JudikaturVfGH

E47/2019 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Juni 2019

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14 tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist ein am 7. Oktober 1998 geborener, im Iran aufgewachsener Staatsangehöriger von Afghanistan, der der Volksgruppe der Hazara angehört und schiitischer Moslem ist. Er stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 6. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 ab; ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß §46 FPG zulässig sei. Gleichzeitig wurde gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG eine 14 tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.

3. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 2. März 2017 teilweise statt, erkannte dem Beschwerdeführer gemäß §8 Abs1 Z1 iVm Abs4 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

4. Mit Bescheid vom 23. März 2018 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §9 Abs1 Z1 AsylG 2005 von Amts wegen ab; ebenso wurde ihm gemäß §9 Abs4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 (Z5) AsylG 2005 iVm §9 BFA VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 (Z4) FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß §46 FPG zulässig sei. Gleichzeitig wurde gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG eine 14 tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.

5. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 20. November 2018 als unbegründet ab. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Im Hinblick auf die erlassene Rückkehrentscheidung stellt das Bundesverwaltungsgericht zunächst fest, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen im Bundesgebiet habe. Er verfüge über das Deutschzertifikat A2, habe im Bundesgebiet noch nicht entgeltlich gearbeitet und sei nicht Mitglied in einem Verein. Er habe eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin geführt, sei mittlerweile aber nicht mehr mit dieser zusammen. Deren gemeinsames Kind sei am 13. Oktober 2018 geboren worden.

Anschließend führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Beschwerdeführer zum Aufenthalt im Bundesgebiet nur auf Grund des Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen habe, berechtigt gewesen sei. Er verfüge im Bundesgebiet über keine familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person, weshalb die Rückkehrentscheidung nicht in sein Familienleben eingreife. Zu seiner ehemaligen Freundin genüge im Hinblick auf seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung der Hinweis, dass er mit dieser in keiner Beziehung mehr stehe und auch keine Lebensgemeinschaft vorliege. Im Hinblick auf die Zeitspanne, in der sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhalte, könne vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale eine Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden. Somit könne nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet der Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften zu geben sei, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art8 Abs2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukomme. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten gewesen und erscheine auch nicht unverhältnismäßig. Eine Verletzung von Art8 EMRK liege nicht vor. Auch sonst seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Das Bundesverwaltungsgericht habe die nachhaltige Integration des Beschwerdeführers außer Acht gelassen. Insbesondere habe es sich nicht mit dem augenscheinlichen, sowohl in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Umstand auseinandergesetzt, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine gemeinsame Tochter habe, die ebenfalls österreichische Staatsbürgerin sei. Zwar sei die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und der Kindesmutter beendet, doch bestehe ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Eltern. Der Beschwerdeführer sehe seine Tochter regelmäßig, kümmere sich um sie und sei nachhaltig an ihrer Erziehung beteiligt. Die Vaterschaft sei anerkannt. Zudem unterstütze er die Kindesmutter im Alltag. Somit liege jedenfalls ein von Art8 EMRK geschütztes Familienleben vor. Im Übrigen bestünden auch sonst starke persönliche und soziale Bindungen zum Bundesgebiet. Insgesamt erweise sich die vorgenommene Interessenabwägung hinsichtlich der erlassenen Rückkehrentscheidung als verfassungswidrig. Ergänzend liegen der Beschwerde die Geburtsurkunde des Kindes sowie ein das Vorbringen des Beschwerdeführers bestätigendes Schreiben der Kindesmutter bei.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber unter Verweis auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Abstand genommen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14 tägigen Frist für die freiwillige Ausreise richtet, begründet.

2. Ein Eingriff in das durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende verwaltungsgerichtliche Entscheidung ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn das Verwaltungsgericht bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn es der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art8 Abs1 EMRK widersprechenden und durch Art8 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl VfSlg 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002).

3. Dem Bundesverwaltungsgericht ist bei der gemäß Art8 Abs2 EMRK gebotenen Abwägung ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen:

3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl die in VfSlg 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Auswirkungen der Entscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Familienleben und auf das Kindeswohl etwaiger Kinder des Betroffenen zu erörtern (vgl hiezu VfGH 24.9.2018, E1416/2018; 26.2.2019, E3079/2018; zur Bedeutung der mit einer Trennung des Beschwerdeführers von seinem Kind verbundenen Auswirkungen vgl VfSlg 19.362/2011). Einer mit der Ausweisung verbundenen Trennung von Familienmitgliedern kommt eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (vgl VfSlg 18.388/2008, 18.389/2008, 18.392/2008). Die Intensität der privaten und familiären Bindungen im Inland ist dabei zu berücksichtigen (VfSlg 18.748/2009).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art8 Abs1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab , Appl 10.730/84 [Z21]; 26.5.1994, Fall Keegan , Appl 16.969/90 [Z44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (vgl EGMR 19.2.1996, Fall Gül , Appl 23.218/94 [Z32]). Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können; die Familienbeziehung wird insbesondere nicht dadurch beendet, dass das Kind in staatliche Pflege genommen wird (vgl VfSlg 16.777/2003 mit Hinweis auf EGMR 25.2.1992, Fall Margareta und Roger Andersson , Appl 12.963/87 [Z72] mwN; zu den Voraussetzungen für ein [potentielles] Familienleben zwischen einem Kind und dessen Vater siehe auch EGMR 15.9.2011, Fall Schneider , Appl 17.080/07 [Z81] mwN). Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art8 EMRK führen (vgl VfGH 28.2.2012, B1644/10 mit Hinweis auf EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer , Appl 50.435/99, sowie insbesondere EGMR 28.6.2011, Fall Nunez , Appl 55.597/09; 12.10.2016, E1349/2016).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die konkreten Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung für ein Elternteil auf das Wohl eines Kindes zu ermitteln und bei der Interessenabwägung nach Art8 Abs2 EMRK zu berücksichtigen (vgl VfSlg 19.362/2011; VfGH 25.2.2013, U2241/12; 19.6.2015, E426/2015; 9.6.2016, E2617/2015; 12.10.2016, E1349/2016; 14.3.2018, E3964/2017; 11.6.2018, E343/2018, E345/2018; 11.6.2018, E435/2018). Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden könne (vgl dazu VfGH 25.2.2013, U2241/2012; 19.6.2015, E426/2015; 12.10.2016, E1349/2016; 11.6.2018, E343/2018, E345/2018).

3.2. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Interessenabwägung nach Art8 Abs2 EMRK, die das Bundesverwaltungsgericht vornimmt, als unzureichend:

Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinen Feststellungen aus, der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er habe eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin geführt, sei mittlerweile aber nicht mehr mit dieser zusammen. Das gemeinsame Kind sei am 13. Oktober 2018 geboren worden. In der rechtlichen Beurteilung zur Rückkehrentscheidung stellt das Bundesverwaltungsgericht erneut fest, der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet über keine familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person, weshalb kein Eingriff in sein Familienleben vorliege. Zu seiner ehemaligen Freundin genüge im Hinblick auf seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung der Hinweis, dass er mit dieser in keiner Beziehung mehr stehe und auch keine Lebensgemeinschaft vorliege. Das gemeinsame Kind wird in der rechtlichen Beurteilung – wie auch in der Beweiswürdigung – nicht (mehr) erwähnt.

Aus der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 9. April 2018 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin geführt und das Paar ein Kind erwartet hatte. Als voraussichtlicher Geburtstermin wurde der 7. Oktober 2018 angegeben. Die Gerichtsakten enthalten auch ein im Beschwerdeverfahren vorgelegtes Schreiben der (damaligen) Lebensgefährtin vom 16. April 2018, in welchem diese ebenfalls auf die Schwangerschaft und den Geburtstermin hinwies. Der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2018 lässt sich entnehmen, dass die Beziehung des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter zum damaligen Zeitpunkt bereits beendet bzw in eine Freundschaft übergegangen war, das gemeinsame Kind aber am 13. Oktober 2018 geboren wurde. Dies wird auch in einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 2018 erwähnt.

Aus diesen Umständen ergibt sich, dass dem Bundesverwaltungsgericht zum entscheidungswesentlichen Zeitpunkt die Geburt des Kindes des Beschwerdeführers bekannt war; es traf auch eine diesbezügliche Feststellung. Der sich daraus ergebende Hinweis auf ein in Österreich bestehendes Familienleben zu diesem Kind hätte das Bundesverwaltungsgericht veranlassen müssen, sich im Rahmen der Abwägung nach Art8 Abs2 EMRK zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung mit dem Umstand auseinanderzusetzen, dass der Beschwerdeführer mittlerweile eine Familie gegründet hatte (vgl VfGH 25.2.2013, U2241/12).

Das Bundesverwaltungsgericht unterlässt jedoch jede Auseinandersetzung mit dem Hinweis auf ein bestehendes Familienleben und geht davon aus, der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Beziehungen im Bundesgebiet. Weder im Rahmen der Beweiswürdigung noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zur Rückkehrentscheidung erörtert das Bundesverwaltungsgericht die zuvor getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer ein gemeinsames Kind mit einer österreichischen Staatsbürgerin hat. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht einen wesentlichen Gesichtspunkt des konkreten Sachverhaltes, nämlich die Auswirkungen der Aufenthaltsbeendigung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers – insbesondere die Beziehung zu seinem Kind sowie das Kindeswohl dieses Kindes – vollständig außer Acht gelassen (vgl VfSlg 19.776/2013; VfGH 27.2.2018, E3775/2017).

3.3. Indem das Bundesverwaltungsgericht diese Umstände bei seiner Interessenabwägung nicht berücksichtigt hat, hat es – ungeachtet des Umstandes, dass das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser Umstand zwar zu berücksichtigen ist, einen Eingriff in das Recht aus Art8 EMRK aber nicht ausschließt, etwa VfGH 3.10.2012, U119/12; 25.2.2013, U2241/12; VfSlg 18.223/2007) – diese mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler belastet.

4. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan richtet, abzusehen und sie insoweit gemäß Art144 Abs3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung und gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14 tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe (auch) im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO genießt.

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