JudikaturVfGH

E3172/2017 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. September 2018

Spruch

I. 1. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§57 Asylgesetz 2005), gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen, sohin soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias und stellte am 27. Oktober 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. April 2017 wurde der Antrag gemäß §3 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung von Asyl sowie gemäß §8 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung von subsidiärem Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß §46 FPG zulässig sei; gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

2. Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2017 abgewiesen.

2.1. Zur Lage im Herkunftsstaat, insbesondere zur Situation von alleinstehenden Frauen, traf das Bundesverwaltungsgericht u.a. folgende Feststellungen:

" Auch Diskriminierung im Arbeitsleben ist für viele Frauen Alltag. Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes – und dort vor allem in den Städten – werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 3.12.2015)."

2.2. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis aus, es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, eine gegen sie gerichtete, konkrete Verfolgung im Sinne des Art1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Vielmehr habe sie – vage und substanzlos – vorgebracht, dass Boko Haram im Dezember 2014 Christen eine Frist von drei Monaten gesetzt hätten, um Abuja zu verlassen. Diese Ereignisse seien jedoch als eine zufällige Folge einer – allenfalls durch terroristische Anschläge hervorgerufene – phasenweise instabilen Sicherheitslage in Abuja anzusehen, denen keine Asylrelevanz zukomme. Darüber hinaus erscheine es nicht wahrscheinlich, dass die extremistische Gruppierung Boko Haram Christen in einer Großstadt wie Abuja ein dreimonatiges Ultimatum stelle, um die Stadt zu verlassen. Eine derartige (versuchte) Massenvertreibung sei den Länderberichten zu Nigeria nicht zu entnehmen. Auch vermochte die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar zu erklären, wie sie von diesem Ultimatum erfahren habe bzw wie es die muslimischen Extremisten geschafft haben sollten, ihr Ultimatum in Abuja publik zu machen.

Die belangte Behörde habe subsidiären Schutz zu Recht nicht erteilt. In vorliegendem Fall würden auch keine Anhaltspunkte dahingehend vorliegen, dass der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria die notwendigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art3 EMRK überschritten wäre. Die Beschwerdeführerin sei volljährig, gesund, arbeitsfähig und weise eine mehrjährige Schul- und Berufsausbildung auf. Ihren eigenen Angaben zufolge sei sie über Jahre hinweg in Abuja imstande gewesen, sich ihren Unterhalt als Frisörin zu erwirtschaften. Zudem würden ihre Mutter und ihre Schwester weiterhin in ihrem Herkunftsstaat leben. Weiters führt das Bundesverwaltungsgericht wörtlich aus:

"Der erkennende Richter übersieht keinesfalls, dass die Beschwerdeführerin ein Kind erwartet. Eine besondere Vulnerabilität ergibt sich jedoch allein schon deshalb nicht, weil die Beschwerdeführerin mit dem Kindesvater, *************, einem ebenfalls nigerianischen Staatsangehörigen - zu dessen Asylantrag bereits ein negativer Bescheid samt Ausweisungsentscheidung nach Nigeria ergangen ist und dessen Beschwerdeverfahren derzeit am Bundesverwaltungsgericht noch anhängig ist - in einer Lebensgemeinschaft lebt und im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat von ihm entsprechende Unterstützung erhalten kann, selbst wenn dessen Asylantrag in Österreich positiv beschieden werden sollte. In diesem Kontext ist auf die Ausführungen unten unter Punkt 11.3.3.2.5. zu verweisen, aus denen hervorgeht, dass der Lebensgefährte in seinem Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich wirtschaftliche Gründe vorbrachte und eine wie immer geartete gegen ihn gerichtete Verfolgung in Nigeria dezidiert ausschloss, sodass es ihm offensteht - allenfalls sogar unter Inanspruchnahme einer finanziellen Rückkehrhilfe - seine Lebensgefährtin nach Nigeria [zu] begleiten und ihr bei der Geburt des gemeinsamen Kindes beizustehen und das Familienleben in Nigeria fortzuführen."

Die Beschwerdeführerin halte sich erst seit Ende Oktober 2016, also verhältnismäßig kurz, im Inland auf. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe ihren Asylantrag bereits fünf Monate nach Antragstellung abgewiesen. Insofern hätte der Beschwerdeführerin bewusst sein müssen, dass einem allfällig entstandenen Privat- oder Familienleben im weiteren Verfahren nur sehr abgeschwächte Relevanz zukommen würde. Die Beschwerdeführerin verfüge lediglich über rudimentäre Deutschkenntnisse, gehöre keinem Verein oder keiner sonstigen Organisation in Österreich an und habe – abgesehen von ihrem Lebensgefährten – keine sozialen Bindungen in Österreich. Mit ihrem Lebensgefährten führe die Beschwerdeführerin indes ein Familienleben und erwarte von ihm ein Kind. Ihr Lebensgefährte, sei jedoch (derzeit) nicht auf Dauer im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt; vielmehr sei sein Asylantrag bereits mit Bescheid abgewiesen und mit einer Ausweisungsentscheidung verknüpft worden. Die Beschwerdeführerin habe – in vollem Bewusstsein ihres unsicheren Aufenthaltsstatus – einerseits ein Familienleben begründet und sich andererseits gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in eine Schwangerschaft eingelassen, obgleich auch er über ein höchst unsicheres Aufenthaltsrecht verfüge. Sowohl der Beschwerdeführerin als auch ihrem Lebensgefährten stehe die Möglichkeit offen, nach Nigeria zurückzukehren. Dies insbesondere, als der Lebensgefährte im Administrativverfahren ausschließlich wirtschaftliche Beweggründe für seine Ausreise ins Treffen geführt und eine wie auch immer geartete Verfolgung dezidiert ausgeschlossen habe. Der Lebensgefährte sei wegen Suchtmitteldelinquenzen zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden, sei überdies gesund und arbeitsfähig und weise – abgesehen von seiner schwangeren Lebensgefährtin – keine berücksichtigungswürdigen sozialen, familiären oder verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich auf. Insofern spreche nichts gegen seine Ausreise. Auch im Lichte der aktuellen Länderberichte sei kein Grund erkennbar, wonach es der schwangeren Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten verwehrt bliebe, nach Nigeria zurückzukehren und sich dort – ohne in existenzielle Notlagen zu geraten – dauerhaft niederzulassen. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Lebensgefährte würden die Landessprache auf muttersprachlichem Niveau beherrschen und seien – trotz ihrer mehrjährigen Abwesenheit – mit den grundlegenden gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Nigeria vertraut. Beiden wäre es möglich, sich in Nigeria einen Lebensunterhalt zu erwirtschaften; beide würden über ein soziales Umfeld in Nigeria verfügen. Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher wörtlich zu folgendem Ergebnis:

"Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des §9 BFA-VG ist sohin davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der schwangeren Beschwerdeführerin im Bundesgebiet - unter Annahme einer gemeinsamen Ausreise nach Nigeria mit ihrem Lebensgefährtin - das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art8 EMRK nicht vorliegt. Selbst unter der hypothetischen Annahme, dass die schwangere Beschwerdeführerin ihren Lebensgefährten (zunächst) in Österreich zurücklässt, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, zumal einerseits dem Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin aufgrund der oben ausgeführten Erwägungen grundsätzlich nur geringes Gewicht zugesonnen werden kann, und der Beschwerdeführerin bei einer alleinigen Rückkehr nach Nigeria die Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens nicht gänzlich verwehrt bliebe, […] Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit - selbst unter Annahme, dass die Beschwerdeführerin (zunächst) ihren Lebensgefährten und Vater ihres ungeborenen Kindes in Österreich alleine zurücklässt - das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber;"

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit von Fremden untereinander und auf Achtung des Privat- und Familienlebens behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Die Beschwerde führt im Wesentlichen aus, das Bundesverwaltungsgericht habe es verabsäumt, den realen Hintergrund der von der Antragstellerin vorgebrachten Fluchtgründe miteinzubeziehen. So sei zwar zugestanden worden, dass es vor allem im Bereich der Hauptstadt Abudja ein großes Risiko für Anschläge gäbe; jedoch habe das Bundesverwaltungsgericht den dahingehenden Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Anschlägen und Vertreibungen von Christen keinerlei Glauben geschenkt. Weiters habe es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, im konkreten Fall Feststellungen zur Situation von schwangeren, alleinstehenden Frauen in Nigeria bzw alleinerziehenden Frauen in Nigeria zu treffen. Die Länderfeststellungen würden überdies nicht die gebotene Aktualität aufweisen. In Anbetracht der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin hätten die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten für Mütter und Säuglinge berücksichtigt werden müssen. Es fehle im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin jedenfalls an einem Zugang zur Gesundheitsversorgung vor und unmittelbar nach der Geburt. Damit gehe einher, dass es eine hohe Müttersterblichkeit gäbe. Der Zugang zur medizinischen Versorgung werde auch durch das ärmliche und schlecht organisierte Gesundheitssystem erschwert. Es stehe sohin im Raum, dass die Beschwerdeführerin im Zuge einer Rückführung während und nach der Geburt in die Gefahr der unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bzw des Zustandes ihres Kindes geraten könnte. Die Entscheidung verletze insofern den Gleichheitsgrundsatz, als das Bundesverwaltungsgericht willkürlich gehandelt habe.

Abgesehen davon ergebe sich aus dem Erkenntnis, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Lebensgefährten und Vater ihres Kindes getrennt werde. Das Erkenntnis greife sohin in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sowie ihres Kindes ein. Das Gericht beschränke sich darauf zu verweisen, dass auch der Kindesvater voraussichtlich keine Aufenthaltsbewilligung für Österreich erhalten werde. Es würdige jedoch zu wenig, dass der Beschwerdeführerin durch die nunmehrige Entscheidung die Möglichkeit genommen werde, gemeinsam mit ihrem Lebenspartner das gemeinsame Kind in einem sicheren Umfeld aufwachsen zu lassen.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

Die Beschwerde ist zulässig.

A. Soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§57 AsylG 2005), gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise richtet, ist sie auch begründet.

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg. cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein solcher Fehler ist dem Verwaltungsgericht unterlaufen:

Im Rahmen der Entscheidung über die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten hält das Bundesverwaltungsgericht zunächst fest, die Beschwerdeführerin erwarte ein Kind. Dennoch sei sie nicht besonders vulnerabel, denn sie könne vom Kindesvater – ebenfalls ein nigerianischer Staatsangehöriger – eine entsprechende Unterstützung erhalten, selbst wenn dessen Asylantrag in Österreich positiv beschieden werden würde. Damit geht das Bundesverwaltungsgericht zum einen deutlich davon aus, dass die Beschwerdeführerin alleine in ihre Heimat zurückkehren werde. Seine Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stützt das Bundesverwaltungsgericht zum anderen jedoch maßgeblich auf die Prämisse, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und Kindesvater zurückkehren werde: Unter der Annahme der gemeinsamen Ausreise der Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten würde das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der schwangeren Beschwerdeführerin das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls überwiegen. Insofern ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in diesem wesentlichen Punkt in sich widersprüchlich.

Insbesondere verabsäumt es das Bundesverwaltungsgericht zudem, sich mit der Situation alleinstehender Frauen mit Kind in Nigeria auseinanderzusetzen. Vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen zu alleinstehenden Frauen in Nigeria hätte sich das Bundesverwaltungsgericht ausführlich mit den Folgen einer alleinigen Rückkehr der (im Entscheidungszeitpunkt schwangeren) Beschwerdeführerin befassen müssen. Insofern ist die angefochtene Entscheidung mit Willkür belastet.

B. Im Übrigen, sohin soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973). Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe asylrelevant sind, nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet, abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

III. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§57 AsylG 2005), gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise, abgewiesen wird, in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Im Übrigen, sohin soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten richtet, ist die Behandlung der Beschwerde abzulehnen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat (vgl VfSlg 16.760/2002). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Die als Erhöhungsbeitrag (ERV) geltend gemachten Kosten in der Höhe von € 4,10 sind schon deshalb nicht zuzusprechen, weil diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl zB VfGH 13.12.2017, E3939/2017).

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