JudikaturVfGH

G285/2017 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
01. März 2018

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, "die Bestimmung des §14 Abs2 Kraftfahrliniengesetz […], BGBl I Nr 203/1999 i.d.F. BGBl I Nr 58/2015, sowie die Zeichenfolge ',2' im Klammerausdruck des §7 Abs1 Z4 litb KfIG, BGBl I Nr 203/1999 i.d.F. BGBl I Nr 58/2015, sowie die Worte 'im Sinne des Abs2' im §14 Abs4 KfIG, BGBl I Nr 203/1999 i.d.F. BGBl I Nr 58/2015, als verfassungswidrig aufzuheben. Weiters wird der Antrag […] gestellt, die Wortfolge 'wegen der geminderten Rentabilität' in der Bestimmung des §7 Abs1 Z4 litb Kraftfahrliniengesetz, BGBl I Nr 203/1999 i.d.F. BGBl I Nr 58/2015, als verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

1. §7 und §14 des Bundesgesetzes über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), BGBl I 203/1999, idF BGBl I 58/2015, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Voraussetzungen und Ausschließungsgründe für die Erteilung von Berechtigungen

§7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:

1. der Konzessionswerber oder der nach §10a vorgesehene Verkehrsleiter zuverlässig und fachlich geeignet ist und der Konzessionswerber überdies die entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit besitzt;

2. der Konzessionswerber als natürliche Person die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und das Unternehmen (§1 Abs2 Z2) seinen Sitz im Inland hat. Staatsangehörige und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einer sonstigen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind österreichischen Konzessionswerbern gleichgestellt;

3. die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und

4. die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

a) die Kraftfahrlinie auf Straßen geführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eignen, oder

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§14 Abs1 , 2 und 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, ernsthaft zu gefährden geeignet ist; dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient, und die Entscheidung über dessen Gefährdung alleine aufgrund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität dieses Kraftfahrlinienverkehrs erfolgen würde, oder

c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben nicht-kommerzieller Verkehrsdienste (§3 Abs3 ÖPNRV-G 1999), in deren Verkehrsbereich (§14 Abs1, 3 und 5) er ganz oder teilweise fällt, ernsthaft beeinträchtigen würde, oder

d) bereits ein Vergabeverfahren nach den anwendbaren Bestimmungen des Vergaberechts oder der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 zur Vergabe eines nicht-kommerziellen Kraftfahrlinienverkehrs (§23 Abs3) eingeleitet wurde, der sich ganz oder zum Teil auf die im Wesentlichen gleichen Verkehrsleistungen wie der beantragte Kraftfahrlinienverkehr bezieht, oder

e) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrs durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§14 Abs6) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe, und eines von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten vornimmt.

(2) Die Aufsichtsbehörde hat zur Feststellung des Vorliegens des Ausschließungsgrundes gemäß Abs1 Z4 litc alle relevanten Informationen bei den gemäß Art2 litb der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 zuständigen Behörden oder nach dem 31. Dezember 2015 auch bei den gemäß §30a ÖPNRV-G 1999 benannten Stellen einzuholen.

(3) Für den Fall der Erteilung einer Genehmigung nach §1 Abs3 haben die Voraussetzungen des Abs1 Z1 und 2 vorzuliegen, und darf der Ausschließungsgrund des Abs1 Z4 lita nicht gegeben sein.

[…]

Verkehrsbereich

§14. (1) Der Verkehrsbereich erstreckt sich so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr ernsthaft gefährdend auswirken (§7 Abs1 Z4 litb) oder diesen ernsthaft beinträchtigen (§7 Abs1 Z4 litc) kann.

(2) Eine ernsthafte Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen bei der Führung seines öffentlichen Verkehrs hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleiden würde.

(3) Eine ernsthafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn bei der Führung eines nicht-kommerziellen öffentlichen Verkehrs (§3 Abs3 ÖPNRV-G 1999) hinsichtlich der beeinträchtigen Linie die wirtschaftliche Betriebsführung nur durch zusätzliche Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Mitteln gesichert wäre.

(4) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession eine ernsthafte Gefährdung im Sinne des Abs2 , so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese beurteilen kann, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird. Sofern dies für die Beurteilung erforderlich ist, hat das Unternehmen auch eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation vorzulegen, aus der das Einnahmenerfordernis für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht.

(5) Ist durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession eine ernsthafte Beeinträchtigung im Sinne des Abs3 zu erwarten, so hat auch das Verkehrsunternehmen der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese beurteilen kann, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung dieser Linie auswirken wird. Sofern dies für die Beurteilung erforderlich ist, hat das Unternehmen auch eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation vorzulegen, aus der das Einnahmenerfordernis sowie das Erfordernis zusätzlicher Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Mitteln für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht.

(6) Unter Verkehrsbereich nach §7 Abs1 Z4 lite ist der Bereich zu verstehen, innerhalb dessen die bereits bestehende Kraftfahrlinie das Verkehrsbedürfnis befriedigt."

2. Die Erläuterungen zur Stammfassung des Kraftfahrliniengesetzes (IA 1118/A 20. GP, 48 ff.) führen Folgendes aus:

"A. Allgemeiner Teil

Das Kraftfahrlinienrecht ist Teil des Verkehrsaufsichtsrechtes. Im Gegensatz zur Lenkung schafft die fachbehördliche Wirtschaftsaufsicht Rahmenbedingungen und kontrolliert deren Einhaltung, sie überläßt aber die betriebswirtschaftliche Initiative grundsätzlich der beaufsichtigten Unternehmensleitung. Ihr Ziel ist die Funktionssicherung aus gesamtwirtschaftlichen Gründen. Die Gesetzgebung hat die dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsunternehmen stets als eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, insbesondere der Daseinsvorsorge, betrachtet, und der Staatsverwaltung für deren zufriedenstellendes Funktionieren besondere Verantwortung zugewiesen. So ist als Ziel des Kraftfahrlinienrechtes nicht die maximale sondern die optimale Versorgung der Bevölkerung mit Kraftfahrlinien zu bezeichnen.

Das Kraftfahrliniengesetz 1952 wurde – von EU- und EWR-Anpassungen abgesehen – kaum novelliert. Durch die rasante Entwicklung des Kraftfahrlinienverkehrs seit der Erlassung des Kraftfahrliniengesetzes 1952 (so wurden im Jahre 1997 von 2.445 Kraftfahrlinien rund 554 Millionen Fahrgäste bei einer Fahrleistung von 229 Millionen Kilometern befördert), die Schaffung von Verkehrsverbünden und nicht zuletzt die technische Entwicklung der Omnibusse war es erforderlich, den gesamten Aufbau des Gesetzes neu zu konzipieren.

Bewährte Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes 1952 wurden überarbeitet, ein Großteil der Normen der 1. Durchführungsverordnung zum Kraftfahrliniengesetz 1952 (die fast ausschließlich Normen beinhaltete, die über den Regelungsinhalt einer Verordnung hinausgingen) aus Systemgründen in das Gesetz eingearbeitet und überdies, der Entwicklung auf dem Sektor des Kraftfahrlinienverkehrs entsprechend, neue Bestimmungen in das Kraftfahrliniengesetz aufgenommen.

Das Kraftfahrlinienrecht ist im Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z8 B VG (Angelegenheiten des Gewerbes) versteinert, da unter diesem Kompetenztatbestand alle Vorschriften fallen, die nach dem Stand der Systematik der einfachrechtlichen Gesetzgebung am 1. Oktober 1925 als gewerberechtliche Vorschriften anzusehen sind (siehe dazu VfSlg 2670/1954 und 2918/1955). Dies jedoch, ohne den Personenbeförderungsgewerben gemäß GewO 1994 anzugehören, da diese gemäß §2 Abs1 Z15 auf den Betrieb von Kraftfahrlinien nicht anzuwenden ist.

[…]

B. Besonderer Teil

[…]

Zu §7:

Die subjektiven Konzessionsvoraussetzungen der Zuverlässigkeit, fachlichen Eignung und finanziellen Leistungsfähigkeit sah schon §4 Abs1 Z1 des KflG 1952 vor. Die Bestimmungen wurden entsprechend der Vorschrift des Art3 Abs1 der Richtlinie 96/26/EG auf Genehmigungen erweitert.

Unter Zuverlässigkeit ist eine entsprechende ethische Einstellung des Berechtigungswerbers zu verstehen, die es rechtfertigt, ihm die Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu erteilen. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Berechtigungswerbers bedarf daher einer ausreichenden Befassung mit der Persönlichkeit des Überprüften.

Kraftfahrlinienunternehmen aus der Europäischen Union oder aus dem Europäischen Wirtschaftsraum sind gemäß Z2 den österreichischen gleichgestellt, sofern sie auch einen Sitz oder wenigstens eine ständige geschäftliche Niederlassung in Österreich haben.

Zur Gewährleistung einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Befriedigung des für eine Linie in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses nach Abs1 Z3 darf keine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben im Sinne Z4 litb in Kauf genommen werden.

Ein Kraftfahrlinienunternehmer ist zur Duldung der Konkurrenzierung seines Betriebes durch andere Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs verpflichtet. Er kann sich daher der Neuerteilung oder Erweiterung einer Kraftfahrlinienkonzession nicht erfolgreich mit dem Argument zur Wehr setzen, daß aufgrund der angestrebten neuen oder erweiterten Konzession dieselbe Strecke befahren werden soll, auf deren linienmäßige Befahrung ihm ein Recht bereits zuerkannt worden ist; dies selbst dann nicht, wenn einzelne Kurse einander zeitlich konkurrenzieren.

Werden jedoch von konkurrenzierten Verkehrsunternehmen (Eisenbahn- und Kraftfahrlinienunternehmen) entscheidungsrelevante Einwendungen (vgl. Erläuterungen zu §14 Abs3) erhoben, führt dies zur Abweisung des Ansuchens, sofern die Gefährdung nicht durch die Vorschreibung von Auflagen (§16) zum Schutz der Erfüllung der Verkehrsaufgaben der konkurrenzierten Verkehrsunternehmen verhindert oder minimiert werden kann.

Der Ausschließungsgrund des Abs1 Z4 litc liegt erst dann vor, wenn das Ermittlungsverfahren ergeben hat, daß der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Interesse mehr entsprechenden Ausgestaltung durch einen der betroffenen Verkehrsunternehmer, dem eine Konzession bereits rechtskräftig erteilt wurde, vorgriffe und einer dieser Verkehrsunternehmer innerhalb angemessener Frist die von der Behörde als Verbesserung notwendigen Umfanges beurteilte Änderung der Verkehrsbedienung vorgenommen hat. Zur Abwehr dieses Ausschließungsgrundes kommt die Vorschreibung von Auflagen nicht in Betracht.

Unter einer 'notwendigen Verbesserung der Verkehrsbedienung' ist nur die zusätzliche Bedienung einer bereits konzessionierten Kraftfahrlinie (etwa durch Ausgestaltung des Fahrplanes) nicht aber die Erteilung einer neuen Konzession zu verstehen.

Ist zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides eine Verbesserung der Verkehrsbedienung durch einen anderen Verkehrsunternehmer – wenn auch ohne Aufforderung durch die Behörde – bereits vorgenommen worden und entspricht diese Ausgestaltung des Verkehrs dem öffentlichen Bedürfnis in gleicher Weise wie die Ausgestaltung des Verkehrs in der vom Konzessionswerber geplanten Art, so steht der Erteilung der Konzession der Ausschließungsgrund des Abs1 Z4 litc entgegen.

Im Verfahren zur Verleihung einer Kraftfahrlinienkonzession kommt jenen Kraftfahrlinienunternehmen, in deren Verkehrsbereich die neue Kraftfahrlinie nur teilweise fällt, ein Mitspracherecht nur hinsichtlich der ihren Verkehrsbereich erfassenden Teilstrecke zu.

Für Genehmigungen gelten anstelle der gemäß Abs2 nicht anzuwendenden Voraussetzungen und Ausschließungsgründe des Abs1 jene des Art7 der Verordnung 684/92.

Zu §14:

Die Textierung der Absätze 1 bis 3 entspricht der langjährigen und auch in Rechtssatzform normierten Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 1. Dezember 1965, Z1220/65; vom 15. Dezember 1965, Z1308/65; vom 19. Dezember 1984, Z84/03/0183 (Slg. 11.627/A); vom 10. September 1986, Z86/03/0012; vom 11. März 1987, Zn. 86/03/0150, 0151, 0152; vom 17. Juni 1986, Zn. 86/03/0045, 0046, sowie vom 16. Dezember 1987, Z87/03/0191).

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner diesbezüglichen Rechtsprechung immer wieder klar, daß ein konkurrenziertes Unternehmen des öffentlichen Verkehrs einen Rechtsanspruch darauf hat, durch die Neuverleihung oder Erweiterung einer Konzession in der Führung seiner bestehenden Linie nicht einschneidend beeinträchtigt zu werden,

– so daß es hiedurch einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet (u.a. Erkenntnis vom 1. Dezember 1965, Z1220/65), und

– es diese Gefährdung durch relevante Fahrgast- und Einnahmedaten zu belegen hat (u.a. Erkenntnis vom 11. März 1987, Z86/03/0150,0151,0152) und

– diese Gefährdung in dem vom Verwaltungsgerichtshof immer wieder definierten Verkehrsbereich einer Linie Platz greift (u.a. Erkenntnis vom 10. September 1986, Z86/03/0012).

Die Textierung des Absatzes 4 entspricht ebenfalls der langjährigen und auch in Rechtssatzform normierten Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 8. Mai 1958, Z2683/55)."

3. Art2 des Abkommes zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße, BGBl 223/1961, lautet:

"Artikel 2

1. Der Betrieb einer Kraftfahrlinie zwischen den Vertragsstaaten bedarf einer Konzession (Sondergenehmigung). Diese Konzession wird von den zuständigen Behörden nach den nationalen Vorschriften für die auf ihrem Staatsgebiet liegenden Streckenteile erteilt, wenn zwischen den beiden Behörden Einverständnis über die Errichtung einer solchen Kraftfahrlinie besteht.

2. Hiebei ist der Grundsatz der Gegenseitigkeit unter Berücksichtigung des gesamten Kraftfahrlinienverkehrs zwischen den beiden Vertragsstaaten zu wahren."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Verwaltungsgericht Wien sind einerseits zwei (zu einem Verfahren verbundene) Beschwerden der beschwerdeführenden Gesellschaft vor dem Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: "beschwerdeführende Gesellschaft") anhängig, wobei sich die erste gegen einen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29. Juni 2015, mit welchem einer näher bezeichneten Gesellschaft österreichischen Rechts (im Folgenden: "Gesellschaft österreichischen Rechts") die Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Arandjelovac-Ub-Belgrad-Wien (bis 5. Juni 2017) erteilt wurde, und sich die zweite gegen einen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 8. Juli 2015, mit welchem einer näher bezeichneten Gesellschaft serbischen Rechts (im Folgenden: "Gesellschaft serbischen Rechts") die Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Arandjelovac-Ub-Belgrad-Wien (bis 5. Juni 2017) erteilt wurde, richtet. Bei den konzessionswerbenden Gesellschaften handle es sich im Hinblick auf die beantragte Kraftfahrlinienführung um den Partner und den Reziprokpartner iSd Art2 Abs2 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße. Die Anträge beider konzessionswerbender Gesellschaften wie auch die beiden Konzessionen bezögen sich auf dieselbe Kraftfahrlinie iSd Kraftfahrliniengesetzes.

Mit rechtskräftigem Konzessionsbescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 20. März 1998 sei der Gesellschaft serbischen Rechts eine Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der beantragten Kraftfahrlinie für die Strecke Ub (Serbien)-Wien befristet bis zum 19. März 2003 erteilt worden. Der mitgenehmigte Fahrplan habe keinen Halt in Belgrad vorgesehen.

Mit rechtskräftigem Konzessionsbescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 14. August 2000 sei der Gesellschaft serbischen Rechts (in Änderung des zuletzt genannten Konzessionsbescheides) befristet bis zum 19. März 2003, mit rechtskräftigem Konzessionsbescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. Februar 2003 befristet bis zum 19. März 2008 und mit rechtskräftigem Konzessionsbescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Mai 2008 befristet bis zum 19. März 2013, jeweils die Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der beantragten Kraftfahrlinie für die Strecke Arandjelovac (Serbien)-Ub (Serbien)-Wien erteilt worden. Der jeweils mitgenehmigte Fahrplan habe keinen Halt in Belgrad vorgesehen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft sei im Hinblick auf die der Gesellschaft serbischen Rechts mit Konzessionsbescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Mai 2008 erteilte Kraftfahrlinienkonzession für die Strecke Arandjelovac (Serbien)-Ub (Serbien)-Wien der österreichische Reziprokpartner der Gesellschaft serbischen Rechts gewesen. Der beschwerdeführenden Gesellschaft sei (zudem) mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Mai 2011 eine bis 11. Juni 2013 befristete Konzession für diese Strecke erteilt worden.

In Folge der Auflösung der zwischen der beschwerdeführenden Gesellschaft und der Gesellschaft serbischen Rechts geschlossenen Betriebsvereinbarung im Hinblick auf die Führung der Kraftfahrlinie habe die Gesellschaft österreichischen Rechts am 17. November 2011 einen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gerichteten Antrag auf Erteilung einer Konzession für die internationale Kraftfahrlinie Wien-Belgrad-Ub-Arandjelovac (und retour) gestellt, wobei sie die Gesellschaft serbischen Rechts als Reziprokpartner angegeben habe.

Der von der Gesellschaft serbischen Rechts an das serbische Infrastrukturministerium gerichtete und von diesem mit Schreiben vom 1. November 2011 an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie weitergeleitete Antrag auf Erteilung der Konzession für die Kraftfahrlinie Wien-Belgrad-Ub-Arandjelovac (und retour) sei als Antragstellung in der Eigenschaft als Reziprokpartner (der Gesellschaft österreichischen Rechts) auf Genehmigung der genannten Kraftfahrlinie beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gewertet worden.

Mit zwei Bescheiden jeweils vom 6. Juni 2012 erteilte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie – nach Durchführung eines Verfahrens, in welchem die beschwerdeführende Gesellschaft im Wesentlichen den Einwand der Gefährdung der Erfüllung der ihr und ihrem nunmehrigen Reziprokpartner obliegenden Verkehrsaufgaben vorbrachte – der Gesellschaft österreichischen Rechts und der Gesellschaft serbischen Rechts unter Vorschreibung mehrerer Auflagen jeweils die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien-Belgrad-Ub-Arandjelovac auf die Dauer von fünf Jahren. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie begründete diese Entscheidungen damit, es handle sich bei der Kraftfahrlinie – bei Zugrundelegung der Tourismusdefinition der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen – um eine im Wesentlichen touristischen Zielen dienende Linie. Auf eine solche Linie sei gemäß dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 22. Dezember 2010, Rs. C 338/09, Yellow Cab Verkehrsbetriebs GmbH , der Konkurrenzschutz nicht anzuwenden, wenn nicht sichergestellt werden könne, dass die entsprechende Entscheidung nicht alleine auf Grund der Angaben des bestehenden Unternehmens und nicht nur wegen der geminderten Rentabilität des bestehenden Unternehmens erfolge. Das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes sei sohin zu verneinen.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 2015, 2012/03/0109 und 2012/03/0111, seien die beiden Bescheide des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 6. Juni 2012 im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben worden, die Ausführungen im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 22. Dezember 2010, Rs. C 338/09, Yellow Cab Verkehrsbetriebs GmbH, seien auf Kraftfahrlinien in Drittländer nicht anzuwenden und die Behörde habe keine Feststellungen getroffen, aus welchen abgeleitet hätte werden können, warum Unionsrecht unmittelbar zur Anwendung gelange.

In weiterer Folge seien die im vorliegenden Fall vor dem Verwaltungsgericht Wien angefochtenen Bescheide erlassen worden.

2. Beim Verwaltungsgericht Wien sind andererseits zwei (zu einem Verfahren verbundene) Vorlageanträge der beschwerdeführenden Gesellschaft vor dem Verwaltungsgericht Wien anhängig. Der erste Vorlageantrag betrifft eine Beschwerdevorentscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Juli 2017, mit der die Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen einen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 1. Juni 2017 abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid war der Gesellschaft serbischen Rechts die neue Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Arandjelovac-Ub-Belgrad-Wien (bis 31. Mai 2022) erteilt worden. Der zweite Vorlageantrag betrifft eine Beschwerdevorentscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Juli 2017, mit der die Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen einen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 1. Juni 2017 abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid war der Gesellschaft österreichischen Rechts die neue Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien-Belgrad-Ub-Arandjelovac (bis 31. Mai 2022) erteilt worden.

3. Mit Erkenntnis vom 29. September 2017, G243/2016 15 ua., wies der Verfassungsgerichtshof die im Zusammenhang mit den beim Verwaltungsgericht Wien anhängigen (unter Punkt III.1. und Punkt III.2. geschilderten) Verfahren gestellten Anträge des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B VG auf Aufhebung des §7 Abs1 Z4 litb KflG, in eventu dessen ersten Halbsatzes, ab. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Zusammenhang aus, dass das Verwaltungsgericht Wien, soweit es sich gegen die konkreten Umstände im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betriebsführung der (bestehenden) Kraftfahrlinie wende bzw. Bedenken gegen die konkrete gesetzliche Regelung hinsichtlich der "ernsthaften Gefährdung" in §7 Abs1 Z4 litb KflG hege, zu Unrecht die Rechtsvorschrift des §14 Abs2 KflG nicht mitangefochten habe.

4. Das Verwaltungsgericht Wien begründet die Präjudizialität der mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Rechtsvorschriften mit deren uneingeschränkter Anwendbarkeit in den beim Verwaltungsgericht Wien anhängigen Genehmigungsverfahren. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe zudem zur Begründung der Beschwerden an das Verwaltungsgericht Wien ausschließlich den Konzessionserteilungsausschließungsgrund des §7 Abs1 Z4 litb KfIG vorgebracht. §7 Abs1 Z4 litb KflG verweise auf die Absätze 1, 2 und 4 des §14 KflG.

Obwohl sich der letzte Halbsatz des §7 Abs1 Z4 litb KflG nur auf Kraftfahrlinien beziehe, welche im Wesentlichen touristischen Zwecken dienten, sei auch die Wortfolge "wegen der geminderten Rentabilität" in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien präjudiziell. Es erscheine im Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung des §7 Abs1 Z4 litb letzter Teilsatz KflG die Annahme geboten, dass diese im Umkehrschluss auch eine Bestimmung des Begriffs der "ernsthaften Gefährdung" iSd §7 Abs1 Z4 litb (erster Teilsatz) KflG vornehme. So sei ein Ansuchen um Konzessionserteilung in Bezug auf eine nicht im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Kraftfahrlinie abzuweisen, wenn sich nur aus den Angaben des konkurrenzierten Unternehmens ergebe, dass die bereits genehmigte Kraftfahrlinie im Falle der Konzessionierung einer weiteren Kraftfahrlinie im selben Verkehrsbereich eine "geminderte Rentabilität" aufweise. Daraus sei zu folgern, dass bereits der erwartbare Eintritt einer "geminderten Rentabilität" eine "ernsthafte Gefährdung" iSd §7 Abs1 Z4 litb (erster Teilsatz) KflG darstelle.

In der Sache bringt das Verwaltungsgericht Wien vor, der Verfassungsgerichtshof habe in seiner bisherigen Judikatur zum Ausdruck gebracht, eine Konkurrenzschutzbestimmung sei zum Zweck der Sicherstellung der Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse der Kunden gerechtfertigt (VfGH 29.9.2017, G243/2016 ua.), dürfe jedoch nicht privaten Interessen wie dem Interesse der Gewinnmaximierung dienen (VfSlg 11.483/1987). Wie das Verwaltungsgericht Wien bereits hinsichtlich der Präjudizialität der Wortfolge "wegen der geminderten Rentabilität" ausgeführt habe, stelle bereits der erwartbare Eintritt einer "geminderten Rentabilität" eine "ernsthafte Gefährdung" iSd §7 Abs1 Z4 litb (erster Teilsatz) bzw. §14 Abs2 KflG dar. Die Zulässigkeit der Erteilung einer weiteren Konzession in einem Verkehrsbereich werde somit davon abhängig gemacht, dass der von einem Unternehmen aus der bereits genehmigten Kraftfahrlinie lukrierte Gewinn erwartbar nicht erheblich gemindert werde. Nur unter dieser Prämisse sei die Betriebsführung für einen Unternehmer "wirtschaftlich". Aus den Grundsätzen der Marktwirtschaft sei nämlich abzuleiten, dass ein Unternehmer ein Unternehmen nur dann zu führen bereit sei, wenn dieses dauerhaft Gewinne abwerfe. So gesehen sei schon allein aus der Wendung "einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleiden würde" abzuleiten, dass von einer "ernsthaften Gefährdung" im Sinne des §14 Abs2 KflG auszugehen sei, wenn die Kraftfahrlinie des Konkurrenzunternehmens erwartbar nicht mehr dauerhaft gewinnbringend geführt werden könne. Aus dem Gesetzeswortlaut sei nicht ableitbar, dass der Gesetzgeber nur eine Kraftfahrlinie schütze, welche alle zumutbaren Mittel zur Verringerung bzw. Unterbindung eines allfälligen Einnahmenausfalls (bspw. eine Betriebskostenoptimierung) setze. Dies verhindere – wie die Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien zeigten – das Anbieten einer neuen Kraftfahrlinie zu günstigeren Konditionen und schütze die bestehende allenfalls unwirtschaftlich geführte und schlechte Konditionen bietende Kraftfahrlinie. Die Behörde sei auf Grund des Gesetzeswortlauts nicht zur Prüfung befugt, ob der von der konzessionierten Kraftfahrlinie angegebene Einnahmenausfall durch entsprechende Maßnahmen minimiert oder gänzlich unterbunden werden könnte; die Behörde könne auch nicht das Vorliegen eines eminenten Bedarfs an Personenverkehrsdienstleistungen berücksichtigen. Die Beantragung einer weiteren Kraftfahrlinie lege in der Regel nahe, dass die gesamte Personenverkehrsnachfrage in diesem Verkehrsbereich nicht bereits von der genehmigten Kraftfahrlinie befriedigt werde. Die Behörde könne zudem nicht feststellen, ob die vom konzessionierten Unternehmen gemeldeten Fahrpreiserlöse den Tatsachen entsprächen oder nicht. Da es sich bei Kraftfahrlinien, welche vom Konkurrenzschutz des §7 Abs1 Z4 litb KflG erfasst seien, um staatlich nicht subventionierte, gewinnbringende Unternehmen handle, sei es höchst unwahrscheinlich, dass bei Einstellung einer bereits genehmigten Kraftfahrlinie dauerhaft keine Personenverkehrsdienstleistungen mehr erbracht würden. Die Behörde, die den im Konzessionsantrag angeführten Fahrtarif zu genehmigen habe, sei zudem ohnedies verpflichtet, die Genehmigung von der Beantragung eines zumindest kostendeckenden Fahrtarifs abhängig zu machen; dies verhindere allfällige Dumpingtarife. Die Konkurrenzsituation im Falle der Genehmigung einer weiteren Kraftfahrlinie trüge zur im öffentlichen Interesse liegenden Bedarfsabdeckung und zur Senkung der Betriebskosten sowie der Fahrtarife bei, was zur Optimierung des öffentlichen Personenverkehrs führe. Die inhaltliche Determinierung der Konkurrenzschutzbestimmung des §7 Abs1 Z4 litb KflG fördere hingegen unlautere Marktabsprachen eines kleinen Kartells großer Beförderungsdienstleister unter Ausschaltung der Regeln der Marktwirtschaft und bewirke eine Verhinderung des Erwerbsausübungsantritts. Dies stelle den weitestgehend möglichen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art6 StGG dar, hinsichtlich dessen gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 11.558/1987, 11.853/1988, 12.379/1990, 12.481/1990, 14.259/1995, 15.509/1999) ein vergleichsweise geringer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bestehe. Die angefochtenen Rechtsvorschriften hätten daher deutlich schwerer wiegende Auswirkungen als eine gesetzliche Regelung, welche die Anzahl der Erwerbsausübungsgenehmigungen von einem Bedarf abhängig mache, weil im Falle des Vorliegens des Ausschlussgrundes des §7 Abs1 Z4 litb KflG ein Konzessionsantrag auch dann zwingend abzuweisen sei, wenn an der beantragten Kraftfahrliniendienstleistung nachweislich ein eminent hoher Bedarf gegeben sei. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof zum Schluss gelangen sollte, dass die inhaltliche Determinierung der Konkurrenzschutzbestimmung des §7 Abs1 Z4 litb KflG durch die angefochtenen Rechtsvorschriften einem öffentlichen Interesse diene, stelle sich die Frage, ob diese zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt sei. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien könne selbst im Falle der Bejahung eines öffentlichen Interesses der Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit weniger einschneidend, beispielsweise durch zusätzliche Kontroll- und Sanktionsrechte der Aufsichtsbehörde, verfolgt werden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien sei sohin die inhaltliche Determinierung des §7 Abs1 Z4 litb KflG durch die angefochtenen Bestimmungen nicht mit Art6 StGG vereinbar. Im Falle der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen könnte die Rechtsvorschrift des §7 Abs1 Z4 litb KflG im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen zulässigen Zwecke einer Konkurrenzschutzbestimmung im Kraftfahrlinienwesen verfassungskonform ausgelegt werden.

Das Verwaltungsgericht Wien könne im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B VG zudem keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund erkennen, einen Personenbeförderungsdienstleistungen erbringenden Unternehmer – im Vergleich zu sonstigen Unternehmern – unter Aussetzung der Regeln der Marktwirtschaft an der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit trotz Erfüllung aller persönlicher Befähigungsvoraussetzungen zu hindern.

Die angefochtenen Rechtsvorschriften verletzten nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien auch die Garantien des Art15 Abs2 und Art16 GRC, welche nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur auch bei der Prüfung nationaler Gesetze ohne Unionsrechtsbezug ein Prüfungsmaßstab seien. Unionsbürger könnten sich im Rahmen eines Gesetzesprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof nicht nur im Falle der erfolgten Inanspruchnahme der unionsrechtlichen Grundfreiheiten oder im Falle eines Binnengrenzen überschreitenden Sachverhalts auf die im Art15 Abs2 GRC angesprochenen, aus den Grundrechten der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit abgeleiteten Berechtigungen berufen. Durch Art15 Abs2 GRC werde daher für Unionsbürger jedenfalls die Zulässigkeit einer Inländerdiskriminierung ausgeschlossen. Zudem verstießen die angefochtenen Rechtsvorschriften bei Zugrundelegung der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit (und die diese konkretisierende Verordnung EG 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, welche insbesondere regle, unter welchen Voraussetzungen eine beantragte Konzession für eine grenzüberschreitende Personenkraftlinie zu bewilligen sei), wenn sie die Konzessionserteilung davon abhängig machten, dass die konzessionierte unwirtschaftlich geführte Kraftfahrlinie weiterhin mit Sicherheit gewinnbringend geführt werden könne. Selbst für den Fall des Vorliegens eines öffentlichen Interesses läge ein Verstoß gegen Art16 GRC vor, zumal nicht ersichtlich sei, dass dieses öffentliche Interesse iSd Art52 GRC für die mit diesem öffentlichen Interesse verfolgte Zielerreichung geeignet, erforderlich oder angemessen sei. Die gesetzliche Begünstigung in Form der angefochtenen Rechtsvorschriften sei darüber hinaus als eine unzulässige Beihilfe iSd Art107 ff. AEUV einzustufen, zumal keine diese Begünstigung rechtfertigenden Gründe ersichtlich seien. Damit falle die durch die angefochtenen Rechtsvorschriften bewirkte Privilegierung in den Anwendungsbereich des AEUV. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die konzessionswerbenden Gesellschaften grenzüberschreitende Beförderungsleistungen in einen Nicht-EWR-Staat erbrächten. Zudem beschränke Art16 GRC im Gegensatz zu Art15 Abs2 GRC den Begünstigtenkreis nicht auf Unionsbürger, weshalb sich alle Personen, welche auf Grund einer unzulässigen Beihilfe benachteiligt würden, auf Art16 GRC berufen könnten.

5. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des ersten Antrages bestreitet und den erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I.

Zur Rechtslage und zu den Prozessvoraussetzungen

1. Allgemeines zum Kraftfahrliniengesetz

Das Kraftfahrlinienrecht ist Teil des Verkehrsaufsichtsrechtes. Es schafft die Rahmenbedingungen für eine fachbehördliche Wirtschaftsaufsicht, überlässt aber die betriebswirtschaftliche Initiative der beaufsichtigten Unternehmensleitung. Dabei stellt (nicht die maximale sondern vielmehr) die optimale Versorgung der Bevölkerung mit Kraftfahrlinien ein wesentliches Ziel des Kraftfahrlinienrechts dar (vgl. IA 1118/A XX. GP, 48).

Laut §1 des Kraftfahrliniengesetzes (KfIG) gilt die regelmäßige Beförderung von Fahrgästen auf einer bestimmten Verkehrsverbindung – wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen oder abgesetzt werden können – als Linienverkehr. Ungeachtet einer etwaigen Buchungspflicht ist der Linienverkehr für jedermann zugänglich. Zentrale Kriterien des Kraftfahrlinienverkehrs sind damit die Regelmäßigkeit, die Öffentlichkeit (des Verkehrs) sowie das Vorsehen einer festgelegten Strecke mit Haltestellen.

Zur Erlangung der Berechtigung der Führung einer Kraftfahrlinie bedarf es einer Konzession gemäß Kraftfahrliniengesetz bzw. einer Genehmigung nach Unionsrecht (vgl. hierzu die Verordnung (EG) Nr 1073/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 561/2006 – sog. Marktzugangsverordnung). Aus der jeweiligen Bezeichnung der Berechtigung ist ersichtlich, ob sie als Genehmigung für den grenzüberschreitenden Kraftfahrlinienverkehr mit Mitgliedstaaten der EU und des EWR oder als Konzession für den innerstaatlichen oder internationalen Kraftfahrlinienverkehr mit Drittstaaten (wie im Ausgangsfall des gegenständlichen Verfahrens) erteilt wurde. Während Konzessionen ausschließlich gemäß KfIG erteilt werden, gilt im Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen die Marktzugangsverordnung (EG) Nr 1073/2009.

Zuständig für die Berechtigungserteilung sind im Fall von nationalen Kraftfahrlinien der jeweilige Landeshauptmann, im Fall von grenzüberschreitenden Kraftfahrlinien der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

2. Voraussetzungen zur Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession

Die Erteilung der Berechtigung zur Führung einer Kraftfahrlinie ist abhängig von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen. Im Fall einer Konzession ergeben sich diese im Wesentlichen aus §7 KfIG: Demgemäß wird neben der Erfüllung sog. (subjektiver) Berufszugangsvoraussetzungen (fachliche Eignung, finanzielle Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und dauerhafte Niederlassung) in §7 Abs1 Z4 litb ein eng definierter objektiver Ausschließungsgrund vorgesehen. Dabei wird u.a. auf die ernsthafte Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsaufgaben nach §14 Abs2 iVm Abs4 KfIG abgestellt.

Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Gericht nunmehr aus Anlass bei ihm anhängiger Beschwerden die Aufhebung

- des §14 Abs2 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 in der Fassung BGBl I Nr 58/2015,

- der Zeichenfolge ', 2' im Klammerausdruck des §7 Abs1 Z4 litb des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 in der Fassung BGBl I Nr 58/2015 sowie

- der Worte 'im Sinne des Abs2' in §14 Abs4 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 in der Fassung BGBl I Nr 58/2015.

§7 Abs1 Z4 litb des Kraftfahrliniengesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 58/2015 lautet wie folgt:

'Voraussetzungen und Ausschließungsgründe für die Erteilung von Berechtigungen

§7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:

(…)

4. die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

a) (…)

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§14 Abs1, 2 und 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, ernsthaft zu gefährden geeignet ist; dies gilt nicht im Falle der Gefährdung eines Kraftfahrlinienverkehrs, der im Wesentlichen touristischen Zwecken dient, und die Entscheidung über dessen Gefährdung alleine aufgrund der Angaben des konkurrenzierten Verkehrsunternehmens wegen der geminderten Rentabilität dieses Kraftfahrlinienverkehrs erfolgen würde, oder'

In den Erläuterungen zur Stammfassung des KfIG, BGBl I Nr 203/1999, heißt es hierzu (vgl. IA 1118/A XX. GP, 56):

'Zur Gewährleistung einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Befriedigung des für eine Linie in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses nach Abs1 Z3 darf keine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben im Sinne Z4 litb in Kauf genommen werden. Ein Kraftfahrlinienunternehmer ist zur Duldung der Konkurrenzierung seines Betriebes durch andere Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs verpflichtet. Er kann sich daher der Neuerteilung oder Erweiterung einer Kraftfahrlinienkonzession nicht erfolgreich mit dem Argument zur Wehr setzen, daß aufgrund der angestrebten neuen oder erweiterten Konzession dieselbe Strecke befahren werden soll, auf deren linienmäßige Befahrung ihm ein Recht bereits zuerkannt worden ist; dies selbst dann nicht, wenn einzelne Kurse einander zeitlich konkurrenzieren.

Werden jedoch von konkurrenzierten Verkehrsunternehmen (Eisenbahn- und Kraftfahrlinienunternehmen) entscheidungsrelevante Einwendungen (vgl. Erläuterungen zu §14 Abs3) erhoben, führt dies zur Abweisung des Ansuchens, sofern die Gefährdung nicht durch die Vorschreibung von Auflagen (§16) zum Schutz der Erfüllung der Verkehrsaufgaben der konkurrenzierten Verkehrsunternehmen verhindert oder minimiert werden kann.'

Mit dem BGBl I Nr 32/2013 wurde in §7 Abs1 Z4 litb KfIG ein zweiter Satzteil vorgesehen, wonach der 'Ausschließgrund' nicht zur Anwendung kommen soll, wenn die betreffende Kraftfahrlinie im Wesentlichen touristischen Zwecken dient. In den Erläuterungen hierzu wurde folgendes festgehalten (vgl. dazu ErIRV 1986 BIgNR XXIV. GP , 14):

'In der Rechtssache C 338/09 hat der EuGH in dem am 22. Dezember 2010 ergangenen Urteil betreffend den in §7 Abs1 Z4 litb Kraftfahrliniengesetz normierten Konkurrenzschutz wie folgt erkannt:

'2. Art49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Bewilligung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu touristischen Zwecken allein auf der Grundlage der Angaben eines Konkurrenzunternehmens, das Inhaber einer Bewilligung für den Betrieb einer mit der beantragten ganz oder teilweise identischen Linie ist, wegen der geminderten Rentabilität dieses Unternehmens versagt wird.'

Unter Berücksichtigung dieses Urteils und insbesondere der Randziffern 44, 51, 53 und 54 ist daher die litb in der bisherigen Fassung nicht mehr anzuwenden, wenn in einem Konzessionsverfahren der Konkurrenzschutz für eine Linie gefordert wird, die im Wesentlichen touristischen Zwecken dient und nicht sichergestellt werden kann, dass die entsprechende Entscheidung nicht alleine auf Grund der Angaben des bestehenden (konkurrenzierten) Unternehmens wegen der geminderten Rentabilität (wirtschaftliche Betriebsführung) dieser Linie erfolgt.

Mangels Legaldefinitionen für 'im Wesentlichen touristischen Zwecken dienende Linien' (Randziffer 44) wird nach Rücksprache mit dem BMWFJ zur Orientierung folgende Definition der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) herangezogen: 'Touristen sind Personen, die zu Orten außerhalb ihres gewöhnlichen Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind.'

Abgesehen von Verkehren, die dem Anlassfall der Rechtssache C 338/09 entsprechen (linienmäßige Stadtrundfahrten im hopp on/hopp off Modus), wird dieses Urteil vor allem auf Drittlandverkehre anzuwenden sein. Es steht damit auch im Einklang mit den geänderten Bestimmungen der Marktzugangsverordnung für den grenzüberschreitenden Personenverkehr (EG) Nr 1073/2009, in der Konkurrenzschutz massiv eingeschränkt wurde, und in der Hauptsache nur mehr Verkehrsdienste im Rahmen eines oder mehrerer öffentlicher Dienstleistungsaufträge mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen berücksichtigt werden.'

Unternehmen des Kraftfahrlinienverkehrs können somit gegen Anträge auf neue Kraftfahrlinien die Einwendung erheben, dass die neue Verkehrsverbindung bestehende Verbindungen gefährden würde. Eine derartige Gefährdung liegt insbesondere dann vor, 'wenn ein Verkehrsunternehmen bei der Führung seines öffentlichen Verkehrs hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleiden würde' (§14 Abs2 KfIG). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass eine erteilte Kraftfahrlinienkonzession dem Konzessionsinhaber nicht ein ausschließliches Recht gewährt, die konzessionierte Strecke ohne Konkurrenzierung seines Betriebes durch andere Personenverkehrsunternehmer allein zu befahren. Mit anderen Worten, ein Kraftfahrlinienunternehmer kann auch zur Duldung der Konkurrenzierung seines Betriebes durch andere Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs verpflichtet sein.

Der Wortlaut des §14 Abs2 iVm Abs4 KfIG lautet wie folgt (Hervorhebung der angefochtenen Passagen):

'Verkehrsbereich

§14. (1) Der Verkehrsbereich erstreckt sich so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr ernsthaft gefährdend auswirken (§7 Abs1 Z4 litb) oder diesen ernsthaft beinträchtigen (§7 Abs1 Z4 litc) kann.

(2) Eine ernsthafte Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen bei der Führung seines öffentlichen Verkehrs hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleiden würde.

(…)

(4) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession eine ernsthafte Gefährdung im Sinne des Abs2 so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese beurteilen kann, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird. Sofern dies für die Beurteilung erforderlich ist, hat das Unternehmen auch eine entsprechende betriebswirtschaftliche Kalkulation vorzulegen, aus der das Einnahmenerfordernis für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht.

In den Materialien zur Stammfassung heißt es hierzu (vgl. IA 1118/A XX. GP, 59):

'Die Textierung der Absätze 1 bis 3 entspricht der langjährigen und auch in Rechtssatzform normierten Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 1. Dezember 1965, Z1220/65; vom 15. Dezember 1965, Z1308/65; vom 19. Dezember 1984, Z84/03/0183 (Slg. 11.627/A); vom 10. September 1986, Z86/03/0012; vom 11. März 1987, Zn. 86/03/0150, 0151, 0152; vom 17. Juni 1986, Zn. 86/03/0045, 0046, sowie vom 16. Dezember 1987, Z87/03/0191).

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner diesbezüglichen Rechtsprechung immer wieder klar, daß ein konkurrenziertes Unternehmen des öffentlichen Verkehrs einen Rechtsanspruch darauf hat, durch die Neuverleihung oder Erweiterung einer Konzession in der Führung seiner bestehenden Linie nicht einschneidend beeinträchtigt zu werden,

– so daß es hiedurch einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet (u.a. Erkenntnis vom 1. Dezember 1965, Z1220/65), und

– es diese Gefährdung durch relevante Fahrgast- und Einnahmedaten zu belegen hat (u.a. Erkenntnis vom 11. März 1987, Z86/03/0150,0151,0152) und

– diese Gefährdung in dem vom Verwaltungsgerichtshof immer wieder definierten Verkehrsbereich einer Linie Platz greift (u.a. Erkenntnis vom 10. September 1986, Z86/03/0012).

Die Textierung des Absatzes 4 entspricht ebenfalls der langjährigen und auch in Rechtssatzform normierten Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 8. Mai 1958, Z2683/55).'

§14 KfIG wurde mit BGBl I Nr 58/2015 zuletzt geändert. Die Erläuterungen hierzu lauten wie folgt (vgl. ErIRV 510 BIgNR XXV. GP, 3):

'Abs1 wird den in §7 Abs1 Z4 litb und c normierten Ausschließungsgründen der ernsthaften Gefährdung kommerzieller Verkehrsdienste (litb) und der ernsthaften Beeinträchtigung nicht-kommerzieller Verkehrsdienste (litc) sprachlich angepasst.

Abs2 definiert weiterhin die 'ernsthafte Gefährdung' und ist, abgesehen von sprachlichen Bereinigungen, sinngemäß unverändert.

(...)

Abs4 ergänzt die schon bisher normierte Mitwirkungspflicht des Unternehmens im Ermittlungsverfahren im Sinne der neueren Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes, der für die Prüfung des Vorliegens des Ausschließungsgrundes gemäß §7 Abs1 Z4 litb die Vorlage einer entsprechenden betriebswirtschaftlichen Kalkulation, aus der das Einnahmenerfordernis für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht, für erforderlich hält (z. B. Erkenntnis vom 12. September 2006, Zl. 2005/03/0096-6). (...)'

3. Zu den Prozessvoraussetzungen

Für die Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen sprechen würden.

Jedoch wird nach Ansicht der Bundesregierung im Antrag des Verwaltungsgerichts der Anfechtungsumfang zu eng gezogen, weil eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen würde (vgl. zB VfSlg 19.809/2013, 13.299/1992; 16.801/2003; Rohregger in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg. (2003) Art140, Rz. 215). Würde dem Antrag Folge geben, wäre im Wesentlichen bloß die Bestimmung des §14 Abs2 KfIG beseitigt, welche lediglich definiert, was unter einer ernsthaften Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben zu verstehen ist. Die in §14 Abs4 KfIG angefochtene Wortfolge 'im Sinne des Abs2' verweist auf diese Definition, ebenso wie der angefochtene Teil des Klammerausdrucks in §7 Abs1 Z4 litb KfIG. Nicht angefochten ist jedoch der Verweis auf §14 Abs1 in §7 Abs1 Z4 litb KfIG und die Bestimmung des §14 Abs1 KfIG. Demnach wäre im Falle der Aufhebung in §7 Abs1 Z4 litb KfIG weiterhin ein Ausschließungsgrund gegeben, wenn 'der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§14 Abs1 und 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, ernsthaft zu gefährden geeignet ist'.

Nach §14 Abs1 erstreckt sich der Verkehrsbereich 'so weit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr ernsthaft gefährdend auswirken (§7 Abs1 Z4 litb) oder diesen ernsthaft beinträchtigen (§7 Abs1 Z4 litc) kann.' Das Verwaltungsgericht hätte also in Verfahren wie in den Anlassfällen weiterhin zu beurteilen, ob die beantragten Kraftfahrlinien sich auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr ernsthaft gefährdend auswirken. Damit würde sich die Rechtslage aber – vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken – nicht relevant verändern. Eine ernsthafte Gefährdung besteht – auch gerade bei erwerbswirtschaftlich tätigen Unternehmen wie im Anlassfall – nach Ansicht der Bundesregierung im Wesentlichen nur dann, wenn eine bereits konzessionierte Kraftfahrlinie nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Mit anderen Worten konkretisiert die Definition der ernsthaften Gefährdung in §14 Abs2 KfIG im Hinblick auf einen die wirtschaftliche Betriebsführung in Frage stellenden Einnahmenausfall nur, was sich bei verständiger Auslegung ohnehin schon aus Abs1 ergibt und stellt nur klar, dass andere als wirtschaftliche Gesichtspunkte aus dieser Gefährdungsprüfung auszuschließen sind.

Eine gesetzliche Begriffsbestimmung wie §14 Abs2 KfIG hat zudem für sich genommen keine normative Bedeutung; sie erhält diese erst im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen, die den Begriff verwenden. Begriffsbestimmungen sind sohin einer gesonderten Prüfung nicht zugänglich (vgl. in diesem Sinne etwa VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007 ua.).

Nach Ansicht der Bundesregierung wäre daher der Antrag zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

In eventu stellt die Bundesregierung zur Erwägung, im Hinblick auf die Bedenken gegen die angefochtene Zeichenfolge in §7 Abs1 Z4 litb KfIG auf Grund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 29. September 2017, G243/2016 ua., res iudicata anzunehmen: Es liegt eine Identität der Norm insoweit vor, als nunmehr ein Teil des §7 Abs1 Z4 litb KfIG angefochten ist. Auch die gegen die Verfassungsmäßigkeit ins Treffen geführten Bedenken sind im Wesentlichen dieselben, weshalb der Antrag in Bezug auf die Aufhebung der Zeichenfolge in §7 Abs1 Z4 litb KfIG zurückzuweisen wäre.

Sollte der Verfassungsgerichtshof jedoch die Prozessvoraussetzungen für gegeben erachten, wird dem Antrag des Verwaltungsgerichts Wien in der Sache wie folgt entgegengetreten:

II.

1. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

1.1. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit (Art6 StGG)

Das Verwaltungsgericht Wien hegt im Wesentlichen die Bedenken, dass ein Unternehmen, welches eine Kraftfahrlinie zu besonders ungünstigen Konditionen oder aber unwirtschaftlich betreibt, auf Grund des §7 Abs1 Z4 litb KfIG eine nahezu absolute Garantie habe, dass keinem anderen Unternehmer eine Bewilligung zum Betrieb einer weiteren Kraftfahrlinie erteilt werden könne. §7 Abs1 Z4 litb iVm §14 Abs2 und 4 KfIG bewirke eine Verhinderung des Erwerbsausübungsantrittes und stelle somit den weitestgehend möglichen Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Erwerbsausübungsfreiheit dar. Es würden damit auch die 'öffentlichen Interessen' an günstigen, den Bedarf abdeckenden und häufigen Erbringungen von Kraftfahrlinien-Leistungen auf einer bestimmten Strecke absolut ausgeschaltet.

Die Bundesregierung teilt diese Bedenken nicht.

Zur näheren Begründung ihrer Rechtsansicht verweist die Bundesregierung auf den Einleitungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs zum Verfahren G229/89 ua, dessen Schlussfolgerungen vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 12.236/1989 sowie im Erkenntnis vom 29. September 2017, G243/2016 ua bestätigt wurden.

Darin heißt es […]:

'An einem möglichst gut funktionierenden System des linienmäßigen Personenverkehrs besteht offenbar ein erhebliches öffentliches Interesse. Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, müssen sowohl der Eisenbahnsektor als auch der Autobussektor lebensfähig bleiben (vgl. hiezu VfGH 6.10.1987 G1, 171/87, betreffend den Güterverkehr). Das wiederum bedingt anscheinend, daß zumindest die (derzeit) wichtigsten Träger des linienmäßigen Personenverkehrs, nämlich die Eisenbahn- und die Kraftfahrlinienunternehmer, jederzeit und umfassend ihre Funktion zu volkswirtschaftlich vertretbaren Kosten und Preisen erfüllen.

Anders als etwa beim Güterverkehr und bei den Taxis (vgl. VfSlg 10932/1986) dürfte es beim öffentlichen Personenverkehr ein zur Zielerreichung geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich zu rechtfertigendes Mittel sein, bei der Konzessionserteilung darauf Bedacht zu nehmen, daß die bestehenden Träger des linienmäßigen Personenverkehrs durch den neu auftretenden Konkurrenten nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Die Kraftfahrlinienkonzession wird – ihrem Wesen entsprechend – nämlich nicht für das gesamte Bundesgebiet oder sonst für ein bestimmtes Gebiet erteilt, sondern für eine ganz bestimmte Strecke (§6 Abs1 Z2 der 1. DV zum KfIG, BGBl 206/1954). Den Konzessionsinhaber treffen besondere Pflichten, so insbesondere die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht sowie der Tarif-, Beförderungsbedingungs- und Fahrplanzwang (§§8 und 12 KfIG 1952). (...)

Unter diesen Voraussetzungen ist es – so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig – einerseits für den Konsumenten wenn schon nicht völlig sinnlos, so doch zumindest kein ins Gewicht fallender Vorteil, wenn eine der bestehenden Linie nach Fahrplan und nach Haltestellen ähnliche oder gleiche Linie geführt würde. Andererseits müßte es für den Betreiber der bestehenden Linie – erfüllt er die ihm obliegenden Pflichten korrekt und geht die Behörde (insbesondere bei Genehmigung des Tarifes, der Beförderungsbedingungen und des Fahrplanes – §12 KfIG 1952) gesetzmäßig vor – zumindest im Regelfall zu wirtschaftlichen Einbrüchen kommen, die entweder die (vor allem bei der Eisenbahn) zum Verlust bereits erfolgter großer Investitionen führende Einstellung der Linie, Preiserhöhungen für den Fahrgast oder aber Subventionen durch die öffentliche Hand zur Folge haben können. Der Konkurrenzkampf könnte zur Folge haben, daß sowohl der bisherige als auch der neue Betreiber der Verkehrslinie wirtschaftlich nicht existieren kann. Im schlimmsten Fall könnte es so dazu kommen, daß die Verkehrsbedürfnisse überhaupt nicht mehr befriedigt werden. Jedenfalls aber würde volkswirtschaftlich wertvolle Substanz sinnlos investiert worden sein und der die Umwelt belastende Straßenverkehr mit Autobussen überflüssig vermehrt.

Der Bundesminister formuliert in der Gegenschrift als Ziel des KflG 1952 die optimale (nicht die maximale) Versorgung der Bevölkerung mit Kraftfahrlinien, ein Ziel, das nicht unsachlich sein dürfte. Zur Erreichung dieses Zieles ist es also anscheinend ein geeignetes und auch adäquates Mittel, bei der Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession darauf Bedacht zu nehmen, welche Auswirkungen die geplante neue Kraftfahrlinie auf den bereits bestehenden Autobus- und Eisenbahnlinienverkehr hätte. Eine in das Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit weniger intensiv eingreifende Alternative dürfte nicht bestehen.

Zwar wird dadurch (auch) ein Konkurrenzschutz bewirkt; dieser dürfte aber aufgrund des geschilderten Regelungssystems nicht der – im privaten Interesse liegenden – Gewinnmaximierung der bestehenden Verkehrsunternehmer, sondern der – im öffentlichen Interesse liegenden – Optimierung des öffentlichen Personenverkehrs dienen.'

Ferner heißt es im Erkenntnis vom 29. September 2017, G243/2016 ua. […]:

'Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Grund, von [seiner früheren] Rechtsprechung abzugehen. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er zur Erreichung des im erheblichen öffentlichen Interesse gelegenen, übergeordneten Zieles eines möglichst gut funktionierenden Systems des linienmäßigen Personenverkehrs den Autobussektor wirtschaftlich lebensfähig erhalten möchte. Zur Erreichung des Zieles einer optimalen Versorgung der Bevölkerung mit einer öffentlichen Personenverkehrsdienstleistung ist eine Regelung verfassungsrechtlich zulässig, die im Ergebnis auch einen Konkurrenzschutz bewirkt. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass Konzessionen nur für bestimmte Strecken erteilt werden, ferner, dass die Konzessionsinhaber besonderen Pflichten unterworfen sind, wie der Betriebs- und Beförderungspflicht sowie dem Tarif-, Beförderungsbedingungs- und Fahrplanzwang, und darüber hinaus, dass eine Ausnahme hinsichtlich des im Wesentlichen touristischen Zwecken dienenden Kraftfahrlinienverkehrs vorgesehen ist.

Durch die angefochtene Bestimmung des §7 Abs1 Z4 litb KfIG soll verhindert werden, dass durch eine Parallellinie ein derartiger Konkurrenzkampf in Gang gesetzt würde bei dem weder der bestehende Konzessionär noch der neu hinzutretende Mitbewerber wirtschaftlich überlebensfähig wären. Abgesehen von für den bestehenden Konzessionär möglichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten käme es möglicherweise zur Einstellung der betreffenden Linie und sogar dazu, dass die Verkehrsbedürfnisse überhaupt nicht mehr befriedigt würden.'

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist im Zusammenhang mit der in §7 Abs1 Z4 litb iVm §14 Abs2 und 4 KfIG vorgesehenen Konkurrenzklausel keine Verletzung der Erwerbsfreiheit erkennbar. Diese Rechtsansicht wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof – zumindest implizit – in einer Reihe von Erkenntnissen bestätigt (vgl. dazu u.a. VwGH 25.02.2009, 2007/03/0150; VwGH 17.12.2008, 2006/03/0014; VwSlg. 18501A/2012; VwSlg. 16437A/2004; VwGH 25.06.2003, 2000/03/0183 u.a.).

Im Übrigen widerspricht der vom Verwaltungsgericht Wien vorgenommene Umkehrschluss, wonach in jenen Fällen, 'in welchen die Konkurrenzkraftfahrlinie nicht überwiegend touristischen Zwecken dient, ein Konzessionsansuchen (...) abzuweisen ist (...), wenn es sich nur aus den Angaben des konkurrenzierten Unternehmens ergibt, dass die bereits genehmigte Kraftfahrlinie im Falle der Konzessionserteilung nur 'eine geminderte Rentabilität' aufweisen würde' (siehe dazu näher Seite 36 und 37 des Antrags) sowohl dem Grundsatz der Amtswegigkeit so wie er sich aus §39 Abs2 AVG ergibt, als auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Gerade aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Erfordernissen der Gefährdungsprüfung des §7 Abs1 Z4 litb KfIG ergibt sich, dass die Voraussetzungen für den Konzessionsausschließungsgrund genau zu prüfen sind (vgl. VwSlg. 18501A/2012; VwGH 17.12.2008, 2006/03/0060); bei der seitens der Behörde vorzunehmenden Gefährdungsprüfung ist regelmäßig eine Prognose über die Auswirkung einer Bewilligung der (neuen bzw. geänderten) Kraftfahrlinie auf die Fahrgastzahlen und Einnahmen und damit die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung der bestehenden Linie zu erstellen (vgl. VwGH 12.09.2006, 2005/03/0096 ua).

Außerdem führte der vom Verwaltungsgericht Wien vorgenommene Umkehrschluss zu einem verfassungswidrigen, weil unsachlichen Ergebnis und widerspricht dem Unionsrecht. Nationale Rechtsvorschriften sollten nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht so ausgelegt werden, 'dass ein Antrag auf Bewilligung von der zuständigen nationalen Behörde allein auf der Grundlage von Angaben des Inhabers einer Bewilligung über die Rentabilität seines Betriebs beurteilt wird, obwohl das entsprechende Unternehmen ein potenzieller unmittelbarer Wettbewerber des Unternehmens ist, das die Erteilung einer neuen Bewilligung beantragt, (...) da damit die Objektivität und Unparteilichkeit der Behandlung des entsprechenden Antrags auf Bewilligung beeinträchtigt werden könnte' (EuGH 22.10.2010, C 338/09, Yellow Cab , Rn. 54; vgl. in diesem Sinne etwa auch EuGH 10.03.2009, C 169/07, Hartlauer , Rn. 69 ua).

Abschließend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass – entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts (vgl. Seite 37 des Antrags) – die geminderte Rentabilität einer Konkurrenzkraftfahrlinie alleine nicht genügt, um von einer ernsthaften Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben im Sinne des §14 Abs2 KfIG auszugehen. Zum einen stellt §14 Abs2 KfIG auf eine 'wirtschaftliche Betriebsführung' ab: Darunter ist eine Befahrung einer Linie nach ordnungsgemäßen kaufmännischen Grundsätzen zu verstehen. Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Vergangenheit festgehalten, dass im Rahmen von Konzessionsvergaben nach dem KfIG nicht darauf abzustellen ist, ob bzw. inwieweit 'Einnahmen auf der bestehenden Linie tatsächlich erzielt werden', sondern insbesondere auch nachzuprüfen ist, 'welche Einnahmen für eine wirtschaftliche Betriebsführung der bestehenden Linie erforderlich sind' (VwGH 12.09.2006, 2005/03/0096).

1.2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien ist §7 Abs1 Z4 litb iVm §14 Abs2 und 4 KfIG unter dem Blickpunkt des Sachlichkeitsgebotes verfassungswidrig: So sei für das Gericht kein sachlicher Grund erkennbar, der einen Unternehmer, welcher Personenbeförderungsdienstleistungen erbringt, im Vergleich zu den sonstigen Unternehmern in Unterbindung der Regeln der Marktwirtschaft an der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit trotz Erfüllung aller persönlichen Befähigungsvoraussetzungen hindert.

Die Bundesregierung teilt diese Bedenken nicht. Im Hinblick auf die allgemeinen Sachlichkeitsbedenken wird auf die obigen Ausführungen unter Teil II.1.1 verwiesen. Daraus folgt, dass eine Konkurrenzklausel nach dem Muster des §7 Abs1 Z4 litb iVm §14 Abs2 und 4 KfIG zur Sicherstellung eines gut funktionierenden Systems des linienmäßigen Personenverkehrs und der Vermeidung negativer volkswirtschaftlicher Folgewirkungen sachlich rechtfertigbar ist.

1.3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art15 Abs2 und Art16 GRC

Das Verwaltungsgericht Wien ortet in der angeblich durch §7 Abs1 Z4 litb iVm §14 Abs2 und 4 KfIG bedingten Bevorzugung und Förderung eines Unternehmers, welcher bereits über eine Konzession verfügt, eine Verletzung der sich aus Art15 Abs2 GRC ergebenden Freiheit 'in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen' sowie eine Verletzung der unternehmerischen Freiheit nach Art16 GRC.

Nach Ansicht der Bundesregierung treffen diese Bedenken nicht zu.

Hierzu kann auf die Schlussfolgerungen des Verfassungsgerichtshofs zu den Bedenken im Hinblick auf Art15 Abs2 und Art16 GRC im Erkenntnis vom 29. September 2017, G243/2016 ua verwiesen werden. Darin heißt es […]:

'Ungeachtet der Frage, ob in der angefochtenen Regelung überhaupt eine 'Durchführung des Rechts der Europäischen Union' (Art51 Abs1 GRC) gesehen werden kann, liegt keine Verletzung von Art15 Abs2 und Art16 GRC vor. Dabei kann sinngemäß auf die Ausführungen zur Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG (...) verwiesen werden.

(...) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien stellen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art19 AEUV und das Beihilfeverbot des Art107 AEUV keinen Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung eines nationalen Gesetzes dar (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg 19.632/2012).'

2. Zusammenfassung

Zusammenfassend ist die Bundesregierung daher der Ansicht, dass es sich bei den angefochtenen Bestimmungen um eine im öffentlichen Interesse gelegene, sachlich gerechtfertigte und verhältnismäßige Regelung handelt, die weder verfassungsrechtlichen Bedenken noch Bedenken im Hinblick auf die GRC begegnet."

6. Die beschwerdeführende Gesellschaft in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien erstattete als beteiligte Partei eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages des Verwaltungsgerichtes Wien bestreitet und den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien entgegentritt. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien liege dem Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien eine unzutreffende Interpretation der Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes zugrunde.

7. Die Gesellschaft österreichischen Rechts erstattete als beteiligte Partei eine Äußerung, in der sie sich im Wesentlichen den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien anschließt.

IV. Zur Zulässigkeit

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011, 20.082/2016; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

3. Die Bundesregierung erachtet den Antrag auf Aufhebung des §14 Abs2 KflG, der Zeichenfolge ',2' in §7 Abs1 Z4 litb KflG und der Wortfolge 'im Sinne des Abs2' in §14 Abs4 KfIG als unzulässig, weil das Verwaltungsgericht Wien den Anfechtungsumfang zu eng gezogen habe und die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitige. Das Verwaltungsgericht Wien habe zu Unrecht nicht die Bestimmung des §14 Abs1 KflG und den Verweis auf diese Bestimmung in §7 Abs1 Z4 litb KflG mitangefochten. Damit habe das Verwaltungsgericht Wien weiterhin die ernsthafte Gefährdung der konzessionierten Kraftfahrlinie zu beurteilen, weil die – nicht einer gesonderten Prüfung zugängliche – Begriffsbestimmung des §14 Abs2 KflG lediglich den Begriff der ernsthaften Gefährdung in §14 Abs1 KflG konkretisiere. Darüber hinaus sei im Hinblick auf die Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien gegen die angefochtene Zeichenfolge in §7 Abs1 Z4 litb KflG auf Grund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 2017, G243/2016 ua., entschiedene Sache anzunehmen. Es liege einerseits Identität der Norm vor, weil nunmehr ein Teil des §7 Abs1 Z4 litb KflG angefochten werde; andererseits seien auch die gegen die Verfassungsmäßigkeit ins Treffen geführten Bedenken im Wesentlichen dieselben.

4. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 29. September 2017, G243/2016 ua., unter anderem aus, das Verwaltungsgericht Wien habe – sofern es sich gegen die konkreten Umstände im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betriebsführung der (bestehenden) Kraftfahrlinie wende bzw. Bedenken gegen die konkrete gesetzliche Regelung hinsichtlich der "ernsthaften Gefährdung" in §7 Abs1 Z4 litb KflG hege – zu Unrecht die Rechtsvorschrift des §14 Abs2 KflG nicht "mitangefochten".

Das Verwaltungsgericht Wien ficht mit dem vorliegenden ersten Antragsbegehren §14 Abs2 KflG (sowie den Verweis in §14 Abs4 KflG auf §14 Abs2 KflG) an. Da das Verwaltungsgericht Wien §7 Abs1 Z4 litb KflG nicht zur Gänze mitanficht, erweist sich das erste Antragsbegehren des Verwaltungsgerichtes Wien wegen des zu eng gewählten Anfechtungsumfanges als unzulässig.

Damit erübrigt es sich darauf einzugehen, ob das antragstellende Gericht – wie von der Bundesregierung vorgebracht – einerseits zudem §14 Abs1 KflG und den Verweis auf diese Bestimmung in §7 Abs1 Z4 litb KflG mitanfechten hätte müssen und ob hinsichtlich der angefochtenen Zeichenfolge in §7 Abs1 Z4 litb KflG entschiedene Sache vorliege.

5. Die mit dem zweiten Antragsbegehren angestrebte Aufhebung der Wortfolge "wegen der geminderten Rentabilität" in §7 Abs1 Z4 litb zweiter Halbsatz KflG gäbe dem verbleibenden Teil der Rechtsvorschrift – ungeachtet der Frage, ob §7 Abs1 Z4 litb zweiter Halbsatz KflG im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien mangels Vorliegens eines im Wesentlichen touristischen Zwecken dienenden Kraftfahrlinienverkehrs überhaupt präjudiziell ist – einen dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt. Der Gesetzgeber trug mit der Einfügung des zweiten Halbsatzes des §7 Abs1 Z4 litb KflG im Zuge der Novelle BGBl I 32/2013 den Vorgaben des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 22. Dezember 2010, Rs. C 338/09, Yellow Cab Verkehrsbetriebs GmbH , Rechnung (vgl. die ErlRV 1986 BlgNR 24. GP, 14). Der Gerichtshof der Europäischen Union sprach in diesem Urteil im Hinblick auf die Vorgängerbestimmung des §7 Abs1 Z4 litb KflG (in der Fassung vor der Novelle BGBl I 32/2013 ) unter anderem aus, dass die Beurteilung eines Antrages auf Bewilligung einer touristischen Kraftfahrlinie von der zuständigen nationalen Behörde allein auf der Grundlage von Angaben des Konzessionsinhabers über die Rentabilität seines Betriebs, obwohl das Unternehmen des Konzessioninhabers ein potenzieller unmittelbarer Wettbewerber des konzessionswerbenden Unternehmens ist, den Vorschriften der Union zuwiderliefe, weil damit die Objektivität und Unparteilichkeit der Behandlung des entsprechenden Antrages auf Bewilligung beeinträchtigt werden könnte (vgl. EuGH 22.12.2010, Rs. C 338/09, Yellow Cab Verkehrsbetriebs GmbH , Rz 54). Daraus wird ersichtlich, dass es (im Bereich touristischer Kraftfahrlinien) gerade um solche Angaben des Unternehmens des Konzessionsinhabers geht, welche die geminderte Rentabilität des eigenen Unternehmens betreffen, und in der Folge der nationale Gesetzgeber in Umsetzung dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union diese begrenzte Ausnahme vom Grundtatbestand des §7 Abs1 Z4 litb erster Halbsatz KflG schaffen wollte. Mit der Aufhebung der angefochtenen Wortfolge "wegen der geminderten Rentabilität", die in diesem Zusammenhang nicht isoliert von den übrigen Tatbestandsmerkmalen und nicht ohne Bedachtnahme auf die unionsrechtliche Komponente betrachtet werden kann, würde dem Gesetzgeber ein ihm nicht zusinnbarer Inhalt unterstellt. Das zweite Antragsbegehren des Verwaltungsgerichtes Wien ist daher schon aus diesem Grund unzulässig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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