E2415/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Das Beschwerdeverfahren wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
II. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
1. Mit Bescheid vom 26. April 2016 schrieb die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien der Beschwerdeführerin, die eine Nebenintervenientin in einem zivilgerichtlichen Verfahren ist, eine Pauschalgebühr gemäß Tarifpost 2 Gerichtsgebührengesetz, BGBl 501/1984 ("GGG"), in der Höhe von € 11.380,–, einen Streitgenossenzuschlag von 15 % gemäß §19a GGG in der Höhe von € 1.707,–, einen Mehrbetrag gemäß §31 GGG in der Höhe von € 21,– und eine Einhebungsgebühr gemäß §6a Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl 288/1962 ("GEG"), in der Höhe von € 8,– vor. In Summe wurde der Beschwerdeführerin somit ein Betrag in Höhe von € 13.116,– vorgeschrieben.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde teilweise Folge, indem es den zu leistenden Gesamtbetrag mit € 11.409,– festsetzte. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Streitgenossenzuschlages gemäß §19a GGG nicht vorlägen, weshalb der Spruch des Bescheides entsprechend zu korrigieren und der Streitgenossenzuschlag von der zu zahlenden Gebühr abzuziehen gewesen sei.
3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis zur Gänze aufzuheben.
4. Gegen das angefochtene Erkenntnis erhob die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eine auf Art133 Abs6 Z2 B VG gestützte Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 22. Dezember 2016, Ra 2016/16/0095, gab der Verwaltungsgerichtshof der Amtsrevision Folge und änderte das angefochtene Erkenntnis gemäß §42 Abs4 VwGG dahingehend ab, dass die Beschwerde der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof – der mitbeteiligten Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof – gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26. April 2016 abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis übermittelte der Verwaltungsgerichtshof auch dem Verfassungsgerichtshof, bei dem es am 26. Jänner 2017 einlangte.
5. Mit Verfügung vom 31. Jänner 2017, der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin am selben Tag zugestellt, forderte der Verfassungsgerichtshof die Beschwerdeführerin auf, binnen einer Woche ab Zustellung der Verfügung zur Frage Stellung zu nehmen, ob sie sich im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2016, Ra 2016/16/0095, im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, als klaglos gestellt erachtet. In ihrer Äußerung vom 2. Februar 2017 gab die Beschwerdeführerin bekannt, durch das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht klaglos gestellt worden zu sein; vielmehr sei der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung zu §19a GGG abgegangen und halte die zuvor vertretene Differenzierung zwischen Hauptpartei und Nebenintervenient nicht aufrecht. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, dass auch die Berufung einer Nebenintervenientin die Gebührenpflicht gemäß §§7 Abs1 Z1, 19a iVm TP 2 GGG auslöse.
6. Das Verfahren wird eingestellt:
6.1. Das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist – wie im Fall der Klaglosstellung – einzustellen, wenn der Anfechtungsgegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens aus dem Rechtsbestand ausscheidet (vgl. VfSlg 19.228/2010).
6.2. Hievon ist im vorliegenden Fall auszugehen: Der Verwaltungsgerichtshof hat von der in §42 Abs4 VwGG normierten Befugnis, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, Gebrauch gemacht. In diesem Fall tritt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (insoweit) an die Stelle der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 11.9.2015, Ra 2015/02/0130; 16.3.2016, Ro 2015/17/0022). Diesbezüglich entspricht das Verhältnis zwischen Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof dem Verhältnis zwischen der belangten Behörde und dem (erstinstanzlichen) Verwaltungsgericht (vgl. dazu VfGH 6.6.2014, B320/2014).
6.3. Weder Art144 B VG – dieser bezieht sich nur auf Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte (Art129 B VG) – noch eine andere Rechtsvorschrift räumt dem Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit ein, Akte des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund einer an ihn gerichteten Beschwerde zu überprüfen (zB VfSlg 18.445/2008). Dies hat auch für den Fall zu gelten, dass ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund einer auf §42 Abs4 VwGG gestützten Sachentscheidung an die Stelle der beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes getreten ist. Diesfalls ist das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wegen (nachträglichen) Ausscheidens des Anfechtungsgegenstandes aus dem Rechtsbestand einzustellen. An diesem Ergebnis vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes für die beim Verfassungsgerichtshof beschwerdeführende Partei ungünstiger ist, als die Entscheidung des erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtes.
7. Kosten waren nicht zuzusprechen, weil eine Klaglosstellung im Sinne des §88 VfGG nicht vorliegt, sofern diese durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt (vgl. VfSlg 18.130/2007, 19.219/2010).
8. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.