E4058/2020 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf
Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer ist bengalischer Staatsangehöriger und stellte am 5. August 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er homosexuell sei und eine langjährige Beziehung mit einem Mann geführt habe. Es seien Anschläge gegen ihn verübt und ein Strafverfahren eingeleitet worden.
2. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2020 als unbegründet ab.
3.1. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, es werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2000 mit seinem ersten Freund gelegentlich, ab 2003 fest verbunden gewesen sei und die Beziehung bis zum Jahr 2010 gedauert habe. Ab 2014 sei der Beschwerdeführer in brieflicher und ab 2016 auch in auch körperlicher Freundschaft mit einem weiteren Mann verbunden gewesen. Mit diesem Mann sei der Beschwerdeführer bei homosexuellen Handlungen "erwischt" worden. Er habe deswegen 200.000 Taka bezahlen sollen, jedoch nur 50.000 Taka aufbringen können. Wegen dieses Vorfalles habe es eine Anzeige gegeben. Der Beschwerdeführer sei jedoch niemals verhaftet worden und es habe auch kein Gerichtsverfahren gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer derzeit wegen seiner behaupteten homosexuellen Neigungen einer konkreten Verfolgungsgefahr in Bangladesch ausgesetzt sei. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner wie auch immer gearteten staatlichen Bedrohung ausgesetzt.
3.2. Zur Lage von Homosexuellen in Bangladesch stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass homosexuelle Handlungen illegal seien und nach §377 des "Bangladesh Penal Code" mit lebenslangem Freiheitsentzug oder mit einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden könnten. Dieses Gesetz werde jedoch nicht aktiv angewandt. Gerichtsverfahren oder Verurteilungen von Homosexuellen seien nicht bekannt. Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichteten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutze, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren. Homosexualität sei gesellschaftlich absolut verpönt und werde von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt würden, hätten sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in einzelnen Fällen auch mit Misshandlungen bis hin zu Mord zu rechnen. Jedes Jahr würden dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet. Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesch (HRFB) eingereichten Bericht zum UN-Ausschluss gegen Folter vom 29. Juni 2019 seien für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 443 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt worden; davon beträfen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten.
3.3. Beweiswürdigend führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass nach den Ausführungen des Beschwerdeführers zwar eine Anzeige gegen ihn vorliege, es aber zu keinen weiteren staatlichen Verfolgungshandlungen gekommen sei. Dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auf Grund seiner behaupteten homosexuellen Neigung habe bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in ausführlicher Weise die Glaubhaftigkeit abgesprochen. Bei der Beurteilung des Beschwerdevorbringens sei einleitend festzuhalten, dass dieses auf dem Argument beruhe, der Beschwerdeführer werde auf Grund seiner sexuellen Orientierung verfolgt. Das Leben als homosexueller Mensch in Bangladesch habe offensichtlich viele "Schichten"; dies zeige sich sowohl in den diversen Länderberichten als auch im ACCORD-Bericht vom Februar 2020. Ob ein "Outing" einer homosexuellen Person erfolge oder nicht, lasse nicht zwingend auf staatliche oder gesellschaftliche Verfolgungshandlungen schließen.
Eine Asylrelevanz liege im vorliegenden Fall nicht vor, weil eine konkrete staatliche Verfolgung nicht plausibel und glaubhaft dargelegt worden sei. Dies zeige sich schon darin, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung erst thematisiert habe, nachdem er fast 20 Jahre in Bangladesch seine Homosexualität ausgelebt habe. Im Ergebnis sei dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtvorbringens, nicht aber hinsichtlich seiner Homosexualität die Glaubwürdigkeit abzusprechen. In einer Gesamtschau vermittle er letztlich den Eindruck, eine individuelle Verfolgungsgefährdung seiner Person auf Grundlage allgemein gehaltener gesellschaftlicher Spannungsverhältnisse in Bangladesch zu Sexualität konstruieren zu wollen.
3.4. Auch wenn dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubhaftigkeit abgesprochen werde, sei darauf hinzuweisen, dass das rechtsstaatliche System Bangladeschs zwar nicht mitteleuropäischen Standards entspreche, aber nicht von einer generellen Schutzunfähigkeit des Staates oder einer flächendeckenden Inhaftierung von Homosexuellen auszugehen sei. Der Beschwerdeführer habe seine Homosexualität gegenüber seiner Familie und seinen wenigen Bekannten teilweise bewusst verheimlicht. Letztlich finde in einer Gesellschaft die Freiheit des Individuums dort ihre Grenzen, wo sie die Freiheit eines anderen Individuums berühre. Diese Grenzen seien in einer islamischen Gesellschaft anders zu sehen als in einem westeuropäischen Staat.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
4.1. Das vorliegende Erkenntnis verstoße gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Beschwerdeführers auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Leben gemäß Art2 EMRK sowie gegen das Recht gemäß Art3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden.
4.2. Dem Bundesverwaltungsgericht sei ein willkürliches Verhalten anzulasten: Es stelle im Rahmen seiner Beweiswürdigung disloziert fest, dass der Beschwerdeführer homosexuell sei und sein diesbezügliches Vorbringen für glaubwürdig befunden werde. Darüber hinaus werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zwei homosexuelle Beziehungen unterhalten habe und zu einer Strafe verurteilt worden sei. Darüber hinaus sei dem Erkenntnis zu entnehmen, dass es in Bangladesch eine Gruppierung namens "Jammat-e Islam" gebe, die für Verfolgungshandlungen gegen Homosexuelle verantwortlich gemacht werde. Im Ergebnis ziehe das Bundesverwaltungsgericht den Schluss, dass die Lage von homosexuellen Männern in Bangladesch – mit einer überwiegend islamischen Bevölkerung – nicht vergleichbar mit der Situation von homosexuellen Männern in Österreich sei. Es sei von einem differenzierten Bild und nicht von einer Gruppenverfolgung von homosexuellen Personen auszugehen. Mit dieser Beurteilung widerspreche das Bundesverwaltungsgericht nicht nur seiner eigenen Rechtsprechung (Verweis auf BVwG 25.1.2021, W181 2198346-1/14E, in welchem Verfahren die Asylrelevanz der Verfolgung aus Gründen der sexuellen Orientierung in Bangladesch ausdrücklich festgehalten werde), sondern auch den im Erkenntnis zitierten Länderberichten.
4.3. Vor diesem Hintergrund habe das Bundesverwaltungsgericht in gravierender Verkennung der Rechtslage die Prüfung unterlassen, ob der Beschwerdeführer bei offener Bekennung zu seiner homosexuellen Orientierung im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erneut asylrelevanter Bedrohung ausgesetzt wäre. Der Verfassungsgerichtshof habe hiezu wiederholt darauf hingewiesen, dass eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Länderberichten unerlässlich sei, insbesondere dann, wenn der Asylwerber vorbringe, auf Grund seiner Homosexualität verfolgt zu werden und ein entsprechendes Sexualverhalten laut den Länderberichten kriminalisiert sei. Dabei komme der Frage, in welcher Zahl es tatsächlich zu Strafverfahren und Verurteilungen komme, lediglich eine beschränkte Bedeutung zu, zumal gesellschaftliche Verpöntheit, Kriminalisierung und diskriminierendes Verhalten durch Polizeiorgane auf eine mangelnde Schutzwilligkeit des Staates hindeuteten. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb sich das belangte Verwaltungsgericht mit dem Ergebnis seiner Länderfeststellungen im Hinblick auf die Verfolgungslage homosexueller Männer in Bangladesch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht auseinandergesetzt habe. Die Begründung der Unglaubwürdigkeit der durch den Beschwerdeführer erlittenen Verfolgungshandlungen erschöpfe sich nämlich im Wesentlichen in der Wiedergabe und dem Verweis auf die verwaltungsbehördlichen Erhebungen. Indem eine eigenständige und umfassende Auseinandersetzung mit den entscheidungsrelevanten Umständen fehle, werde den nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes statuierten Anforderungen an eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht entsprochen.
4.4. Das Bundesverwaltungsgericht gehe darüber hinaus von der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aus, ohne sich eigenständig mit dem Fluchtvorbringen im Gesamten auseinandergesetzt zu haben: Der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung ausführlich die Gewaltexzesse, die er auf Grund seiner homosexuellen Orientierung in Bangladesch habe erleben müssen, geschildert. Zuletzt sei es im Februar 2018 zu dem fluchtauslösenden Ereignis gekommen, bei dem der Beschwerdeführer und sein damaliger Lebenspartner beim Geschlechtsverkehr gesehen und in weiterer Folge geschlagen und misshandelt worden seien. Der Beschwerdeführer sei schließlich unter weiterer Gewaltandrohung gezwungen worden, den Betrag von 50.000 Taka zu entrichten. Es seien auch weitere Bedrohungssituationen und massive Anfeindungen durch die Familie erfolgt. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer auch vorgebracht, dass Strafanzeige gegen ihn erstattet worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich jedoch auf die Behauptung zurückgezogen, dass es keine weiteren Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer gegeben habe. Das Gericht habe somit in einem entscheidungswesentlichen Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und sich insbesondere nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass es tatsächlich zu einem Strafverfahren gekommen sein könnte.
4.5. Auch die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes sei grob mangelhaft; sie enthalte nicht einmal die Wiedergabe der zentralen Elemente des fluchtauslösenden Ereignisses. Insbesondere habe der Beschwerdeführer ausführlich geschildert, dass er und sein damaliger Freund beim Geschlechtsverkehr "ertappt" und anschließend mehrfach geschlagen worden seien. Auch zur anschließenden Bedrohung seiner Familie durch Angehörige seines Freundes habe der Beschwerdeführer detaillierte Angaben erstattet. Das Bundesverwaltungsgericht nehme in seiner Beweiswürdigung nicht auf diese Elemente des Fluchtvorbringens Bezug. Es habe daher nicht substantiiert begründen können, weshalb die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Furcht vor Verfolgung als nicht schlüssig erachtet werde. Der Beschwerdeführer habe darüber hinaus vorgebracht, dass er seine sexuelle Orientierung in Bangladesch stets verstecken habe müssen und nie frei ausleben habe können. So habe er vorgebracht, dass er in Bangladesch in ständiger Angst gelebt habe. Der Verfassungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang bereits ausgesprochen, dass von homosexuellen Personen nicht erwartet werden dürfe, ihre Homosexualität im Herkunftsstaat geheim zu halten oder Zurückhaltung beim Ausleben ihrer sexuellen Ausrichtung üben zu müssen, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden. Das Bundesverwaltungsgericht setze sich daher mit der Annahme, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit problemlos seine sexuelle Orientierung ausleben habe können, über das wiederholte Parteivorbringen hinweg und verkenne, dass diese Beurteilung im Ergebnis dazu führte, dass der Beschwerdeführer gezwungen wäre, seine sexuelle Orientierung weiterhin im Geheimen auszuführen, um nicht der Gefahr von Verfolgung ausgesetzt zu sein.
4.6. In Anbetracht der Rechtslage in Bangladesch, die gleichgeschlechtliches Sexualverhalten mit Strafen belege, der gesellschaftlichen Verpöntheit sowie von Übergriffen bis hin zu Tötungen sei die vom Beschwerdeführer dargelegte Furcht vor staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung begründet und nachvollziehbar. Der Verfassungsgerichtshof sei der Vorstellung, dass Homosexuelle Zurückhaltung im Ausdruck ihrer sexuellen Orientierung im öffentlichen Raum üben müssten, um keiner Verfolgung ausgesetzt zu sein, mehrfach entgegengetreten. Mit dem vorliegenden Erkenntnis diskriminiere das Bundesverwaltungsgericht Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung, wie den Beschwerdeführer, und verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Aus den dargestellten Gründen verstoße die Entscheidung auch gegen Art2 und Art3 EMRK.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:
3.1. Der Beschwerdeführer hat im Laufe des Verfahrens – auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht – insbesondere vorgebracht, dass er im Herkunftsstaat im Jahr 2018 bei homosexuellen Handlungen betreten worden sei. In der Folge seien 200.000 Taka von ihm verlangt worden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer aber auch festgehalten und geschlagen worden; es sei ihm eine Schnittverletzung am Fuß zugefügt worden, die genäht habe werden müssen. Auch sein Onkel habe den Beschwerdeführer geschlagen. Darüber hinaus habe es eine Anzeige bei einer lokalen Polizeistation gegeben.
3.2. Der Beschwerde ist zuzustimmen, dass die Begründung des vorliegenden Erkenntnisses dieses nicht zu tragen vermag: So geht das Bundesverwaltungsgericht in seiner Beweiswürdigung mit keinem Wort darauf ein, ob und inwieweit die vorgebrachten (gravierenden) Misshandlungen des Beschwerdeführers tatsächlich stattgefunden haben. Das Bundesverwaltungsgericht trifft lediglich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat bei homosexuellen Handlungen "erwischt" worden sei. Er habe in weiterer Folge 200.000 Taka bezahlen sollen, habe jedoch nur 50.000 Taka aufbringen können. Darüber habe es "[w]egen dieses geschilderten Vorfalles" eine Anzeige gegeben.
Eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem weiteren Fluchtvorbringen und der sich – im Falle seines Zutreffens – daraus ergebenden Frage, ob die bengalischen Behörden vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte tatsächlich schutzfähig und schutzwillig sind, derartige private Verfolgungshandlungen auf Grund von offen ausgelebter Homosexualität zu unterbinden, ist dem Erkenntnis nicht zu entnehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sein Erkenntnis daher mit Willkür belastet, sodass dieses aufzuheben ist.
3.3. Darüber hinaus führte die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch nicht strafrechtlich verfolgt werde, nicht schon zu einer Verneinung einer asylrechtlichen Verfolgung (vgl VfGH 22.9.2020, E423/2020): Der Beschwerdeführer hat wiederholt angegeben, er habe in Bangladesch Angst vor Gewalt und strafgerichtlicher Verfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht führt selbst aus, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität geheim gehalten habe. Für die Anerkennung eines für die Identität so bedeutsamen Merkmals wie der sexuellen Orientierung kann – wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat – vom Betroffenen nicht verlangt werden, diese Ausrichtung geheim zu halten oder in Zurückhaltung zu leben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden (siehe VfSlg 20.170/2017; VfGH 11.6.2019, E291/2019 und 18.9.2014, E910/2014).
III. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe (auch) im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO genießt.