JudikaturVfGH

G49/2017 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2018

Spruch

I. Der Antrag wird abgewiesen, soweit er sich auf §23 Abs1 bis 4 des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1958, betreffend das Finanzstrafrecht und das Finanzstrafverfahrensrecht (Finanzstrafgesetz – FinStrG), BGBl Nr 129/1958, idF BGBl I Nr 104/2010, §33 Abs5 Finanzstrafgesetz, BGBl Nr 129/1958, idF BGBl I Nr 14/2013, §34 Finanzstrafgesetz, BGBl Nr 129/1958, idF BGBl I Nr 118/2015, und §22 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1961, betreffend allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl Nr 194/1961, bezieht.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller

"1. §33 FinStrG idF BGBl I Nr 14/2013 und §34 FinStrG idF BGBl I 118/2015 und §23 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010 und §22 BAO idF BGBl Nr 194/1961

2. in eventu

a) §33 FinStrG idF BGBl I Nr 14/2013 zur Gänze, in eventu teilweise, in eventu in Kombination mit §34 FinStrG idF BGBl I Nr 118/2015 zur Gänze, in eventu teilweise, und

b) §23 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010 zur Gänze, in eventu teilweise, und

c) §22 BAO idF BGBl Nr 194/1961 zur Gänze, in eventu teilweise.

3. in eventu §33 FinStrG idF BGBl I Nr 14/2013 und §23 Abs4 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010, in eventu in Kombination mit §34 FinStrG idF BGBl I Nr 118/2015

4. in eventu

a) §33 FinStrG idF BGBl I Nr 14/2013, in eventu in Kombination mit §34 FinStrG idF BGBl I Nr 118/2015, und

b) die Wortfolge ', wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt' in §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010

5. in eventu

a) §33 Abs5 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010, in eventu in Kombination mit §34 FinStrG idF BGBl I Nr 118/2015, und/oder

b) §23 Abs4 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010

6. in eventu

a) §33 Abs5 FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010, in eventu in Kombination mit §34 FinStrG idF BGBl I Nr 118/2015, und/oder

b) die Wortfolge ', wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt' in §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG idF BGBl I Nr 104/2010

7. in eventu §22 BAO idF BGBl Nr 194/1961

8. in eventu für den Fall der Aufhebung (von Teilen des) §23 und/oder des §33 FinStrG:

a) §1 FinStrG idF BGBl I 161/2005 (bzw Teile davon) und/oder

b) die Wendung '(§23)' in §19 Abs6 FinStrG idF BGBl 414/1988

c) §22 Abs4 FinStrG idF BGBl I 163/2015, in eventu den Klammerausdruck '(§33)'

d) §35 Abs2 FinStrG idF BGBl I Nr 28/1999, in eventu die Wendung ' und in den Fällen des §33 Abs3 litb bis f'

e) die Wendung ' 33,' in §38 Abs1 FinStrG idF BGBl I 163/2015, §38a Abs2 FinStrG idF BGBl I 104/2010, §39 Abs3 FinStrG idF BGBl I 104/2010, §41 Abs1 [FinStrG BGBl] I 28/1999, §146 Abs1 FinStrG idF BGBl I 104/2010 und §146 Abs2 litb FinStrG idF BGBl I 163/2015

f) §138 Abs2 litd FinStrG idF BGBl I 104/2010

g) §188 Abs3 litb FinStrG idF BGBl 335/1975"

als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. §33 Finanzstrafgesetz (FinStrG), BGBl 129/1958, idF BGBl I 14/2013:

"Abgabenhinterziehung

§33. (1) Der Abgabenhinterziehung macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

(2) Der Abgabenhinterziehung macht sich weiters schuldig, wer vorsätzlich

a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem §21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) oder

b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem §76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen oder Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag

bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

(3) Eine Abgabenverkürzung nach Abs1 oder 2 ist bewirkt,

a) mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten,

b) wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden,

c) mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem Abgabengutschriften, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch festgesetzt wurden,

d) wenn Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht wurden,

e) wenn eine Abgabe zu Unrecht erstattet oder vergütet oder eine außergewöhnliche Belastung zu Unrecht abgegolten wurde, oder

f) wenn auf einen Abgabenanspruch zu Unrecht ganz oder teilweise verzichtet oder eine Abgabenschuldigkeit zu Unrecht ganz oder teilweise nachgesehen wurde.

(4) Der Abgabenhinterziehung macht sich ferner schuldig, wer vorsätzlich eine Abgabenverkürzung dadurch bewirkt, daß er Sachen, für die eine Abgabenbegünstigung gewährt wurde, zu einem anderen als jenem Zweck verwendet, der für die Abgabenbegünstigung zur Bedingung gemacht war, und es unterläßt, dies der Abgabenbehörde vor der anderweitigen Verwendung anzuzeigen.

(5) Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des §15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

(6) Betrifft die Abgabenhinterziehung eine Verbrauchsteuer, so ist auf Verfall nach Maßgabe des §17 zu erkennen. Der Verfall umfaßt auch die Rohstoffe, Hilfsstoffe, Halbfabrikate, Geräte und Vorrichtungen."

2. §34 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 118/2015:

"Grob fahrlässige Abgabenverkürzung

§34. (1) Der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung macht sich schuldig, wer die im §33 Abs1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht; §33 Abs3 gilt entsprechend.

(2) Der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung macht sich auch schuldig, wer die im §33 Abs4 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht.

(3) Die grob fahrlässige Abgabenverkürzung wird mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. §33 Abs5 zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden. "

3. §23 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 104/2010:

"Strafbemessung; Anrechnung der Vorhaft.

§23. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

(2) Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§32 bis 35 StGB sinngemäß.

(3) Bei Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

(4) Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

(5) Die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrung sowie die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Untersuchungshaft sind auf die Strafe anzurechnen, wenn der Täter die Haft

a) in dem Verfahren wegen des Finanzvergehens, für das er bestraft wird, oder

b) sonst nach der Begehung dieser Tat wegen des Verdachts eines Finanzvergehens oder, bei Anrechnung durch das Gericht, wegen des Verdachts einer anderen mit Strafe bedrohten Handlung

erlitten hat, jedoch in beiden Fällen nur, soweit die Haft nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt worden ist. Wird auf mehrere Strafen erkannt, so hat die Anrechnung zunächst auf diejenigen Strafen zu erfolgen, die nicht bedingt nachgesehen werden, im übrigen zunächst auf die Freiheitsstrafe, sodann auf die Geldstrafe und schließlich auf den Wertersatz.

(6) Für die Anrechnung der Vorhaft auf die Geldstrafe und den Wertersatz sind die an deren Stelle tretenden Ersatzfreiheitsstrafen maßgebend.

(7) Hat der Täter für die Tat, derentwegen er im Inland bestraft wird, schon im Ausland eine Strafe verbüßt, so ist sie auf die im Inland verhängte Strafe anzurechnen."

4. §26 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 104/2010:

"Bedingte Strafnachsicht; bedingte Entlassung.

§26. (1) Für die bedingte Nachsicht der durch die Gerichte für Finanzvergehen verhängten Geldstrafen, Wertersätze und Freiheitsstrafen sowie für die bedingte Entlassung aus einer solchen Freiheitsstrafe gelten die §§43, 43a, 44 Abs1, 46, 48 bis 53, 55 und 56 StGB sinngemäß. Die Strafe des Verfalls darf nicht bedingt nachgesehen werden. Eine Geldstrafe darf nur bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden. Der nicht bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe muss jedoch mindestens 10% des strafbestimmenden Wertbetrages betragen.

(2) War mit dem Finanzvergehen eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so hat das Gericht dem Verurteilten die Weisung zu erteilen, den Betrag, den er schuldet oder für den er zur Haftung herangezogen werden kann, zu entrichten. Wäre die unverzügliche Entrichtung für den Verurteilten unmöglich oder mit besonderen Härten verbunden, so ist ihm hiefür eine angemessene Frist zu setzen, die ein Jahr nicht übersteigen darf."

5. §19 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl 60/1974, idF BGBl I 52/2009:

"Geldstrafen

§19. (1) Die Geldstrafe ist in Tagessätzen zu bemessen. Sie beträgt mindestens zwei Tagessätze.

(2) Der Tagessatz ist nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Der Tagessatz ist jedoch mindestens mit 4 Euro und höchstens mit 5 000 Euro festzusetzen.

(3) Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dabei zwei Tagessätzen."

6. §22 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 194/1961:

"§22. (1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.

(2) Liegt ein Mißbrauch (Abs1) vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. Juni 2016, Z 012 Hv 89/14i, wurde der Antragsteller unter anderem wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §33 Abs1 FinStrG durch Tatbeitrag nach §11 dritter Fall FinStrG für schuldig erkannt. Die strafbestimmenden Wertbeträge wurden mit € 1.221.026,60 und € 2.137.137,82 (gesamt € 3.358.164,42) festgesetzt. Der Antragsteller wurde nach §33 Abs5 FinStrG zu einer Geldstrafe im Ausmaß von € 2.100.000,– verurteilt, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Monaten festgesetzt wurde. Gemäß §26 FinStrG iVm §43a Abs1 StGB wurde ein Teil, nämlich € 1.050.000,–, sowie die Ersatzfreiheitstrafe im Ausmaß von sechs Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Ferner wurde der Antragsteller gemäß §33 Abs5 iVm 15 FinStrG zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verurteilt, wobei ihm die verhängte Freiheitsstrafe gemäß §43 Abs1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

2. Nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes hat der Antragsteller dazu beigetragen, dass die Geschäftsführer zweier Gesellschaften mbH Zahlungen aus einer missbräuchlichen, fremdunüblichen Genussrechtsvereinbarung als gewinnmindernde Betriebsausgabe in Jahressteuererklärungen zur Körperschaftsteuer geltend gemacht haben, wodurch es zu einer Abgabenverkürzung von insgesamt € 3.358.164,42 gekommen ist.

3. Aus Anlass der gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung stellt der Antragsteller unter einem den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt der Antragsteller seine Bedenken wie folgt dar:

3.1. Verfassungswidrigkeit von §33 Abs5 FinStrG

3.1.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 10.367/1985, 11.795/1988, 13.455/1993, 13.527/1993) seien verschiedene Verfahrensordnungen grundsätzlich nicht vergleichbar, weil sie jeweils eigene Ordnungssysteme darstellen würden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass ein Vergleich verschiedener Ordnungssysteme zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung iSd Gleichheitssatzes führen könne. Dies sei "etwa bei grundlegenden rechtlichen Wertungsgesichtspunkten, welche die verschiedenen Ordnungssysteme prägen, der Fall" (beispielsweise strenge Wiederaufnahmevoraussetzungen bei rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren, VfSlg 11.865/1988, 13.135/1992, 13.778/1994).

3.1.2. Das Sanktionensystem des Finanzstrafgesetzes werde – anders als das Tagessatzsystem des Strafgesetzbuches und die klar bestimmte Strafhöhe in Verwaltungsstrafbestimmungen – den "Grundprinzipien" hinsichtlich der Strafhöhe, wonach Geldstrafen in der Regel gedeckelt seien und eine Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters erfolge, nicht gerecht. Die Strafdrohung in §33 Abs5 FinStrG sei nach oben hin offen und orientiere sich in keiner Weise an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsunterworfenen.

Das Sanktionensystem des Finanzstrafgesetzes wie auch jenes des Strafgesetzbuches würden "Ansprüche der öffentlichen Hand" schützen – das Strafgesetzbuch zumindest teilweise (§§153b ff. StGB), weshalb vom gleichen Unrechtsgehalt von Finanzvergehen nach dem Finanzstrafgesetz und Delikten nach dem Strafgesetzbuch auszugehen sei. Die Sanktionensysteme des Strafgesetzbuches und des Finanzstrafgesetzes könnten daher "im Sinne des Art7 B VG verglichen" werden. Dabei ergäben sich grundlegende Unterschiede, die sachlich nicht zu rechtfertigen seien: Das im Strafgesetzbuch vorgesehene Tagessatzsystem (§19 StGB) orientiere sich zentral an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters und die höchstmögliche Geldstrafe betrage € 3.600.000,– (720 Tagessätze zu € 5.000,–). Demgegenüber sehe §33 Abs5 FinStrG eine Anknüpfung am Verkürzungsbetrag vor, wodurch die Geldstrafe nach oben hin offen sei. Auch könne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Rechtsunterworfenen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Da sich das Sanktionensystem des Finanzstrafgesetzes somit in grundlegenden Bereichen von jenem des Strafgesetzbuches unterscheide, ergebe sich zwangsläufig eine Verletzung des Gleichheitssatzes.

3.1.3. Die Anknüpfung des §33 Abs5 FinStrG am Verkürzungsbetrag führe insbesondere dann zu unsachgemäßen Ergebnissen, wenn Rechtsunterworfener und Anknüpfungssubjekt betreffend die Abgabenhinterziehung auseinanderfielen: Im konkreten Fall sei nicht der Täter selbst der Abgabepflichtige gewesen, sondern eine Gesellschaft, weshalb sich die Strafdrohung nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters richte, sondern nach jener der abgabepflichtigen Gesellschaft. Die Strafdrohung knüpfe somit an die finanzielle Leistungsfähigkeit eines vom Täter verschiedenen Rechtssubjektes an. Da die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft und des Täters stark divergieren könnten, spiegle die höchst mögliche Strafe nicht die Schuld des Täters wider. Insbesondere bei einer Verurteilung wegen Beitragstäterschaft wiege diese Problematik schwer, weil die Leistungsfähigkeit des Beitragstäters in überhaupt keinem Zusammenhang zu jener der Gesellschaft stehe.

An der unsachlichen Strafhöhe würden auch die Strafzumessungsregeln in §23 FinStrG nichts ändern: Eine derart exzessive Strafdrohung, wie sie §33 Abs5 FinStrG enthalte, könne nicht ausreichend durch die Anwendung der genannten Strafzumessungsvorschrift ausgeglichen oder abgeschwächt werden. Dies rühre bereits von der bloßen Möglichkeit her, eine derart hohe Strafe wie im Beschwerdefall über € 6.000.000,– verhängen zu können. Es müsste daher von vorneherein das Gesetz die Verhängung einer derart unsachlich hohen, weil nicht der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Strafe unterbinden.

3.1.4. Darüber hinaus berücksichtige die "Geldsummenstrafe tat- und schuldbezogene Aspekte sowie wirtschaftliche Faktoren in nur einem Bemessungsvorgang" (keine Bemessung in zwei Schritten wie im Tagessatzsystem). Dadurch würde im Urteil ein absoluter Betrag als Strafe festgesetzt, aus dem nicht ersichtlich sei, inwieweit die festgesetzte Geldstrafe durch die Schwere der Tat, General- und Spezialprävention oder durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bestimmt sei. Aus diesem Grund würde in der Praxis die persönliche Leistungsfähigkeit bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt. Auch werde die Verschiedenheit der wirtschaftlichen Verhältnisse bei verschiedenen Tätern nicht angemessen berücksichtigt. Die Kombination der Geldsummenstrafe (und somit die unzureichende Einbeziehung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters bei der Strafzumessung) mit der durch §33 Abs5 FinStrG ermöglichten unsachlichen Strafhöhe führe zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung.

3.2. Verfassungswidrigkeit von §23 Abs4 erster Satz FinStrG

3.2.1. Zum einen widerspreche die Normierung einer Mindeststrafe an sich dem Sachlichkeitsgebot, zum anderen sei das festgesetzte Zehntel durch die Abhängigkeit von der Strafdrohung des §33 Abs5 FinStrG unverhältnismäßig hoch. Zudem führe ein Vergleich der in §19 StGB geregelten Mindeststrafen mit §23 Abs4 FinStrG zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung.

3.2.2. Die Festlegung der Mindeststrafe begrenze den Spielraum des Richters bei der Strafzumessung, da diese völlig losgelöst von den finanziellen Verhältnissen des Täters sei. Nach der Rechtsprechung könne ein aus präventiven Erwägungen erforderlich befundenes Strafausmaß auch ohne die Festlegung einer Mindeststrafe erreicht werden, da bereits die Ausschöpfung der normierten Höchststrafe zur Verwirklichung der durch §33 FinStrG angestrebten Ziele ausreiche. Auch sei kein Fall denkbar, in dem der Täter den Strafbetrag als bloßen Preis des erwarteten Nutzens kalkuliere, da sich die Strafdrohung stets nach dem Verkürzungsbetrag richte. Auch bezüglich des von einer Abgabenhinterziehung ausgehenden Gefährdungspotentials sei die Mindeststrafe nicht geboten, da der Verfassungsgerichtshof bei Entwicklung dieses Kriteriums an Fälle gedacht habe, in denen eine Gefahr für Mensch und Umwelt bestehe. Eine Abgabenhinterziehung sei solchen Fällen nicht vergleichbar, weshalb eine Mindeststrafe nicht zwingend erforderlich sei. Doch selbst wenn eine Mindeststrafdrohung gerechtfertigt erscheine, müsste das Gesetz dennoch eine Möglichkeit bieten, davon abzuweichen und diese zu unterschreiten.

3.2.3. Auf Grund der Koppelung des §23 Abs4 FinStrG an das Höchstausmaß der angedrohten Geldstrafe erreiche die Mindeststrafe eine Höhe, die bereits existenzvernichtend sei. Der Anlassfall sei ein gutes Beispiel dafür. Auf Grund der fehlenden Möglichkeit der Unterschreitung der Mindeststrafdrohung sei die Bestimmung unsachlich.

3.3. Verfassungswidrigkeit von §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG

3.3.1. §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG sehe vor, dass das Unterschreiten der Mindeststrafe von einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe aus besonderen Gründen zulässig sei, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliege. Darin sei eine unsachliche Differenzierung zwischen dem Strafgesetzbuch und dem Finanzstrafgesetz zu sehen: Nach §41 StGB könne bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe das gesetzliche Mindestmaß der zu verhängenden Freiheitsstrafe unterschritten werden und in Kombination mit §37 StGB könne bei Unterschreiten der Mindeststrafe auch noch anstelle einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe verhängt werden. Diese Möglichkeiten sehe das Finanzstrafgesetz nicht vor.

3.3.2. §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG behandle das finanzbehördliche und das gerichtliche Finanzstrafverfahren unterschiedlich: Nach §53 Abs1 FinStrG sei das Gericht zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn das Finanzvergehen vorsätzlich begangen worden sei und der strafbestimmende Wertbetrag über € 100.000,– liege. Bei den in die Zuständigkeit der Gerichte und der Verwaltungsbehörden fallenden Abgabenverkürzungen handle es sich um dieselben Taten und trotzdem würden die Rechtsfolgen vom Gesetzgeber hinsichtlich der Möglichkeit des Unterschreitens der Mindeststrafdrohung unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob die Abgabenverkürzung unter oder über € 100.000,– liege. Eine Begründung für die unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle sei nicht ersichtlich. Mit dem Strafzweck könne die Unterscheidung nicht gerechtfertigt werden, da sich dieser bereits in der abstrakten Strafdrohung widerspiegele.

Keine taugliche Argumentation wäre ein Hinweis auf den größeren Unrechtsgehalt von Straftaten, die in eine gerichtliche Zuständigkeit fallen. Denn sogar das Strafgesetzbuch sehe für Delikte mit größerem Unrechtsgehalt eine Möglichkeit zur Unterschreitung der Mindeststrafdrohung vor. Gerade im gerichtlichen Strafverfahren wäre eine Unterschreitung der Mindeststrafdrohung erforderlich, da bei sehr hohen, € 100.000,– übersteigenden Verkürzungsbeträgen die Festsetzung von zumindest einem Zehntel der Strafdrohung eine existenzvernichtende finanzielle Belastung für den Täter darstellen könne.

3.4. Zusammenfassend führt der Antragsteller gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§33 Abs5 und 23 Abs4 FinStrG wörtlich aus:

"Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel der §§33 Abs5, 23 Abs4 FinStrG:

- Die Abhängigkeit der Höchststrafe des §33 FinStrG vom Verkürzungsbetrag ist unsachlich, weil dadurch implizit auf die Vermögensverhältnisse der GmbH abgestellt wird. Im Falle eines Missverhältnisses zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters und jener der GmbH führt diese Regelung zu einer unverhältnismäßig hohen Strafdrohung. Zwar ist bei der Strafzumessung gemäß §23 Abs3 FinStrG die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen. Aber:

- Die Mindeststrafdrohung des §23 Abs4 FinStrG knüpft an die Regelung des §33 Abs5 FinStrG, und somit ebenfalls an den Verkürzungsbetrag an. Sohin kann bereits die Festsetzung der Mindeststrafe eine unsachliche Höhe erreichen. Das Gesetz bietet keine Möglichkeit, auf Fälle, in denen zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Täters und Verkürzungsbetrag ein großes Missverhältnis besteht, einzugehen. Denn:

- §23 Abs4 FinStrG schließt eine Unterschreitung der Mindeststrafe im gerichtlichen Finanzstrafverfahren aus.

- Letztlich ergibt auch ein Vergleich mit den Regelungen des StGB, dass die […] im FinStrG [erlassenen Regelungen] zum einen unsachlich sind und zum anderen eine sachliche Begründung der unterschiedlichen Behandlung der beiden Rechtsmaterien nicht gegeben ist."

3.5. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen §22 BAO

3.5.1. §22 BAO verstoße gegen Art18 B VG. Das Wort "Mißbrauch" sei zu unbestimmt. Selbst bei Ausschöpfung aller Interpretationsmethoden lasse sich nicht verlässlich beurteilen, welche Verhaltensweisen als "Mißbrauch" iSd §22 BAO gelten würden. Die Gesetzesmaterialien vermögen nicht die Unbestimmtheit zu beseitigen; die Auslegungsproblematik würde nur auf eine andere Ebene verlagert, da die Begriffe "ungewöhnlich", "offensichtlich" und "unangemessen" selbst interpretationsbedürftig seien.

3.5.2. Für den Rechtsunterworfenen sei somit die Grenze zwischen erlaubter Verwendung von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes sowie deren Missbrauch nicht erkennbar. Die Unbestimmtheit des Begriffes "Mißbrauch" wiege umso schwerer, als §22 BAO zur Begründung von finanzstrafrechtlicher Verantwortlichkeit herangezogen werde und daher ein hoher Determinierungsgrad erforderlich sei. Ein eingriffsnahes Gesetz wie die angefochtene Bestimmung, die von den Gerichten zur Begründung einer Strafbarkeit herangezogen werde, müsse zum Schutz des Betroffenen hinreichend bestimmt sein. §22 BAO hätte mit der erforderlichen Bestimmtheit erkennen zu geben, das Heranziehen welcher Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes sich im Bereich des Zulässigen befinden würde und welche als Missbrauch gelten würde. Vor diesem Hintergrund liege auch eine Verletzung des Art7 EMRK vor, wonach Strafvorschriften klar zu determinieren seien.

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken entgegentritt und beantragt, den Antrag abzuweisen.

4.1. Zu den Prozessvoraussetzungen bringt die Bundesregierung Folgendes wörtlich vor:

"Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist die Präjudizialität des §33 Abs5 FinStrG offenkundig und wohl auch hinsichtlich des §23 Abs4 FinStrG (zumindest denkmöglich) zu bejahen. Verneinte man die Präjudizialität dieser Bestimmung, weil über den Antragsteller eine höhere Strafe als die Mindeststrafe nach §23 Abs4 FinStrG verhängt wurde, kann nach Ansicht der Bundesregierung ein untrennbarer Zusammenhang dieser Bestimmung mit §33 Abs5 FinStrG angenommen werden, als die Aufhebung der Wortfolge ' , wenn die Ahn[d]ung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt' in §23 Abs4 FinStrG einen geringeren Eingriff in die Rechtsordnung bewirken würde. Sollte nämlich der Verfassungsgerichtshof den im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sachlichkeitsgebot vorgebrachten Bedenken des Antragstellers an der Unverhältnismäßigkeit der Mindeststrafdrohung folgen, genügte nach Ansicht der Bundesregierung – wie vom Antragsteller mit Eventualantrag in Punkt V.6b des Antrags begehrt – die Aufhebung der Wortfolge ' , wenn die Ahn[d]ung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt' in §23 Abs4 FinStrG, um die Rechtslage zu bereinigen und würde insoweit auch eine Rechtslage wie vor der Novelle BGBl I Nr 104/2010 wiederhergestellt.

Der [Antragsteller] hält jedoch auch §22 BAO für präjudiziell und entscheidungsrelevant (Pkt. III 8.2 und III. 9.2. des Antrags).

Nach Ansicht der Bundesregierung verkennt der Antragsteller dabei, dass §22 BAO keine Tatbestandsvoraussetzung für die Abgabenhinterziehung nach §33 Abs1 FinStrG darstellt (siehe dazu auch noch unten Pkt. IV.3). Insofern würde eine Aufhebung des §22 BAO auch nichts an der Situation des Antragstellers ändern. Die Missbrauchsregelung des §22 BAO ist nämlich Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§21 BAO, vgl VfSlg 8.807/1980). Auch wenn man sich §22 BAO wegdenkt, würde der Antragsteller nach wie vor wegen Abgabenhinterziehung nach §33 FinStrG zu bestrafen sein (weil durch den – nicht entsprechend offengelegten – unberechtigten Abzug von Aufwendungen die Körperschaftsteuer zu gering festgesetzt wurde). Die Aufhebung des §22 BAO vermag daher die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht zu beseitigen."

4.2. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken bringt die Bundesregierung Folgendes wörtlich vor:

"1. Zu den Bedenken im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes sowie des Sachlichkeitsgebotes durch §33 Abs5 FinStrG

Der Antragsteller vergleicht zunächst in seinem Antrag das Sanktionensystem des StGB mit jenem des FinStrG und leitet daraus eine Verletzung des Gleichheitssatzes ab. Ferner behauptet er in Teil IV.1.2., dass §33 Abs5 FinStrG gegen das Sachlichkeitsgebot verstoße.

1.1. Zum Gleichheitssatz

Den Bedenken im Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz ist [entgegenzuhalten], dass das StGB und das FinStrG unterschiedliche Ordnungssysteme darstellen, die (grundsätzlich) nicht miteinander vergleichbar sind. Bei der Regelung unterschiedlicher Ordnungssysteme ist nämlich jedes System für sich am Gleichheitssatz zu messen (vgl VfSlg 5727/1968, 7331/1974 uva.). Mit anderen Worten steht es dem Normsetzer frei, sich in den einzelnen Bereichen der Verfahren für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die den Erfordernissen und Besonderheiten unterschiedlicher Verfahren adäquat Rechnung tragen, sofern nur die strittigen Regelungen in sich – d.h. jeweils für sich betrachtet − gleichheitsgemäß gestaltet sind (VfSlg 12.863/1991).

Daraus folgt, dass weder ein Vergleich der Strafdrohung im §33 Abs5 FinStrG mit der höchstmöglichen Geldstrafe im StGB, noch ein Vergleich der Strafdrohungen zwischen dem Delikt der Abgabenhinterziehung (§33 FinStrG) mit Delikten des Kriminalstrafrechts, die (auch) Ansprüche der öffentlichen Hand schützen, angebracht ist. Zum einen sieht nämlich das StGB für Vermögensdelikte mit einem Schadensbetrag, der dem gerichtszuständigkeitsbegründenden Betrag im FinStrG entspricht, primär die Freiheitsstrafe als Strafmittel vor, Geldstrafen sind nur für minder schwere Delikte vorgesehen (wohingegen das FinStrG primär die Geldstrafe als Strafart vorschreibt); zum anderen ist die Rechtsgutverletzung eine andere (bei Untreue wird etwa das Rechtsgut 'Eigentum' geschützt, bei der Abgabenhinterziehung das Rechtsgut des Anspruchs der Besteuerungshoheit). Dies rechtfertigt eine eigenständige Strafrahmensbildung für die Abgabenhinterziehung.

Auch der Versuch mittels Bezugnahme auf 'systemübergreifende' Prinzipien der Strafhöhe (vgl Teil IV.1.1.a) des Antrags) eine Ungleichbehandlung aufzuzeigen, scheitert daran, dass die genannten Prinzipien – dazu zählen erstens die Deckelung von Geldstrafen und zweitens die an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsunterworfenen orientierte Zumessung der Geldstrafe – nicht nur im StGB sondern auch im FinStrG erfüllt sind. Das FinStrG sieht nämlich in §33 Abs5 vor, dass die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet wird: Dies entspricht einer Deckelung. Was die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsunterworfenen anbelangt, genügt es auf §23 Abs3 FinStrG hinzuweisen. Darin heißt es: 'Bei Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.' Selbst bei Heranziehung 'systemübergreifender' Prinzipien kann daher mangels Ungleichbehandlung im gegenständlichen Fall keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angenommen werden.

1.2. Zum Sachlichkeitsgebot

Die Bundesregierung teilt auch nicht die Bedenken im Zusammenhang mit dem Sachlichkeitsgebot.

a.) Zum Strafrahmen

Sowohl das FinStrG als auch das StGB weisen jeweils innerhalb ihres (Ordnungs )Systems unterschiedliche in sich geschlossene Strafbestimmungen mit unterschiedlichen Strafdrohungen auf. Die unterschiedliche Strafrahmenbildung in den beiden Rechtsregimen ist nach dem Gleichheitsgrundsatz nicht nur zulässig, sondern möglicherweise sogar geboten.

Für die Strafrahmenbildung nach dem FinStrG sind der Erfolgsunwert der Tat sowie das Verschulden des Täters maßgebend. So drohen als Obergrenze bei vorsätzlicher Abgabenhinterziehung nach §33 FinStrG das Zweifache, bei grob fahrlässiger Abgabenverkürzung das Einfache (zB §34 Abs3 FinStrG) und bei gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung das Dreifache (§38 Abs1 FinStrG) dieses Verkürzungsbetrages als Sanktion.

Im Hinblick auf die kriminalpolitischen Zwecke eines effektiven Schutzes der Erhebung der für die Finanzierung der Staatsaufgaben erforderlichen finanziellen Mittel ist die im gegenständlichen Fall zum Tragen kommende Strafdrohung für Abgabenhinterziehung (§33 FinStrG) mit dem zweifachen Verkürzungsbetrag sachgerecht und verhältnismäßig. Das Übermaßverbot ist eingehalten und ein exzessives Missverhältnis zwischen Strafrahmen und Verschuldensgrad vermieden. Der Verfassungsgerichtshof ist in VfSlg 12.151/1989 (betreffend die Wiener Vergnügungssteuer) sowie in VfSlg 12.282/1990 (betreffend die Wiener Anzeigenabgabe) von einer Verletzung des Sachlichkeitsgebots aufgrund des Vorliegens eines extremen Missverhältnisses zwischen dem Gewicht der strafbaren Handlung und der jeweiligen Sanktion ausgegangen. Im Unterschied zu §33 Abs5 FinStrG lag das Verhältnis zwischen Verkürzungsbetrag und möglicher Höchststrafe damals allerdings nicht so wie hier bei 1 zu 2, sondern vielmehr bei 1 zu 30 (vgl VfSlg 12.151/1989) bzw bei 1 zu 50 (vgl VfSlg 12.282/1990). Insofern lässt sich zwischen §33 Abs5 FinStrG und der Judikatur zur Wiener Vergnügungssteuer bzw Anzeigenabgabe keine Parallele ziehen.

Der verursachte Schaden (nämlich der Verkürzungsbetrag) findet sohin Eingang in die Strafrahmenbildung und zeigt den Erfolgsunwert der Tat. Eine gesetzlich vorgesehene Strafdrohung führt per se auch nicht zu einer Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Täters. Dementsprechend ist keine Unsachlichkeit der angedrohten Höchststrafe erkennbar.

b.) Zur konkreten Strafbemessung

Vom Strafrahmen ist die konkrete Strafbemessung zu unterscheiden. Nach der Konzeption des FinStrG hängt diese einerseits von der Höhe der Schuld und andererseits von der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsunterworfenen ab. Damit entspricht die Strafbemessung systematisch den Strafzumessungsvorschriften des StGB, auf die in §23 Abs2 FinStrG auch ausdrücklich verwiesen wird. Obgleich es sich dabei um eine Geldsummenstrafe handelt, ist für die konkrete Ausmessung der Strafhöhe nach §23 Abs3 FinStrG auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters Bedacht zu nehmen.

Hieraus folgt, dass das Argument des Antragstellers, wonach die konkrete Strafdrohung unsachlich sei, da §33 Abs5 FinStrG stets und ohne jegliche Unterscheidung am Verkürzungsbetrag anknüpfe, nicht nachvollziehbar ist. Die jeweils verhängte Strafe richtet sich – wie gezeigt − flexibel nach der Schuld eines jeden Beteiligten. Starre Vorgaben werden unterlassen, im Rahmen der Strafbemessung wird vielmehr auf die persönlichen Verhältnisse und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Täters Rücksicht genommen.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass weder der Strafrahmen des §33 Abs5 FinStrG noch die oben zitierten Bestimmungen über die konkrete Strafbemessung zu einem unverhältnismäßigen und damit unsachlichen Ergebnis führen.

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes sowie des Sachlichkeitsgebotes durch §23 Abs4 FinStrG

Im Hinblick auf §23 Abs4 FinStrG behauptet der Antragsteller (wiederum) eine Verletzung des Gleichheitssatzes bzw des Sachlichkeitsgebotes.

Erstens zeige ein Vergleich zwischen §23 Abs4 FinStrG und den entsprechenden Bestimmungen des StGB das Vorliegen einer nicht rechtfertigbaren Ungleichbehandlung auf.

Zweitens würde die Differenzierung zwischen [finanzbehördlichem] und gerichtlichem Finanzstrafverfahren (vgl §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG) zu einem unsachlichen Ergebnis führen.

Drittens führe die Normierung einer Mindeststrafe in §23 Abs4 FinStrG zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis.

Die Bundesregierung teilt diese Bedenken nicht.

2.1. Zum Vergleich zwischen FinStrG und StGB

Was die Bezugnahmen auf das StGB in den Teilen IV.2.1. und IV.3.1. des Antrages anbelangt, wird – zur Vermeidung von Wiederholungen – (nochmals) auf die Zulässigkeit des Vorsehens unterschiedlicher Ordnungssysteme hingewiesen (vgl dazu die obigen Ausführungen in Teil III.1.1.).

2.2. Zur Differenzierung zwischen finanzbehördlichem und gerichtlichem Finanzstrafverfahren (§23 Abs4 zweiter Satz FinStrG)

In §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG wird vorgesehen, dass die Bemessung einer ein Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe unterschreitende Strafe aus besonderen Gründen zulässig ist, wenn die Ahnung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt. Anders formuliert, wird nur im gerichtlichen Finanzstrafverfahren – im Unterschied zum finanzbehördlichen Verfahren – eine Mindeststrafe vorgesehen.

Die hier vorgenommene Differenzierung lässt sich zunächst damit erklären, dass die Mindeststrafe im Sanktionensystem für das gerichtliche Finanzstrafverfahren (anders als im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren) im Zusammenspiel mit der Möglichkeit einer bedingten Strafnachsicht steht. Die Grundlage dafür findet sich in der Bestimmung des §26 Abs1 FinStrG. Demnach können Geldstrafen im gerichtlichen Finanzstrafverfahren bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden (§26 Abs1 FinStrG), wobei der nicht bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe jedoch mindestens 10% des strafbestimmenden Wertbetrages betragen muss (in concreto wären dies: 335.816,44 Euro). Die niedrigste auszusprechende Geldstrafe gemäß §33 Abs5 iVm §23 Abs4 FinStrG beträgt demnach 10% des zweifachen Verkürzungsbetrages, wobei diese Strafe im gerichtlichen Verfahren bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden kann. Der unbedingte Teil der Geldstrafe würde sohin nur noch 5% des Strafrahmens ausmachen.

Neben der speziell für Gerichtsverfahren zur Anwendung kommenden Möglichkeit einer bedingten Strafnachsicht, spricht auch das größere Gefährdungspotential des Verhaltens, das mit gerichtlichen Finanzstrafen bedroht ist, für die in §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG vorgenommene Differenzierung. Gerichtliche Finanzstrafverfahren gemäß §53 FinStrG sind nur für vorsätzliche Finanzvergehen (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) mit einem Verkürzungsbetrag von mehr als 100.000 Euro (bei Zolldelikten mehr als 50.000 Euro) vorgesehen. Nach Ansicht der Bundesregierung rechtfertigt im Fall von gerichtlichen Finanzstrafverfahren die Höhe des verursachten Schadens (in Form der Abgabenverkürzung) und damit die Schwere des Erfolgsunwerts der Tat das Vorsehen einer Mindestgeldstrafe.

2.3. Zur Verhältnismäßigkeit der Normierung einer Mindeststrafe (in §23 Abs4 FinStrG)

Eine Sanktion, die für ein bestimmtes Fehlverhalten vorgesehen ist, hat dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen: Bei dem genannten Grundsatz handelt es sich um ein regulatives Rechtsprinzip, welches die Angemessenheit des Mittels für einen verfolgten Zweck (die Adäquanz) im Auge hat (Lewisch, Verfassung und Strafrecht, 194 ff). Gleiches gilt freilich für Mindeststrafen: Diese werden nicht nur im FinStrG, sondern auch im StGB sowie im Verwaltungsstrafrecht vorgesehen und haben vielfach einer verfassungsrechtlichen Prüfung (bereits) standgehalten (vgl etwa VfSlg 19.960/2015, 15.677/1999, 18.219-18.421/2007,18.422/2007 ua).

Ausgehend von der in §23 Abs4 erster Satz FinStrG normierten Mindeststrafe – in Höhe von einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe – geht die Bundesregierung davon aus, dass diese in Relation zum Schadensbetrag (Verkürzungsbetrag) verhältnismäßig ist, da sie dem kriminalpolitischen Zweck einer effektiven, abschreckenden und sachgerechten Sanktionierung zum Schutz der finanziellen Mittel des Staates dient.

Die Bundesregierung erachtet es nicht als unsachlich, wenn der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums in §23 Abs4 FinStrG eine Mindeststrafe vorsieht. Angesichts des Unrechtsgehalts der Tat erscheint die Mindeststrafdrohung im Ausgangsverfahren verhältnismäßig: Durch die Mindeststrafdrohung kann das erklärte Ziel des Gesetzgebers, Abgabenhinterziehungen zu verhindern, effizienter erreicht werden als ohne diese (vgl in diesem Sinne VfSlg 19.960/2015). Darüber hinaus rechtfertigen der Strafzweck der Bestimmung und die Einschränkung auf Vorsatztaten die Höhe der Mindestgeldstrafe. Dem Gesetzgeber ist insbesondere nicht vorzuwerfen, wenn er aus generalpräventiven Gründen bei vorsätzlichen Abgabenhinterziehungen das Abgehen von der Mindeststrafe ausschließt, widrigenfalls würde der Gesetzgeber Gefahr laufen, den Strafzweck des §33 Abs5 iVm §23 Abs4 FinStrG zu unterlaufen (vgl in diesem Sinne etwa VfSlg 15.677/1999).

Ähnlich wie im StGB wird im FinStrG für alle Tatbeteiligten die Strafdrohung gleich geregelt, jedoch bestimmt §12 FinStrG, dass jeder, der an der Tat beteiligt war, nach seiner Schuld zu bestrafen ist. Sollte den (Beitrags-)Täter nur eine geringe Schuld treffen und weder spezial- noch generalpräventive Gründe dagegen sprechen, kann von einer Strafverfolgung wegen Geringfügigkeit gemäß §191 StPO abgesehen werden: Auch damit wird die Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Mindeststrafe sichergestellt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass im Ordnungssystem des FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe (§20 FinStrG) festzusetzen ist. Die Dauer dieser Ersatzfreiheitsstrafe ist absolut limitiert: Im gerichtlichen Finanzstrafrecht beträgt das Limit ein Jahr, wenn die Geldstrafdrohung jedoch das Zweifache des strafbestimmenden Betrags übersteigt (zB gewerbsmäßige Begehung nach §38 FinStrG), eineinhalb Jahre bzw zwei Jahre, soweit dabei auch noch der strafbestimmende Wertbetrag von 500.000 Euro überschritten wird.

Für den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe gelten dieselben Regeln wie für den Vollzug der primären Freiheitsstrafe (§§175 bis 179 FinStrG bzw Strafvollzugsgesetz). Ihr Vollzug darf erst und nur dann angeordnet werden, wenn die Geldstrafe beim Bestraften (§179 Abs2 FinStrG; §3 StVG) oder im Falle der Haftung des Vertretenen bzw Dienstgebers auch bei ihnen nicht eingebracht werden kann (§28 Abs7 FinStrG).

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die vom Antragsteller behauptete Verfassungswidrigkeit des §23 Abs4 FinStrG nicht gegeben ist.

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Legalitätsprinzips (Art18 B VG) sowie des Klarheitsgebots (Art7 EMRK)

[…]

Nach der Rechtsauffassung des Antragstellers genügt §22 BAO nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Bestimmtheit. Das Wort 'Missbrauch' sei im Lichte des Art18 B VG zu unbestimmt. Selbst bei Ausschöpfung aller zur Ermittlung des Inhalts zur Verfügung stehender Interpretationsmethoden ließe sich nicht verlässlich beurteilen, welche Verhaltensweisen als 'Missbrauch' iSd §22 BAO gelten.

Diesen Bedenken ist zunächst entgegenzuhalten, dass §22 BAO keine Tatbestandsvoraussetzung für die Abgabenhinterziehung nach §33 Abs1 FinStrG darstellt. Eine Abgabenhinterziehung (§33 Abs1 FinStrG) liegt nur dann vor, wenn jemand vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Tathandlung ist somit die Verletzung der Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht. Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet in diesem Zusammenhang, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (VwGH 20.9.1989, 88/13/0072; VwGH 25.1.1999, 93/17/0313). Demgemäß sind gegebenenfalls über die Vordrucksangaben hinaus Ergänzungen, Beilagen, Zusätze und Erklärungen anzuschließen. Es besteht die Verpflichtung, sich mit den abgabenrechtlichen Vorschriften vertraut zu machen, um selbst den Anforderungen, wie sie §119 BAO darlegt, gerecht werden zu können (VwGH 20.12.1977, 1156/76).

§22 BAO stellt dagegen eine Abgabenvorschrift dar, die im Abgabenverfahren dazu dient[,] den wahren wirtschaftlichen Gehalt − und nicht die äußere Erscheinungsform einer Gestaltung − für die Besteuerung als maßgeblich festzulegen. Abgaben sind somit so festzusetzen, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. Hieraus folgt, dass §22 BAO auf das Abgabenrecht beschränkt ist und als Nichtstrafnorm keinen allzu strengen Bestimmtheitserfordernissen unterliegt. Dessen ungeachtet ist – wie soeben gezeigt – §22 BAO einer Auslegung zugänglich und etwa auch bereits in zahlreichen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes ausgelegt worden: Vereinfacht gesagt, ist die Missbrauchsregelung ein Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und schafft keinen eigenen Besteuerungstatbestand (vgl VwGH 12.9.2001, 99/13/0166, 0167). Dementsprechend ist keine Verletzung des Legalitätsprinzips erkennbar.

Die Nennung des §22 BAO im Urteilsspruch des Landesgerichts für Strafsachen Wien dient offenbar lediglich dazu näher auszuführen, welche abgabenrechtlichen Konsequenzen die Verletzung der Offenlegungspflicht hatte. Eine Verletzung des Legalitätsprinzip gemäß Art18 B VG bzw des Klarheitsgebots gemäß Art7 EMRK ist jedoch nicht zu erkennen."

5. Der Antragsteller erstattete eine Replik, in der er die im Antrag dargelegten Bedenken bekräftigt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 78/2016 kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der vom Antragsteller erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. Juni 2016, Z 012 Hv 89/14i, gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B VG).

Als Angeklagter und nach der angeführten Entscheidung in erster Instanz Verurteilter ist der Antragsteller Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit er zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG berechtigt ist.

Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat der Antragsteller jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass er den vorliegenden Antrag und die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

1.3. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (VfSlg 20.029/2015; vgl VfSlg 20.010/2015).

1.3.1. Das Erstgericht, das über die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen §153 Abs1 und Abs2 zweiter Fall StGB, §§33 Abs1, 38 Abs1 FinStrG sowie §3 Abs1 Z1 und Abs2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) entschieden hat und zwei der Angeklagten wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §33 Abs1 FinStrG – teilweise gewerbsmäßig, teilweise versucht und teilweise durch Tatbeitrag – sowie wegen des Verbrechens der Untreue nach §153 Abs1 und 3 zweiter Fall StGB durch Tatbeitrag verurteilt hat, hat §33 Abs1, 3 lita und 5, §23 Abs1 bis 4 FinStrG sowie §22 BAO angewendet, nicht jedoch die vom Hauptantrag umfassten §33 Abs2, 3 litb bis f, 4 und 6, §23 Abs5 bis 7 FinStrG. Die zuerst genannten Bestimmungen sind sohin als präjudiziell anzusehen, wohingegen es bezüglich der zuletzt genannten Bestimmungen an diesem Erfordernis fehlt.

§33 Abs2, 4 und 6 FinStrG betrifft die Abgabenhinterziehung unter Verletzung des §21 UStG 1994 oder des §76 EStG 1988 (Abs2), durch die Verwendung von Sachen, für die eine Abgabenbegünstigung gewährt wurde, für einen anderen als den angegebenen Zweck (Abs4) sowie die Abgabenhinterziehung von Verbrauchsteuer (Abs6). §23 Abs5 bis 7 FinStrG normieren die Anrechnung von Untersuchungshaft, Vorhaft und im Ausland verbüßter Haft. Keiner der soeben genannten Tatbestände ist durch den zugrunde liegenden Anlassfall berührt, weswegen die Anwendung dieser Bestimmungen nicht in Betracht kommt. Die Anwendung von §33 Abs3 litb bis f FinStrG kommt ebenfalls nicht in Betracht, zumal die Abgabenverkürzung nicht durch eine in den soeben genannten Bestimmungen beschriebene Weise bewirkt wurde, sondern durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgaben gemäß §33 Abs3 lita FinStrG (vgl S 47 ff. des zugrunde liegenden Urteils). Die Bestimmungen des §33 Abs2, 3 litb bis f, 4 und 6 sowie des §23 Abs5 bis 7 FinStrG stehen auch in keinem Zusammenhang mit §33 Abs1, 3 lita und 5 und §23 Abs1 bis 4 FinStrG oder §22 BAO.

Nach VfSlg 20.074/2016 ist unter "Rechtssache" iSd Art140 Abs1 Z1 litd B VG nicht nur der Gegenstand der Entscheidung des Gerichtes erster Instanz zu verstehen, sondern die Rechtssache, die Gegenstand des Rechtsstreits im Instanzenzug der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist. Da nicht auszuschließen ist, dass der Oberste Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren den Sachverhalt nicht als vorsätzliche Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 FinStrG, sondern als grob fahrlässige Abgabenverkürzung gemäß §34 FinStrG qualifiziert, ist auch der vom Hauptantrag erfasste §34 FinStrG als präjudiziell anzusehen.

1.4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

1.5. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen (§62 Abs1 zweiter Satz VfGG).

1.6. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Rechtsvorschrift die zur Aufhebung beantragte Norm in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl zB VfSlg 14.802/1997, 17.752/2006; spezifisch zum Parteiantrag VfGH 2.7.2015, G16/2015; 2.7.2015, G145/2015; 18.2.2016, G642/2015).

Anträge, die diesem Erfordernis nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007; VfGH 2.3.2015, G140/2014; 2.7.2016, G53/2016; 14.3.2017, G14/2016) nicht (im Sinne des §18 VfGG) verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen.

1.6.1. Im Antrag werden zum einen Bedenken hinsichtlich §33 Abs5 und §23 Abs4 FinStrG und zum anderen hinsichtlich §22 BAO dargelegt, nicht jedoch hinsichtlich §33 Abs1 und 3 lita und §23 Abs1 bis 3 FinStrG. Insofern entspricht der Antrag dem Erfordernis der Darlegung der Bedenken nur teilweise und erweist sich daher, soweit er sich auf §33 Abs1 und 3 lita FinStrG bezieht, als unzulässig. Hinsichtlich der Bestimmungen des §23 Abs1 bis 3 FinStrG wurden zwar keine Bedenken vorgebracht, jedoch stehen diese Vorschriften in einem Zusammenhang mit §23 Abs4 FinStrG, weswegen auch deren Anfechtung zulässig ist.

1.6.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag der Argumentation der Bundesregierung nicht zu folgen, wonach der Antrag hinsichtlich §22 BAO nicht zulässig sei, weil die Aufhebung von §22 BAO nichts an der Bestrafung des Antragstellers nach §33 Abs1 FinStrG ändern und daher die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen würde. Zu bedenken ist vielmehr, dass §33 FinStrG eine Blankettstrafnorm ist, die die Verletzung der Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten sanktioniert. Dabei ergibt sich aus der Anwendung des §22 BAO die Reichweite der Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der vorgetragenen Bedenken zu §22 BAO sind die Zulässigkeitserfordernisse auch hinsichtlich §22 BAO erfüllt.

1.7. Der Antrag erweist sich daher, soweit er sich auf §33 Abs5, §23 Abs1 bis 4 sowie §34 FinStrG und §22 BAO bezieht, als zulässig, im Übrigen als unzulässig. Auf die Eventualanträge ist auf Grund der teilweisen Zulässigkeit des Hauptantrages nicht mehr einzugehen.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Soweit sich der Antragsteller mit seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des §33 Abs5 FinStrG wendet, ist der Antrag nicht begründet:

2.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes setzt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001, 20.072/2016). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.504/2002).

2.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere als unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg 9901/1983 zur Strafe des Verfalls), mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (VfSlg 10.904/1986, ähnlich bereits VfSlg 10.597/1985).

In Fortführung dieser Rechtsprechung sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpönt, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg 12.151/1989).

2.2.3. Wenn der Antragsteller aus einem Vergleich mit dem Sanktionensystem des Strafgesetzbuches ableitet, dass das Sanktionensystem des Finanzstrafgesetzes den Grundprinzipien hinsichtlich der Strafhöhe nicht gerecht werde und schon daher ein Verstoß gegen Art7 B VG vorliege, übersieht er, dass das Finanzstrafrecht, das durch spezifische Deliktstypen den Besteuerungsanspruch des Steuergläubigers schützt, ein eigenständiges Ordnungssystem bildet und deshalb mit dem Normensystem des Strafgesetzbuches nicht in Vergleich zu setzen ist (VfGH 14.3.2018, G241/2017).

2.2.4. Auch im Übrigen sind die Bedenken des Antragstellers gegen die Regelung des §33 Abs5 FinStrG nicht begründet:

2.2.4.1. Nach §33 Abs5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages geahndet. Im Fall einer Abgabenhinterziehung wird der Staat in seinem Recht, Steuern einzuheben, verletzt. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die Anknüpfung des §33 Abs5 FinStrG an das Zweifache des Verkürzungsbetrages unsachlich wäre, zumal der Gesetzgeber die Regelung der Strafbemessung an den Verkürzungsbetrag und damit unmittelbar an den durch die Abgabenhinterziehung bewirkten Schaden knüpft.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach §33 Abs5 FinStrG die Strafdrohung somit keineswegs "völlig nach oben hin offen", sondern mit dem doppelten Verkürzungsbetrag gedeckelt. Die Strafdrohung knüpft daher in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise – auch bei sehr hohen Verkürzungsbeträgen – an den Erfolgsunwert der Tat an. Es ist somit auch vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken nicht zu erkennen, dass die Strafdrohung in einem exzessiven Missverhältnis zum Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens stünde (vgl VfSlg 12.151/1989).

2.2.4.2. Soweit der Antragsteller behauptet, dass die Höchststrafe im Fall einer Verurteilung wegen Beitragstäterschaft zu einer Abgabenverkürzung einer Körperschaft nicht die Schuld des Täters widerspiegle, da sich der Verkürzungsbetrag nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft, der die Abgabenverkürzung zuzurechnen sei, und nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beitragstäters richte, ist Folgendes zu entgegnen:

Da die Strafdrohung des zweifachen Verkürzungsbetrages an den Erfolgsunwert der Tat an sich anknüpft, kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn die Obergrenze des Strafrahmens nicht nur für den unmittelbaren Täter, sondern auch für jeden anderen gilt, der einen anderen dazu bestimmt, eine solche Tat auszuführen, oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt (§11 FinStrG), ergibt sich doch auch die Verwerflichkeit des Tatbeitrages aus dem Erfolgsunwert der Tat selbst.

Im Übrigen übersieht der Antragsteller mit vorstehendem Bedenken §12 FinStrG, wonach dann, wenn an einer Tat mehrere Personen beteiligt sind, jeder nach seiner Schuld zu bestrafen ist. Gleichzeitig bildet die Schuld nach §23 Abs1 FinStrG die Grundlage für die Bemessung der Strafe. Gemäß §23 Abs3 FinStrG erfolgt somit auch die Bemessung der Strafe für einen Beitragstäter nach seinen persönlichen Verhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es ist daher nicht zu sehen, dass die Strafbemessung für einen Beitragstäter – wie vom Antragsteller behauptet – nach den wirtschaftlichen Verhältnissen eines vom Täter verschiedenen Rechtssubjektes oder des unmittelbaren Täters erfolgen würde.

Das Argument des Antragstellers, dass "die unverhältnismäßig hohe Strafdrohung des §33 Abs5 FinStrG nicht ausreichend durch §23 FinStrG abgeschwächt werden" könne, geht im Übrigen schon deshalb an der Sache vorbei, weil die Strafdrohung des §33 Abs5 leg.cit. wie zuvor vom Verfassungsgerichtshof dargelegt, nicht unverhältnismäßig ist.

2.2.4.3. Soweit der Antragsteller gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des §33 Abs5 FinStrG einwendet, dass "die Kombination der Geldsummenstrafe (und somit die unzureichende Einbeziehung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters bei der Strafzumessung) mit der durch §33 Abs5 FinStrG ermöglichten unsachlichen Strafhöhe" zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung führe, ist für den Verfassungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, welche Verfassungswidrigkeit durch die Kombination bewirkt würde, wenn man den Bedenken des Antragstellers folgte, dass bereits die durch §33 Abs5 FinStrG ermöglichte Strafhöhe unsachlich wäre.

Im Übrigen ist auch die Behauptung des Antragstellers, der Bemessungsvorgang bewirke, dass "die persönliche Leistungsfähigkeit bei der Strafzumessung regelmäßig nicht berücksichtigt" werde, nicht nachvollziehbar, zumal §23 Abs3 FinStrG ausdrücklich deren Berücksichtigung anordnet. Eine Nichtberücksichtigung wäre somit aber nicht dem Gesetz, sondern der Handhabung durch das Gericht anzulasten. Dass diese nach §23 Abs3 FinStrG zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Faktoren im Zuge der Strafbemessung nicht wie im Rahmen eines Tagessatzsystems gesondert ausgewiesen, sondern innerhalb eines Strafrahmens ebenso wie die gemäß §23 Abs2 leg.cit. zu berücksichtigenden tat- und schuldspezifischen Erschwerungs- und Milderungsgründe zur Anwendung zu bringen sind, bewirkt nicht, dass diese Faktoren – wie der Antragsteller vermeint – "in einem einzigen Bemessungsvorgang" zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist die konkrete Strafzumessung Ergebnis einer Berücksichtigung sämtlicher gesetzlich angeordneter, hinsichtlich ihrer Relevanz im Einzelfall gesondert zu würdigender Faktoren. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Antragstellers betreffend die Vorschrift des §33 Abs5 FinStrG nicht zu teilen.

2.2.5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Vorschrift des §33 Abs5 FinStrG unter dem Blickwinkel des Vorbringens keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es nicht geboten, dass der Gesetzgeber die einzelnen Kriterien für die Strafzumessung für den Fall einer Abgabenverkürzung in einer dem §19 StGB vergleichbaren Form regelt. Die Strafdrohung des §33 Abs5 FinStrG steht weder in einem exzessiven Missverhältnis zum Grad des Verschuldens und dem durch das Finanzvergehen bewirkten Schaden, noch schließt sie die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie tat- und schuldspezifischer Erschwerungs- und Milderungsgründe aus. Dass möglicherweise im jeweiligen Einzelfall einzelne Kriterien im Zuge der konkreten Strafzumessung vom erkennenden Gericht nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt werden, kann dabei dem Gesetzgeber nicht angelastet werden.

2.3. Der Antragsteller erachtet weiters die in §23 Abs4 FinStrG normierte Mindeststrafe für das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung – zunächst dem Grunde nach (vgl §23 Abs4 erster Satz FinStrG), dann aber auch im Hinblick auf ihre unterschiedliche Rolle im gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren (vgl §23 Abs4 zweiter Satz FinStrG) – als gleichheitswidrig.

2.4. Mit diesem Vorbringen ist der Antragsteller nicht im Recht, wobei zunächst die Verfassungskonformität der Mindeststrafe an sich zu erörtern ist:

2.4.1. Das Finanzstrafgesetz enthält in §23 Abs4 FinStrG eine Bestimmung zur Mindeststrafe, welche ihre geltende Fassung mit der Finanzstrafgesetz-Novelle 2010 (BGBl I 104/2010) erhalten hat. In dieser Fassung ordnet die Regelung des §23 Abs4 FinStrG in ihrem ersten Satz an, dass bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, die Bemessung der Geldstrafe mit einem Zehntel des Höchstausmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen hat (vgl im Übrigen auch §16 leg.cit., wonach die Mindestgeldstrafe in jedem Fall € 20,– beträgt). Vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ("Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet") sind jene Finanzvergehen ausgeschlossen, deren Strafdrohung bereits mit einem fixen Höchstbetrag bestimmt ist. Desgleichen gilt die Regelung bloß für Geld-, nicht aber auch für Freiheitsstrafen.

Aufbauend auf dem ersten Satz bestimmt der zweite Satz des §23 Abs4 FinStrG, dass die Bemessung einer den Mindestbetrag unterschreitenden Geldstrafe nur zulässig ist, wenn besondere Gründe vorliegen und die Ahndung der Geldstrafe nicht dem ordentlichen Gericht obliegt (vgl §3 Abs2 FinStrG). Mit diesen Anordnungen wird im Bereich des gerichtlichen Finanzstrafrechts eine absolute Untergrenze für die allgemeinen Strafzumessungsregelungen des §23 Abs1 bis 3 FinStrG angeordnet, denen zufolge die Schuld des Täters die Grundlage der Strafbemessung darstellt, bei der Bemessung die Erschwerungs- und die Milderungsgründe (soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen) gegeneinander abzuwägen sind und hiebei auch die persönlichen Verhältnisse sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen sind.

Die angefochtene Regelung des §23 Abs4 FinStrG geht im Kern auf die Novelle BGBl I 57/2004 zurück, mit der diese Bestimmung folgenden Wortlaut erhielt: "Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, ist die Bemessung der Geldstrafe mit einem ein Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe unterschreitenden Betrag nur zulässig, wenn besondere Gründe vorliegen." Wie die Materialien (RV 451 BlgNR 22. GP, 31 f.) ausführen, sollte dies den Tätern die strafrechtlichen Konsequenzen steuerlichen Fehlverhaltens deutlicher als bis dahin vor Augen führen. Besondere Gründe, die ein Unterschreiten der Mindeststrafe rechtfertigten, seien – so die Materialien weiter – etwa dann anzunehmen, wenn die Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen beträchtlich überwögen und spezialpräventive Erfordernisse fehlten. Durch die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010 (BGBl I 104/2010) wurde die Möglichkeit einer Unterschreitung der Mindeststrafe sodann auf das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren beschränkt.

2.4.2. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Sachlichkeitsgebot bei Festlegung von Sanktionen (vgl Punkt IV.2.2.2.) hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Verwaltungsstrafen erkannt, dass aus Gründen der General- und Spezialprävention Mindeststrafen zur effizienten Bekämpfung eines verpönten Verhaltens zulässig sind, wenn das Gewicht der Mindeststrafdrohung nicht außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten Ziele steht (VfSlg 18.775/2009, 19.960/2015; ähnlich VfSlg 15.677/1999). Dies gilt selbst dann, wenn die Möglichkeit der Ausschöpfung eines Strafrahmens bereits den Schutzzweck hinreichend erfüllen sollte, sofern die Normierung einer Mindeststrafe – etwa im Hinblick auf das dem Regelungsbereich innewohnende Gefährdungspotential und das mögliche Einkalkulieren des Strafausmaßes – sachlich begründet ist (VfSlg 15.785/2000). Dabei kann die Mindeststrafdrohung auch ein empfindliches Ausmaß annehmen, wenn der Zweck der Durchsetzung eines in der Regel normgerechten Verhaltens nur durch eine solche Maßnahme erreicht werden kann (VfSlg 15.677/1999). Erreicht die Strafdrohung allerdings eine Höhe, die mit dem hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zweck der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar ist, erweist sich die Mindeststrafe ebenso als verfassungswidrig (VfSlg 15.677/1999) wie wenn sie auf eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte anzuwenden ist und damit Verstöße ganz unterschiedlicher Gravität erfasst, ohne eine hinreichende Berücksichtigung der Unterschiede zu ermöglichen (VfSlg 19.351/2011).

2.4.3. In Anbetracht dieser Rechtsprechung kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er zum Schutz der finanziellen Interessen des Staates eine Mindeststrafdrohung mit dem Ziel vorsieht, deutlicher als bis zu ihrer Einführung die strafrechtlichen Konsequenzen steuerlichen Fehlverhaltens vor Augen zu führen (RV 451 BlgNR 22. GP, 31).

2.4.4. Auch vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Mindeststrafdrohung in §23 Abs4 FinStrG in unverhältnismäßiger Weise festgelegt hätte:

Mit der Festlegung der möglichen Strafhöhe (bzw des Strafrahmens zwischen Höchst- und Mindeststrafe) bestimmt der Gesetzgeber das Ausmaß des sozialen Unwertes, welches er mit dem verpönten Verhalten verbindet (zur Maßgeblichkeit der Strafdrohung für die Bewertung der Sozialschädlichkeit des verbotenen Verhaltens vgl zB VfSlg 18.321/2007, 19.862/2014, 19.960/2015; VfGH 13.12.2017, G408/2016 ua). Ihre Grenze findet diese Freiheit zur Festlegung der zulässigen Strafhöhe im aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot (vgl dazu näher oben Punkt IV.2.2.2.).

2.4.5. Basierend auf der unter Punkt IV.2.2.4.1. vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Auffassung, dass die Höchststrafdrohung für das Vergehen der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs5 FinStrG vom Gesetzgeber in nicht unsachlicher Weise am Verkürzungsbetrag orientiert wurde – und damit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet –, ist es nicht überschießend, wenn der Gesetzgeber in §23 Abs4 FinStrG einen (nicht unverhältnismäßig hohen) Prozentsatz der Höchststrafdrohung als Mindeststrafe festlegt.

2.4.6. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann daher in Anbetracht der Zielsetzung der Mindeststrafdrohung und ihrer konkreten Ausgestaltung dahinstehen, ob die Strafdrohung als Preis eines erwarteten Nutzens kalkuliert werden kann. Auch ist der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht zu entnehmen, dass eine Mindeststrafe im Hinblick auf ein Gefährdungspotential nur in Fällen zulässig wäre, in denen eine Gefahr für den Menschen bzw die Umwelt besteht (vgl etwa VfSlg 15.677/1999 zur Mindeststrafe im Fall einer Abgabenhinterziehung nach dem Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz).

2.5. Dem Antragsteller ist auch nicht zu folgen, wenn er ins Treffen führt, dass die Vorschrift des §23 Abs4 Satz 2 FinStrG unsachlich differenziere, weil nach dieser Bestimmung ein an das Vorliegen besonderer Gründe gebundenes Unterschreiten der Mindeststrafe nur für das verwaltungsbehördliche, nicht aber auch für das gerichtliche Finanzstrafverfahren vorgesehen ist:

Ebenso wie zwischen dem allgemeinen gerichtlichen Strafrecht und dem finanzgerichtlichen Verfahren (VfGH 14.3.2018, G241/2017) sowie zwischen dem allgemeinen verwaltungsbehördlichen und dem finanzbehördlichen Strafverfahren (VfSlg 19.831/2013) bestehen auch – innerhalb des finanzstrafrechtlichen Systems – wesentliche Unterschiede zwischen dem gerichtlichen und dem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren, die im Allgemeinen verschiedenartige Regelungen einer Frage sachlich zu rechtfertigen vermögen (vgl VfSlg 8017/1977, 9956/1984, 19.690/2012). Dementsprechend differenziert das Finanzstrafgesetz, das mit der Zuständigkeitsregelung des §53 Abs1 und 2 FinStrG zum Ausdruck bringt, dass Straftaten in die Zuständigkeit der Gerichte erst fallen, wenn der strafbestimmende Wertbetrag eine bestimmte Höhe erreicht, auch hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Ausmaß über den Beschuldigten – neben der bzw zusätzlich zu einer Geldstrafe – Freiheitsstrafen verhängt werden können, zwischen gerichtlichem und verwaltungsbehördlichem Finanzstrafverfahren (vgl etwa §15 Abs3 FinStrG).

Vor diesem Hintergrund kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, dass es dem Gesetzgeber verwehrt wäre, die Frage des Unterschreitens der Mindeststrafdrohung im gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren unterschiedlich zu regeln.

Dabei kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er für das gerichtliche Finanzstrafverfahren angesichts der generalpräventiven Zielsetzung der Mindeststrafe in §23 Abs4 FinStrG eine absolute Untergrenze für die allgemeinen Strafzumessungsregeln des §23 Abs1 bis 3 FinStrG anordnet; im Übrigen ist auch für das gerichtliche Finanzstrafverfahren in spezifischen Fällen die Zumessung einer geringeren Strafe nicht gänzlich ausgeschlossen (vgl §26 Abs1 FinStrG).

2.6. Der Antragsteller vermochte daher mit seinen Bedenken nicht aufzuzeigen, dass die Bestimmung des §23 Abs4 FinStrG unsachlich ist.

2.7. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bewirkt der Umstand, dass §22 BAO idF vor BGBl I 62/2018 bei der Feststellung einer Abgabenhinterziehung zur Anwendung gelangen kann, nicht, dass ein Verstoß gegen Art18 B VG oder Art7 EMRK vorliegt:

2.7.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch eine unscharfe Abgrenzung gekennzeichnet sind, dann mit Art18 B VG vereinbar ist, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden kann (vgl zB VfSlg 6477/1971 mwN; ferner VfSlg 11.776/1988 zu unbestimmten Gesetzesbegriffen in einem Straftatbestand). Art18 B VG verlangt dabei – angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können – einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad (vgl zB VfSlg 13.785/1994). Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl zB VfSlg 8209/1977, 9883/1983 und 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl zB VfSlg 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996, 14.631/1996 und 15.493/1999 sowie 16.137/2001 und 16.635/2002).

2.7.1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip ausgesprochen, dass der Gesetzgeber klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen hat, wo er strafen will, und dass die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit geben muss, sich dem Recht gemäß zu verhalten; es kann nicht die Aufgabe der Rechtsanwendung sein, im Wege der Auslegung eine fehlende Strafrechtsnorm zu supplieren (VfSlg 12.947/1991 mwN). Auch Art7 EMRK schließt das Gebot in sich, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich ist, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (VfSlg 11.776/1988 mwN). Angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ist ganz allgemein – und zwar auch im Zusammenhang mit (Verwaltungs-)Straftatbeständen – davon auszugehen, dass Art18 B VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (VfSlg 13.785/1994, 16.993/2003).

2.7.1.2. Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den gesetzestechnischen Vorgang der äußeren Trennung von Tatbild und Strafdrohung, wie er für Blankettstrafnormen kennzeichnend ist, als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, solange der Tatbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet ist, sodass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag. Besteht der strafbare Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm, muss der Unrechtsgehalt eines Unterlassens ebenso eindeutig erkennbar sein (VfSlg 12.947/1991 mwN).

Nach dem Grundsatz "nulla poena sine lege" muss gerade bei Blankettstrafnormen die Abgrenzung des erlaubten vom unerlaubten Verhalten so eindeutig erkennbar sein, dass jeder berechtigte Zweifel des Normunterworfenen über den Inhalt seines pflichtgemäßen Verhaltens ausgeschlossen ist (VfSlg 12.947/1991; vgl auch VfSlg 14.319/1995).

2.7.2. §22 Abs1 BAO idF vor BGBl I 62/2018 ordnet an, dass durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann. Liegt Missbrauch vor, so sind gemäß Abs2 leg.cit. die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

2.7.2.1. Liegt Missbrauch im Sinne des §22 BAO vor, wird durch den – auf Grund der als Missbrauch qualifizierten Gestaltung – erzielten Abgabenvorteil eine Abgabenverkürzung bewirkt. Ob zugleich auch eine Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht gemäß §33 Abs1 FinStrG vorliegt, hängt davon ab, ob der Steuerpflichtige jene Umstände, die für die Beurteilung der Frage, ob die gewählte Gestaltung Missbrauch begründet, erheblich sind, der Abgabenbehörde offengelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dabei darauf abzustellen, ob jene Umstände offengelegt sind, die der Abgabenbehörde die Prüfung der Frage ermöglichen, ob für die gewählte Gestaltung, die von der Absicht des Steuerpflichtigen getragen ist, einen Steuervorteil zu erzielen, außersteuerliche Gründe bestehen oder diese ohne den abgabensparenden Effekt einfach unverständlich ist (vgl VwGH 31.3.2011, 2008/15/0115 und 5.4.2011, 2010/16/0168).

2.7.2.2. In Anbetracht dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §22 BAO vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass es dem Einzelnen nicht möglich wäre, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren und seiner Offenlegungspflicht in einer Weise nachzukommen, die die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung in missbrauchsgeneigten Fällen hintanhält.

2.7.3. Die Vorschrift des §22 BAO bewirkt somit aber nicht, dass die Blankettstrafnorm des §33 FinStrG in Fällen des Missbrauchs nicht mit genügender Klarheit als Straftatbestand gekennzeichnet wäre, womit weder ein Verstoß gegen Art18 B VG noch gegen Art7 EMRK vorliegt.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist abzuweisen, soweit er sich auf §23 Abs1 bis 4 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 104/2010, §33 Abs5 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 14/2013, §34 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 118/2015 und §22 BAO, BGBl 194/1961, bezieht.

2. Im Übrigen, also hinsichtlich §23 Abs5 bis 7 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 104/2010 und §33 Abs1, 2, 3, 4 und 6 FinStrG, BGBl 129/1958, idF BGBl I 14/2013, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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