JudikaturVfGH

G328/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
24. November 2016

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. die Wortfolge 'die in Vorarlberg stattfindenden gesellschaftlichen Veranstaltungen und für' in §1 Abs1, §1 Abs2, in eventu zur Aufhebung des §1 Abs2 zur Gänze §1 Abs2 lita) bis e) sowie litg) und lith), §2 Abs1 erster bis dritter Satz, §2 Abs2 erster bis dritter Satz, in eventu zur Aufhebung des §2 Abs2 erster bis dritter Satz §2 Abs2 erster und zweiter Satz, §2 Abs3, §3 Abs1, §3 Abs2 und §3 Abs5, §4, §5 Abs1 erster Satz, §6 Abs1 bis Abs3, §7 sowie §10 je des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben;

für den Fall, dass das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals kein selbständiger Steuertatbestand, sondern ein Unterfall der gesellschaftlichen Veranstaltung ist, stellen wir zusätzlich zu den obigen Aufhebungsanträgen den Antrag, auch §2 Abs4, §3 Abs4, §5 Abs1 zweiter Satz und §5 Abs2, §6 Abs6 je des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufzuheben;

1.a) in eventu die Wortfolge 'die in Vorarlberg stattfindenden gesellschaftlichen Veranstaltungen und für' in §1 Abs1, §2 Abs1 erster bis dritter Satz, §2 Abs2 erster bis dritter Satz, in eventu zur Aufhebung des §2 Abs2 erster bis dritter Satz §2 Abs2 erster und zweiter Satz, §3 Abs1 und Abs5, §5 Abs1 erster Satz, §6 Abs1, Abs2 und Abs5 je des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben;

1.b) in eventu die Wortfolge 'die in Vorarlberg stattfindenden gesellschaftlichen Veranstaltungen und für' in §1 Abs1, §2 Abs1 erster Satz und §2 Abs2 erster und zweiter Satz je des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben;

1.c) in eventu §2 Abs1 erster Satz und §2 Abs2 erster und zweiter Satz je des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben;

1.d) in eventu §2 Abs2 erster und zweiter Satz des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben;

1.e) in eventu das Gesetz über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) in der heute geltenden Fassung zur Gänze als verfassungswidrig aufheben;

2. in eventu zu den Anträgen lt obigen Punkten 1. und 1.a) bis 1.e):

den Satzteil '21 (Spielbanken)' samt dem davor gesetzten Beistrich in §1 Abs2 lith) des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) idF LGBl 9/2011, den Satzteil 'und 21' in §31a GSpG idF BGBl I 118/2015 sowie den Verweis auf §21 GSpG samt dem davor gesetzten Beistrich in §15 Abs3 Zi 1 FAG 2008 idF BGBl I 118/2015 als verfassungswidrig aufheben."

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (in der Folge: Vbg. KriegsopferabgabeG), LGBl 40/1989 idF LGBl 44/2013, lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Teile sind hervorgehoben):

§1

Gegenstand der Abgabe

(1) Für die in Vorarlberg stattfindenden gesellschaftlichen Veranstaltungen und für das nichtöffentliche Abspielen von Laufbildern, die auf Bildträgern aufgezeichnet sind, ist eine Abgabe zu entrichten, sofern nicht gemäß Abs2 eine Befreiung gewährt ist.

(2) Der Abgabe unterliegen nicht:

a) Veranstaltungen mit überwiegend kulturellem oder künstlerischem Gehalt,

b) Sportveranstaltungen,

c) Zirkusveranstaltungen,

d) die öffentliche Veranstaltung von Lichtspielen,

e) Tanzveranstaltungen mit lebender Musik,

f) Rundfunkübertragungen in öffentlichen Lokalen,

g) Veranstaltungen von Vereinen für ihre eigenen ausübenden Mitglieder,

h) Ausspielungen gemäß §2 des Glücksspielgesetzes durch Konzessionäre nach den §§14 (Übertragung bestimmter Lotterien), 21 (Spielbanken) und 22 (Pokersalons) des Glücksspielgesetzes.

§2

Abgabepflichtige und einhebepflichtige Personen

(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist verpflichtet, wer die von der Abgabe betroffenen Veranstaltungen gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes besucht. Hiebei ist es gleichgültig, ob das Eintrittsgeld in der gewöhnlichen Form des Entgeltes für eine Eintrittskarte oder in anderer Form entrichtet wird. Als Eintrittsgeld sind insbesondere auch Beiträge für irgendwelche Zwecke anzusehen, wenn mit ihnen das Recht zum Besuch der Veranstaltung miterworben wird, ferner Beiträge, die zur Deckung der Veranstaltungskosten von den Besuchern eingesammelt oder in Form eines Zuschlages auf den Preis der bei der Veranstaltung verabreichten Speisen und Getränke oder in Form einer die gewöhnliche Höhe übersteigenden Garderobengebühr oder als Preis für Tanzkarten, Maskenzeichen und dergleichen eingehoben werden. Zur Entrichtung der Abgabe ist weiters verpflichtet, wem der von der Abgabe betroffene Bildträger gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes überlassen wird. Im Zweifel ist anzunehmen, dass der Bildträger zu diesem Zweck überlassen wird.

(2) Der Veranstalter ist verpflichtet, die Abgabe vom Abgabepflichtigen in Form eines Zuschlages zum Eintrittsgeld einzuheben und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes abzuführen. Er haftet für die richtige Abfuhr aller Beträge, zu deren Einhebung er verpflichtet ist. Kommen mehrere Personen gemeinsam als Veranstalter in Betracht, so haften sie für die Abgabe zur ungeteilten Hand. Dies gilt in gleicher Weise für Personen, die Bildträger Dritten gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen überlassen.

(3) Als Veranstalter gilt, wer sich als Veranstalter öffentlich ankündigt oder der Behörde gegenüber ausgibt, im Zweifel derjenige, auf dessen Rechnung die Einnahmen der Veranstaltung gehen.

(4) Für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals ist jene Person abgabepflichtig, die hiefür eine Bewilligung nach dem Wettengesetz hat oder haben müsste.

§3

Höhe der Abgabe

(1) Die Abgabe für Veranstaltungen beträgt, soweit sich aus dem Abs2 nichts anderes ergibt, 10 v.H. des Eintrittsgeldes.

(2) Die Landesregierung kann die Abgabe bei Veranstaltungen von Unternehmungen, die aus Landesmitteln unterstützt werden, von 10 v.H. auf 5 v.H. des Eintrittsgeldes ermäßigen.

(3) Die Abgabe für das nichtöffentliche Abspielen von Laufbildern, die auf Bildträgern aufgezeichnet sind, beträgt 5 v.H. des Entgelts für die Überlassung des Bildträgers.

(4) Die Abgabe für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals beträgt für jeden einzelnen Wettterminal 700 Euro für jeden Kalendermonat, in dem der Wettterminal aufgestellt ist oder betrieben wird.

(5) Als Eintrittsgeld im Sinne der vorstehenden Abs1 und 2 gelten alle im §2 Abs1 bezeichneten Leistungen der Veranstaltungsbesucher abzüglich in ihnen etwa enthaltener öffentlicher Zuschlagsabgaben.

§4

Pauschalierung der Abgabe

(1) Wenn die Bemessung der Abgabe nach dem Eintrittsgeld besonders umständlich ist oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht oder für den Betrieb des Veranstalters störend oder hindernd wirkt, so kann die Abgabe auf Antrag des Veranstalters oder von Amts wegen mit Bescheid mit einem Pauschalbetrag bemessen werden. Für die Pauschalierung der Abgabe ist bei einmaligen Veranstaltungen die Gemeinde, bei wiederkehrenden Veranstaltungen die Landesregierung zuständig.

(2) Der Abgabenpauschalbetrag ist nach dem Gesamtbetrag der Eintrittsgelder zu bemessen, der bei gleichartigen oder ähnlichen Veranstaltungen unter den gegebenen Umständen durchschnittlich erzielt werden kann oder für einen gleich großen Zeitraum bei bereits durchgeführten gleichartigen Veranstaltungen durchschnittlich erzielt worden ist.

(3) Weichen die vom Veranstalter für die Bemessung des Abgabenpauschalbetrages gemachten Angaben von den bei der nachfolgenden Durchführung der Veranstaltung festgestellten tatsächlichen Verhältnissen ab und wird dadurch die Abgabe in erheblichem Maße verkürzt, so kann die gemäß Abs1 zuständige Behörde eine entsprechende Ergänzung der Abgabe vorschreiben.

§5

Anzeige abgabenpflichtiger Veranstaltungen

(1) Abgabenpflichtige Veranstaltungen sind vom Veranstalter spätestens drei Tage vor ihrer Durchführung der für den Veranstaltungsort zuständigen Gemeinde anzuzeigen. Das Aufstellen oder der Betrieb eines Wettterminals ist von der abgabepflichtigen Person der Gemeinde spätestens drei Tage im Voraus anzuzeigen.

(2) Durch diese Anzeige wird die nach anderen Vorschriften etwa bestehende Verpflichtung des Veranstalters zur Erstattung einer Anzeige oder zur Einholung einer behördlichen Bewilligung nicht berührt.

§6

Abgabenerklärung, Abgabenentrichtung

(1) Binnen drei Tagen nach Durchführung der Veranstaltung hat der Veranstalter der Gemeinde eine nach den verschiedenen Eintrittsgeldern geordnete Zusammenstellung über den der Abgabenbemessung zugrunde zu legenden Gesamtbetrag der erzielten Eintrittsgelder und die demnach zu entrichtende Abgabe vorzulegen.

(2) Bei mehreren regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen innerhalb eines Monats hat der Veranstalter über alle in diesem Kalendermonat stattgefundenen Veranstaltungen eine Abgabenerklärung zu erstatten und diese innerhalb eines Monats und 15 Tagen nach Ablauf des betreffenden Kalendermonats beim Gemeindeamt einzureichen.

(3) Das aus der Ausstellung von Dauereintrittskarten erzielte Eintrittsgeld ist jeweils in der Ersten auf ihre Ausstellung folgenden Abgabenerklärung auszuweisen.

(4) Personen, die Bildträger Dritten gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen überlassen, haben über die in einem Kalendermonat eingehobenen Abgabenbeträge aufgrund geeigneter Unterlagen und Aufzeichnungen eine Abgabenerklärung zu erstellen und diese innerhalb eines Monats und 15 Tagen nach Ablauf des betreffenden Kalendermonats beim Gemeindeamt einzureichen.

(5) Gleichzeitig mit der Vorlage der Abgabenerklärung hat die einhebepflichtige Person (§2 Abs2) die ausgewiesene Abgabe an die Gemeinde abzuführen.

(6) Die Abgabe für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals ist von der abgabepflichtigen Person für jeden Kalendermonat bis zum 15. des Folgemonats an die Gemeinde abzuführen.

§7

Sicherstellung der Abgabe

(1) Die Gemeinde kann Veranstaltern, die für die ordnungsmäßige Entrichtung der Abgabe nicht persönlich volle Gewähr bieten, die Sicherstellung der voraussichtlich zu entrichtenden Abgabe auftragen und die Durchführung der Veranstaltung vom Erlag der Sicherstellung abhängig machen. Eine solche Sicherstellung ist insbesondere von jenen Veranstaltern zu verlangen, die ihren ständigen Sitz außerhalb des Landes Vorarlberg haben.

(2) Bezüglich der Höhe des Sicherstellungsbetrages gilt sinngemäß die Bestimmung des §4 Abs2.

[…]

§10

Pflichten des Veranstalters

Der Veranstalter hat die auszugebenden Eintrittskarten mit fortlaufenden Zahlen zu versehen und der Gemeinde auf Verlangen spätestens 48 Stunden vor der Durchführung der Veranstaltung zur Abstempelung vorzulegen. Er muss, wenn es die Gemeinde verlangt, gegen Ersatz der Beschaffungskosten Eintrittskarten verwenden, die ihm von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden. "

2. §31a Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 idF BGBl I 118/2015, lautet:

"Erhebung von Landes- und Gemeindeabgaben

§31a. (Grundsatzbestimmung) Die Länder und Gemeinden dürfen die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§5, 14 und 21 und deren Spielteilnehmer sowie Vertriebspartner weder dem Grunde noch der Höhe nach mit Landes- und Gemeindeabgaben belasten, denen keine andere Ursache als eine nach diesem Bundesgesetz konzessionierte Ausspielung zu Grunde liegt. Davon abweichend sind Fremdenverkehrsabgaben zulässig, insoweit die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber sowie deren Spielteilnehmer und Vertriebspartner sowohl nach dem Steuergegenstand als auch nach dem Steuersatz nicht umfangreicher als die anderen Abgabepflichtigen steuerlich belastet werden."

3. §15 Finanzausgleichsgesetz 2008, BGBl I 103/2007 idF BGBl I 118/2015, lautet auszugsweise:

"D. Gemeindeabgaben auf Grund freien Beschlussrechtes

§15. […]

(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

1. Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) gemäß §14 Abs1 Z8, die in Hundertteilen des Eintrittsgeldes erhoben werden, allgemein bis zum Ausmaß von 25%, bei Filmvorführungen bis zum Ausmaß von 10% des Eintrittsgeldes mit Ausschluss der Abgabe. Ausgenommen sind Lustbarkeitsabgaben für Veranstaltungen von Theatern, die aus Mitteln des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde regelmäßige Zuschüsse erhalten, sowie für Ausspielungen gemäß §2 GSpG durch Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§5, 14, 21 und 22 GSpG;"

III. Antragsvorbringen

1. Die antragstellende Gesellschaft, die über die Gewerbeberechtigung "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter" verfügt, betreibt seit 1. Juli 2015 in einer im Bundesland Vorarlberg gelegenen Betriebsstätte ein "Pokercasino", in dem sie Pokerspiele (als "Cashgames" und in Turnierform) durchführt.

2. Mit Eingabe vom 7. August 2015 beantragte sie gemäß §4 Vbg. KriegsopferabgabeG die Pauschalierung der Abgabe mit einem monatlichen Pauschalbetrag iHv € 12.145,15. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. Jänner 2016 wurde diesem Antrag dem Grunde nach stattgegeben und die monatliche Abgabe ab August 2015 mit einem Pauschalbetrag iHv € 563.000,– bemessen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der Vorarlberger Landesregierung vom 13. April 2016 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Antragsvorbingen hat die antragstellende Gesellschaft dagegen einen Vorlageantrag eingebracht; die Bescheidbeschwerde ist (oder war) beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg anhängig.

3. Mit Eingabe vom 25. Februar 2016 beantragte die antragstellende Gesellschaft zudem die Aussetzung der Einhebung der (mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. Jänner 2016) pauschal festgesetzten Kriegsopferabgabe gemäß §212a BAO. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Bregenz vom 20. April 2016 abgewiesen.

4. Die antragstellende Gesellschaft begründet ihre Antragslegitimation im Wesentlichen wie folgt:

Sie hafte nach Ansicht der Abgabenbehörde gemäß §2 Abs2 Vbg. KriegsopferabgabeG als Veranstalterin der von ihr durchgeführten wiederkehrenden Veranstaltungen für die Entrichtung der Kriegsopferabgabe. Die Abgabe betrage für Veranstaltungen 10% des Eintrittsgeldes (§3 Abs1 Vbg. KriegsopferabgabeG). Die Abgabenbehörde ziehe – unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – sämtliche Spieleinsätze als Bemessungsgrundlage der Abgabe heran, obwohl die Einsätze zu keinem Zeitpunkt in das Betriebsvermögen der antragstellenden Gesellschaft gelangten. Der antragstellenden Gesellschaft verblieben für ihre Dienstleistungen im Durchschnitt 3,5% der von den Spielern geleisteten Einsätze, sie habe jedoch eine Abgabe iHv 10% der Einsätze zu leisten, weshalb sie "pro Spiel einen erheblichen Verlust" erleide.

Die von der Abgabenbehörde vorgenommene Auslegung des §2 Abs2 Vbg. KriegsopferabgabeG führe dazu, dass ihr Betrieb auf Dauer nicht wirtschaftlich geführt werden könne. Ein "[W]eiterüberwälzen" der Abgabe auf die Spieler, wie es die Bestimmung vorsehe, hätte das schlagartige Ausbleiben der Spieler zur Folge, zumal im Bundesland Vorarlberg zwei Spielbanken mit Konzessionen nach §21 Glückspielgesetz bestünden, die gemäß §1 Abs2 lith Vbg. KriegsopferabgabeG nicht der Kriegsopferabgabe unterliegen würden. Eine "Leerstehung" der Betriebsstätten im Bundesland Vorarlberg "bis zur Erledigung eines jedenfalls monatelangen, wenn nicht jahrelangen Rechtsstreits" sei der antragstellenden Gesellschaft nicht zumutbar.

Die Kriegsopferabgabe sei von der antragstellenden Gesellschaft selbst zu berechnen, der Gemeinde bekanntzugeben und abzuführen (§6 Abs1 und 2 Vbg. KriegsopferabgabeG). Die Möglichkeit der Erwirkung eines Bescheides gemäß §201 BAO ändere nichts an der unmittelbaren Wirkung des §2 Abs2 Vbg. KriegsopferabgabeG, zumal einer Bescheidbeschwerde gemäß §254 BAO keine aufschiebende Wirkung zukomme und eine Aussetzung der Einhebung der Abgabe nur in den engen Grenzen des §212a Abs1 und 2 BAO in Betracht komme. Für den Fall der Nichtgewährung der Aussetzung der Einhebung stehe der antragstellenden Gesellschaft die Möglichkeit offen, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Das Abwarten der Verfahrensergebnisse übersteige die "Leistungsfähigkeit" der antragstellenden Gesellschaft, weshalb die Erhebung einer Beschwerde bzw. Revision nicht zumutbar sei. Selbst für den Fall der Gewährung einer Aussetzung der Einhebung sehe §212a Abs9 BAO die Entrichtung von Aussetzungszinsen vor. Die Zahlung dieses Betrages sei angesichts des niedrigen Zinsniveaus für Spareinlagen nicht zumutbar, da die Zinsen, die bis zum Ende der gewährten Aussetzung erzielt werden könnten, bei weitem nicht die gesetzlichen Zinsen nach der BAO erreichten. Diese Differenz in Kauf zu nehmen, sei der antragstellenden Gesellschaft ebenfalls nicht zumutbar.

Letztlich könne die antragstellende Gesellschaft im Falle einer negativen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg zwar Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Diesen Rechtsmitteln komme jedoch keine aufschiebende Wirkung zu. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei auf Grund der überaus strengen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts "(fast) unmöglich". Der Erfolg im Erkenntnisbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren käme für das wirtschaftliche Überleben der antragstellenden Gesellschaft zu spät.

Weder §201 BAO noch die daran anschließenden Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfe eröffneten der antragstellenden Gesellschaft daher einen zumutbaren "Umweg".

IV. Erwägungen

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 Z1 litc B VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

2. Ein solcher zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung steht der antragstellenden Gesellschaft jedoch offen:

2.1. Die antragstellende Gesellschaft hat gemäß §201 BAO einen Antrag auf bescheidmäßige Bemessung eines Pauschalbetrages gemäß §4 Abs1 Vbg. KriegsopferabgabeG gestellt. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. Jänner 2016 wurde diesem Antrag dem Grunde nach stattgegeben und die monatliche Abgabe ab August 2015 mit einem Pauschalbetrag iHv € 563.000,– bemessen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der Vorarlberger Landesregierung vom 13. April 2016 als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat die antragstellende Gesellschaft nach ihrem Antragsvorbringen einen Vorlageantrag eingebracht und damit einen (zumutbaren) Weg beschritten, der ihr die Möglichkeit eröffnet, ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg zu erwirken, in welchem über die beantragte Pauschalierung der Kriegsopferabgabe dem Grunde und der Höhe nach abgesprochen wird.

2.2. Zudem hat die antragstellende Gesellschaft einen Antrag gemäß §212a BAO auf Aussetzung der Einhebung der (mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. Jänner 2016) pauschal festgesetzten Kriegsopferabgabe gestellt. Zwar ist gemäß §212a Abs5 BAO mit dem Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung der Ablauf der Aussetzung zu verfügen, doch schließt dies eine neuerliche Antragstellung nicht aus und kann ein solcher Antrag gemäß Abs3 leg.cit. bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gestellt werden.

2.3. Der antragstellenden Gesellschaft steht sohin die Möglichkeit offen, gegen ein (negatives) Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg eine auf Art144 B VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von ihr angefochtenen Bestimmungen des Vbg. Kriegsopferabgabegesetzes anders als im Wege des – bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten – Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

2.4. Außergewöhnliche Umstände, welche die Einbringung eines Individualantrages zufolge Unzumutbarkeit eines anderen Weges ausnahmsweise zulässig machen können, liegen nicht vor. Soweit die antragstellende Gesellschaft darauf verweist, dass die (vorläufige) Entrichtung der Kriegsopferabgabe ihre "Leistungsfähigkeit" übersteige und eine (erfolgreiche) Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof im Verfahren nach Art144 B VG "für [ihr] wirtschaftliches Überleben zu spät" käme, macht sie damit bloß wirtschaftliche Reflexwirkungen geltend, die keine Zulässigkeit des Antrages zu bewirken vermögen (vgl. zB VfSlg 17.323/2004 mwN sowie VfGH 21.11.2014, G89/2014). Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen, mit dem die antragstellende Gesellschaft die Unzumutbarkeit des "Umweges" mit der Verpflichtung zur Entrichtung von Aussetzungszinsen nach §212a Abs9 BAO zu begründen versucht.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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