JudikaturVfGH

E3215/2020 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2021

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der am 1. Jänner 1994 geborene Beschwerdeführer stellte am 8. November 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, wie seine Eltern Angehöriger der Volksgruppe der Rohingya zu sein. Seine Eltern seien im Jahr 1992 von Myanmar nach Bangladesch geflohen, wo er in Cox's Bazar im Flüchtlingslager zur Welt gekommen sei. Bis zu seiner Ausreise habe er in einem Zoo Nüsse verkauft und leere Flaschen gesammelt. Auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe der Beschwerdeführer der Polizei täglich Schutzgeld zahlen müssen, um nicht nach Myanmar abgeschoben zu werden. Im Zuge einer Razzia seien er und andere Personen (darunter fünf Angehörige der Volksgruppe der Rohingya) festgenommen, auf eine Polizeistation gebracht und misshandelt worden. Die Polizei habe von ihm und den weiteren Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya verlangt, dass sie 300.000 Taka zahlen sollten, um freigelassen und nicht abgeschoben zu werden. Da sie nicht zahlen hätten können, sei von ihnen alternativ verlangt worden, sich im Rahmen einer Veranstaltung der regierenden Awami League als Demonstranten auszugeben, dabei Parolen der Oppositionspartei zu rufen und einen Molotowcocktail zu werfen. Auch das habe der Beschwerdeführer abgelehnt, sodass er erneut geschlagen worden sei. Vor der Freilassung hätten die Polizisten ein Foto von ihm gemacht; danach habe der Beschwerdeführer Bangladesch verlassen.

2. Mit Bescheid vom 20. März 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist, und setzte eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17. August 2020 als unbegründet ab.

In den Feststellungen führt das Gericht zum Fluchtvorbringen auszugsweise aus (ohne Hervorhebungen im Original):

"Festgestellt wird, dass der BF behauptet ein Rohingya zu sein und deshalb in Bangladesch nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert werde.

Gegen den BF liegt weder eine Anzeige noch ein Gerichtsverfahren vor. Der BF behauptet im Zuge einer Razzia bei seiner Tätigkeit des Verkaufes von Nüssen von der Polizei aufgegriffen worden zu sein und dass er angestiftet wurde, Schutzgeld im Ausmaß von 300.000 Taka zu bezahlen oder als (fingierter) Demonstrant gegen die Regierung tätig zu sein, um damit Unruhen zu fördern und Repressionen gegen die Opposition zu rechtfertigen. Er habe sich dazu geweigert, nämlich sowohl hinsichtlich der Schutzgeldzahlung als auch der Demonstration, und sei freigelassen worden, nachdem er fotografiert wurde.

Festgestellt wird, dass der BF behauptet der Polizei täglich für seine Verkaufstätigkeiten im Zoo 50 Taka (später 100 Taka) als Schutzgeld gezahlt zu haben und die Eintrittsgebühr in den Zoo und Botanischen Garten von Dhaka nicht entrichtet zu haben; die Torwächter habe er mehrmals zum Tee eingeladen.

Festgestellt wird, dass für den Zoo von Dhaka (Nationalzoo) ein Eintrittsgeld von 50 Taka verlangt wird und sich im Zoo zwei Restaurants befinden (die Preise aller angebotenen Waren sind fixiert und ausgehängt; Internet-Recherche vom 13.08.2020, www.bnzoo.org). Festgestellt wird, dass der BF behauptet, dass es keine Restaurants im Zoo gäbe und alle Personen, also jedermann, als Verkäufer im Zoo tätig sein könnten; mit dieser Behauptung verliert der BF an Glaubwürdigkeit. […]"

Beweiswürdigend hält das Bundesverwaltungsgericht dazu auszugsweise fest (ohne Hervorhebungen im Original):

"Die Identität, auch nicht die behauptete Zugehörigkeit zu den Rohingya, konnte mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht festgestellt werden, das BVwG geht jedoch in der Beurteilung des Falles davon aus, dass die Eltern des BF als Flüchtlinge von Myanmar nach Bangladesch gekommen sind und der BF in Bangladesch geboren wurde. […]

Dem Fluchtvorbringen des BF, aufgrund seiner behaupteten Zugehörigkeit zu den Rohingyas einer besonderen persönlichen Verfolgung ausgesetzt zu sein, sprach bereits das BFA die Glaubhaftigkeit ab. […]

Es ist dem BF nicht gelungen, eine persönliche, individuelle Verfolgung allein auf Grund der Tatsache, dass er der Volksgruppe der Rohingyas zugehörig sei, glaubhaft zu machen. Eine darüber hinaus gehende Verfolgung, welche seine Person betreffe, hat der BF nicht ausgeführt oder behauptet. Die Stellung des BF auch innerhalb der Volksgruppe der Rohingyas war nicht herausragend, sodass auf Grund dieser Stellung eine besondere Verfolgung des BF hervorgekommen wäre. Die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe ist jedoch für sich allein genommen noch kein Asylgrund (VwGH 23.05.1995, 94/20/0816), es bedarf einer individuellen Verfolgung. Eine derartige Verfolgung konnte der BF auch in der Verhandlung vor dem BVwG nicht darlegen.

Der BF hat als konkreten Fluchtgrund vor dem BVwG eine Geschichte zu einer Polizeirazzia vorgetragen, welche möglicherweise stattgefunden hat; es ist nicht gänzlich unglaubwürdig, dass Verkäufer von Nüssen, Wasserflaschen, Melonen etc im Zoo (für den man 50 Taka Eintritt zahlen muss, s. Internet-Recherche vom 13.08.2020) ohne Eintritt (und dafür mit 'Schutzgeld') innerhalb des Zoos Verkaufstätigkeiten entfalten. Die Behauptung, dass es im Zoo keine Restaurants gibt, konnte mittels Internet-Recherche falsifiziert werden; die Preise für die Verkaufs-Waren in den Restaurants sind festgelegt und ausgehängt. Es ist daher nicht anzunehmen, dass jedermann im Zoo als Verkäufer tätig sein kann, wie es der BF versuchte[,] dem BVwG nahezubringen. Vielmehr ergab sich für das BVwG der Eindruck, dass der BF illegal im Zoo als Verkäufer tätig war […] und bei einer Razzia durch die Polizei aufgegriffen und für Stunden festgehalten wurde. Dass der BF ein 'Schutzgeld' von 300.000 Taka hätte bezahlen sollen, dass er als fingierter Demonstrant gegen die Regierung ins 'Kreuzfeuer' kommen sollte, erscheint hingegen nicht glaubwürdig, schon gar nicht, da sich der BF sowohl gegen diese Schutzgeldzahlung als auch die 'Demonstrantenrolle' aussprach, dies somit ablehnte und sich in weiterer Folge keine weitere staatliche Repression bzw Konsequenz nach den Aussagen des BF daraus ergab: er wurde ohne Zahlung von 300.000 Taka und ohne Mitwirkung bei einer 'Demonstrantenrolle' freigelassen. Dass die Polizei ein Foto des BF anfertigte[,] scheint hingegen wieder plausibel, um möglicherweise weitere illegale Verkaufstätigkeiten innerhalb des Zoos hintanzuhalten (etwa Betretungsverbot) bzw als Beweis, um bei wiederholter illegaler Verkaufstätigkeiten entsprechend vorgehen zu können. Jedenfalls ist mit diesen behaupteten Verkaufs-Aktivitäten – sowohl des BF als auch folgend die der staatlichen Autoritäten – ein asylrelevanter Fluchtgrund nicht begründbar. […]"

In der rechtlichen Beurteilung führt das Bundesverwaltungsgericht sodann bezugnehmend auf die Beweiswürdigung auszugsweise weiter aus (ohne Hervorhebungen im Original):

"Auch wenn dem Vorbringen des BF, in Bangladesch aufgrund einer Zugehörigkeit zu den Rohingyas – wobei der BF bereits in Bangladesch geboren wurde - seiner Verfolgung durch die Mehrheitsbevölkerung bzw durch die inländischen Behörden ausgesetzt zu sein, die Glaubhaftigkeit abgesprochen wurde, ist der Vollständigkeit halber – wie oben bereits ausgeführt – dennoch darauf hinzuweisen, dass auf Grundlage der getroffenen Länderfeststellungen – auch wenn das politische und rechtsstaatliche System Bangladeschs nicht mitteleuropäischen Standards entspricht – in Bangladesch nicht von einer generellen Schutzunfähigkeit des Staates oder einer flächendeckenden Inhaftierung oder Benachteiligung von Rohingyas (lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit) auszugehen ist. Es wäre deshalb dem BF auch möglich[,] innerhalb von Bangladesch in andere Landesteile auszuweichen, falls er tatsächlich an seinem bisherigen Aufenthaltsort einer persönlichen Gefährdung ausgesetzt wäre. […]"

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. In der Beschwerde bekräftigt der Beschwerdeführer erneut sein Fluchtvorbringen und weist auf die Diskriminierung von Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya allgemein hin.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Solche Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

2.1. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet zunächst das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, im Wesentlichen auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya von der Polizei misshandelt und erpresst worden zu sein, für unglaubwürdig, setzt sich aber weder näher mit der Frage der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya noch mit den vorgebrachten Misshandlungen und Erpressungen auseinander. Im Hinblick auf die behauptete Zugehörigkeit zu den Rohingya hält das Bundesverwaltungsgericht lediglich beweiswürdigend fest, dass eine Feststellung mangels Vorlage "unbedenklicher Dokumente" nicht möglich sei. Insbesondere findet etwa das Familienbuch des Beschwerdeführers, das er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Beweismittel für seine Volksgruppenzugehörigkeit vorgelegt hat, keinen Eingang in die Beweiswürdigung.

Im Hinblick auf die behaupteten Misshandlungen und Erpressungen führt das Bundesverwaltungsgericht weiter aus, dass die "Geschichte zu einer Polizeirazzia […] möglicherweise stattgefunden hat", der Beschwerdeführer aber unglaubwürdig sei, weil die Behauptung, dass es in dem Zoo, in dem er als Straßenverkäufer tätig gewesen sei, keine Restaurants gegeben habe, vom Bundesverwaltungsgericht mittels Internetrecherche widerlegt worden sei. Wenn das Bundesverwaltungsgericht deswegen davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer vermutlich "illegal im Zoo als Verkäufer tätig war […] und bei einer Razzia durch die Polizei aufgegriffen und für Stunden festgehalten wurde", ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Die Würdigung der Verkaufstätigkeiten des Beschwerdeführers ersetzt aber nicht die Auseinandersetzung mit dem im Wesentlichen gleichbleibenden Vorbringen des Beschwerdeführers, im Zuge der Festnahme von der Polizei auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya misshandelt und erpresst worden zu sein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat also ohne eine nähere Auseinandersetzung mit den entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers für unglaubwürdig qualifiziert und in Folge dessen in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.

2.2. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, weil es das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auch unterlassen hat, sich mit den – auch im Erkenntnis abgedruckten – Länderberichten zur Situation von (aus Myanmar geflüchteten) Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya sowie von ihnen bereits in Bangladesch geborenen Kindern auseinanderzusetzen. Aus diesen Länderberichten geht aber unter anderem Folgendes hervor:

"Die Regierung gewährt den Rohingya u. a. mangels Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention kein Asyl und stuft sie als illegale Wirtschaftsflüchtlinge ein […]. […] Die überwiegende Mehrheit der Rohingya verfügt über keinen offiziellen Flüchtlingsstatus und leidet unter einem völligen Mangel an Zugang zu medizinischer Versorgung, Beschäftigung und Bildung und ist erheblichen Schikanen ausgesetzt […]. […] Aufgrund der bestehenden Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Rohingyas in Myanmar war eine sichere und freiwillige Rückkehr in ihr Herkunftsland bisher nicht möglich […]. Dennoch beharrt die Regierung von Bangladesch weiterhin darauf, dass die Lager nur vorübergehend seien und behinderte Verbesserungen der Infrastruktur, insbesondere in Bezug auf Unterkünfte und Bildung. Auch wurde der Zugang zu Internet und Online-Kommunikation für die Flüchtlinge in den Lagern eingeschränkt. Darüber hinaus wurde mit dem Bau von Zäunen um die Flüchtlingslager in Cox's Bazar begonnen. Diese Maßnahme, welche mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Lagers begründet wird, verstößt gegen die internationalen Menschenrechtsvorschriften […]. Die Grundversorgung wird durch die bangladeschische Regierung sowie von UN Organisationen und NGOs gesichert […]. Die Regierung Bangladeschs drohte wiederholt damit, die Flüchtlinge auf die Insel Bhasan Char umzusiedeln, obwohl die Bewohnbarkeit der Insel ernsthaft infrage gestellt wurde […]. […]

Die bangladeschische Stammbevölkerung fühlt sich in den Kernflüchtlingszonen durch die große Zahl von Rohingyas zunehmend be- und verdrängt (ua Sinken des lokalen Lohnniveaus), was nunmehr häufiger zu Repressalien durch die Bevölkerung – aber auch seitens bangladeschischer offizieller Stellen – führt und das allgemeine Klima verschlechtert […]. Die Regierung kooperiert und unterstützt UNHCR und andere humanitäre Organisationen nur mangelhaft, nicht zu allen betroffenen, hilfesuchenden Personen wird der Zugang gestattet […]. […]

Gemäß Gesetz gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium geboren wurde. Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien ab Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert […]."

Vor dem Hintergrund derartiger Feststellungen in den Länderberichten greift der pauschale Hinweis des Bundesverwaltungsgerichtes in seiner rechtlichen Beurteilung, dass "nicht von einer generellen Schutzunfähigkeit des Staates oder einer flächendeckenden Inhaftierung oder Benachteiligung von Rohingyas (lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit) auszugehen ist", jedenfalls zu kurz, weil er keine Deckung in den Länderberichten findet und damit im Widerspruch zur maßgeblichen Aktenlage steht. Das Bundesverwaltungsgericht wird sich im fortgesetzten Verfahren daher nicht nur mit der Frage zu befassen haben, inwieweit dem Beschwerdeführer eine individuelle Verfolgung im Zusammenhang mit einer etwaigen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya droht, sondern auch, ob die Zugehörigkeit zur Volksgruppe für sich genommen bereits Asylrelevanz hat (vgl zur Asylrelevanz von Gruppenverfolgungen im Allgemeinen zuletzt VwGH 25.9.2020, Ra 2019/19/0407 mit Verweis ua auf VwGH 29.4.2015, Ra 2014/20/0151).

2.3. Insgesamt hat das Bundesverwaltungsgericht sein Erkenntnis daher mit Willkür belastet.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

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