G331/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B VG; vgl. VfGH 24.2.2015, G13/2015).
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit des §334 Abs1 und 3 ASVG, BGBl 189/1955 idF BGBl 642/1989, wegen Verstoßes gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesen Rechten lässt das Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:
Die Annahme grober Fahrlässigkeit im Sinne des §334 ASVG iVm §1324 ABGB erfordert eine weit überdurchschnittliche Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht, die mit der konkreten Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes verbunden ist (OGH 4.12.1979, 2 Ob 179/79). Ein (Mit-)Verschulden infolge eines unfallkausalen Verhaltens des Unfallopfers ist im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens grober Fahrlässigkeit beim regresspflichtigen Dienstgeber zu berücksichtigen (stRsp OGH 21.4.1967, 2 Ob 104/67, SZ40/55, zuletzt OGH 29.5.2012, 9 ObA 53/12b), wobei es bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit im Allgemeinen auch zu keiner Verschuldensteilung nach §1304 ABGB (vgl. OGH 4.12.1975, 2 Ob 233/75, ZVR 1976/260; OGH 18.9.1991, 1 Ob 38/90, JBl. 1992, 327) käme. Gegen die Regresshaftung des Schädigers für eine vom Unfallversicherungsträger unabhängig von einem Verdienstentgang kraft Gesetzes zu gewährende (Unfall-)Rente (vergleichbar mit abstrakten Rentenansprüchen nach §1325 ABGB) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Unterschiedliche Rechtsfolgen nach Maßgabe unterschiedlicher Rechtslagen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Gebiet des (unionsrechtlich bloß koordinierten, nicht aber vereinheitlichten) Sozialversicherungsrechts stellen von vornherein keine "Inländerdiskriminierung" dar.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).