JudikaturVfGH

A5/2020 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2021

Spruch

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin ist schuldig, dem Land Kärnten zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 3.206,76 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Klage und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art137 B VG, begehrt die Klägerin, das Land Kärnten schuldig zu erkennen, der Klägerin den Betrag von € 113.338,28 samt 4 % Zinsen (jährlich) aus € 48.189,90 seit 23. Mai 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. Juni 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. Juli 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. August 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. September 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. Oktober 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 9.637,98 seit 23. November 2019, 4 % Zinsen (jährlich) aus € 7.320,46 seit 23. Dezember 2019, sowie den Ersatz der Prozesskosten zuhanden ihrer Rechtsvertreterin binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Darüber hinaus beantragt die Klägerin, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der beklagten Partei den Kostenaufwand für Time-out-Gruppen in Schulen anteilig oder zur Gänze zu ersetzen.

Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"I. Sachverhalt

1. Gemäß dem Konzept des Landesschulrates für Kärnten für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens in der Fassung von September 2016 können Schüler, die an schweren Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden, in sogenannten Time-Out Gruppen unterrichtet werden. In diesen Time-Out Gruppen findet Schulunterricht statt, der sich grundsätzlich am allgemeinen Erziehungs- und Bildungsauftrag und – daraus abgeleitet – an den jeweiligen Lehrplänen der Schulen orientiert. Der Unterricht in den Time-Out Gruppen erfolgt durch multiprofessionelle Teams aus Lehrern und Sozialpädagogen.

2. Im Rahmen des Finanzausgleichs erhält die beklagte Partei (Land) vom Bund die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Nach Abzug bestimmter gesetzlich vorgesehener Umlagen ist das Land verpflichtet, diese Ertragsanteile an die Gemeinden – darunter die klagende Partei – zu überweisen. Im Jahr 2019 hat die beklagte Partei 55% der Kosten für die Sozialpädagogen in den Time-Out Gruppen von den Ertragsanteilen für die klagende Partei abgezogen. Die beklagte Partei qualifizierte die Mitarbeit von Sozialpädagogen in den Time-Out Gruppen (fälschlicherweise) als 'sozialen Dienst' gem §21 Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz (K-KJHG), und leitet daraus fälschlich ab, dass die Gemeinden gem §65 Abs2 K-KJHG zur anteiligen Tragung der Kosten verpflichtet wären.

3. Die Mitwirkung von Sozialpädagogen am Unterricht in den Time-Out Gruppen stellt jedoch – entgegen der Rechtsmeinung der beklagten Partei – keinen sozialen Dienst iSd K-KJHG, sondern Schulunterricht iSd Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) dar. Die klagende Partei ist daher nicht verpflichtet, dem Land einen Kostenaufwand zu ersetzen, und der Abzug erfolgte zu Unrecht.

4. Seit Jänner 2019 behält die beklagte Partei daher gegenüber der klagenden Partei zu Unrecht einen Betrag iHv EUR 113.338,28 von den auszubezahlenden Ertragsanteilen im Rahmen des Finanzausgleichs ein. Da dieser Betrag trotz Fälligkeit bisher nicht an die klagende Partei bezahlt wurde, begehrt die klagende Partei die Überweisung der zu Unrecht durch die beklagte Partei im Rahmen des Finanzausgleichs vom Bruttoertragsanteil in Abzug gebrachten Ertragsanteile. Die klagende Partei ist zur Klagsführung veranlasst, da eine Zahlung seitens der beklagten Partei trotz Aufforderung nicht erfolgt ist. Auch eine Einigung zwischen den Parteien war nicht möglich.

II. Zulässigkeit

Der Verfassungsgerichtshof erkennt gem Art137 B VG über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Die Landeshauptstadt Klagenfurt ist als Gebietskörperschaft zur Klage aktivlegitimiert (VfSlg 10.968, 13.737, 13.770, 14.168; vgl auch Mayer/Muzak , B VG 5 Art137 B VG I). Der Beschluss des Stadtsenats vom 19.11.2019 wird der Klage als Beilage ./A beigeschlossen. Die gegenständliche Klage ist auf Überweisung von Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben gegen das Land Kärnten gerichtet.

Der Anspruch ist weder im ordentlichen Rechtsweg noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Vermögensrechtlicher Natur sind alle auf eine Geldleistung gerichteten Ansprüche. Ansprüche der Gebietskörperschaften untereinander, die sich aus der Finanzverfassung und dem Finanzausgleich ergeben, können vor dem VfGH geltend gemacht werden ( Frank in Rill/Schäffer , Kommentar, 5. Lieferung, Art137 Rz 16; vgl auch Berka , Verfassungsrecht 6 , Rz 1122). Nach der Rsp des VfGH betrifft dies auch Ansprüche auf Überweisung von Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (VfSlg 939, 1399, 2531, 2759, 3076, 7001, 7644, 8578, 9280, 9281, 10.044, 10.068, 10.102, 10.316, 10.633, 10.677, 11.394, 11.521, 12.784, 14.455, 15.938).

Der Verfassungsgerichtshof ist daher im Rahmen der Kausalgerichtsbarkeit für die gegenständliche Klage zuständig.

III. Begründung

1. Finanzausgleich

Der Bundesgesetzgeber ist gem §3 Abs1 Finanzverfassungsgesetz 1948 (F-VG) ermächtigt, die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) zu regeln. Die diesbezüglichen Bestimmungen finden sich im Finanzausgleichsgesetz 2017 (FAG 2017). Nach §4 F-VG ist bei der Aufteilung der Erträge der gemeinschaftlichen Abgaben auf die Gebietskörperschaften, auf die Lasten der öffentlichen Verwaltung und die Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften Bedacht zu nehmen ( Berka , Verfassungsrecht 6 , Rz 452). Durch das FAG 2017 werden auch Finanzzuweisungen und Zuschüsse etwa vom Bund für die Landeslehrer geregelt.

In §§10 ff FAG 2017 ist die Aufteilung der Erträge gemeinschaftlicher Bundesabgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geregelt. Zur Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden werden zunächst die Ertragsanteile der Gemeinden länderweise unter Beachtung der in §10 Abs5 FAG 2017 angeführten Schlüsse rechnungsmäßig aufgeteilt (ungekürzte Ertragsanteile). Von den so länderweise errechneten Beträgen sind 12,8 % auszuscheiden und den Ländern für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände zu überweisen (§12 Abs1 FAG 2017). Weiters sind Beträge in Höhe des Zweckzuschusses des Bundes gem §27 Abs3 FAG 2017 auszuscheiden (§12 Abs2 FAG 2017).

Die restlichen Anteile sind als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben an die Länder zu überweisen und von diesen an die einzelnen Gemeinden nach einem in §12 Abs3 Z1-4 FAG 2017 normierten Schlüssel aufzuteilen.

Auf diese Ertragsanteile gebühren den Ländern und Gemeinden gem §13 Abs1 FAG 2017 monatliche Vorschüsse. Die endgültige Abrechnung hat auf Grund des Rechnungsabschlusses des Bundes zu erfolgen. Sobald die vorläufigen Ergebnisse des abgelaufenen Haushaltsjahres der Bundesfinanzverwaltung vorliegen, spätestens aber bis Ende März des Folgejahres, muss eine Zwischenabrechnung durchgeführt werden und müssen hierbei – vorbehaltlich der endgültigen Abrechnung – den Ländern und Gemeinden allfällige Restguthaben flüssig gemacht werden (§13 Abs1 FAG 2017).

Die Länder haben die den Gemeinden gebührenden Vorschüsse auf die Ertragsanteile gem §12 Abs3 FAG 2017 nach Abzug der Landesumlage an diese Gebietskörperschaften zu überweisen (§13 Abs2 FAG 2017).

Die beklagte Partei wäre im Rahmen des Finanzausgleichs verpflichtet gewesen, der klagenden Partei für Jänner bis einschließlich Dezember 2019 die vollständigen Ertragsanteile lediglich unter Abzug der gesetzlich vorgesehenen Umlagen zu überweisen. Tatsächlich wurden von diesem Betrag von der beklagten Partei zu Unrecht EUR 113.338,28 einbehalten. Die beklagte Partei begründet dies zusammengefasst damit, dass die klagende Partei auf Basis des §65 Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetzes (K-KJHG) einen Kostenaufwand in Höhe von EUR 113.338,28 für die Kosten der sogenannten 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen zu tragen hätte. Dies ist jedoch – wie im Folgenden gezeigt wird – nicht zutreffend.

Die entsprechenden Ertragsanteilsberechnungen der beklagten Partei werden dieser Klage im Konvolut als Beilage ./B beigeschlossen. Der für die Time-Out Gruppen abgezogene Kostenanteil ist in den Abrechnungen jeweils als 'TOG u. Inklusion' bezeichnet. Der Kostenanteil betreffend die Monate Jänner bis April 2019 wurde im [Mai] 2019 nachträglich abgezogen. Da es sich bei der ausgewiesenen Position um einen Gesamtbetrag aus Kostenanteilen für Time-Out Gruppen und Inklusion handelt, wird ein [E-Mail] aus dem Amt der Kärntner Landesregierung als Beilage ./C beigeschlossen, aus dem hervorgeht, dass monatlich jeweils ein Betrag von EUR 9.637,98 auf die Time-Out Gruppen entfällt. Der Klagsbetrag errechnet sich dabei wie folgt:

2. Kostentragung nach dem Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz (K-KJHG)

Gemäß §65 Abs1 K-KJHG sind die Kosten der Kinder- und Jugendhilfe vom Land zu tragen. Die Gemeinden haben dem Land den Kostenaufwand in der Höhe von 50% zu ersetzen (§65 Abs2 K-KJHG). Laut ArtII Abs3 Knt LGBl Nr 15/2018 ist dieser Prozentsatz erstmals für das Kalenderjahr 2029 anzuwenden. Für das Kalenderjahr 2019 beträgt der Anteil 55% (ArtII Abs2 Z2 Knt LGBl Nr 15/2018). Die Gemeinden haben dem Land monatliche Vorschüsse auf diese von ihnen zu erstattenden Kosten zu leisten. Die Landesregierung hat die Höhe dieser Vorschüsse unter Bedachtnahme auf die zu erwartenden jährlichen Kostenanteile festzusetzen. Der zu leistende monatliche Vorschuss ist dabei vom Land von den Ertragsanteilen der Gemeinden einzubehalten (§65 Abs5 K KJHG). Liegt der Vorschuss unter dem zu erstattenden Kostenanteil, ist der Differenzbetrag vom Land von den Ertragsanteilen der Gemeinden einzubehalten (§65 Abs7 K-KJHG).

3. Time-Out Gruppen

Ausweislich des Konzepts des Landesschulrates für Kärnten für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens in der Fassung von September 2016 (im Folgenden: 'Konzept 2016'; Beilage ./E) werden in den Time-Out Gruppen 'SchülerInnen unterrichtet, die an schweren Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden, die durch unterschiedliche Ursachen begründet sind' (siehe Beilage ./E, Seite 3 oben). Die Zuweisung in die Time-Out Gruppe wird als 'letzte Maßnahme' gesehen, 'bevor dem/der betreffenden Schüler/in ein Ausschlussverfahren gem §49 SchUG droht' (siehe Beilage ./E, Seite 3 unten).

In den Time-Out Gruppen findet Schulunterricht statt. Im Konzept 2016 heißt es dazu:

'Der Unterricht in der Time-Out Gruppe orientiert sich grundsätzlich am allgemeinen Erziehungs- und Bildungsauftrag und daraus abgeleitet an den jeweiligen Lehrplänen der Volksschulen, Neuen Mittelschulen und Sonderschulen. Aufgrund individueller Förderplanungen und regelmäßiger Standortbestimmungen werden die konkreten Unterrichtsinhalte für jeden Schüler und jede Schülerin festgelegt' (siehe Beilage ./E, Seite 4 oben). Zu den Aufgaben der Lehrkräfte (vgl Beilage ./E, Seite 8) und der methodischen Vorgehensweise (vgl Beilage ./E, Seite 9) enthält das Konzept 2016 nähere Festlegungen.

Angestrebt wird, dass sich alle Einrichtungen, die mit der betreffenden Schülerzielgruppe befasst sind, vernetzen. Dies führt einerseits zur 'Implementierung multiprofessioneller Teams (LehrerInnen und SozialpädagogInnen)'. Andererseits finden in ca sechswöchigen Abständen 'Vernetzungssitzungen' der Schule mit Einrichtungen statt, in denen ein professioneller Austausch hinsichtlich der Kinder und Jugendlichen in Time-Out Gruppen erfolgt (siehe Beilage ./E, Seite 4).

Die Zielsetzung wird wie folgt beschrieben: 'Das allgemeine Ziel der Arbeit in den Time-Out Gruppen besteht also zunächst in der Entwicklung von Handlungskompetenz im Arbeits- und Sozialverhalten, um damit eine schrittweise Reintegration entsprechend der individuellen Möglichkeiten jedes Schülers / jeder Schülerin in den Schulalltag zu ermöglichen' (siehe Beilage ./E, 9 Seite 4). Weiter finden sich im Konzept konkrete Teilziele (vgl Beilage ./E, Seiten 4 ff). Eines dieser Teilziele besteht in der 'Herstellung von Vernetzungsmöglichkeiten zwischen allen helfenden Einrichtungen (Eltern, Schulpsychologie, Abteilung Jugend und Familie, Ärzte, Psychologen, Therapeuten, außerschulische Beratungs- und Betreuungseinrichtungen …)[,] um Stabilität und Strukturen außerhalb der Schule zu sichern' (Beilage ./E, Seite 5 unten).

Die Entscheidung über die Aufnahme in die Time-Out Gruppe wird im Rahmen einer 'Vernetzungskonferenz' getroffen (Beilage ./E, Seite 6).

Für die Organisation der Time-Out Gruppen sieht das Konzept 2016 vor, dass einzelne Gruppen, die aus bis zu sechs SchülerInnen der Primar- oder Sekundarstufe zusammengesetzt werden, 'entweder von einem LehrerInnen-Team, bestehend aus einer Sonderpädagogin und einer Regelschullehrerin, oder von einem multiprofessionellen Team, bestehend aus einer Lehrerin und einer Sozialpädagogin, die idealerweise männlich und weiblich sind, unterrichtet' werden. 'Der Dienstgeber der LehrerInnen ist die Abt. 6 der Landesregierung, die Sozialpädagoginnen werden über 'Die Kinderfreunde Kärnten' angestellt'. Die SchülerInnen der Time-Out Gruppe 'bleiben während der Zeit, in der sie in den Kleingruppen unterrichtet werden, SchülerInnen der Stammklasse[,] aus der sie zugewiesen wurden' (vgl Beilage ./E, Seite 7). Die SozialpädagogInnen sind weder in die Auswahl des Lehrstoffes noch in die Leistungsbeurteilung eingebunden (vgl Beilage ./E, Seite 8). Sie unterstützen daher die Lehrer bei der Durchführung des Unterrichts und der Vermittlung des Lehrstoffs nach dem Schulunterrichtsgesetz.

4. Rechtliche Qualifikation von Time-Out Gruppen

Eine Kostentragung der Gemeinde für die Mitwirkung von SozialpädagogInnen am Schulunterricht in Time-Out Gruppen würde voraussetzen, dass diese Tätigkeit als Kinder- und Jugendhilfe iSd K-KJHG zu qualifizieren wäre. Dies ist jedoch gegenständlich nicht der Fall, weshalb die Gemeinden auch nicht verpflichtet werden können, den anteiligen Kostenaufwand zu tragen.

4.1 Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

Bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen sind die Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe einerseits und des Schulwesens andererseits klar getrennt:

In Angelegenheiten der Jugendfürsorge ist Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze und Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung (Art12 Abs1 Z1 B VG). Unter 'Jugendfürsorge' sind nach der Rechtsprechung des VfGH nur Maßnahmen der Befürsorgung und der Hilfe zu verstehen, die dazu dienen, die körperliche, geistige, seelische und sittliche Entwicklung von Jugendlichen zu unterstützen und zu fördern (VfSlg 2873/1955). Die Kompetenz nach Art12 Abs1 Z1 B VG schließt die Regelung der Kostentragung für Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege ein (VfSlg 13.000/1992). Darunter fällt aber nur die 'reine Jugendfürsorge', die insbesondere auch von den in die Kompetenz der Schulbehörden fallenden Angelegenheiten des Schulwesens losgelöst ist (VfSlg 1636/1948; VwGH 15.9.1986, 84/15/0157; Mayer/Muzak , B VG 5 [2015] Art12 B VG I.1.).

Das Schul- und Erziehungswesen gehört dagegen zum Kompetenztatbestand des Art14 B VG. Art14 Abs6 Satz 1 B VG definiert Schulen als 'Einrichtungen, in denen Schüler gemeinsam nach einem umfassenden, festen Lehrplan unterrichtet werden und im Zusammenhang mit der Vermittlung von allgemeinen oder allgemeinen und beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten ein umfassendes erzieherisches Ziel angestrebt wird'. Kennzeichnend für eine Schule ist somit das Verfolgen pädagogischer und erzieherischer Ziele (siehe VfSlg 6407/1971; Wieser , Handbuch des österreichischen Schulrechts – Band I: Verfassungsrechtliche Grundlagen und schulrechtliche Nebengesetze [2010] 29; ferner Andergassen , Schulrecht 2018/19 3 [2018] Rz 121 mwN).

Die Zuständigkeit zur Regelung der Schulorganisation der öffentlichen Pflichtschulen bestimmt sich nach Art14 Abs3 lita B VG und betrifft beispielsweise die Festlegung der Klassenschülerzahlen (§14 SchOG und §4c K SchG).

Zur Regelung des Schulunterrichts ist demgegenüber nach Art14 Abs1 B VG ausschließlich der Bundesgesetzgeber zuständig (siehe dazu auch Wieser , Handbuch des österreichischen Schulrechts – Band I: Verfassungsrechtliche Grundlagen und schulrechtliche Nebengesetze [2010] 38 f). Schulunterricht umfasst ua die (konkrete) Klassen- und Gruppenbildung (§9 SchUG). Darunter fällt also auch die Bildung der Time-Out Gruppen.

4.2 Kompetenzwidrige Interpretation des K-KJHG durch die beklagte Partei

Das Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (B-KJHG) legt als Grundsatzgesetz einen österreichweiten Rahmen für die Sicherstellung förderlicher Entwicklungsbedingungen in – und in besonderen Fällen auch außerhalb – der Familie fest. In der Kompetenzverteilung ist dieses Bundesgesetz dem Art12 Abs1 Z1 B VG zugewiesen, der die Aufgaben der Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge beinhaltet und dem Bund dafür die Grundsatzgesetzgebung überlässt. Die Ausführungsgesetzgebung obliegt den Ländern.

a) Kein sozialer Dienst

Das Land Kärnten regelt im zweiten Hauptstück des K-KJHG, welche Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe gewährt werden. In diesem Rahmen beschreibt §21 K-KJHG die sozialen Dienste. Der Begriff 'sozialer Dienst' entstammt bereits der grundsatzgesetzlichen Bestimmung des §16 B-KJHG. Dort wird kein Bezug zu schulischen Angelegenheiten hergestellt, jedoch ist die Aufzählung möglicher sozialer Dienste demonstrativer Art(arg 'insbesondere'). Es erscheint daher nicht von Vornherein ausgeschlossen, dass der Landesgesetzgeber auch soziale Dienste vorsehen darf, die auf die Betreuung schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher und/oder die Leistung sozialer Arbeit an Schulen abzielen. Auch unter dieser Prämisse sind gem §16 Abs1 B-KJHG soziale Dienste stets nur 'zur Förderung von Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens' zur Verfügung zu stellen.

Der Landesgesetzgeber ist an die in §16 Abs1 B-KJHG vorgegebenen Zielrichtungen von sozialen Diensten gebunden, darf in diesem Rahmen allerdings auch weitere soziale Dienste vorsehen, die in der demonstrativen Aufzählung des §16 Abs3 B-KJHG nicht ausdrücklich vorkommen. Soziale Dienste, welche über diese Zielrichtungen hinausgehen, darf der Landesgesetzgeber nicht vorsehen, ohne gegen §16 B-KJHG zu verstoßen (siehe dazu insbesondere VfSlg 15.279/1998 zum JWG 1989, wonach die Länder zwar vom Grundsatzgesetzgeber nicht behandelte Fragen nach eigenem Ermessen regeln, jedoch in geregelten Bereichen keine dem Grundsatzgesetz widersprechenden – letzteres also in seinen rechtlichen Wirkungen verändernden oder einschränkenden – Bestimmungen treffen dürfen).

b) Keine Schulsozialarbeit

Teil der sozialen Dienste ist gem §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG auch die Schulsozialarbeit. Schulsozialarbeit im Sinne von §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG ist kein Schulunterricht. Umso weniger trifft dies für die 'soziale Betreuung schulpflichtiger Kinder' im Sinne von §21 Abs4 Z3 litb K-KJHG zu. Sie wird vom Gesetz als präventive 'Beratung und Förderung von Schülern' verstanden, die nach deren eigenem Ermessen – mithin freiwillig – in Anspruch genommen werden kann (§21 Abs2 K-KJHG). Sie mag zwar (örtlich) in Schulräumlichkeiten stattfinden, stellt sich jedoch weder als Schulunterricht noch als schulische Veranstaltung außerhalb des lehrplanmäßigen Unterrichts im Sinne des §13 SchUG dar (siehe dazu näher Wieser , Handbuch des österreichischen Schulrechts – Band 3: Schulunterrichtsrecht [2015] 53 ff; dazu auch Staffe-Hanacek/Weitzenböck , Kinder- und Jugendhilferecht [2015] §16 B KJHG Anm 2). Dies kommt im Wortlaut des §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG auch insoweit zum Ausdruck, als Schulsozialarbeit 'in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter' zu erfolgen hat, also nicht 'im gemeinsamen Zusammenwirken' mit diesen oder 'in Mitwirkung' am schulischen Geschehen oä.

Auch in den Materialien (Erläuterungen Zl 01-VD-LG-1486/60-2013, Seite 27) ist von einem 'Angebot in der Schule durch Sozialarbeiter' im Rahmen einer 'freiwillige[n] Kooperation zwischen den Sozialarbeitern und der Schule' die Rede. Im gegebenen Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Benützung von Schulgebäuden zu schulfremden Zwecken nur nach Maßgabe des §54 K SchG (beruhend auf §12 [Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz]) zulässig ist und schon deshalb eine Abstimmung mit dem Schulerhalter zu erfolgen hat. §54 K SchG ist lege non distinguente auch für die Schulsozialarbeit der Kinder- und Jugendhilfeträger zu beachten, soweit diese in Schulgebäuden stattfindet. Schulsozialarbeit besteht, wie das Gesetz besagt, in einer 'Beratung und Förderung', die (individuellen) 'Schülern' gegenüber 'nach ihrem eigenen Ermessen' erbracht wird, mag dies auch örtlich im Schulgebäude stattfinden.

Auch ein Vergleich mit der Beistellung von Schulärzten zeigt deutlich, dass die Mitwirkung von Sozialarbeitern am Schulunterricht keine Schulsozialarbeit darstellt. Ob in einer öffentlichen Pflichtschule überhaupt ärztliche Aufgaben zu besorgen sind, ist nach der Judikatur des VfGH kein Gegenstand einer organisatorischen, sondern einer sonstigen schulunterrichtsrechtlichen Regelung, weshalb die Kompetenz zu einer solchen Regelung gem Art14 Abs1 B VG ausschließlich dem Bund zukommt. Von dieser Kompetenz wurde in §66 SchUG Gebrauch gemacht. Eine vergleichbare Regelung findet sich für Schulsozialarbeiter nicht; für deren Tätigwerden im schulischen Rahmen besteht somit keine bundesgesetzliche Grundlage. Wollte man in §21 Abs4 Z2 litb K KJHG eine solche gesetzliche Grundlage erkennen, wäre diese wegen Widerspruchs zu Art14 Abs1 B VG kompetenz- und somit verfassungswidrig. In verfassungskonformer Interpretation muss sohin davon ausgegangen werden, dass die Bestimmung des §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG nur 'Schulsozialarbeit' abseits des schulischen Unterrichts und der schulischen Veranstaltungen erfasst.

Da der Landesgesetzgeber für den Bereich der Klassen- und Gruppenbildung in Schulen von Verfassungs wegen keine Regelungszuständigkeit vorfindet, dürfen durch Landesgesetz weder die Einrichtung von Time-Out Gruppen in Schulen noch deren Besetzung mit Lehr- oder sonstigem pädagogischen Personal geregelt werden (Art14 Abs1 B VG; §16 Abs1 B-KJHG). Die Auslegung, wonach die Mitwirkung von Sozialarbeitern am Schulunterricht in Time-Out Gruppen unter 'Schulsozialarbeit' iSd §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG fällt, ist daher nicht mit der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zu vereinbaren und kann daher nicht Ergebnis einer verfassungskonformen Interpretation sein.

Die Mitwirkung von SozialpädagogInnen am Schulunterricht in Time-Out Gruppen ist bei verfassungskonformer Interpretation somit nicht als 'sozialer Dienst' im Sinne des §21 K-KJHG, insbesondere nicht als 'Schulsozialarbeit' im Sinne des §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG zu qualifizieren.

5. Kostentragung nach dem Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz

Vielmehr ist der §10 letzter Satz Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz im gegenständlichen Sachverhalt einschlägig, wonach die Beistellung und Bezahlung des erforderlichen Lehrpersonals dem Land obliegt (siehe unter dem Aspekt der Kostentragung auch Wieser , Handbuch des österreichischen Schulrechts – Band I: Verfassungsrechtliche Grundlagen und schulrechtliche Nebengesetze [2010] 109). Im Konzept 2016 ist vorgesehen, dass Time-Out Gruppen 'entweder von einem LehrerInnen-Team, bestehend aus einer Sonderpädagogin und einer Regelschullehrerin, oder von einem multiprofessionellen Team, bestehend aus einer Lehrerin und einer Sozialpädagogin, die idealerweise männlich und weiblich sind, unterrichtet' werden.

Die den multiprofessionellen Teams angehörenden SozialpädagogInnen wirken also am Schulunterricht mit. Sie verrichten im Sinne des §17 Abs1 SchUG 'Unterrichts- und Erziehungsarbeit' und sind daher funktional Lehrer im schulrechtlichen Sinne, nicht aber 'Schulsozialarbeiter' im Sinne des §21 Abs4 Z2 litb K KJHG (näher zu den Funktionen des Lehrers vgl Wieser , Handbuch des österreichischen Schulrechts – Band 3: Schulunterrichtsrecht [2015] 183 ff).

SchulpädagogInnen in Time-Out Gruppen und Schulsozialarbeiter nehmen somit unterschiedliche Funktionen wahr. Erstere leisten – wie auch die Bezeichnung 'PädagogInnen' anzeigt – Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Sinne des §17 Abs1 SchUG, und zwar in der Time-Out Gruppe, also in einer Schulklasse. Letztere erbringen individuellen SchülerInnen gegenüber (nach deren Ermessen) 'Beratung und Förderung' im Sinne von §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG (was das Gesetz 'Schulsozialarbeit' nennt), wenn auch durchaus im Schulgebäude und – wie der Wortlaut des §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG es zum Ausdruck bringt – 'in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter' (aber eben nicht 'im Zusammenwirken' mit diesen oä).

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Begutachtungsentwurf (ME Zl BMB-12.660/0001-Präs.10/ 2017) zum Bildungsreformgesetzes 2017, BGBl I 138/2017. Dieser sah eine Änderung des §10 PflichtschulerhaltungsGrundsatzG vor, mit der (ua) die Schulsozialarbeit erfasst werden sollte. Der Regelungsvorschlag lautete: 'Die Beistellung der erforderlichen Lehrer sowie nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften des sonst für den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, für die Schulsozialarbeit, für die schulärztliche Betreuung sowie des sonstigen für die Schulverwaltung erforderlichen Personals in einer Weise, dass sämtliche auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können, obliegt dem Land.' In den Erläuterungen wurde dazu festgehalten: '[…] Zumal in den letzten Jahren von mehreren Bundesländern auch Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter an Pflichtschulen zum Einsatz gebracht worden sind und vielerorts ein Bedarf an solcher Art von Supportpersonal gesehen wird, soll der Landesausführungsgesetzgebung die Möglichkeit gegeben werden, diese Beistellung gesetzlich zu regeln. Eine Beistellungsverpflichtung oder eine Verpflichtung zur gesetzlichen Regelung wird damit aber nicht geschaffen. Im Hinblick auf den im Entwurf vorliegenden ArtIV Abs5 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl Nr 215/1961, welches zwischen administrativem und sonstigem pädagogischen Personal unterscheidet, wird davon ausgegangen, dass Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter eher dem sonstigen pädagogischen Personal und nicht dem Administrativpersonal zuzurechnen sein werden.' Auch hier wird der Begriff der Schulsozialarbeit als Einsatz pädagogischen Supportpersonals im Schulbetrieb verstanden. Die vorgeschlagene Regelung trat zwar letztlich nicht in Kraft (im IA 2254/A 25. GP 38 ist die Bezugnahme auf die 'Schulsozialarbeit' in §10 leg cit entfallen), sie verdeutlicht aber dennoch, dass 'Schulsozialarbeit', soweit sie begrifflich den Einsatz pädagogischen Personals im Schulbetrieb impliziert, dem Schulrecht unterliegt und einer schulrechtlichen Regelung bedarf.

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Person sowohl als SozialpädagogIn in Time-Out Gruppen als auch als SchulsozialarbeiterIn an einer (allenfalls sogar derselben) Schule tätig ist. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich hiebei – rechtlich gesehen – um unterschiedliche Funktionen handelt, die einerseits dem Schul(unterrichts)recht und andererseits dem Kinder- und Jugendhilferecht unterliegen.

6. Abschließende Hinweise zur Novelle BGBl I 14/2019

Mit der Novelle BGBl I 14/2019 entfällt die Wortfolge 'Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge' in Art12 Abs1 Z1 B VG (vgl Art1 Z7a). Diese Änderung tritt mit jenem Zeitpunkt in Kraft, in dem eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gem Art15a B VG über den Gegenstand des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 – B-KJHG 2013, BGBl I 69/2013, in Kraft tritt (Art151 Abs63 Z5 B VG idF BGBl I 14/2019).

Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll der Kompetenztatbestand der 'Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge' in die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung der Länder gem Art15 Abs1 B VG überstellt werden (ErlRV 301 BlgNR 26. GP 2). Auf das in diesem Rechtsgutachten gefundene Ergebnis hat dies keine Auswirkungen:

Das K-KJHG wird infolge der Übergangsbestimmung des Art151 Abs63 Z5 Satz 2 iVm Z4 Satz 4 B VG idF BGBl I 14/2019 ein Landesgesetz bleiben. In Ermangelung inhaltlicher Änderungen des Gesetzes würde die Auslegung des §21 K-KJHG wieder zum selben Ergebnis führen.

Zwar würde dieses Auslegungsergebnis nicht mehr durch eine grundsatzgesetzkonforme Interpretation bestärkt werden (weil das B-KJHG gem Art151 Abs63 Z4 Satz 4 B VG idF BGBl I 14/2019 außer Kraft tritt), allemal aber noch durch eine verfassungskonforme Interpretation, weil der Landesgesetzgeber auch künftig über keine Kompetenzen zur Regelung von Angelegenheiten des Schulwesens verfügen wird. Würde man aber §21 K-KJHG als solche Regelung verstehen, wäre diese Vorschrift – auch unter Zugrundelegung der durch die Novelle BGBl I 14/2019 geschaffenen Rechtslage – kompetenz- und somit verfassungswidrig. Ein solches Ergebnis muss in verfassungskonformer Interpretation vermieden werden.

7. Verzugszinsen

Der Anspruchsberechtigte kann im Zuge der Kausalgerichtsbarkeit vor dem VfGH ebenso die üblichen Verzugszinsen in analoger Anwendung der §§1333, 1334 ABGB begehren ( Berka , Verfassungsrecht 6 , Rz 1122; dazu schon VfSlg 28/1919). Dabei fallen Zinsen in Höhe von 4% auf ein Jahr an, die ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist.

Verzugszinsen sind ab dem Eintritt des Verzugs zu leisten (VfSlg 10.889/1986, 11.064/1986). Hinsichtlich des Zeitpunktes des Verzugsbeginns ist nach der Rsp des VfGH zu unterscheiden, auf welche Weise der den Zinsen zugrunde liegende vermögensrechtliche Anspruch begründet wird. Beruht die Leistung auf einem Bescheid, so gebühren Verzugszinsen ab dem Eintritt des objektiven Verzugs, ohne dass es einer Aufforderung zur Zahlung und der Setzung einer Leistungsfrist bedürfte ( Zellenberg in Korinek et al, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 7. Lfg, Art137 B VG, Rz 63). Handelt es sich um einen Bereicherungsanspruch, so liegt Verzug erst vor, wenn zur Zahlung aufgefordert und dem Zahlungsbegehren nicht innerhalb einer angemessenen Frist entsprochen wurde (VfSlg 12.026/1989, 13.993/1994).

Der Anspruch der klagenden Partei auf Zahlung der Ertragsanteile entspringt unmittelbar dem Gesetz und bedarf daher ebenfalls keiner Zahlungsaufforderung.

Gem §13 Abs2 zweiter S FAG 2017 haben die Länder die den Gemeinden gebührenden Ertragsanteile nach Abzug der Landesumlage bis spätestens zum 23. des Monats zu überweisen, für den sie gebühren.

8. Feststellungsbegehren

Die klagende Partei hat iSd §38 VfGG ein Interesse daran, auch für die Zukunft zu klären[,] ob die Kosten für die Sozialpädagogen in den Time-Out Gruppen durch sie getragen werden müssen oder diese aufgrund der oben angeführten Argumente zur Gänze von der beklagten Partei zu tragen sind und daher von der beklagten Partei auch nicht im Rahmen des Finanzausgleiches einbehalten oder durch Rechnungen vorgeschrieben werden dürfen.

Die begehrte Feststellung ist geeignet, über die Rechtsbeziehung der Parteien abschließende Klarheit zu schaffen sowie weitere Leistungsprozesse überflüssig zu machen (vgl VfSlg 5221/1966, 5789/1968, 11.058/1986).

IV. Antrag

Aus all diesen Gründen begehrt die klagende Partei die Überweisung der zu Unrecht durch die beklagte Partei im Rahmen des Finanzausgleichs vom Bruttoertragsanteil in Abzug gebrachten Ertragsanteile und stützt ihren Anspruch darüber hinaus auch auf alle sonstigen erdenklichen Rechtsgrundlagen, insbesondere auf Irrtum, Schadenersatz und Bereicherung."

2. Die beklagte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung (in eventu Zurückweisung) der Klage beantragt und dem geltend gemachten Anspruch wie folgt entgegengetreten wird (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Das Klagsvorbringen wird, soweit im Folgenden nicht ausdrücklich als richtig zugegeben, seinem rechtlichen Inhalt nach bestritten. Der in der Klagschrift unter Punkt III. 1. ausgewiesene Betrag betreffend den Zeitraum 1.1.2019 - 31.12.2019 ist richtig und wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Betrag in Höhe von € 106.639,13 für den Zeitraum 1 12/2018 von der klagenden Partei nicht an uns überwiesen und auch sonst nicht in Abzug gebracht wurde.

1. Sachverhalt

Die Kärntner Landesregierung beschloss am 14.07.2014 die Etablierung von Time-Out Gruppen, die für jene Schüler konzipiert sind, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, altersgemäße soziale Erwartungen zu erfüllen oder Normen zu erfassen. In den Time-Out Gruppen betreuen Sozialpädagogen die Schülergruppe, während Lehrer unterrichten. Ziel der Time-Out-Gruppen ist eine Reintegration der Schüler in die Regelklasse sowie die Entwicklung von Handlungskompetenzen im Arbeits- und Sozialverhalten.

Bereits im Schuljahr 2007/2008 wurde an der VS Moosburg eine sogenannte 'Bunte Klasse' als 'Auszeit-Klasse' installiert, um den besonderen Bedürfnissen und Anforderungen des Standortes Moosburg (SOS Kinderdorf) Rechnung zu tragen. Schon damals wurde die Klasse von einer Lehrerin unterrichtet und in der Betreuung mit einer Schulsozialpädagogin zusammengearbeitet.

Im Schuljahr 2011/2012 wurden solche 'Auszeit-Klassen' auch an der NMS Straßburg und an der NMS 12 Klagenfurt St. Ruprecht eingeführt, sowie ab dem Schuljahr 2013/2014 weitere Klassen an der VS 9 und VS 10 in Klagenfurt Waidmannsdorf.

Ab dem Schuljahr 2014/2015 wurde das Projekt Time-Out-Gruppen kärntenweit ausgedehnt[…] und es wurde eine Vereinbarung mit den Kinderfreunden Kärnten getroffen, wonach über diesen Verein die notwendigen Sozialpädagogen zur Unterstützung der Lehrkräfte angestellt werden.

Die mit einer Time-Out-Klasse verbundenen Aufgaben der Sozialpädagogen sind keineswegs mit einem Unterricht in einer Regelklasse vergleichbar. Zum einen, weil die Anzahl der Kinder/Jugendlichen zwischen ein und bis zu 9 Kindern variiert und zum zweiten, weil diese trotz unterschiedlicher Schulstufen dort gemeinsam betreut werden.

Zwar gibt es seitens der jeweiligen Regelschulklasse Informationen über den jeweiligen Unterrichtsstoff, dieser kann jedoch nur schwer vermittelt werden, da der überwiegende Teil der sogenannten 'Lernarbeit' sich darauf beschränkt, Beziehungsarbeit zu leisten. Dabei wird von den Sozialpädagogen gemeinsam mit der Lehrkraft für jeden Schüler ein individueller Tagesplan erstellt, an dem sich die Kinder dann orientieren können. Dabei ist es den Sozialpädagogen besonders wichtig, sich auf die Stärken der Kinder zu fokussieren und die vorhandenen Ressourcen und positiven Verhaltensweisen zu fördern. Durch die individuelle Unterstützung und Motivation kann das Arbeitsverhalten der Schüler und Schülerinnen gesteigert werden. Erst durch die fachliche soziale Mitwirkung ist es überhaupt möglich, die Kinder und Jugendlichen für einen Schulunterricht zu motivieren!

Im Mittelpunkt steht dabei der Aufbau von Vertrauen und Beziehungen. Es wird stets an einem respektvollen Miteinander gearbeitet, aber auch an der Weitergabe von klaren Regeln und Strukturen, die den Schülerinnen und Schülern der Time-Out-Gruppe Schutz und Sicherheit bieten sollen. Im Fokus steht dabei die Vermittlung von Wertvorstellungen, die Stärkung des Selbstbildes und der Teamfähigkeit sowie das gemeinsame Lösen von Konflikten in gewaltfreier Form. Aber auch die Förderung der Fähigkeiten und Fertigkeiten im motorischen, kognitiven und sozial-emotionalen Lern- und Leistungsbereich sind Ziel dieser Arbeit.

Die Tätigkeit der Sozialpädagogen ist daher für eine gelungene Reintegration der Schüler unabdingbar. Dies vor allem deshalb, da es sich zum Großteil um Kinder mit meist negativen familiären Vorgeschichten oder mit sozial-emotionalen Störungen handelt.

Zusätzlich finden alle 6 Wochen sogenannte Vernetzungskonferenzen zwischen Schule, Bildungsdirektion, Sozialpädagogen und Eltern statt, wo die Fortschritte für jedes einzelne Kind besprochen werden.

Im Falle einer positiven Entwicklung in der Time-Out-Gruppe erfolgt schrittweise die Reintegration in die Regelklasse.

Die Hilfe beim Unterricht durch Sozialpädagogen versteht sich daher als Unterstützung für das Kind, damit dieses lernt, seine Aggressionen zu unterdrücken, sich sozial anzupassen und auch, sich auf die ihm gestellten Aufgaben konzentrieren zu können, da nur so eine Reintegration in die Regelklasse gelingen kann.

Seit Einführung der ersten 'Auszeitklasse' in Moosburg durch die Abteilung 4 – Soziales des Amtes der Kärntner Landesregierung im Jahr 2007 wurden die Kosten hiefür entsprechend dem §21 Abs4 Kärntner-Kinder- und Jugendhilfegesetz (K-KJHG) als 'Sozialer Dienst' im Wege der Gemeindeertragsanteile an die Gemeinden in Höhe von 56 % umgelegt und auch immer bezahlt. Mit Juli 2015 wurde die Bereitstellung und der Vollzug von Time-Out Gruppen an die Abteilung 6 – Bildung des Amtes der Kärntner Landesregierung übertragen. Somit erfolgte ab diesem Zeitpunkt die Verrechnung der Kosten entsprechend §21 Abs4 K KJHG im Zusammenwirken mit §65 K-KJHG durch die Abteilung 6. Dabei wurde die Verrechnung für die Jahre 2016 bis 2018 im Nachhinein entsprechend der erfolgten Zahlungen abgerechnet. Ab dem Jahr 2019 erfolgt die Bekanntgabe der einzubehaltenden Kosten im Voraus und werden diese im Wege der Ertragsanteile von den Gemeinden einbehalten.

In der Klage wird ausgeführt, dass die Mitwirkung der Sozialpädagogen nicht als sozialer Dienst im Sinne des §21 K-KJHG und insbesondere nicht als Schulsozialarbeit im Sinne des §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG zu qualifizieren ist.

Diese Rechtsansicht ist unrichtig und wird dieser vom Land Kärnten aus untenstehenden Erwägungen widersprochen:

III. Begründung

1. Zur Rechtslage:

Relevant für gegenständliches Verfahren sind insbesondere die Art12 Abs1 Z1 und Art14 Abs1 und 3 B VG, §1, §2, §3 und §16 B-KJHG sowie §1, §2, §21, §22 Abs1, §65 sowie Artikel II (LGBl Nr 15/2018) K-KJHG in der jeweiligen geltenden Fassung im klagsgegenständlichen Zeitraum (1.1.2019 - 31.12.2019)[.]

[…]

Durch die Novelle BGBl I Nr 14/2019 erfolgte eine Kompetenzentflechtung, bei der unter anderem die Wortfolge 'Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge' in Art12 Abs1 Z1 B VG weggefallen ist. Jene Materien fallen nun aufgrund der Generalklausel des Art15 B VG in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz der Länder. Diese Änderung trat mit 01.01.2020 in Kraft, nachdem der Bund und die Länder rechtswirksam eine Vereinbarung gemäß Art15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe abgeschlossen hatten (BGBl I Nr 106/2019). In den Angelegenheiten des bisherigen Art12 B VG erlassene Grundsatzgesetze traten mit 31.12.2019 außer Kraft, so auch alle nicht als unmittelbar anwendbares Bundesrecht anzuwendenden Bestimmungen des B KJHG (Art151 Abs63 Z4 Satz 4 B VG idF BGBl I 14/2019). Die Kinder- und Jugendhilfegesetze der Länder sind als Landesgesetze weiter in Kraft (so auch das K KJHG). In Artikel 2 der Vereinbarung gemäß Art15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe (BGBl I Nr 106/2019) wurde festgelegt, dass die Länder die im 1. Teil des B KJHG 2013, BGBl I Nr 69/2013, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 32/2018, festgelegten Instrumente, Mindeststandards und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesetzgebung und Vollziehung umzusetzen haben. Auch die Bestimmung des §16 B-KJHG wurde zum Inhalt dieser Vereinbarung erhoben und bildet somit auch zukünftig einen Grundsatz für die Gesetzgebung der Länder.

2. Kostentragung nach dem Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz

Betreffend die Kostentragung kann auf die diesbezüglichen Ausführungen der klagenden Partei sowie auf Punkt I dieser Gegenschrift verwiesen werden.

Wie bereits eingangs vorgebracht, wurde für das Jahr 2018 der Rechnungsbetrag in Höhe von € 66.997,27 weder von der klagenden Partei bezahlt noch von uns bei den Ertragsteilen der Gemeinde einbehalten. Die Gemeinden haben gemäß §65 Abs5 K-KJHG dem Land monatliche Vorschüsse auf die von ihnen gemäß Abs2 und 3 zu erstattenden Kosten zu leisten und haftet eben jener Kostenersatz aus. Gemäß §65 Abs5 iVm §21 K-KJHG ist die Klägerin zur Entrichtung dieses Betrages verpflichtet.

3. Zu den Time-Out-Gruppen

3.1. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen zur rechtlichen Qualifikation

Festzuhalten ist, dass nach dem Erkenntnis VfSlg 2873/1955 unter den Begriff 'Jugendfürsorge' (Art12 Abs1 Z1 B VG) – als 'Endglied der zusammenhängenden Reihe 'Mutterschaftsfürsorge' und 'Säuglingsfürsorge'' – 'nur Maßnahmen der Befürsorgung und der Hilfe' fallen, 'die dazu dienen, die körperliche, geistige, seelische und sittliche Entwicklung von Jugendlichen zu unterstützen und zu fördern.' Dem Erkenntnis VfSlg 1636/1948 zufolge ist der Begriff 'Jugendfürsorge', der 'ein sehr weiter' ist, im Zusammenhalt mit den anderen bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften auszulegen: Er muss als 'reine Jugendfürsorge, losgelöst von den in die Kompetenz der Schulbehörden oder der Justizpflege fallenden Angelegenheiten verstanden werden.'

Der aus den Erkenntnissen VfSlg 2282/1952 und 2873/1955 ableitbare Grundsatz, dass unter den Begriff 'Jugendfürsorge' keine Maßnahmen subsumiert werden können, zu deren Regelung der Bundesgesetzgeber nach den Kompetenzbestimmungen des Art10 Abs1 B VG berufen wäre, weil diesen gegenüber dem Art12 B VG Vorrang zukommt, erscheint analog auf die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art14 Abs1 B VG anwendbar.

Aus dem Erkenntnis VfSlg 10.842/1986 (betreffend schulärztliche Aufgaben in öffentlichen Pflichtschulen) ist abzuleiten, dass es einer 'sonstigen schulrechtlichen Regelung' des Bundesgesetzgebers nach Art14 Abs1 B VG bedürfte, um eine bestimmte Aufgabe in einer öffentlichen Pflichtschule überhaupt zu besorgen; demgegenüber stellt es eine Frage der äußeren Organisation der öffentlichen Pflichtschule dar, die organisatorische Vorkehrung zu treffen bzw die Organisationsform so zu regeln, dass diese Aufgaben in sachgerechter Weise in einer öffentlichen Pflichtschule besorgt werden können (nunmehr Art14 Abs3 lita B VG).

Wieser (vgl Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Art14 B VG Rz 95[…]) hält dazu fest, dass der Verfassungsgerichtshof die mit der Novelle BGBl Nr 326/1975 vorgenommene Erweiterung des §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz zwar einem der in Klammer gesetzten Tatbestände des Art14 Abs3 lita B VG, nämlich der 'Erhaltung', zuordnen hätte müssen, jedoch im Ergebnis 'wohl richtig' liege, wenn man auf diesen Begriff die traditionelle Methode der Kompetenzinterpretation (Versteinerung mit intrasystematischer Fortentwicklung) anwendet.

Da im Licht des Erkenntnisses VfSlg 10.842/1986 eine der schulärztlichen Betreuung entsprechende schulrechtliche Aufgabennorm für die Betreuung durch Schulsozialarbeiter/Sozialpädagogen in öffentlichen Pflichtschulen fehlt, kann gegenwärtig nicht von einer 'in die Kompetenz der Schulbehörden' fallenden Angelegenheit (vgl VfSlg 1636/1948; siehe nunmehr auch Art113 Abs1 und 4 B VG) gesprochen werden, wenn der Kinder- und Jugendhilfeträger soziale Dienste für Kinder und Jugendliche zur Bewältigung von Problemsituationen auch im Schulalltag erbringt.

Insoweit liegt daher nach dem Erkenntnis VfSlg 1636/1948 noch 'reine Jugendfürsorge' vor. Dies schließt freilich nicht aus, dass auf diese externen Unterstützungsleistungen schulrechtliche Vorschriften etwa zur Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen zur Anwendung kommen können (siehe §65a SchUG; beachte ferner im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Vermeidung von Schulpflichtverletzungen §25 Abs3 dritter Satz Schulpflichtgesetz 1985, arg. 'andere Unterstützungsleistungen wie jene der Schulsozialarbeit'). Dass – bei Vornahme einer Binnensicht – die Frage der Mitwirkung außerschulischer Einrichtungen bzw schulfremder Personen im Schulbetrieb einer schulrechtlichen Regelung zugänglich oder auch nach einer schulrechtlichen Regelung zu beurteilen ist, bedeutet nicht, dass die Erbringung von Leistungen durch Externe der Regelung durch die Schulgesetzgebung unterliegt, weil dies im Sachzusammenhang einen Gesichtspunkt der Materienkompetenz darstellen kann (siehe etwa für Programme zur Information und Beratung über gesunden Lebensstil an Schulen §2 Z2 und 3 und §3 Gesundheitsförderungsgesetz, ferner zur Beratung in Sicherheitsforen §25 Abs1 SPG; beachte auch die in der Praxis übliche Einweisung von Schulkindern durch Exekutivorgane im Vorfeld der Erteilung der behördlichen Bewilligung zum Lenken eines Fahrrades nach §65 Abs1 StVO).

In Ermangelung einer materiellen schulrechtlichen Regelung zur Aufgabe 'Betreuung durch Schulsozialarbeiter/Sozialpädagogen' in öffentlichen Pflichtschulen können – entsprechend der Logik des Erkenntnisses VfSlg 10.842/1986 – auch keine grundsatzgesetzlichen Regelungen nach Art14 Abs3 lita B VG bestehen, die die Beistellung von Schulsozialarbeitern/Sozialpädagogen oder sonst die Organisation eines solchen Dienstes im Rahmen der Erhaltung der Schule zum Gegenstand haben.

Aus dem bloßen Umstand, dass dem Bund nach Art14 Abs1 B VG die Gesetzgebungszuständigkeit für Angelegenheiten der inneren Organisation der Schule obliegt, wie sie in §9 SchUG (Klassen- und Gruppenbildung, Klassenzuweisung, Lehrfächerverteilung an Lehrer) enthalten sind, kann – entgegen dem Vorbringen in der Klage – nicht geschlossen werden, dass sich der Begriff 'Jugendfürsorge', der 'ein sehr weiter' ist (vgl VfSlg 1636/1948), nicht auch auf die Zurverfügungstellung von (individuellen) Hilfsmaßnahmen des Kinder- und Jugendhilfeträgers für Kinder und Jugendliche in ihrer Schülereigenschaft und in Problemsituationen im Schulalltag erstreckt.

Unter Zugrundelegung einer historischen Interpretation (insbesondere im Licht des zum 'Versteinerungszeitpunkt' maßgeblichen §10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl Nr 163/1955, der die Angelegenheiten der 'Erhaltung' taxativ aufgezählt hat) ist der Umfang der 'äußeren Organisation' nach Art14 Abs3 lita B VG begrenzt. Daher dürften Angelegenheiten, die diesen historisch vorgeprägten Begriff übersteigen, als 'Erhaltung' nicht Teil der Pflicht zur äußeren Organisation sein.

Selbst wenn es zu einer Ausweitung des Schulbetriebsrechts (Art14 Abs1 B VG) komme, dürften vom Landesgesetzgeber Pflichten für Schulerhalter nur im beschriebenen Umfang der 'äußeren Organisation' getroffen werden. Darüber hinausgehende Regelungen würden nach der Generalklausel des Art14 Abs1 B VG in die exklusive Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeit des Bundes fallen, soweit den Ländern hiefür nicht eine andere Kompetenzgrundlage zu Gebote steht.

Der Bundesgesetzgeber stellt in den Erläuterungen zur Neufassung des §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz anlässlich der Bildungsreform 2017 ausdrücklich klar, dass 'die Zuständigkeit der Länder in anderen Angelegenheiten als der Schulerhaltung, insbesondere in Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt, unberührt bleibt.' (IA 2254/A BlgNR XXV. GP, S. 136)

3.2. Zur Behauptung der kompetenzwidrigen Interpretation des K-KJHG, wonach weder ein sozialer Dienst noch Schulsozialarbeit vorliegen:

3.2.1. Auslegung des B-KJHG

Das B-KJHG ist wie unter Punkt III., 1[.] dieser Gegenschrift ausgeführt, ausgenommen der §§37 bis 47, mit 31.12.2019 außer Kraft getreten. Somit fielen auch die gegenständlich relevanten und oben dargelegten Bestimmungen weg. Im klagsrelevanten Zeitraum legte es als Grundsatzgesetz die Rahmenbedingungen für das K KJHG fest. Nach Artikel 2 Abs2 der Vereinbarung gemäß Art15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe (BGBl I Nr 106/2019) sind die (unten angeführten) Grundsatzbestimmungen des B-KJHG jedoch insofern auch zukünftig relevant, als sie bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des K KJHG als Maßstab heranzuziehen sind.

Nachstehende Ausführungen beziehen sich auf die Rechtslage vor dem 31.12.2019:

Um die Ziele der Kinder- und Jugendhilfe zu erreichen sind gem. §1 Abs6 B-KJHG die Ressourcen von Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystemen zu nutzen, Kooperationen einzugehen und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum B-KJHG, 2191 Blg. Sten. Prot. NR XXIV. GP, S. 11).

In §16 B-KJHG ist die Verpflichtung für den Kinder- und Jugendhilfeträger formuliert, soziale Dienste im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung zu stellen, wobei für Art und Umfang auf kurz-, mittel- und langfristige Konzepte abgestellt werden soll, um die Aufgaben bedürfnisorientiert, zielgerecht und wirksam erfüllen zu können. In Absatz 3 werden soziale Dienste demonstrativ aufgezählt, sodass selbst die klagende Partei einräumt, dass 'nicht von Vornherein ausgeschlossen erscheint, dass der Landesgesetzgeber auch soziale Dienste vorsehen darf, die auf die Betreuung schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher und/oder die Leistung sozialer Arbeit an Schulen abzielt.' (Klage, S. 13, erster Absatz, vierter Satz)

Ausdrücklich hingewiesen wird in der Klage auch auf den Umstand, dass bei der grundsatzgesetzlichen Vorgabe des §16 Abs1 B-KJHG zu beachten sei, dass soziale Dienste stets nur 'zur Förderung von Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens' zur Verfügung zu stellen sind. (Klage, S. 13, zweiter Absatz).

Weshalb die Zurverfügungstellung von Sozialpädagogen für 'Time Out'-Gruppen durch den Kinder- und Jugendhilfeträger nicht auch unter den Begriff 'sozialer Dienst' im Sinne des §16 Abs1 B-KJHG subsumiert werden sollte, ist nicht zu erkennen.

Schon aufgrund einer Wortinterpretation gelangt man zum Ergebnis, dass der Anwendungsbereich des §16 B-KJHG nicht auf außerschulische Sachverhalte beschränkt ist. Ferner entspricht es – vom Standpunkt einer teleologischen Auslegung – der ausdrücklichen Zielrichtung der §16 Abs1 und §16 Abs3 Z4 B KJHG (hier: 'Förderung der Erziehung' und 'Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen'), wenn die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die an schweren Störungen ihres Sozialverhaltens und ihrer Entwicklung leiden, durch eine Maßnahme zur Entwicklung von Handlungskompetenz im Arbeits- und Sozialverhalten zur Bewältigung des Schulalltags gefördert wird. Dies steht auch in Übereinstimmung mit dem Imperativ gemäß §2 Z3 B-KJHG, wonach bei der Erfüllung der Aufgaben nach diesem Bundesgesetz die Förderung einer angemessenen Entfaltung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen als eines der Ziele der Kinder- und Jugendhilfe zu verfolgen ist. Die Kinder und Jugendlichen sollen in die Lage versetzt werden, als eigenverantwortliche, gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und darin Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen.

Auch vom Standpunkt einer subjektiv-historischen Auslegung hat die gesetzliche Aufzählung im §16 B-KJHG deshalb einen demonstrativen Charakter, 'da diese Dienste immer den Problemlagen der Bevölkerung entsprechend bedürfnisorientiert anzubieten sind. Eine laufende Weiterentwicklung, Erweiterung, aber auch Reduktion sollen möglich sein' (so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum B-KJHG, 2191 Blg. Sten. Prot. NR XXIV. GP, S. 18).

Schließlich spricht auch eine systematische Interpretation für die Annahme, dass ein Zusammenwirken des Kinder- und Jugendhilfeträgers mit schulischen Einrichtungen sowie Lehrern, wie sie etwa in 'Time Out'-Gruppen erfolgt, intendiert und mithin zulässig ist, wenn man sich die folgenden gesetzlichen Gebote vergegenwärtigt:

• Nach §1 Abs6 B-KJHG erfolgt die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe ua in Kooperation mit dem Bildungssystem.

• §3 Z6 B-KJHG trägt auf, die Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit Einrichtungen, Behörden und öffentlichen Dienststellen im erforderlichen Ausmaß zu besorgen.

Im Lichte dieses eindeutigen Interpretationsergebnisses widerspricht die Tätigkeit von Sozialpädagogen in 'Time Out'-Gruppen zur Förderung der Erziehung von Kindern und Jugendlichen auch in schulischen Problemsituationen weder dem Wortlaut noch der Intention des Grundsatzgesetzes.

3.2.2. Auslegung des K-KJHG

Das K-KJHG ist auch nach der Novelle BGBl I Nr 14/2019 inhaltlich unverändert weiter als Landesgesetz in Geltung.

§21 Abs1 K-KJHG definiert 'soziale Dienste' als 'Leistungen zur Förderung der Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche. Soziale Dienste sind insbesondere dann anzubieten, wenn dies für die Förderung des Kindeswohles zweckmäßiger und erfolgsversprechender erscheint als die Gewährung von Erziehungshilfen.'

Der Wortlaut des Begriffs 'Soziale Dienste' ist offen formuliert, zumal die Aufzählung nach §21 Abs4 K-KJHG demonstrativ ist (arg. 'insbesondere'; vgl in diesem Sinn auch die oben zitierten Erläuterungen zu §16 B-KJHG 2013). In der nicht abschließenden, illustrativen Aufzählung der sozialen Dienste nach §21 Abs4 K KJHG werden in Z2 'Angebote zur Prävention und Früherkennung von Problemstellungen, Entwicklungsrisiken und Entwicklungsstörungen' ausdrücklich genannt, wozu 'beispielsweise' auch 'Schulsozialarbeit als Beratung und Förderung von Schülern in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter' zählt (§21 Abs4 Z2 litb). Ferner sieht §21 Abs4 Z5 K KJHG 'Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen' vor, wobei die Aufzählung der Dienste ebenfalls nicht taxativen Charakter hat. Soziale Dienste können nach §21 Abs3 K KJHG ambulant, teilstationär oder stationär erbracht werden, wodurch für die Art von sozialen Diensten gesetzlich 'kaum Grenzen gesetzt' werden (siehe die Erläuterungen zum Entwurf des K KJHG, Regierungsvorlage vom 23.10.2013, S. 25).

Daher ist unter anderem auch die Bereitstellung von Sozialpädagogen zur Förderung der Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen von 'Time Out'-Gruppen unter die breite Definition des §21 Abs1 und 3 K-KJHG subsumierbar. Wegen der demonstrativen Aufzählung des §21 Abs4 K-KJHG ist es auch unbeachtlich, ob die gegenständliche Leistung unter einen der ausdrücklich angeführten Dienste – so etwa unter den Begriff 'Schulsozialarbeit' – subsumiert werden kann, solange nur die allgemeinen Tatbestandsmerkmale nach §21 Abs1 bis 3 K KJHG erfüllt sind.

Dass schwere 'Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen' (Beilage ./F, S. 3, erster Satz), die der Bewältigung des Schulalltags hinderlich sind, und der Bedarf nach dem Aufbau einer 'grundlegenden Handlungskompetenz im Arbeits- und Sozialverhalten' ([…]Beilage ./F, S. 4, fünfter Absatz), Anlass zu Leistungen nach dem K KJHG sein können, machen bereits die Grundsätze des Gesetzes deutlich: Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§1 Abs1 K KJHG). Die Kinder- und Jugendhilfe bezieht die Möglichkeiten und Fähigkeiten des sozialen Umfeldes mit ein und unterstützt die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Bezugspersonen, diese Potentiale besser zu nutzen (§1 Abs7 K KJHG). Die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe erfolgt in Kooperation ua mit dem Bildungssystem (§1 Abs8 K KJHG).

Zu den Aufgaben des Gesetzes zählt ua die 'Zusammenarbeit mit Einrichtungen, Behörden und öffentlichen Dienststellen' (§3 Z7 K KJHG), wobei die gesetzlichen Aufgaben 'im jeweils erforderlichen Ausmaß' (siehe den Einleitungssatz des §3 K KJHG) zur Erreichung der gesetzlichen Ziele (nach §2 Z3 ua 'Förderung einer angemessenen Entfaltung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie deren Verselbständigung') zu besorgen sind.

Schon zu den Grundsätzen des K-KJHG gehört es, dass Leistungen nach diesem Gesetz zur Sicherstellung des Kindeswohles anzubieten sind (§1 Abs4 erster Satz).

§22 K-KJHG statuiert im Besonderen Verpflichtungen zur Vorsorge für soziale Dienste: Unter anderem hat die Landesregierung dafür zu sorgen, dass die zur Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe notwendigen sozialen Dienste bereitgestellt werden (§22 Abs1 erster Satz).

Nicht zu übersehen ist, dass der Schule die Rolle der 'Mitwirkung' an der Erziehung der Schüler (vgl §47 Abs1 erster Satz SchUG unter Hinweis auf §2 SchOG) obliegt, ihr jedoch nicht ausschließlich die Erziehungsaufgabe gegenüber Schülern zukommt.

Die Mitwirkung an der Erziehung erfolgt nach §47 SchUG in der Regel durch Anwendung der der Erziehungssituation angemessenen persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden Erziehungsmittel, insbesondere Anerkennung, Aufforderung oder Zurechtweisung (körperliche Züchtigung, beleidigende Äußerungen und Kollektivstrafen sind ausdrücklich verboten). Aus erzieherischen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung kann der Schulleiter einen Schüler in eine Parallelklasse, bei lehrgangsmäßigen Berufsschulen auch in einen anderen Lehrgang versetzen. Wenn mit einer solchen Maßnahme nicht das Auslangen gefunden werden kann, kann die Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fachabteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz) die Stellung eines Antrages auf Ausschluss des Schülers (§49 Abs2 SchUG) an die zuständige Schulbehörde androhen.

Im Rahmen der Mitwirkung an der Erziehung kann das Verhalten des Schülers außerhalb der Schule berücksichtigt werden; hiebei dürfen nur angemessene persönlichkeits- und gemeinschaftsbildende Erziehungsmittel gesetzt werden, und es kommen Verständigungspflichten der Schule zum Tragen. Eine Bestrafung für ein Verhalten, das Anlass zu Maßnahmen der Erziehungsberechtigten, der Kinder- und Jugendhilfe, sonstiger Verwaltungsbehörden oder der Gerichte ist, ist unzulässig.

Ergänzend zur Mitwirkung der Schule an der Erziehung regelt §48 SchUG Verständigungspflichten der Schule: Wenn es die Erziehungssituation eines Schülers erfordert, haben der Klassenvorstand oder der Schulleiter (der Abteilungsvorstand) das Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten zu pflegen. Wenn die Erziehungsberechtigten ihre Pflichten offenbar nicht erfüllen oder in wichtigen Fragen uneinig sind, hat der Schulleiter dies dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger gemäß §37 B-KJHG[…] mitzuteilen.

Aus diesen schulrechtlichen Regelungen wird deutlich, dass der Mitwirkung der Schule an der Erziehung gesetzliche Grenzen gesetzt sind und mithin die Erziehungssituation eines Schülers Maßnahmen der Erziehungsberechtigten bzw der Kinder- und Jugendhilfe erforderlich machen kann. In diesem Bereich erscheint es jedenfalls angemessen, erforderlichenfalls Leistungen nach dem K-KJHG zur Sicherstellung des Kindeswohls zu erbringen.

Dies gilt gerade für den Fall der Eskalation der Erziehungssituation, die auf den Ausschluss eines Schülers nach §49 SchUG hinauslaufen kann: Wenn ein Schüler seine Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln gemäß §47 SchUG oder von Maßnahmen gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt oder wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt, ist nach §49 Abs1 SchUG der Schüler von der Schule auszuschließen. An allgemein bildenden Pflichtschulen ist ein Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist. Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen hat die Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fachabteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz) nach §49 Abs2 erster Satz SchUG einen Antrag auf Ausschluss des Schülers an die zuständige Schulbehörde zu stellen.

Nach vorliegendem Konzept des Landesschulrates (Beilage ./F) soll eine Zuweisung zu einer 'Time Out'-Gruppe als 'letzte Maßnahme' vor Einleitung eines Ausschlussverfahrens gemäß §49 SchUG in Betracht kommen (Beilage ./F, Seite 3, letzter Absatz). In einem Bereich, in dem mit der Anwendung zulässiger schulischer Erziehungsmittel im Rahmen der 'Mitwirkung der Schule an der Erziehung' nicht mehr das Auslangen gefunden werden kann, erscheint es naheliegend, erforderlichenfalls auf Leistungen nach dem K KJHG zur Sicherstellung des Kindeswohls zurückzugreifen, insbesondere auf einen allenfalls bestehenden sozialen Dienst im Sinne des §21 K KJHG (hier: Bereitstellung von Sozialpädagogen für 'Time Out'-Gruppen) zurückzugreifen, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Die Mitwirkung der vom Kinder- und Jugendhilfeträger zur Verfügung gestellten Sozialpädagogen in 'Time Out'-Gruppen hat sich am Begriff, an den Funktionen sowie am Umfang der sozialen Dienste gemäß §21 K KJHG zu orientieren (insbesondere Förderung der Erziehung sowie Hilfe für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen). Unterrichtsaufgaben sind damit nicht verbunden. Demgegenüber ist es nach den §§17 und 51 Abs1 SchUG vielmehr Hauptaufgabe des Lehrers, die Unterrichtsarbeit zu leisten.

Auch ein Blick in den Jahresbericht 2019 der Time-Out-Gruppen lässt erkennen, dass bei der Betreuung der Sozialpädagogen nicht der Unterricht im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Problem- und Konfliktbewältigung und soll dies auszugsweise (Beilage ./1) geschildert werden:

So berichtet die Sozialpädagogin der VS Moosburg, wo seit dem Schuljahr 2007/2008 eine 'Auszeit-Klasse' besteht, dass 'die Kinder in besonderen Situationen die Möglichkeit haben, in der 'bunten Klasse' ihre Anspannung und ihren Stress zu reduzieren und Probleme und Konflikte zu besprechen, damit der schulische Unterricht in der Regelklasse ungestört fortgesetzt werden kann.' (Beilage ./1)

Die zuständige Sozialpädagogin der NMS 12 St. Ruprecht (Klagenfurt) schildert [ihren] Arbeitsalltag so, dass sie die SchülerInnen in den Randstunden und am Nachmittag begleitet. 'Neben der täglichen Beziehungsarbeit und einem respektvollen Miteinander werden klare Strukturen und Regeln sowie Raum für Gespräche vorgegeben.' (Beilage ./1)

Die Klägerin bringt zum Ausdruck, dass es sich bei den Time-Out-Gruppen um Schulklassen handelt, in denen Schulpädagogen Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Sinne des §17 Abs1 SchuUG verrichten. Dem ist entgegenzuhalten, dass wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, teilweise nur 1 Kind in einer Time-Out-Gruppe betreut wird bzw dieser Kinder unterschiedlichen Alters angehören und wird auf die obigen Ausführungen zur 'Mitwirkung' der Schule an der Erziehung im Sinne des §47 Abs1 SchUG verwiesen.

In der NMS 11 Annabichl (Klagenfurt) wurden zwei Time-Out-Gruppen installiert, in denen die zuständige Sozialpädagogin insgesamt 4 Jugendliche betreut. Ziel ist es die Jugendlichen im sozio-emotionalen Bereich zu stabilisieren, damit die SchülerInnen schrittweise in die Stammklasse integriert werden können (Beilage ./1). Auch bei einem Blick auf die Ausführungen der Sozialpädagogin der NMS Moosburg wird deutlich, dass die Arbeit der Sozialpädagogin im Aufbau von Vertrauen und Beziehung liegt, um eine positive Atmosphäre zu schaffen, in der sich Kinder bestmöglich entfalten und entwickeln können. Außerdem wird versucht, den Schülern 'Wertvorstellungen zu vermitteln, ihre Konfliktfähigkeit und [ihr] Selbstbild zu stärken und sie in Einzel- und Gruppensettings im motorischen, kognitiven und sozial-emotionalen Bereich zu fördern.' (Beilage ./1)

Die Arbeit von Sozialpädagogen in Time-Out-Gruppen dient demnach der Hilfestellung von Kindern und Jugendlichen in Problemsituationen sowie der Früherkennung und Vorbeugung solcher Zustände im Sinne des §21 K-KJHG.

4. Zu den Ausführungen der Kostentragung nach dem Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz

Betreffend die unrichtigen Ausführungen in der Klage (vgl S. 15, letzter Absatz), dass es sich bei der Arbeit der Sozialpädagogen um 'Unterrichts- und Erziehungsarbeit' im Sinne des §17 Abs1 SchUG handelt und somit Lehrereigenschaft besteht, wird auf die bisherigen Ausführungen verwiesen.

In Zusammenhang mit dem in der Klage erwähnten Begutachtungsentwurf (ME Zl BMB-12.660/0001-Präs.10/2017) zum Bildungsreformgesetz 2017, BGBl I 138/2017, und der Novellierung des §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz sind nicht[…] die in der Klage vorgebrachten Ausführungen zum Begutachtungsentwurf (S. 16 f, 3. Absatz), der letztlich (wohl aufgrund befürchteter Kompetenzwidrigkeit) nicht beschlossen wurde, bemerkenswert, sondern vielmehr die parlamentarischen Materialien zu der letztendlich beschlossenen Neufassung des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl I 138/2017 (IA 2254/A BlgNR XXV. GP, S 136[…]): In diesen wird (wie in den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf) ausgeführt:

'Die Sonderregelung bezüglich Lehrer an öffentlichen Pflichtschulen, die gemäß Art14 Abs2 B VG vom Land beigestellt werden, bleibt ebenso unverändert wie die Zuständigkeit der Landesausführungsgesetzgebung zur Regelung der Beistellung der Schulärztinnen und -ärzte (gemäß §66 SchUG) sowie des Betreuungspersonals für ganztägige Schulformen. Der Landesausführungsgesetzgebung soll auch die Möglichkeit gegeben werden, vorzusehen, dass das grundsätzlich von den Schulerhaltern beizustellende Personal auch zentral vom Land beigestellt werden kann, ohne eine Beistellungsverpflichtung der Länder zu begründen.'

Der entscheidende Unterschied zwischen den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf und den Erläuterungen des letztlich beschlossenen Initiativantrages liegt darin, dass der Gesetzgeber klarstellte, dass durch den Bundesgesetzgeber nicht in die Kompetenzen des Landesgesetzgebers (als Ausführungsgesetzgeber) eingegriffen werden darf und die vorgesehene Bestimmung, mit der eine Grundlage für die Beistellung von Schulsozialarbeitern geschaffen werden sollte, gestrichen wurde.

In den Erläuterungen des Ministerialentwurfes wurde ausgeführt: '[…] Zumal in den letzten Jahren von mehreren Bundesländern auch Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter an Pflichtschulen zum Einsatz gebracht worden sind und vielerorts ein Bedarf an solcher Art von Supportpersonal gesehen wird, soll der Landesausführungsgesetzgebung die Möglichkeit gegeben werden, diese Beistellung gesetzlich zu regeln. Eine Beistellungsverpflichtung oder eine Verpflichtung zur gesetzlichen Regelung wird damit aber nicht geschaffen. Im Hinblick auf den im Entwurf vorliegenden ArtIV Abs5 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl Nr 215/1961, welches zwischen administrativem und sonstigem pädagogischen Personal unterscheidet, wird davon ausgegangen, dass Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter eher dem sonstigen pädagogischen Personal und nicht dem Administrativpersonal zuzurechnen sein werden.' (Erläuterungen ME Zl BMB- 12.660/0001-Präs.10/2017, S. 36).

Offensichtlich wurde jedoch in weiterer Folge erkannt, dass die Beschlussfassung über den Begutachtungsentwurf zu einem Eingriff in die Kompetenz des Landesgesetzgebers (als Ausführungsgesetzgeber in der Materie der Jugendfürsorge) führen würde und erfolgte daher dann die Novelle des Bildungsreformgesetzes 2017, BGBl I 138/2017, aufgrund eines Initiativantrages. Dieser berücksichtigte die unterschiedlichen Kompetenztatbestände, indem die Schulsozialarbeit aus dem Entwurf des Gesetzestextes gestrichen wurde. Die in der Klage zitierten Erläuterungen können daher nicht zur Auslegung des Pflichtschulerhaltungs-Grundgesetzes herangezogen werden.

Vielmehr wurde in den Erläuterungen ausdrücklich festgestellt, dass 'die Zuständigkeit der Länder in anderen Angelegenheiten als der Schulerhaltung, insbesondere in Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt, unberührt bleibt.' (IA 2254/A BlgNR XXV. GP, S. 136)

Somit ist die Zurverfügungstellung von Sozialpädagogen für Time-Out-Gruppen (im Rahmen der Jugendwohlfahrt) von der Beistellung von Lehrern und sonstigem schulischem Personal (Schulärzte, Betreuungspersonal für ganztägige Schulformen) klar zu unterscheiden und nicht Gegenstand der Schulerhaltung.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auf die Bestimmungen des K KJHG Bedacht zu nehmen ist. In seinen Erläuterungen führt der Landesgesetzgeber aus, dass der Art von sozialen Diensten gesetzlich 'kaum Grenzen gesetzt' werden (siehe die Erläuterungen zum Entwurf des K-KJHG, zur Regierungsvorlage vom 23.10.2013, S. 25).

Die Klägerin verkennt in [ihrer] Klage (S. 18, erster Absatz), dass die Kompetenz des Landesgesetzgebers in der Jugendfürsorge nicht auf außerschulische Angelegenheiten beschränkt ist und keine Kompetenz- und somit Verfassungswidrigkeit vorliegt, wenn soziale Dienste durch Sozialpädagogen erfolgen.

Auch der Bundesgesetzgeber erblickte in der Erbringung von sozialen Diensten, wie der Schulsozialarbeit, Aufgaben, die nicht durch den Kompetenztatbestand des Schulwesens abgedeckt sind, und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass 'die Zuständigkeit der Länder in anderen Angelegenheiten als der Schulerhaltung, insbesondere in Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt, unberührt bleibt' (IA 2254/A BlgNR XXV. GP, S. 136).

5. Zum Feststellungsbegehren

Ob ein Feststellungsbegehren zulässig ist, erscheint im Lichte der Rechtsprechung des VfGH mehr als fraglich, zumal 'eine Feststellungsklage ausgeschlossen ist, wenn eine Leistungsklage zulässig ist, weil dann das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung nicht gegeben ist' (vgl VfSlg 1356/1930). Auch wird nicht die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechts oder Rechtsverhältnisses begehrt.

Auch wenn die Klägerin mit ihrer Leistungsklage durchdringen würde, kann nicht für die Zukunft festgestellt werden, dass ein Kostenaufwand weder anteilig noch zur Gänze von der Klägerin zu ersetzen wäre.

Das Feststellungsbegehren des Inhalts 'es wird festgestellt, dass die klagende Partei nicht verpflichtet ist, der beklagten Partei den Kostenaufwand für Time-Out Gruppen in Schulen anteilig oder zur Gänze zu ersetzen' wäre daher schon aus diesen Gründen ab-, in eventu zurückzuweisen."

3. Die Klägerin hat eine Replik erstattet, in der sie dem Vorbringen in der Gegenschrift wie folgt entgegentritt:

"I. Bestreitung des Vorbringens und Außerstreitstellung

Das Vorbringen der beklagten Partei in der Gegenschrift vom 21.04.2020 wird zur Gänze bestritten, sofern und soweit nachstehend keine diesbezüglichen Außerstreitstellungen erfolgen.

Es ist richtig, dass der Betrag in Höhe von EUR 106.639,13 für den Zeitraum 1 12/2018 weder von der klagenden Partei an die beklagte Partei überwiesen, noch von der beklagten Partei in Abzug gebracht wurde. Dieser Betrag wurde von der beklagten Partei gegenüber der klagenden Partei als Kostenbeitrag für das Jahr 2018 verrechnet. Wie in der Klage dargelegt, ist die klagende Partei nicht verpflichtet, einen Kostenbeitrag für die Time-Out Gruppen zu zahlen, weshalb dieser Betrag – wie auch der Klagsbetrag – zu Unrecht verrechnet wurde.

II. Replik

Der einfachen Lesbarkeit halber orientiert sich diese Replik an der Gliederung der Gegenschrift.

1. Zu Punkt II.1 - Sachverhalt

Wenn die beklagte Partei in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass die Aufgaben in Time-Out Gruppen nicht mit dem Unterricht in einer Regelklasse vergleichbar seien, da die Anzahl der Schüler zwischen 1-9 variiert und diese trotz unterschiedlicher Schulstufen gemeinsam betreut werden, vermag dies nichts daran zu ändern, dass in Time-Out Gruppen Schulunterricht tatsächlich stattfindet.

Die Anzahl der Schüler, die sich in einer Klasse befinden, stellt kein Kriterium für die Abgrenzung zwischen Schulunterricht und sozialen Diensten dar. Auch wenn in einer Klasse nur ein Schüler unterrichtet wird, findet Schulunterricht statt. Eine Trennung in kleinere Gruppen findet im Rahmen des Schulunterrichts häufig statt. So wird etwa im Turnunterricht nach Geschlecht und im Religionsunterricht nach Religionsbekenntnis getrennt. Auch bei Förderunterricht und Sprachunterricht können kleinere Gruppen entstehen. Selbst bei minimaler Gruppengröße würde man bei keinem dieser Unterrichtsfächer im Entferntesten daran denken, dass es sich dabei nicht um Schulunterricht handeln könnte.

Warum – insbesondere bei wenigen Schülern pro Klasse – kein gleichzeitiger Unterricht von Schülern unterschiedlicher Schulstufen möglich sein soll, ist nicht zu erkennen. Die SchülerInnen in den Time-Out Gruppen werden entsprechend dem mit der Klage vorgelegten Konzept (Beilage ./E) unterrichtet. Der Unterricht orientiert sich am allgemeinen Erziehungs- und Bildungsauftrag und daraus abgeleitet an den jeweiligen Lehrplänen.

Wie die beklagte Partei auf Seite 4 ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, erfolgt im Falle einer positiven Entwicklung in der Time-Out Gruppe schrittweise die Reintegration in die Regelklasse. Dies ist auch im Konzept (Beilage ./E zur Klage, Seite 10) so vorgesehen. Die erfolgreiche Reintegration in die Regelklasse setzt denklogisch voraus, dass den SchülerInnen der Lernstoff auch in den Time-Out Gruppen vermittelt wird. Ohne diesen Unterricht würden die SchülerInnen nicht mehr an den Stoff der Regelklasse anknüpfen können und wäre damit jegliche Reintegration bereits von Beginn an zum Scheitern verurteilt.

2. Zu Punkt III.1 - Rechtslage

Unstrittig sieht sowohl §1 Abs6 B-KJHG 2013 als auch §1 Abs8 K-KJHG die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe in Kooperation mit dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem vor. Grundlage dafür ist – wie die beklagte Partei zutreffend ausführt – das Recht auf Förderung der Entwicklung und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§1 Abs1 B-KJHG 2013 und §1 Abs1 K KJHG).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Förderung der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen damit als sozialer Dienst zu qualifizieren wären. Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zählt – neben der Vermittlung von Wissen – zur Kernaufgabe des Schulunterrichts, unabhängig davon, ob SozialpädagogInnen oder LehrerInnen den Unterricht durchführen.

Wenn die beklagte Partei argumentiert, dass gemäß den Erläuterungen zum Entwurf des K-KJHG 'der Art von sozialen Diensten kaum Grenzen gesetzt (sind)', verkennt sie, dass mithilfe dieser uferlosen Formulierung jede im Ansatz soziale Tätigkeit einen sozialen Dienst iSd §21 K-KJHG darstellen würde.

Diese Aussage des Landesgesetzgebers in den Materialien ist so zu verstehen, dass sie ihre Grenze dort aufweist, wo eine Tätigkeit in die Kompetenz des Bundes fällt oder sie aufgrund ihrer Art einer anderen Aufgabe (hier Schulunterricht) zugeordnet werden kann. Eine darüber hinausgehende Interpretation wäre nicht nur kompetenz- und damit verfassungswidrig, sondern würde auch dem Landesgesetzgeber zu Unrecht eine anmaßende Haltung unterstellen.

3. Zu Punkt III.3.1 - Time-Out Gruppen

Die von der beklagten Partei auf Seite 12 f der Gegenschrift angeführten Fälle, in denen außerschulische Einrichtungen bzw schulfremde Personen am Schulbetrieb mitwirken, sind nicht mit der Tätigkeit von SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen vergleichbar. Während nämlich – wie bereits mehrfach ausgeführt – in den Time-Out Gruppen der Lehrstoff gemäß Lehrplan unterrichtet wird und die SozialpädagogInnen daran mitwirken, finden die von der beklagten Partei genannten Programme zusätzlich und damit außerhalb des Lehrplans bzw des Regelunterrichts statt und ist deren Absolvierung für einen Schulerfolg nicht erforderlich.

Die von der beklagten Partei auf Seite 13 ihrer Gegenschrift vorgenommene historische Interpretation nach der Versteinerungstheorie lässt den notwendigen letzten Schritt vermissen – die intrasystematische Fortentwicklung. Bei der Handhabung der Versteinerungstheorie kommt es nicht auf die Einzelheiten der historischen Rechtslage an, vielmehr werden die typischen Rechtsgehalte versteinert. Nach dem Prinzip der intrasystematischen Fortentwicklung können auch neue Regelungen unter einen versteinerten Kompetenztatbestand fallen, wenn es sich um eine systematische Fortentwicklung eines vorgegebenen Regelungsansatzes handelt ( Berka , Verfassungsrecht 6 , Rz 433).

Selbst wenn zum Versteinerungszeitpunkt die Aufgaben von SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen noch nicht vom Begriff der äußeren oder inneren Organisation erfasst gewesen wären, kann dieser nachträglich entstandene Bereich aufgrund seines typisch unterrichtsrechtlichen Rechtsgehalts durch intrasystematische Fortentwicklung dem Kompetenztatbestand des Art14 Abs1 [B VG] zugeordnet werden. Die Errichtung und Ausgestaltung von Time-Out Gruppen oblag bzw obliegt daher nicht dem Landesgesetzgeber, weshalb die Annahme, dieser habe die Time-Out Gruppen in §21 K-KJHG geregelt, nicht Ergebnis einer verfassungskonformen Interpretation sein kann.

Die beklagte Partei versucht in ihrer Gegenschrift an mehreren Stellen darzulegen, dass die Tätigkeit der SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen als Schulsozialarbeit und damit als sozialer Dienst zu qualifizieren ist. Bei dieser Argumentation übersieht die beklagte Partei jedoch mehrere zentrale Faktoren. Während Schulsozialarbeit nach eigenem Ermessen – also freiwillig – und in der Freizeit in Anspruch genommen werden kann, findet der Unterricht in Time-Out Gruppen im Rahmen der Schulpflicht statt. Wie in einer Regelschulklasse ist die Anwesenheit in der Time-Out Gruppe verpflichtend. Darüber hinaus findet im Rahmen der Schulsozialarbeit kein Schulunterricht statt. Diesbezüglich wird (um Wiederholungen zu vermeiden) auf die Ausführungen in der Klage verwiesen.

4. Zu Punkt III.3.2.1 - Auslegung des B-KJHG

Der Ansicht der beklagten Partei, wonach die Tätigkeit von SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen im Rahmen des §16 B-KJHG erfolgt, kann nicht gefolgt werden.

Dagegen spricht ausdrücklich §16 Abs2 B-KJHG, wonach soziale Dienste von werdenden Eltern, Familien, Kindern und Jugendlichen nach ihrem eigenen Ermessen – sohin freiwillig – in Anspruch genommen werden können.

Eben dies ist bei Time-Out Gruppen nicht der Fall, da für diese die Schulpflicht und damit verpflichtende Anwesenheit gilt. Würde man §16 B-KJHG im Sinne der beklagten Partei auslegen, wäre sein Anwendungsbereich nahezu uferlos und würde beispielsweise die Wortinterpretation und die teleologische Interpretation auch die Subsumtion der Unterrichtstätigkeit von Lehrern unter Förderung der Erziehung für Kinder und Jugendliche gem §16 Abs1 B-KJHG erlauben. Dass dieses Ergebnis nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, liegt auf der Hand.

Dem Landesgesetzgeber sind nicht nur dem §16 Abs1 B-KJHG widersprechende Regelungen untersagt, sondern auch solche, die über den Anwendungsbereich des §16 B-KJHG hinausgehen, ihn also in seiner rechtlichen Wirkung verändern (vgl VfSlg 15.279/1998; 3744/1960; 12.280/1990).

Inwiefern der Umstand, dass nach §1 Abs6 B-KJHG die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe ua in Kooperation mit dem Bildungssystem erfolgen, begründen soll, dass die Tätigkeit der SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen nicht als Schulunterricht zu qualifizieren ist, ist für die klagende Partei nicht erkennbar.

5. Zu Punkt III.3.2.2 - Auslegung des K-KJHG

Die Argumentation der beklagten Partei, wonach aus den schulrechtlichen Regelungen deutlich werde, dass der Mitwirkung der Schule an der Erziehung gesetzliche Grenzen gesetzt sind, und daher die Tätigkeit der Sozialpädagogen in Time-Out Gruppen nicht im Rahmen des Schulunterrichts erfolgen soll, vermag nicht zu überzeugen.

In den Time-Out Gruppen erfolgt der Unterricht der SchülerInnen im Team. In Punkt 6 des mit der Klage vorgelegten Konzepts (Beilage ./E) ist geregelt, dass sich die Aufgaben der SozialpädagogInnen in den Time-Out-Gruppen-Teams von denen der Lehrkräfte ausschließlich in folgenden beiden Punkten unterscheiden: Zum einen darf die Auswahl des Lehrstoffes aus den entsprechenden Lehrplänen nur durch die LehrerInnen erfolgen. Darüber hinaus darf die Leistungsbeurteilung nur durch LehrerInnen vorgenommen werden. Jeder Pädagoge wirkt im Rahmen seiner Fähigkeiten auf das gemeinsame Ziel der Reintegration in die Stammklassen hin.

Auf Seite 20 ihrer Gegenschrift führt die beklagte Partei aus, dass mit der Tätigkeit der SozialpädagogInnen in Time-Out Gruppen keine Unterrichtsaufgaben verbunden sind. Diese Ausführungen der beklagten Partei sind schlicht unrichtig und werden ausdrücklich bestritten. Wie soeben ausgeführt, regelt bereits das Konzept (Beilage ./E), dass der einzige Unterschied zwischen den Aufgaben der SozialpädagogInnen und der Lehrkräfte darin liegt, dass die SozialpädagogInnen weder die Auswahl des Lehrstoffs noch die Leistungsbeurteilung vornehmen dürfen. Selbstverständlich umfasst im Umkehrschluss die Tätigkeit der SozialpädagogInnen auch die Vermittlung des Lehrstoffs und damit Unterrichtstätigkeit. Dies ist auch aus dem von der beklagten Partei – im Übrigen nur auszugsweise – vorgelegten Jahresbericht 2019 (Beilage ./1) ersichtlich, wenn etwa darauf hingewiesen wird, dass 'Lernstoff gefestigt wird oder fehlende Hausübungen nachgearbeitet werden' (Seite 41) oder eine 'Lernstunde mit Hausaufgabenhilfestellung und Vorbereitungen für Schularbeiten oder Tests' (Seite 56) stattfindet. Bei den von der beklagten Partei zitierten Aussagen ist zu beachten, dass sich der Bericht von SozialpädagogInnen selbstverständlich auf jene Teile des Unterrichts konzentriert, der die Reintegration der Schüler in die Stammklassen fördert. Der vorgelegte Bericht ist daher nicht geeignet, die (unrichtige) Behauptung der beklagten Partei, es werde durch SozialpädagogInnen kein Unterricht durchgeführt, zu beweisen.

Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass in den Time-Out Gruppen in Klagenfurt derzeit überwiegend Sonderpädagogen beschäftigt sind. Gruppenführend werden ausschließlich Pädagogen eingesetzt. Es handelt sich dabei großteils um Sonderpädagogen, die im Zuge der sukzessiven Auflösung der Allgemeinen Sonderschule (ASO) in die Time-Out Gruppen überführt wurden. Die in der ASO anfallenden Personalkosten trägt ausschließlich das Land Kärnten als Dienstgeber. Es ist nicht erklärbar, warum diese Transferierung von Lehrern und Schülern in andere Schulen etwas an der Qualifikation des in [den] Gruppen praktizierten Unterrichts als Schulunterricht ändern sollte.

Beweis: […]

Im Übrigen ist die tatsächliche Umsetzung in den einzelnen Time-Out Gruppen in der Praxis für die Beurteilung des Anspruchs der klagenden Partei nicht von Relevanz. Wie der Unterricht in den Time-Out Gruppen im Einzelnen auszugestalten ist, wird für jeden Schüler gesondert nach dessen individuellen Bedürfnissen festgelegt. Während in manchen Fällen der Unterricht bereits deshalb normal weitergeführt werden kann, weil der Schüler von der Stammklasse getrennt in einer kleineren Gruppe unterrichtet wird, wird in manchen Fällen eine intensive Betreuung auf sozialer und emotionaler Ebene erforderlich sein, um eine Aufnahme des Lehrstoffs überhaupt zu ermöglichen. Diese Unterschiede im Einzelfall haben jedoch keine Auswirkung auf die rechtliche Beurteilung der Arbeit in den Time-Out Gruppen als Schulunterricht. Dies ist vielmehr anhand der im Konzept (Beilage ./E) vorgesehenen Vorgangsweise zu beurteilen. Ansonsten müsste bei jedem einzelnen Schüler ständig evaluiert werden, welche Aufgaben die SozialpädagogInnen im Hinblick auf dessen individuelle Situation gerade erbringen. Dies kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichthofs sein.

Wenn ein Lehrer vom Lehrplan abweicht oder einen Schulausflug unternimmt, ist dies auch unstrittig Unterricht, selbst wenn allenfalls von gesetzlichen Vorgaben abgewichen wird.

In der Praxis übernehmen die SozialpädagogInnen in den Time-Out Gruppen dem Konzept entsprechend Unterrichtsaufgaben. Es wird Schulunterricht durchgeführt.

Beweis: […]

6. Zu Punkt III.5 - Feststellungsbegehren

Zum Feststellungsbegehren wird ausgeführt, dass die klagende Partei die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechts – nämlich eines Rechts der beklagten Partei auf Ersatz des Kostenaufwands für Time-Out Gruppen – begehrt. Die gleichzeitige Geltendmachung von einzelnen bereits erzwingbaren Leistungsansprüchen mit einem Feststellungsbegehren ist möglich und zulässig ( Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze 3 , §228 Rz 115). Gerade im Verhältnis zur Leistungsklage ist die der Feststellungsklage mögliche prozessökonomische Wirkung besonders zu beachten. Wird durch die Feststellungsklage eine Häufung künftiger Rechtsstreitigkeiten vermieden oder werden künftige Prozesse zufolge der die Vorfrage bindend klärenden Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils abgekürzt oder überhaupt künftige Leistungsprozesse vermieden oder abgeschnitten, dann schließt die Möglichkeit, einzelne von den aus dem Gegenstand der Feststellungsklage bildenden Rechtsverhältnis entspringende Ansprüche mit Leistungsklage geltend machen zu können, die Feststellungsklage nicht aus ( Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze 3 , §228 Rz 113).

Dies trifft im gegenständlichen Fall vollinhaltlich zu. Der vermeintliche Kostenanteil wird regelmäßig von der beklagten Partei vorgeschrieben und würde jede dieser Vorschreibungen einen künftigen Rechtsstreit auslösen, der mit der einmaligen Feststellung des Nichtbestehens des Rechts der beklagten Partei vermieden werden kann. Das rechtliche Interesse der klagenden Partei an der Feststellung wiegt im konkreten Fall besonders schwer, da die beklagte Partei die von ihr vorgeschriebenen Kostenanteile sogleich von anderen Leistungen an die klagende Partei in Abzug bringt und damit einbehält. Dies bewirkt, dass die klagenden Partei in die prozessual schwächere Klägerrolle gedrängt wird und ihr regelmäßig die Beweislast für das Nichtbestehen des Anspruchs der beklagten Partei auferlegt wird.

Der Umstand, dass durch die Novelle BGBl I Nr 14/2019 alle nicht als unmittelbares Bundesrecht anwendbaren Bestimmungen des B-KJHG mit 31.12.2019 außer Kraft getreten sind, ändert nichts daran, dass die beklagte Partei weiterhin keinen Anspruch gegen die klagende Partei auf (anteiligen) Ersatz des Kostenaufwands für Time-Out Gruppen hat. §16 B-KJHG wurde in die Vereinbarung gem Art15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe (BGBl I Nr 106/2019) aufgenommen und ist daher weiterhin im Grundsatz für die Länder anwendbar und bildet eine Grundlage für die Auslegung des K-KJHG. Inhaltlich bringt die genannte Novelle daher keine Änderungen der Rechtslage mit sich, welche sich auf den Ersatz des Kostenaufwands auswirken würden, und steht einer Feststellung daher nicht entgegen."

4. Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst – unter Berücksichtigung von Stellungnahmen der Bundesminister für Arbeit, Familie und Jugend sowie für Bildung, Wissenschaft und Forschung – zu den in der Klage enthaltenen Bedenken wie folgt Stellung genommen (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"I. Zum Sachverhalt

Nach dem 'Konzept für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens' des Landesschulrates für Kärnten, Fassung September 2016 (Beilage E [A 5/2020] bzw F [A 6/2020] der Klageschrift) können Schüler, die an schweren Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden, in 'Time-Out Gruppen' unterrichtet werden. In einem zeitlich begrenzten Rahmen von sechs Wochen bis zu einem Schuljahr sollen die Schüler eine grundlegende Handlungskompetenz in Arbeits- und Sozialverhalten erreichen. Der Unterricht orientiert sich grundsätzlich an den jeweiligen Lehrplänen der Volksschulen, (Neuen) Mittelschulen sowie Sonderschulen. Konkrete Unterrichtsinhalte werden jedoch individuell für den jeweiligen Schüler festgelegt. Die Gruppen bestehen aus bis zu sechs Schülern der Primar- oder Sekundarstufe. Diese bleiben während des Besuchs der 'Time-Out Gruppe' Schüler ihrer Stammklasse, aus der sie zugewiesen wurden.

Die Zuweisung in eine 'Time-Out Gruppe' wird als letzte Maßnahme qualifiziert, bevor dem Schüler ein Ausschlussverfahren droht.

Unterrichtet werden die Schüler von einem Lehrerteam, bestehend aus einem Sozialpädagogen (angestellt über 'Die Kinderfreunde Kärnten') oder Sonderpädagogen und einem Lehrer. Die Aufgaben der Sozialpädagogen unterscheiden sich von jenen der Lehrkräfte darin, dass die Auswahl des Lehrstoffs aus dem entsprechenden Lehrplan sowie die Leistungsbeurteilung ausschließlich dem Lehrer zukommt. Die Fachaufsicht über beide Berufsgruppen liegt bei der Schulverwaltung (Landesschulinspektor für Sonderpädagogik bzw Sonderpädagogisches Zentrum für Verhalten).

Für die in den 'Time-Out Gruppen' eingesetzten Sozialpädagogen wurden den klagenden Parteien Kosten in Rechnung gestellt. Die verrechneten Beträge wurden von der beklagten Partei teils durch Abzug von der klagenden Partei zukommenden Erträgen aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem Finanzausgleichsgesetz 2017 (A 5/2020), teils durch (dem Klagsvorbringen nach als irrtümliche Bezahlung einer Nichtschuld getätigte) Begleichung der Rechnungen seitens der klagenden Partei (A 6/2020) lukriert.

Die beklagte Partei qualifiziert den Einsatz von Sozialpädagogen in 'Time-Out Gruppen' als 'sozialen Dienst' nach §21 des Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetzes – K-KJHG, LGBl Nr 83/2013. §21 Abs1 K-KJHG normiert soziale Dienste als 'Leistungen zur Förderung der Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche. Soziale Dienste sind insbesondere dann anzubieten, wenn dies für die Förderung des Kindeswohles zweckmäßiger und erfolgsversprechender erscheint als die Gewährung von Erziehungshilfen.' Die Gemeinden haben gemäß §65 Abs2 K-KJHG dem Land den Kostenaufwand für Kinder- und Jugendhilfe in der Höhe von 50 % zu ersetzen. Auf dieser Grundlage wurden die genannten Kostenanteile der klagenden Partei in Rechnung gestellt.

Die klagenden Parteien bringen vor, dass die in 'Time-Out Gruppen' eingesetzten Sozialpädagogen die Lehrer bei der Durchführung des Unterrichts sowie bei der Vermittlung des Lehrstoffs im Sinne des Schulunterrichtsgesetzes – SchUG, BGBl Nr 472/1986, unterstützen. Sie wirken am Unterricht mit und verrichten Unterrichts- und Erziehungsarbeit gemäß §17 SchUG. Insofern werden sie funktional als Lehrer im schulrechtlichen Sinne tätig. Nach Auffassung der klagenden Parteien obliegt die Kostentragung für den Einsatz von Sozialpädagogen in 'Time-Out Gruppen' gemäß §10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl Nr 163/1955, dem Land als Schulerhalter öffentlicher Pflichtschulen. Folglich begehren die klagenden Parteien die Auszahlung der ihrer Meinung nach zu Unrecht durch die beklagte Partei verrechneten und einbehaltenen bzw vereinnahmten Beträge.

II. Zur kompetenzrechtlichen Einordnung

Vorliegend ist als verfassungsrechtliche Vorfrage zu untersuchen, wie die Tätigkeit von Sozialpädagogen in 'Time-Out Gruppen' nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung einzuordnen ist.

1. Allgemeines

Im vorliegenden Fall kommen die Kompetenztatbestände des Schulwesens (Art14 und 14a B VG) sowie der Jugendfürsorge in Betracht, wobei die Jugendfürsorge (früher Art12 Abs1 Z1 B VG) kompetenzrechtlich gemäß Art151 Abs63 Z5 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl Nr 1/1930, in der Fassung des Art1 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 usw geändert werden, BGBl I Nr 14/2019, mit 1. Jänner 2020 in der Gesetzgebung- und Vollziehungskompetenz der Länder gemäß Art15 Abs1 B VG aufgegangen ist.

2. Kompetenztatbestand 'Jugendfürsorge'

Im Folgenden soll daher die Kompetenzrechtslage vor dem Inkrafttreten der Novelle des BGBl I Nr 24/2020 ('Bisherige Kompetenzzuordnung') am 1. Jänner 2020 und danach die Änderung der Kompetenzrechtslage ('Neue Kompetenzzuordnung') dargestellt werden.

2.1. Allgemeines

Die Rechtslage nach der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Kompetenzverteilung stellt sich folgendermaßen dar:

Gemäß Art12 Abs1 Z1 B VG kam in Angelegenheiten der Jugendfürsorge die Gesetzgebung über die Grundsätze dem Bund zu, die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung war Landessache.

Auf der Grundlage des Art12 Abs1 Z1 B VG wurde das Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013), BGBl I Nr 69/2013, erlassen, dessen §10 das Land als Träger der Kinder- und Jugendhilfe ausweist. Nach §3 B-KJHG 2013 zählte zu den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe ua die Information über förderliche Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen; die Beratung bei Erziehungs- und Entwicklungsfragen und familiären Problemen; die Hilfe für Familien, Kinder und Jugendliche zur Bewältigung von familiären Problemen und Krisen; sowie die Zusammenarbeit mit Einrichtungen, Behörden und öffentlichen Dienststellen. Gemäß §16 B-KJHG 2013 hatte der Kinder- und Jugendhilfeträger vorzusorgen, dass zur Förderung von Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens Soziale Dienste für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen. Soziale Dienste umfassten ambulante und stationäre Dienste, wie insbesondere Angebote zur Förderung der Pflege und Erziehung in Familien; Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen; Hilfen für Familien in Krisensituationen; Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen; Aus- und Fortbildung für Pflegepersonen und Adoptivwerber.

Nachstehend ist daher zu untersuchen, ob die Bereitstellung von Sozialpädagogen vom verfassungsrechtlichen Begriff der 'Jugendfürsorge' erfasst ist.

Nach der die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in Kompetenzfragen beherrschenden 'Versteinerungstheorie' (VfSlg 2500/1953, 2721/1954, 2670/1960, 5748/1968, 7074/1973, 9580/1982, 10.831/1986, 12.996/1992, 13.237/1992, 14.187/1995, 14266/1995, 14.444/1996, 15.286/1998, 15.552/1999, 16.474/2003 und 18.140/2007) ist der begriffliche Gehalt der Kompetenztatbestände am Stand der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kompetenzartikels zu messen.

Der Begriffsinhalt des Kompetenztatbestandes 'Jugendfürsorge' wurde demnach auch durch das Heimatgesetz aus 1863, RGBl. Nr 105, bestimmt. Dessen §24 Abs2 lautete: 'Die Armenversorgung der Kinder begreift auch die Sorge für deren Erziehung.' Die Landes-Armengesetze enthielten Regelungen für arme Kinder, die 'der väterlichen Fürsorge entbehren'; zu den Aufgaben der Gemeinde gehörte es nach den meisten Landes-Armengesetzen auch, im Wege der Pflegschaftsbehörde für die bessere Unterbringung und Erziehung vernachlässigter Kinder zu sorgen (vgl Mayerhofer/Pace , Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, V. Band [1901] 255 f). Das Gesetz, wirksam für das Herzogthum Steiermark, betreffend die öffentliche Armenpflege, LGBl Nr 63/1896, sah in seinem §45 die Unterbringung von Kindern, die arm, verwaist oder vernachlässigt waren oder deren Eltern die 'väterliche Gewalt' verloren hatten, in Pflegefamilien vor.

'Jugendfürsorge' stellt sich demnach in erster Linie als besonderes 'Armenwesen' für Kinder und Jugendliche dar, das entsprechend deren Bedürfnissen über die rein materielle Versorgung hinausgeht und allgemein auf die Unterstützung in der persönlichen Entwicklung abzielt. Entsprechende Maßnahmen kommen aber nicht nur in Fällen wirtschaftlicher Armut in Betracht, sondern immer dann, wenn die Eltern – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben in Pflege und Erziehung hinlänglich wahrzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof legte den Begriff der Jugendfürsorge im Erkenntnis VfSlg 2873/1955 folgendermaßen aus: 'Unter Jugendfürsorge sind (…) nur Maßnahmen der Befürsorgung und der Hilfe zu verstehen, die dazu dienen, die körperliche, geistige, seelische und sittliche Entwicklung von Jugendlichen zu unterstützen und zu fördern.'

Im Erkenntnis VfSlg 1636/1948 grenzte er den Kompetenztatbestand 'Jugendfürsorge' folgendermaßen ab: 'Der Ausdruck 'Jugendfürsorge' ist ein sehr weiter; unter Jugendfürsorge im weitesten Sinne könnten nicht nur auch Fragen der Vormundschaft, des Jugendstrafrechtes und Strafvollzuges hinsichtlich Unmündiger und Jugendlicher, sondern auch die ganze Erziehung und das Schulwesen subsumiert werden, was aber mit anderen Bestimmungen der Bundesverfassung unvereinbar wäre. […] Unter dem Ausdruck 'Jugendfürsorge' […] darf nämlich nur die r e i n e Jugendfürsorge [Hervorhebung im Original], losgelöst von den in die Kompetenz der Schulbehörden oder der Justizpflege fallenden Angelegenheiten verstanden werden.'

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist daher davon auszugehen, dass Sozialpädagogik grundsätzlich unter den Begriff der Jugendfürsorge subsumiert werden kann, jedoch nur insoweit, als sie nicht dem Schulwesen zuzuordnen ist.

2.2. Neue Kompetenzordnung

Die Rechtslage nach der mit 1. Jänner 2020 in Kraft getretenen Kompetenzordnung gemäß dem zitierten Bundesgesetz BGBl I Nr 14/2019, stellt sich folgendermaßen dar:

Mit dieser Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes wurde zur Entflechtung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Land ua die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art12 Abs1 Z1 B VG ('Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge') beseitigt. Diese Materie fällt nun in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder gemäß Art15 Abs1 B VG.

Art151 Abs63 Z5 B VG in der Fassung der genannten Novelle normiert, dass Art12 Abs1 B VG in der Fassung der Z7a der Novelle mit jenem Zeitpunkt in Kraft tritt, in dem eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art15a Abs1 über den Gegenstand des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 – B-KJHG 2013, BGBl I Nr 69/2013, in Kraft tritt. Für die in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften, die Angelegenheiten der Mutterschafts-, Säuglings-[…] und Jugendfürsorge regeln, gilt Z4 sinngemäß. Z4 sieht diesbezüglich vor:

'Für die mit Ablauf des 31. Dezember 2019 geltenden Rechtsvorschriften, die Angelegenheiten regeln, für die die Zuständigkeit zur Gesetzgebung und Vollziehung durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 14/2019 neu geregelt wird, gilt, unbeschadet der Z5, Folgendes: In diesen Angelegenheiten des bisherigen Art12 erlassene Grundsatzgesetze treten außer Kraft; in diesen Angelegenheiten erlassene Landesgesetze werden, je nachdem, ob die Gesetzgebung in diesen Angelegenheiten auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes Bundessache oder Landessache ist, entweder für das Land, in dem sie erlassen worden sind, Bundesgesetze oder bleiben weiter Landesgesetze. Für die auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen gilt sinngemäß dasselbe. Die betreffenden Gesetze und Verordnungen gelten, soweit sie den Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes betreffend die Zuständigkeit der Behörden widersprechen, als sinngemäß geändert; sofern sich auf Grund dieser Auslegungsregel Zweifel ergeben können, hat je nach den die Zuständigkeiten regelnden Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes entweder die Bundesregierung oder die betreffende Landesregierung diese Angelegenheit bis zur Erlassung einer gesetzlichen Bestimmung vorläufig durch Verordnung zu regeln. Die vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 14/2019 erlassenen Bescheide gelten als Bescheide der auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes zuständigen Bundesbehörde oder Landesbehörde.'

Die in Art151 Abs63 Z5 angeführte Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern wurde als 'Vereinbarung gemäß Artikel 15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe' getroffen und als solche auf Bundes- und Landesebene kundgemacht (siehe zum Text zB die Kundmachung im Bundesgesetzblatt BGBl I Nr 106/2019). Diese Vereinbarung tritt gemäß ihrem Art5 Abs1 mit 1. Jänner 2020 zwischen dem Bund und allen Ländern in Kraft.

Damit trat auch die Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes BGBl I Nr 14/2019 am 1. Jänner 2020 in Kraft: Durch ihr Außerkrafttreten entfiel ab 1. Jänner 2020 die Grundsatzgesetzgebung des Bundes; der 1. Teil des B-KJHG 2013 ist aufgehoben. Die Ausführungsgesetze der Länder gelten weiter als Landesgesetze. Die 15a-Vereinbarung verpflichtet gemäß ihrem Artikel 2 Abs1 ('Grundsätzliche Aufgaben der Länder') die Länder weiterhin, die im 1. Teil des B KHJG 2013, BGBl I Nr 69/2013, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 32/2018, festgelegten Instrumente, Mindeststandards und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesetzgebung und Vollziehung umzusetzen. In Abs2 ist festgelegt, dass die Bestimmungen und Mindeststandards der §§1 bis 7 und §§9 bis 13 B-KJHG 2013 zum Inhalt dieser Vereinbarung erhoben werden und die vereinbarten Grundsätze für die Gesetzgebung der Länder bilden. […]

Es ist aber davon auszugehen, dass […] durch das Aufgehen der Kompetenz für die Jugendfürsorge in Art15 Abs1 B VG die Abgrenzung zwischen diesem Sachgebiet und dem des Schulwesens (dazu unten unter 3.) nicht verändert wurde.

2.3. Zu den einfachgesetzlichen Grundlagen nach dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013

Die einfachgesetzliche Grundlage für die Bereitstellung von Sozialen Diensten durch die Kinder- und Jugendhilfeträger bildete in der Zeit von 1. Mai 2013 bis 31. Dezember 2019 §16 des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 – B KJHG 2013. Dieser lautete wie folgt:

'Soziale Dienste

§16. (1) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat vorzusorgen, dass zur Förderung von Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens Soziale Dienste für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen.

(2) Soziale Dienste können von werdenden Eltern, Familien, Kindern und Jugendlichen nach ihrem eigenen Ermessen in Anspruch genommen werden.

(3) Soziale Dienste umfassen ambulante und stationäre Dienste, wie insbesondere

1. Angebote zur Förderung der Pflege und Erziehung in Familien;

2. Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen;

3. Hilfen für Familien in Krisensituationen;

4. Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen;

5. Aus- und Fortbildung für Pflegepersonen, Adoptivwerber und -werberinnen.

(4) Für die Inanspruchnahme Sozialer Dienste können Entgelte eingehoben werden.'

In den Erläuterungen zur zugrundeliegenden Regierungsvorlage 2191 BlgNR XXIV. GP wurde zu dieser Bestimmung Folgendes ausgeführt:

'Zu §16:

Abs1 formuliert wie bisher eine Verpflichtung des Kinder- und Jugendhilfeträgers, Soziale Dienste im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung zu stellen, wobei für Art und Umfang insbesondere die Planung gemäß §13 maßgeblich ist.

Die Nutzer/innen Sozialer Dienste entscheiden nach eigenem Ermessen, ob und wie lange bzw welche zur Verfügung stehenden Dienste sie in Anspruch nehmen.

Unter ambulanten Diensten sind alle unterstützenden Dienste zu verstehen, die keine Entfernung von Kindern und Jugendlichen aus der Familie beinhalten. Stationäre Dienste sind solche, bei denen Kinder und Jugendliche außerhalb ihrer Familie bzw ihres sonstigen bisherigen Wohnumfeldes untergebracht sind.

Die Aufzählung der Sozialen Dienste für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche ist eine demonstrative, da diese Dienste immer den Problemlagen der Bevölkerung entsprechend bedürfnisorientiert anzubieten sind. Eine laufende Weiterentwicklung, Erweiterung aber auch Reduktion sollen möglich sein.

Angebote zur Förderung von Pflege und Erziehung in Familien können Information zu förderlichem Erziehungsverhalten, die Wissensvermittlung über altersgemäße Entwicklung, förderliche Erziehungsstile, Reflexion der eigenen Erziehungsziele, den Erfahrungsaustausch aber auch konkrete Tipps zur Bewältigung des Erziehungsalltages und Erziehungsberatung umfassen. Diese erfolgt vor allem in Elternbildungsveranstaltungen, Elternschulen, Eltern-Kind-Zentren und Erziehungsberatungsstellen.

Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen bieten Familien in problematischen Lebenslagen Hilfe zur Selbsthilfe. Beratung besteht in der Problemanalyse, in der Information über zur Verfügung stehende Lösungsmöglichkeiten, in der Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, in der Hilfe bei der Umsetzung der getroffenen Entscheidung und in der Festigung der notwendigen Verhaltensänderung. Die Beratung konzentriert sich auf Erziehungsfragen und Problemfelder im familiären Kontext und grenzt sich von der Beratung zu Fragestellungen über andere Lebensbereiche, wie z. B. Bildungs- und Berufsberatung oder Schuldnerberatung, ab.

Hilfen für Familien in Krisensituationen sind dem Charakter der Krise entsprechende Unterstützungsangebote, die die Betroffenen dazu befähigen, die Situation zu bewältigen, um danach soweit wie möglich wieder selbst ihre Aufgaben und ihre Verantwortung innerhalb der Familie wahrzunehmen. Schwierige Situationen können unter anderem durch die Erkrankung oder den Tod eines Elternteiles, die physische, psychische oder sonstige Überlastung sowie Ausfall der Betreuungspersonen oder die Geburt eines behinderten Kindes entstehen. Mit beraterischen und therapeutischen Interventionen wird an den gewünschten oder notwendigen Veränderungen oder Zielen gearbeitet. Sie sind im Allgemeinen ein zeitlich begrenztes Angebot.

Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen können traditionelle Dienste wie Informations- und Beratungsangebote aber auch besonders niederschwellige Hilfen wie Streetwork, Notschlafstellen und vergleichbare Einrichtungen umfassen. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche dabei, neue Perspektiven und Orientierung zu finden und aktuelle Problemsituationen zu bewältigen. Durch besonders niederschwellige Hilfen können Problemgruppen frühzeitig angesprochen werden, die mit traditionellen Diensten nicht oder viel zu spät erreicht werden können.

Sowohl für Pflegepersonen als auch für Adoptivwerber und Adoptivwerberinnen sind Aus- und Fortbildungen anzubieten. Diese sollen sie auf die besonderen Herausforderungen einer Pflege- bzw Adoptivfamilie vorbereiten, sie unterstützen und die Möglichkeit zur Reflexion über ihre Motive und Erziehungsziele bieten.

Für Soziale Dienste können dem Aufwand des Angebots entsprechende Entgelte eingehoben werden. Bei der Festsetzung derselben ist einerseits darauf zu achten, dass finanzschwache Personen/Familien von der Teilnahme nicht ausgeschlossen werden und andererseits das Vertrauen der Bevölkerung in die Qualität der Leistung gestärkt wird.'

Bis 30. April 2013 waren Soziale Dienste auf bundesgrundsatzgesetzlicher Ebene durch die §§11 ff des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 – JWG wie folgt geregelt gewesen:

'Soziale Dienste

Vorsorge für soziale Dienste

§11. (1) Soziale Dienste sind Hilfen zur Deckung gleichartig auftretender Bedürfnisse werdender Eltern, Minderjähriger und deren Erziehungsberechtigten. Sie dienen der Entwicklung des Minderjährigen und der Förderung der Familie.

(2) Soziale Dienste, etwa niederschwellige Angebote (§12 Abs1 Z6), sind Minderjährigen insbesondere dann anzubieten, wenn dies für die Förderung des Wohles des Kindes zweckmäßiger und erfolgversprechender erscheint als die Gewährung von Hilfen zur Erziehung (§§26 ff).

(3) Die Jugendwohlfahrtsträger haben vorzusorgen, daß die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen sozialen Dienste bereitgestellt werden. Auf die regionalen Verhältnisse und die Bevölkerungsstruktur ist Bedacht zu nehmen.

Soziale Dienste

§12. (1) Als soziale Dienste sollen besonders angeboten werden:

1. Bildung für werdende Eltern, Eltern und Erziehungsberechtigte zur Stärkung der Fähigkeit zur Pflege und Erziehung sowie zur Vorbeugung von Entwicklungsstörungen und Erziehungsschwierigkeiten sowie von physischer, psychischer und sexueller Gewalt, etwa Elternschulen,

2. allgemeine und besondere Beratungsdienste für werdende Eltern, Eltern, Erziehungsberechtigte und Minderjährige, besonders zur Förderung der gewaltlosen Erziehung und zum Schutz Minderjähriger, etwa Mutter- bzw Elternberatung, Erziehungs- und Familienberatung, Kinderschutzzentren,

3. vorbeugende und therapeutische Hilfen für Minderjährige und deren Familien,

4. Hilfen für Eltern, Erziehungsberechtigte und Minderjährige, besonders durch Einrichtungen zur Früherkennung und Behandlung abweichenden Verhaltens Minderjähriger,

5. Hilfen für die Betreuung Minderjähriger, etwa durch Mutter Kind-Wohnungen und Tagesbetreuung (§21a),

6. Betreuung Minderjähriger durch niederschwellige Dienste, etwa Streetwork, betreute Notschlafstellen,

7. Pflegeplätze in Familien, Heimen und sonstigen Einrichtungen, besonders Kinderdörfern und sozialpädagogischen Wohngemeinschaften.

(2) Bei der Durchführung dieser Aufgaben ist auf die Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der außerschulischen Jugenderziehung und anderer Einrichtungen zu achten, die ebenfalls Aufgaben der Betreuung und Förderung der Jugend wahrnehmen.

Entgelt

§13. Die Landesgesetzgebung bestimmt, ob und welche Entgelte für soziale Dienste zu entrichten sind. Dabei sind Art und Umfang der Dienste sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse derjenigen angemessen zu berücksichtigen, die diese Dienste in Anspruch nehmen.'

§16 B-KJHG war im 2. Hauptstück 'Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe' geregelt. Dieses enthielt im 1. Abschnitt auch allgemeine Bestimmungen insbesondere über die Trägerschaft (§10), private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (§11) sowie die fachliche Ausrichtung (§12). Aus diesen ergibt sich, dass Soziale Dienste entweder durch den Kinder- und Jugendhilfeträger oder in dessen Auftrag von privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die über eine Eignungsfeststellung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger verfügen, unter Einhaltung der fachlichen Voraussetzungen des §12 B-KJHG anzubieten sind.

Durch die Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz BGBl I Nr 14/2019 wurde die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes beseitigt und der 1. Teil des B KJHG 2013 aufgehoben. Die Ausführungsgesetze der Bundesländer gelten weiter als Landesgesetze. Die zwischen Bund und Ländern abgeschlossene Vereinbarung gemäß Art15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe verpflichtet die Bundesländer weiterhin, die im 1. Teil des B-KJHG 2013 idF BGBl I Nr 32/2018 festgelegten Instrumente, Mindeststandards und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesetzgebung und Vollziehung umzusetzen.

2.4. §21 K-KJHG und §16 B-KJHG

Während §16 B-KJHG in seinem Abs1 den Begriff der Sozialen Dienste abstrakt umschrieb und in seinem Abs3 eine knappe Aufzählung von Beispielen enthielt, wurden diese Beispiele in der Ausführungsbestimmung des §21 Abs4 K-KJHG erheblich ausdifferenziert und vermehrt, insbesondere durch Nennung

der 'Schulsozialarbeit als Beratung und Förderung von Schülern in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter' als einen Unterfall (Z2 litb) der 'Angebote zur Prävention und Früherkennung von Problemstellungen, Entwicklungsrisiken und Entwicklungsstörungen' sowie

der 'sozialen Betreuung schulpflichtiger Kinder' als einen Unterfall (Z3 litb) der 'Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen'.

Zur Auslegung dieser Bestimmungen sieht sich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst freilich nicht berufen.

2.5. Abgrenzung Sozialer Dienste von anderen Leistungen

Zur Abgrenzung Sozialer Dienste von anderen Leistungen innerhalb und außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe können folgende Kriterien herangezogen werden:

1. Leistungserbringung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger oder eine private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, deren Eignung festgestellt ist,

2. Vorliegen von Leistungsverträgen mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger über die Erbringung der Leistung,

3. Einhaltung der fachlichen Voraussetzungen für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere hinsichtlich der Qualifikation des eingesetzten Personals,

4. Fachaufsicht durch die Kinder- und Jugendhilfe,

5. Förderung von Pflege und Erziehung sowie Hilfe bei der Bewältigung des alltäglichen Familienlebens durch das bereitgestellte Angebot als primäres Ziel,

6. Freiwillige Inanspruchnahme durch (werdende) Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche.

2.6. Zusammenschau

Vor dem Hintergrund einerseits des oben in Abschnitten 2.1. und 2.2. dargestellten Begriffs der Jugendfürsorge und des im Vorigen ausgeführten Inhalt des Begriffs der Sozialen Dienste ist bereits davon auszugehen, dass die Tätigkeit von Sozialpädagogen im Sinne des Kärntner Konzepts für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' nicht unter Art15 Abs1 B VG fällt.

3. Kompetenztatbestand 'Schulwesen'

Art14 Abs1 B VG weist die Regelung des Schulwesens in Gesetzgebung und Vollziehung grundsätzlich dem Bund zu, soweit nicht in den darauffolgenden Absätzen des Art14 B VG anderes bestimmt ist. Diese speziellen Regelungen gehen der allgemeinen Kompetenzregelung des Abs1 (von der das land- und [forstwirtschaftliche] Schulwesen iSd Art14a B VG überhaupt ausgenommen ist) vor.

3.1. Begriff der Schule und des Schulwesens

Zunächst ist zu prüfen, ob Sozialpädagogik dem Schulwesen gemäß Art14 Abs1 B VG überhaupt zuzurechnen ist.

'Schulwesen' als eigenständigen Begriff kennt das Bundes-Verfassungsgesetz seit der B VG-Novelle BGBl Nr 215/1962. Der zugrundeliegende Begriff der Schule ist jedoch durch diese kompetenzrechtliche Veränderung nicht berührt worden. Er hat daher jenen Inhalt, den ihm der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur zum früheren dreiteiligen Begriff 'Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesen', welcher in der Bundesverfassung am 1. Oktober 1925 enthalten war, beigemessen hat (vgl VfSlg 6407/1971).

Darin hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt erkannt, dass keine Schule vorliegt, wenn Gegenstand der Unterweisung nur die Vermittlung von Fertigkeiten ist. Keine Schulen im Sinne des Art14 B VG sind daher zB Tanzschulen (VfSlg 1505/1933, 2034/1950) oder, wie etwa der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erkannt hat, Fahrschulen (VwSlg 19.955 A/1988) und Massageschulen (VwSlg 12.704 A/1988). Ausschlaggebend für die Einordnung unter das Schulwesen ist zufolge dem Verfassungsgerichtshof vielmehr die Verfolgung pädagogischer und erzieherischer Ziele (vgl VfSlg 2207/1951, 2670/1954, 3801/1960, 4290/1962 sowie das bereits zitierte Erkenntnis VfSlg 6407/1971).

In diesem Sinne bestimmt nunmehr Art14 Abs6 erster Satz B VG: 'Schulen sind Einrichtungen, in denen Schüler gemeinsam nach einem umfassenden, festen Lehrplan unterrichtet werden und im Zusammenhang mit der Vermittlung von allgemeinen oder allgemeinen und beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten ein umfassendes erzieherisches Ziel angestrebt wird.'

Zu erwähnen ist hier auch das Vierte Hauptstück der Schul- und Unterrichtsordnung für allgemeine Volksschulen und für Bürgerschulen (Verordnung des Ministeriums für Kultus und Unterricht, RGBl. Nr 159/1905), mit der Überschrift 'Von der Kinderfürsorge'; es regelte insbesondere die Zusammenarbeit der Schulbehörden und Lehrer mit den Pflegschaftsgerichten bei der 'Fürsorge für die persönlichen Verhältnisse der Pflegebefohlenen'. Zwar wurde die Fürsorge für die persönlichen Verhältnisse der Pflegebefohlenen in erster Reihe als Sache des Pflegschaftsgerichts erklärt, jedoch den Schulbehörden und Lehrern aufgetragen, dem geistigen und körperlichen Wohle der Schulkinder Beachtung zu schenken und auf die Beseitigung wahrgenommener Übelstände hinzuwirken (§212 Abs1 und 2). Insbesondere hatten die Schulbehörden und die Lehrer alles zur Erfüllung der einer Volksschule zugewiesenen Aufgabe Notwendige selbst vorzukehren, demnach sich der Erziehung solcher Kinder, deren häusliche Erziehung besonders vernachlässigt wurde, besonders anzunehmen (§213 Abs1 und 2).

Im Kontext der umfassenden erzieherischen Zielsetzung des Schulwesens ist auch die Zielbestimmung des Art14 Abs5a B VG zu sehen, wonach

'Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen […] Grundwerte der Schule [sind], auf deren Grundlage sie der gesamten Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, sozialer Lage und finanziellem Hintergrund, unter steter Sicherung und Weiterentwicklung bestmöglicher Qualität ein höchstmögliches Bildungsniveau sichert. Im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schülern, Eltern und Lehrern ist Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen zu übernehmen. Jeder Jugendliche soll seiner Entwicklung und seinem Bildungsweg entsprechend zu selbständigem Urteil und sozialem Verständnis geführt werden, dem politischen, religiösen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am Kultur- und Wirtschaftsleben Österreichs, Europas und der Welt teilzunehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.'

Insoweit Sozialpädagogik im Dienste eines umfassenden erzieherischen Zieles als Aufgabe der Schule [im] Sinne des soeben Gesagten erfolgt oder zu diesem Ziel beiträgt, etwa bei der Verringerung von Schulabsentismus oder vorzeitiger Schulabbrüche, kann sie daher unter den Kompetenztatbestand 'Schulwesen' subsumiert werden.

3.2. Schulorganisation, insbesondere Schulerhaltung

Gemäß Art14 Abs3 lita (seit 1. Jänner 2019 anstatt der vorigen litb) B VG ist die äußere Organisation (Aufbau, Organisationsformen, Errichtung, Erhaltung, Auflassung, Sprengel, Klassenschülerzahlen und Unterrichtszeit) der öffentlichen Pflichtschulen Bundessache hinsichtlich der Gesetzgebung über die Grundsätze, während die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung Landessache ist.

Der Begriffsinhalt der 'äußeren Organisation' lässt sich aus dem Inhalt der Unterbegriffe ('Aufbau [...]') ermitteln. Drei Unterbegriffen – Errichtung, Erhaltung und Auflassung – ist gemeinsam, dass es sich um die Disposition über Ressourcen der Anstalt Schule handelt. Im Besonderen ist es der Unterbegriff der 'Erhaltung', der hinsichtlich der Sozialpädagogik in Betracht kommt.

Im Folgenden ist daher zu erörtern, ob die Bereitstellung von Sozialpädagogik vom Begriff der 'Erhaltung' mitumfasst ist.

Nach der bereits genannten 'Versteinerungstheorie' ist der begriffliche Gehalt der Kompetenztatbestände der Bundesverfassung am Stand der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des jeweiligen Kompetenztatbestandes zu messen. Für den Begriff der Schulerhaltung ist dies der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesverfassungsgesetzes, womit die Zuständigkeit des Bundes und der Länder zur Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiete der Errichtung, Erhaltung und Auflassung öffentlicher Schulen, Kindergärten und Horte geregelt wird (Schulerhaltungs-Kompetenzgesetz), BGBl Nr 162/1955, am 13. Juli 1955.

§3 Abs1 des Schulerhaltungs-Kompetenzgesetzes zufolge war in den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung. §5 Abs3 dieses Bundesverfassungsgesetzes definiert die öffentlichen Pflichtschulen als die von einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband erhaltenen Volks-, Haupt- und Sonderschulen und bestimmte Berufsschulen.

Das gleichzeitig mit dem Schulerhaltungs-Kompetenzgesetz erlassene Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen (Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, im Folgenden: PflSchErh-GG), BGBl Nr 163/1955, bestimmte zunächst in seinem §1, dass die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen den gesetzlichen Schulerhaltern obliegt.

§10 PflSchErh-GG umschrieb den Begriff der Schulerhaltung in Form einer Aufzählung, und zwar als die 'Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften allenfalls erforderlichen Hilfspersonals (wie Schulwart, Reinigungspersonal, Heizer)'. Demgegenüber war sonstiges (Hilfs-)Personal im Grundsatzgesetz des Jahres 1955 nicht erwähnt. Es war somit nur das für die für die Deckung des Bedarfs an Sachmitteln erforderliche Personal (Hilfspersonal) mit diesem gemeinsam dem Begriff der Schulerhaltung unterstellt.

Die kompetenzrechtliche Rechtslage wurde im Jahr 1962 neu akzentuiert, als das Bundesverfassungsgesetz vom 18. Juli 1962, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens abgeändert wird, BGBl Nr 215/1962, und nahezu gleichzeitig die korrespondierenden einfachen Bundesgesetze (BGBl Nr 240/1962 bis 245/1962) erlassen wurden, darunter das Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über die Schulorganisation (Schulorganisationsgesetz), BGBl Nr 242/1962. Den Erläuternden Bemerkungen zu der diesem Bundesgesetz zugrundeliegenden Regierungsvorlage (733 BlgNR IX. GP, S. 28 [Zu §13]) ist zu entnehmen, dass durch die Neufassung (BGBl Nr 215/1962) des Art14 B VG 'der Begriff der SchulerhaItung weiter gefaßt wird, als dies durch das bisher geltende Schulerhaltungs-Kompetenzgesetz der Fall war und nunmehr auch die Vorsorge für das notwendige Lehrpersonal einschließt'. In der Folge erschien es im 'Hinblick auf diesen umfassenderen Begriff der Schulerhaltung' notwendig, im Rahmen des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes auch Bestimmungen darüber vorzusehen, wer als gesetzlicher Schulerhalter hinsichtlich der Beistellung des Lehrpersonals anzusehen sei (EBRV 46 BlgNR X. GP, S. 6 [Zu Punkt 11]), und wurde mit der Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz-Novelle 1963, BGBl Nr 87/1963, der (in erweiterter Form) noch heute in §10 PflSchErh-GG 1955 enthaltene Satz 'Die Beistellung der erforderlichen Lehrer obliegt dem Land.' geschaffen. Damit wurde die für das Schulwesen zentrale Personalkomponente in den Begriff der Schulerhaltung einbezogen.

Für die Beurteilung der kompetenzrechtlichen Fragen ist aber nicht bloß die Betrachtung der historischen Rechtslage heranzuziehen, sondern auch die Möglichkeit intrasystematischer Fortentwicklung (zB VfSlg 2658/1954, 3393/1958, 3670/1960, 4117/1961, 4883/1964, 5748/1968 und 6137/1970) zu berücksichtigen. Eine Fortentwicklung des Rechts innerhalb des historisch determinierten Begriffsinhaltes ist dann nicht ausgeschlossen, wenn die Neuregelungen nach ihrem (wesentlichen) Inhalt systematisch dem Kompetenztatbestand angehören (VfSlg 17.160/2004). In diesem Sinne kann es verstanden werden, dass der Grundsatzgesetzgeber die Beistellung von Schulärzten (Novelle BGBl Nr 325/1975; dazu EBRV 1407 BlgNR XIII. GP S. 4 [Zu Z5]; VfSlg 10.842/1986) sowie die Beistellung der an ganztägigen Schulformen für den Betreuungsteil (ausgenommen die Lernzeiten) erforderlichen Lehrer oder Erzieher (Novelle BGBl Nr 515/1993) und Freizeitpädagogen (Novelle BGBl I Nr 73/2011), letztlich schlicht des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals (Novelle BGBl I Nr 138/2017) in den Anwendungsbereich des §10 PflSchErh-GG 1955 einbezogen hat.

Gemessen an dieser praktisch umfassenden Einbeziehung des für die Erfüllung der schulrechtlichen Aufgaben erforderlichen Personals in den Begriff der Schulerhaltung erscheint auch die Einbeziehung von Sozialpädagogen in den Begriff der Schulerhaltung konsequent.

3.3. Zum Verhältnis bundesgesetzlicher Grundsatzgesetzgebung und landesgesetzlicher Ausführungsgesetzgebung im Schul- und Erziehungswesen gemäß Art14 B VG

Nach Art14 B VG kommt dem Bund grundsätzlich die Zuständigkeit für Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet des Schul- und Erziehungswesens zu. Ausgenommen sind davon nur jene Angelegenheiten, die durch das Bundesverfassungsgesetz ausdrücklich der Kompetenz der Länder zugewiesen werden. In ausschließliche Bundeskompetenz hinsichtlich Gesetzgebung und Vollziehung fallen insbesondere die Angelegenheiten der Schulorganisation (ausgenommen Art14 Abs3 lita B VG – äußere Organisation von öffentlichen Pflichtschulen), des Schulunterrichtsrechts, der Schulpflicht sowie des Privatschulwesens.

Im Bereich der äußeren Organisation von öffentlichen Pflichtschulen (Volks- und Sonderschulen, Mittelschulen, Polytechnische Schulen sowie Berufsschulen) kommt gemäß Art14 Abs3 lita B VG dem Bund die Grundsatzgesetzgebung und den Ländern die Ausführungsgesetzgebung sowie Vollziehung zu. Unter 'äußerer Organisation' sind Aufbau, Organisationsformen, Errichtung, Erhaltung, Auflassung, Sprengel, Klassenschülerzahlen sowie Unterrichtszeiten der öffentlichen Pflichtschulen zu verstehen.

Das Verhältnis von bundesgesetzlicher Grundsatzgesetzgebung und landesgesetzlicher Ausführungsgesetzgebung ist von folgenden, von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geprägten, Geboten gekennzeichnet:

Das Grundsatzgesetz hat sich auf die Aufstellung von Grundsätzen zu beschränken und darf darüber hinaus keine Einzelregelungen treffen (vgl VfSlg 15279/1998, 2087/1951, 3340/1958, 3598/1959 ua).

Die Länder wiederum sind bei der Erlassung von Ausführungsgesetzen an die vom Bund aufgestellten Grundsätze gebunden. Ausführungsgesetze dürfen Grundsatzbestimmungen nicht widersprechen (vgl VfSlg 2087/1951, 2820/1955, 4919/1965 ua), deren rechtliche Wirkung nicht verändern (vgl VfSlg 3744/1960, 12280/1990 ua) oder diese einschränken (vgl VfSlg 14.322/1995, 4919/1965 ua).

Die vom Grundsatzgesetz vorgegebenen Grenzen für den Ausführungsgesetzgeber können verschieden weit gezogen sein. Im Zweifelsfall spricht sich der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur für die Auslegung eines weiteren Rahmens zu Gunsten der Ausführungsgesetzgebung aus. Die Ausführungsgesetzgebung ist frei, soweit diese nicht durch den Grundsatzgesetzgeber gebunden ist (vgl VfSlg 14.322/1995, 3649/1959 ua). Des Weiteren führt der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Grundsatzgesetzgebung nicht auf eine Einschränkung der Landesgesetzgebung abzielt, sondern auf eine gewisse Einheitlichkeit der Regelungen in allen Bundesländern. Bei Schweigen des Grundsatzgesetzgebers zu einer bestimmten Frage ist die Ausführungsgesetzgebung daher frei, die nicht behandelten Fragen nach eigenem Ermessen zu regeln (vgl VfSlg 2087/1951, 3649/1959, 15.279/1998 ua).

3.4. Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, BGBl Nr 163/1955

Die Grundsatzbestimmungen hinsichtlich der Errichtung, Erhaltung, Auflassung sowie der Sprengel öffentlicher Pflichtschulen sind im Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geregelt. Die Errichtung, Erhaltung und Auflassung obliegt den Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden als gesetzliche Schulerhalter öffentlicher Pflichtschulen. §10 PflSchErh-GG normiert hiezu die grundsätzlich vom Schulerhalter zur Verfügung zu stellende Infrastruktur und deren Wartung sowie das bereitzustellende Personal:

'§10. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist unter Errichtung einer Schule ihre Gründung und die Festsetzung ihrer örtlichen Lage, unter Erhaltung einer Schule jedenfalls die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften erforderlichen Personals, bei ganztägigen Schulformen auch die Vorsorge für die Verpflegung zu verstehen. Ferner ist für die Beistellung von Schulärztinnen und Schulärzten sowie an ganztägigen Schulformen für die Beistellung des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals in einer Weise vorzusorgen, dass die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können. Die Beistellung der erforderlichen Lehrerinnen und Lehrer sowie nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften auch des gemäß dem zweiten Satz beizustellenden Personals obliegt dem Land.'

Bezugnehmend auf das gegenständliche Verfahren ist der Aspekt des Personals von Bedeutung. Die Bereitstellung der erforderlichen Lehrer obliegt den Ländern. Die Kosten für die Besoldung von Landeslehrern für allgemeinbildende Pflichtschulen werden diesen jedoch nach Maßgabe der genehmigten Stellenpläne vom Bund ersetzt. Das für die Betreuung des Schulgebäudes sowie der übrigen Schulliegenschaft erforderliche Personal sowie das Personal für die Vorsorge der Verpflegung an ganztägigen Schulformen (worunter ua Sekretär, Schulwart, Koch sowie Reinigungspersonal zu verstehen sind) ist vom Schulerhalter zu stellen. Hinsichtlich der Beistellung von Schulärzten obliegt es dem Land, die organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um die vom Bund auf Grund des Art14 Abs1 B VG normierten ärztlichen Aufgaben an öffentlichen Pflichtschulen in sachgerechter Weise zu besorgen (vgl VfSlg 10.842/1986). An ganztägigen Schulformen hat das Land für die Beistellung des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals in der Weise vorzusorgen, dass die dem Personal aufgrund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können (beispielsweise die Betreuung der individuellen Lernzeit an ganztägigen Schulformen durch Erzieher, gemäß §8 litj sublitbb des Schulorganisationsgesetzes – SchOG, BGBl Nr 242/1962).

3.5. Aufgaben des Lehrers

Die schulrechtliche Hauptaufgabe des Lehrers ist gemäß §51 SchUG die in §17 SchUG näher ausgeführte Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Diese besteht in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit zur Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule (§2 SchOG). Er hat entsprechend dem Lehrplan der jeweiligen SchulArt den Lehrstoff der Unterrichtsgegenstände zu vermitteln. Dabei hat der Lehrer die pädagogische Freiheit, die geeignete Methodik und Didaktik anzuwenden, um die staatlichen Bildungs- und Erziehungsziele zu erreichen.

Schulorganisationsrechtlich ist Unterricht durch einen Lehrer zu erteilen (vgl zB §§13, 21g, 26, 32, 42, 50 SchOG). Im Bereich der allgemeinbildenden Pflichtschulen sind diese Bestimmungen Grundsatzbestimmungen.

Lehrer haben grundsätzlich ein Lehramtsstudium an einer Hochschule zu absolvieren, um sich für ihre Tätigkeit zu qualifizieren. Dienstrechtlich sind Lehrpersonen 'zur gewissenhaften und engagierten Wahrnehmung der pädagogischen Kernaufgaben und zur sorgfältigen Erfüllung der sonstigen sich aus der lehramtlichen Stellung ergebenden Aufgaben verpflichtet.' (vgl §40a des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 – VBG sowie §8 des Landesvertragslehrpersonengesetzes 1966 – LVG). Zu den pädagogischen Kernaufgaben zählen die Unterrichtsverpflichtung (bestehend aus Unterrichtserteilung und qualifizierter Betreuung von Lernzeiten im Rahmen der Tagesbetreuung) sowie die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts und der Lernzeiten, Korrektur schriftlicher Arbeiten, Evaluierung der Lernergebnisse, Reflexion sowie Evaluierung der eigenen Lehrleistung.

3.6. Aufgaben des Sozialpädagogen

Die Aufgaben des Sozialpädagogen in schulrechtlicher Hinsicht sind in §55a SchUG verankert. An ganztägigen Schulformen hat er das Recht sowie die Pflicht, an der Gestaltung des Betreuungsteils unter Bedachtnahme auf freizeitpädagogische Erfordernisse mitzuwirken. Seine Hauptaufgabe ist Erziehungsarbeit im Sinne des §2 Abs3 des SchOG, welche er im erforderlichen Ausmaß vorzubereiten hat. Darüber hinaus zählen auch die mit der Erziehungsarbeit verbundenen administrativen Tätigkeiten zu seinen Aufgaben sowie die Teilnahme an Lehrerkonferenzen, die Angelegenheiten des Betreuungsteils betreffen. An ganztägigen Schulformen können Sozialpädagogen gemäß §8 litj SchOG im Betreuungsteil in der individuellen Lernzeit (Lernhilfe durch Sozialpädagogen; beispielsweise Hilfe bei Hausübungen) sowie im Freizeitteil eingesetzt werden. Die gegenstandsbezogene Lernzeit, die sich auf bestimmte Pflichtgegenstände bezieht[,] ist durch Lehrer zu betreuen.

Sozialpädagogen werden im schulrechtlichen Sinn als Erzieher tätig (vgl §8 litj SchOG). Sie haben eine Bildungsanstalt für Sozialpädagogik im Sinne des §80 SchOG absolviert oder eine Sonderform dieser (Kolleg). Eine Bildungsanstalt für Sozialpädagogik dient dem Erwerb höherer sozialpädagogischer Bildung und soll jene Berufsgesinnung und jenes Berufswissen und -können, welches für die Erziehungsaufgaben in Horten, Heimen, Tagesheimstätten und im Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen sowie in der außerschulischen Jugendarbeit und in anderen sozialpädagogischen Berufsfeldern erforderlich ist, vermitteln.

3.7. Der Einsatz von Sozialpädagogen in 'Time-Out Gruppen'

Nach Art14 Abs3 B VG obliegt die äußere Organisation von öffentlichen Pflichtschulen in der Grundsatzgesetzgebung dem Bund und in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung den Ländern. Die Grundsatzbestimmungen betreffend die Errichtung, Erhaltung und Auflassung öffentlicher Pflichtschulen sind im Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz verankert. Das für die Erhaltung der öffentlichen Pflichtschulen notwendige Personal ist in §10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes normiert. Sozialpädagogen fallen unter das für den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen notwendige Personal; eingesetzt werden diese in der individuellen Lernzeit sowie in der Freizeit (§8 litj SchOG). Grenzen der Ausführungsbestimmungen (zum Verhältnis Grundsatz- und Ausführungsgesetz vgl oben Punkt 3.3) bildet auch die Generalkompetenz des Bundes hinsichtlich der Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet des Schul- und Erziehungswesens nach Art14 Abs1 B VG, wonach dem Bund insbesondere die 'innere Organisation' des Schulwesens zukommt. Hinsichtlich des Einsatzes von Sozialpädagogen im Unterricht von Relevanz sind hier insbesondere die Grundsatzbestimmungen der §§13, 21g, 26, 32 und 50 SchOG, wonach Unterricht ausschließlich von einem Lehrer zu erteilen ist. In dem Erkenntnis VfSlg 2328/1952 führt der Verfassungsgerichtshof hierzu aus:

'Der Schulerhalter kann für die ihm zukommenden Aufgaben der sachlichen Schulerhaltung den erforderlichen Verwaltungsapparat und gegebenen Falls auch besondere Aufsichtsorgane […] bestellen, deren Funktion sich jedoch nicht auf die pädagogische Aufsicht erstrecken darf.'

3.8. Bildung von 'Time-Out Gruppen'

Die Regelung der Klassen- und Gruppenbildung ist als Aspekt des Schulunterrichts 'innere Organisation' des Schulwesens und fällt damit gemäß Art14 Abs1 B VG in die ausschließliche Kompetenz des Bundes. Nach §9 Abs5 SchUG obliegt es dem Schulleiter, bei der Bildung von Schülergruppen die in Betracht kommenden Schüler in Gruppen einzuteilen (Gruppenbildung). §9 Abs1a SchUG ermöglicht es, Schüler zeitweise schulstufen- oder schulartübergreifend zu unterrichten. Die Lehrer sind vom Schulleiter den Klassen bzw Unterrichtsgegenständen zuzuweisen.

Der Schulleiter hat gemäß §8a SchOG (nach §1 Abs2 SchOG unmittelbar anwendbares Bundesrecht hinsichtlich der in §8a SchOG zu treffenden Festlegungen) unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Pädagogik und Sicherheit, auf den Förderbedarf der Schüler, auf räumliche Möglichkeiten, auf die mögliche Belastung von Lehrpersonen sowie auf die der Schule zugeteilten Personalressourcen festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Klassen und Schülergruppen zu bilden sind.

Die Bildung von Schülergruppen sowie die Festlegung der Voraussetzungen zur Bildung dieser unterliegen der Schulautonomie.

Der Unterricht in den Klassen bzw Gruppen unterliegt den schulrechtlichen Bestimmungen des SchUG (Art14 Abs1 B VG Materie). Nach §17 SchUG hat die Unterrichtsarbeit durch einen Lehrer zu erfolgen (vgl oben Punkt 3.5. und 3.6.). Dieser hat der Unterrichtsarbeit den Lehrplan (vgl §6 SchOG) der jeweiligen Schulstufe und SchulArt zu Grunde zu legen. In den Lehrplänen sind die Bildungsziele (Bildungs- und Lehraufgaben) und der zu vermittelnde Lehrstoff festgelegt. Der Lehrstoff ist unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln. Jeder Schüler ist nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechend besten Leistungen zu führen.

Der österreichischen Schule obliegt neben der Vermittlung von allgemeinen und/oder beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten auch ein Erziehungsauftrag. Dieser ergibt sich aus Art14 Abs6 B VG mit dem 'umfassenden erzieherischen Ziel' als Aufgabe der Schule. Auf einfachgesetzlicher Ebene regelt §47 Abs1 SchUG (gestützt auf Art14 Abs1 B VG) die Mitwirkung der Schule an der Erziehung. Der Lehrer hat in seiner Unterrichts- und Erziehungsarbeit die der Erziehungssituation angemessenen persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden Erziehungsmittel anzuwenden. Dies kann insbesondere in Form der Anerkennung, Aufforderung oder Zurechtweisung erfolgen.

In §8 der Schulordnung, BGBl Nr 373/1974, werden taxativ (vgl VfSlg 10.571/1985) die im Rahmen des §47 Abs1 SchUG anzuwendenden Erziehungsmittel normiert. Bei positivem Verhalten sind Ermutigung, Anerkennung, Lob sowie Dank anzuwenden. Bei Fehlverhalten des Schülers sind die Erziehungsmittel der Aufforderung, der Zurechtweisung, des Erteilens von Aufträgen zur nachträglichen Erfüllung von Pflichten, eines beratenden bzw belehrenden Gesprächs mit dem Schüler und dessen Erziehungsberechtigten sowie eine Verwarnung anzuwenden. Erziehungsmaßnahmen sollen möglichst unmittelbar erfolgen und in einem sinnvollen Bezug zum Verhalten des Schülers stehen. Sie sollen dem Schüler einsichtig sein und eine für dessen Erziehung förderliche Wirkung haben. Der Lehrer ist bei der Mitwirkung an der Erziehung an die abschließende Katalogisierung der Erziehungsmittel gebunden und darf sich darüber hinausgehend keiner weiteren Maßnahmen bedienen (vgl VfSlg 10.571/1985).

Nach §47 Abs2 SchUG kann der Schulleiter, sofern dies aus erzieherischen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung notwendig erscheint, den Schüler in eine Parallelklasse versetzen. Nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann der Schüler als ultima ratio vom Unterricht ausgeschlossen werden (vgl §49 SchUG). Zu den Pflichten der Schüler gehört es gemäß §43 SchUG, durch ihre Mitarbeit und ihre Einordnung in die Gemeinschaft der Klasse und der Schule an der Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule (§2 SchOG) mitzuwirken und die Unterrichtsarbeit zu fördern.

Es ergibt sich daher, dass der Einsatz von Sozialpädagogen im Schulwesen grundsätzlich möglich, zulässig und vorgesehen ist.

IV. Zusammenfassendes Ergebnis

Insgesamt erscheinen in kompetenzrechtlicher Hinsicht beim Einsatz von Sozialpädagogen in 'Time-Out Gruppen' gemäß dem 'Konzept für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens' des Landesschulrates für Kärnten, Fassung September 2016, die Voraussetzungen für eine Zuordnung zum Schulwesen gemäß Art14 Abs1 B VG, nicht jedoch zur Jugendfürsorge im Sinne des ehemaligen Art12 Abs1 Z1 B VG (jetzt: zu Art15 Abs1 B VG) gegeben."

5. Die beklagte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie der Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst entgegentritt, und ein ergänzendes Vorbringen erstattet, wobei sie im Wesentlichen Folgendes vorbringt:

Das Erziehungswesen sei nicht in seiner Gesamtheit Gegenstand des Schulwesens (vgl etwa ArtVIII Abs1 litb des BVG BGBl 215/1962), und in der unterverfassungsgesetzlichen Rechtslage hätten zum Versteinerungszeitpunkt 1962 Regelungen bestanden, die Maßnahmen der Jugendfürsorge auch auf schulpflichtige Minderjährige im schulischen Kontext erstreckten. Die Regelung der Schulsozialarbeit sei nach der Gesichtspunktetheorie sowohl unter dem Aspekt der Jugendfürsorge als auch unter dem Aspekt des Schulrechts möglich. Eine Kumulation schulrechtlicher und jugendfürsorglicher Regelungen sei daher denkbar, bislang habe jedoch nur der Jugendfürsorgegesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz Regelungen erlassen. Dass der Jugendfürsorgegesetzgeber auch für den schulischen Kontext Regelungen treffe, werde durch das ähnliche Beispiel der Schulsozialarbeit bestätigt. Der Schulrechtsgesetzgeber hätte, sofern er schulrechtliche Regelungen über die Tätigkeit von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen erlassen hätte wollen, sowohl die schulorganisatorischen als auch die schulunterrichtsrechtlichen Komponenten unter einem regeln müssen. Die Aufgabe der Erzieher iSd §55a SchUG beziehe sich nur auf den Betreuungsteil ganztägiger Schulformen, wo Personen – darunter Sozialpädagogen – schulrechtliche Aufgaben wahrnehmen würden, während die nach §21 K-KJHG bereitgestellten Sozialpädagogen zur (individuellen) Förderung der Erziehung von Kindern und Jugendlichen in schulischen Problemsituationen – dh unter dem Gesichtspunkt der Jugendfürsorge – zum Einsatz kämen. Bei der Jugendfürsorge gebe es keine örtliche Begrenzung auf eine bestimmte Therapieeinrichtung, vielmehr sei auch mit der Schule zusammenzuarbeiten.

6. Die Klägerin hat eine Replik erstattet, in der sie dem Vorbringen der beklagten Partei entgegentritt und im Wesentlichen Folgendes vorbringt:

Selbst wenn §55a SchUG nicht direkt anwendbar sei, könne er zur Auslegung herangezogen werden. Schulpflichtige Kinder und Jugendliche seien nicht grundsätzlich vom sachlichen Anwendungsbereich sozialer Dienste ausgenommen, es unterliege jedoch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen während des Schulunterrichtes in Time-out-Gruppen kompetenzrechtlich dem Schulwesen. Zielsetzung sei die Durchführung von Schulunterricht unter besonderen Voraussetzungen, der Unterricht in den Time-out-Gruppen finde parallel zum "normalen" Unterricht statt und ersetze diesen, die Teilnahme an der Time-out-Gruppe sei nicht freiwillig. Sie erfülle die Schulpflicht der Kinder. Voraussetzung für die Teilnahme an der Time-out-Gruppe sei der Besuch einer Schule.

7. Die beklagte Partei hat auf Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes bezughabende Unterlagen vorgelegt. In diesen Unterlagen finden sich Aufstellungen betreffend Personal- und Sachkosten der Time-out-Gruppen sowie Berechnungen betreffend Kostentragung für Time-out-Gruppen.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §16 des Bundesgesetzes über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – B-KJHG 2013), BGBl I 69/2013, aufgehoben durch BGBl I 14/2019 lautet:

"2. Abschnitt

Dienste für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche

Soziale Dienste

§16. (1) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat vorzusorgen, dass zur Förderung von Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens Soziale Dienste für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen.

(2) Soziale Dienste können von werdenden Eltern, Familien, Kindern und Jugendlichen nach ihrem eigenen Ermessen in Anspruch genommen werden.

(3) Soziale Dienste umfassen ambulante und stationäre Dienste, wie insbesondere

1. Angebote zur Förderung der Pflege und Erziehung in Familien;

2. Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen;

3. Hilfen für Familien in Krisensituationen;

4. Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen;

5. Aus- und Fortbildung für Pflegepersonen, Adoptivwerber und -werberinnen.

(4) Für die Inanspruchnahme Sozialer Dienste können Entgelte eingehoben werden."

2. Das Gesetz vom 21. November 2013 über die Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz – K-KJHG), LGBl 83/2013, in der im Jahr 2019 geltenden Fassung LGBl 74/2019 lautet auszugsweise:

"1. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

1. Abschnitt

Allgemeines

§1

Grundsätze

(1) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

(2) Die Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist in erster Linie die Pflicht und das Recht ihrer Eltern oder sonst mit der Pflege und Erziehung betrauter Personen.

(3) Eltern oder sonst mit der Pflege und Erziehung betraute Personen sind bei der Ausübung von Pflege und Erziehung durch Information und Beratung zu unterstützen und deren soziales Umfeld zu stärken.

(4) Zur Sicherstellung des Kindeswohles sind Leistungen nach diesem Gesetz anzubieten. Jedenfalls sind Erziehungshilfen zu gewähren, wenn das Kindeswohl hinsichtlich der Pflege und Erziehung von Eltern oder sonst mit der Pflege und Erziehung betrauten Personen nicht gewährleistet wird.

(5) In familiäre Rechte und Beziehungen darf nur insoweit eingegriffen werden, als dies zur Gewährleistung des Kindeswohls notwendig und in diesem Gesetz oder im Bürgerlichen Recht vorgesehen ist. Auf bestehende Bindungen und soziale Bezüge ist Bedacht zu nehmen. Wichtige und dem Kindeswohl dienende soziale Bindungen sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu stärken.

(6) Bei der Wahrnehmung der Aufgaben und der Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz ist das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen. So weit als möglich ist die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten anzustreben. Die Bestimmungen des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, BGBl Nr 7/1993, sind zu beachten. Die Tätigkeit der Kinder- und Jugendhilfe hat unter Rücksichtnahme auf die individuellen Unterschiede sowie auf die kulturelle und sozioökonomische Vielfalt zu erfolgen.

(7) Die Kinder- und Jugendhilfe bezieht die Möglichkeiten und Fähigkeiten des sozialen Umfeldes mit ein und unterstützt die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Bezugspersonen, diese Potentiale besser zu nutzen.

(8) Die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe erfolgt in Kooperation mit dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem.

[…]

2. Hauptstück

Leistungen

1. Abschnitt

Soziale Dienste

§21

Begriff und Umfang

(1) Soziale Dienste sind Leistungen zur Förderung der Pflege und Erziehung und zur Bewältigung des alltäglichen Familienlebens für werdende Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche. Soziale Dienste sind insbesondere dann anzubieten, wenn dies für die Förderung des Kindeswohles zweckmäßiger und erfolgsversprechender erscheint als die Gewährung von Erziehungshilfen.

(2) Soziale Dienste können von werdenden Eltern, Familien, Kindern und Jugendlichen nach ihrem eigenen Ermessen in Anspruch genommen werden.

(3) Soziale Dienste können ambulant, teilstationär oder stationär erbracht werden.

(4) Soziale Dienste sind insbesondere

1. Angebote zur Förderung der Pflege und Erziehung in Familien, wie beispielsweise

a) die Beratung für die Familienplanung, Beratung für werdende Mütter und Väter oder für die Eltern von Säuglingen und Kleinkindern ('Mutter- oder Elternberatung') einschließlich der medizinischen Beratung durch Ärzte;

b) die Beratung für Eltern und Erziehungsberechtigte in psychologischen, pädagogischen, sozialen, medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen, einschließlich muttersprachlicher Beratungsdienste;

c) die Beratung zur Früherkennung von Verhaltensauffälligkeiten Minderjähriger sowie zur Erreichung der gewaltfreien Erziehung;

d) Kinder- und Familienerholungsaktionen;

e) die sozialpädagogische Familienhilfe, wie insbesondere die praktische Unterstützung bei der Haushaltsführung einschließlich wirtschaftlicher Hilfen;

f) Ausbildungen zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern;

2. Angebote zur Prävention und Früherkennung von Problemstellungen, Entwicklungsrisiken und Entwicklungsstörungen, wie beispielsweise

a) frühe Hilfen, wie insbesondere Geburtsvorbereitungskurse, Angebote zur Diagnostik und Feststellung eines Förderbedarfs sowie Angebote zur therapeutischen Behandlung;

b) Schulsozialarbeit als Beratung und Förderung von Schülern in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter;

3. Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen, wie beispielsweise

a) Therapieangebote für Minderjährige und ihre Familien;

b) die soziale Betreuung schulpflichtiger Kinder;

c) die Unterbringung in Einrichtungen der Tagesbetreuung, beispielsweise in Einrichtungen nach dem Kärntner Kinderbetreuungsgesetz;

4. Hilfen für Familien in Krisensituationen, wie beispielsweise Mutter- (Vater-) und Kinderheime, Mutter- (Vater-) und Kinderwohnungen, Wohnungen für Familien in Krisensituationen;

5. Hilfen für Kinder und Jugendliche in Problemsituationen, wie beispielsweise

a) die Beratung für Eltern und Erziehungsberechtigte in psychologischen, pädagogischen, sozialen, medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen;

b) Dienste zur Vorbeugung psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, Kinderschutzzentren;

c) Streetwork;

d) betreute Notschlafstellen;

6. Aus- und Fortbildung für Pflegepersonen sowie Adoptivwerber.

(5) Einrichtungen nach dem Kärntner Kinderbetreuungsgesetz sind keine sozialen Dienste.

(6) Auf die Inanspruchnahme von sozialen Diensten besteht kein Rechtsanspruch.

[…]

6. Hauptstück

Kostentragung, Strafbestimmungen

§65

Kostentragung

(1) Die Kosten der Kinder- und Jugendhilfe sind vom Land zu tragen.

(2) Die Gemeinden haben dem Land den Kostenaufwand in der Höhe von 50% zu ersetzen.

(3) Der Kostenanteil der Gemeinden gemäß Abs2 ist auf die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe ihrer gewichteten Volkszahl aufzuteilen. Zur Berechnung der gewichteten Volkszahl ist die durchschnittliche Finanzkraft der Gemeinden in Kärnten pro Einwohner, dargestellt durch den Faktor eins, der Finanzkraft einer Gemeinde pro Einwohner (Finanzkraftfaktor) gegenüberzustellen. Der Mittelwert zwischen dem Faktor eins und dem Finanzkraftfaktor einer Gemeinde ist mit der Volkszahl gemäß §9 Abs9 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 der jeweiligen Gemeinde zu multiplizieren (gewichtete Volkszahl).

(4) Die Finanzkraft einer Gemeinde nach Abs3 ist gemäß §25 Abs3 Z3 litb FAG 2017 zu berechnen.

(5) Die Gemeinden haben dem Land monatliche Vorschüsse auf die von ihnen gemäß Abs. 2 und 3 zu erstattenden Kosten zu leisten. Die Landesregierung hat die Höhe dieser Vorschüsse unter Bedachtnahme auf die zu erwartenden jährlichen Kostenanteile festzusetzen. Der zu leistende monatliche Vorschuss ist vom Land von den Ertragsanteilen der Gemeinden einzubehalten.

(6) Hat das Land Kostenersätze erhalten, so sind diese von den durch die Gemeinden zu ersetzenden Kosten abzuziehen.

(7) Liegt der im vorangegangenen Kalenderjahr gemäß Abs5 geleistete Vorschuss unter dem von der Gemeinde im vorangegangenen Kalenderjahr gemäß Abs3 iVm Abs6 zu erstattenden Kostenanteil, ist der Differenzbetrag vom Land von den Ertragsanteilen der Gemeinden einzubehalten."

3. ArtII des Gesetzes vom 1. Februar 2018, mit dem das Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz geändert wird, LGBl 15/2018 lautet:

"Artikel II

(1) Dieses Gesetz tritt an dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(2) Der Ersatz des Kostenaufwandes des Landes durch die Gemeinden gemäß §65 Abs2 beträgt für das Kalenderjahr

1. 2018 55,5 %;

2. 2019 55 %;

3. 2020 54,5 %;

4. 2021 54 %;

5. 2022 53,5 %;

6. 2023 53 %;

7. 2024 52,5 %;

8. 2025 52 %;

9. 2026 51,5 %;

10. 2027 51 %;

11. 2028 50,5 %.

(3) §65 Abs2 in der Fassung dieses Gesetzes ist erstmals für das Kalenderjahr 2029 anzuwenden."

4. §10 des Bundesgesetzes vom 13. Juli 1955, betreffend die Grundsätze für die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen (Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz), BGBl 163/1955, idF BGBl I 138/2017 lautet:

"§10. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist unter Errichtung einer Schule ihre Gründung und die Festsetzung ihrer örtlichen Lage, unter Erhaltung einer Schule jedenfalls die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften erforderlichen Personals, bei ganztägigen Schulformen auch die Vorsorge für die Verpflegung zu verstehen. Ferner ist für die Beistellung von Schulärztinnen und Schulärzten sowie an ganztägigen Schulformen für die Beistellung des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals in einer Weise vorzusorgen, dass die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können. Die Beistellung der erforderlichen Lehrerinnen und Lehrer sowie nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften auch des gemäß dem zweiten Satz beizustellenden Personals obliegt dem Land."

5. Das Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über die Schulorganisation (Schulorganisationsgesetz – SchOG), BGBl 242/1962, idF BGBl I 101/2018 lautet auszugsweise:

"Lehrpläne

§6. (1) Der zuständige Bundesminister oder die zuständige Bundesministerin hat für die in diesem Bundesgesetz geregelten Schulen Lehrpläne (einschließlich der Betreuungspläne für ganztägige Schulformen) durch Verordnung festzusetzen. Die Bildungsdirektionen sind vor Erlassung solcher Verordnungen zu hören. In den Lehrplänen kann bei Bedarf vorgesehen werden, dass die Bildungsdirektionen zusätzliche Lehrplanbestimmungen zu erlassen haben; für Berufsschulen kann diese Ermächtigung generell, für die anderen Schularten nur in bestimmten Angelegenheiten sowie für den Fall der Aufhebung schulautonomer Lehrplanbestimmungen erfolgen.

(1a) Für einzelne Schulstandorte berufsbildender Schulen können zur Entwicklung neuer Lehrplaninhalte, insbesondere im Hinblick auf den aktuellen Stand der Wissenschaft und die Zeitgemäßheit der Ausbildung, sowie zur Verbesserung didaktischer und methodischer Arbeitsformen von den verordneten Lehrplänen abweichende Übergangslehrpläne erlassen werden. Solche Übergangslehrpläne oder -lehrplanabweichungen sind im Hinblick auf eine möglichst zeitnahe generelle Umsetzung zeitlich zu befristen. Übergangslehrpläne und lehrplanabweichungen sind gemäß §129 an den betroffenen Schulen kundzumachen. Abs1 vorletzter und letzter Satz ist anzuwenden.

(1b) Die Lehrplanverordnungen haben die einzelnen Schulen zu ermächtigen, in einem vorzugebenden Rahmen Lehrplanbestimmungen nach den örtlichen Erfordernissen sowie im Rahmen von Schulkooperationen auf Grund dieses Bundesgesetzes zu erlassen (schulautonome Lehrplanbestimmungen), soweit dies unter Bedachtnahme auf die Bildungsaufgabe der einzelnen Schularten (Schulformen, Fachrichtungen), auf die mit deren erfolgreichen Abschluss verbundenen Berechtigungen sowie auf die Erhaltung der Übertrittsmöglichkeiten im Rahmen derselben SchulArt (Schulform, Fachrichtung) und der Übertrittsmöglichkeiten im Sinne des §3 Abs1 vertretbar ist.

(2) Die Lehrpläne haben zu enthalten:

a) die allgemeinen Bildungsziele,

b) die Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Unterrichtsgegenstände und didaktische Grundsätze,

c) den Lehrstoff,

d) die Aufteilung des Lehrstoffes auf die einzelnen Schulstufen, soweit dies im Hinblick auf die Bildungsaufgabe der betreffenden SchulArt (Schulform, Fachrichtung) sowie die Übertrittsmöglichkeiten erforderlich ist und

e) die Gesamtstundenzahl und das Stundenausmaß der einzelnen Unterrichtsgegenstände (Stundentafel),

f) soweit es schulautonome Lehrplanbestimmungen erfordern, sind Kernanliegen in den Bildungs- und Lehraufgaben oder den didaktischen Grundsätzen oder im Lehrstoff zu umschreiben.

An zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen haben die Lehrpläne der 10. bis einschließlich der vorletzten Schulstufe die Bildungs- und Lehraufgaben sowie den Lehrstoff der einzelnen Unterrichtsgegenstände, erforderlichenfalls auch die didaktischen Grundsätze, als Kompetenzmodule festzulegen und deren Aufteilung auf die jeweiligen Semester der betreffenden Schulstufe zu enthalten. Schulstufen, hinsichtlich derer die im Winter- und im Sommersemester erbrachten Leistungen am Ende des Unterrichtsjahres als Jahresleistungen zu beurteilen sind, sowie jedenfalls die letzte Schulstufe der genannten Schularten bilden jeweils ein Kompetenzmodul.

(3) Die Erlassung schulautonomer Lehrplanbestimmungen obliegt dem Schulforum bzw dem Schulgemeinschaftsausschuss. Die schulautonomen Lehrplanbestimmungen sind durch Anschlag an der betreffenden Schule auf die Dauer eines Monats kundzumachen; nach Ablauf des Monats sind sie bei der Schulleitung zu hinterlegen. Auf Verlangen ist Schülern und Erziehungsberechtigten, an Berufsschulen auch den Lehrberechtigten Einsicht zu gewähren. Schulautonome Lehrplanbestimmungen sind der zuständigen Schulbehörde zur Kenntnis zu bringen. Die zuständige Schulbehörde hat die schulautonomen Lehrplanbestimmungen im erforderlichen Ausmaß aufzuheben, wenn sie nicht der Ermächtigung (Abs1b) entsprechen oder über die einzelne Schule hinausgehende Interessen der Schüler und Erziehungsberechtigten nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden sind. Schulautonome Lehrplanbestimmungen, die gegenüber dem verordneten Lehrplan zusätzliche personelle oder ausstattungsmäßige Ressourcen erfordern, bedürfen der Genehmigung der zuständigen Schulbehörde. Der zuständige Bundesminister hat in den Lehrplänen gemäß Abs1 Lehrplanbestimmungen für die Fälle der Aufhebung von schulautonomen Lehrplanbestimmungen und den Fall der Nichterlassung schulautonomer Lehrplanbestimmungen vorzusehen.

(4) Welche Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, alternative Pflichtgegenstände, verbindliche Übungen, Freigegenstände, unverbindliche Übungen) in den Lehrplänen vorzusehen sind, wird im II. Hauptstück für die einzelnen Schularten festgesetzt. Im Lehrplan kann bestimmt werden, daß zwei oder mehrere der im II. Hauptstück angeführten Pflichtgegenstände als alternative oder als zusammengefaßte Pflichtgegenstände zu führen sind. Überdies können bei Unterrichtsgegenständen, die eine zusammengesetzte Bezeichnung haben, die Teile gesondert oder in Verbindung mit anderen solchen Teilen geführt werden. Darüber hinaus können in den Lehrplänen auch weitere Unterrichtsgegenstände als Freigegenstände (auch Freigegenstände für besonders begabte und interessierte Schüler mit entsprechenden Anforderungen) und unverbindliche Übungen sowie ein Förderunterricht vorgesehen werden. Ferner kann in den Lehrplänen für Schulen für Berufstätige die Einbeziehung von Formen des Fernunterrichtes insoweit vorgesehen werden, als dies zur Erleichterung des Besuches dieser Schulen ohne Einschränkung des Bildungszieles zweckmäßig ist. Weiters können auf Grund der Aufgaben der einzelnen Schularten sowie der österreichischen Schule (§2) durch schulautonome Lehrplanbestimmungen im Rahmen der Ermächtigung (Abs1) zusätzlich zu den im II. Hauptstück genannten Unterrichtsgegenständen weitere Pflichtgegenstände und verbindliche Übungen festgelegt werden.

(4a) Betreuungspläne sind für die Lernzeiten sowie für den Freizeitteil ganztägiger Schulformen festzusetzen. Hiebei ist festzulegen, dass die Lernzeiten jedenfalls der Bearbeitung von Hausübungen, der Festigung und Förderung der Unterrichtsarbeit im Unterrichtsteil und der individuellen Förderung der Kinder dienen, nicht jedoch der Erarbeitung neuer Lehrinhalte. Im Freizeitteil sind jedenfalls kreative, künstlerische, musische und sportliche Begabungen sowie die Aneignung von sozialen Kompetenzen und die Persönlichkeitsentfaltung zu fördern. Die gegenstandsbezogene Lernzeit hat wöchentlich zwei bis vier Stunden zu umfassen. Die Festlegung der Zeiteinheiten für Lernzeiten und Freizeit hat so zu erfolgen, dass in der Freizeit unter Hinzuziehung der im Unterrichtsteil vorgesehenen Wochenstunden im Pflichtgegenstand 'Bewegung und Sport' fünf Bewegungseinheiten, die nach Möglichkeit gleichmäßig auf die Woche zu verteilen sind, gewährleistet sind. Die Bestimmungen über schulautonome Lehrplanbestimmungen finden Anwendung.

(5) Bei der Erlassung der Lehrpläne für den Religionsunterricht ist auf das Religionsunterrichtsgesetz, BGBl Nr 190/1949, in seiner jeweils geltenden Fassung Bedacht zu nehmen.

[…]

§13. Lehrer

(Grundsatzbestimmung) (1) Der Unterricht in jeder Volksschulklasse ist – abgesehen von einzelnen Unterrichtsgegenständen und einzelnen Unterrichtsstunden – durch einen Klassenlehrer zu erteilen. Für noch nicht schulreife Kinder (bei gemeinsamer Führung von Schulstufen der Grundstufe I), für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache, welche die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen, kann ein entsprechend ausgebildeter Lehrer zusätzlich eingesetzt werden.

(2) Für jede Volksschule sind ein Leiter, für jede Volksschulklasse ein Klassenlehrer und die erforderlichen Lehrer für einzelne Gegenstände zu bestellen.

(2a) An ganztägigen Schulformen kann für die Leitung des Betreuungsteiles ein Lehrer oder Erzieher vorgesehen werden. Für die gegenstandsbezogene Lernzeit sind die erforderlichen Lehrer, für die individuelle Lernzeit die erforderlichen Lehrer, Erzieher oder Erzieher für die Lernhilfe und für die Freizeit die erforderlichen Lehrer, Erzieher, Erzieher für die Lernhilfe oder Freizeitpädagogen zu bestellen. Für die Freizeit können auch andere auf Grund besonderer Qualifikation zur Erfüllung der Aufgaben im Freizeitteil geeignete Personen (§8 litj sublitcc) bestellt werden. Der Einsatz solcher qualifizierter Personen ist auch dann zulässig, wenn diese nicht Bedienstete einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes sind; §56 Abs2 des Schulunterrichtsgesetzes ist anzuwenden.

(3) Hiedurch werden die Vorschriften des Lehrerdienstrechtes, bei Religionslehrern auch jene des Religionsunterrichtsrechtes, nicht berührt."

6. Das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), BGBl 472/1986 (WV), idF BGBl I 101/2018 lautet auszugsweise:

"4. ABSCHNITT

UNTERRICHTSORDNUNG

Klassen- und Gruppenbildung, Klassenzuweisung, Lehrfächerverteilung

§9. (1) Die Schüler sind vom Schulleiter unter Beachtung der Vorschriften über die Schulorganisation in Klassen (Jahrgänge) einzuteilen (Klassenbildung). In Volksschulklassen, in denen Kinder ohne und mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden, soll der Anteil an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf nur jenes Ausmaß betragen, bei dem unter Bedachtnahme auf Art und Schweregrad der Behinderung die erforderliche sonderpädagogische Förderung erfolgen kann. In den lehrgangsmäßigen Berufsschulen hat der Schulleiter im Zusammenhang mit der Klassenbildung die Einteilung in die einzelnen Lehrgänge vorzunehmen, wobei nach Möglichkeit auf eine gleichmäßige Verteilung der Schüler auf die einzelnen Lehrgänge und auf rücksichtswürdige Umstände in sozialer und betrieblicher Hinsicht Bedacht zu nehmen ist.

(1a) Abweichend von Abs1 darf zeitweise schulstufen- oder schulartübergreifend unterrichtet werden.

(1b) Deutschförderklassen gemäß §8h Abs2 des Schulorganisationsgesetzes sind nach Maßgabe der organisatorischen Möglichkeiten und der pädagogischen Zweckmäßigkeit in jenen Unterrichtsgegenständen, die nicht primär dem Erwerb und dem Aufbau der Kenntnisse der deutschen Sprache dienen, gemeinsam mit der betreffenden Regelklasse oder einer anderen Klasse zu führen.

(2) In Schulen mit Klassenlehrersystem hat der Schulleiter für jedes Unterrichtsjahr jede Klasse einem Lehrer als Klassenlehrer zuzuweisen (Klassenzuweisung). Für die Zuweisung einzelner Unterrichtsgegenstände an andere Lehrer als den Klassenlehrer gilt Abs3 sinngemäß.

(3) In Schulen mit Fachlehrersystem hat der Schulleiter für jedes Unterrichtsjahr (an lehrgangsmäßigen Berufsschulen für jeden Lehrgang) nach Beratung der allgemeinen Gesichtspunkte in der Schulkonferenz die lehrplanmäßig vorgesehenen Wochenstunden der Unterrichtsgegenstände in den einzelnen Klassen den einzelnen Lehrern der Schule unter Beachtung pädagogischer und didaktischer Grundsätze, unter Bedachtnahme auf die Vorschriften über die Lehrverpflichtung oder den Lehrauftrag und über die Lehrbefähigung sowie unter Berücksichtigung hiemit vereinbarer Wünsche der Lehrer zuzuweisen (Lehrfächerverteilung).

(4) Die Klassenzuweisung und die Lehrfächerverteilung sind der zuständigen Schulbehörde schriftlich zur Kenntnis zu bringen.

(5) Bei Bildung von Schülergruppen und an ganztägigen Schulformen bei der Bildung von Gruppen im Betreuungsteil hat der Schulleiter die in Betracht kommenden Schüler in die einzelnen Gruppen einzuteilen (Gruppenbildung). Ferner hat der Schulleiter den einzelnen Schülergruppen unter sinngemäßer Anwendung der Abs2 und 3 die erforderlichen Lehrer, den einzelnen Gruppen im Betreuungsteil ganztägiger Schulformen die für die Lernzeiten und die Freizeit gemäß §8 litj des Schulorganisationsgesetzes vorgesehenen Personen zuzuweisen. Die Zuweisung der Lehrer, Erzieher und Freizeitpädagogen an die einzelnen Gruppen ist der zuständigen Schulbehörde schriftlich zur Kenntnis zu bringen.

[…]

5. ABSCHNITT

UNTERRICHTSARBEIT UND SCHÜLERBEURTEILUNG

Unterrichtsarbeit

§17. (1) Der Lehrer hat in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§2 des Schulorganisationsgesetzes) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend dem Lehrplan der betreffenden SchulArt hat er unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten, die Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten, jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Ertrag des Unterrichtes als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen. Darüber hinaus sind unter Bedachtnahme auf die lehrplanmäßigen Anforderungen an die Unterrichtsgestaltung sowie auf die konkrete Lernsituation der Schüler in angemessenem Ausmaß angeleitete Bewegungselemente in den Unterricht und an ganztägigen Schulformen auch in die Lernzeiten zu integrieren. Im Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen hat der Lehrer in eigenständiger und verantwortlicher Erziehungsarbeit die im §2 Abs3 des Schulorganisationsgesetzes grundgelegte Aufgabe zu erfüllen.

(1a) Der zuständige Bundesminister hat für einzelne Schulstufen der in §1 genannten Schularten (Formen, Fachrichtungen) Bildungsstandards zu verordnen, wenn dies für die Entwicklung und Evaluation des österreichischen Schulwesens notwendig ist. Bildungsstandards sind konkret formulierte Lernergebnisse, die sich gemäß dem Lehrplan der jeweiligen SchulArt (Form, Fachrichtung) auf einzelne Pflichtgegenstände oder auf mehrere in fachlichem Zusammenhang stehende Pflichtgegenstände beziehen. Die individuellen Lernergebnisse zeigen das Ausmaß des Erreichens grundlegender, nachhaltig erworbener Kompetenzen auf. Der Lehrer hat bei der Planung und Gestaltung seiner Unterrichtsarbeit die Kompetenzen und die darauf bezogenen Bildungsstandards zu berücksichtigen sowie die Leistungen der Schüler in diesen Bereichen zu beobachten, zu fördern und bestmöglich zu sichern. Die Verordnung hat über die Festlegung von Schularten, Schulstufen und Pflichtgegenständen hinaus insbesondere die Ziele der nachhaltigen Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht, der bestmöglichen Diagnostik und individuellen Förderung durch konkrete Vergleichsmaßstäbe und der Unterstützung der Qualitätsentwicklung in der Schule sicher zu stellen. Es ist vorzusehen, dass die Ergebnisse von Standardüberprüfungen so auszuwerten und rückzumelden sind, dass sie für die langfristige systematische Qualitätsentwicklung in den Schulen nutzbringend verwertet werden können.

(1b) Ab der 7. Schulstufe der Neuen Mittelschule sind die Schüler im Unterricht durch Maßnahmen der inneren Differenzierung sowie der Begabungs- und Begabtenförderung nach Möglichkeit zum Bildungsziel der vertieften, jedenfalls aber zu jenem der grundlegenden Allgemeinbildung zu führen.

(2) Zur Ergänzung der Unterrichtsarbeit können den Schülern auch Hausübungen aufgetragen werden, die jedoch so vorzubereiten sind, daß sie von den Schülern ohne Hilfe anderer durchgeführt werden können. Bei der Bestimmung des Ausmaßes der Hausübungen ist auf die Belastbarkeit der Schüler, insbesondere auf die Zahl der Unterrichtsstunden an den betreffenden Schultagen, die in den übrigen Unterrichtsgegenständen gestellten Hausübungen und allfällige Schulveranstaltungen Bedacht zu nehmen. Hausübungen, die an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen oder während der Weihnachtsferien, der Semesterferien, der Osterferien, der Pfingstferien oder der Hauptferien erarbeitet werden müßten, dürfen – ausgenommen an den lehrgangsmäßigen Berufsschulen – nicht aufgetragen werden.

(4) Für Kinder, bei denen gemäß §8 Abs1 des Schulpflichtgesetzes 1985 ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde, hat die Schulkonferenz unter Bedachtnahme auf diese Feststellung zu entscheiden, ob und in welchen Unterrichtsgegenständen der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan einer anderen Schulstufe, als der seinem oder ihrem Alter entsprechenden, zu unterrichten ist. Dabei ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn bestmögliche Förderung erhält.

(5) Innerhalb der Vorschulstufe und der ersten drei Schulstufen der Volksschule und der Sonderschule sind die Schüler berechtigt, während des Unterrichtsjahres in die nächsthöhere oder nächstniedrigere Schulstufe zu wechseln, wenn dadurch der Lernsituation des Schülers eher entsprochen wird und eine Unter- oder Überforderung in körperlicher oder geistiger Hinsicht nicht zu befürchten ist. Ein Wechsel von Schulstufen während des Unterrichtsjahres ist nur in dem Ausmaß zulässig, als für den erstmaligen Abschluss der 3. Klasse nicht weniger als zwei und nicht mehr als vier Schuljahre benötigt werden. Über den Wechsel von Schulstufen während des Unterrichtsjahres hat die Schulkonferenz auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder des Klassenlehrers zu entscheiden. Diese Entscheidung ist den Erziehungsberechtigten unverzüglich unter Angabe der Gründe und einer Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit bekanntzugeben.

[…]

Ausschluß eines Schülers

§49. (1) Wenn ein Schüler seine Pflichten (§43) in schwer wiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln gemäß §47 oder von Maßnahmen gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt oder wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt, ist der Schüler von der Schule auszuschließen. An allgemein bildenden Pflichtschulen ist ein Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist.

(2) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs1 hat die Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fachabteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz) einen Antrag auf Ausschluß des Schülers an die zuständige Schulbehörde zu stellen. Dem Schüler ist vor der Beschlußfassung über die Antragstellung Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben. Überdies ist den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Schulkonferenz hat bei ihrer Beratung die für und gegen den Ausschluß sprechenden Gründe zu berücksichtigen und ihren Antrag zu begründen. Eine Zweitschrift des Antrages ist dem Schüler zuzustellen.

(3) Die zuständige Schulbehörde hat bei Gefahr im Verzug auszusprechen, daß der Schüler vom weiteren Schulbesuch suspendiert wird. Die Suspendierung darf mit höchstens vier Wochen bemessen werden; sie ist unverzüglich aufzuheben, sobald sich im Zuge des Verfahrens ergibt, daß die Voraussetzungen nach Abs1 nicht oder nicht mehr gegeben sind. Der Schüler ist berechtigt, sich während der Suspendierung über den durchgenommenen Lehrstoff regelmäßig zu informieren. Am Ende eines Unterrichtsjahres ist dem Schüler Gelegenheit zur Ablegung einer Feststellungsprüfung gemäß §20 Abs2 zu geben, soweit eine Beurteilung wegen der Dauer der Suspendierung sonst nicht möglich wäre.

(4) Die zuständige Schulbehörde hat nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens die Beendigung des Ausschlußverfahrens festzustellen, wenn die Voraussetzungen im Sinne des Abs1 für einen Ausschluß nicht vorliegen. Sie kann zugleich dem Schüler eine Rüge erteilen oder eine Maßnahme nach §47 Abs2 anordnen, wenn sein Verhalten zwar einen Ausschluß nicht begründet, er aber sonst gegen seine Pflichten verstoßen hat. Andernfalls hat die zuständige Schulbehörde den Ausschluß des Schülers mit Bescheid auszusprechen.

(5) Der Ausschluß kann sich auf die betreffende Schule oder auf alle Schulen in einem näher zu bestimmenden Umkreis erstrecken. Von den verschiedenen Formen des Ausschlusses ist jeweils nur jene Form auszusprechen, mit der der angestrebte Sicherungszweck im Sinne des Abs1 bereits erreicht werden kann.

(7) Im Falle eines Ausschlusses ist die Aufnahme in eine Schule, auf die sich der Ausschluß erstreckt, weder als ordentlicher noch als außerordentlicher Schüler zulässig. Die Zulassung zu einer Externistenprüfung (§42) wird davon nicht berührt.

(8) Der Ausschluß kann von jener Schulbehörde, die ihn rechtskräftig ausgesprochen hat, auf Antrag des Schülers eingeschränkt oder aufgehoben werden, wenn und soweit die Gründe für seine Verhängung wegfallen oder der Sicherungszweck auf andere Weise erreicht werden kann.

(9) Sollten für Schüler allgemeinbildender Pflichtschulen Maßnahmen nach Abs1 nicht zielführend sein, so tritt an die Stelle des Ausschlusses eine Maßnahme nach Abs3 (Suspendierung) und die Einleitung eines Verfahrens gemäß §8 des Schulpflichtgesetzes 1985."

7. §8 des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl 76/1985 (WV), idF BGBl I 101/2018 lautet:

"Schulbesuch bei sonderpädagogischem Förderbedarf

§8. (1) Auf Antrag oder von Amts wegen hat die Bildungsdirektion mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Hauptschule, Neuen Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Unter Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt. Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen SchulArt zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.

(2) Im Rahmen der Verfahren gemäß Abs1 kann auf Verlangen oder mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten das Kind, sofern es die Volksschule oder Hauptschule oder Neue Mittelschule noch nicht besucht, für höchstens fünf Monate in die Volksschule oder die Hauptschule oder die Neue Mittelschule oder eine Sonderschule der beantragten Art, sofern es die Volksschule oder die Hauptschule oder die Neue Mittelschule bereits besucht, in eine Sonderschule der beantragten Art zur Beobachtung aufgenommen werden.

(3) Sobald bei einem Kind auf die sonderpädagogische Förderung verzichtet werden kann, weil es – allenfalls trotz Weiterbestandes der Behinderung – dem Unterricht nach dem Lehrplan der betreffenden allgemeinen Schule zu folgen vermag, ist die Feststellung gemäß Abs1 erster Satz aufzuheben. Für den Fall, dass bei Fortbestand des sonderpädagogischen Förderbedarfs der Schüler oder die Schülerin dem Unterricht nach dem Lehrplan der betreffenden allgemeinen Schule zu folgen vermag, ist die Feststellung gemäß Abs1 vierter und fünfter Satz entsprechend abzuändern.

(3a) Bei körperbehinderten und sinnesbehinderten Schülern, die in eine Sekundarschule nach Erfüllung der allgemeinen Aufnahmsvoraussetzungen der jeweiligen SchulArt aufgenommen werden, ist die Feststellung gemäß Abs1 aufzuheben. Dies gilt nicht beim Besuch einer Sonderschule."

8. Das Kärntner Schulgesetz (K-SchG), LGBl 58/2000, idF LGBl 82/2018 lautet auszugsweise:

"§2

Schulerhalter

(1) Als gesetzliche Schulerhalter werden bestimmt:

1. die Gemeinden mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut für

a) Volksschulen,

b) Sonderschulen, die ohne ein angeschlossenes Schülerheim geführt werden können;

2. die Städte mit eigenem Statut für

a) die unter Z1 genannten Schulen,

b) Neue Mittelschulen,

c) Polytechnische Schulen, soweit sie nicht unter Z4 litc fallen;

3. die Schulgemeindeverbände für

a) Neue Mittelschulen,

b) Polytechnische Schulen, soweit sie nicht unter Z4 litc fallen;

4. das Land für

a) Sonderschulen, die nur mit einem angeschlossenen Schülerheim geführt werden können,

b) Berufsschulen,

c) Polytechnische Schulen, die im organisatorischen Zusammenhang mit den unter lita oder b genannten Schulen geführt werden.

(2) In Verbindung mit öffentlichen Pflichtschulen dürfen keine Schulpatronate begründet werden.

§3

Beistellung von Personal

(1) Die Beistellung der erforderlichen Lehrer obliegt dem Land. Dies schließt bei ganztägigen Schulformen die Beistellung der erforderlichen Lehrer für die Lernzeiten (§1a Abs1 lita und b) ein.

(2) Die Beistellung der erforderlichen Lehrer, Erzieher, Erzieher für die Lernhilfe, Freizeitpädagogen oder sonstigen pädagogisch qualifizierten Personen (Abs4) für den Freizeitbereich (§1a Abs1 litc) ganztägiger Schulformen obliegt den gesetzlichen Schulerhaltern. Das Land hat, unbeschadet allfälliger den Schulerhaltern gemäß §1a Abs6 gewährter Fördermittel, den gesetzlichen Schulerhaltern für jede Betreuungsgruppe einer ganztägigen Schulform, die gemäß §46a Abs2 bis Abs4 gebildet worden ist, während des gesamten Schuljahres besteht und die die Voraussetzungen des letzten Satzes erfüllt, jährlich für jedes Schuljahr 8000 Euro für den Betreuungsteil zu überweisen. Die Überweisung der Förderung des Landes hat bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag des Schulerhalters und nach Abschluss eines Fördervertrages mit dem Land zu erfolgen. Das Angebot für die schulische Tagesbetreuung muss jeweils während der ganzen Schulwoche bestehen.

(3) Der Schulerhalter einer ganztägigen Schulform darf zur Unterstützung des Schulleiters einen Lehrer oder Erzieher für die Führung des Betreuungsteiles vorsehen, wenn dies der Schulleiter vorschlägt und dies im Hinblick auf die Zahl der Schüler zweckmäßig erscheint; der sich daraus ergebende Personalaufwand ist vom gesetzlichen Schulerhalter zu tragen.

(4) Für den Freizeitbereich (§1a Abs1 litc) ganztägiger Schulformen können, sofern die Voraussetzungen des Abs5 vorliegen, auch Personen, die aufgrund besonderer Qualifikationen im Sinne des §8 litj sublitcc des Schulorganisationsgesetzes und der Schulische-Freizeit-Betreuungsverordnung zur Erfüllung der Aufgaben geeignet sind, bestellt werden. Der Einsatz solcher qualifizierter Personen ist auch dann zulässig, wenn diese nicht Bedienstete einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes sind; §56 Abs2 des Schulunterrichtsgesetzes ist anzuwenden.

(5) Eine Person nach Abs4, die nicht Dienstnehmer einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes ist, darf für den Freizeitbereich (§1a Abs1 litc) ganztägiger Schulformen nur dann bestellt werden, wenn sich der Schulerhalter vor dem Dienstantritt dieser Person von dem Vorliegen der erforderlichen Qualifikationen gemäß Abs4 und von ihrer Vertrauenswürdigkeit überzeugt hat. Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist durch die Vorlage von Strafregisterbescheinigungen nach §10 Abs1 und Abs1a des Strafregistergesetzes 1968 oder gleichwertiger Nachweise des Herkunftsstaates zu erbringen. Die Vertrauenswürdigkeit ist gegeben, wenn in den Strafregisterbescheinigungen bzw in gleichwertigen Nachweisen keine Verurteilungen oder Eintragungen aufscheinen. Die Strafregisterbescheinigungen bzw die gleichwertigen Nachweise dürfen zum Zeitpunkt der Vorlage beim gesetzlichen Schulerhalter nicht älter als drei Monate sein.

(6) Unbeschadet des Abs5 ist die Landesregierung im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit über gesetzliche Schulerhalter berechtigt, bei begründetem Verdacht Sonderauskünfte gemäß §9a Abs2 des Strafregistergesetzes 1968 zu Personen, die als Lehrer, Erzieher, Freizeitpädagogen oder sonstige pädagogisch qualifizierte Personen für den Freizeitbereich ganztägiger Schulformen bestellt worden sind, einzuholen und zu verwenden.

[…]

§12

Aufbau

[…]

(5) Zur Ermöglichung des zeitweisen gemeinsamen Unterrichts von nicht behinderten Kindern mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf dürfen zeitweise Volksschulklassen und Sonderschulklassen gemeinsam geführt werden.

[…]

§16

Lehrer

(1) Der Unterricht in jeder Volksschulklasse ist – abgesehen von einzelnen Unterrichtsgegenständen und einzelnen Unterrichtsstunden – durch einen Klassenlehrer zu erteilen. Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache, die die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen und gemäß §4 Abs2 lita des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl Nr 472/1986, als außerordentliche Schüler aufgenommen worden sind, darf ein entsprechend ausgebildeter oder befähigter Lehrer zusätzlich eingesetzt werden. Beim Einsatz zusätzlicher Lehrer zur sonderpädagogischen Förderung dürfen die der Schule im Rahmen des Stellenplanes zugewiesenen Lehrerwochenstunden nicht überschritten werden. Bei der Festlegung des Stundenausmaßes für diese Lehrer ist auf die Anzahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, auf die Art und das Ausmaß ihrer Behinderung sowie auf die Gesamtzahl der Schüler in der Klasse und die sich daraus ergebenden sonderpädagogischen Erfordernisse Bedacht zu nehmen.

[…]

§23

Lehrer

(1) Der Unterricht in den Klassen der Neuen Mittelschule ist durch Fachlehrer zu erteilen. Für den Unterricht von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind – nach Maßgabe folgender Bestimmungen – entsprechend ausgebildete Lehrer zusätzlich einzusetzen. Beim Einsatz zusätzlicher Lehrer zur sonderpädagogischen Förderung dürfen die der Schule im Rahmen des Stellenplanes zugewiesenen Lehrerwochenstunden nicht überschritten werden. Bei der Festlegung des Stundenausmaßes für diese Lehrer ist auf die Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, auf die Art und das Ausmaß ihrer Behinderung sowie auf die Gesamtzahl der Schüler in der Klasse und die sich daraus ergebenden sonderpädagogischen Erfordernisse Bedacht zu nehmen.

[…]

5. Abschnitt

Sonderschulen

§25

Errichtung

(1) Sonderschulen haben nach Maßgabe des Bedarfes unter Bedachtnahme auf eine für die Schulführung erforderliche Mindestschülerzahl und erforderlichenfalls unter Angliederung eines Schülerheimes in solcher Zahl und an solchen Orten zu bestehen, daß möglichst alle Kinder mit einem sonderpädagogischem Förderbedarf, die nicht eine allgemeine Schule besuchen, eine ihrer Behinderung entsprechende Sonderschule bei einem ihnen zumutbaren Schulweg besuchen können.

(2) Der Schulweg ist zumutbar, wenn er unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse von den Kindern, die nicht gehbehindert oder infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht behindert sind, den Gefahren des Schulweges ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, in nicht mehr als einer Stunde zurückgelegt werden kann.

(3) Für Kinder, denen der Schulweg nicht zumutbar ist, und für schwererziehbare Kinder haben Sonderschulen mit angeschlossenem Schülerheim zu bestehen.

§26

Aufbau

(1) Die Sonderschule umfasst neun Schulstufen, wobei die letzte Schulstufe das Berufsvorbereitungsjahr ist. Die Einteilung in Klassen richtet sich nach dem Alter und der Bildungsfähigkeit der Schüler; hierbei sind die Vorschriften über den Aufbau der Volksschule (§12), der Neuen Mittelschule (§19) sowie der Polytechnischen Schulen (§33) insoweit sinngemäß anzuwenden, als dies die Aufgabe der Sonderschule zulässt. In den Unterrichtsgegenständen Deutsch und Mathematik ist die Teilnahme am Unterricht der nächstniedrigeren oder nächsthöheren Schulstufe zu ermöglichen, wenn dadurch der individuellen Lernsituation der Schüler besser entsprochen werden kann.

(3) Sonderschulen dürfen als ganztägige Sonderschulen geführt werden.

§27

Organisationsformen

(1) Sonderschulen sind nach den örtlichen Erfordernissen selbständig oder als Sonderschulklassen, die einer Volksschule, einer Neuen Mittelschule, einer Polytechnischen Schule oder einer Sonderschule anderer Art angeschlossen sind, zu führen. Ferner können in einer Sonderschulklasse Abteilungen eingerichtet werden, die verschiedenen Sonderschularten entsprechen. Ergeben sich durch drei aufeinanderfolgende Jahre mindestens drei Klassen, darf die Sonderschule selbständig im Sinne des ersten Satzes geführt werden. Für Sonderschulen, die nach dem Lehrplan der Volksschule geführt werden, gelten §13 Abs2 bis 2c sinngemäß.

(1a) Bei Sonderschulklassen, die einer Volksschule, einer Neuen Mittelschule, einer Polytechnischen Schule oder einer Sonderschule anderer Art angeschlossen sind und die als ganztägige Schulen geführt werden, ist im Betreuungsteil (§1a Abs1) eine integrative Gruppenausbildung anzustreben.

(2) Folgende Arten von Sonderschulen kommen in Betracht:

a) Allgemeine Sonderschule (für leistungsbehinderte oder lernschwache Kinder);

b) Sonderschule für körperbehinderte Kinder;

c) Sonderschule für sprachgestörte Kinder;

d) Sonderschule für schwerhörige Kinder;

e) Sonderschule für Gehörlose;

f) Sonderschule für sehbehinderte Kinder;

g) Sonderschule für blinde Kinder;

h) Sondererziehungsschule (für erziehungsschwierige Kinder);

i) Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf.

(3) Den in Abs2 angeführten Arten von Sonderschulen können Klassen für mehrfachbehinderte Kinder angeschlossen werden. Unter der Voraussetzung einer entsprechenden Anzahl solcher Klassen können auch Sonderschulen für mehrfachbehinderte Kinder geführt werden.

(4) An Volksschulen, Neuen Mittelschulen, Sonderschulen und an Polytechnischen Schulen können therapeutische und funktionelle Übungen in Form von Kursen durchgeführt werden. Ferner können für Schüler an Volksschulen und Neuen Mittelschulen bezüglich derer ein Verfahren gemäß §8 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl Nr 76, eingeleitet wurde, Kurse für die Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durchgeführt werden.

(5) Die in Abs2 unter litb bis h angeführten Sonderschulen tragen unter Bedachtnahme auf den Lehrplan, nach dem sie geführt werden, die Bezeichnung 'Volksschule', 'Neue Mittelschule' bzw 'Polytechnische Schule', in den Fällen des Abs2 litb bis g unter Beifügung der Art der Behinderung; dies gilt sinngemäß auch für derartige Sonderschulklassen.

(6) In Krankenanstalten und ähnlichen Einrichtungen können für schulpflichtige Kinder nach Maßgabe der gesundheitlichen Voraussetzungen Klassen bzw ein kursmäßiger Unterricht nach dem Lehrplan der Volksschule, der Neuen Mittelschule, der Polytechnischen Schule oder einer Sonderschule eingerichtet werden. Unter der Voraussetzung einer entsprechenden Anzahl solcher Klassen und Kurse können auch 'Heilstättenschulen' eingerichtet werden.

§30

Lehrer

Die Vorschriften der §§16 und 23 finden unter Bedachtnahme auf die Organisationsform der Sonderschule sinngemäß Anwendung.

[…]

11. Abschnitt

Kosten

§60

Kostenträger

(1) Die gesetzlichen Schulerhalter haben für die Kosten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der öffentlichen Pflichtschulen und Schulcluster aufzukommen.

(2) Die Schulleiter haben dem gesetzlichen Schulerhalter bis 15. Oktober jedes Jahres die Erfordernisse für die Erhaltung der Schule im nächsten Haushaltsjahr samt Erläuterungen bekanntzugeben.

[…]

§66a

Sonderfinanzierung der Bereitstellung und Koordination sonderpädagogischer Maßnahmen

(1) Zur Bestreitung des Sachaufwandes, der durch die Bereitstellung und Koordination sonderpädagogischer Maßnahmen entsteht und der nicht vom Bund auf Grund von Vereinbarungen ersetzt wird, haben die Gemeinden pro Gemeindemitglied an das Land einen jährlichen Betrag zu leisten, dessen Höhe sich aus der Addition der in Abs2 angeführten Beträge ergibt. Die Beträge der Gemeinden sind jeweils im März jeden Jahres von den Ertragsanteilen der Gemeinden einzubehalten.

(2) Das Land hat von den Gemeinden jeweils eines politischen Bezirkes aufzubringenden Beträgen (Abs1) einen Betrag von 8 Cent pro Gemeindemitglied der Gemeinden des politischen Bezirkes zur Bestreitung des Sachaufwandes im Sinne des Abs1 zu verwenden, der durch die Bereitstellung und Koordination sonderpädagogischer Maßnahmen im politischen Bezirk entsteht. 7 Cent pro Gemeindemitglied aller Gemeinden hat das Land zur Bestreitung des Sachaufwandes im Sinne des Abs1 zu verwenden, der durch die Bereitstellung und Koordination sonderpädagogischer Maßnahmen im gesamten Bereich des Landes entsteht. Hiebei ist ein für die einzelnen Zielgruppen von sonderpädagogischen Maßnahmen in unterschiedlicher Höhe entstehender Sachaufwand angemessen zu berücksichtigen.

(3) Für die bei der Berechnung der Beträge nach Abs1 und 2 zu ermittelnde Einwohnerzahl ist die Volkszahl nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich festgestellten Ergebnis nach §9 Abs9 iVm §24 Abs8 FAG 2008, BGBl I Nr 103/2007, zu Grunde zu legen.

(4) Die Landesregierung hat die in Abs2 festgelegten Beträge durch Verordnung entsprechend den Änderungen des von der Statistik Österreich verlautbarten Verbraucherpreisindexes 2000 oder eines jeweils an seine Stelle tretenden Indexes neu festzusetzen, wenn die Änderung dieses Indexes seit der letzten Festsetzung mindestens 5 vH beträgt; diese Verordnungen sind jeweils mit dem der Indexänderung folgenden Kalenderjahr in Kraft zu setzen. Die Festsetzung hat in vollen Cent-Beträgen zu erfolgen, wobei Restbeträge bis zu 0,5 Cent abzurunden und Restbeträge von mehr als 0,5 Cent aufzurunden sind."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der Klage

Gemäß Art137 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Ein solcher vermögensrechtlicher Anspruch, dessen Wurzel im öffentlichen Recht, nämlich im Finanz-Verfassungsgesetz 1948, liegt (vgl VfSlg 15.111/1998), wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Da im Verfahren auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich die Klage als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die Klage ist nicht begründet.

2.2. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Kostentragung für den Einsatz von Sozialpädagogen in sogenannten Time-out-Gruppen, in denen Schüler unterrichtet werden, die an schweren Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden.

2.2.1. Sie bringt im Wesentlichen vor, dass es sich bei der Mitwirkung von Sozialpädagogen am Unterricht in den Time-out-Gruppen um keinen sozialen Dienst iSd K-KJHG, sondern um Schulunterricht iSd SchUG handle, weshalb die Klägerin nicht verpflichtet sei, dem Land einen Kostenaufwand gemäß §65 Abs2 K-KJHG für soziale Dienste zu ersetzen. Darüber hinaus stützt sich die Klägerin auch auf alle sonst erdenklichen Rechtsgrundlagen, insbesondere auf Irrtum, Schadenersatz und Bereicherung.

2.2.2. Die Klägerin führt im Einzelnen aus, dass schon aus verfassungsrechtlichen Gründen zwischen Aufgaben und Zuständigkeitsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe einerseits und des Schulwesens andererseits zu unterscheiden sei. Unter den Kompetenztatbestand des Art12 B VG idF vor BGBl I 14/2019 falle nur die "reine Jugendfürsorge", die insbesondere auch von den in die Kompetenz der Schulbehörde fallenden Angelegenheiten des Schulwesens losgelöst sei. Eine Kostentragung der Klägerin würde voraussetzen, dass die Tätigkeit der Sozialpädagogen als Kinder- und Jugendhilfe iSd K KJHG zu qualifizieren wäre. Dies setze voraus, dass Leistungen im Rahmen eines sozialen Dienstes vorlägen.

Die Mitwirkung von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen sei jedoch kein sozialer Dienst iSv §16 B-KJHG bzw §21 K-KJHG, da ein solcher sozialer Dienst kompetenzrechtlich über die Zielsetzung der Förderung von Pflege und Erziehung und der Bewältigung des alltäglichen Familienlebens nicht hinausgehen dürfe. Insbesondere stelle die Mitwirkung von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen keine Schulsozialarbeit iSd §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG dar. Schulsozialarbeit könne zwar (in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter) im Schulgebäude stattfinden, stelle aber weder Schulunterricht noch eine schulische Veranstaltung dar. Sie könne nur der Beratung und Förderung von einzelnen Schülern dienen, die die Schulsozialarbeit freiwillig in Anspruch nehmen würden. Für das Tätigwerden von Schulsozialarbeitern im Rahmen des Schulunterrichtes bestehe auch keine bundesgesetzliche Grundlage, weshalb §21 Abs4 Z2 litb K KJHG in verfassungskonformer Interpretation nur Schulsozialarbeit abseits des schulischen Unterrichts und der schulischen Veranstaltungen erfassen könne.

Nach dem "Konzept für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens" vom September 2016, in Auftrag gegeben vom Landesschulrat für Kärnten (im Folgenden: Konzept 2016), finde in den Time-out-Gruppen Schulunterricht statt. Die erfolgreiche Reintegration in die Regelklasse setze denklogisch voraus, dass den Schülern der Lernstoff auch in den Time-out-Gruppen vermittelt werde. Zielsetzung sei die Durchführung von Schulunterricht unter besonderen Voraussetzungen, der Unterricht in den Time-out-Gruppen finde parallel zum "normalen" Unterricht statt und ersetze diesen. Die Teilnahme an der Time-out-Gruppe sei nicht freiwillig; mit der Teilnahme an der Time-out-Gruppe würde die Schulpflicht der Kinder erfüllt.

Die den multiprofessionellen Teams angehörenden Sozialpädagogen wirkten daher am Schulunterricht mit und verrichteten Unterrichts- und Erziehungsarbeit iSd §17 Abs1 SchUG in einer Schulklasse (der Time-out-Gruppe; die konkrete Klassen- und Gruppenbildung sei kompetenzrechtlich dem Schulrecht zuzuordnen, auf die Anzahl der Schüler komme es dabei – wie die Beispiele Turnunterricht und Religionsunterricht zeigten – nicht an). Die Sozialpädagogen seien funktional Lehrer im schulrechtlichen Sinne. Der einzige Unterschied zwischen den Aufgaben der Sozialpädagogen und der Lehrkräfte liege darin, dass die Sozialpädagogen weder die Auswahl des Lehrstoffs noch die Leistungsbeurteilung vornehmen dürften. Im Umkehrschluss umfasse die Tätigkeit der Sozialpädagogen auch die Vermittlung des Lehrstoffs und damit Unterrichtstätigkeit.

Nach §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz obliege die Beistellung und Bezahlung des erforderlichen Lehrpersonals dem Land. Mit der in der Gegenäußerung von der beklagten Partei vorgenommenen Interpretation des §10 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes mithilfe der Versteinerungstheorie übersehe die beklagte Partei, dass der nachträglich entstandene Bereich des Tätigwerdens von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen auf Grund seines typisch unterrichtsrechtlichen Rechtsgehalts durch intrasystematische Fortentwicklung dem Kompetenztatbestand des Art14 Abs1 B VG zuzuordnen sei.

Bei den in den Time-out-Gruppen tätigen Sozialpädagogen handle es sich großteils um Sonderpädagogen, die im Zuge der sukzessiven Auflösung der Allgemeinen Sonderschule in die Time-out-Gruppen überführt worden seien. Die in der Allgemeinen Sonderschule anfallenden Personalkosten trage ausschließlich das Land Kärnten als Dienstgeber. Es sei nicht erklärbar, warum diese Transferierung von Lehrern und Schülern in andere Schulen etwas an der Qualifikation des in den Gruppen praktizierten Unterrichts als Schulunterricht ändern sollte.

2.3. Die beklagte Partei hält den Ausführungen der Klägerin im Wesentlichen Folgendes entgegen:

Die mit einer Time-out-Gruppe verbundenen Aufgaben der Sozialpädagogen seien keineswegs mit einem Unterricht in einer Regelklasse vergleichbar, weil die Anzahl der Kinder/Jugendlichen zwischen eins und neun variiere und diese trotz unterschiedlicher Schulstufen gemeinsam betreut würden. In den Time-out-Gruppen würde am Aufbau von Vertrauen und Beziehungen, der Weitergabe von klaren Aufgaben und Strukturen, der Vermittlung von Wertvorstellungen und dem gewaltfreien Lösen von Konflikten gearbeitet. Die Hilfe beim Unterricht durch Sozialpädagogen verstehe sich als Unterstützung für das Kind, um ihm zu ermöglichen, sich sozial anzupassen und sich auf die ihm gestellten Aufgaben zu konzentrieren.

Aus VfSlg 10.842/1986 sei abzuleiten, dass es "sonstiger schulrechtlicher Regelungen" des Bundesgesetzgebers bedürfe, um eine bestimmte Aufgabe in einer öffentlichen Pflichtschule überhaupt besorgen zu dürfen. Da eine entsprechende schulrechtliche Aufgabennorm für die Betreuung durch Sozialpädagogen in öffentlichen Pflichtschulen fehle, könne nicht von einer in die Kompetenz der Schulbehörden fallenden Angelegenheit gesprochen werden, wenn der Kinder- und Jugendhilfeträger soziale Dienste für Kinder und Jugendliche zur Bewältigung von Problemsituationen auch im Schulalltag erbringe. Dass auf diese externen Unterstützungsleistungen schulrechtliche Vorschriften etwa zur Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen zur Anwendung kommen könnten, ändere nichts an der kompetenzrechtlichen Zuordnung der Tätigkeit. Daraus, dass dem Bund nach Art14 Abs1 B VG die Gesetzgebungszuständigkeit für Angelegenheiten der inneren Organisation der Schule obliege, wie sie in §9 SchUG (Klassen- und Gruppenbildung, Klassenzuweisung etc.) enthalten seien, könne nicht geschlossen werden, dass sich der sehr weite Begriff der "Jugendfürsorge" nicht auch auf die Zurverfügungstellung von (individuellen) Hilfsmaßnahmen des Kinder- und Jugendhilfeträgers für Kinder und Jugendliche in ihrer Schülereigenschaft und in Problemsituationen im Schulalltag erstrecke.

Das Erziehungswesen sei nicht in seiner Gesamtheit Gegenstand des Schulwesens (vgl etwa ArtVIII Abs1 litb des BVG BGBl 215/1962), und in der unterverfassungsgesetzlichen Rechtslage hätten zum Versteinerungszeitpunkt 1962 Regelungen bestanden, die Maßnahmen der Jugendfürsorge auch auf schulpflichtige Minderjährige im schulischen Kontext erstreckten. Die Regelung der Schulsozialarbeit sei nach der Gesichtspunktetheorie sowohl unter dem Aspekt der Jugendfürsorge als auch unter dem Aspekt des Schulrechts möglich. Eine Kumulation schulrechtlicher und jugendfürsorglicher Regelungen sei daher denkbar, bislang habe jedoch nur der Jugendfürsorgegesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz Regelungen erlassen. Dass der Jugendfürsorgegesetzgeber auch für den schulischen Kontext Regelungen treffe, werde durch das Beispiel der Schulsozialarbeit bestätigt. Der Schulrechtsgesetzgeber hätte, sofern er schulrechtliche Regelungen über die Tätigkeit von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen erlassen hätte wollen, sowohl die schulorganisatorischen als auch die schulunterrichtsrechtlichen Komponenten unter einem regeln müssen.

Dass schwere Störungen des Sozialverhaltens Anlass zu Leistungen nach dem K KJHG sein könnten, machten die Grundsätze des Gesetzes deutlich, wobei zu den Aufgaben auch die Zusammenarbeit mit Einrichtungen, Behörden und öffentlichen Dienststellen zählen würde. Der Schule obliege die Rolle der Mitwirkung an der Erziehung der Schüler, ihr komme jedoch nicht die ausschließliche Erziehungsaufgabe gegenüber Schülern zu. Aus den schulrechtlichen Regelungen werde deutlich, dass der Mitwirkung der Schule an der Erziehung gesetzliche Grenzen gesetzt seien und mithin Maßnahmen der Erziehungsberechtigten bzw der Kinder- und Jugendhilfe erforderlich sein könnten. In diesem Bereich, insbesondere bei einer Eskalation der Erziehungssituation, die auf einen Ausschluss des Schülers nach §49 SchUG hinauslaufen könne, könnten Leistungen nach dem K-KJHG zur Sicherstellung des Kindeswohls zu erbringen sein. In diesem Sinne sei eine Zuweisung zu einer Time-out-Gruppe nach dem Konzept 2016 die "letzte Maßnahme" vor Einleitung eines solchen Ausschlussverfahrens nach §49 SchUG.

2.4. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst kommt im Hinblick auf die kompetenzrechtliche Lage zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen gemäß dem Konzept 2016 dem Schulwesen zuzuordnen sei. Im Rahmen des Schulwesens würden pädagogische und erzieherische Ziele verfolgt, weshalb Sozialpädagogik, die im Dienste eines umfassenden erzieherischen Zieles iSv Art14 Abs5a und Abs6 B VG als Aufgabe der Schule erfolge, unter den Kompetenztatbestand Schulwesen subsumiert werden könne. §9 Abs1a SchUG ermögliche es, Schüler zeitweise schulstufen- oder schulartübergreifend zu unterrichten. Der Schulleiter könne im Rahmen der Schulautonomie Klassen und Schülergruppen bilden und Schüler unter bestimmten Voraussetzungen in eine Parallelklasse versetzen.

2.5. Auf Grund des Vorbringens der Parteien und der vorgelegten Unterlagen geht der Verfassungsgerichtshof von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

2.5.1. Mit Beschluss der Kärntner Landesregierung vom 14. Juli 2014 wurden im Rahmen des Schulsystems Time-out-Gruppen eingerichtet (vgl Vorbringen der beklagten Partei in ihrer Gegenschrift, S. 2).

2.5.2. Bis dahin wurden vereinzelt seit 2007 sogenannte Auszeitklassen durch die Abteilung 4 – Soziales des Amtes der Kärntner Landesregierung eingeführt, deren Kosten als sozialer Dienst iSd §21 Abs4 K-KJHG auf die Gemeinden umgelegt wurden. Im Jahr 2015 wurden der Vollzug und die Bereitstellung von Time-out-Gruppen der Abteilung 6 – Bildung des Amtes der Kärntner Landesregierung übertragen (vgl Vorbringen der beklagten Partei in der Gegenschrift, S. 4).

2.5.3. Nach dem "Konzept für die Arbeit und Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen Kärntens" vom September 2016, in Auftrag gegeben vom Landesschulrat für Kärnten (im Folgenden: Konzept 2016), werden in den Time-out-Gruppen "SchülerInnen unterrichtet, die an schweren Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden, die durch unterschiedliche Ursachen begründet sind. Das gemeinsame Kennzeichen dieser Störungen ist, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen außer Stande sind, altersgemäße soziale Erwartungen zu erfüllen[…] oder formelle und auch informelle Normen zu erfassen und einzuhalten. Dies führt dazu, dass diese SchülerInnen nur bedingt und temporär großgruppenfähig sind[…] und daher zur Bewältigung eines normalen Schulalltages besondere Hilfen und Unterstützung benötigen" (Konzept 2016, S. 3).

Ziel ist es, im Setting der Time-out-Gruppen zunächst "Handlungskompetenz im Arbeits- und Sozialverhalten" zu entwickeln, "um damit eine schrittweise Reintegration entsprechend der individuellen Möglichkeiten jedes Schülers/jeder Schülerin in den Schulalltag zu ermöglichen" (Konzept 2016, S. 4). Die Time-out-Gruppen "werden entweder von einem LehrerInnen-Team, bestehend aus einer Sonderpädagogin und einer Regelschullehrerin, oder von einem multiprofessionellen Team, bestehend aus einer Lehrerin und einer Sozialpädagogin, die idealerweise männlich und weiblich sind, unterrichtet" (Konzept 2016, S. 7). "Der Dienstgeber der LehrerInnen ist die Abt. 6 der Landesregierung, die SozialpädagogInnen werden über 'Die Kinderfreunde Kärnten' angestellt" (Konzept 2016, S. 7). Die Schüler der Time-out-Gruppen "bleiben während der Zeit, in der sie in den Kleingruppen unterrichtet werden, [Schüler] der Stammklasse[,] aus der sie zugewiesen wurden" (Konzept 2016, S. 7).

In ca sechswöchigen Abständen finden "Vernetzungssitzungen der Schule mit den Einrichtungen statt, die professionell mit den Kindern und Jugendlichen der [Time-out-Gruppe] beschäftigt sind. Dieses Vernetzungsgremium setzt sich aus dem [Time-out-Gruppen-]Team, den StammklassenlehrerInnen, den SchulleiterInnen, dem/der zuständigen [Pflichtschulinspektor/in], dem regionalen [pädagogischen Beratungszentrum], de[n] SchulpsychologInnen des Bezirkes, den jeweiligen VertreterInnen der Kinder- und Jugendhilfe, den NachmittagsbetreuerInnen und einem die [Time-out-Gruppe] begleitenden Facharzt für Kinder[-] und Jugendneuropsychiatrie zusammen. Diese Sitzungen werden vom überregionalen [pädagogischen Beratungszentrum] für Verhalten geleitet, wobei hier individuelle Lösungen im Sinne eines Casemanagements für alle SchülerInnen erarbeitet werden[…] und die Erfahrungen der schulischen Arbeit mit den SchülerInnen eine wesentliche Grundlage darstellen" (Konzept 2016, S. 4).

Die Zuweisung in die Time-out-Gruppe ist darüber hinaus die letzte Maßnahme, bevor dem Schüler ein Ausschlussverfahren gemäß §49 SchUG droht (Konzept 2016, S. 3).

Zur Entscheidung über die Zuweisung in eine Time-out-Gruppe ist ein pädagogischer Bericht nach dem "Leitfaden für den Pädagogischen Bericht zum Aufnahmeverfahren in die 'Time-Out Gruppen'" zu erstellen. Dieser hat zu enthalten unter anderem Angaben zu den bisherigen Maßnahmen zur Diagnostik und Unterstützung des Schülers, Angaben zur Familie, anamnestische und Entwicklungsangaben, eine pädagogische Leistungseinschätzung durch die Klassenlehrer, test- und förderdiagnostische Ergebnisse sowie eine Begründung, warum der Schüler einer Time-out-Gruppe zugeteilt werden soll, und schließt mit einer Stellungnahme des Schulleiters.

2.5.4. Die für das Jahr 2019 von der beklagten Partei berechneten Kostenanteile der Personal- und Sachkosten für die sozialpädagogische Unterstützung des Lehrpersonals in Time-out-Gruppen hat die beklagte Partei (Land) von den Ertragsanteilen der Klägerin (Gemeinde) an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben in Abzug gebracht und somit lediglich die um diese Kosten reduzierten Ertragsanteile an die Klägerin überwiesen.

Nicht in Streit steht die Höhe der insgesamt im Zusammenhang mit den Time-out-Gruppen verrechneten Personal- und Sachkosten, ebenso wenig die Höhe der rechnerisch im Fall einer Kostenanlastung anteilig auf die Klägerin gemäß §65 K KJHG entfallenden Kosten (Gegenschrift, S. 2).

2.6. Das Klagebegehren stützt sich auf eine bestimmte Auslegung des §65 K KJHG.

§65 Abs1 K-KJHG regelt, dass die Kosten der Kinder- und Jugendhilfe vom Land Kärnten zu tragen sind. Nach Abs2 leg cit haben die Gemeinden dem Land den Kostenaufwand in Höhe von 50 % bzw (gemäß der Übergangsbestimmung des ArtII Abs2 des Gesetzes vom 1. Februar 2018, mit dem das Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz geändert wird, LGBl 15/2018) für das Kalenderjahr 2019 in Höhe von 55 % zu ersetzen.

2.7. Das Klagebegehren ist aus nachstehenden Gründen abzuweisen:

2.7.1. Auszugehen ist davon, dass das K-KJHG keine ausdrückliche Vorschrift enthält, die auf den Einsatz von Sozialpädagogen im Schulunterricht Bezug nimmt. Zwar bestimmt §21 Abs4 Z2 litb leg cit, dass Schulsozialarbeit als Beratung und Förderung von Schülern in Abstimmung mit der Schulverwaltung und dem Schulerhalter zu den sozialen Diensten iSd K KJHG rechnet.

Der Einsatz von Sozialpädagogen im Unterricht wird in dieser Regelung allerdings nicht ausdrücklich angeführt.

Das K SchG enthält ebenfalls keine ausdrücklichen Regelungen zum Einsatz von Sozialpädagogen im Schulunterricht. Zwar sieht das K SchG vor, dass – neben der Beistellung der erforderlichen Lehrer durch das Land (vgl §3 Abs1 K SchG) – die Beistellung von Erziehern für die Lernhilfe, Freizeitpädagogen oder sonstigen pädagogisch qualifizierten Personen für den Freizeitbereich ganztägiger Schulformen – abgesehen von bestimmten Beträgen, die das Land zu überweisen hat – dem gesetzlichen Schulerhalter obliegt (vgl §3 Abs2 K SchG). Eine explizite Regelung für den Einsatz von Sozialpädagogen im Schulunterricht ist jedoch im K SchG nicht vorgesehen.

Weder das K-KJHG noch das K-SchG enthalten somit spezifische Regelungen für den Einsatz von Sozialpädagogen im Schulunterricht.

2.7.2. Für die Auslegung von Kostentragungsregelungen ist verfassungsrechtlich zu beachten, dass diese den Vorgaben des §2 F-VG zu entsprechen haben. Regelungsinhalt und Anwendungsgrenzen von Kostentragungsregelungen werden daher durch den Bedeutungsgehalt des §2 F-VG bestimmt.

2.7.3. §2 F-VG ist als finanzausgleichsrechtliche Regelung zu verstehen und bestimmt, dass der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, tragen, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt. Damit ordnet der Bundesverfassungsgesetzgeber für die Gebietskörperschaften den Grundsatz der eigenen Kostentragung an, wonach jede Gebietskörperschaft die Kosten aus der Besorgung ihrer Aufgaben selbst zu tragen hat. Zugleich wird dem "zuständigen" (einfachen) Gesetzgeber die Ermächtigung erteilt, vom verfassungsgesetzlichen Grundsatz der eigenen Kostentragung abweichende Finanzausgleichsmaßnahmen vorzusehen. §2 F-VG ermächtigt somit den zuständigen Gesetzgeber, sowohl Kosten von der die Aufgabe besorgenden Gebietskörperschaft auf andere abzuwälzen, als auch dazu, einer aufgabenbesorgenden Gebietskörperschaft die Kosten dieser Aufgabe ganz oder teilweise abzunehmen (vgl VfSlg 15.039/1997).

2.7.4. Finanzverfassungsrechtlich ist davon auszugehen, dass unabhängig davon, ob Schulsozialarbeit iSd §21 Abs4 Z2 litb K KJHG vorliegt oder dies der Materie des Schulwesens zuzuordnen ist, der Landesgesetzgeber in jedem Fall zuständiger Gesetzgeber iSd §2 F VG ist, die Kostentragung für die Finanzierung von – durch Vereine beschäftigten und für Time-out-Gruppen beigestellten – Sozialpädagogen zu regeln:

2.7.4.1. Ist der vom Land veranlasste Aufwand als Schulsozialarbeit iSd §21 Abs4 Z2 litb K-KJHG zu qualifizieren, ist das Land zuständiger Gesetzgeber iSd §2 F VG für eine abweichende Kostentragungsregelung, da das Land gemäß Art12 Abs1 Z1 B VG in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung vor BGBl I 14/2019 (Art151 Abs63 Z5 B VG iVm der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B VG über die Kinder- und Jugendhilfe, BGBl I 106/2019), in Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung und seit 1. Jänner 2020 gemäß Art15 B VG in Gesetzgebung und Vollziehung für diese Aufgabe zuständig ist.

2.7.4.2. Aber auch dann, wenn dem Vorbringen der Klägerin folgend die Einbindung von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen der Materie des Schulwesens zugeordnet wird, ist der Landesgesetzgeber zuständiger Gesetzgeber iSd §2 F VG, eine abweichende Kostentragungsregelung für den Aufwand aus Time-out-Gruppen vorzusehen: Der Verfassungsgerichtshof geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Vorkehrungen, die für Schüler mit schweren Störungen des Sozialverhaltens erforderlich sind, wie der Einsatz von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen, eine Frage der äußeren Organisation der öffentlichen Pflichtschulen ist (vgl auch VfSlg 10.842/1986; vgl ferner Wieser , Art14, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg. 2018, Rz 90 ff), die kompetenzrechtlich unter Art14 Abs3 B VG und somit in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung von Ausführungsgesetzen und Vollziehung fällt.

Diese Kompetenz ist nach der bestehenden Rechtslage auch nicht durch ein Grundsatzgesetz des Bundes eingeschränkt, womit das Land Kärnten in jedem Fall zuständiger Gesetzgeber iSd §2 F-VG ist.

2.7.4.3. Das Land ist somit in der Gesetzgebung zuständig, für den Einsatz von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen die Kostentragung zu regeln.

2.7.5. Im gegebenen Zusammenhang sind die Kostentragungsregelungen im K KJHG und im K SchG in Betracht zu ziehen.

2.7.5.1. Hiebei ist zu beachten, dass Kostentragungsregelungen finanzausgleichsrechtlich auszulegen sind. Für eine solche finanzausgleichsrechtliche Auslegung ist nicht ausschlaggebend, in welchem Gesetz die Kostentragungsregelung systematisch enthalten ist und auf welcher kompetenzrechtlichen Grundlage dieses beruht. Entscheidend ist vielmehr, welche Aufgabe von ihr erfasst wird.

2.7.5.2. Die Kostentragungsregelungen des K SchG sind auf Aufwendungen für den Einsatz von Sozialpädagogen im Schulunterricht nicht anwendbar: Die Bestimmungen des K-SchG knüpfen bei der Kostentragung an die Aufgaben des Schulerhalters an. Die Aufgaben, die die Sozialpädagogen im Rahmen des Schulunterrichts wahrnehmen, sind schulorganisationsrechtlich nicht vorgesehen und gehören daher nicht zu den Aufgaben des Schulerhalters. Die Regelungen im K SchG erfassen daher nicht Kosten, die durch den Einsatz von Sozialpädagogen im Rahmen von Time-out-Gruppen entstehen.

2.7.5.3. Hingegen fallen diese Kosten unter die Kostentragungsregelung des §65 Abs2 K-KJHG: Der Einsatz von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen dient der Unterstützung des Unterrichts von Kindern mit schweren Störungen des Sozialverhaltens. Die Besorgung dieser Aufgabe dient auch der Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, da sie die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützt. Die Kostentragungsregelung des §65 Abs2 K KJHG bezieht sich daher auf die Erfüllung dieser Aufgaben, zumal der Anwendungsbereich der Kostentragungsregelung des §65 Abs2 K-KJHG finanzausgleichsrechtlich nicht auf kompetenzrechtlich der Materie der Jugendfürsorge iSd Art12 B VG vor BGBl I 14/2019 unterfallende Sozialarbeit beschränkt ist. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Land eine Gesetzgebungskompetenz für die Einrichtung von Time-out-Gruppen nach Art14 Abs3 lita oder Art12 bzw Art15 B VG zukommt.

2.7.5.4. Damit ist aber für Kosten, die für den Einsatz von Sozialpädagogen in Time-out-Gruppen anfallen, die Kostentragungsregelung des §65 K-KJHG anwendbar.

2.7.5.5. Dabei kann die Frage, ob die Besorgung der Aufgabe der Materie des Schulwesens zuzuordnen ist, ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob die Besorgung im Rahmen der kompetenzrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

2.7.5.6. Im Übrigen ist auch nicht zu ersehen und wird auch von der Klägerin nicht behauptet, dass eine solche Regelung die Vorgaben des §4 F-VG verletzen würde.

2.7.6. Schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass sich der Anspruch der Klägerin auf andere Rechtsgrundlagen stützen könnte.

IV. Ergebnis

1. Die Klage ist abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Der obsiegenden beklagten Partei sind die verzeichneten Kosten gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO zuzusprechen. In den zugesprochenen Kosten sind 100 % Einheitssatz (§23 Abs6 RATG), die Erhöhung der Entlohnung um € 2,10 für die Einbringung im elektronischen Rechtsverkehr (§23a RATG) und Umsatzsteuer in Höhe von € 534,46 enthalten. Die für die Äußerung der beklagten Partei vom 27. November 2020 (Äußerung zur Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst und ergänzendes Vorbringen) verzeichneten Kosten sind nicht zuzusprechen, weil diese Äußerung nach Lage des vorliegenden Falles zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.

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