JudikaturVfGH

UA6/2021 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. September 2021

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 54 Mitglieder des Nationalrates haben am 11. Dezember 2019 ein – zur Gänze zulässiges (vgl VfGH 3.3.2020, UA1/2020) – Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist die mutmaßliche politische Absprache über das Gewähren ungebührlicher Vorteile im Bereich der Vollziehung des Bundes durch Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre und diesen jeweils unterstellte leitende Bedienstete an natürliche oder juristische Personen, die politische Parteien direkt oder indirekt begünstigten, im Zuge der

a) Vollziehung der §§12a, 14 bis 16, 18 bis 24a, 30, 31, 31b Abs1 und 6 bis 9, sowie 57 bis 59 Glücksspielgesetz idjgF;

b) Einflussnahme auf die Casinos Austria AG, ihre direkten oder indirekten EigentümerInnen sowie ihre Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen;

c) Vorbereitung von Gesetzgebungsverfahren auf Grundlage der Art10 Abs1 Z1, 4 6 und 8-12, Art11 Abs1 Z3 und 7, Art12 Abs1 Z1 und 5 sowie Art14b Abs1 B VG idjgF;

d) Vollziehung der §121a BAO sowie Art1 §49a FinStrG idjgF in Bezug auf die in litb genannten Personen;

e) Umstrukturierung der Finanzaufsicht (BMF, Österreichische Nationalbank und Finanzmarktaufsicht) sowie der ÖBIB zur ÖBAG einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe;

f) Bestellung von Organen (einschließlich Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführungen) von Unternehmungen, an denen der Bund mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist;

g) straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen in Folge des Ibiza-Videos und gegen die Casinos Austria AG, ihre direkten und indirekten EigentümerInnen sowie Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen

einschließlich von Vorbereitungs- und Verdunkelungshandlungen im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 10. Dezember 2019

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Managementscheidungen bei der Casinos Austria AG

Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren zur Besetzung von Funktionen in der Casinos Austria AG und ihren Tochterunternehmen sowie die Kommunikation zwischen den Eigentümern der CASAG bzw Mitgliedern der Gesellschaftsgremien sowie Amtsträgern. Dazu zählt die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen, die Willensbildung sowie die Überprüfung der jeweiligen persönlichen Eignung bei der Bestellung der GeschäftsleiterInnen (insbesondere ***********) sowie des Aufsichtsrates der CASAG, die Wahrnehmung der Eigentümerinteressen der Republik sowie die in Folge des Bekanntwerdens der Ermittlungen der WKStA getroffenen Maßnahmen.

2. Reform und Vollziehung bestimmter Teile des Glücksspielgesetzes

Aufklärung über die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt, die Vorgangsweise und die politische Einflussnahme auf die Vollziehung des Glücksspielgesetzes sowie die Vorbereitung möglicher Gesetze im Glücksspielbereich einschließlich der Bemühungen von Dritten um bestimmte Handlungen seitens der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder ('Hintergrunddeals').

3. Begünstigung von Dritten

Aufklärung über die Einflussnahme von politischen FunktionsträgerInnen, leitenden Bediensteten sowie deren jeweiligen Büros auf die Vollziehung von Angelegenheiten betreffend Personen, die direkt oder indirekt Parteien oder WahlwerberInnen begünstigten einschließlich diese betreffende behördliche Ermittlungen sowie der Umgang mit Ansuchen um privilegierte Behandlung durch diesen Personenkreis.

4. Neustrukturierung der Finanzaufsicht

Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren in Zusammenhang mit der Reform der Finanzaufsicht, insbesondere den Kompetenzverschiebungen zwischen BMF, FMA und OeNB und die Neubesetzung der jeweiligen Organe. Dazu zählt auch die (versuchte) Einflussnahme Dritter auf die Reformüberlegungen.

5. Ermittlungen in der Ibiza-Affäre

Aufklärung über die politische Einflussnahme auf den Zeitablauf, die Vorgangs-weise, Kommunikation und Strategie der behördlichen Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza-Videos einschließlich der Tätigkeiten und Zusammensetzung der SOKO Ibiza.

6. Beteiligungsmanagement des Bundes

Aufklärung über die Einflussnahme der Bundesregierung auf die ÖBIB bzw ÖBAG, die Hintergründe, Strategien und Motive der Umstrukturierung der ÖBIB zur ÖBAG und die verwaltungsseitige Vorbereitung der entsprechenden Gesetzesnovellen sowie Aufklärung über das Funktionieren des Beteiligungsmanagements des Bundes.

7. Personalpolitik in staatsnahen Unternehmen

Aufklärung über die Beeinflussung von Personalentscheidungen in Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung von Thomas Schmid zum Vorstand der ÖBAG, sowie von Mitgliedern von Aufsichtsräten als mögliche Gegenleistung oder Belohnung für die direkte oder indirekte Begünstigung politischer Parteien oder WahlwerberInnen.

8. Verdacht des Gesetzeskaufs

Aufklärung über die Einräumung von Einflussnahmemöglichkeiten an Dritte auf das Gesetzgebungsverfahren – sofern es der Vollziehung zuzurechnen ist – einschließlich Regierungsakten, als Folge der Begünstigung bestimmter politischer Parteien oder WahlwerberInnen."

1.2. Der Beschwerdeführer ist Beschuldigter in einem von der Staatsanwaltschaft Innsbruck geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §310 StGB. Im Zuge der Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft Innsbruck am 25. Februar 2021 unter anderem das Mobiltelefon des Beschwerdeführers gemäß §110 StPO sicher. Gegen die Sicherstellung erhob der Beschwerdeführer am 5. März 2021 Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß §106 StPO.

1.3. Am 17. März 2021 verlangte ein Viertel der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses von der Bundesministerin für Justiz gemäß §25 Abs2 VO UA, "dem Ibiza-Untersuchungsausschuss alle Akten und Unterlagen mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand zu übermitteln, welche sich auf dem sichergestellten Mobiltelefon des mittlerweile suspendierten [Beschwerdeführers] befinden". Das Verlangen wurde wie folgt begründet:

"Begründung

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher die Möglichkeit ein, andere Organe um die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands zu verpflichten.

Die Auskunftsperson *********** führte im Rahmen seiner Befragung durch den Ausschuss aus, dass er nicht ausschließen könne, Akten und Unterlagen bzw Ablichtungen von diesen Dokumenten aus Verfahren mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand an *********** abseits der schriftlichen Berichtswege über das Mobiltelefon gesendet zu haben. Ausschließen konnte *********** auch nicht die Weitergabe von der Information an *********** über geplante Hausdurchsuchungen oder anderer Zwangsmaßnahmen vor deren Durchführung- dies selbst nach Suspendierung von ***********. Generell meinte *********** dass er derartige fernmündliche Kommunikationen nicht grundsätzlich dokumentiert – sie sich also nicht in den Akten, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, wiederfinden.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegen *********** in einem anderen Fall wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses in Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen ermittelt wird, brisant.

Ein derartiges Vorgehen ermöglicht politische Einflussnahme auf die Ermittlungen. Denn es stellt sich die Frage, inwieweit Informationen betreffend Hausdurchsuchungen in Verfahren in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vorab an *********** und an wen in weiterer Folge übermittelt wurden, sowie inwieweit sich weitere Akten und Unterlagen mit (zumindest) abstrakter Relevanz in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand sich in den sichergestellten Daten befinden.

Das vorlagepflichtige Organ ist zur vollständigen Vorlage aller vom Untersuchungsausschuss als relevant betrachteten Akten und Unterlagen verpflichtet. Er hat die tatsächliche Relevanz dieser Akten und Unterlagen zunächst selbst zu überprüfen, wobei es genügt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Akten und Unterlagen für die Untersuchung relevant sein könnten (abstrakte Relevanz)."

1.4. Am 31. Mai 2021 und am 30. Juni 2021 übermittelte die Bundesministerin für Justiz in Entsprechung der ergänzenden Beweisanforderung vom 17. März 2021 Akten und Unterlagen klassifiziert mit der Stufe 2 "vertraulich" gemäß dem Informationsordnungsgesetz an die Registratur des Nationalrates in der Parlamentsdirektion. Unter den übermittelten Unterlagen waren auch Chatprotokolle des Mobiltelefons des Beschwerdeführers.

1.5. Nach Verständigung der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses über das Einlangen der Unterlagen durch die Parlamentsdirektion wurden Kopien der Unterlagen an zugangsberechtigte Personen aller Klubs ausgefolgt.

1.6. Am 1. Juni 2021 (und an den darauffolgenden Tagen) berichteten mehrere Medien aus dem Inhalt der Chatprotokolle des Beschwerdeführers.

2. In seiner auf Art138b Abs1 Z7 B VG gestützten Beschwerde macht der Einschreiter die Verletzung in näher bezeichneten Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit der "Verteilung der privaten Chatprotokolle an Mitglieder des Untersuchungsausschusses" (Beschwerdepunkt 1), der "Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen" zur Verhinderung der Weitergabe der Chatprotokolle an Dritte (Beschwerdepunkt 2) und der "Weitergabe [der Chatprotokolle] an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses" (Beschwerdepunkt 3) geltend.

2.1. Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"a. die Zurverfügungstellung der über die Auswertung meines Mobiltelefons erlangten privaten elektronischen Kommunikation, soweit sie keine für den Untersuchungsgegenstand abstrakte Relevanz aufweist, an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses durch den Untersuchungsausschuss, in eventu durch den Vorsitzenden und/oder den Verfahrensrichter,

b. die Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen, die eine Weitergabe von über die Auswertung meines Mobiltelefons erlangter privater elektronischer Kommunikation verhindert hätten, durch den Untersuchungsausschuss, in eventu durch den Vorsitzenden und/oder den Verfahrensrichter sowie

c. die Weitergabe meiner Chatdaten, insbesondere solcher Daten, die keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufweisen, an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses und/oder die mittelbare oder unmittelbare Weitergabe der Daten an die Medien durch ********************* und/oder *********************** und/oder ein anderes Mitglied des Untersuchungsausschusses oder durch den Untersuchungsausschuss

für rechtswidrig […] erklären".

2.2. In der Beschwerde behauptet der Einschreiter, die von der Bundesministerin für Justiz an den Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelten Chatprotokolle seien ohne nähere Sichtung dahingehend, ob eine (zumindest abstrakte) Relevanz für den Untersuchungsgegenstand vorliege, den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht bzw an diese verteilt worden. Am 1. Juni 2021 seien die auf dem sichergestellten Mobiltelefon des Beschwerdeführers gespeicherten Chatprotokolle auszugsweise in – vom Beschwerdeführer näher bezeichneten – Print- und Online-Medien veröffentlicht worden. Die Chatprotokolle seien von Mitgliedern des Klubs der NEOS (an Medienvertreter) weitergegeben worden; dies folge aus der Beschriftung der (veröffentlichten) Unterlagen sowie einer Presseaussendung des Klubs der NEOS vom 3. Juni 2021, in welcher der (damalige) Generalsekretär der NEOS meinte: "Die Veröffentlichung der ********-Chats war im Interesse der Republik notwendig, um die Integrität der Justiz und des Verfassungsgerichtshofes sicherzustellen." Weiters heiße es in der Presseaussendung des Klubs der NEOS vom 3. Juni 2021, eine "Rüge" sei "in Kauf zu nehmen." Nach Auffassung des Beschwerdeführers folge daraus, dass die Chatprotokolle von den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses, entweder von *********************** oder von *********************, an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses weitergegeben worden seien.

2.3. Der Beschwerdeführer begründet die Zulässigkeit und Begründetheit seiner Beschwerde im Einzelnen wie folgt (ohne die Hervorhebung im Original):

"2. Zulässigkeit der Beschwerde

2.1. Art138b Abs1 Z7 litb B VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 litb B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Mitgliedes eines solchen Untersuchungsausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrats in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Ich verkenne nicht, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 die Anfechtbarkeit gemäß Art138b Abs1 Z7 litb B VG lediglich für ein 'Verhalten des Mitglieds des Untersuchungsausschusses während und nicht außerhalb der Sitzung des Untersuchungsausschusses bejaht hat. Eine vorbehaltlose und undifferenzierte Übertragung dieser restriktiven Interpretation von Art138b B VG auf Fälle wie den hier vorliegenden würde in solchen Fällen, wie nachstehend noch aufzuzeigen ist, angesichts des vom Gesetzgeber gewählten Rechtsschutzsystems zu einer in einem Rechtsstaat nicht hinnehmbaren, mit der EMRK und der GRC unvereinbaren Rechtsschutzlücke in einem besonders sensiblen Bereich führen.

Abgesehen davon ist der vorliegende Fall aus folgenden Gründen anders zu beurteilen als das der damaligen Entscheidung zugrunde liegende Verhalten eines Untersuchungsausschussmitglieds:

Dem genannten Begründungselement im Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 lag eine einzige Tatsachenbehauptung gegenüber Medienvertretern außerhalb einer Sitzung des Untersuchungsausschusses (in einem Fernsehinterview […]) zugrunde. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um die bewusste Weiterleitung von vertraulichen Unterlagen aus dem Untersuchungsausschuss an Personen außerhalb des Ausschusses und/oder Medienvertreter. Die Chatprotokolle wurden den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses in ihrer Funktion als Mitglieder dieses Ausschusses zugänglich gemacht. Wenn nun ein Mitglied des Untersuchungsausschusses nicht-öffentliche Unterlagen des Untersuchungsausschusses weitergibt, verletzt es damit nicht nur meine Persönlichkeitsrechte, sondern verstößt gleichzeitig gegen Bestimmungen des InfOG und gegen das Veröffentlichungsverbot gemäß §21 Abs5 VO UA. Zudem konterkariert die Weitergabe der mit Stufe 2 klassifizierten Unterlagen an die Medien den Sinn und Zweck von §21 Abs3 VO UA, weshalb eine solche Weitergabe in einem untrennbaren Konnex zu den Sitzungen des Untersuchungsausschusses steht.

In dem Fall, der dem Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 zugrunde lag, wurden durch die Äußerungen gegenüber Medienvertretern keine Bestimmungen der VO UA verletzt.

Hingegen ist durch das angefochtene Verhalten in meinem Fall genau das geschehen. Stünde die Veröffentlichung (bzw die Weiterleitung an Medien zum Zwecke der Veröffentlichung) der Unterlagen in keinem Zusammenhang zur Tätigkeit als Mitglied des Untersuchungsausschusses, so wäre das Verbot der Veröffentlichung auch nicht in der VO UA geregelt. Es besteht daher ein untrennbarer Zusammenhang der Weitergabe der Informationen mit der Ausübung des Berufs als Mitglied des Nationalrats, konkret als Mitglied des Untersuchungsausschusses. Damit liegt ein ausreichender sachlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses vor, […] sodass das angefochtene Verhalten Gegenstand im Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 litb B VG sein muss.

Für den sachlichen Zusammenhang mit der Ausübung der Funktion als Mitglied des Untersuchungsausschusses spricht im Übrigen auch §54 Abs3 VO UA, der ausdrücklich auch bestimmte außerhalb einer Sitzung des Untersuchungsausschusses erfolgte Rechtsverletzungen mit Sanktionen belegt. Bei der Weitergabe von Informationen aus dem Kreis der Zugangsberechtigten nach §13 Abs2 Z1 InfOG an Nichtberechtigte (gleichgültig ob direkt an die Medien oder an einen Dritten, der die Unterlagen dann an die Medien weiterleitet) handelt es sich um einen Akt, der in untrennbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses steht. Das ergibt sich auch aus §9 Abs3 und §21 Abs6 VO UA, wonach der Verfahrensrichter den Vorsitzenden auf Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen hat – und zwar ohne zwischen Verstößen während und außerhalb von Sitzungen zu unterscheiden.

Ausgehend von der nachfolgenden Medienberichterstattung ist die Weitergabe der Informationen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die NEOS-Abgeordneten und Untersuchungsausschussmitglieder *********** und/oder **************** erfolgt. Die NEOS haben die Weitergabe selbst zugestanden. Die Zurechenbarkeit des meine Persönlichkeitsrechte verletzenden Verhaltens zu einem bestimmten Mitglied des Untersuchungsausschusses ist aber gar nicht zwingend erforderlich, um eine Rechtsverletzung nach Art138b Abs1 Z7 litb B VG festzustellen. Es ist ausreichend, dass es sich um das Verhalten 'eines' Mitglieds handelt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut von Art138b Abs1 Z7 litb B VG, sondern darüber hinaus auch aus §56i Abs3 Z1 VfGG, wonach die Beschwerde nur dann angeben muss, wer das angefochtene Verhalten gesetzt hat, wenn dies zumutbar ist. Die Angabe einer konkreten Person ist im vorliegenden Fall deswegen nicht zumutbar, weil ich keinerlei Parteistellung im Untersuchungsausschuss und keine rechtlichen Mittel habe, um Informationen zu erhalten, die mir eine abschließende Zuordnung der Rechtsverletzung zu einer bestimmten Person ermöglichen. Ich habe daher im Ergebnis keine Möglichkeit, rechtswidriges, mich in meinen Persönlichkeitsrechten verletzendes Verhalten von Ausschussmitgliedern konkret einzelnen Mitgliedern des Ausschusses zuzuordnen.

2.2. Art138b Abs1 Z7 lita B VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrats in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Die Entgegennahme, Verarbeitung und unkontrollierte Verbreitung von privaten, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffenden Chatprotokollen stellt (auch) ein Verhalten des Untersuchungsausschusses (also nicht nur eines einzelnen Ausschussmitglieds) dar. Wenn von der Staatsanwaltschaft sichergestellte, private (den Untersuchungsgegenstand wie gesagt nicht betreffende) Chatprotokolle dem Untersuchungsausschuss übermittelt werden, ist der weitere Umgang mit diesen Informationen und eine Weitergabe an jemanden außerhalb des Kreises der Zugangsberechtigten nicht nur dem Ausschussmitglied zuzurechnen, das für die Weitergabe verantwortlich ist, sondern dem Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit.

Die VO UA und das InfOG sehen an mehreren Stellen ein Weitergabe- und Veröffentlichungsverbot vor. Dem Untersuchungsausschuss übermittelte Akten und Unterlagen dürfen – und zwar unabhängig von einer Klassifizierung gemäß §21 Abs5 VO UA nicht veröffentlicht werden. Finden Akten und Unterlagen dennoch ihren Weg zu Medienvertretern, etwa weil es der Untersuchungsausschuss unterlassen hat, ausreichende Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, hat der Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit gegen seine Pflicht zur Geheimhaltung der Informationen verstoßen. Es liegt ein Verhalten (in Form eines Unterlassens) vor, das Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 lita B VG sein kann.

2.3. Art138b Abs1 Z7 litc B VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 litc B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß §56i Abs1 VfGG kann Beschwerde (unter anderem) gegen ein Verhalten des Verfahrensrichters und seines Stellvertreters (Z1) sowie des Vorsitzenden und seines Stellvertreters (Z4) erhoben werden.

Der Verfahrensrichter und der Vorsitzende hätten – wie auch der Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit – dafür Sorge tragen müssen, dass private, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffende Chatprotokolle nicht an alle Mitglieder des Ausschusses verteilt und unkontrolliert weiterverbreitet werden. Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus der VO UA, die dem Vorsitzenden und dem Verfahrensrichter die Aufgabe zuweist, Veröffentlichungen zu unterbinden bzw auf Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen.[…] Der Vorsitzende und der Verfahrensrichter sind somit dafür verantwortlich, ein System einzurichten, durch welches die Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften jederzeit sichergestellt werden kann.[…] Wie dieses System konkret auszugestalten ist, bleibt ihnen überlassen; entscheidend ist im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu §9 VStG, dass das System im Ergebnis funktioniert.[…] Auch der Umstand, dass das Handeln anderer Personen (Ausschussmitglieder) eigenmächtig erfolgt, ändert nichts an der Verpflichtung, ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten, welches gerade auch im Fall eigenmächtiger Handlungen Platz zu greifen hat.[…]

Die Verteilung der Protokolle an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses bei gleichzeitiger Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterleitung an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses stellt ein Verhalten dar, das gemäß Art138b Abs1 Z7 litc B VG Gegenstand einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sein kann.

2.4. Schließen einer allfällig bestehenden grundrechtswidrigen Rechtsschutzlücke

Verfolgt man die aktuellen Entwicklungen rund um den Untersuchungsausschuss, entsteht (bei einem funktionierenden demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich vertrauenden Personen) großes Unbehagen.

Der Rechtsstaat steht losgelöst vom konkreten Fall vor einer Herausforderung:

Die Vernichtung der Reputation eines Menschen durch Mitglieder des Untersuchungsausschusses ist zu einfach möglich und wird nicht ausreichend sanktioniert. Die Rechtsbehelfe, sich gegen eine solche persönliche Vernichtung zur Wehr zu setzen, sind, soweit sie überhaupt vorhanden sind, jedenfalls nicht ausreichend.

Die Staatsanwaltschaft stellt Mobiltelefone sicher, wertet exzessiv und ohne jeden zeitlichen und inhaltlichen Bezug zu den eigenen Ermittlungen private, mehrere Jahre zurückliegende Chatprotokolle aus. Sie leitet diese losgelöst vom Grund der Sicherstellung, der Rechtmäßigkeit der Auswertung und der Bedeutung des Inhalts für den Untersuchungsgegenstand, ohne dem Betroffenen die Möglichkeit einer Stellungnahme oder Sichtung der Chatprotokolle zu geben, in einem nicht nachprüfbaren Umfang (und mit hoher Wahrscheinlichkeit […] aus dem Gesamtkontext gerissen) an den Untersuchungsausschuss weiter.

Der Untersuchungsausschuss und dessen zahlreiche Mitglieder wären zwar grundsätzlich nach der VO UA zur Geheimhaltung verpflichtet. Die Versuchung, zu Unrecht erhaltene, höchstpersönliche private Unterhaltungen der Betroffenen als Waffe gegen politische Gegner zu nutzen, scheint aber im Verhältnis zu den damit verbundenen Sanktionen zu groß zu sein. Einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses sehen, wie die aktuellen Ereignisse zeigen, nicht die politische Aufarbeitung des Untersuchungsgegenstands, sondern vielmehr Strafanzeigen und medienwirksam erhobene Vorwürfe des Gesetzesbruchs gegen politische Gegner als Kernaufgabe ihrer Tätigkeit im Untersuchungsausschuss. Selbst lassen sie allerdings kein gesteigertes Interesse daran erkennen, sich an Normen zu halten, die an sie gerichtet sind und die auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte dritter Personen dienen. Die Maximierung des eigenen politischen Vorteils steht an erster Stelle ihres Handelns. Die Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen dagegen scheinen auf der Liste der Prioritäten einzelner Ausschussmitglieder nicht einmal auf.

Will man sich als direkt Betroffener gegen die rechtswidrige Weitergabe personenbezogener und privater Daten (zuerst an den Untersuchungsausschuss und in weiterer Folge an die Medien) zur Wehr setzen, steht man vor folgendem Gesamtproblem:

Die Staatsanwaltschaft bzw die Bundesministerin für Justiz als vorlagepflichtiges Organ verweisen darauf, dass die Vorlage der Informationen nicht im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern außerhalb der StPO erfolgt. Der rechtliche Rahmen ergebe sich aus Art53 B VG und der VO UA. Weder aus §1 DSG noch aus Art8 EMRK ergebe sich ein subjektives Recht auf Mitwirkung bei der Vorlage. Es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Akteneinsicht bzw eine Sichtung der zur Übermittlung an den Untersuchungsausschuss vorgesehenen Unterlagen. […]

Vor der Übermittlung der (vielleicht oder vielleicht auch nicht abstrakt relevanten) Daten an den Untersuchungsausschuss werden der betroffenen Person somit keine Rechtsschutzmöglichkeiten welcher Art immer eingeräumt.

Sobald die Unterlagen beim Untersuchungsausschuss angekommen sind, ist offensichtlich die (grundsätzlich verbotene) Weitergabe von dem eigenen politischen Vorteil dienenden Unterlagen an die Medien die Regel. Wer dabei die Unterlagen weitergibt, hängt primär davon ab, wem die Weitergabe politisch am meisten nützt. Sämtliche Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben Zugriff auf die Informationen. Vor dem Untersuchungsausschuss kommt der betroffenen Person keine Parteistellung und keine Rechtsschutzmöglichkeit zu. Sie kann sich vorab weder gegen die Verteilung von für den Untersuchungsgegenstand irrelevanten Informationen an alle Ausschussmitglieder noch gegen die unberechtigte Weitergabe an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses wehren.

Will die betroffene Person die Verletzung ihres Rechts auf Schutz personenbezogener Daten bei der Datenschutzbehörde geltend machen, wird ihre Beschwerde nach seit 2010 durchgehend vertretener Spruchpraxis mit der Argumentation zurückgewiesen, aufgrund des Prinzips der Gewaltentrennung sei die Datenschutzbehörde nicht für Verletzungen durch den Untersuchungsausschuss als Organ der Gesetzgebung zuständig […] – und das, obwohl das Bundesverwaltungsgericht […] und der Gerichtshof der Europäischen Union […] ausdrücklich klargestellt haben, dass die parlamentarische Tätigkeit keineswegs aus dem Anwendungsbereich der DSGVO ausgenommen ist.

Das zivil- und strafrechtliche Vorgehen gegen einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses scheitert primär an der Immunität der Abgeordneten, letztlich aber auch daran, dass die rechtswidrige Weitergabe von Unterlagen oft nicht einem konkreten Mitglied des Untersuchungsausschusses zugeordnet werden bzw die Zurechnung nicht nachgewiesen werden kann. Inwieweit auch §19 InfOG zivilrechtliche Ansprüche bei Verletzung von Bestimmungen des InfOG generell ausschließt – was wohl die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung begründen würde – kann hier dahingestellt bleiben.

Für den Betroffenen – und, man darf sich hier keinen Illusionen hingeben, das kann jeder sein, der irgendeiner im Ausschuss vertretenen Parlamentsfraktion nicht zu Gesicht steht – öffnet sich eine riesige Rechtsschutzlücke. Wenn nun nicht einmal eine auf Art138b B VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof möglich sein sollte, bestünde keine einzige Möglichkeit der betroffenen Person, die ihr nach Art8, 9 und 10 EMRK, Art7, 8, 10 und 11 GRC, §1 DSG, der DSGVO, Art10a StGG und §77 UrhG zustehenden Grund- und Persönlichkeitsrechte wirksam zu schützen. Es läge eine Gesamtsituation vor, die Art13 EMRK sowie Art47 GRC widerspräche. Ohne wirksame Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen wäre die in §27 VO UA gesetzlich normierte Vorlagepflicht im Ergebnis daher verfassungswidrig.

3. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Gemäß §56i Abs2 VfGG beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B VG sechs Wochen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat.

Ich habe (erst) durch die Medienberichte am 01.06.2021 davon Kenntnis erlangt, dass die Bundesministerin für Justiz der ergänzenden Beweisanforderung zur Vorlage von Daten von meinem sichergestellten Mobiltelefon offensichtlich nachgekommen ist und Daten an den Untersuchungsausschuss übermittelt hat, diese Daten zunächst den Untersuchungsausschussmitgliedern zugänglich gemacht und anschließend an die Medien weitergegeben wurden.

Am 03.06.2021 habe ich durch eine Presseaussendung davon erfahren, dass die Weitergabe durch die NEOS-Mitglieder des Untersuchungsausschusses erfolgte. Meine Beschwerde ist daher hinsichtlich aller Beschwerdepunkte rechtzeitig.

[…]

5.4. Beschwerdepunkt: Verteilung der privaten Chatprotokolle an Mitglieder des Untersuchungsausschusses

Im Untersuchungsausschuss wurden nach Einlangen der Unterlagen keine Maßnahmen dahingehend unternommen, um die nicht einmal abstrakt relevanten Informationen von der Verteilung an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses auszunehmen oder die Weitergabe an Medienvertreter wirksam zu verhindern. Vielmehr wurden sämtliche Informationen den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht (siehe dazu auch Punkt 2.3).

Die Weiterleitung der Chatprotokolle an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses verstößt auch gegen §23 VO UA, der die Verwendung von Beweismitteln ausschließt, die durch strafbare Handlungen oder Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen erlangt worden sind. Die Übermittlung von Chats, die keine (potentiell) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben und die auch außerhalb des Untersuchungszeitraums liegen, durch die Bundesministerin stellt einen Verstoß gegen Art5 und 6 DSGVO dar. […] Die Erlangung der Beweismittel unter Verletzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen führt dazu, dass der Untersuchungsausschuss die Beweismittel nicht verwenden (und damit auch nicht an alle Ausschussmitglieder verteilen) hätte dürfen.

Ich wurde vom Untersuchungsausschuss weder über das Einlangen der mich betreffenden Unterlagen informiert noch wurde mir die Möglichkeit eingeräumt, rechtzeitig vor Verteilung an die Ausschussmitglieder Einsicht in die Unterlagen zu nehmen und die Unterlassung der Verteilung bzw die Löschung jener Informationen zu beantragen, die keine Relevanz für den Untersuchungsausschuss aufweisen.

Der Vorsitzende hat es unterlassen, Maßnahmen gegen die Weitergabe der Unterlagen zu setzen, obwohl ihm nach §6 Abs3 VO UA die Aufgabe zukommt, auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes zu achten. Ähnliches gilt für den Verfahrensrichter, weil er nicht nach §9 Abs3 und §21 Abs6 VO UA vorgegangen ist.

5.5. Beschwerdepunkt: Weitergabe an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses (Medien)

Die Weitergabe der dem Untersuchungsausschuss übermittelten Unterlagen an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses verstößt gleich gegen mehrere Rechtsvorschriften:

InfOG:

Zum einen sind die Informationen gemäß §4 Abs1 Z2 InfOG als 'vertraulich' qualifiziert. §13 InfOG regelt, welchen Personen Zugang zu den Informationen zu gewähren ist. Medienvertreter fallen nicht unter die zugangsberechtigten Personen. Gemäß §2 InfOG ist jede Person, der Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, zur Verschwiegenheit über die Informationen verpflichtet und sie hat durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt.

VO UA:

Zudem ist die Weitergabe von Beweismitteln (Akten und Unterlagen) des Untersuchungsausschusses auch von der VO UA verboten. §20 Abs1 VO UA regelt klar, welche den Untersuchungsausschuss betreffende Unterlagen veröffentlicht werden dürfen. Dazu gehören Befragungsprotokolle, ergänzende Beweisanforderungen und Ladungslisten, Gutachten von Sachverständigen, Berichte von Ermittlungsbeauftragten und schriftliche Stellungnahmen von Auskunftspersonen. Bei der (jedenfalls erforderlichen) Beratung und Beschlussfassung über die Veröffentlichung ist eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen nach dem InfOG sowie schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen bei der Verwendung personenbezogener Daten vorzunehmen (§20 Abs4 VO UA).

§21 Abs5 VO UA normiert aber unmissverständlich: Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden.

Die VO UA unterscheidet dabei nicht zwischen klassifizierten und nicht-klassifizierten Informationen. Sie macht das Veröffentlichungsverbot auch nicht davon abhängig, ob die Informationen vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind und/oder ob schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen gegen eine Veröffentlichung sprechen.

Zusammengefasst hat sich (mindestens) ein Untersuchungsausschussmitglied dazu entschieden, sich durch die rechtswidrige Weitergabe meiner privaten Chats nicht nur über meine mit dieser Beschwerde geltend gemachten schutzwürdigen Persönlichkeitsrechte, sondern auch über ein ausdrücklich verankertes gesetzliches Verbot hinwegzusetzen.

Die Weitergabe der Chats, insbesondere (aber nicht nur) der privaten, nicht den Untersuchungsgegenstand betreffenden Chats an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses, insbesondere an die Medien, erfolgte somit rechtswidrig und verletzte die von mir in dieser Beschwerde geltend gemachten Persönlichkeitsrechte."

3. Der Präsident des Nationalrates hat innerhalb der gesetzten Frist keine Äußerung erstattet.

II. Rechtslage

1. Gemäß Art138b Abs1 Z7 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch das Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

2. §56i Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 85/1953, idF BGBl I 101/2014 bestimmt:

"§56i. (1) Personen, wegen deren Verhaltens in Ausübung ihrer Funktionen im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss Beschwerde erhoben werden kann (im Folgenden Funktionäre genannt), sind:

1. der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter;

2. der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter;

3. der Ermittlungsbeauftragte;

4. der Vorsitzende und seine Stellvertreter.

(2) Die Frist zur Erhebung der Beschwerde wegen eines Verhaltens

1. eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates,

2. eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates oder

3. eines Funktionärs eines Untersuchungsausschusses

beträgt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat, wenn er aber durch dieses Verhalten behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

(3) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat;

2. den Sachverhalt;

3. die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet;

4. die erforderlichen Beweise;

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde.

(4) Parteien des Verfahrens sind der Beschwerdeführer und der Präsident des Nationalrates.

(5) Eine Ausfertigung der Beschwerde ist dem Präsidenten des Nationalrates mit der Aufforderung zuzustellen, dass es ihm freisteht, eine Äußerung zu erstatten. Er hat gegebenenfalls jene Mitglieder oder Funktionäre, wegen deren Verhaltens Beschwerde erhoben worden ist, unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, ihm gegenüber zu dieser schriftlich Stellung zu nehmen. Die zur Erstattung der Äußerung gesetzte Frist hat mindestens vier Wochen, wenn sich die Beschwerde jedoch auch gegen ein Verhalten von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses oder Funktionären richtet, mindestens sechs Wochen zu betragen.

(6) Die Äußerung hat zu enthalten:

1. den Sachverhalt;

2. die erforderlichen Beweise;

3. die Stellungnahmen gemäß Abs5.

(7) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ohne unnötigen Aufschub.

(8) Das angefochtene Verhalten ist für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist."

3. Die in Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) enthaltene Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO UA), BGBl 410/1975, idF BGBl I 63/2021 lautet auszugsweise:

"Aufgaben des Vorsitzenden

§6. […]

(3) Im Rahmen der Vorsitzführung eröffnet und schließt der Vorsitzende die Sitzungen des Untersuchungsausschusses. Er handhabt die Geschäftsordnung und achtet auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes. Er leitet die Verhandlungen und sorgt für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung während der Sitzung. Er ist jederzeit berechtigt, in den Fällen des §11 Abs4 und des §42 Abs2 aber verpflichtet, die Sitzung zu unterbrechen. Der Vorsitzende leitet die Befragung von Auskunftspersonen und Sachverständigen gemäß §37.

[…]

Aufgaben des Verfahrensrichters

§9. […]

(3) Der Verfahrensrichter belehrt die Auskunftspersonen und die Sachverständigen über ihre Rechte und Pflichten und führt im Auftrag des Vorsitzenden die Erstbefragung gemäß §39 durch und kann gemäß §40 Abs3 ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten. Er hat den Vorsitzenden auf unzulässige Fragen gemäß §41 und Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen sowie ihn in allen Verfahrensfragen zu beraten und kann den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß §17 Abs3 beantragen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß §20 kann er Einspruch erheben.

[…]

Aufgaben des Verfahrensanwaltes

§11. (1) Der Verfahrensanwalt nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen des Untersuchungsausschusses teil. Er hat sich zur Wahrung seiner Aufgaben unverzüglich an den Vorsitzenden zu wenden. Erforderlichenfalls hat der Vorsitzende die Befragung zu unterbrechen.

(2) Der Verfahrensanwalt hat den Vorsitzenden oder den Verfahrensrichter jederzeit unverzüglich auf Verletzungen der Verfahrensordnung sowie auf Eingriffe in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson hinzuweisen.

(3) Der Verfahrensanwalt hat unverzüglich auf Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß §17 Abs2 und auf das Vorliegen von Aussageverweigerungsgründen gemäß §§43 und 44 hinzuweisen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß §20 kann er Einspruch erheben.

(4) Der Verfahrensanwalt hat Auskunftspersonen vor und während einer Befragung im Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zur vertraulichen Beratung zu geben. Zu diesem Zweck kann er auch eine Unterbrechung der Sitzung verlangen.

(5) Der Verfahrensanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in dieser Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse einer Auskunftsperson gelegen ist, verpflichtet. Er hat in gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht auf diese Verschwiegenheit.

[…]

§21. Informationssicherheit

(1) Für den Umgang mit klassifizierten Informationen und nicht-öffentlichen Informationen im Untersuchungsausschuss gilt das Informationsordnungsgesetz mit der Maßgabe, dass

1. einer Auskunftsperson gemäß §42 klassifizierte Akten und Unterlagen vorgelegt werden können, soweit dem nicht eine Vereinbarung gemäß §58 entgegensteht,

2. Mitglieder und von den Klubs gemäß §13 InfOG namhaft gemachte Personen bei Einsichtnahme Notizen über den Inhalt klassifizierter Akten und Unterlagen der Stufen 2 und 3 anfertigen dürfen, wobei die Notizen entsprechend der Klassifizierungsstufe der Akten und Unterlagen zu behandeln sind,

3. Mitglieder und von den Klubs gemäß §13 InfOG namhaft gemachte Personen Zugang zu allen im Untersuchungsausschuss entstandenen klassifizierten Informationen haben,

4. bei fortgesetzter Verletzung der Bestimmungen des InfOG ein Ordnungsgeld gemäß §54 festgesetzt werden kann.

(2) Findet die Befragung von Auskunftspersonen nicht in vertraulicher oder geheimer Sitzung statt, kann ein Mitglied bei der Befragung Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 1 jedenfalls verwenden, wenn es vor Beginn der Befragung einen entsprechenden Antrag gestellt und der Vorsitzende dies nach Beratung mit dem Verfahrensrichter gestattet hat. Der Vorsitzende hat die Bedingungen für die Verwendung dieser Akten und Unterlagen bekanntzugeben und für die Wahrung schutzbedürftiger Geheimhaltungsinteressen zu sorgen.

(3) Wenn ein Mitglied bei der Befragung Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 oder höher verwenden möchte, hat es dies dem Vorsitzenden rechtzeitig mitzuteilen. Der Vorsitzende hat Vorsorge dafür zu treffen, dass diese Teile der Befragung in vertraulicher oder geheimer Sitzung gemäß §37a GOG stattfinden können.

(4) Jede Person, der im Untersuchungsausschuss Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist auch über die Bestimmungen gemäß Abs1 zu belehren.

(5) Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Der Präsident kann vor Verteilung an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses durch eine entsprechende Kennzeichnung der einzelnen Exemplare dafür Sorge tragen, dass deren sichere Behandlung gewährleistet wird.

(6) Der Verfahrensrichter hat den Vorsitzenden jederzeit auf Verstöße gegen das Informationsordnungsgesetz hinzuweisen.

[…]

§23. Beweismittel

Als Beweismittel kann alles verwendet werden, was geeignet ist, der Untersuchung im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes zu dienen. Ausgeschlossen sind jedoch solche Beweismittel, die durch eine strafbare Handlung oder durch die Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen erlangt worden sind."

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG), BGBl I 102/2014, lauten:

"Geheimhaltungsverpflichtung

§2. Jede Person, der aufgrund dieses Bundesgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist zur Verschwiegenheit über die ihr dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und hat durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt.

Begriffsbestimmungen

§3. (1) Klassifizierte Informationen sind materielle und immaterielle Informationen, unabhängig von Darstellungsform und Datenträger, die aufgrund ihres Inhalts eines besonderen Schutzes bedürfen und die daher nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden sollen.

(2) Nicht-öffentliche Informationen sind Informationen, die nicht zur Veröffentlichung geeignet sind, jedoch nicht unter Abs1 fallen.

(3) EU-Verschlusssachen sind alle mit einer EU-Klassifizierungsstufe versehenen Informationen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Maße schaden könnte.

(4) ESM-Verschlusssachen sind alle mit einer Sicherheitseinstufung durch Organe des Europäischen Stabilitätsmechanismus versehenen Informationen für Beschlüsse im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus.

(5) Urheber ist das Organ, unter dessen Aufsicht und Verantwortung klassifizierte Informationen erstellt oder dem Nationalrat zugeleitet wurden.

Klassifizierungsstufen

§4. (1) Klassifizierte Informationen, die von österreichischen Organen erstellt oder gemäß §2 Abs1 des Informationssicherheitsgesetzes, BGBl I Nr 23/2002, erhalten wurden, sind folgenden Klassifizierungsstufen zuzuordnen:

1. Eingeschränkt, wenn die unbefugte Weitergabe der Informationen Interessen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, den wirtschaftlichen Interessen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der Vorbereitung einer Entscheidung oder dem überwiegenden berechtigten Interesse der Parteien zuwiderlaufen würde und die Informationen eines besonderen organisatorischen Schutzes bedürfen (Stufe 1).

2. Vertraulich, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer Schädigung der in Z1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 2).

3. Geheim, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer erheblichen Schädigung der in Z1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 3).

4. Streng Geheim, wenn das Bekanntwerden der Informationen eine schwere Schädigung der in Z1 genannten Interessen wahrscheinlich machen würde (Stufe 4).

(2) EU-Verschlusssachen werden einer der folgenden Klassifizierungsstufen zugeordnet:

1. Restreint UE/EU Restricted: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe für die wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten nachteilig sein könnte (Stufe 1).

2. Confidentiel UE/EU Confidential: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Schaden zufügen könnte (Stufe 2).

3. Secret UE/EU Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 3).

4. Très Secret UE/EU Top Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten äußerst schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 4).

[…]

Zugangsberechtigung zu klassifizierten Informationen des Nationalrates

§13. (1) Für die Einsichtnahme in klassifizierte Informationen des Nationalrates sowie die Verteilung dieser gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Klassifizierte Informationen der Stufe 1 sind für die Mitglieder des Nationalrates und für von den Klubs namhaft gemachte Personen zugänglich.

2. Klassifizierte Informationen der Stufe 2 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz und an von den Klubs namhaft gemachte Personen übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für die Mitglieder des Nationalrates zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

3. Klassifizierte Informationen der Stufe 3 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für von den Klubs namhaft gemachte Personen zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

4. Klassifizierte Informationen der Stufe 4 sind für die Mitglieder der Präsidialkonferenz zugänglich. Der Präsident hat sie über die Zuleitung solcher Informationen zu unterrichten.

5. Bedienstete der Parlamentsdirektion haben Zugang zu klassifizierten Informationen, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist. Darüber entscheidet der Präsident nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz.

6. Die Klubs haben bei der Namhaftmachung von Personen gemäß den Z1 bis Z3 darauf Bedacht zu nehmen, dass der Zugang jeweils zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben erforderlich ist. Der Präsident legt nach Beratung in der Präsidialkonferenz die Anzahl der von den Klubs namhaft zu machenden Personen fest.

7. Der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter sowie der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter haben Zugang zu allen dem Untersuchungsausschuss vorgelegten oder im Untersuchungsausschuss entstandenen klassifizierten Akten und Unterlagen. Der Ermittlungsbeauftragte hat Zugang zu diesen Akten und Unterlagen, soweit dies gemäß seinem Auftrag erforderlich ist.

(2) Für die Behandlung klassifizierter Informationen des Nationalrates in einem Ausschuss gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Werden klassifizierte Informationen der Stufe 2 einem Ausschuss zugeleitet, sind sie an die Mitglieder des Ausschusses zu verteilen.

2. Werden klassifizierte Informationen der Stufen 3 oder 4 einem Ausschuss zugeleitet, dürfen sie nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden. Der Präsident kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine weitergehende Verwendung verfügen.

3. Wird ein Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union auf die Tagesordnung des Hauptausschusses gesetzt, sind darauf Bezug habende klassifizierte Informationen der Stufen 1 und 2 an die Mitglieder des Hauptausschusses zu verteilen. Klassifizierte Informationen der Stufen 3 und 4 dürfen nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden.

(3) Die Einsichtnahme in Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus und deren Verteilung erfolgt gemäß den §§5, 7 und 8 der Anlage 2 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975.

[…]

Gerichtlich strafbare Handlungen

§18. (1) Wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine ihm aufgrund dieses Bundesgesetzes zugänglich gewordene, nicht allgemein zugängliche klassifizierte Information der Stufe 3 oder 4 offenbart oder verwertet, deren Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, die öffentliche Sicherheit, die Strafrechtspflege, die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes sind nicht als Beteiligte im Sinne von §12 Strafgesetzbuch, BGBl Nr 60/1974, zu behandeln, soweit sich ihre Handlung auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung der Information beschränkt.

Zivilrechtliche Ansprüche

§19. Aus einer Verletzung dieses Bundesgesetzes können keine zivilrechtlichen Ansprüche abgeleitet werden.

Einrichtung geschützter Bereiche

§20. Zum physischen Schutz klassifizierter Informationen sind folgende entsprechend geschützte Bereiche einzurichten:

1. Verwaltungsbereiche: Bereiche mit sichtbarer äußerer Abgrenzung zur Ermöglichung der Kontrolle von Personen, die nur von jenen Personen unbegleitet betreten werden dürfen, die eine Ermächtigung erhalten haben. Bei allen anderen Personen ist eine ständige Begleitung durch eine ermächtigte Person oder eine gleichwertige Kontrolle sicherzustellen.

2. Besonders geschützte Bereiche: Bereiche mit sichtbarer und geschützter Abgrenzung mit vollständiger Eingangs- und Ausgangskontrolle, die nur von speziell ermächtigten Personen unbegleitet betreten werden dürfen. Bei allen anderen Personen ist eine ständige Begleitung durch eine speziell ermächtigte Person sicherzustellen.

3. Besonders geschützter Bereich mit Abhörschutz: Bereich, der zusätzlich technisch abgesichert ist. Nicht zugelassene Kommunikationsverbindungen oder elektronische Ausrüstung oder Kommunikationsgeräte sind verboten. Regelmäßige Inspektionen und technische Überprüfungen sind durchzuführen.

Registrierung

§21. (1) Klassifizierte Informationen der Klassifizierungsstufen 2, 3 und 4 sind zu registrieren. Hierfür sind, jeweils gemeinsam für Nationalrat und Bundesrat, eine Registratur für EU-Verschlusssachen und eine Registratur für sonstige klassifizierte Informationen im Sinne dieses Bundegesetzes einzurichten.

(2) Die Registraturen sind als voneinander getrennte besonders geschützte Bereiche einzurichten."

5. Die Verordnung der Präsidentin des Nationalrates über den Umgang mit klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen im Nationalrat und Bundesrat (Informationsverordnung – InfoV), BGBl II 58/2015, idF BGBl II 248/2017 lautet:

"Geltungsbereich

§1. (1) Diese Verordnung gilt für den Bereich des Nationalrates und des Bundesrates.

(2) Soweit in dieser Verordnung auf bundesgesetzliche Bestimmungen verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Sicherheitsbelehrung

§2. (1) Jede Person, der auf Grund des InfOG Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist über den Umgang mit solchen Informationen zu belehren und für Bedrohungen der Sicherheit entsprechend der jeweiligen Klassifizierungsstufe zu sensibilisieren. Die Sicherheitsbelehrung soll sicherstellen, dass die vorgesehenen Sicherheitsstandards eingehalten werden, damit klassifizierte Informationen nicht an Personen gelangen, die über keine Berechtigung gemäß den §§13, 14 und 16 InfOG verfügen.

(2) Personen, denen Zugang zu EU-Verschlusssachen gewährt wird, sind zudem über die Beachtung der EU-Vorschriften zu belehren.

(3) Die Sicherheitsbelehrung hat vor der Eröffnung des Zugangs zu klassifizierten Informationen schriftlich zu erfolgen und ist jedenfalls zu Beginn jeder Gesetzgebungsperiode des Nationalrates sowie im Fall einer Änderung oder Ergänzung der maßgeblichen Vorschriften und Verpflichtungen zu wiederholen. Der Nachweis der Sicherheitsbelehrung ist schriftlich festzuhalten.

(4) Die Sicherheitsbelehrung hat auch die Sanktionen bei der Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften zu umfassen.

Verzeichnis berechtigter Personen

§3. Die Registraturen gemäß §21 InfOG führen je ein ständiges Verzeichnis der Personen, denen auf Grund des InfOG Zugang zu klassifizierten oder nicht-öffentlichen Informationen gewährt wird.

Kennzeichnung

§4. (1) Klassifizierte Informationen sind eindeutig und gut erkennbar mit den in §4 InfOG festgelegten Klassifizierungsstufen zu kennzeichnen.

(2) Folgende Informationen sind als 'nicht-öffentlich' zu kennzeichnen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung geeignet sind (§3 Abs2 InfOG):

1. Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union oder im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus, soweit sie nicht bereits eine entsprechende Kennzeichnung aufweisen;

2. Ersuchen und Mitteilungen im Zusammenhang mit der behördlichen Verfolgung von Abgeordneten gemäß §10 Abs2, 3 und 5 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975, BGBl Nr 410/1975, Anträge von Behörden gemäß Art63 Abs2 B VG sowie Ersuchen um die Ermächtigung zur Verfolgung von Personen wegen Beleidigung des Nationalrates gemäß §117 Abs1 des Strafgesetzbuches, BGBl Nr 60/1974;

3. Meldungen nach dem Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, BGBl Nr 330/1983, über die der Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates oder des Bundesrates zu entscheiden hat, unbeschadet der Bestimmungen des §9 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl I Nr 64/1997;

4. Informationen, für die ein Ausschuss eine Beschränkung der Einsichtnahme und der Verteilung gemäß §14 InfOG beschlossen hat, unter Beifügung der Bezeichnung des Ausschusses.

(3) Bei Informationen der Klassifizierungsstufen 2 oder höher sind das Datum, die Geschäftszahl und der Urheber sowie auf jeder Seite der Empfänger, die Klassifizierungsstufe, eine Seitennummerierung und gegebenenfalls die jeweilige Nummer der Kopie anzubringen. Ist eine solche Kennzeichnung im Einzelfall nicht möglich, werden nach Festlegung des zuständigen Registraturverantwortlichen andere geeignete Maßnahmen zur Kennzeichnung angewendet.

(4) Aufgrund einer Dienstanweisung gemäß §13 Z3 können unbeschadet des §21 Abs5 der Anlage 1 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975 zusätzliche Angaben etwa über den Empfänger angebracht werden.

Geschützte Bereiche

§5. (1) Als Verwaltungsbereiche im Sinne des §20 Z1 InfOG können Bürobereiche in den Parlamentsgebäuden, Ausschusslokale und speziell zur Bearbeitung und Aufbewahrung von klassifizierten Informationen vorgesehene Bereiche sowie die diese jeweils unmittelbar umgebenden Bereiche festgelegt werden.

(2) Als besonders geschützte Bereiche im Sinne des §20 Z2 und 3 InfOG können Bereiche innerhalb von Verwaltungsbereichen festgelegt werden, sofern durch entsprechende Vorkehrungen, insbesondere durch Schließanlage oder elektronische Zutrittskontrolle sichergestellt ist, dass nur speziell ermächtigte Personen diesen Bereich selbständig betreten können.

Aufbewahrung und Bearbeitung

§6. (1) Klassifizierte Informationen sind der jeweiligen Klassifizierungsstufe entsprechend gesichert in versperrten Behältnissen aufzubewahren. Dabei erfolgt die Aufbewahrung klassifizierter Informationen

1. der Stufe 1 im Verwaltungsbereich in einem geeigneten, verschließbaren Büromöbel oder im besonders geschützten Bereich,

2. der Stufen 2 und 3 im besonders geschützten Bereich in einem Sicherheitsbehältnis oder Tresorraum,

3. der Stufe 4 im besonders geschützten Bereich in

a) einem Sicherheitsbehältnis mit ständiger Bewachung oder Kontrolle oder mit zugelassener Einbruchsmeldeanlage in Verbindung mit Bereitschaftspersonal im Sicherheitsdienst oder

b) einem mit einer Einbruchsmeldeanlage ausgestatteten Tresorraum in Verbindung mit Bereitschaftspersonal im Sicherheitsdienst.

(2) Klassifizierte Informationen der Stufe 1 dürfen für einen begrenzten Zeitraum auch außerhalb der geschützten Bereiche aufbewahrt werden, wenn die Beförderung in einer Verpackung erfolgt, die keine Rückschlüsse auf den Inhalt ermöglicht, und der Besitzer entsprechend der Sicherheitsbelehrung gemäß §2 einen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie in den geschützten Bereichen garantiert.

(3) Die Bearbeitung klassifizierter Informationen erfolgt grundsätzlich in geschützten Bereichen, wobei die Bearbeitung klassifizierter Informationen

1. bis zur Stufe 2 im Verwaltungsbereich zulässig ist, sofern sie vor dem Zugang Unbefugter geschützt werden,

2. der Stufe 3 und 4 ausschließlich im besonders geschützten Bereich erfolgt.

(4) Klassifizierte Informationen bis zur Stufe 2 dürfen außerhalb der geschützten Bereiche bearbeitet werden, wenn

1. die Beförderung in einer Verpackung erfolgt, die keine Rückschlüsse auf den Inhalt ermöglicht, und der Besitzer entsprechend der Sicherheitsbelehrung gemäß §2 einen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie in den geschützten Bereichen garantiert, sowie

2. bei klassifizierten Informationen der Stufe 2 der Besitzer die klassifizierte Information jederzeit unter persönlicher Kontrolle hält.

(5) In der Öffentlichkeit sollen klassifizierte Informationen nicht gelesen oder erörtert werden.

Verteilung und Beförderung

§7. (1) Die Verteilung von EU-Verschlusssachen der Stufe 1 erfolgt durch die Datenbanken gemäß §2 Abs2 und 3 des EU-Informationsgesetzes, BGBl I Nr 113/2011.

(2) Die Verteilung und Beförderung von klassifizierten Informationen erfolgt mit Ausnahme der Fälle des §6 Abs2 und 4 ausschließlich durch die Registraturen gemäß §21 InfOG.

(3) Klassifizierte Informationen der Stufe 2 oder höher sind gegen Empfangsbestätigung zu übergeben. Die Übermittlung hat durch Personen zu erfolgen, die für die betreffende Klassifizierungsstufe ermächtigt sind.

(4) Für die Beförderung innerhalb und zwischen der dem Parlament zugehörigen Gebäude sind klassifizierte Informationen der Stufen 1, 2 und 3 so zu verpacken, dass keine Rückschlüsse auf ihren Inhalt möglich sind. Klassifizierte Informationen der Stufe 4 sind in einem gesicherten Umschlag zu befördern.

Mündliche Übermittlung

§8. (1) Klassifizierte Informationen der Stufen 2 und 3 dürfen nur in geschützten Bereichen und in Anwesenheit von Personen, die für die jeweilige Stufe berechtigt sind, mündlich übermittelt werden.

(2) Telefongespräche über diese Informationen dürfen ohne Maßnahmen gegen Abhören nur in außergewöhnlichen und dringenden Fällen geführt werden. In diesen Fällen sind die Gespräche so vorsichtig zu führen, dass der Sachverhalt Dritten nicht verständlich wird.

(3) Bei der mündlichen Übermittlung von klassifizierten Informationen der Stufe 4 sind zusätzlich Maßnahmen gegen Abhören zu treffen.

Elektronische Verarbeitung

§9. (1) Bei der elektronischen Verarbeitung klassifizierter Informationen soll sichergestellt werden, dass die im InfOG und in der Maßnahmenbeschreibung gemäß Abs2 beschriebenen Sicherheitsstandards eingehalten werden, damit klassifizierte Informationen nicht an Personen gelangen, die über keine Berechtigung gemäß den §§12 bis 16 InfOG verfügen. Dazu dienen entsprechende Belehrungen der berechtigten Personen. Klassifizierte Informationen der Stufe 2 oder höher dürfen – ausgenommen zum Zweck der Erstellung von Protokollen und auszugsweisen Darstellungen sowie zur Anfertigung von Kopien durch die Registratur – nicht elektronisch verarbeitet werden.

(2) Die Sicherungsmaßnahmen sind abhängig vom Ausmaß der Vernetzung, von den Speichermöglichkeiten und den örtlichen Gegebenheiten. Ihre konkrete Festlegung und Aktualisierung erfolgt anhand einer von der Parlamentsdirektion und den Klubs gemeinsam erarbeiteten Maßnahmenbeschreibung, die jedenfalls Folgendes zu beinhalten hat:

1. Es müssen entsprechende Vorkehrungen zur Erkennung von Schadsoftware getroffen werden. Jedes IKT-System muss geeignete Schutzmaßnahmen vor anderen, möglicherweise unsicheren Netzwerken oder verbundenen Computern treffen.

2. Die Übermittlung klassifizierter Informationen der Stufe 1 (elektronischer Transport oder Transport auf externen Datenträgern außerhalb geschützter Bereiche) hat grundsätzlich mittels kryptographischer Produkte und Verfahren zu erfolgen. Unverschlüsselte Dateinamen, Überschriften und Beschriftungen etc. dürfen dabei keine Rückschlüsse auf die klassifizierten Inhalte zulassen.

3. Findet die Übertragung innerhalb geschützter Bereiche statt, kann von einer Verschlüsselung abgesehen werden.

4. Findet die Übertragung außerhalb geschützter Bereiche statt, ist entweder eine Sicherung des Übertragungsweges mit kryptographischen Maßnahmen oder eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vorzusehen. Beim Ausdruck klassifizierter Dokumente ist darauf zu achten, dass der Zugang zum Ausdruck nur für berechtigte Personen möglich sein darf und dass die Kennzeichnung gemäß §4 erfolgt.

(3) In IKT-Systemen ist sicherzustellen, dass der Zugriff zu nicht-öffentlichen oder klassifizierten Informationen nur unter der Voraussetzung der §§12 bis 16 InfOG erfolgt. Für jedes IKT-System, in dem nicht-öffentliche oder klassifizierte Informationen verarbeitet werden, ist ein entsprechender Zugriffsschutz auf das System sicherzustellen. Jeder Benutzer muss eindeutig identifiziert werden.

Registrierung

§10. (1) Klassifizierte Informationen der Klassifizierungsstufen 2, 3 und 4 sind zu registrieren. Die Registrierung erfolgt in dafür vorgesehenen Geschäftsbüchern, die nach Klassifizierungsstufen zu unterscheiden sind. Jede Registratur gemäß §21 InfOG führt eigene Geschäftsbücher, die ausschließlich für ihren Bereich verwendet werden.

(2) Die Geschäftsbücher gemäß Abs1 sind mit einer eigenen Klassifizierungsstufe zu versehen. Geschäftsbücher, in denen Informationen der Klassifizierungsstufen 2 oder 3 registriert werden, sind zumindest mit der Klassifizierungsstufe 1 zu versehen. Geschäftsbücher, in denen Informationen der Klassifizierungsstufe 4 registriert werden, sind mit der Klassifizierungsstufe 3 zu versehen.

(3) Zu registrieren sind die Erstellung oder der Empfang einer registrierungspflichtigen klassifizierten Information sowie deren Vervielfältigung, Übersetzung, Verteilung, Rückgabe, Umstufung, Freigabe und Vernichtung.

(4) Jede registrierungspflichtige klassifizierte Information ist mit einer eigenen Geschäftszahl zu versehen. Festzuhalten sind jedenfalls das Erstellungs- oder Eingangsdatum, der Urheber, der Gegenstand und die Klassifizierungsstufe, die jeweilige Nummer der Kopie, der Name des Empfängers sowie das Datum der Übermittlung, Rückgabe, Umstufung, Freigabe und Vernichtung.

(5) Bei einer Umstufung hat die Registrierung in den Geschäftsbüchern sowohl der bisherigen als auch der neuen Klassifizierungsstufe zu erfolgen. Empfänger einer registrierten klassifizierten Information sind von der Umstufung oder Freigabe zu informieren.

(6) Werden EU-Verschlusssachen der Klassifizierungsstufe 'Très Secret UE/EU Top Secret' von einer anderen Stelle als der Zentralregistratur im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten übermittelt, so ist diese davon unverzüglich nachweislich in Kenntnis zu setzen.

Kopien und Übersetzungen

§11. (1) Kopien und Übersetzungen von klassifizierten Informationen der Stufe 2 oder höher sind nur von der zuständigen Registratur in besonders geschützten Bereichen anzufertigen. Jede Kopie ist als solche zu kennzeichnen und durch die jeweilige Nummer der Kopie zu individualisieren.

(2) Die Anfertigung von Kopien oder Übersetzungen von klassifizierten Informationen der Stufe 4 ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Urhebers erlaubt.

(3) Die Anfertigung von Abschriften von klassifizierten Informationen der Stufe 2 oder höher und die Erstellung von Notizen über den die Klassifizierung begründenden Inhalt sind mit Ausnahme der Fälle des §21 Abs1 Z2 der Anlage 1 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975 nicht zulässig.

(4) Die für das Original einer klassifizierten Information geltenden Bestimmungen finden auf Kopien, Notizen und Übersetzungen Anwendung.

Vernichtung

§12. (1) Klassifizierte Informationen sind mittels geeigneter Verfahren zu vernichten. Registrierungspflichtige klassifizierte Informationen werden ausschließlich von der zuständigen Registratur vernichtet.

(2) Über die Vernichtung registrierungspflichtiger klassifizierter Informationen ist ein Vernichtungsprotokoll anzulegen, das anstelle der vernichteten klassifizierten Information aufzubewahren ist. Vernichtungsprotokolle für klassifizierte Informationen der Stufen 2 und 3 sind mindestens fünf Jahre, Vernichtungsprotokolle für klassifizierte Informationen der Stufe 4 mindestens zehn Jahre aufzubewahren.

Dienstanweisungen

§13. Durch entsprechende Dienstanweisungen sind insbesondere festzulegen:

1. Verwaltungsbereiche und besonders geschützte Bereiche sowie die Verwaltung der jeweiligen Schlüssel und Codes in Absprache mit den über die jeweiligen Räume Verfügungsberechtigten,

2. Muster für den Nachweis der Sicherheitsbelehrung, die Registrierungsinformationen, die Empfangsbestätigung und das Vernichtungsprotokoll,

3. zusätzliche Angaben über den Empfänger, insbesondere die Bezeichnung des Klubs, der Fraktion oder der Parlamentsdirektion zur individuellen Kennzeichnung von Kopien gemäß §4."

III. Zur Zulässigkeit

1. Gemäß Art138b Abs1 Z7 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Zufolge §56i Abs3 VfGG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat, den Sachverhalt, die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, die erforderlichen Beweise sowie die Angaben zu enthalten, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde.

Dem Verfassungsgerichtshof ist es im Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 B VG verwehrt, über das in der Beschwerde ausdrücklich angeführte, konkrete Verhalten hinaus über sonstiges vom Beschwerdeführer nicht näher bezeichnetes Verhalten des Untersuchungsausschusses oder der Mitglieder oder Funktionäre des Untersuchungsausschusses zu erkennen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 B VG weiters auf die Feststellung zu beschränken, ob das ausdrücklich in Beschwerde gezogene Verhalten die konkret geltend gemachten Persönlichkeitsrechte verletzt. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht von Amts wegen zu prüfen, ob in andere als die geltend gemachten Persönlichkeitsrechte eingegriffen wurde und diese verletzt wurden (vgl VfSlg 20.015/2015).

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch drei Verhaltensweisen in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt: Durch die vom Untersuchungsausschuss und "speziell auch vom Vorsitzenden und vom Verfahrensrichter zu verantwortende" Zurverfügungstellung von Daten des Beschwerdeführers, die keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufwiesen, an alle Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses (Beschwerdepunkt 1), durch die vom Untersuchungsausschuss und "speziell auch vom Vorsitzenden und vom Verfahrensrichter zu verantwortende" Unterlassung geeigneter Maßnahmen, die eine Weitergabe der Daten des Beschwerdeführers an Dritte verhindertet hätten (Beschwerdepunkt 2), sowie durch die Weitergabe der Daten des Beschwerdeführers an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses "und/oder die mittelbare oder unmittelbare Weitergabe der Daten an die Medien durch ein Mitglied des Untersuchungsausschusses" (Beschwerdepunkt 3). Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Datenschutz (§1 DSG, Art8 EMRK, Art8 GRC sowie der Bestimmungen der DSGVO), auf Achtung des Briefverkehrs (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Achtung des Fernmeldegeheimnisses (Art10a StGG), auf Briefschutz (§77 UrhG), auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Art10 EMRK und Art11 GRC) sowie auf Gedanken- und Gewissensfreiheit (Art9 EMRK und Art10 GRC).

3. Der Beschwerdeführer legt im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde dar, er habe am 1. Juni 2021 durch Medienberichte davon Kenntnis erlangt, dass die Bundesministerin für Justiz der ergänzenden Beweisanforderung zur Vorlage von Daten des Mobiltelefons des Beschwerdeführers nachgekommen sei, diese Daten zunächst den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht und anschließend an bestimmte Medien weitergegeben worden seien. Am 3. Juni 2021 habe der Beschwerdeführer durch eine Presseaussendung der NEOS erfahren, dass die Weitergabe der Daten des Beschwerdeführers durch NEOS-Mitglieder des Untersuchungsausschusses erfolgt sei.

4. Zu Beschwerdepunkt 1

4.1. Der Beschwerdeführer behauptet zunächst eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die vom Ibiza-Untersuchungsausschuss und "speziell auch vom Vorsitzenden und vom Verfahrensrichter zu verantwortende" Verteilung der von der Bundesministerin für Justiz vorgelegten, den Beschwerdeführer betreffenden Daten. Es seien von der Bundesministerin für Justiz Teile von Chatprotokollen des Mobiltelefons des Beschwerdeführers an den Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelt worden, die weder den Untersuchungsgegenstand noch den Untersuchungszeitraum betroffen hätten. Die "nicht einmal abstrakt relevanten Informationen" seien von der Verteilung an alle Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses auszunehmen gewesen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätten der Vorsitzende und der Verfahrensrichter des Ibiza-Untersuchungsausschusses gemäß §9 Abs3 und §21 Abs6 VO UA bzw gemäß §6 Abs3 VO UA dafür Sorge tragen müssen, dass private, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffende Chatprotokolle nicht an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses verteilt werden.

Die Verteilung der Chatprotokolle an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses verstoße auch gegen §23 VO UA, der die Verwendung von Beweismitteln ausschließt, die durch "Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen" erlangt worden seien. Die Chatprotokolle seien von der Bundesministerin für Justiz entgegen Art5 und 6 DSGVO erlangt worden, weshalb eine Verwendung derselben gemäß §23 VO UA unrechtmäßig sei.

Der Beschwerdeführer sei durch die Verteilung der Chatprotokolle an die Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses im Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Datenschutz (§1 DSG, Art8 EMRK, Art8 GRC sowie der Bestimmungen der DSGVO), auf Achtung des Briefverkehrs (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Achtung des Fernmeldegeheimnisses (Art10a StGG), auf Briefschutz (§77 UrhG), auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Art10 EMRK und Art11 GRC) sowie auf Gedanken- und Gewissensfreiheit (Art9 EMRK und Art10 GRC) verletzt worden.

4.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses vorgelegten Unterlagen, konkret (bestimmte) Chatprotokolle des Mobiltelefons des Beschwerdeführers, seien vom Untersuchungsgegenstand und vom Untersuchungszeitraum des Ibiza-Untersuchungsausschusses nicht (abstrakt) umfasst und die Verteilung der vorgelegten Unterlagen an alle Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses habe den Beschwerdeführer in den von ihm bezeichneten Persönlichkeitsrechten (Art8, 9 und 10 EMRK, Art7, 8, 10, 11 GRC, §1 DSG, Art10a StGG, §77 UrhG) verletzt, betrifft keinen zulässigen Beschwerdegegenstand gemäß Art138b Abs1 Z7 B VG:

4.2.1. Gemäß Art53 Abs3 B VG haben informationspflichtige Organe auf Verlangen des Untersuchungsausschusses ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung vorzulegen. Das vorlagepflichtige Organ hat in Entsprechung eines solchen Verlangens zu prüfen, ob die angeforderten Akten und Unterlagen tatsächlich vom Gegenstand des Untersuchungsausschusses umfasst sind. Bestehen diesbezüglich Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem vorlagepflichtigen Organ, können beide Seiten den Verfassungsgerichtshof im Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG zur Klärung anrufen (vgl VfSlg 20.303/2018).

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, haben Personen, die von der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss betroffen sind, kein Beschwerderecht gemäß Art138b Abs1 Z7 B VG mit der Begründung, das vorlagepflichtige Organ habe die Akten und Unterlagen zu Unrecht (dh Akten und Unterlagen, die nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind) vorgelegt. Dem Betroffenen steht aber nach anderen Rechtsvorschriften (zB nach dem Datenschutzgesetz) die Möglichkeit offen, bei den dafür zuständigen Verwaltungsbehörden oder ordentlichen Gerichten gegen jenes Organ vorzugehen, das dem Untersuchungsausschuss behauptetermaßen zu Unrecht Akten und Unterlagen vorgelegt hat (VfSlg 20.303/2018).

4.2.2. Soweit dementsprechend der Beschwerdeführer unter Beschwerdepunkt 1 rügt, die von der Bundesministerin für Justiz vorgelegten Unterlagen, konkret (bestimmte) Chatprotokolle des Mobiltelefons des Beschwerdeführers, seien vom Untersuchungsgegenstand und vom Untersuchungszeitraum des Ibiza-Untersuchungsausschusses nicht (abstrakt) umfasst, handelt es sich um ein nach Art138b Abs1 Z7 B VG unzulässiges Beschwerdevorbringen.

Gleiches gilt für die in Beschwerde gezogene – an die Vorlage der Unterlagen durch das vorlagepflichtige Organ anschließende – Verteilung der vorgelegten Unterlagen an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses: Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Verteilung der vorgelegten Unterlagen an sämtliche Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses verletze den Beschwerdeführer in seinen Persönlichkeitsrechten, weil die darin enthaltenen Chatprotokolle des Mobiltelefons des Beschwerdeführers vom Untersuchungsgegenstand nicht (abstrakt) umfasst seien, richtet sich der Sache nach auch gegen den Umfang der Vorlage. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Punkt 4.2.1. ist der Be-schwerdepunkt 1 auch in dieser Hinsicht unzulässig.

4.2.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stellt die Verteilung der seitens der Bundesministerin für Justiz vorgelegten Akten und Unterlagen einen internen Vorgang zwischen der zuständigen Registratur der Parlamentsdirektion (§7 Abs2 InfoV) und zugangsberechtigten Personen gemäß dem Informationsorganisationsgesetz (§13 InfOG) dar, der nicht zum Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B VG gemacht werden kann.

Im Übrigen ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Verwaltung der vorgelegten Akten und Unterlagen obliegt der Registratur des Nationalrates, die als Organisationseinheit der Parlamentsdirektion dem Präsidenten des Nationalrates untersteht (Art30 Abs3 B VG). Die Funktion des Präsidenten des Nationalrates ist von jener des Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses zu unterscheiden. Art138b Abs1 Z7 B VG sieht keine Möglichkeit vor, Persönlichkeitsrechtsverletzungen wegen des Verhaltens (in der Funktion) des Präsidenten des Nationalrates im Rahmen einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof geltend zu machen.

4.2.4. Anders als der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde meint, lässt sich aus den in der Beschwerde angeführten Bestimmungen (§6 Abs3, §9 Abs3, §21 Abs6 und §23 VO UA) auch keine Ermächtigung bzw Verpflichtung des Vorsitzenden bzw des Verfahrensrichters des Untersuchungsausschusses ableiten, von informationspflichtigen Organen vorgelegte Akten und Unterlagen im Hinblick auf ihre Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zu prüfen und gegebenenfalls von der Verteilung an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses auszunehmen. Der Untersuchungsausschuss und seine Mitglieder haben ausschließlich zu beurteilen, ob das aufgeforderte Organ seiner Vorlageverpflichtung in genügender Weise entsprochen hat und allenfalls – bei unterschiedlicher Auffassung über den Umfang der Vorlageverpflichtung – eine Klärung beim Verfassungsgerichtshof nach Art138b Abs1 Z4 B VG zu erwirken (§27 Abs4 VO UA).

4.3. Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich des Beschwerdepunktes 1 (i.e. des unter lita gestellten Antrages in der Beschwerde) als unzulässig, weil das bekämpfte Verhalten des Ibiza-Untersuchungsausschusses und/oder seiner Funktionäre keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Beschwerdeführers bewirken kann.

5. Zu Beschwerdepunkt 2

5.1. Der Beschwerdeführer erblickt eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung in der vom Ibiza-Untersuchungsausschuss und "speziell auch vom Vorsitzenden und vom Verfahrensrichter zu verantwortenden" Unterlassung geeigneter Maßnahmen, die eine Weitergabe der persönlichen Daten des Beschwerdeführers an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses verhindert hätten. Im Ibiza-Untersuchungsausschuss seien keine Maßnahmen dahingehend unternommen worden, "die Weitergabe [der Chatprotokolle] an Medienvertreter wirksam zu verhindern." Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätten der Vorsitzende und der Verfahrensrichter des Ibiza-Untersuchungsausschusses gemäß §9 Abs3 und §21 Abs6 VO UA bzw gemäß §6 Abs3 VO UA durch ein geeignetes "Kontrollsystem" dafür Sorge tragen müssen, dass private, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffende Chatprotokolle nicht unkontrolliert weiterverbreitet werden. Die konkrete Ausgestaltung dieses "Kontrollsystems" sei dem Vorsitzenden sowie dem Verfahrensrichter des Untersuchungsausschusses überlassen; maßgeblich sei im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §9 VStG, dass das System im Ergebnis funktioniere.

Die Unterlassung geeigneter Maßnahmen verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Datenschutz (§1 DSG, Art8 EMRK, Art8 GRC gemäß den Bestimmungen der DSGVO), auf Achtung des Briefverkehrs (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Achtung des Fernmeldegeheimnisses (Art10a StGG), auf Briefschutz (§77 UrhG), auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Art10 EMRK und Art11 GRC) sowie auf Gedanken- und Gewissensfreiheit (Art9 EMRK und Art10 GRC).

5.2. Anders als der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde meint, lässt sich aus den Regelungen des §6 Abs3, §9 Abs3 und §21 Abs6 VO UA keine Verpflichtung des Verfahrensrichters bzw des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses ableiten, ein "Kontrollsystem" zur Verhinderung einer Weiterverbreitung von Unterlagen durch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses an Dritte einzurichten. Der Vorsitzende hat im Rahmen der Sitzungsleitung gemäß §6 Abs3 VO UA für die Handhabung der Geschäftsordnung, die Leitung der Verhandlungen und die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung während der Sitzung zu sorgen. Gemeint ist damit die Einhaltung der Redeordnung, die Achtung der Teilnahme- und Rederechte und die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Ablaufes der Sitzungen des Untersuchungsausschusses. Gemäß §6 Abs3 zweiter Satz VO UA hat der Vorsitzende auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes – insbesondere von Auskunftspersonen – zu achten.

Den Umgang mit klassifizierten Informationen und nicht-öffentlichen Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates – und damit auch eines Untersuchungsausschusses iSd Art53 B VG – regelt das Informationsordnungsgesetz (sowie die auf Grundlage des §26 InfOG erlassene Informationsverordnung). Es ist zunächst Aufgabe des Urhebers (vgl §5 Abs2 und 3 InfOG), dh jenes Organs, unter dessen Aufsicht und Verantwortung klassifizierte Informationen erstellt und dem Nationalrat oder Bundesrat zugeleitet wurden, die Klassifizierung nach §4 und §5 Abs2 InfOG vorzunehmen. Gemäß §5 Abs3 InfOG ist eine dem Nationalrat oder dem Bundesrat zugeleitete Information vom Urheber (in der Diktion des hier maßgeblichen Art53 Abs3 B VG: vom zur Vorlage an den Untersuchungsausschuss verpflichteten Organ) freizugeben oder herabzustufen, wenn die Gründe für die ursprüngliche Klassifizierung oder Sicherheitseinstufung wegfallen oder eine Herabstufung erforderlich machen. Gemäß §6 Abs1 InfOG kann ein Mitglied oder ein Ausschuss des Nationalrates dem Präsidenten des Nationalrates die Freigabe oder Umstufung einer dem Nationalrat zugeleiteten Information mit schriftlich zu erfolgender Begründung vorschlagen. Der Präsident des Nationalrates entscheidet gemäß §6 Abs2 InfOG nach Einholung der Stellungnahme des Urhebers und Beratung in der Präsidialkonferenz über den Vorschlag. Der Urheber kann die Entscheidung des Präsidenten des Nationalrates beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs2 B VG wegen Rechtswidrigkeit anfechten (§6 Abs4 InfOG).

Gemäß §2 InfOG ist jede Person, der auf Grund des Informationsordnungsgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, zur Verschwiegenheit über die ihr dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und hat "durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt". Wer entgegen den Bestimmungen des Informationsordnungsgesetzes eine nicht allgemein zugängliche klassifizierte Information der Stufe 3 oder 4 offenbart oder verwertet, deren Offenlegung oder Verwertung geeignet ist, unter anderem die Strafrechtspflege oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, begeht eine gerichtlich strafbare Handlung (§18 Abs1 InfOG). Bei Verstößen gegen das Informationsordnungsgesetz betreffend Informationen der Klassifizierungsstufe 1 oder 2 besteht nach §54 VO UA die Möglichkeit der Erteilung eines Ordnungsrufes (§102 GOG NR) und der Festsetzung eines Ordnungsgeldes.

Klassifizierte Informationen sind durch die Einrichtung geschützter Bereiche physisch zu schützen (§20 InfOG, §§5, 6 InfoV). Informationen der Klassifizierungsstufen 2, 3 und 4 sind gemäß §21 InfOG und §10 InfoV zu registrieren. Die jährliche Kontrolle des einzurichtenden Systems der Informationssicherheit obliegt den Registraturverantwortlichen (§24 InfOG).

Die dargestellten Regelungen dienen allesamt der Sicherstellung der Geheimhaltung von Informationen im Rahmen der Tätigkeit (auch) eines Untersuchungsausschusses in Abhängigkeit von der Einstufung des jeweiligen Geheimhaltungsinteresses (vgl VfSlg 19.973/2015).

5.3. Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach die (unrechtmäßige) Verwaltung und Verteilung der ihn betreffenden Unterlagen in Beschwerde zieht, wendet er sich (wie bereits unter Beschwerdepunkt 1) gegen die Vorgehensweise der zuständigen Registratur bzw des Präsidenten des Nationalrates. Eine Zuständigkeit des Vorsitzenden (oder des Verfahrensrichters) eines Untersuchungsausschusses ist im Zusammenhang mit der Verwaltung und Verteilung der Akten und Unterlagen im Nationalrat nicht vorgesehen: Das Informationsordnungsgesetz und die Informationsverordnung sehen Aufgaben des Präsidenten des Nationalrates (vgl etwa §13 Abs1 Z5 und Z6, §26 sowie §27 InfOG), nicht aber des Vorsitzenden (oder des Verfahrensrichters) eines Untersuchungsausschusses vor. Das Verhalten (bzw Unterlassen) des Präsidenten des Nationalrates im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Informationsordnungsgesetz oder der Informationsverordnung kann nicht zum Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B VG gemacht werden.

5.4. Für den Verfassungsgerichtshof ist anhand des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich, dass der Vorsitzende oder der Verfahrensrichter des Ibiza-Untersuchungsausschusses gegen eine vom Beschwerdeführer zutreffend angeführte, diesen in ihrer Funktion als Vorsitzenden oder Verfahrensrichter obliegende Verpflichtung verstoßen haben könnten, die eine Verletzung des Beschwerdeführers in Persönlichkeitsrechten zu begründen vermag.

5.5. Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich des Beschwerdepunktes 2 (i.e. des unter litb gestellten Antrages in der Beschwerde) als unzulässig, weil das bekämpfte Verhalten des Ibiza-Untersuchungsausschusses und/oder seiner Funktionäre keine Verletzung in Persönlichkeitsrechten des Beschwerdeführers bewirken kann.

6. Zu Beschwerdepunkt 3

6.1. Der Beschwerdeführer richtet sich schließlich gegen die Weitergabe der dem Untersuchungsausschuss übermittelten Unterlagen (Chatprotokolle) an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses. Laut dem Beschwerdevorbringen lasse sich aus der Beschriftung der veröffentlichten (Auszüge aus den) Chatprotokolle(n) des Beschwerdeführers in Print- und Onlinemedien sowie der Presseaussendung des Klubs der NEOS vom 3. Juni 2021 folgern, dass den Beschwerdeführer betreffende Unterlagen von Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses, entweder von *********************** oder von *********************, an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses weitergegeben worden seien. Die Weitergabe von als "vertraulich" klassifizierten Informationen (§4 Abs1 Z2 InfOG) verstoße gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung gemäß §2 InfOG sowie die Bedingungen einer Veröffentlichung nach §20 VO UA. Die rechtswidrige Weitergabe personenbezogener Daten (Chatprotokolle) an (nicht zugangsberechtigte) Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Datenschutz (§1 DSG, Art8 EMRK, Art8 GRC gemäß der Bestimmungen der DSGVO), auf Achtung des Briefverkehrs (Art8 EMRK und Art7 GRC), auf Achtung des Fernmeldegeheimnisses (Art10a StGG), auf Briefschutz (§77 UrhG), auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Art10 EMRK und Art11 GRC) sowie auf Gedanken- und Gewissensfreiheit (Art9 EMRK und Art10 GRC).

6.2. Anders als der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde meint, sind die Aussagen des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf den Umfang des Beschwerdegegenstandes nach Art138b Abs1 Z7 litb B VG in der Entscheidung VfSlg 20.015/2015 auf die unter Beschwerdepunkt 3 gerügte (und behauptete) Weitergabe von Unterlagen durch Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses an Dritte übertragbar:

6.2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfSlg 20.015/2015 bereits festgehalten hat, bezieht sich das Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 litb B VG nur auf das Verhalten eines Mitgliedes des Untersuchungsausschusses "in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates". Zum Bundesgesetz BGBl I 101/2014, mit dem §56i in das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 eingefügt wurde, führen die Erläuterungen (IA 718 A, 25. GP, 21) Folgendes aus:

"Die Beschwerde, in der die Verletzung von Persönlichkeitsrechten – wozu auch einfachgesetzlich gewährleistete Rechte zählen – behauptet wird, richtet sich gegen das Verhalten eines Untersuchungsausschusses, eines seiner Mitglieder oder gesetzlich bestimmter Funktionäre (das sind der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter, der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter, der Ermittlungsbeauftragte sowie der Vorsitzende und seine Stellvertreter). Die Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn sich das Mitglied bzw der Funktionär 'in Ausübung seines Berufes' verhalten hat (vgl Art57 Abs1 B VG). Handlungen außerhalb des Untersuchungsausschusses, etwa in Pressekonferenzen, sind vom Anwendungsbereich folglich nicht umfasst."

Art138b Abs1 Z7 litb B VG ist so zu verstehen, dass nur das Verhalten eines Mitgliedes des Untersuchungsausschusses während und nicht außerhalb der Sitzungen des Untersuchungsausschusses Gegenstand im Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 B VG sein kann (vgl auch Pürgy , Art138b, in: Kahl/Khakzadeh/Schmid [Hrsg.], Kommentar Bundesverfassungsrecht, 2021, Rz 25).

6.3. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung in Persönlichkeitsrechten mit der Begründung geltend macht, das Mitglied des Ibiza-Untersuchungsausschusses ********************* und/oder das Mitglied des Ibiza-Untersuchungsausschusses *********************** hätten Unterlagen den Beschwerdeführer betreffend an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses weitergegeben, kann dieses behauptete Verhalten sohin nicht zum Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B VG gemacht werden.

6.4. Der Vollständigkeit halber weist der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass dem Beschwerdeführer andere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, zumal nach dem bestehenden Sachverhalt das behauptete Verhalten nicht in Ausübung des Berufes gemäß Art57 Abs1 B VG erfolgt ist.

6.5. Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich des Beschwerdepunktes 3 (i.e. des unter litc gestellten Antrages in der Beschwerde) als unzulässig, weil das bekämpfte, nach der Beschwerde unstrittig außerhalb der Sitzungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses gesetzte (behauptete) Verhalten von ********************* und *********************** nicht zum Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B VG gemacht werden kann.

IV. Ergebnis

1. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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