E719/2020 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. 1. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz, BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 4.099,20 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführer sind aus der Stadt Kabul stammende Staatsangehörige von Afghanistan, gehören der Volksgruppe der Hazara an und sind schiitische Moslems. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern des minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführers. Nach ihrer Einreise ins Bundesgebiet stellten sie am 30. September 2015 (Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführer) bzw am 21. Juni 2017 (Viertbeschwerdeführer) Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin begründeten ihre Anträge im Wesentlichen damit, dass sie in Afghanistan ohne das Einverständnis ihrer Eltern bzw Verwandten geheiratet hätten und von einem Onkel der Zweitbeschwerdeführerin deshalb auch bedroht und geschlagen worden seien.
2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13. September 2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus abgewiesen, ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt, keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie Rückkehrentscheidungen erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist; für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.
3. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. September 2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. In Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten stellt das Bundesverwaltungsgericht zunächst fest, dass die Beschwerdeführer in ihre Heimatstadt Kabul zurückkehren könnten. Die Sicherheitslage sei zwar angespannt, in reinen Wohngebieten jedoch als ausreichend sicher zu bewerten. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien im erwerbsfähigen Alter. Der Erstbeschwerdeführer verfüge insbesondere über jahrelange Berufserfahrung als Schweißer. Die Beschwerdeführer würden über Familienangehörige in Kabul verfügen, mit denen sie regelmäßig in Kontakt stünden. Da die Beschwerdeführer aus einem Kulturkreis stammten, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt werde, könnten sie bei einer Rückkehr zumindest vorübergehend mit finanzieller Unterstützung bzw Unterstützung bei der Suche nach einer Arbeitsstelle und Verpflegung durch ihr familiäres Netzwerk rechnen. Auch der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer seien bei einer Rückkehr im Familienverband durch die Erwerbsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und durch die Unterstützung im Familienverband durch die in Afghanistan lebenden Familienangehörigen abgesichert. Eine Rückkehr nach Kabul sei den Beschwerdeführern daher möglich und zumutbar.
4. Gegen die Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.
II. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
A. Soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die erlassenen Rückkehrentscheidungen und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise richtet, ist sie auch begründet:
1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:
2.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2.2. Insbesondere bei der Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen sind, unabhängig davon, ob diese unbegleitet sind oder gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Angehörigen leben, zur Beurteilung der Sicherheitslage einschlägige Herkunftsländerinformationen, in die auch die Erfahrungen in Bezug auf Kinder Eingang finden, bei entsprechend schlechter allgemeiner Sicherheitslage jedenfalls erforderlich (vgl UNHCR, Richtlinien zum Internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Artikel 1 [A] 2 und 1 [F] des Abkommens von 1951 bzw des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 22.12.2009, Rz 74).
2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2019, E472/2019 ua, hinsichtlich einer afghanischen Familie, welche das Bundesverwaltungsgericht nach Kabul verwiesen hat, ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht den zu beurteilenden Sachverhalt mit aktuellen Länderberichten in Bezug zu setzen hat. Im zu E472/2019 ua zugrunde liegenden Verfahren verkannte das Bundesverwaltungsgericht die Berichtslage des UNHCR, wonach insbesondere für eine Familie mit minderjährigen Kindern grundsätzlich keine interne Schutzalternative in der Stadt Kabul verfügbar ist (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.8.2018, S. 127 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hatte weder ausdrücklich Bezug auf diese aktuellen UNHCR-Richtlinien genommen, noch hatte es den zu beurteilenden Sachverhalt mit der in diesen Richtlinien dargestellten Sicherheitslage inhaltlich in Bezug gesetzt (vgl ebenso VfGH 10.10.2019, E28/2019 ua; 27.11.2019, E1295/2019 ua; 28.11.2019, E2006/2019 ua; 26.6.2020, E810/2020 ua). Daran vermochte grundsätzlich auch nicht zu ändern, dass die Beschwerdeführer – eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern – nicht im Rahmen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in die Stadt Kabul verwiesen wurden, sondern von dort stammten.
2.4. Im vorliegenden Fall begründet das Bundesverwaltungsgericht die Zumutbarkeit der Rückkehr der Beschwerdeführer nach Kabul unter anderem damit, dass die Situation in Kabul als hinreichend sicher zu bewerten sei:
2.4.1. Zur Sicherheitslage in der Stadt Kabul werden im angefochtenen Erkenntnis auszugsweise folgende Passagen des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 29. Juni 2018 mit Kurzinformation vom 8. Jänner 2019 zitiert:
"Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 08.01.2019, S. 70).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen. Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (LIB 08.01.2019, S. 71).
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt. Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt. Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt (LIB 08.01.2019, S. 71 f).
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul, auch das Haqqani-Netzwerk soll Angriffe in der Stadt Kabul verübt haben. So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ('terrorists to hire'), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (LIB 08.01.2019, S. 72)."
2.4.2. Zur Sicherheitslage für Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif wird im angefochtenen Erkenntnis Folgendes festgestellt:
"Im Jahr 2018 waren 28% aller zivilen Opfer Kinder (3.062 Opfer – 927 Tote und 2.135 Verletzte), davon waren 71% Buben und 27% Mädchen. 39% der Opfer unter Kinder gehen auf Bodeneinsätze zurück, 17% auf improvisierte Bomben (Nicht-Selbstmord), 16% auf Luftangriffe, 14% auf explosive Kampfmittelrückstände, 9% auf Selbstmord- und komplexe Angriffe und 3% auf die Taliban (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 09.05.2019 betreffend Sicherheitslage für Kinder, S. 26 f). Die Sicherheitslage in den einzelnen Polizeidistrikten Kabuls hängt davon ab, ob es sich um Wohngebiete oder um Distrikte mit Regierungsstandorten, Sicherheitseinrichtungen - 23 - (Militärakademie), ausländischen Organisationen oder um Gebiete an wichtigen Infiltrationswegen der Aufständischen oder der Autobahn handelt. In Distrikten mit wichtigen Einrichtungen ist die Präsenz der Sicherheitskräfte entsprechend hoch. Reine Wohngebiete sind relativ sicher. Die allgemeine Kriminalität ist in vielen Distrikten Kabuls hoch (Sicherheitslage für Kinder, S. 29 ff). In Kabul und Herat kam es zu Angriffen auf Ausbildungseinrichtungen und Schülerinnen (Sicherheitslage für Kinder, S. 36, 40).
Im Jahr 2018 gab es 492 Opfer (150 Tote und 342 Verletzte) durch explosive Kampfmittelrückstände im gesamten Staatsgebiet Afghanistans, was einer Abnahme an Opfern um 23% gegenüber dem Jahr 2017 entspricht. Der Rückgang geht auf Faktoren wie der Bergung von explosiven Kampfmittelrückständen auf Schlachtfeldern, kombiniert mit Aufklärungsprogrammen und der Markierung von vermuteten Gefahrenbereichen zurück. Kinder wurden überproportional Opfer von explosiven Kampfrückständen. Im Jahr 2018 machten sie 87% aller Opfer aus (136 Tote und 290 Verletzte) (Sicherheitslage für Kinder, S. 3). Die meisten Opfer von explosiven Kampfmittelrückständen im Jahr 2018 sind in Afghanistan auf kürzlich stattfindende Kampfhandlungen zurückzuführen. Vertriebene Familien sind einem großen Risiko ausgesetzt, wenn sie in Gebiete zurückkehren, in denen schwere Kämpfe stattgefunden haben (Sicherheitslage für Kinder, S. 2). Die 14 der 16 Distrikte der Provinz Herat – einst eine der am stärksten kontaminierten Gebiete Afghanistans – wird nach zehnjähriger Entminungstätigkeit nun als sicher eingestuft (Sicherheitslage für Kinder, S. 2, 9). in den Jahren 2018 und 2019 […]".
2.5. Das Bundesverwaltungsgericht hat somit aber die angefochtene Entscheidung mit Willkür belastet: Die Darstellung der Sicherheitslage, die das Bundesverwaltungsgericht veranlasst hat, die Stadt Kabul als hinreichend sicher zu betrachten, findet keine Deckung in den aus den – vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zitierten – Länderberichten gewonnenen Feststellungen (vgl VfGH 10.10.2019, E28/2019 ua; 27.11.2019, E1295/2019 ua; 26.6.2020, E810/2020 ua). Das Bundesverwaltungsgericht hat den hier zu beurteilenden Sachverhalt auch nicht mit aktuellen Länderberichten – konkret den UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018 – in Bezug gesetzt. Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Stadt Kabul als hinreichend sicher zu betrachten sei, widersprechen den Feststellungen von UNHCR zu Kabul, wonach gerade "Zivilisten, die in Kabul tagtäglich ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer der allgegenwärtigen in der Stadt bestehenden Gefahr zu werden. Zu solchen Aktivitäten zählen etwa der Weg zur Arbeit und zurück, die Fahrt in Krankenhäuser und Kliniken, der Weg zur Schule; den Lebensunterhalt betreffende Aktivitäten, die auf den Straßen der Stadt stattfinden, wie Straßenverkäufe; sowie der Weg zum Markt, in die Moschee oder an andere Orte, an denen viele Menschen zusammentreffen" (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.8.2018, S. 127 ff.; vgl VfGH 26.6.2019, E472/2019 ua; 10.10.2019, E28/2019 ua; 27.11.2019, E1295/2019 ua; 28.11.2019, E2006/2019 ua; 26.6.2020, E810/2020 ua).
3. Soweit sich die Entscheidung auf die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und – daran anknüpfend – auf die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidungen bzw die Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise bezieht, ist sie daher aufzuheben.
B. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht jeweils bestätigte Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:
1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
2. Die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären die gerügten Rechtsverletzungen aber im vorliegenden Fall nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.
3. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet, abzusehen und sie insoweit gemäß Art144 Abs3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG; zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, in dem durch ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher insoweit aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Da die Beschwerdeführer gemeinsam durch einen Rechtsanwalt vertreten sind, ist der einfache Pauschalsatz, erhöht um einen entsprechenden Streitgenossenzuschlag zuzusprechen. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 523,20 sowie die Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 960,– enthalten.