G287/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag begehrt die einschreitende Partei die Aufhebung der Wortfolge "der Veranstalter der Ausspielung" samt dem davor gesetzten Beistrich in §59 Abs2 Z1 2. Teilstrich GSpG idF BGBl I 73/2010, sowie des §57 Abs6 Z1 GSpG idF BGBl I 111/2010; in eventu der Wortfolge "der Veranstalter der Ausspielung" samt dem davor gesetzten Beistrich in §59 Abs2 Z1 2. Teilstrich GSpG idF BGBl I 73/2010; in eventu §57 Abs6 Z1 GSpG idF BGBl I 111/2010; in eventu des Glücksspielgesetzes in der heute geltenden Fassung zur Gänze wegen Verfassungswidrigkeit.
2. Die antragstellende Partei sei ein beim Handelsgericht Wien protokolliertes österreichisches Unternehmen mit Sitz in Wien und verfüge seit 4. Juli 2007 über eine rechtskräftig erteilte Gewerbeberechtigung "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter", welche sie in Wiener Neustadt, Bregenz und Ischgl ausübe. Diese rechtskräftige Gewerbebefugnis erstrecke sich auf alle erlaubten Kartenspiele ohne Bankhalter, zu welchen auch die in den Betriebsstätten der antragstellenden Partei durchgeführten Pokerspiele zählten. Die antragstellende Partei biete ihre Dienstleistungen EU-weit grenzüberschreitend ebenso an wie die Konzessionäre der Spielbanken im Sinne von §22 GSpG.
Die in den Betriebsstätten der antragstellenden Partei durchgeführten Pokerspiele seien entsprechend der Berechtigung ausschließlich solche, die im Lebendspiel und ohne Bankhalter gespielt würden. Die einschreitende Partei selbst nehme daran nicht teil. Die Dienstleistung der einschreitenden Partei beschränke sich regelmäßig auf die entgeltliche Zurverfügungstellung von Karten und Tischen in den Räumen der antragstellenden Partei. Das Entgelt hiefür sowie jenes für die anderen Dienstleistungen der einschreitenden Partei (zB Verköstigung der Spieler) sei spieleinsatz- und gewinnunabhängig. Die Spieler schlössen dabei den jeweiligen Spielvertrag ausschließlich mit- und untereinander ab. Die einschreitende Partei erlange zu keinem Zeitpunkt Gewahrsame an den Spieleinsätzen und Spielgewinnen und sei auch nicht (sonst wie) darüber verfügungsberechtigt. Es sei somit rechtlich und tatsächlich unmöglich, aus den Einsätzen oder Gewinnen Beträge einzu- oder zurückzubehalten. In den Salons der einschreitenden Partei würden die Pokerspiele entweder als sogenannte Cash-Games oder als Turnier gespielt.
Die antragstellende Partei nehme in keiner Weise Einfluss auf das Verhalten der Spieler; sie dürfe dies auch nicht, widrigenfalls die Gewerbeberechtigung der antragstellenden Partei überschritten würde. Dies sei auch glücksspielrechtlich durch §60 Abs36 GSpG anerkannt.
Am 28. Juni 2016 habe das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel Glücksspielabgabebescheide für November und Dezember 2014 sowie für Jänner 2015 bis Mai 2015 und Juli 2015 bis Februar 2016 erlassen. Mit diesen Bescheiden (Festsetzungen gemäß §201 BAO) seien der antragstellenden Partei Glücksspielabgaben gemäß §57 Abs1 GSpG in der Höhe von insgesamt knapp € 9.050.000,– vorgeschrieben worden. Gegen diese Glücksspielabgabenbescheide (mit Ausnahme des Bescheides betreffend Juni 2015) habe die antragstellende Partei Beschwerde erhoben.
Die antragstellende Partei verkenne nicht, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung die Bekämpfung von Abgabenbescheiden im Instanzenzug als sogenannten "zumutbaren Umweg" angesehen und deshalb auf Art140 B VG gestützte Individualanträge gegen Abgabenbestimmungen als unzulässig zurückgewiesen habe. Im gegenständlichen Fall sei jedoch als folgenden Gründen eine Abkehr von dieser Ansicht geboten:
§57 Abs1 GSpG ordne für die in den Betriebsstätten der einschreitenden Partei als Cash-Games durchgeführten Pokerspiele eine Abgabepflicht von 16 % vom Einsatz und für die Turniere für denselben Prozentsatz vom Turniergewinn, dh. von der Summe der Einsätze, an. Als Einsatz sei (nach Ansicht der Finanzverwaltung) jedes Geld, das ein Spieler setze – unabhängig davon, ob innerhalb eines Spieles oder als Neubeginn eines Spieles –, zu verstehen; die einschreitende Partei hafte (nach Ansicht der Finanzverwaltung) für die Glücksspielabgaben gemäß §59 Abs2 Z1 2. Teilstrich GSpG als "Veranstalter".
Vergleiche man die für die Dienstleistungen der antragstellenden Partei gezahlten Entgelte mit den unter den Spielern getätigten Einsätzen, ergebe sich, dass die Höhe der an die antragstellende Partei gezahlten Entgelte im Durchschnitt über alle Spieler gerechnet ca. 3,5 % der Höhe der unter den Spielern geleisteten Einsätze betrage. Tatsächlich werde das Tischgeld nicht in Prozent vom Einsatz bemessen, sondern betrage nur im Durchschnitt 3,5 %. Es handle sich dabei lediglich um eine statistische Größe. Die Einsätze gelangten zu keinem Zeitpunkt in das Betriebsvermögen der antragstellenden Partei, weshalb sie eben nicht zur Finanzierung der Glücksspielabgabe herangezogen werden könnten. Das Gesetz sehe nun in der Auslegung der Finanzverwaltung vor, dass die antragstellende Partei 16 % an Glücksspielabgaben bezahle müsse, obwohl die antragstellende Partei lediglich einen Teil davon an einem solchen Spiel verdiene.
Es liege auf der Hand, dass der Betrieb der antragstellenden Partei auf Grund der Regelung des §57 Abs1 GSpG iVm §59 Abs2 Z1 2. Teilstrich GSpG auf Dauer nicht wirtschaftlich geführt werden könne. Die Glücksspielabgabe sei selbst zu berechnen, dem Finanzamt bekanntzugeben und abzuführen (§59 Abs3 GSpG). Die Möglichkeit der Erwirkung eines Bescheides über §201 BAO ändere nichts an der unmittelbaren Wirkung des §57 Abs1 GSpG und des §59 Abs2 Z1 2. Teilstrich GSpG.
Selbst wenn man der Ansicht sei, dass §201 BAO diese unmittelbare Wirkung entschärfte, führe dies nicht zu einem "zumutbaren Umweg". Die Beschwerde habe nämlich gemäß §254 BAO keine aufschiebende Wirkung und eine Aussetzung der Einhebung gemäß §212a BAO sei nur in engen Grenzen möglich. Bei Nichtgewährung der Aussetzung der Einhebung hätte die antragstellende Partei also bis zu einem Obsiegen in einem Verfahren gemäß Art144 B VG oder in einem Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die laufenden, exorbitanten Glücksspielabgaben, die auf Einsätze erhoben würden, an denen die antragstellende Partei nie eine Gewahrsame habe, zu entrichten. Dies übersteige die Leistungsfähigkeit der antragstellenden Partei, weshalb ein Beschwerdeverfahren nicht zumutbar sei.
Des Weiteren legt die einschreitende Partei die aus ihrer Sicht gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen sprechenden Gründe näher dar.
3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurück-, in eventu die Abweisung des Antrages begehrt.
4. Die antragstellende Partei erstattete eine Replik, in der sie dem Vorbringen in der Äußerung der Bundesregierung entgegentritt.
II. Rechtslage
1. Die angefochtenen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes – GSpG, BGBl 620/1989, idF BGBl I 118/2015, lauten in ihrem Zusammenhang (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"GLÜCKSSPIELABGABEN
Glücksspielabgaben
§57. (1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen – vorbehaltlich der folgenden Absätze – einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von §17 Abs2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
(2) Für Ausspielungen gemäß §12a (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video-Lotterie-Terminals im Sinne des §12a Abs2 durchgeführt werden, beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen. Besteht eine Abgabenpflicht nach §17 Abs3, sind Ausspielungen gemäß §12a von der Glücksspielabgabe befreit.
(3) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe – vorbehaltlich Abs4 – 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen.
(4) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (Bundesautomaten- und VLT-Abgabe), wenn sie
– im Falle von Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach §5 oder
– im Falle von Video-Lotterie-Terminals auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach §14 durchgeführt werden.
Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bleibt den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzen vorbehalten.
(5) Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.
(6) Von der Glücksspielabgabe befreit sind
1. Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des §21,
2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des §4 Abs2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 73/2010,
3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des §4 Abs3 bis 6.
(7) Abweichend von Abs4 gilt für die Glückspielabgabe für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals in den Ländern Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach §14 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 bzw. 31. Dezember 2015 (§60 Abs25 Z2) Folgendes:
1. Wenn das Land keine Bewilligungen gemäß §5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 25 vH.
2. Wenn das Land die höchstzulässige Anzahl von Bewilligungen gemäß §5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 10 vH.
3. Wenn das Land nur einen Teil der gemäß §5 möglichen Bewilligungen vergeben hat, wird der Hundertsatz für den Steuersatz entsprechend dem Anteil der vergebenen möglichen Bewilligungen zwischen 10 und 25 eingeschliffen und halbjährlich nach folgender Formel berechnet: 25 – (15 x vergebene Bewilligungen / Höchstzahl der Bewilligungen).
Der Bundesminister für Finanzen hat die Höhe des aktuellen Steuersatzes dem Konzessionär für das jeweilige Halbjahr bis 1. Februar und 1. August verbindlich mitzuteilen.
[…]
Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld
§59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§57 und 58:
1. in Fällen des §58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages in Fällen des §58 Abs3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;
2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.
(2) Schuldner der Abgaben nach §§57 und 58 sind
1. bei einer Abgabenpflicht gemäß §57:
– der Konzessionär (§17 Abs6) oder der Bewilligungsinhaber (§5);
– bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers , der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.
2. bei einer Abgabenpflicht gemäß §58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in §58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.
(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach §58 Abs3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. §29 Abs3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.
(4) Es haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand
a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;
b) bei Ausspielungen mit Glücksspielautomaten derjenige, der die Aufstellung eines Glücksspielautomaten in seinem Verfügungsbereich erlaubt sowie andere am Glücksspielautomaten umsatz- oder erfolgsbeteiligte Unternehmer sowie ein etwaiger gesonderter Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (Abs5).
(5) Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.
(6) Für die Bewertung von Waren und geldwerten Leistungen in den Fällen der §§57 und 58 gelten die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des §15 Abs1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des §16 Abs3 des Bewertungsgesetzes 1955 ausgeschlossen ist.
(7) Bloße entgeltliche Veröffentlichungen (§26 Mediengesetz) im Zusammenhang mit Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung (§58 Abs3) gelten weder als Veranstaltung einer Ausspielung durch den Medieninhaber (Abs2 Z1) noch als Ausspielung im Verfügungsbereich des Medieninhabers (Abs4 lita), wenn der Medieninhaber nicht selbst als (Mit-) Veranstalter auftritt."
2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl 194/1961, idF BGBl I 77/2016, lauten:
§201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs2 und muss nach Maßgabe des Abs3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des §303 Abs4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,
4. [entfallen]
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des §293b oder des §295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, oder
2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
[…]
§212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Berufungen gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Berufungen betreffende Vorlageanträge (§276 Abs2) sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§294). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs1) ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung oder
b) Berufungsentscheidung oder
c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anläßlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§276 Abs2) nicht aus.
Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.
(6) Wurde eine Abgabenschuldigkeit durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§213 Abs1) oder Guthaben (§215 Abs4) gänzlich oder teilweise getilgt, so sind, falls dies beantragt wurde, die getilgten Beträge in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen, wenn die Tilgung
a) vor Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit oder
b) vor Ablauf einer sonst für ihre Entrichtung gemäß §210 Abs2 zustehenden Frist oder
c) bei später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzten Abgaben vor Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides oder
d) nach Einbringen des Antrages auf Aussetzung oder
e) innerhalb eines Monats vor Ablauf der Frist des Abs7
erfolgte.
(7) Für die Entrichtung einer Abgabe, deren Einhebung ausgesetzt wurde, steht dem Abgabepflichtigen eine Frist bis zum Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung (Abs5) oder eines die Aussetzung betreffenden Bescheides gemäß §294 zu. Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des §212 Abs2 zweiter Satz eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides zu.
(8) Zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, dürfen Zahlungen, sonstige Gutschriften (§213 Abs1) sowie Guthaben (§215 Abs4) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden. Hiebei ist §214 Abs4 sinngemäß anzuwenden, wenn bei Bekanntgabe des Verwendungszweckes auf den Umstand der Aussetzung der Einhebung der zu entrichtenden oder zu tilgenden Abgabenschuldigkeit ausdrücklich hingewiesen wurde.
(9) Für Abgabenschuldigkeiten sind
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§230 Abs6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen."
III. Erwägungen
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
2. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist ein solcher zumutbarer Weg hier gegeben:
2.1. Die antragstellende Gesellschaft behauptet im Wesentlichen, die Erlangung eines anfechtbaren Bescheides zur Geltendmachung ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von ihr angefochtenen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes sei ihr nicht zumutbar, weil die einschreitende Gesellschaft ihren Betrieb auf Grund der von ihr als verfassungswidrig angesehenen Gesetzesbestimmungen auf Dauer nicht wirtschaftlich führen könne. Daran könne auch §212a BAO nichts ändern, weil die Gewährung der Aussetzung der Einhebung nur in engen Grenzen zulässig sei.
2.2. §59 Abs1 GSpG regelt die Entstehung der Abgabenschuld. Abgabenschuldner ist gemäß §59 Abs2 Z1 zweiter Teilstrich GSpG der Veranstalter der Ausspielung. Gemäß §59 Abs3 GSpG hat der Abgabenschuldner die Abgaben selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten.
Für Fälle, in denen der Steuerschuldner keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist, sieht §201 Abs1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid vor. Eine Festsetzung kann gemäß §201 Abs2 Z3 BAO erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird. Gemäß §201 Abs3 Z1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist.
Die antragstellende Gesellschaft hätte somit die Möglichkeit, durch Unterlassung der Selbstberechnung bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides gemäß §201 BAO zu erwirken (vgl. VfSlg 16.193/2001 mwN). Sie könnte auch nach Vornahme der Selbstberechnung eine Festsetzung mit dem Hinweis beantragen, diese erweise sich als nicht richtig. Bei Beschreitung eines dieser Wege befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach den zitierten Vorschriften betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.
Der antragstellenden Gesellschaft steht somit – wie sie selbst in ihrem Antrag einräumt – die Möglichkeit offen, eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zu erwirken. Gegen eine derartige Entscheidung kann sie in der Folge gemäß Art144 Abs1 B VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen anders als im Wege des – bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten – Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof herantragen.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht steht der antragstellenden Gesellschaft zudem seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBI. I 51/2012) am 1. Jänner 2014 die Möglichkeit offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Gesetzesbestimmungen vorzutragen und das gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B VG antragsberechtigte Bundesfinanzgericht zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zu veranlassen.
Im Gegensatz zur Auffassung der antragstellenden Gesellschaft liegen auch keine besonderen, außergewöhnlichen Umstände vor, die (ausnahmsweise) die oben angeführte Erwirkung eines Bescheides als unzumutbar erscheinen ließen. Die Situation der antragstellenden Gesellschaft ist nicht anders zu bewerten als jene anderer Abgabenschuldner.
3. Der Antrag der einschreitenden Gesellschaft ist aus den genannten Gründen als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dieser Beschluss könnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.