen Anteil an Verpackungen festzulegen, der grundsätzlich der Definition des Abs1 entspricht, aber in anderen Anfallstellen, als in den Abs1 Z2 genannten Stellen anfällt. Weiters wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermächtigt, jenen Anteil an Verpackungen festzulegen, der grundsätzlich nicht der Definition gemäß Abs1 Z1 entspricht, aber in Haushalten oder in vergleichbaren Anfallstellen gemäß Abs1 Z2 anfällt. Eine derartige Verordnung kann festgelegt werden, wenn folgende Unterlagen vorliegen:

1. eine Auflistung der betroffenen Verpackungen,

2. eine repräsentative Marktanalyse zur Darstellung der Distributionswege der Verpackungen und

3. eine Darstellung der anfallenden Massen an Verpackungsabfällen inklusive der jeweiligen Anfallstellen, gegebenenfalls gegliedert nach Branchen oder Produktgruppen.

Der zeitliche Geltungsbereich einer derartigen Verordnung ist mit längstens fünf Jahren zu befristen.

(3) Als gewerbliche Verpackungen gelten:

1. Verpackungen, die keine Haushaltsverpackungen gemäß Abs1 sind,

2. Verpackungen aus Papier, die der Definition einer Transportverpackung im Sinne einer Verordnung nach §14 Abs1 entsprechen,

3. Paletten sowie Umreifungs- und Klebebänder und

4. der Anteil an Verpackungen, der grundsätzlich der Definition des Abs1 entspricht, aber im Rahmen einer Verordnung gemäß Abs2 als in anderen Anfallstellen, als in den Abs1 Z2 genannten Stellen anfallend festgelegt wurde."

2. §3 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten (Verpackungsverordnung 2014), BGBl II 184/2014, lautete auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§3. Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind

1. 'Verpackungen' aus verschiedenen Packstoffen hergestellte Packmittel, Packhilfsmittel oder Paletten zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren. Der Begriff Verpackungen wird zusätzlich durch die nachstehenden Kriterien bestimmt. Die in Anhang 2 angeführten Gegenstände sind Beispiele für die Anwendung dieser Kriterien.

a) Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der oben genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn,

aa) der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und

bb) alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt.

b) Gegenstände, die dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, und Einwegartikel, die in befülltem Zustand abgegeben werden oder dafür konzipiert und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle befüllt zu werden, gelten als Verpackungen, sofern sie eine Verpackungsfunktion erfüllen.

c) Verpackungskomponenten und Zusatzelemente, die in eine Verpackung integriert sind, gelten als Teil der Verpackung, in die sie integriert sind. Zusatzelemente, die unmittelbar an einem Produkt hängen oder befestigt sind und eine Verpackungsfunktion erfüllen, gelten als Verpackungen, es sei denn, sie sind integraler Teil des Produkts und alle Komponenten sind für den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt.

2. 'Packmittel' Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, Waren oder Güter für Verkehrs-, Lager-, Transport-, Versand- oder Verkaufszwecke zu umschließen oder zusammenzuhalten.

3. 'Packhilfsmittel' Erzeugnisse, die zum Zweck der Verpackung zusammen mit Packmitteln insbesondere zum Verpacken, Verschließen, Versandfertigmachen und zur Kennzeichnung einer Ware oder eines Gutes dienen.

4. 'Transportverpackungen' Verpackungen, die dazu dienen, Waren oder Güter entweder vom Hersteller bis zum Vertreiber oder auf dem Weg über den Vertreiber bis zur Abgabe an den Letztverbraucher vor Schäden zu bewahren, oder die aus Gründen der Sicherheit des Transports verwendet werden.

5. 'Verkaufsverpackungen' Verpackungen, die vom Letztverbraucher oder einem Dritten in dessen Auftrag bis zum Verbrauch oder bis zum Gebrauch der Waren oder Güter, insbesondere als Träger von Gebrauchs- oder gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationen, verwendet werden.

6. 'Umverpackungen' – soweit sie nicht unter Z4 oder 5 fallen – Verpackungen, die entweder zusätzlich um eine oder mehrere Verkaufsverpackungen angebracht sind oder Waren oder Güter umschließen, sofern sie nicht zB aus hygienischen oder produkttechnischen Gründen oder aus Gründen der Haltbarkeit oder des Schutzes vor Beschädigung oder Verschmutzung für die Abgabe an den Letztverbraucher erforderlich sind.

7. 'Serviceverpackungen' Verpackungen wie Tragetaschen, Stanitzel, Säckchen, Flaschen oder ähnliche Umhüllungen, sofern diese Verpackungen in einer technisch einheitlichen Form hergestellt und üblicherweise in oder im Bereich der Abgabestelle an den Letztverbraucher befüllt werden.

8. 'Packstoffe' Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Packmittel oder Packhilfsmittel oder Paletten hergestellt werden aus folgenden Materialien:

a) Papier, Karton, Pappe und Wellpappe;

b) Glas;

c) Holz;

d) Keramik;

e) Metalle;

f) textile Faserstoffe;

g) Kunststoffe;

h) Getränkeverbundkarton gemäß Z25;

i) sonstige Materialverbunde gemäß Z26;

j) sonstige Packstoffe, insbesondere auf biologischer Basis.

[…]"

3. Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festlegung von Anteilen zur Abgrenzung von Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen (VerpackungsabgrenzungsV), BGBl II 10/2015, idF BGBl II 29/2016 (die mit dem Hauptantrag angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben) lautete – auszugsweise – wie folgt:

"Ziel

§1. Ziel dieser Verordnung ist die Festlegung einer einheitlichen Abgrenzung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Verpflichteten für die Verpackungssammlung und verwertung zu vermeiden.

Zuordnung zu Produktgruppen

§2. (1) Alle Verpackungen gemäß §3 Z1 der Verpackungsverordnung 2014, BGBl II Nr 184/2014, sind einer der Produktgruppen gemäß Anhang zuzuordnen , je nachdem welche Produkte oder Güter verpackt werden .

(2) Von Abs1 ausgenommen sind Verpackungen gemäß den §§6 und 7 der Verpackungsverordnung 2014.

Anteilsfestlegung

§3. (1) Im Anhang werden die Verpackungen einer Produktgruppe entweder den Haushaltsverpackungen oder den gewerblichen Verpackungen zugeordnet (Voreinstellung). Trayfolien werden als gewerbliche Verpackung voreingestellt. Als Trayfolien gelten Kunststofffolien, die dazu konzipiert sind, mehrere kleinstübliche Verkaufseinheiten bis zur Abgabestelle zu bringen.

(2) Im Anhang werden für bestimmte Produktgruppen die jeweiligen Anteile an Verpackungen je Packstoff wie Papier, Karton, Pappe und Wellpappe (PPK), Glas, Metall, Kunststoffe, sonstige Materialverbunde und Keramik, textile Faserstoffe, Getränkeverbundkartons, sonstige Packstoffe (zB auf biologischer Basis) festgelegt, die gemäß Abs1 entweder

1. den Haushaltsverpackungen zugeordnet wurden, aber nicht in privaten Haushalten oder vergleichbaren Anfallstellen gemäß §13h Abs1 Z2 AWG 2002 anfallen, oder

2. den gewerblichen Verpackungen zugeordnet wurden, aber in privaten Haushalten oder in vergleichbaren Anfallstellen gemäß §13h Abs1 Z2 AWG 2002 anfallen.

Erfüllung der Verpflichtungen

§4. (1) Für die von ihnen in Verkehr gesetzten Verpackungen haben

1. die Primärverpflichteten gemäß §13g Abs1 AWG 2002 und

2. im Fall, dass ein vor- oder nachgelagerter Vertreiber die Verpflichtungen gemäß der Verpackungsverordnung 2014 erfüllt, dieser Vertreiber

die sie treffenden Verpflichtungen entsprechend dem Anhang und den darin festgelegten Anteilen zu erfüllen.

(2) Für jene Massen an Verpackungen, für die ein Primärverpflichteter an einem Sammel- und Verwertungssystem teilnimmt, das die Bestimmung des §78 Abs21 AWG 2002 zulässigerweise in Anspruch nimmt, gilt die Abgrenzung zwischen Haushaltsverpackungen und Gewerbeverpackungen auf Basis der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 193/2013.

(3) Abweichend von Abs1 kann ein Teilnehmer an einem Sammel- und Verwertungssystem für Verpackungen den Anhang in der Fassung der VerpackungsabgrenzungsV-Novelle 2016, BGBl II Nr 29/2016, in folgenden Fällen anwenden:

1. Im Rahmen der Jahresabschlussmeldung für das Jahr 2015 an das Sammel- und Verwertungssystem und

2. für die Teilnahme und Meldung an ein Sammel- und Verwertungssystem für den Zeitraum von 1. Jänner 2016 bis zum Inkrafttreten der VerpackungsabgrenzungsV-Novelle 2016, BGBl II Nr 29/2016; dies gilt sinngemäß auch für Verpflichtete des Abschnitts 3 der Verpackungsverordnung 2014, BGBl II Nr 184/2014.

Umsetzung von Unionsrecht

§5. Mit dieser Verordnung wird die Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, ABl. Nr L 365 vom 31.12.1994 S 10, zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/720, ABl. Nr L 115 vom 06.05.2015 S 11, umgesetzt.

Notifikation

§6. (1) Diese Verordnung wurde unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr L 204 vom 21.07.1998 S 37, in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG, ABl. Nr L 217 vom 05.08.1998 S 18, notifiziert (Notifikationsnummer: 2014/476/A).

(2) Die VerpackungsabgrenzungsV-Novelle 2016 wurde unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (kodifizierter Text), ABl. Nr L 241 vom 17.09. 2015 S. 1, notifiziert (Notifikationsnummer: 2015/519/A).

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

§7. (1) Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(2) §4 Abs3, die §§5 und 6 und der Anhang in der Fassung BGBl II Nr 29/2016 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Anhang

Produktgruppen und Anteile

[…]

[…]

[…]"

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft setzt verpackte Waren, ua Würzmittel, Gewürzextrakte, Gewürzzubereitungen, Gewürzmischungen, Gewürze und Kräuter in trockener und flüssiger Form, in Österreich in Verkehr. Im Jahr 1993 hat die antragstellende Gesellschaft eine Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarung mit der klagenden Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht (im Folgenden: beteiligte Partei) abgeschlossen.

2. Mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. August 2021 wurde die antragstellende Gesellschaft für schuldig erkannt, der beteiligten Partei € 44.684,03 samt Zinsen und Verfahrenskosten zu ersetzen.

2.1. Begründend führte das Handelsgericht Wien zusammengefasst aus, die beteiligte Partei habe vorgebracht, sie sei ein Unternehmen, das im Interesse der in der Verpackungsverordnung 2014 genannten Hersteller, Importeure, Vertreiber und Versandhändler von Verpackungen für ihre Vertragspartner die Möglichkeit schaffe, mit ihren Verpackungen an genehmigten Sammel- und Verwertungssystemen iSd AWG 2002 und der Verpackungsverordnung teilzunehmen. Gemäß der abgeschlossenen Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarung sei die antragstellende Gesellschaft verpflichtet, der beteiligten Partei die von ihr in Verkehr gebrachten Mengen an Verpackungen, mit denen sie am System teilnehme, bekanntzugeben und das entfallende Lizenzentgelt zu berechnen und zu überweisen. Im Zuge einer Überprüfung sei festgestellt worden, dass die antragstellende Gesellschaft die von ihr in Verkehr gebrachten Verpackungen von Gewürzen und Gewürzmischungen fälschlicherweise der Produktgruppe AT 02 anstatt der Produktgruppe AT 12 zugeordnet habe und der beteiligten Partei daher den eingeklagten Differenzbetrag zu zahlen habe.

Die antragstellende Gesellschaft habe das Klagebegehren dem Grunde nach bestritten und vorgebracht, die in Verkehr gebrachten verpackten Würzungen seien schon von der Verpackungsgröße und dem Inhalt her ausschließlich für den industriellen oder handwerklichen Bedarf geeignet. Bei den Gewürzen handle es sich um Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung iSd Produktgruppe AT 02 und nicht um solche, die in der Gastronomie oder in Haushalten verwendet würden.

2.2. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Handelsgericht Wien zusammengefasst aus, die VerpackungsabgrenzungsV lege die Abgrenzung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen für alle Verpflichteten einheitlich fest. Dabei komme es bei der Zuordnung zu einer Produktgruppe gemäß §2 Abs1 leg cit auf das verpackte Produkt an. Die Würzmittel und Gewürzmischungen würden in keiner der 47 Produktgruppen explizit genannt. Es sei daher zu prüfen, mit welchen der beispielsweise angeführten Produkte diese am ehesten vergleichbar seien. In die Produktgruppe AT 02 "Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung" würden nur unverarbeitete agrarische Produkte, wie zB Zucker und Getreide, fallen. Im Streitfall handle es sich aber nicht um in der Natur vorkommende Rohstoffe, sondern um bereits verarbeitete Erzeugnisse. Sie seien daher nicht mit den in AT 02 aufgezählten Beispielen vergleichbar. Die Produkte in fester Form könnten unter den Begriff "Trockenprodukte" der Produktgruppe AT 12 subsumiert werden; in flüssiger Form fielen sie in die Kategorie "andere Lebensmittel" der Produktgruppe AT 12. Daher sei dem Klagebegehren der mitbeteiligten Partei stattzugeben gewesen.

3. Die antragstellende Gesellschaft erhob gegen dieses Urteil Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z4 B VG gestützten Antrag.

3.1. Die VerpackungsabgrenzungsV, BGBl II 10/2015, sei für den gesamten im Anlassfall maßgeblichen Zeitraum zwischen dem 16. Februar 2016 und 16. Februar 2018 in der Fassung BGBl II 29/2016 präjudiziell. Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge in §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV hätte zur Konsequenz, dass für die Festlegung des prozentuellen Anteils hinsichtlich einer konkreten Verpackungsart nicht die Beschaffenheit der in Verkehr zu bringenden Waren maßgeblich, sondern auf die in §13h Abs1 und 3 AWG 2002 festgelegten Parameter "Verpackungsgröße", "Anfallstelle" und "Verpackungsart" abzustellen sei. Eine Aufhebung der (mit dem ersten Eventualantrag angefochtenen) in der Anlage zur VerpackungsabgrenzungsV festgelegten Produktgruppen AT 02 und AT 12 würde dazu führen, dass das Berufungsgericht die von der antragstellenden Gesellschaft in Verkehr gebrachten Produkte keiner der Produktgruppen zuordnen könne, sondern die Kategorisierung allein unter Heranziehung des §13h Abs1 und 3 AWG 2002 vornehmen müsste. Eine gänzliche Aufhebung der VerpackungsabgrenzungsV hätte ebenfalls zur Folge, dass das Berufungsgericht die Abgrenzung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen ausschließlich anhand von §13h Abs1 und 3 AWG 2002 vorzunehmen hätte.

3.2. In der Sache bringt die antragstellende Gesellschaft im Wesentlichen vor, die generellen Kriterien für die Abgrenzung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen sei in §13h AWG 2002 bereits (nahezu erschöpfend) auf gesetzlicher Ebene determiniert. Die Verordnungsermächtigung des §13h Abs2 AWG 2002 sei eng darauf beschränkt gewesen, für an bestimmten Stellen "atypischerweise" anfallende Verpackungsarten einen prozentuellen Anteil festzulegen. Die VerpackungsabgrenzungsV konterkariere die dem §13h AWG 2002 zugrunde liegende zentrale Fokussierung auf die Parameter "Verpackungsgröße", "Anfallstelle" und "Verpackungsart" insofern, als mit §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV nicht auf diese gesetzlichen Kriterien abgestellt werde, sondern die Beschaffenheit der in Verkehr gesetzten Waren – kategorisiert nach 47 Produktgruppen – als exklusive Bezugsbasis konstituiert worden sei. §2 Abs1 leg cit gehe somit über die gesetzliche Ermächtigung des §13h Abs2 AWG 2002 hinaus und sei daher iSd Art18 B VG nicht gesetzlich gedeckt.

3.3. "Gewürze" seien in keiner der in der Anlage zur VerpackungsabgrenzungsV genannten 47 Produktgruppen enthalten und seien auch nicht mittels Auslegung in einer zweifelsfreien Weise zuordenbar. Die noch am ehesten in Betracht kommenden Produktgruppen "AT 02 Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung" und "AT 12 Trockenprodukte, sonstige Lebensmittel" seien daher wegen mangelhafter inhaltlicher Präzisierung im Hinblick auf Art18 Abs2 B VG verfassungswidrig. Schließlich hätte die vom gesetzgeberischen Willen abweichende Form der Zuordnung zu Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen ebenfalls gesetzlich nicht gedeckte Auswirkungen auf die Höhe des Tarifes, die vom Entpflichteten zu entrichten seien.

3.4. Im Übrigen habe es sich auch als fragwürdig erwiesen, ob die in §13h Abs2 AWG 2002 normierten materiellen Voraussetzungen für die Erlassung der VerpackungsabgrenzungsV tatsächlich vorgelegen seien, zumal zumindest "Gewürze" bei der gesetzlich vorgeschriebenen Datenermittlung ausgeblendet worden seien. Da dies somit "aller Wahrscheinlichkeit nach" nicht zugetroffen habe, sei davon auszugehen, dass nicht nur die angefochtene Wortfolge in §2 Abs1, sondern die VerpackungsabgrenzungsV in ihrer Gesamtheit verfassungs- und gesetzwidrig gewesen sei.

3.5. Eine unionsrechts- und gesetzeskonforme Interpretation des §13h AWG 2002 iVm der VerpackungsabgrenzungsV wäre durchaus denkbar gewesen. Das Handelsgericht Wien habe allerdings nicht einmal versucht, eine solche Auslegung vorzunehmen. Es ergehe die Anregung, der Verfassungsgerichtshof möge eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Klärung der Frage einholen, ob sich das in §13h AWG 2002 iVm der VerpackungsabgrenzungsV festgelegte System der Verpackungsentsorgung innerhalb des durch die Richtlinie 2015/720/EU vorgegebenen Rahmens bewege.

4. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet.

4.1. Zur Zulässigkeit führt die verordnungserlassende Behörde im Wesentlichen aus, die von der antragstellenden Gesellschaft angefochtene VerpackungsabgrenzungsV sei im Anlassverfahren anzuwenden. Der Anfechtungsumfang sei sowohl in Bezug auf den Hauptantrag als auch auf den ersten Eventualantrag zu eng gefasst, weil damit das von der antragstellenden Gesellschaft angestrebte Ergebnis nicht hergestellt würde. Verpackungen wären weiterhin einer der (verbleibenden) Produktgruppen gemäß dem Anhang zur VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen. Der zweite Eventualantrag auf Aufhebung der gesamten Verordnung sei unzulässig, weil die antragstellende Gesellschaft nicht im Einzelnen darlege, inwiefern die einzelnen Bestimmungen der gesamten Verordnung gesetzwidrig seien. Darüber hinaus vermöge selbst eine etwaig fehlende Berücksichtigung von Gewürzen bei der gesetzlich vorgeschriebenen Datenermittlung keine Gesetzwidrigkeit der ganzen Verordnung zu begründen.

4.2. Auch in der Sache tritt die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dem Antrag entgegen.

5. Die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages begehrt.

6. Die antragstellende Gesellschaft hat eine Replik erstattet.

IV. Zulässigkeit

1. Gemäß Art139 Abs1 Z4 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §57a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 90/2016 kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, die Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. August 2021, 64 Cg 80/20x, gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art139 Abs1 Z4 B VG).

3. Als Beklagte ist die antragstellende Gesellschaft Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit sie zur Antragstellung gemäß Art139 Abs1 Z4 B VG berechtigt ist.

4. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Gesellschaft jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. August 2021 innerhalb der Rechtsmittelfrist erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016). Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Handelsgerichtes Wien vom 12. Oktober 2021 davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

5. Ein auf Art139 Abs1 Z4 B VG gestützter Antrag auf Aufhebung einer Verordnung oder von bestimmten Stellen einer solchen kann gemäß §57 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn die Verordnung vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art139 Abs4 B VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (VfSlg 20.029/2015; vgl VfSlg 20.010/2015).

6. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Normenprüfungsverfahren der Umfang der in Prüfung gezogenen Norm nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014, 20.070/2016; VfGH 13.10.2016, G640/2015; 12.12.2016, G105/2016).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Vorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Hingegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014; VfGH 8.10.2015, G154/2015; VfSlg 20.073/2016; VfGH 30.11.2016, G286/2016). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes oder einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua; 15.12.2021, V284/2021; 16.12.2021, G 280/2021 ua, V236/2021 ua; 1.3.2022, G362/2021 ua).

7. Der vorliegende Antrag wird den dargestellten Erfordernissen nicht gerecht.

7.1. Der Hauptantrag auf Aufhebung der Wortfolge ", je nachdem welche Produkte oder Güter verpackt werden" in §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV, BGBl II 10/2015, und der erste Eventualantrag auf Aufhebung der Produktgruppe "AT 02" und "AT 12" in der Anlage zur VerpackungsabgrenzungsV idF BGBl II 29/2016 sind unzulässig:

7.1.1. Das Erstgericht hat §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV, BGBl II 10/2015, die die von der antragstellenden Gesellschaft für gesetzwidrig erachtete Wortfolge enthält, angewendet. Der angefochtene Teil dieser Bestimmung ist somit als präjudiziell anzusehen.

7.1.2. Das Aufhebungsbegehren des Hauptantrages erweist sich jedoch als zu eng gefasst: §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV bestimmt, dass alle Verpackungen gemäß §3 Z1 Verpackungsverordnung 2014 einer der Produktgruppen gemäß Anhang zuzuordnen sind, je nachdem, welche Produkte oder Güter verpackt werden. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft würde die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge dazu führen, dass für die Zuordnung einer Verpackung nicht die Beschaffenheit der Waren maßgeblich wäre, sondern allein die in §13h Abs1 und 3 AWG 2002 festgelegten Kriterien "Verpackungsgröße", "Anfallstelle" und "Verpackungsart". Wie die verordnungserlassende Behörde und die beteiligte Partei zutreffend vorbringen, würde im Falle der Aufhebung bloß der Wortfolge ", je nachdem welche Produkte oder Güter verpackt werden" der nicht angefochtene Teil des §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV allerdings weiterhin normativ anordnen, dass die Verpackungen einer der Produktgruppen gemäß dem Anhang zur VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen sind. Die von der antragstellenden Gesellschaft behauptete Gesetzwidrigkeit wäre damit nicht beseitigt (vgl VfSlg 18.891/2009; VfGH 12.12.2016, G139/2016; 22.6.2021, G106/2021).

7.2. Mit dem ersten Eventualantrag begehrt die antragstellende Gesellschaft die Aufhebung der im Anhang zur VerpackungsabgrenzungsV idF BGBl II 29/2016 genannten "Produktgruppe AT 02 Agrarerzeugnisse zur Weiterverarbeitung" und der "Produktgruppe AT 12 Trockenprodukte, Sonstige Lebensmittel" und bringt auch hiezu vor, die Aufhebung dieser Produktgruppen würde dazu führen, dass die Kategorisierung allein nach §13h AWG 2002 vorzunehmen wäre.

Dieser Ansicht ist nicht zu folgen: Auch im Falle der Aufhebung der genannten Produktgruppen wären die von der antragstellenden Gesellschaft in Verkehr gebrachten Verpackungen gemäß – dem nicht mitangefochtenen – §2 Abs1 VerpackungsabgrenzungsV einer der im Anhang festgelegten Produktgruppen zuzuordnen. Die Aufhebung der im Anlassverfahren zur Anwendung gelangten Produktgruppen "AT 02" und "AT 12" hätte demnach lediglich zur Folge, dass die von der antragstellenden Gesellschaft in Verkehr gebrachten Produkte einer der verbleibenden 45 Produktgruppen des Anhanges zur VerpackungsabgrenzungsV zuzuordnen wären. Auch damit wäre das mit dem Aufhebungsbegehren angestrebte Ziel nicht erreicht.

7.3. Der zweite Eventualantrag auf Aufhebung der VerpackungsabgrenzungsV, BGBl II 10/2015, idF BGBl II 29/2016 zur Gänze erweist sich ebenfalls als unzulässig:

Das Erstgericht hat – zutreffenderweise – nicht sämtliche Bestimmungen der VerpackungsabgrenzungsV angewendet. Weiters bringt die antragstellende Gesellschaft in ihrem Antrag nicht vor, dass die vom ordentlichen Gericht jedenfalls anzuwendende Bestimmung des §2 Abs1 (zur Gänze) sowie die Produktgruppen "AT 02" und "AT 12" des Anhanges zur VerpackungsabgrenzungsV, welche die antragstellende Gesellschaft – wie bereits dargestellt – mit ihren ersten beiden Anträgen nicht zulässigerweise angefochten hat, mit sämtlichen übrigen Bestimmungen der VerpackungsabgrenzungsV in einem untrennbaren Zusammenhang stünden (vgl VfSlg 19.894/2014, 20.112/2016; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua; 15.12.2021, V284/2021; 16.12.2021, G280/2021 ua, V236/2021 ua). Auch mit dem Vorbringen, die in §13h Abs2 AWG 2002 normierten Voraussetzungen für die Erlassung der VerpackungsabgrenzungsV seien "aller Wahrscheinlichkeit nach" nicht gegeben, sodass von der Gesetzwidrigkeit der gesamten Verordnung auszugehen sei, hat die antragstellende Gesellschaft weder einzelnen Bestimmungen konkret zugeordnete Bedenken vorgebracht, noch einen konkreten Regelungszusammenhang zu den präjudiziellen Bestimmungen dargelegt (vgl VfGH 8.6.2017, G393/2016; 1.3.2022, G362/2021 ua).

8. Somit erweisen sich sowohl der Hauptantrag als auch die Eventualanträge als unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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