JudikaturVfGH

G259/2019 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
01. Oktober 2020

Spruch

I. 1. Die Wortfolge ", das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8)" in §7 Abs1 Z5 (Stmk.) LStVG. 1964, LGBl Nr 154 (WV) idF LGBl Nr 137/2016, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 2021 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Landeshauptmann der Steiermark ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für die Steiermark verpflichtet.

II. Die Wortfolgen "5. Öffentliche Interessentenwege" in §7 Abs1 Z5 (Stmk.) LStVG. 1964, LGBl Nr 154 (WV) idF LGBl Nr 137/2016, und "sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5)" in §8 Abs3 (Stmk.) LStVG. 1964, LGBl Nr 154 (WV) idF LGBl Nr 60/2008, sowie §58a (Stmk.) LStVG. 1964, LGBl Nr 154 (WV) idF LGBl Nr 60/2008, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl V44/2019 ein auf Art139 Abs1 Z6 iVm Art148i Abs1 B VG und Art45 Stmk Landes-Verfassungsgesetz 2010 (L VG), LGBl 77 idF LGBl 8/2012, gestützter Antrag der Volksanwaltschaft anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. In der südwestlich an die Landeshauptstadt Graz angrenzenden Gemeinde Seiersberg-Pirka wurde in den Jahren 2002 und 2003 ein Einkaufszentrum ("Shopping City Seiersberg", im Folgenden auch: SCS) errichtet, das sich ursprünglich aus vier Geschäftshäusern mit jeweils zwei Verkaufsebenen zusammensetzte. Die ursprünglichen vier Bauplätze waren im Flächenwidmungsplan als Baugebiete für Einkaufszentren I und II ausgewiesen. Bauwerber der vier Häuser waren vier verschiedene Gesellschaften (allesamt Tochtergesellschaften einer Immobiliengesellschaft).

1.2. Am 7. Mai 2002 wurden mit Verordnung der ehemaligen Gemeinde Seiersberg (seit 1. Jänner 2015 nunmehr: Gemeinde Seiersberg-Pirka) zur Zahl 2/612 5/ErschließungFFKZ/11002/2002/8 im Rahmen des Projektes "Verkehrserschließung Fachmarkt-, Freizeit- und Kommunikationszentrum Seiersberg" acht näher bezeichnete Straßen zu öffentlichen Verkehrsflächen erklärt.

1.3. Ebenfalls am 7. Mai 2002 beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg nach dem Gesetz vom 16. März 1999 über die Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen (Steiermärkisches Katastrophenschutzgesetz), LGBl 62, und der dazu ergangenen Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. Dezember 2000 über Vorbereitungsmaßnahmen zur Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen, LGBl 80, einen Katastrophenschutzplan für die SCS, insbesondere für die Geschäftshäuser 1, 3, 5 und 7. Nach der Präambel bildeten die darin dargestellten und frei zu haltenden Zufahrtswege, Aufstellungszonen für Einsatzfahrzeuge aller Art, systemartig dargestellten Verbindungs-(Brücken-)bauwerke zwischen den Gebäuden und dem südlich angrenzenden Grundstück sowie die während der Betriebszeit besetzten Einsatzpunkte für Feuerwehr, Rettung, Gendarmerie und Security-Dienste die Grundlage für den Katastrophenschutzplan.

1.4. Am 13. Juni 2002 beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg zur Zahl 1/612-5/ErschließungFFKZ/14181/2002/16/Bgmstr/St eine Verordnung, mit der die Verordnung vom 7. Mai 2002 (Z 2/612 5/ErschließungFFKZ/11002/2002/8) dahingehend geändert wurde, dass die öffentlichen Verkehrsflächen der "Verkehrserschließung Fachmarkt-, Freizeit- und Kommunikationszentrum Seiersberg" (insgesamt acht Straßen) zu öffentlichen Interessentenwegen iSd §7 Abs1 Z5 Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964 (LStVG. 1964), in der Stammfassung LGBl 154 (WV), erklärt wurden und hinsichtlich der Herstellung und Instandhaltung der Wegegenossenschaft "Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg" zuzuordnen waren.

1.5. Ebenfalls am 13. Juni 2002 beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg zur Zahl 1/616-0/SCS/14168/2002/26/Bgmstr/St eine Verordnung, mit der die "Brücken- und Straßenbauwerke", welche die Grundstücke 325, 317/1, 317/4 und 317/3, alle KG Seiersberg, im Sinne des Katastrophenschutzplanes der Gemeinde Seiersberg vom 7. Mai 2002 miteinander verbinden, gemäß §8 Abs3 LStVG. 1964 zu öffentlichen Interessentenwegen erklärt wurden.

1.6. Am selben Tag beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg des Weiteren zur Zahl 1/616 0/SCS/13784/2002/5/Bgmstr/St eine Verordnung, mit der die Beitragspflichtigen der "Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg" gemäß §45 Abs3 LStVG. 1964 im Sinne des Katastrophenschutzplanes der Gemeinde Seiersberg vom 7. Mai 2002 zu einer öffentlichen Wegegenossenschaft zusammengefasst wurden.

1.7. Am 30. November 2005 beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg die Verordnung zur Zahl 1/612 5/ErschließungFFKZ/25573/2005/24/Bgmstr/St, mit der ergänzend zu den bisherigen Verordnungen vom 13. Juni 2002 Straßen im Fachmarkt-, Freizeit- und Kommunikationszentrum Seiersberg zu öffentlichen Verkehrsflächen und öffentlichen Interessentenwegen erklärt wurden.

1.8. Im Jahr 2006 wurde eine Baubewilligung zur Errichtung eines Fachmarktes (Geschäftshaus 9) auf einem weiteren Grundstück (337/1) der KG Seiersberg erteilt.

1.9. Am 4. Juli 2007 beschloss der Gemeinderat der ehemaligen Gemeinde Seiersberg einen überarbeiteten Katastrophenschutzplan, der auch das zwischenzeitig neu errichtete Geschäftshaus 9 umfasste, sowie zur Zahl 612 5/ErschließungFFKZ/30 eine Verordnung, mit der die Verordnung vom 13. Juni 2002, Z 1/612-5/ErschließungFFKZ/14181/2002/16/Bgmstr/St, hinsichtlich Punkt 1.0) dahingehend ergänzt wurde, dass gemäß §8 Abs3 LStVG. 1964 weitere "Brücken- und Straßenbauwerke" im Sinne des Katastrophenschutzplanes der Gemeinde Seiersberg in der Fassung vom 4. Juli 2007 zu öffentlichen Interessentenwegen iSd §7 Abs1 Z5 leg cit erklärt werden und daher hinsichtlich Herstellung und Instandhaltung der Wegegenossenschaft "Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg" zuzuordnen sind.

1.10. Nach Zusammenlegung der bisherigen Gemeinden Seiersberg und Pirka zur Gemeinde Seiersberg-Pirka wurde vom Regierungskommissär gemäß §11 Abs2 des Gesetzes vom 14. Juni 1967, mit dem für die Gemeinden des Landes Steiermark mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut eine Gemeindeordnung erlassen wird (Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 – GemO), LGBl 115 idF LGBl 131/2014, mit Verordnung vom 2. Jänner 2015, Z 003 3/VOWiederverlautbarung/1, angeordnet, dass näher bezeichnete Verordnungen der Gemeinde Seiersberg auch in der Gemeinde Seiersberg-Pirka weiter gelten.

1.11. Am 19. April 2016 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka einen Katastrophenschutzplan der Gemeinde Seiersberg-Pirka für das "Gewerbegebiet Mitte", welcher am 1. Mai 2016 in Kraft trat und sich unter anderem auch auf die Geschäftshäuser 1, 3, 5, 7 und 9 der SCS bezog.

1.12. Am 17. Mai 2016 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka die Verordnung zur Zahl 612-5/Interessentenwege/4, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 20. Mai bis 6. Juni 2016. Unter Punkt 1.0) dieser Verordnung, welche mit dem auf den letzten Tag der Kundmachungsfrist folgenden Tag rechtswirksam wurde, wurden die in dem dieser Verordnung beigeschlossenen Plan dargestellten (gelben) Bereiche zu öffentlichen Interessentenwegen (§8 Abs3 LStVG. 1964) erklärt und hinsichtlich der Erhaltung und Herstellung der Wegegenossenschaft "Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg" zugeordnet. Punkt 3.0) der Verordnung besagte, dass die unter a.) bis e.) angeführten Verordnungen mit Inkrafttreten der neuen Verordnung außer Kraft treten. Hintergrund der Erlassung dieser Verordnung war laut Punkt 4.) des öffentlichen Gemeinderatssitzungsprotokolles vom 17. Mai 2016, "dass auch hinsichtlich der Interessentenwege im Bereich der Shoppingcity Seiersberg Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind und nun mit Erlassung einer neuen Verordnung auch für diesen Bereich eine Rechtssicherheit geschaffen werden soll".

1.13. Mit Erkenntnis vom 2. Juli 2016 hob der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Volksanwaltschaft Punkt 1.0) der Verordnung der Gemeinde Seiersberg-Pirka vom 17. Mai 2016, Z 612-5/Interessentenwege/4, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 20. Mai bis 6. Juni 2016, (samt zugehöriger planlicher Darstellung) sowie die Verordnung der Gemeinde Seiersberg vom 13. Juni 2002, Z 1/616-0/SCS/13784/2002/5/Bgmstr/St, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 18. Juni bis 3. Juli 2002, (samt zugehöriger planlicher Darstellung und sonstiger Beilagen) einschließlich der Ziffer 83. der Verordnung des Regierungskommissärs der Gemeinde Seiersberg-Pirka vom 2. Jänner 2015, Z 003 3/VOWiederverlautbarung/1, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 2. bis 20. Jänner 2015, derzufolge die Verordnung Z 1/616 0/SCS/13784/2002/5/Bgmstr/St in der Gemeinde Seiersberg-Pirka weitergilt, mit Ablauf des 15. Jänner 2017 als gesetzwidrig auf (VfSlg 20.075/2016).

1.14. Am 15. November 2016 wurde eine Änderung des LStVG. 1964 beschlossen, die im LGBl 137/2016 kundgemacht wurde und am 26. November 2016 in Kraft trat. Insbesondere wurde in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 die Wortfolge "von örtlicher Bedeutung" gestrichen und die Worte "Eigentümer" und "Benützer" wurden eingefügt.

1.15. Ziel des Landesgesetzgebers war es – ausweislich der Materialien – in Reaktion auf aktuelle Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, die ersichtlich gemacht hätten, dass zur Vermeidung allfälliger Rechtsunsicherheiten eine zeitgemäße Anpassung der Legaldefinition der öffentlichen Interessentenwege dringend erforderlich sei, zu gewährleisten, dass die Kategorie der öffentlichen Interessentenwege auch "von anderen Personen als Besitzer- und BewohnerInnen, wie insbesondere Eigentümer-, Lieferant-, KundInnen, Gästen sowie sonstigen NutznießerInnen der betroffenen Liegenschaften, auch wenn sie von außerhalb des Gemeindegebietes kommen, benützt werden" könnte (Selbständiger Antrag von Abgeordneten Landtag Steiermark, EZ/OZ: 1211/1, 17. GP). Eben dies sei – so die zitierten Materialien – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes derzeit nicht gewährleistet. Es sei durch die Einbeziehung der Begriffe "Eigentümer" und "Benützer" in die Legaldefinition öffentlicher Interessentenwege nach §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 zukünftig klargestellt, dass nicht nur Besitzer- und BewohnerInnen im engeren rechtlichen Sinn, sondern auch die LiegenschaftseigentümerInnen und all deren KundInnen, LieferantInnen, Gäste sowie sonstige NutznießerInnen ein entsprechendes Verkehrsinteresse an diesen hätten.

1.16. Am 13. Dezember 2016 erließ der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka die nunmehr angefochtene Verordnung, Z 612-5/Interessentenwege/69, mit der er die Straßen mit öffentlichem Verkehr auf den Grundstücken 312, 325, 317/1, 317/4, 317/3, 338/1, 337/1, 347/4 und 347/5, alle KG Seiersberg, gemäß §8 Abs3 LStVG. 1964 zu öffentlichen Interessentenwegen iSd §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 idgF erklärte. Die Verordnung war vom 23. Dezember 2016 bis 10. Jänner 2017 an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen und wurde laut ihrem Punkt 2.0) am 16. Jänner 2017 rechtswirksam.

1.17. Am 13. Dezember 2016 erließ der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka eine weitere Verordnung, mit der die beitragspflichtigen Gesellschaften und die Gemeinde Seiersberg-Pirka gemäß §45 Abs3 LStVG. 1964 zur Sicherstellung der Erhaltung der öffentlichen Interessentenwege zur öffentlich-rechtlichen Wegegenossenschaft "Gewerbegebiet Mitte Seiersberg" zusammengefasst wurden. Diese Verordnung war ebenfalls vom 23. Dezember 2016 bis 10. Jänner 2017 an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen und wurde am 16. Jänner 2017 rechtswirksam. Die angefochtene Verordnung, Z 612 5/Interessentenwege/69, ordnet die von ihr erfassten Straßen zur Sicherstellung ihrer Erhaltung dieser Wegegenossenschaft zu.

2. Bei der Behandlung des gegen diese Verordnung gerichteten Antrages der Volksanwaltschaft nach Art139 Abs1 Z6 iVm Art148i Abs1 B VG und Art45 L-VG sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 137/2016, der Wortfolge "sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5)" in §8 Abs3 LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 60/2008, sowie des §58a LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 60/2008, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 10. Oktober 2019 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"[…] Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogenen Bestimmungen folgende Bedenken:

[…] Zunächst wird zu prüfen sein, ob die Regelungen nach der Novellierung durch LGBl 137/2016 dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot genügen.

[…] Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (vgl etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine (rechts-)politischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (vgl zB VfSlg 13.738/1994, 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003). Die Schranken des allgemeinen Sachlichkeitsgebotes scheinen im vorliegenden Fall aber überschritten zu sein.

[…] Mit der Novellierung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 durch LGBl 137/2016 sind die Voraussetzungen für öffentliche Interessentenwege insoweit geändert worden, als die Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' gestrichen und die Wortfolge 'Besitzer und Bewohner' durch jene der 'Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer' ersetzt wurde. Ein 'öffentlicher Interessentenweg' ist weiterhin gemäß §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 eine Gattung von öffentlichen Straßen, die das Vorliegen einer 'Straße für den öffentlichen Verkehr' voraussetzt; allerdings dürfen nunmehr 'nur' solche Straßen zu Interessentenwegen erklärt werden, die 'überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden'.

[…] Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass diese Regelung vor dem Hintergrund des Systems, das den Bestimmungen des LStVG. 1964 in ihrer Gesamtheit zur Einteilung der Straßen zugrunde liegt, unsachlich ist:

[…] Die Einteilung der Straßen in Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen beruht auf der im B VG normierten Kompetenzverteilung (Art10 Abs1 Z9, Art15 sowie Art118 Abs3 Z4 B VG), wobei jeweils die Bedeutung der Straße für den Verkehr als Abgrenzungsmerkmal dient. Die in §7 Abs1 LStVG. 1964 erfolgende Einreihung der Straßen, die unter das LStVG. 1964 fallen, dürfte dem durch die Kompetenzverteilung vorgegebenen System der Einteilung in Landes- und Gemeindestraßen folgen, wobei weitere Untergliederungen innerhalb dieser Kategorien vorgenommen werden; dementsprechend werden die Gattungen Landesstraßen, Eisenbahn-Zufahrtsstraßen, Konkurrenzstraßen, Gemeindestraßen und öffentliche Interessentenwege vorgesehen. Dem korrespondieren auch die Bestimmungen, die die Kostentragung für Straßen nach dem LStVG. 1964 regeln. Als Unterteilungskriterium dürfte – auch nach der Novellierung – nach wie vor die Person des Trägers der Straßenbaulast und damit korrespondierend die Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straße dienen (vgl Baumgartner , Straßenrecht, in: Pürgy [Hrsg.], Das Recht der Länder, Band II/2, Landesverwaltungsrecht, 2012, Rz 24). Als Prämisse dürfte dem System zugrunde liegen, dass die Kosten einer Straße, wenn sie dem öffentlichen Verkehr dient, auf Grund des damit verbundenen öffentlichen Interesses je nach Bedeutung grundsätzlich entweder vom Land oder von der Gemeinde getragen werden. Eine Ausnahme davon scheinen lediglich Eisenbahn-Zufahrtsstraßen im Sinne des §7 Abs1 Z2 LStVG. 1964 (vgl hiezu §33 bzw §37 LStVG. 1964 für Zufahrtsstraßen) und Interessentenwege gemäß §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 (vgl hiezu §45 LStVG. 1964) zu bilden.

[…] Nach dem im LStVG. 1964 idF vor der Novellierung zugrunde gelegten System waren öffentliche Interessentenwege jene Straßen, welche die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung hatten (vgl VfSlg 16.187/2001, 20.075/2016). Öffentliche Interessentenwege waren bislang stets solche Straßen, die überwiegend durchaus einem beschränkten Personenkreis, nämlich all jenen, denen die Verfügungsbefugnis über eine beschränkte Anzahl an Liegenschaften zukommt, zu dienen bestimmt waren (VfSlg 20.075/2016). Das überwiegend individuelle Verkehrsinteresse des dabei umschriebenen Personenkreises bildete auch den Grund dafür, die in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 genannten Verkehrsinteressenten vor der Novellierung bis zu einem gewissen Ausmaß mit den Herstellungs- und Erhaltungskosten einer Straße zu belasten (§45 LStVG. 1964), obzwar diese dem öffentlichen Verkehr gewidmet war (vgl VfSlg 16.187/2001 mwN). Der Personenkreis, den §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nennt, dürfte mit jenem identisch gewesen sein, der durch §45 Abs1 Satz 1 LStVG. 1964 mit Herstellungs- und Erhaltungskosten belastet werden konnte. Die Gemeinde war nach §45 Abs1 LStVG. 1964[…] aber verpflichtet, 'nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten'. Das damit erfasste Interesse der Gemeinde bedeutete nichts anderes als das nicht auf die Verkehrsinteressenten entfallende restliche Verkehrsinteresse (so ausdrücklich zu §45 Abs1 LStVG. 1964 VfSlg 7340/1974).

[…] §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 wurde nun mit der Novelle LGBl 137/2016 dahingehend einer Änderung unterzogen, dass auch eine über die bisher im Gesetz normierten Verkehrsinteresssenten hinausgehende, weitere Gruppe der 'Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften' als Verkehrsinteressenten eingefügt wurde. Nach §45 Abs1 Satz 1 LStVG. 1964 dürften die Kosten der Herstellung und Erhaltung öffentlicher Interessentenwege weiterhin den Verkehrsinteressenten zur Last fallen, und die Gemeinde ist verpflichtet, nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten. Vor diesem Hintergrund dürfte davon auszugehen sein, dass auch die nunmehr durch §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 in den Verkehrsinteressentenkreis einbezogenen 'Benützer' mit diesen Kosten belastet werden (vgl auch Dworak/Eisenberger [Hrsg.], Steiermärkisches [Landes Straßenverwaltungsgesetz 2 , 2018, §45 Rz 9).

[…] Ausgehend davon dürfte dem System des LStVG. 1964 – nach wie vor – die Prämisse zugrunde liegen, dass es sich bei den Verkehrsinteressenten um einen beschränkten Personenkreis handelt, da die Kostentragungsregel des §45 Abs1 LStVG. 1964 eine begrenzte Zahl Verpflichteter erfordern dürfte, denen die Verpflichtung zur Tragung der Kosten für die Herstellung und Erhaltung des Interessentenweges obliegt.

[…] Der Gesetzgeber scheint nun in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 aber von einem gegebenenfalls unbegrenzten Personenkreis auszugehen (Selbständiger Antrag von Abgeordneten Landtag Steiermark, EZ/OZ: 1211/1, 17. GP). Der Kreis der Interessenten dürfte jetzt größer sein als die Gesamtheit der Gemeindebewohner (vgl VfSlg 6062/1969). Es wird damit auch die Frage aufgeworfen, welches restliche Verkehrsinteresse bestehen könnte, das über die in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 genannten Verkehrsinteressenten hinausgehend das gemäß §45 Abs1 LStVG. 1964 bestehende Interesse der Gemeinde am Bestand der Straße verkörpert und damit die Kostentragungsverpflichtung der Gemeinde begründet.

[…] Mit der Streichung der Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' und der Einfügung der 'Benützer' scheinen Interessentenwege – ungeachtet des Umstandes, dass mit der Anknüpfung an eine 'beschränkte Anzahl von Liegenschaften' eine Einschränkung der Verkehrsbedeutung gegenüber den übrigen Straßenkategorien einhergehen dürfte – nicht mehr jene Straßen darzustellen, die nach dem System des LStVG. 1964 die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung haben. Vielmehr dürften nun grundsätzlich auch Straßen für den öffentlichen Verkehr von überörtlicher Bedeutung als öffentliche Interessentenwege eingereiht werden können. Damit dürfte die Kategorie der Interessentenwege aber nicht mehr eindeutig von anderen Straßengattungen abgrenzbar sein. Es scheint ins Belieben der Gemeinde gestellt zu sein, auch Straßen mit einer überörtlichen Bedeutung für eine große Zahl an Nutzern als Interessentenwege einzureihen und damit auch die an die jeweilige Straßengattung anknüpfenden Kostenrege-lungen zu steuern.

[…] Der Verfassungsgerichtshof hegt vor diesem Hintergrund das Bedenken, dass Interessentenwegen nach der Novellierung durch LGBl 137/2016 zum einen eine Verkehrsbedeutung zukommen kann, die dem System des LStVG. 1964 widerspricht, und sie zum anderen überwiegend einem gegebenenfalls unbegrenzten Kreis von Personen – und damit einer allenfalls auch sehr großen Zahl an Personen – dienen, worin ebenfalls ein Widerspruch zu dem dem LStVG. 1964 nach wie vor zugrunde liegenden System, insbesondere den darin enthaltenen Kostentragungsregelungen, liegen dürfte. Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, dass dies mit dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot nicht vereinbar ist.

[…] Der Verfassungsgerichtshof nimmt – vor dem Hintergrund des Systems des LStVG. 1964 und unter Zugrundelegung des [oben] dargelegten Verständnisses der in Prüfung gezogenen Bestimmungen – weiters vorläufig an, dass diese wegen Verstoßes gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B VG verfassungswidrig sind.

[…] §58a LStVG. 1964 bezeichnet alle Aufgaben der Gemeinde, die im LStVG. 1964 geregelt sind, als solche des eigenen Wirkungsbereiches; die Bestimmung kennt keine Ausnahmen. Damit bestimmt §58a LStVG. 1964, dass die Vornahme hoheitlicher Akte der Gemeinde in Bezug auf öffentliche Interessentenwege, wie sie in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 definiert werden, insbesondere etwa ihre Einreihung durch Verordnung der Gemeinde gemäß §8 Abs3 LStVG. 1964, eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde im Sinne des Art118 B VG ist.

[…] Art118 Abs2 zweiter Satz B VG enthält das Verbot, Angelegenheiten, die nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, als solche zu bezeichnen und damit den durch Art118 Abs2 erster Satz und Abs3 B VG umschriebenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu erweitern (vgl VfSlg 6770/1972). Der Wortlaut der in Art118 Abs2 erster Satz B VG zusammen mit der in Art118 Abs3 B VG enthaltenen Regelung schließt es aus, dass eine Angelegenheit, die weder in Art116 Abs2 B VG angeführt ist noch zu einem der Tatbestände in Art118 Abs3 B VG gehört noch von der Generalklausel des Art118 Abs2 erster Satz B VG erfasst wird, eine solche des eigenen Wirkungsbereiches ist (vgl [VfSlg 20.318/2019]). Daraus ergibt sich, dass durch eine Bezeichnung gemäß Art118 Abs2 zweiter Satz B VG der eigene Wirkungsbereich, wie er in Art118 Abs2 erster Satz iVm Abs3 B VG umschrieben ist, nicht erweitert werden darf (VfSlg 5415/1966; Weber , Art118/1-7, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 13. Lfg. 2017, Rz 6).

[…] Der Verfassungsgerichtshof hat daher in seiner Rechtsprechung wiederholt angenommen, eine Bestimmung, mit der der Gesetzgeber eine Angelegenheit, die den Kriterien des Art118 Abs3 B VG und auch jenen des Art118 Abs2 B VG nicht entspricht, als solche des eigenen Wirkungsbereiches bezeichnet, sei verfassungswidrig (VfSlg 5415/1966, 8591/1979, 11.307/1987; vgl hiezu auch VfSlg 5409/1966, 6196/1970, 7063/1973, 7401/1974, 8719/1979, 11.653/1988).

[…] Art118 Abs3 Z4 B VG gewährleistet der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich insbesondere die 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde'. Die Verwaltung anderer Verkehrsflächen als solcher der Gemeinde gehört nicht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (VfSlg 5807/1968, 6685/1972, 6770/1972; Stolzlechner , Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12. Lfg. 2013, Rz 13).

[…] Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, Art118 Abs3 Z4 B VG besage unwiderleglich, dass von der Materie 'Straßenangelegenheiten' nur die 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde' und die 'örtliche Straßenpolizei' in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, sodass die von diesen beiden Begriffen nicht erfassten Straßenangelegenheiten vom eigenen Wirkungsbereich ausgeschlossen sind (VfSlg 5807/1968). Diesbezüglich sei auch für ein Messen an der Generalklausel des Art118 Abs2 erster Satz B VG kein Raum mehr (VfSlg 5409/1966, 5807/1968). Dem Verfassungsgesetzgeber sei nämlich nicht zuzumuten, dass er mit den Worten der in Rede stehenden Z4 wohl die Zuordnung der 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde' und der 'örtlichen Straßenpolizei' zum eigenen Wirkungsbereich klarstellen, aber die Frage dieser Zuordnung hinsichtlich des Restes der Straßenangelegenheiten offen lassen wollte (VfSlg 5807/1968, 11.553/1987). Die nicht von den beiden ausdrücklich genannten Begriffen erfassten Straßenangelegenheiten seien unwiderlegbar vom eigenen Wirkungsbereich ausgeschlossen (VfSlg 5807/1968).

[…] Unter 'Verkehrsflächen der Gemeinde' sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes solche zu verstehen, die überwiegend nur für den lokalen Verkehr von Bedeutung sind (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6848/1972), wobei dieser Verkehr nicht auf das Gemeindegebiet beschränkt sein muss, sondern auch dann ein Lokalverkehr bleibt, wenn er zwar über die Gemeindegrenze führt, aber überwiegend den Interessen der einzelnen Gemeinden und nicht überwiegend übergeordneten Interessen dient (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6770/1972). 'Verkehrsflächen der Gemeinde' sind nicht nur Straßen und Wege, die 'Sackgassen' innerhalb des Gemeindegebietes sind. Es fallen auch Straßen und Wege darunter, die zur Gemeindegrenze führen und jenseits derselben eine unmittelbare Fortsetzung haben (VfSlg 6208/1970). Entscheidend ist, dass eine Verkehrsfläche in ihrer Verkehrsbedeutung auf das Gemeindegebiet beschränkt ist (VfSlg 6097/1969); sie muss im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft liegen (VfSlg 12.875/1991). Zur Beurteilung, ob es sich um einen Lokalverkehr in diesem Sinne handelt, ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf die konkreten (tatsächlichen) lokalen Verhältnisse abzustellen (VfSlg 6770/1972, 7794/1976).

[…] Verkehrsflächen der Gemeinde sind zudem all jene Straßen, die keiner höheren Kategorie als der der Gemeindestraße angehören (VfSlg 6208/1970; vgl dazu VfSlg 11.553/1987 [jedenfalls nicht Bundes- und Landesstraßen]; Stolzlechner , Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12. Lfg. 2013, Rz 13). Die Eigentumsverhältnisse sind dabei irrelevant, sodass auch Flächen im Privateigentum darunter fallen können (VfSlg 6208/1970, 6685/1972; Stolzlechner , Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12.  Lfg. 2013, Rz 13).

[…] Für Forstwege etwa nahm der Verfassungsgerichtshof an, sie seien keine 'Verkehrsflächen der Gemeinde', weil sie nur für den 'nicht-öffentlichen Verkehr', vorzugsweise für die Bringung und den wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Waldungen dienten und nicht zum öffentlichen Verkehrsnetz gehörten; nur öffentliche Verkehrsflächen könnten 'Verkehrsflächen der Gemeinde' sein (VfSlg 6848/1972).

[…] Zur Auslegung des Art118 Abs3 Z4 B VG ist entscheidend, ob überörtliche Interessen örtliche Interessen überwiegen (VfSlg 8343/1978). Eine allenfalls erforderliche Bedachtnahme auf überörtliche Belange nimmt einer Angelegenheit nicht die Merkmale, die für ihre Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde wesentlich sind. Aus der Verfassung selbst ergibt sich, dass die Zuordnung einer Angelegenheit zum eigenen Wirkungsbereich nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass die Angelegenheit überörtliche Interessen berührt. Eine Angelegenheit muss aber im 'überwiegenden Interesse' der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen sein (VfSlg 5823/1968). Das Überwiegen ist im Wege einer Interessenabwägung festzustellen (VfSlg 8343/1978).

[…] Der Verfassungsgerichtshof hegt vor diesem Hintergrund das Bedenken, dass Verkehrsflächen mit den Voraussetzungen des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 idgF keine solchen der Gemeinde im Sinne des Art118 Abs3 Z4 B VG sind. Wenngleich die Anknüpfung an eine begrenzte Anzahl von Liegenschaften im Wortlaut der Norm verblieben ist, so wird insbesondere zu prüfen sein, ob die Grenzen des Art118 Abs3 Z4 B VG nach Erweiterung des Nutzerkreises um die Gruppe der 'Benützer' und der Streichung der Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 überschritten sind.

[…] Eine Verkehrsfläche für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dient und als solche erklärt wurde (§7 Abs1 Z5 LStVG. 1964), scheint (zumindest auch) eine solche zu sein (sein zu können), die über das örtliche Interesse hinausgeht, und vor allem eine solche zu sein (sein zu können), die nicht überwiegend im örtlichen Interesse liegt (s zum vorläufigen Verständnis der Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof oben […]), sodass dieser Fall von Art118 Abs3 Z4 B VG nicht umfasst sein dürfte.

[…] Die angefochtenen Bestimmungen scheinen die Voraussetzungen des Art118 Abs3 Z4 B VG nicht zu erfüllen (VfSlg 5409/1966, 5807/1968); die verfassungsrechtlichen Vorgaben für den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde dürften daher überschritten sein und die angefochtenen Bestimmungen scheinen wegen Verstoßes gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B VG verfassungs-widrig zu sein.

[…] Aus den dargelegten Gründen hegt der Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die hiemit in Prüfung gezogenen Bestimmungen. Der Sitz der Verfassungswidrigkeit im Rahmen der angefochtenen Bestimmungen wird – vor dem Hintergrund der Bedenken – im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein.

[…] Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu prüfen sein, ob eine verfassungs-konforme Interpretation der in Prüfung gezogenen Bestimmungen dahingehend möglich ist, dass Straßen der Gattung 'öffentliche Interessentenwege' in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nach wie vor Straßen für den öffentlichen Verkehr von örtlicher Bedeutung sind. Die Entstehungsgeschichte des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 idF LGBl 137/2016 (s hiezu oben […]) scheint allerdings vorderhand gegen eine verfassungskonforme Interpretation zu sprechen (vgl hiezu aus den Materialien auch insbesondere: Selbständiger Antrag von Abgeordneten Landtag Steiermark, EZ/OZ: 1211/1, 17. GP; StenProtLT [Stmk] 17. GP, 19. Sitzung, 3312 ff.). Es dürfte dem Landesgesetzgeber nämlich nicht zugesonnen werden können, bewusst eine Änderung ohne normative Auswirkungen vornehmen zu wollen (vgl VfSlg 12.002/1989, 12.409/1990, 14.444/1996)."

4. Die Steiermärkische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.939/2014, 13.965/1994, 16.542/2002 mwN, 16.911/2003) sind sowohl für von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011[, 20.154/2017]). Es sind daher all jene Normen anzufechten, die präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden.

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit solche Normen angefochten werden, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung [des antragstellenden Gerichtes] im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind. Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, entscheidet der Verfassungsgerichtshof (vgl zB VfSlg 19.939/2014[, 20.086/2016]) nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn er, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

Ein Gesetzesprüfungsantrag ist nur dann zulässig, wenn die behauptete Verfassungswidrigkeit mit einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm beseitigt werden würde (vgl etwa VfSlg 16.191/2001, 19.178/2010 und VfGH 2.7.2015, G303/2015). Ein Antrag, der das missachtet, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn der (nach der angestrebten Aufhebung) verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, er also mit den aufzuhebenden Gesetzesstellen untrennbar verbunden ist (vgl etwa mwN VfSlg 12.859/1991, 16.279/2001).

[…] Der Verfassungsgerichtshof hat das ggst. Gesetzesprüfungsverfahren aus Anlass des Antrags der Volksanwaltschaft auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Teilen der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Seiersberg-Pirka vom 13. Dezember 2016, GZ: 612-5/Interessentenweg/69, V44/2019, von Amts wegen eingeleitet. Gesetzliche Grundlage für die angefochtenen Verordnungsbestimmungen sind §7 Abs1 Z5 und §8 Abs3 LStVG. 1964, die vom Verfassungsgerichtshof auch in Prüfung gezogen werden.

§7 Abs1 LStVG. 1964 unterteilt die unter das Gesetz fallende[n] Straßen in Gattungen. Als Gattungen werden taxativ festgelegt: Landesstraßen (Z1), Eisenbahn-Zufahrtsstraßen (Z2), Konkurrenzstraßen (Z3), Gemeindestraßen (Z4) und öffentliche Interessentenwege (Z5). §8 Abs3 LStVG. 1964 bestimmt, dass (ua) die Einreihung und Neuanlage von öffentlichen Interessentenwegen (§7 Abs1 Z5) durch Verordnung der Gemeinde erfolgt.

Der Verfassungsgerichtshof dürfte vorläufig davon ausgehen, dass die Wortfolge 'sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5)' in §8 Abs3 LStVG. 1964 deshalb präjudiziell ist, weil sie eine untrennbare Einheit mit der Bestimmung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 bildet, da ua die Einreihung einer Gemeindestraße 'sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5)' erst durch Verordnung der Gemeinde erfolgt.

Im Gegensatz dazu ist aber nicht nachvollziehbar, warum die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes auf die übrigen Bestimmungen betreffend öffentliche Interessentenwege – einer Straßengattung, die es nach einer allfälligen Aufhebung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nicht mehr gibt –, nicht zutreffen sollten (vgl §27 Abs1 LStVG. 1964 und insbesondere §§45 und 46 LStVG. 1964). Vor diesem Hintergrund erscheint der im Prüfungsbeschluss festgelegte Prüfungsumfang nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung als zu eng.

[…] Der Verfassungsgerichtshof geht weiters vorläufig davon aus, dass die Vollziehung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nicht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zähle, weshalb er die Bestimmung des §58a LStVG., der die Vollziehung auch dieser Bestimmung dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuweist, in die Prüfung einbezogen hat. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof an dieser vorläufigen Rechtsansicht festhält, hätte er neben §58a LStVG. 1964 auch §13 LStVG. 1964 in die Prüfung einbeziehen müssen. §13 LStVG. 1964 bestimmt, dass für die Ausübung der Aufsicht über die Gemeinden die Bestimmungen der Gemeindeverfassung maßgebend sind. Die verwiesenen Bestimmungen der Gemeindeordnung über das Aufsichtsrecht beschränken sich auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung steht diese Bestimmung im Sinne der Ausführungen [oben] in untrennbarem Zusammenhang mit §58a LStVG. 1964 und hätte daher auch in die Prüfung einbezogen werden müssen.

[…] In der Sache:

[…] Zur Wahrung des Sachlichkeitsgebotes:

[…] Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt, dass §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 vor dem Hintergrund des Systems, das den Bestimmungen des LStVG. 1964 in ihrer Gesamtheit zugrunde liegt, aus folgenden Erwägungen dem Sachlichkeitsgebot entspricht:

§7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 sei einer Änderung dahingehend unterzogen worden, dass auch eine über die bisher im Gesetz normierten Verkehrsinteressenten hinausgehende weitere Gruppe der 'Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften' als Verkehrsinteressenten eingefügt worden sei. Nach §45 Abs1 LStVG. 1964 dürften die Kosten der Herstellung und Erhaltung öffentlicher Interessentenweg[e] weiterhin den Verkehrsinteressenten zur Last fallen, und die Gemeinde sei verpflichtet, nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten. Vor diesem Hintergrund dürfte davon auszugehen sein, dass auch die nunmehr durch §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 in den Verkehrsinteressentenkreis einbezogenen 'Benützer' mit diesen Kosten belastet würden (vgl auch Dworak/Eisenberger [Hrsg.], Steiermärkisches [Landes ] Straßenverwaltungsgesetz 2 , 2018, §45 Rz 9). Ausgehend davon dürfte dem System des LStVG. 1964 – nach wie vor – die Prämisse zugrunde liegen, dass es sich bei den Verkehrsinteressenten um einen beschränkten Personenkreis handle, da die Kostentragungsregel des §45 Abs1 LStVG. 1964 eine begrenzte Anzahl Verpflichteter erfordern würde, denen die Verpflichtung zur Tragung der Kosten für die Herstellung und Erhaltung des Interessentenweges obliege.

Der Gesetzgeber scheine nun in §7 Abs1 Z4 LStVG. 1964 aber von einem gegebenenfalls unbegrenzten Personenkreis auszugehen (Selbständiger Antrag von Abgeordneten Landtag Steiermark, EZ/OZ: 1211/1, 17. GP). Der Kreis der Interessenten dürfte jetzt größer sein als die Gesamtheit der Gemeindebewohner (vgl VfSlg 6062/1969). Es werde damit die Frage aufgeworfen, welches restliche Verkehrsinteresse bestehen könnte, das über die in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 genannten Verkehrsinteressenten hinausgehend das gemäß §45 Abs1 LStVG. 1964 bestehende Interesse der Gemeinde am Bestand der Straße verkörpere und damit die Kostentragungsverpflichtung der Gemeinde begründe.

Mit der Streichung der Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' und der Einfügung der 'Benützer' scheinen Interessentenwege – ungeachtet des Umstandes, dass mit der Anknüpfung an eine 'beschränkte Anzahl von Liegenschaften' eine Einschränkung der Verkehrsbedeutung mit den übrigen Straßenkategorien einhergehen dürfte – nicht mehr jene Straßen darzustellen, die nach dem System des LStVG. 1964 die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung haben. Vielmehr dürften nun grundsätzlich auch Straßen für den öffentlichen Verkehr von überörtlicher Bedeutung als lnteressentenwege eingereiht werden können. Damit dürfte die Kategorie der Interessentenwege aber nicht mehr eindeutig von anderen Straßengattungen abgrenzbar sein. Es scheine ins Belieben der Gemeinde gestellt zu sein, auch Straßen mit einer überörtlichen Bedeutung für eine große Zahl an Nutzern als Interessentenwege einzureihen und damit auch die an die jeweilige Straßengattung anknüpfenden Kostenregelungen zu steuern.

[…] Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bindet der Gleichheitssatz des Art2 StGG sowie des Art7 B VG auch die Gesetzgebung (vgl etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001).

Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 8169/1977, 15.590/1999, 18.269/2007). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ihre politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).

[…] Aus Sicht der Steiermärkischen Landesregierung sind diese Schranken nicht überschritten. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht der Steiermärkischen Landesregierung auch durch die beiliegende gutachterliche Stellungnahme von Univ. Prof. Dr. K[.] P [.] vom 30. November 2018, und das beiliegende rechtswissenschaftliche Fachgutachten von Univ. Prof. […] Dr. K[.] L [.] vom 5. September 2018 gestützt wird.

[…] Durch die Novelle 2016 zum LStVG. 1964, welcher ein Initiativantrag von Abgeordneten zugrunde lag, wurde §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 dahingehend geändert, dass die Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' gestrichen und die Wortfolge 'Besitzer oder Bewohner einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften' durch die Wortfolge 'Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften' ersetzt wurde.

Dies deshalb, da die Verordnungsbehebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.075/2016 im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die verfahrensgegenständlichen Interessentenwege auch dem allgemeinen Verkehrsinteresse jener Personen dienen würden, die sowohl aus Seiersberg-Pirka als auch aus anderen Regionen zur Shopping City Seiersberg (SCS) kommen, deshalb das gesetzliche Tatbestandsmerkmal der 'örtlichen Bedeutung' nicht zutrifft und damit die Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt: es habe sich folglich nicht um Straßen gehandelt, die die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung aufweisen würden. Dadurch entstand erhebliche rechtliche Unsicherheit, da es nunmehr auf die hohen Verkehrsfrequenzen und die Personen ankam, die nicht nur aus Seiersberg-Pirka, sondern aus vielen Regionen Österreichs und dem Ausland stammen. Zudem waren durch dieses Erkenntnis aber nicht nur die Interessentenwege zur Erschließung der SCS betroffen, sondern auch zahlreiche andere Interessentenwege, die als Zufahrten zB zu touristischen oder gewerblichen Einrichtungen zu einem großen Teil auch von Personen benützt werden, die über den Kreis der nach alter Rechtslage umschriebenen Besitzer und Bewohner, somit der in der jeweiligen Gemeinde ansässigen Personen weit hinausgehen. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit sollte durch die vorgenommene Neudefinition geklärt werden.

Vor diesem Hintergrund hatte der Landesgesetzgeber das Ziel, zunächst zum Ausdruck zu bringen, dass er das Rechtsinstitut der öffentlichen Interessentenwege für bedeutsam hielt und eine Abschaffung nicht erwogen hat. Außerdem wollte er die Rechtsunsicherheit, für wen diese nun verordnet werden können und in welchem Ausmaß auch andere Verkehrsteilnehmer von außerhalb der Gemeinde diese benützen dürfen, beseitigen. Dabei war, wie die Gesetzesmaterialien zeigen, beabsichtigt klarzustellen, dass insbesondere auch Gäste, Kunden und Lieferanten der Eigentümer, Besitzer und Bewohner vor Ort diese Interessentenwege benützen können. Insbesondere waren nach der früheren Fassung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 die Eigentümer nicht erwähnt; die Ergänzung um die Eigentümer als Interessenten erschien auch im Hinblick auf die Beteiligung an der Kostentragung erforderlich.

Der Gesetzgeber ist dabei davon ausgegangen, dass für die Verordnung von Interessentenwegen weder die Herkunft der Verkehrsteilnehmer noch Verkehrsfrequenzen der geeignete Anknüpfungspunkt sind (siehe oben), sondern die Art eines Verkehrsstromes (zB Langsamverkehr), insbesondere wo dieser seinen Ausgang nimmt bzw sein Ende findet (reiner Quellverkehr und kein Durchgangsverkehr). Damit ist auch der Voraussetzung des Art118 Abs3 Z4 B VG entsprochen (Verkehrsflächen der Gemeinde) und ist dies auch mit Art118 Abs2 B VG (örtliches Interesse bzw Besorgungseignung) vereinbar.

Dass der Gesetzgeber bei der Einreihung der öffentlichen Interessentenwege dem Erfordernis der geringsten öffentlichen Verkehrsbedeutung Rechnung tragen hätte müssen, trifft nicht zu (vgl auch VfSlg 6062/1969) und lässt sich auch aus Art118 Abs2 B VG iVm Art118 Abs3 B VG nicht ableiten. Die Straßengattung 'öffentlicher Interessentenweg' ist durch die Verfassung nicht vorgezeichnet, weshalb es dem Landesgesetzgeber unbenommen ist, diese im verfassungsgesetzlich zulässigen Rahmen beliebig zu ändern. Zudem ist der steirische Landesgesetzgeber im Lichte des bundesstaatlichen Prinzips auch nicht gehalten, öffentliche Interessentenwege auf gleiche Weise wie die anderen Länder zu definieren. Er könnte auch vollkommen neue Gattungen öffentlicher Straßen schaffen. Die Verfassung, insbesondere der Gleichheitssatz gebieten keine länderweisen gleichen Rechtsvorschriften.

Im Ergebnis kann dem Landesgesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er die Straßengattung 'öffentlicher Interessentenweg' in einer Weise ausgestaltet hat, dass darunter nicht ausschließlich Straßen zu verstehen sind, die auf Grund ihrer 'örtlichen Bedeutung' die geringste Verkehrsbedeutung haben. Die vorgenommene Änderung ist vom Gedanken der Schaffung von Rechtssicherheit getragen, liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und ist an den – wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird ebenfalls gewahrten – verfassungsrechtlichen Vorgaben für den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zu messen.

[…] Zu Wahrung des Art118 Abs2 zweiter Satz B VG:

[…] Der Verfassungsgerichtshof nimmt weiters vorläufig an, dass die von ihm in Prüfung gezogenen Bestimmungen, die den Gemeinden gemäß §58a LStVG. zur Besorgung im eigenen Wirkungsgereich übertagen sind, wegen Verstoßes gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B VG verfassungswidrig seien.

Diese Verfassungsbestimmung enthalte das Verbot, Angelegenheiten, die nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, als solche zu bezeichnen. Der Wortlaut dieser Verfassungsbestimmung zusammen mit der in Art118 Abs3 B VG enthaltenen Regelung schließe es aus, dass eine Angelegenheit, die weder in Art116 Abs2 B VG angeführt ist noch zu einem der Tatbestände in Art118 Abs3 B VG gehört, noch von der Generalklausel des Art118 Abs2 erster Satz umfasst sei, eine solche des eigenen Wirkungsbereiches sei.

Art118 Abs3 Z4 B VG gewährleiste der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich nur die 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde'.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besage Art118 Abs3 Z4 B VG unwiderleglich, dass von der Materie 'Straßenangelegenheiten' nur die 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde' und die 'örtliche Straßenpolizei' in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, sodass die von diesen beiden Begriffen nicht umfassten Straßenangelegenheiten vom eigenen Wirkungsbereich ausgeschlossen seien.

Unter 'Verkehrsflächen der Gemeinden' seien nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes solche zu verstehen, die überwiegend nur für den lokalen Verkehr von Bedeutung seien (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6848/1972), wobei dieser Verkehr nicht auf das Gemeindegebiet beschränkt bleibe, wenn er zwar über die Gemeindegrenze führt, aber überwiegend dem Interesse der einzelnen Gemeinde und nicht überwiegend übergeordneten Interessen diene (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6770/1972). Entscheidend sei, dass eine Verkehrsfläche in ihrer Verkehrsbedeutung auf das Gemeindegebiet beschränkt sei (VfSlg 6097/1969); sie müsse im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft liegen (VfSlg 5823/1968, 12.875/1991). Zur Beurteilung, ob es sich um einen Lokalverkehr in diesem Sinne handle, sei auf die konkreten (tatsächlichen) lokalen Verhältnisse abzustellen (VfSlg 6770/1972, 7794/1976) und im Wege einer Interessenabwägung abzustellen (VfSlg 8343/1978). Verkehrsflächen der Gemeinden seien zudem all jene Straßen, die keiner höheren Kategorie angehörten (VfSlg 6208/1970; vgl dazu VfSlg 11.553/1987 [jedenfalls nicht Bundes- und Landesstraßen]; Stolzlechner, Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12. Lfg. 2013, Rz 13). Die Eigentumsverhältnisse seien dabei irrelevant, sodass auch Flächen im Privateigentum darunter fallen könnten (VfSlg 6208/1970, 6685/1972; Stolzlechner, Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12. Lfg. 2013, Rz 13).

Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass Verkehrsflächen mit den Voraussetzungen des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964. idgF keine solchen der Gemeinde im Sinne des Art118 Abs3 Z4 B VG seien. Wenngleich die Anknüpfung an eine bestimmte Anzahl von Liegenschaften im Wortlaut verblieben sei, so werde insbesondere zu prüfen sein, ob die Grenzen des Art118 Abs3 Z4 B VG nach Erweiterung des Nutzerkreises um die Gruppe der 'Benützer' und der Streichung der Wortfolge 'von örtlicher Bedeutung' in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 überschritten seien.

Die in dieser Bestimmung definierte Verkehrsfläche scheine (zumindest auch) eine solche zu sein (sein zu können), die über das örtliche Interesse hinausgehe, und vor allem eine solche zu sein (sein zu können), die nicht überwiegend im örtlichen Interesse liege, so dass dieser Fall von Art118 Abs3 Z4 B VG nicht umfasst sein dürfte.

[…] Die Steiermärkische Landesregierung teilt auch diese vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Ergänzend zu den Ausführungen zum Gleichheitssatz, die im Wesentlichen auch für den eigenen Wirkungsbereich zutreffen, wird ausgeführt wie folgt:

[…] Aus der Bestimmung des Art118 Abs2 zweiter Satz B VG, wonach die Gesetze Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ausdrücklich als solche zu bezeichnen haben, folgt, dass bei Erlassung eines Gesetzes vom Gesetzgeber zu prüfen ist, ob und inwieweit die im betreffenden Gesetz geregelten Angelegenheiten solche des eigenen Wirkungsbereiches sind.

Diese Prüfung muss in Anwendung der den eigenen Wirkungsbereich abstrakt umschreibenden Bestimmungen des Art118 Abs2 erster Satz und Abs3 B VG erfolgen. Diese Bestimmungen schließen es aus, dass eine Angelegenheit, die weder in Art116 Abs2 B VG angeführt noch zu einem der Tatbestände in Art118 Abs3 B VG gehört noch von der Generalklausel des Art118 Abs2 erster Satz B VG erfasst wird, eine solche des eigenen Wirkungsbereiches ist; der Gesetzgeber kann daher den eigenen Wirkungsbereich nicht über die durch Art118 Abs2 erster Satz zusammen mit Art118 Abs3 B VG gezogenen Grenzen hinaus erweitern.

Gemäß Art118 Abs2 B VG umfasst der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde alle Angelegenheit, die 'im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer Grenzen besorgt zu werden.'

Unter 'Verkehrsflächen der Gemeinden' iSd Art118 Abs3 Z4 B VG sind, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss ausführt, solche zu verstehen, die überwiegend nur für den lokalen Verkehr von Bedeutung sind (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6848/1972), wobei dieser Verkehr nicht auf das Gemeindegebiet beschränkt bleibt, wenn er zwar über die Gemeindegrenze führt, aber überwiegend dem Interesse der einzelnen Gemeinde und nicht überwiegend übergeordneten Interessen dient (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6770/1972). Entscheidend ist, dass eine Verkehrsfläche in ihrer Verkehrsbedeutung auf das Gemeindegebiet beschränkt ist (VfSlg 6097/1969).

Demgemäß sind vom Kompetenztatbestand 'Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde' gemäß Art118 Abs3 Z4 B VG jene Verkehrsflächen erfasst, die zumindest überwiegend für die Gemeinde bedeutsam sind, deren Verwaltung die Gemeinde selbst besorgen kann und die keiner höheren Straßenkategorie angehören.

[…] Mit der Novelle LGBl Nr 137/2016 wurde – abweichend von der bislang auch in den anderen Bundesländern gebräuchlichen Begriffsbestimmung – in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 die Straßengattung 'öffentlicher Interessentenweg' neu definiert: Der Kreis der Benutzer öffentlicher Interessentenwege wurde von 'Besitzer[n] oder Bewohner[n]' auf 'auf Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer' ausgeweitet und das Kriterium der 'örtlichen Bedeutung' gestrichen. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die mit dieser Novelle vorgenommene Ausweitung auf 'Eigentümer' und 'Benützer' und Streichung der 'örtlichen Bedeutung' die Grenzen des Art118 Abs3 Z4 B VG überschritten worden sei. Dies trifft nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung aber nicht zu:

Voraussetzung für die Erklärung einer Straße zu einem öffentlichen Interessentenweg nach §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 ist ein öffentliches Verkehrsinteresse der Gemeinde. Während nach der früheren Rechtslage Voraussetzung für die Erklärung zum öffentlichen Interessentenweg auch die 'örtliche Bedeutung' für den öffentlichen Verkehr war, ist dieses Kriterium entfallen und stellt die neue Regelung nur mehr darauf ab, dass öffentliche Interessentenwege – neben wie schon bisher überwiegend für die Besitzer und Bewohner – nunmehr auch überwiegend für die Eigentümer und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen müssen. Damit bringt der Gesetzgeber einerseits zum Ausdruck, dass Verkehrsflächen der Gemeinde auch dann zu öffentlichen Interessentenwegen erklärt werden können, wenn nicht nur Verkehr von örtlicher Bedeutung, sondern auch von überörtlicher Bedeutung stattfindet, sofern dieser der Anbindung einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften dient.

Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass die Neufassung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nichts an der grundsätzlichen Systematik der Bestimmung, insbesondere nichts an der Unterteilung in verschiedene Straßengattungen und der Einreihung in diese änderte. Öffentliche Interessentenwege zählen nach wie vor zu den Gemeindestraßen bzw Verkehrsflächen der Gemeinde und damit zu den, was die überörtlichen Verbindungen anbelangt, untergeordneten Straßen gegenüber Landesstraßen. Für die Einordnung als 'Verkehrsfläche der Gemeinde' kommt es darauf an, dass die Verkehrsflächen dem lokalen Verkehr dienen. Das schließt aber gleichzeitig nicht aus, dass Verkehrsflächen der Gemeinde auch solchem Verkehr dienen, der überörtliche Bedeutung hat (vgl auch VfSlg 5823/1968). Dies belegen auch die übrigen Kategorien an Gemeindestraßen in §7 Abs1 Z4 LStVG. 1964, die zwar überwiegend, aber nicht ausschließlich dem lokalen Verkehr dienen. Es bleibt aber dabei, dass öffentliche Interessentenwege im Gegensatz zu anderen Straßentypen überwiegend den individuellen Interessen von bestimmten Personen (zB Anrainer, Benützer) dienen.

Im Ergebnis bezwecken die öffentlichen Interessentenwege entsprechend den Vorgaben des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 die verkehrsmäßige Erschließung einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften, wobei dieser Zweck unabhängig davon besteht, ob die Verkehrsflüsse zu den Liegenschaften oft oder weniger oft und nach Zurücklegung einer kurzen oder weniger kurzen Distanz erfolgen. Die Bedeutung der öffentlichen Interessentenwege für die Gemeinde ergibt sich aus der lokalen Anbindung der Liegenschaften. Ob die Benützer einen langen oder kurzen Weg zur 'anzubindenden' Liegenschaft zurückgelegt haben, spielt dabei keine Rolle.

Damit bleiben öffentliche Interessentenwege gemäß §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nF nach wie vor 'Verkehrsflächen der Gemeinde'.

[…] Es ist dem Verfassungsgerichtshof zuzustimmen, dass dem Begriff des eigenen Wirkungsbereiches des Art118 Abs2 B VG und damit auch aller Kompetenztatbestände des Art118 Abs3 B VG immer auch das Kriterium der 'Örtlichkeit' immanent ist. Art118 Abs3 Z4 B VG bezieht sich folglich auf die Verwaltung all jener Straßen, die primär für die Gemeinde bedeutsam sind, sofern die Gemeinde in der Lage ist, deren Verwaltung zu besorgen und die keiner höheren Straßenkategorie angehören.

Seit der Novelle 2016 ist die 'örtliche Bedeutung' für die Einordnung als öffentlicher Interessentenweg nicht mehr gefordert und sind öffentliche Interessentenwege Gemeindestraßen, die auf Grund von bestehenden Partikularinteressen einer Kostentragung durch die Begünstigten bedürfen. Begünstigte sind jene Personen, die die mit der Straße im Zusammenhang stehenden Liegenschaften nützen. Das Kriterium der Örtlichkeit ist nunmehr im Zusammenhang mit dem 'örtlichen Interesse' zu prüfen, das nicht mit der entfallenen örtlichen Bedeutung gleichzusetzen ist. Auch das weitere Kriterium der Anbindung einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften muss gegeben sein. MaW ist für die Frage, ob die in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nunmehr festgelegte Definition des öffentlichen Interessentenweges den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde überschreitet, daher nicht die 'örtliche Bedeutung', sondern ausschließlich die Frage des 'örtlichen Interesses' und der 'Besorgungseignung' relevant (vgl stv. VfSlg 5415/1966).

Auch die im LStVG. 1964 vorgesehenen sonstigen Straßenkategorien der Gemeindestraßen sind nicht ausschließlich auf Straßen mit innergemeindlichen Verkehr beschränkt, sondern können auch den überörtlichen Verkehr umfassen. Das trifft insbesondere auf Begleitstraßen gemäß §7 Abs1 Z4 litb LStVG. 1964 zu. Diese Straßenkategorie dient bereits nach ihrer Definition nicht dem innergemeindlichen Verkehr, sondern hat eine 'überörtliche Bedeutung', da sie einen Langsamverkehr im Zuge von Landesstraßen ermöglichen. Der Verkehr auf Begleitstraßen geht über den Verkehr zwischen Gemeinden hinaus, denn sie ermöglichen dem Langsamverkehr das Durchqueren einer Vielzahl von Gemeinden über eine Distanz, die mit jener der Landesstraße ident ist.

Würde man den straßenrechtlichen eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde dahingehend auslegen, dass dieser nur all jene Straßen umfassen könne, die überwiegend von in der Gemeinde ansässigen Personen benutzt werden, hätte dies zur Folge, dass bspw. touristisch bedeutsamen Gemeinden die Verwaltung eines Großteils der in ihrem Gemeindegebiet liegenden Straßen entzogen würde und viele dieser derzeit bereits verordneten Gemeindestraßen in das Landesstraßennetz übernommen werden müssten. Maßgeblich kann daher nur eine verkehrsrechtliche Betrachtung dahingehend sein, an welchem Punkt der konkrete Verkehrsstrom seinen Ausgang und sein Ende findet. Der Umstand, dass dieser Verkehr zum Großteil von nicht in der Gemeinde ansässigen Personen verursacht wird, kann an der Qualifikation als innergemeindlicher Verkehr nichts ändern.

[…] Die Verwaltung von Straßen zur Erschließung von bspw. Einkaufszentren, touristischen und sportlichen Einrichtungen liegt unzweifelhaft im Interesse einer durchschnittlichen österreichischen Gemeinde. Die Verwaltung solcher Straßen ist auch geeignet, von der Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Zentrales Merkmal für öffentliche Interessentenwege (im Gegensatz zu klassischen Gemeindestrassen) ist die in §45 Abs1 LStVG. 1964 verankerte Kostenübernahmepflicht der Liegenschaftseigentümer oder sonstiger Verkehrsinteressenten. Die Gemeinde hat nach Maßgabe ihres Interesses am Bestand einen Beitrag zu leisten.

Bedenken dahingehend, dass durch die Erweiterung der Interessenten um den Kreis der Benützer diese an den Kosten gemäß §45 Abs1 LStVG. 1964 beteiligt werden müssen und damit den Verfassungsrahmen sprengen könnten, ist entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung expressis verbis eine Kostenübernahmepflicht nicht vorsieht. Die Bestimmung sieht ganz im Gegenteil alternativ entweder die Eigentümer oder die Verkehrsinteressenten vor, nach dem Willen des Gesetzgebers offenbar abhängig von der Priorität der Interessen, die im Falle der Eigentümer jedenfalls immer erheblich sind.

Im Anlassfall werden ausschließlich die Eigentümer einer beschränkten Anzahl von (in der Gemeinde befindlichen) Liegenschaften und eben nicht allfällige andere Verkehrsinteressenten gemäß §45 LStVG. 1964 zur Kostentragung herangezogen. Diese Konstellation der Kostentragung ausschließlich durch die Grundeigentümer dürfte auch in den anderen Fällen von öffentlichen Interessentenwegen bzw den dazugehörigen Wegegenossenschaften gegeben sein. Damit sind die verfassungsrechtlichen Grenzen sowohl des Art118 Abs3 Z4 als auch des Art118 Abs2 B VG jedenfalls gewahrt.

Ergänzend kann noch angefügt werden, dass durch die Gemeingebrauchsbestimmung des §5 LStVG. 1964 jedenfalls Gäste, Kunden und Lieferanten auch (unlimitiert) berechtigt sind, öffentliche Interessentenwege zu benützen. Ein Wesensmerkmal des Gemeingebrauches ist es außerdem, dass dieser unbegrenzt und kostenfrei erfolgen kann, weshalb etwa die in den Materialien vom Gesetzgeber erwähnten Gäste, Kunden und Lieferanten im Sinne des §45 LStVG. 1964 nicht die Beitragszahler bei öffentlichen lnteressentenwegen sein können, die der Gesetzgeber im Auge hatte.

[…] Zur Zulässigkeit der verfassungskonformen Interpretation:

[…] Der Verfassungsgerichtshof beabsichtigt, im Gesetzesprüfungsverfahren auch die Möglichkeit einer verfassungskonformen Interpretation dahingehend zu prüfen, ob Straßen der Gattung 'öffentlicher Interessentenweg' in §7 Abs1 Z4 LStVG. 1964 nach wie vor Straßen für den öffentlichen Verkehr von örtlicher Bedeutung seien. Die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung scheine allerdings vorderhand gegen eine verfassungskonforme Interpretation zu sprechen. Es dürfe dem Landesgesetzgeber nämlich nicht zugesonnen werden können, bewusst eine Änderung ohne normative Auswirkungen vornehmen zu wollen (vgl VfSlg 12.002/1989, 12.409/1990, 14.444/1996).

[…] In Hinblick auf die Ausführungen [oben] erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der verfassungskonformen Interpretation.

[...]"

5. Die Gemeinde Seiersberg-Pirka hat eine Äußerung erstattet, in der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wird (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] 0. Univ.Prof. em. Dr. W[.] B[.], Fachbereich Öffentliches Recht/Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Salzburg, hat sich betreffend 'Öffentliche Interessentenwege nach dem Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetz' im beiliegenden Rechtsgutachten vom 14.01.2019 eingehend mit dem oben genannten Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs auseinandergesetzt und zusammengefasst nachstehende — detailliert begründete — Schlussfolgerungen gezogen (Hervorhebungen im Original):

'Durch die teilweise Neufassung der Regelungen über die Interessentenwege durch den Steiermärkischen Landesgesetzgeber in der Fassung der Novelle LGBl 2016/137 wurde diese Straßenkategorie in einer sachlich begründeten und nachvollziehbaren Weise weiterentwickelt. Mit ihr hat der Gesetzgeber auf aktuelle Entwicklungen im Verkehrsbereich orientiert an Vorbildern in anderen Bundesländern reagiert. Das Erkenntnis des VfGH Slg 20.075/2016 zu den straßenrechtlichen Verordnungen beim SCS hat die Mängel der bis zur Novelle geltenden Rechtslage deutlich werden lassen; die Novelle zielt daher auch auf die Sanierung der Situation bei diesem Einkaufszentrum. Das ändert nichts daran, dass es auch losgelöst von diesem Anlassfall gute Gründe für die Novelle gegeben hat.

Die Novelle wahrt auch die entsprechenden verfassungsrechtlichen Grenzen. Das gilt für die beiden im Prüfungsbeschluss des VfGH aufgeworfenen Bedenken, nämlich die Zuordnung der Interessentenstraßen zur Kategorie von Straßen mit einer nur örtlichen Verkehrsbedeutung (und damit zum eigenen Wirkungsbereich) und die damit zusammenhängende Regelung der Straßenbaulast.

Wie eine nähere Analyse der für die Einreihung von Straßen in das straßenrechtliche System maßgeblichen Kategorie der Verkehrsbedeutung zeigt, ist die Verkehrsbedeutung einer Straße räumlich-funktional nach der Art der befriedigten Verkehrsbedürfnisse zu bestimmen. Das gilt auch für die dem eigenen Wirkungsbereich zuzuordnenden Verkehrsflächen der Gemeinde (Art118 Abs3 Z4 B VG), also für die Gemeindestraßen und die diesen nachgeordneten Verkehrsflächen. Sie dienen dem lokalen Verkehr, das ist jener Verkehr, welcher der Erschließung lokaler Gebiete sowie dem Verkehr zwischen lokal definierten Gebieten und der Anschließung dieser Gebiete an das höherrangige Straßennetz dient. Für die Interessentenstraßen ist im Hinblick auf ihre Einreihung in dieses System maßgeblich, dass sie räumlich begrenzte, jedenfalls nicht den Raum einer ganzen Gemeinde umfassende, Gebiete verkehrsmäßig erschließen.

Die nähere Abgrenzung der durch Interessentenstraßen zu befriedigenden Verkehrsbedürfnisse und damit ihre Verkehrsbedeutung hat der Landesgesetzgeber zu bestimmen. Ihm kommt dabei, wie auch ein Vergleich der einschlägigen Landesgesetze zeigt, ein rechtspolitischer Spielraum zu. Wenn durch die Novelle zum Stmk LStVG die Kategorie der Interessentenstraße um eine weitere Gruppe der Verkehrsteilnehmer erweitert wurde, nämlich um die Benützer von Einrichtungen in dem durch die Interessentenstraße erschlossenen Gebiet, bleibt die auf den lokalen (örtlichen) Verkehr ausgerichtete Verkehrsbedeutung dieser Straßenkategorie gewahrt. Auch unter Einbeziehung dieser Gruppe dient die Interessentenstraße weiterhin der Erschließung räumlich begrenzter Gebiete. In dieser räumlichen Begrenzung bleibt die Interessentenstraße auch nach der Neufassung des §7 Abs1 Z5 LStVG von den Gemeindestraßen deutlich abgrenzbar. Die vom VfGH unter Sachlichkeitsgesichtspunkten (Art7 B VG) angesprochenen Bedenken im Hinblick auf die Einordnung der Kategorie der Interessentenstraße in das vom LStVG ausgeformte System abgestufter Kategorien von Straßen treffen daher nicht zu.

Wegen der Begrenzung auf einen lokalen (örtlichen) Verkehr kann dem Landesgesetzgeber auch nicht entgegengetreten werden, wenn er die Verwaltung der Interessentenstraßen dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuweist. Der Entfall der Wortfolge ,von örtlicher Bedeutung' in §7 Abs1 Z5 LStVG soll nach der hier vertretenen Interpretation deutlich machen, dass nach der Neufassung der Bestimmung auch überindividuelle Verkehrsbedürfnisse durch Interessentenstraßen befriedigt werden dürfen, was freilich nichts daran ändert, dass auch bei einem größeren Kreis von Verkehrsteilnehmern der durch sie verursachte Verkehr ein örtlicher Verkehr bleibt. Jedenfalls lässt sich der Anfall der Wortfolge verfassungskonform immer noch so deuten, dass die Einreihung als Interessentenstraße auch bei zugeschriebener überörtlicher Bedeutung dann der Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich nicht entgegensteht, wenn diese überörtliche Bedeutung keine überwiegende ist.

Die Neuregelung hat Auswirkungen auf die nähere Ausgestaltung und Aufteilung der Kosten für die Errichtung und Erhaltung von Interessentenstraßen. Eine Sachlichkeitsgrundsätzen Rechnung tragende Kostenregelung nach Maßgabe des individuellen Nutzens der Interessenten ist aber möglich, auch wenn zu den über die Liegenschaften Verfügungsberechtigten noch weitere Gruppen von Verkehrsinteressenten hinzutreten und es sich dabei, wie bei der neuen Gruppe der Benützer von Einrichtungen im erschlossenen Gebiet, um eine größere oder große Gruppe handelt. Anders als der VfGH in seinem Prüfungsbeschluss zu vermuten scheint, ist §45 LStVG nicht die Anordnung zu entnehmen, dass alle Interessenten zwingend zur Kostentragung heranzuziehen sind, und zwar auch dann, wenn keine eindeutig zuordenbaren individuellen Verkehrsinteressen befriedigt werden. Eine Bewertung der Verkehrsinteressen nach Maßgabe des individuellen Vorteils, der auch die wirtschaftlichen Vorteile der Erschließung für einen breiteren Kreis von Verkehrsteilnehmern in Anschlag bringen darf, ermöglicht sachgerechte Ergebnisse. Zugleich lassen sich die vorläufig getroffenen Bedenken des VfGH zerstreuen, dass sich der Anteil der von der Gemeinde zu tragenden Kosten an der Errichtung und Erhaltung der Straße dann nicht mehr bestimmen ließe, wenn zu den individuell begünstigten Interessenten, vor allem den Liegenschaftseigentümern, ein größerer Kreis von Verkehrsinteressenten hinzutritt. Gibt es überwiegende individuell zuordenbare Verkehrsinteressen, sind diese mit ihrem Gewicht in Anschlag zu bringen, was zur Folge haben kann, dass das [']restliche Verkehrsinteresse['] der Gemeinde geringer veranschlagt werden kann. Überwiegen dagegen allgemeine Verkehrsinteressen, ist es in deren Ausmaß gerechtfertigt, den Gemeindeanteil dementsprechend höher zu bemessen. Eine willkürliche oder [']beliebige' Bestimmung der jeweiligen Kostenanteile ist bei einer am Gesetz orientierten Bestimmung der jeweiligen Verkehrsinteressen ausgeschlossen.

Die zentral in Prüfung gezogene Bestimmung des §7 Abs1 Z5 LStVG mit der teilweise erweiterten Neufassung der Kategorie der Interessentenstraße entspricht daher weder unter dem Gesichtspunkt der Beschränkung auf eine nur örtliche Verkehrsbedeutung noch im Hinblick auf die Konsequenzen der Neuregelung für die Kostentragung der Verfassung. Daher ist auch den Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Wortfolge in §8 Abs3 LStVG und gegen §58a LStVG im Hinblick auf die Zuordnung der Interessentenstraßen zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Grundlage entzogen.'

Die Gemeinde Seiersberg-Pirka sieht daher zusammengefasst die von ihrem Gemeinderat in dessen Schreiben vom 13.12.2019 vertretene Rechtsauffassung, wonach betreffend die Rechtsfrage, nach welchen Anknüpfungspunkten der Gesetzgeber Verkehrsanlagen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zuordnen darf, nicht die territoriale Zuordnung bzw Herkunft der Benützer der jeweiligen Straße, sondern im Ergebnis deren räumliche Erschließungsfunktion als sachgerecht anzusehen ist, bestätigt.

Sohin schließt sich die Gemeinde Seiersberg-Pirka ausdrücklich den Ausführungen von O.Univ.Prof. em. Dr. W[.] B[.] im vorgelegten Rechtsgutachten an und erhebt diese ausdrücklich zu ihrem eigenen Vorbringen.

[…] Ferner hat auch die R[.] Partner Ziviltechniker GmbH, Wien, das beiliegende verkehrstechnische Gutachten vom 15.01.2020, GZ 19354, betreffend 'Erschließung über Gemeindestraßen: Örtliche und überörtliche Interessen' erstellt.

Dieses geht unter Bezugnahme auf den eingangs erwähnten Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs davon aus, dass (insbesondere) auch bei Gemeindestraßen – für die eine Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen ebenso relevant wäre wie für Interessentenwege – 'die Annahme (besteht), dass eine Vielzahl von Gemeindestraßen teilweise oder überwiegend von nicht in der Gemeinde ansässigen Personen und somit von einer unbestimmten Anzahl von Benützerinnen genutzt wird, wie dies zum Beispiel bei Betriebsgebieten oder anderen über die Gemeindegrenzen (überörtlich) wirksamen Einrichtungen der Fall ist[.]' Im 'Gutachten soll daher festgestellt werden, ob diese Annahme der Realität entspricht':

Dabei kam die Gutachterin zu folgender – eingehend begründeten – abschließenden Beurteilung (Hervorhebung im Original):

'In diesem Gutachten wird festgestellt, in welcher Art Gemeindestraßen (und ggf. Interessentenwege und dergleichen) in Österreich von überörtlichen Nutzungen betroffen sind. Es wird aufgezeigt, welche Nutzerkreise Gemeindestraßen (und ggf. Interessentenwege und dergleichen) aufweisen. Weiters wird aufgezeigt, welche Erschließungsfunktion derartige Straßen haben. Daraus können Rückschlüsse gezogen werden, ob diese Gemeindestraßen ausschließlich oder überwiegend Wege innerhalb der Gemeinde ermöglichen oder ob auch oder überwiegend Wege, die über Gemeindegrenzen hinausgehen, ermöglicht werden. Schließlich ist zu fragen, ob das örtliche Interesse nicht auch in anderen Aspekten (Wirtschaftsstandort, Kommunalsteuer, touristische Erschließung, kulturelle Veranstaltungen etc.) gelegen sein könnte.

Für die Beurteilung wurden jene Nutzungen mit überörtlicher Relevanz ausgeschlossen, welche an Landesstraßen liegen bzw über eine kurze Wegeerschließung von dieser getrennt sind. Einrichtungen und Nutzungen überörtlicher Bedeutung sind Betriebsgebiete, touristische Einrichtungen, publikumsintensive Einrichtungen, Freizeitanlagen (Sportplätze, Freibäder, etc.), Schigebiete, Beherbergungsbetriebe (größere Hotels ab 25 Betten, Campingplätze und dergleichen), größere Gastronomie-Einrichtungen mit Seminarräumen bzw Veranstaltungssälen, Bildungseinrichtungen mit überörtlicher Bedeutung, zB Allgemein Bildende Höhere Schulen, Berufsschulen, Park Ride-Anlagen und Bahnhöfe und Einkaufszentren. Neben der Erschließungsart wurde der Kreis der NutzerInnen definiert, um auf eine überörtliche Bedeutsamkeit schließen zu können. Nutzerinnen sind einpendelnde ArbeitnehmerInnen, LieferantInnen, Gäste, SchülerInnen, VeranstaltungsbesucherInnen oder BesucherInnen von Freizeiteinrichtungen.

Als Methode wurde eine induktive Vorgehensweise gewählt, indem zunächst zehn österreichische Gemeinden in vier unterschiedlichen Bundesländern bestimmt wurden. In diesen Gemeinden wurden relevante Widmungskategorien mit dem Verkehrsnetz der GIP überschnitten. Um ein vollständiges Bild der Gemeinden zu erlangen, wurden [']manuell' über das öffentlich nutzbare Karten- und Datenmaterial wie die basemap Österreich zusätzlich relevante Nutzungen erhoben, welche über lokale Straßen erschlossen und nicht über die Widmungskategorie eindeutig ersichtlich sind. Als erweiterte Analyse wurde die GIS-Abfrage mit einem gesamten Bundesland (Vorarlberg) wiederholt.

Schritt 1 der Analyse zeigt, dass sich in neun der zehn Gemeinden mindestens eine Einrichtung mit überörtlicher Bedeutung befindet, welche ausschließlich über Gemeindestraßen erschlossen ist. Vor allem Tourismusregionen weisen einen hohen Anteil an BesucherInnen anderer Regionen bzw Länder auf, weshalb zahlreiche Einrichtungen innerhalb der Gemeinden mit einem großen Nutzerkreis vorhanden sind. In größeren Gemeinden weist die Art der Erschließung auf die historische Entwicklung von Betriebs- und Wohnstandorten hin, zum Be[i]spiel in Feldkirch. In Feldkirch ist auch der Standort eines Landeskrankenhauses zu erwähnen, welches ebenfalls nur über Gemeindestraßen erschlossen ist.

Um die Erkenntnisse der ersten Analyse zu verifizieren, wurde eine Abfrage über ein gesamtes Bundesland durchgeführt. Hierbei wurden ausschließlich die gewidmeten Betriebsgebiete herangezogen und mit dem Straßennetz des GIP verschnitten. Es wurden nur jene Betriebsgebiete analysiert, die ausschließlich an Gemeindestraßen liegen und über solche erschlossen werden. Die Analyse zeigt, dass von 1.346 ha Betriebsgebietsflächen in Vorarlberg rund 315 ha, das sind 30,6 %, ausschließlich über lokale Straßen erschlossen werden. Einige ländliche Gemeinden (Satteins, St. Gallenkirchen, Raggal, Vandans) weisen einen Anteil von 100 % aller Betriebsgebiete auf, welche ausschließlich über lokale Straßen erschlossen werden. In Vorarlberg gibt es 96 Gemeinden, wovon es in 76 Gemeinden gewidmete Betriebsgebiete gibt. Von diesen 76 Gemeinden sind in 45 Gemeinden Betriebsgebiete ausschließlich über Gemeindestraßen erschlossen.

In neun der zehn untersuchten Gemeinden (Kapitel 3) sind Einrichtungen mit überörtlicher Bedeutsamkeit ausschließlich über Gemeindestraßen erschlossen. Aufgrund der Besucherzahl bzw der Kapazität der einzelnen Einrichtungen ist davon auszugehen, dass der Kreis der BenutzerInnen über die BewohnerInnen hinausgeht. Während die Gemeindeabfragen ergaben, dass andere Nutzungen als betriebliche häufiger durch Gemeindestraßen erschlossen werden, zeigte die bundeslandweite Abfrage, dass fast ein Drittel aller Betriebsgebiete in Vorarlberg nur über Gemeindestraßen erschlossen sind.

Die Analyse der Einkaufszentren in den vier Bundesländern zeigt, dass ein Großteil im Nahbereich einer Autobahn, einer Schnellstraße oder einer Landesstraße liegt. Zur Bündelung des Verkehrs wird dieser in einer Vielzahl an Fällen über einen Gemeindestraßenabschnitt (+/- 200 m) geführt, die direkte Wegeverbindung zum jeweiligen EKZverläuft also zumeist über eine Gemeindestraße (laut GIP). So sind 34 der untersuchten Einkaufszentren (rd. 60 %) über eine Gemeindestraße erschlossen, wobei in den vier Bundesländern der Anteil in Vorarlberg mit 86 % am höchsten ist.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine Vielzahl an überörtlich bedeutsamen Einrichtungen mit einem überwiegenden Nutzerkreis, der über die Gemeinde selbst hinausgeht, über Gemeindestraßen erschlossen wird.'

Auch in diesem fachlich-verkehrstechnischen Licht erscheint es als sachgerecht, dass betreffend die Rechtsfrage, nach welchen Anknüpfungspunkten der Gesetzgeber Verkehrsanlagen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zuordnen darf, nicht die territoriale Zuordnung bzw Herkunft der Benützer der jeweiligen Straße, sondern im Ergebnis deren räumliche Erschließungsfunktion heranzuziehen ist. Ansonsten wäre zu fordern, dass mehr oder weniger jeglicher Betriebsbau (Gewerbebetriebe aller Art erreichen in Ansehung der Einheitsgemeinde rasch eine auch überörtliche Bedeutung) zumindest durch eine Landesstraße erschlossen werden müsste.

Die Gemeinde Seiersberg-Pirka schließt sich somit ausdrücklich den Ausführungen der R[.] Partner Ziviltechniker GmbH in deren vorgelegtem Fachgutachten an und erhebt diese ausdrücklich zu ihrem eigenen Vorbringen.

[…] Aus Sicht der Gemeinde Seiersberg-Pirka haben sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs in seinem Prüfungsbeschluss damit nicht erhärtet, die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen erweisen sich als verfassungskonform."

6. Mit Schreiben vom 26. Mai 2020 teilte der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka Folgendes mit:

"Mit §1 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Mai 2020, Stmk LGBl 50/2020, wurde für die Gemeinde Seiersberg-Pirka eine Fläche als Standort für Einkaufszentren 1 (gemäß §31 Abs5 Z1 StROG) festgelegt.

Von dieser Festlegung sind ua jene Grundflächen, die von unserer Verordnung vom 13. Dezember 2016, GZ: 612-5/Interessentenwege/69, erfasst sind, betroffen.

§3 der eingangs erwähnten Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung legt Vorgaben fest, denen der Bebauungsplan gemäß §40 Abs4 Z2 StROG zu entsprechen hat.

In dem von uns demnach durchzuführenden Verfahren zur Erstellung und Änderung von Bebauungsplänen haben wir am 20. Mai 2020 beschlossen, die öffentliche Anhörung und Auflage gemäß §40 Abs6 StROG durchzuführen.

In weiterer Folge ist beabsichtigt, unsere Verordnung vom 13. Dezember 2016, GZ:612-5/Interessentenwege/69, entsprechend anzupassen."

7. Der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka hat in einem Schriftsatz vom 21. August 2020 (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

"[…] informativ mitgeteilt, dass wir mit der beiliegenden Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Seiersberg-Pirka vom 27.07.2020, Gz: 612-5/Interessentenwege/137, Punkt 1.0 litb) der Verordnung vom 13.12.2016, GZ.: 612-5/Interessentenwege/69, aufgehoben haben. Synchron dazu ist der Bezug habende, einen integrierenden Bestandteil der Verordnung vom 13.12.2016 bildenden Plan dahin abgeändert worden, dass in diesem Plan keine blau dargestellten Bereiche mehr ausgewiesen sind und in den entsprechenden Bereichen somit keine öffentlichen Interessentenwege mehr verordnet sind. Unsere Verordnung vom 13.12.2016 wurde somit im Umfang des Antrags der Volksanwaltschaft aufgehoben.

Unsere erwähnte Verordnung vom 27.07.2020 wurde am 06.08.2020 kundgemacht. Die Punkte 1.0 und der Bezug habende neue Plan treten in der mit Verordnung vom 27.07.2020 beschlossenen Fassung mit 16.09.2020, 00.00 Uhr, in Rechtswirksamkeit.

[…]

Wir haben dies dem Verfassungsgerichtshof auch zu dg. ZI. V44/2019 mitgeteilt und den Antrag gestellt, den Verordnungsprüfungsantrag der Volksanwaltschaft aufzuheben.

Mit Zurückweisung des Antrags der Volksanwaltschaft fällt aus unserer Sicht iSd Art140 Abs3 Satz 1 B VG die Anhängigkeit der Rechtssache weg und bleibt kein Raum für eine Aufhebung der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestimmungen."

8. Mit Schriftsatz vom 9. September 2020 übermittelte die Volksanwaltschaft die Zurückziehung ihres zu V44/2019 protokollierten Antrages.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. §7, §8, §12, §13, §27 Abs1, §45, §46 und §58a LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 137/2016, lauten wie folgt:

"II. Abschnitt

Einteilung der Straßen

§7

Gattungen von öffentlichen Straßen

(1) Die unter dieses Gesetz fallenden Straßen sind in folgende Gattungen eingereiht:

1. Landesstraßen, das sind Straßen, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Verkehr oder für die Wirtschaft des Landes oder größerer Teile desselben zu solchen erklärt wurden (§8).

2. Eisenbahn-Zufahrtstraßen, das sind jene außerhalb eines Ortsstraßennetzes gelegenen öffentlichen Straßen, welche die Verbindung der Bahnhöfe und Aufnahmestellen mit der nächst erreichbaren, dem Bahnhofverkehr entsprechenden öffentlichen Straße (Ortsplatz) vermitteln und als solche erklärt wurden (§8).

3. Konkurrenzstraßen, das sind solche Straßen, die vom Land auf Grund von Vereinbarungen unter Beitragsleistung des Bundes oder einer oder mehrerer Gemeinden oder Interessenten neu angelegt, instandgesetzt oder erhalten werden (§8).

4. Gemeindestraßen, das sind

a) Straßen, die vorwiegend dem Verkehr innerhalb von Gemeinden oder zwischen Nachbargemeinden dienen und zu solchen erklärt wurden;

b) gleichlaufend zu Landesstraßen führende Straßen von örtlicher Bedeutung, die vor allem dem Langsamverkehr dienen, der von der Benutzung der sie begleiten-den Landesstraßen ausgeschlossen ist, oder überwiegend nur zur Erreichung einer bestimmten Anzahl von Liegenschaften bestimmt sind und zu solchen erklärt wurden (Begleitstraßen);

c) alle öffentlichen Verkehrsanlagen, die nicht zu einer anderen Gattung der Straßen gehören.

5. Öffentliche Interessentenwege, das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8).

(2) Besonders angelegte Radfahrwege bilden, sofern sie neben einer Straße führen, in der Regel einen Bestandteil der betreffenden Straße.

§8

Erklärung, Änderung und Endigung

(1) Die Einreihung (Erklärung) und Neuanlage, sowie die Auflassung einer Straße als Landesstraße (§7 Abs1 Z1) beschließt der Landtag über Antrag der Landes-regierung. Die Einreihung (Erklärung) und Neuanlage sowie die Auflassung einer Eisenbahn-Zufahrt- oder Konkurrenzstraße (§7 Abs1 Z2 u. 3) beschließt die Landesregierung.

(2) Die Verlegung, den Umbau, die Verbreiterung oder wesentliche Verbesserung einer Landesstraße, Eisenbahn-Zufahrt- oder einer Konkurrenzstraße beschließt nach Maßgabe der vom Landtag hiefür bewilligten Mittel sowie der für die Konkurrenzstraße getroffenen Vereinbarung die Landesregierung.

(3) Die Einreihung, Neuanlage, Verlegung, den Umbau, die Verbreiterung und wesentliche Verbesserung sowie die Auflassung einer Gemeindestraße (§7 Abs1 Z4) sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5) erfolgt durch Verordnung der Gemeinde.

(4) Landes-, Eisenbahn-Zufahrt- und Konkurrenzstraßen oder Teile dieser Straßen sind, wenn sie als solche entbehrlich geworden sind, aufzulassen. Sie können aber im Verhandlungsweg auch anderen Zwecken zugeführt oder jenen Gemein-den entschädigungslos als Gemeindestraßen überlassen werden, auf deren Gebiet sie liegen.

(5) Durch die Auflassung von Gemeindestraßen darf das Recht der Anlieger auf Wahrung des Zuganges nicht beeinträchtigt werden.

III. Abschnitt

Straßenverwaltung

[…]

§12

Verwaltung von Gemeindestraßen

Die Verwaltung der Gemeindestraßen und öffentlichen Interessentenwege obliegt den Gemeinden.

§13

Gemeindeaufsicht

Für die Ausübung der Aufsicht über die Gemeinden in Straßenangelegenheiten sind die Bestimmungen der Gemeindeverfassung maßgebend.

IV. Abschnitt

Verpflichtungen, betreffend den Bau und die Erhaltung der Straße

A. Allgemeine Bestimmungen

[…]

c) Verpflichtungen der Anrainer

[…]

§27

Duldungspflichten und Schadenersatz

(1) Über die Notwendigkeit und den Umfang der nach §26 in Betracht kommenden Maßnahmen entscheidet bei Landes-, Eisenbahn-Zufahrt- und Konkurrenzstraßen die Landesregierung, bei Gemeindestraßen und öffentlichen Interessentenwegen die Gemeinde. In den Fällen des Abs3 ist die Bezirksforstinspektion zu hören.

[…]

B. Besondere Bestimmungen

[…]

e) Öffentliche lnteressentenwege

(§7 Abs1 Z5)

§45

Herstellung und Erhaltung, Weggenossenschaften

(1) Die Kosten der Herstellung und Erhaltung öffentlicher Interessentenwege fallen den Liegenschaftseigentümern oder sonstigen Verkehrsinteressenten zur Last. Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet, nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten.

(2) Über das Ausmaß und die Art der Beitragsleistung zu den Kosten der Herstellung und Erhaltung eines öffentlichen Interessentenweges entscheidet auf Antrag oder von Amts wegen die Gemeinde.

(3) Wenn es zur Sicherstellung der Erhaltung von öffentlichen Interessentenwegen erforderlich ist, kann die Gemeinde durch Verordnung die Zusammenfassung von Beitragspflichtigen in eine öffentlich-rechtliche Wegegenossenschaft mit der Wirkung verfügen, daß die Mitgliedschaft und damit die Pflicht zur Beitragsleistung auf den jeweiligen Besitzer der beteiligten Liegenschaft übergeht.

(4) Die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Wegegenossenschaften ist durch Satzungen zu regeln. Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

a) den Namen, Sitz, Zweck und Umfang der Genossenschaft,

b) die Mitgliedschaft und die Rechte und Pflichten der Mitglieder,

c) die Ermittlung der auf die einzelnen Mitglieder entfallenden Stimmen und die Art der Ausübung des Stimmrechtes,

d) die Ermittlung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten, über die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und ihre Einhebung,

e) die Zusammensetzung, die Wahl, die Beschlußfassung, die Funktionsdauer und den Wirkungskreis der Genossenschaftsorgane,

f) die Vertretung der Genossenschaft nach außen und die Fertigung von Urkunden, durch die rechtliche Verpflichtungen der Genossenschaft begründet werden,

g) jene Angelegenheiten, hinsichtlich derer eine Beschlußfassung nur mit besonderer Mehrheit erfolgen kann,

h) den Jahresvoranschlag und die Rechnungsprüfung,

i) die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten,

k) die Auflösung der Genossenschaft, die Regelung ihrer Verbindlichkeiten und die Liquidierung ihres Vermögens.

(5) Rückständige Genossenschaftsbeiträge sind auf Ansuchen der Wegegenossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, BGBl Nr 172/1950, einzutreiben.

§46

Endigung

Die Eigenschaft eines öffentlichen Interessentenweges kann einer Straße von der Gemeinde durch Verordnung aberkannt werden, sobald infolge geänderter Verhältnisse ein Bedürfnis nach Weitererhaltung einer öffentlichen Straße nicht mehr besteht.

VII. Abschnitt

Allgemeine und Schlußbestimmungen

[…]

§58a

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind solche des eigenen Wirkungsbereiches. "

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

1.1. Die Steiermärkische Landesregierung führt in ihrer Äußerung aus, der Verfassungsgerichtshof hätte neben den in Prüfung gezogenen Bestimmungen vor dem Hintergrund seiner Bedenken auch die Bestimmungen der §§27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964 zum einen sowie §13 leg cit zum anderen in Prüfung ziehen müssen. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken beträfen auch die Bestimmungen der §§27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964; §13 leg cit stehe in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem in Prüfung gezogenen §58a LStVG. 1964, weil die in §13 leg cit verwiesenen Bestimmungen der Gemeindeordnung über das Aufsichtsrecht auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde beschränkt seien.

1.2. Diese Einwände erweisen sich als nicht zutreffend:

1.2.1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

1.2.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

1.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand auszuscheiden ist, als Voraussetzung für den Anlassfall ist und dass aber andererseits der verbleibende Teil auch keine Veränderung seiner Bedeutung erfahren darf; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 11.506/1987).

1.2.4. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

1.2.5. Die Ausführungen der Steiermärkischen Landesregierung dürften dahingehend zu verstehen sein, dass im vorliegenden Fall – vor dem Hintergrund der im Prüfungsbeschluss erhobenen Bedenken – ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestimmungen und jenen bestehe, die zusätzlich angeführt werden.

1.2.6. Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ausgesprochen, dass ein Prozesshindernis vorliegt, wenn der Wegfall bestimmter angefochtener Sätze (Wortfolgen) den verbleibenden Rest der Gesetzesbestimmung unverständlich werden ließe oder Schwierigkeiten bezüglich dessen Anwendung hervorriefe, weil nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (vgl zB VfSlg 12.235/1989, 15.773/2000, 15.935/2000, 19.413/2011). Dasselbe nahm er an, wenn die isolierte Aufhebung einer Bestimmung Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit anderer im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften hervorriefe, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liege dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN, 19.663/2012).

1.2.7. Nach ständiger Rechtsprechung darf jedenfalls kein sprachlich unverständlicher Torso übrig bleiben, aus dem der Rechtsanwender nicht mehr erkennen kann, ob eine Bestimmung anwendbar ist oder nicht bzw ob sich etwa ein Anspruch auf eine Leistung ergibt oder nicht (VfSlg 19.413/2011).

1.2.8. Ein untrennbarer Zusammenhang besteht nach der Rechtsprechung auch, wenn bei Aufhebung eines Teiles einer Norm der Sinn der verbleibenden Bestimmung nicht mehr dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen entspricht (VfSlg 15.885/2000) bzw der verbleibende Teil einen völlig veränderten Inhalt erhält (VfSlg 14.318/1995). Eine Veränderung der verbleibenden Bestimmungen in eine andere Richtung stellt einen untrennbaren Zusammenhang her (VfSlg 11.591/1987).

1.2.9. Unzulässig ist ein Antrag auch dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 13.299/1992, 14.740/1997, 16.191/2001, 19.496/2011).

1.2.10. Der Umstand allein, dass nach einer allfälligen Aufhebung einer Bestimmung für eine oder mehrere verbleibende Bestimmung(en) (desselben Gesetzes) kein Anwendungsbereich verbleibt bzw diese unanwendbar wird/werden, stellt aber noch keinen untrennbaren Zusammenhang zwischen den Bestimmungen her (VfSlg 12.678/1991, 14.318/1995, 19.517/2011, 19.935/2014, 19.985/2015; VfGH 16.6.2014, G82/2013; vgl anders allerdings hiezu bereits oben zitiert VfSlg 15.935/2000, 16.869/2003, 19.496/2011: in diesen Entscheidungen wurde angenommen, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn die isolierte Aufhebung einer Bestimmung die Anwendbarkeit der anderen, im Rechtsbestand verbleibenden unmöglich macht, wenn also der Wegfall bestimmter angefochtener Sätze den verbleibenden Rest der Gesetzesbestimmung unverständlich wie auch unanwendbar werden ließe).

1.2.11. Der Verfassungsgerichtshof nimmt auch dann keinen untrennbaren Zusammenhang an, wenn wegen einer allfälligen Aufhebung einer Bestimmung eine Verweisung (VfSlg 19.665/2012, 20.156/2017) oder Begriffsbestimmung (VfSlg 20.282/2018) ins Leere ginge, aber dennoch kein unverständlicher Torso bleibt (VfSlg 19.985/2015).

1.2.12. In einem Fall, in dem ein in Abs1 einer Bestimmung enthaltener Verweis auf einen aufzuhebenden Abs2 nach der Aufhebung ins Leere ging, nahm der Verfassungsgerichtshof an, dass dies unschädlich sei und kein untrennbarer Zusammenhang bestehe (VfSlg 20.112/2016). In einem anderen Fall allerdings, in dem einzelne Absätze einer Bestimmung nach Aufhebung eines Absatzes dieser Bestimmung "in der Luft hingen", weil sich diese Absätze inhaltlich auf die aufzuhebende Bestimmung bezogen und ein direkter Verweis danach ins Leere ging, ging der Verfassungsgerichtshof von einem untrennbaren Zusammenhang der Absätze aus (VfSlg 20.124/2016).

1.2.13. Unzulässig ist auch die isolierte Anfechtung von Begriffsdefinitionen, weil diesen keine eigenständige normative Bedeutung zukommt: sie erhalten eine solche Bedeutung erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diesen Begriff verwenden; Begriffsbestimmungen können nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur gemeinsam mit Bestimmungen, in denen der in Rede stehende Begriff verwendet wird und die ihnen damit normative Kraft verleihen, angefochten werden (VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007). Es ist allerdings kein Fall ersichtlich, aus dem hervorginge, dass im Fall von Bedenken gegen eine Legaldefinition alle Bestimmungen des gesamten Gesetzes anzufechten wären, die mit dieser Legaldefinition in Zusammenhang stehen bzw dieser normative Kraft verleihen.

1.2.14. Es ergibt sich vor diesem Hintergrund auch, dass jedenfalls alle Bestimmungen in Prüfung gezogen werden müssen, die aufgehoben werden müssten, um die Rechtslage für den Anlassfall so zu bereinigen, dass die geltend gemachten Bedenken nicht mehr bestünden (VfSlg 19.703/2012).

1.2.15. Im vorliegenden Fall ist vor diesem Hintergrund nicht davon auszugehen, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den in Prüfung gezogenen Bestimmungen und den §§13, 27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964 besteht:

1.2.16. Bei den Bestimmungen der §§27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964 handelt es sich um solche, in denen der Begriff der öffentlichen Interessentenwege vorkommt bzw zur Kategorie der öffentlichen Interessentenwege Regelungen getroffen werden. §13 leg cit regelt die Gemeindeaufsicht und verweist für diese in Straßenangelegenheiten auf die Bestimmungen der Gemeindeverfassung.

1.2.17. Die §§27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964 werden auch nach einer teilweisen Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen, insbesondere des §7 Abs1 Z5 leg cit, nicht unanwendbar. Die Bestimmungen sind weiterhin anwendbar, die Kategorie der "öffentlichen Interessentenwege" wird durch die Aufhebung der Legaldefinition in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nicht abgeschafft, sondern es wird der Inhalt, den der Landesgesetzgeber dem Begriff beimisst, aufgehoben. Die Straßenkategorie an sich bleibt erhalten und kann in den Bestimmungen der §§27 Abs1, 45 und 46 leg cit Regelungen unterworfen werden. Bei Anwendung dieser Regelungen ist der Begriff "öffentlicher Interessentenweg" dann (verfassungskonform) auszulegen, weil eine Legaldefinition nicht mehr vorhanden ist. Von einer Unanwendbarkeit der Bestimmungen kann aber nicht gesprochen werden.

1.2.18. Anders als im Fall VfSlg 19.663/2012, in dem die Aufhebung einer Begriffsbestimmung allein die Änderung der Rechtslage nicht herbeigeführt hätte bzw die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt hätte und deshalb andere Bestimmungen des Gesetzes auch aufzuheben waren (untrennbarer Zusammenhang), wird im vorliegenden Fall durch die teilweise Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen auch die Verfassungswidrigkeit beseitigt. Die Bestimmungen der §§27 Abs1, 45 und 46 LStVG. 1964 gebrauchen zwar den Begriff "öffentlicher Interessentenweg"; da sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes aber gerade gegen den Inhalt, den der Gesetzgeber der Straßenkategorie "öffentlicher Interessentenweg" seit der Novelle LGBl 137/2016 zumisst, richten, wird die Verfassungswidrigkeit bereits durch die teilweise Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen beseitigt.

1.2.19. Um vor diesem Hintergrund den genannten Anforderungen des Verfassungsgerichtshofes an den untrennbaren Zusammenhang Rechnung zu tragen und gleichzeitig für den Anlassfall eine verfassungskonforme Rechtslage herzustellen, war neben der Begriffsbestimmung in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964, gegen die sich die Bedenken inhaltlich richten, nur jene der Begriffsbestimmung normative Kraft verleihende Bestimmung in Prüfung zu ziehen. Dies trifft vorliegend nur auf die in Prüfung gezogene Wortfolge des §8 Abs3 LStVG. 1964 zu.

1.2.20. §13 LStVG. 1964 steht – entgegen den Ausführungen der Steiermärkischen Landesregierung – vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit §58a LStVG. 1964. Dies ist deshalb nicht der Fall, weil allein der Umstand, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Verweis auf die Gemeindeverfassung ins Leere ginge, – wie oben dargestellt – keinen untrennbaren Zusammenhang zu begründen vermag. Im vorliegenden Fall wäre die Verweisung ins Leere die einzige Konsequenz der Aufhebung des §58a LStVG. 1964.

1.2.21. §13 LStVG. 1964 regelt, dass für die Ausübung der Aufsicht über die Gemeinden in Straßenangelegenheiten die Bestimmungen der Gemeindeverfassung maßgebend sind. §96 Stmk GemO bestimmt, dass das Land das Aufsichtsrecht über die Gemeinde dahingehend ausübt, dass diese bei Besorgung der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung diese Gesetze und Verordnungen nicht verletzt, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt. Wenn nun §58a LStVG. 1964 aufgehoben würde und in der Konsequenz alle Aufgaben nach dem LStVG. 1964 solche des übertragenen Wirkungsbereiches wären, so ginge der Verweis des §13 leg cit ins Leere, weil es keine Besorgung der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches im LStVG. 1964 mehr gäbe, für die eine Aufsicht des Landes in Frage käme. Im Bereich des genannten Gesetzes würde wegen Fehlens der Voraussetzungen der Bestimmungen der Gemeindeordnung zur Gemeindeaufsicht (Besorgung der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches) keine Aufsicht mehr ausgeübt.

1.3. Der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg-Pirka sieht nach der Aufhebung der von der Volksanwaltschaft zur Aufhebung beantragten Passage seiner Verordnung vom 13. Dezember 2016 durch seine am 16. September 2020 in Kraft getretene Verordnung vom 27. Juli 2020 und der darauf – nach seiner Rechtsansicht – folgenden Zurückweisung des Antrages der Volksanwaltschaft vor dem Hintergrund des Art140 Abs3 erster Satz B VG keinen Raum für eine Aufhebung der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen.

1.4. Auch dieser Einwand trifft im vorliegenden Fall nicht zu:

1.4.1. Gemäß Art140 Abs2 B VG ist ein bereits eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes dennoch fortzusetzen, wenn in einer beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Rechtssache, in der der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz anzuwenden hat, die Partei klaglos gestellt wird.

1.4.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 10.091/1984 ausgesprochen hat, ist die zitierte Bestimmung Ausdruck des Grundgedankens, dass ein Verwaltungsorgan in ein vom Verfassungsgerichtshof amtswegig eingeleitetes Gesetzes- oder Verordnungsprüfungsverfahren nicht prozesshindernd eingreifen darf, weil dem vom Verfassungsgerichtshof selbst eingeleiteten Normenkontrollverfahren eine allgemeine Bedeutung für die Bereinigung der Rechtsordnung oder wegen der Klarstellung von Fragen der Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit genereller Normen zukommen kann. Der deutlich erkennbare Regelungszweck gebietet es, den in der genannten Verfassungsvorschrift ausdrücklich erwähnten Fall der Klaglosstellung im zu betrachtenden Bereich des Beschwerdeverfahrens bloß als einen wegen seiner praktischen Bedeutung besonders hervorgehobenen Beispielsfall dafür zu werten, dass dem Verwaltungsorgan ein Einfluss auf die Durchführung des eingeleiteten Prüfungsverfahrens verwehrt sein soll, dem andere, nach einer möglichen materiellen Einwirkung durch das Verwaltungsorgan zur Prozessbeendigung führende Fälle gleichzustellen sind.

1.4.3. Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall: Dem Verwaltungsorgan Gemeinderat kommt es nicht zu, in das vom Verfassungsgerichtshof amtswegig eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren einzugreifen, indem es die im Anlassfall angefochtene Verordnung im Umfang des Hauptantrages der Volksanwaltschaft aufhebt.

1.4.4. Im Hinblick darauf hat die Zurückziehung des Antrages durch die Volksanwaltschaft im Anlassverfahren in Folge der Aufhebung der angefochtenen Verordnung im Umfang des Hauptantrages im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf das amtswegig eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren.

1.5. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren in vollem Umfang als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich im Gesetzesprüfungsverfahren als zutreffend erwiesen:

2.1.1. Die Einteilung der Straßen in Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen beruht auf der im B VG normierten Kompetenzverteilung (Art10 Abs1 Z9, Art15 sowie Art118 Abs3 Z4 B VG), wobei jeweils die Bedeutung der Straße für den Verkehr als Abgrenzungsmerkmal dient. Die in §7 Abs1 LStVG. 1964 erfolgende Einreihung der Straßen, die unter das LStVG. 1964 fallen, folgt dem durch die Kompetenzverteilung vorgegebenen System der Einteilung in Landes- und Gemeindestraßen; es werden die Gattungen Landesstraßen, Eisenbahn-Zufahrtsstraßen, Konkurrenzstraßen, Gemeindestraßen und öffentliche Interessentenwege vorgesehen. Als generelles Unterteilungskriterium dient – auch nach der Novelle LGBl 137/2016 – nach wie vor die Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straße und – daran anknüpfend – die Person des Trägers der Straßenbaulast. Dem System liegt zugrunde, dass die Kosten einer Straße, wenn sie dem öffentlichen Verkehr dient, auf Grund des damit verbundenen öffentlichen Interesses je nach Bedeutung grundsätzlich entweder vom Land oder von der Gemeinde getragen werden.

2.1.2. Nach dem im LStVG. 1964 idF vor der in Rede stehenden Novellierung zugrunde gelegten System waren öffentliche Interessentenwege jene Straßen, welche die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung hatten (vgl VfSlg 16.187/2001, 20.075/2016). Öffentliche Interessentenwege waren solche Straßen, die überwiegend durchaus einem beschränkten Personenkreis, nämlich all jenen, denen die Verfügungsbefugnis über eine beschränkte Anzahl an Liegenschaften zukommt, zu dienen bestimmt waren (VfSlg 20.075/2016). Das überwiegend individuelle Verkehrsinteresse des dabei umschriebenen Personenkreises bildete auch den Grund dafür, die in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 genannten Verkehrsinteressenten vor der genannten Novellierung bis zu einem gewissen Ausmaß mit den Herstellungs- und Erhaltungskosten einer Straße zu belasten (§45 leg cit), obzwar diese dem öffentlichen Verkehr gewidmet war (vgl VfSlg 7340/1974 und 16.187/2001 mwN). Der Personenkreis, den §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nennt, war mit jenem identisch, der durch §45 Abs1 erster Satz leg cit mit Herstellungs- und Erhaltungskosten belastet werden konnte. Die Gemeinde war nach §45 Abs1 LStVG. 1964 aber verpflichtet, "nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten". Das damit erfasste Interesse der Gemeinde bedeutete nichts anderes "als das nicht auf die […] Verkehrsinteressenten entfallende restliche Verkehrsinteresse" (VfSlg 7340/1974).

2.1.3. Mit der Novellierung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 durch LGBl 137/2016 sind die Voraussetzungen für öffentliche Interessentenwege insoweit geändert worden, als die Wortfolge "von örtlicher Bedeutung" gestrichen und die Wortfolge "Besitzer und Bewohner" durch jene der "Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer" ersetzt wurde. Ein "öffentlicher Interessentenweg" ist weiterhin gemäß §7 Abs1 Z5 leg cit eine Gattung von öffentlichen Straßen, die das Vorliegen einer "Straße für den öffentlichen Verkehr" voraussetzt; allerdings dürfen nunmehr "nur" solche Straßen zu Interessentenwegen erklärt werden, die "überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden".

2.1.4. Die Steiermärkische Landesregierung führt in ihrer Äußerung zutreffend aus, dass die Straßengattung "öffentlicher Interessentenweg" durch die Bundesverfassung nicht vorgezeichnet ist. Der Landesgesetzgeber hat allerdings – wie auch die Landesregierung festhält – den bestehenden verfassungsgesetzlichen Rahmen zu beachten: Der Spielraum des Landesgesetzgebers ist insoweit beschränkt, als er die Grenzen der Sachlichkeit zu wahren hat und der Gemeinde keine Aufgaben der Straßenverwaltung zur Vollziehung im eigenen Wirkungsbereich zuordnen darf, die eine Straße betreffen, der keine (zumindest) überwiegend örtliche Verkehrsbedeutung zukommt.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hegte in seinem Prüfungsbeschluss zum einen das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nach der Novellierung durch LGBl 137/2016 vor dem Hintergrund des Systems, das den Bestimmungen des LStVG. 1964 in ihrer Gesamtheit zur Einteilung der Straßen zugrunde liegt, dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot widersprechen könnten.

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof führte im Einzelnen aus, öffentlichen Interessentenwegen scheine nach der Novellierung durch LGBl 137/2016 zum einen eine Verkehrsbedeutung zukommen zu können, die dem System des LStVG. 1964 widersprechen könnte, sie scheinen daher nicht mehr eindeutig von anderen Straßengattungen abgrenzbar zu sein und sie scheinen zum anderen überwiegend einem gegebenenfalls unbegrenzten Kreis von Personen – und damit einer allenfalls auch sehr großen Zahl an Personen – zu dienen, worin ebenfalls ein Widerspruch zu dem dem LStVG. 1964 nach wie vor zugrunde liegenden System, insbesondere den an die Verkehrsbedeutung anknüpfenden Kostentragungsregelungen, liegen dürfte. Der Verfassungsgerichtshof vertrat daher vorläufig die Ansicht, dass dies mit dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot nicht vereinbar sei.

2.2.2. Die Steiermärkische Landesregierung hält dem entgegen, der steirische Landesgesetzgeber müsse bei der Einreihung der öffentlichen Interessentenwege dem Erfordernis der geringsten öffentlichen Verkehrsbedeutung nicht Rechnung tragen; der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers sei durch die Novellierung LGBl 137/2016 insoweit nicht überschritten. Öffentliche Interessentenwege seien weiterhin von den übrigen Straßengattungen abgrenzbar, weil sie im Gegensatz zu den anderen Straßentypen überwiegend individuellen Interessen von bestimmten Personen dienten. Hinsichtlich des in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nunmehr erfassten Personenkreises und dessen Vereinbarkeit mit den Kostentragungsregelungen des LStVG. 1964 führt die Steiermärkische Landesregierung aus, §45 Abs1 erster Satz leg cit sehe keine Kostenübernahmepflicht vor. Es könnten danach entweder Eigentümer oder Verkehrsinteressenten zur Kostentragung verpflichtet werden. Zudem könnten Gäste, Kunden und Lieferanten wegen der Regelung des §5 LStVG. 1964 (Gemeingebrauch) nicht jene Beitragszahler sein, die der Gesetzgeber bei §45 Abs1 erster Satz leg cit im Auge hatte.

2.2.3. Die Gemeinde Seiersberg-Pirka vertritt in ihrer Äußerung ebenso, der Gestaltungsspielraum des steirischen Landesgesetzgebers sei nicht überschritten. Die Verkehrsbedeutung sei räumlich-funktional zu verstehen und in diesem Sinne noch immer als örtlich zu bezeichnen. Faktisch hätten Gemeindestraßen vielerorts Nutzerkreise, die über die Einwohner der Gemeinde hinausgingen. Nicht die Herkunft der Benützer, sondern die territoriale Erschließungsfunktion einer Straße sei entscheidend. Die räumliche Begrenzung öffentlicher Interessentenwege durch die Erschließung weniger Liegenschaften diene als taugliches Abgrenzungskriterium von den übrigen Straßentypen. Hinsichtlich §45 Abs1 LStVG. 1964 führt die Gemeinde aus, die Bestimmung zwinge nicht zur Kostentragung. Gebe es überwiegend individuell zuordenbare Verkehrsinteressen, seien diese mit ihrem Gewicht in Anschlag zu bringen, was zur Folge haben könne, dass das "restliche Verkehrsinteresse" der Gemeinde geringer veranschlagt werde. Überwögen dagegen allgemeine Verkehrsinteressen, sei es in deren Ausmaß gerechtfertigt, den Gemeindeanteil entsprechend höher zu bemessen. Eine willkürliche oder "beliebige" Bestimmung der jeweiligen Kostenanteile sei bei einer am Gesetz orientierten Bestimmung der jeweiligen Verkehrsinteressen ausgeschlossen.

2.2.4. Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verstießen gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot, konnte durch diese Ausführungen nicht zur Gänze zerstreut werden:

2.2.4.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (vgl etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine (rechts-)politischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (vgl zB VfSlg 13.738/1994, 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003). Die Schranken des allgemeinen Sachlichkeitsgebotes sind im vorliegenden Fall aber überschritten worden.

2.2.4.2. Die in Prüfung gezogenen Regelungen sind vor dem Hintergrund des Systems, das den Bestimmungen des LStVG. 1964 in ihrer Gesamtheit zur Einteilung der Straßen zugrunde liegt, teilweise unsachlich:

2.2.4.3. Die Novellierung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 durch LGBl 137/2016 ist – bei Zugrundelegung einer historischen Interpretation – deutlich von der Intention getragen, (auch) Straßen von überörtlicher Bedeutung als Interessentenwege einreihen zu können, wobei als Interessenten – mangels gesetzlicher Definition im LStVG. 1964 – auch die Kategorie der "Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften" in Betracht kommt und der Gesetzgeber dabei gegebenenfalls auch von einem unbegrenzten Personenkreis ausgegangen ist (in diesem Sinne ausdrücklich Selbständiger Antrag von Abgeordneten Landtag Steiermark, EZ/OZ: 1211/1, 17. GP; vgl auch Dworak/Eisenberger , §45 Rz 9; siehe auch Merli , wbl 2017, 179, 180).

2.2.4.4. Mit der Streichung der Wortfolge "von örtlicher Bedeutung" und der Einfügung der "Benützer" sind Interessentenwege – ungeachtet des Umstandes, dass mit der Anknüpfung an eine "beschränkte Anzahl von Liegenschaften" eine Einschränkung der Verkehrsbedeutung gegenüber den übrigen Straßenkategorien einhergeht – nicht mehr ausschließlich jene Straßen, die nach dem System des LStVG. 1964 die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung haben.

2.2.4.5. Dieses Ergebnis entspricht auch der Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung, wenn sie davon ausgeht, dass der Landesgesetzgeber die Straßengattung "öffentlicher Interessentenweg" in einer Weise ausgestaltet hat, dass darunter nicht ausschließlich Straßen zu verstehen sind, denen die geringste Verkehrsbedeutung zukommt. Damit eröffnet §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 nun die Grundlage dafür, auch Straßen, die nicht überwiegend für den lokalen Verkehr von Bedeutung sind, als öffentliche Interessentenwege einzureihen.

2.2.4.6. Kennzeichnend für die anderen in §7 Abs1 Z1 bis 4 LStVG. 1964 geregelten Straßengruppen ist es allerdings, dass sie nicht vorwiegend einem bestimmten Kreis von Benützern dienen (vgl in diesem Sinne auch VfSlg 6062/1969). Dieser Umstand führt dazu, dass der Gesetzgeber primär das Land bzw die Gemeinde als Träger der Straßenbaulast vorsieht, wobei im Gesetz punktuelle Ausnahmen normiert werden, die allerdings nichts daran ändern, dass der weitaus überwiegende Teil der Straßenbaulast den genannten Gebietskörperschaften zufällt (vgl §19, §30, §33, §38 und §39 leg cit).

2.2.4.7. Auch bei Interessentenwegen besteht nach §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 ein allgemeines Interesse an der öffentlichen Zugänglichkeit – andernfalls könnten diese nicht als öffentliche Straßen gewidmet werden –, was dazu führt, dass diese einer Erhaltungspflicht und behördlichen Aufsicht unterworfen werden; allerdings erfordert die Einreihung in diese Straßengattung zusätzlich, dass sie überwiegend einem näher definierten Interessentenkreis dienen, was auch Kostentragungspflichten für diese Personen nach sich zieht (§45 leg cit).

2.2.4.8. Mit der vom Gesetzgeber gewählten Erfassung eines Kreises von Interessenten, der gegebenenfalls auch unbegrenzt sein kann und sich auch auf Straßen bezieht, deren Bedeutung über den überwiegend lokalen Verkehr hinausgeht, ist diese Straßengattung allerdings nicht mehr eindeutig von anderen Straßengruppen abgrenzbar. Das Interesse von individuell nicht mehr erfassbaren Benutzergruppen lässt sich nicht mehr ausreichend vom allgemeinen Verkehrsinteresse unterscheiden (vgl VfSlg 16.187/2001).

2.2.4.9. Interessentenwegen kommt somit nach der Novellierung durch LGBl 137/2016 auch eine Verkehrsbedeutung zu, die zu einem unsachlichen Wertungswiderspruch zu dem vom Gesetzgeber getroffenen System des LStVG. 1964 führt.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof nahm vor dem Hintergrund des Systems des LStVG. 1964 und unter Zugrundelegung seiner Sachlichkeitsbedenken weiters vorläufig an, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verstießen gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B VG.

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, Verkehrsflächen mit den Voraussetzungen des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 idgF seien keine solchen der Gemeinde iSd Art118 Abs3 Z4 B VG. Ungeachtet der Anknüpfung an eine begrenzte Anzahl von Liegenschaften, sei vorläufig anzunehmen, dass ein öffentlicher Interessentenweg im Sinne dieser Bestimmung (zumindest auch) ein solcher sei (sein könne), der über das örtliche Interesse hinausgehe, und vor allem ein solcher, der nicht überwiegend im örtlichen Interesse liege. Die angefochtenen Bestimmungen schienen die Voraussetzungen des Art118 Abs3 Z4 B VG nicht zu erfüllen.

2.3.2. Die Steiermärkische Landesregierung brachte in ihrer Äußerung vor, für die Beurteilung des örtlichen Interesses nach Art118 Abs2 bzw 3 B VG seien weder die Herkunft der Verkehrsteilnehmer noch die Verkehrsfrequenzen, sondern die Art des Verkehrsstroms entscheidend. Es sei allein relevant, wo der Verkehrsstrom seinen Ausgang nehme und sein Ende finde. Nach der Novellierung der Bestimmung des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 sei es nicht mehr notwendig, dass die Verkehrsfläche nur von örtlicher Bedeutung sei. Es könne im Fall eines öffentlichen Interessentenweges nach §7 Abs1 Z5 leg cit auch eine überörtliche Verkehrsbedeutung vorliegen, wenn die Verkehrsfläche der Anbindung einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften diene. Das Kriterium der Örtlichkeit iSd Art118 B VG könne erfüllt sein, wenngleich jenes der "örtlichen Bedeutung" nicht gegeben sei. Andernfalls gerieten alle Gemeindestraßen in touristisch bedeutsamen Gemeinden in Konflikt mit Art118 B VG. Das einfachgesetzliche Kriterium der "örtlichen Bedeutung" iSd §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 aF sei nicht mehr Voraussetzung eines öffentlichen Interessentenweges.

2.3.3. Die Gemeinde Seiersberg-Pirka vertritt hiezu in ihrer Äußerung ebenfalls die Auffassung, die Verkehrsbedeutung einer Verkehrsfläche sei – für die Zwecke der Beurteilung ihrer Verfassungskonformität – räumlich-funktional nach der Art der befriedigten Verkehrsbedürfnisse zu bestimmen. Der Umstand, dass die Benützer ortsfremd seien, sei nicht relevant. Entscheidend sei, dass es sich bei einem öffentlichen Interessentenweg um die verkehrsmäßige Erschließung räumlich begrenzter Gebiete handle. Dies sei auch nach der Novellierung der Bestimmungen des LStVG. 1964 gewahrt. Der Entfall der Wortfolge "von örtlicher Bedeutung" in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 solle zeigen, dass nunmehr auch überindividuelle Verkehrsbedürfnisse erfasst würden; der Verkehr bleibe dennoch ein örtlicher Verkehr. Jedenfalls sei nicht von einer überwiegenden überörtlichen Bedeutung auszugehen.

2.3.4. Auch die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verstießen gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B VG, konnte durch diese Ausführungen im Gesetzesprüfungsverfahren nicht gänzlich zerstreut werden:

2.3.4.1. Art118 Abs3 Z4 B VG gewährleistet der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich insbesondere die "Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde". Die Verwaltung anderer Verkehrsflächen als solcher der Gemeinde gehört nicht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (VfSlg 5807/1968, 6685/1972, 6770/1972; Stolzlechner , Art118, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 12. Lfg. 2013, Rz 13).

2.3.4.2. Unter "Verkehrsflächen der Gemeinde" sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes solche zu verstehen, die überwiegend nur für den lokalen Verkehr von Bedeutung sind (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6848/1972), wobei dieser Verkehr nicht auf das Gemeindegebiet beschränkt sein muss, sondern auch dann ein Lokalverkehr bleibt, wenn er zwar über die Gemeindegrenze führt, aber überwiegend den Interessen der einzelnen Gemeinden und nicht überwiegend übergeordneten Interessen dient (VfSlg 6196/1970, 6208/1970, 6685/1972, 6770/1972). Entscheidend ist, dass eine Verkehrsfläche in ihrer Verkehrsbedeutung auf das Gemeindegebiet beschränkt ist (VfSlg 6097/1969); sie muss im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft liegen (VfSlg 12.875/1991). Zur Auslegung des Art118 Abs3 Z4 B VG ist daher entscheidend, ob überörtliche Interessen örtliche Interessen überwiegen (VfSlg 8343/1978). Eine allenfalls erforderliche Bedachtnahme auf überörtliche Belange nimmt einer Angelegenheit nicht die Merkmale, die für ihre Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde wesentlich sind. Aus der Verfassung selbst ergibt sich, dass die Zuordnung einer Angelegenheit zum eigenen Wirkungsbereich nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass die Angelegenheit überörtliche Interessen berührt. Eine Angelegenheit muss aber im "überwiegenden Interesse" der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen sein (VfSlg 5823/1968). Das Überwiegen ist im Wege einer Interessenabwägung festzustellen (VfSlg 8343/1978).

2.3.4.3. Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner vorläufigen Annahme fest, dass Verkehrsflächen mit den Voraussetzungen des §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 idgF nicht mehr ausschließlich solche der Gemeinde iSd Art118 Abs3 Z4 B VG sind. Wenngleich die Anknüpfung an eine begrenzte Anzahl von Liegenschaften im Wortlaut der Norm verblieben ist, so werden die Grenzen des Art118 Abs3 Z4 B VG nach Erweiterung des Nutzerkreises um die Gruppe der "Benützer" und der Streichung der Wortfolge "von örtlicher Bedeutung" in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 überschritten.

2.3.4.4. Eine Verkehrsfläche für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dient und als solche erklärt wurde (§7 Abs1 Z5 LStVG. 1964), ist (kann) – zumindest auch – eine solche (sein), die über das örtliche Interesse hinausgeht, und vor allem eine solche, die nicht überwiegend im örtlichen Interesse liegt, sodass dieser Fall von Art118 Abs3 Z4 B VG nicht umfasst ist.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).

Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken nicht bestehen, genügt es, lediglich die Wortfolge ", das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8)" in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964 aufzuheben.

IV. Ergebnis

1. Die Wortfolge ", das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr, die überwiegend nur für die Eigentümer, Besitzer, Bewohner und Benützer einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8)" in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 137/2016, ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz und wegen Widerspruchs zu Art118 Abs2 iVm Abs3 Z4 B VG als verfassungswidrig aufzuheben.

Hingegen sind die Wortfolgen "5. Öffentliche Interessentenwege" in §7 Abs1 Z5 LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 137/2016, und "sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5)" in §8 Abs3 LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 60/2008, sowie §58a LStVG. 1964, LGBl 154 (WV) idF LGBl 60/2008, nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B VG.

4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B VG und §64 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z7 Stmk KundmachungsG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Rückverweise