JudikaturVfGH

G237/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
24. November 2016

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, "die Wortfolgen 'gemäß §14 Abs1' sowie 'Abs6 bis 8' des 2. Satzes des §12a Abs1 Glücksspielgesetz in der Fassung BGBl Nr 620/1989, geändert durch BGBl I Nr 76/2011 sowie in der Fassung BGBl Nr 620/1989, geändert durch BGBl I. Nr 112/2012" als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. §12a Abs1 Glücksspielgesetz ("GSpG"), BGBl 620/1989, idF BGBl I 112/2012, §25 GSpG, BGBl 620/1989, idF BGBl I 13/2014, und §25a GSpG, BGBl 620/1989, idF BGBl I 73/2010, lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Elektronische Lotterien, Bingo und Keno

§12a. (1) Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird. Auf den Konzessionär gemäß §14 Abs1 sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des §25 Abs6 bis 8 und des §25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.

(2) […]

[…]

Spielbankbesucher

§25. (1) Der Besuch der Spielbank ist nur volljährigen Personen gestattet, die ihre Identität durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben, der den Anforderungen des §40 Abs1 BWG entspricht. Der Konzessionär hat die Identität des Besuchers und die Daten des amtlichen Lichtbildausweises, mit dem diese Identität nachgewiesen wurde, festzuhalten und diese Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

(2) Die Spielbankleitung kann Personen ohne Angabe von Gründen vom Besuch der Spielbank ausschließen. Die Spielbankleitung hat ihre Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit zumindest einer Spielerschutzeinrichtung im Umgang mit Spielsucht zu schulen.

(3) Entsteht bei einem Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes die begründete Annahme, dass Häufigkeit und Intensität seiner Teilnahme am Spiel für den Zeitraum, in welchem er mit dieser Intensität und Häufigkeit spielt, das Existenzminimum gefährden, hat die Spielbankleitung wie folgt vorzugehen:

1. Es sind Auskünfte bei einer unabhängigen Einrichtung einzuholen, die Bonitätsauskünfte erteilt (unabhängige Bonitätsauskünfte).

a) Wird durch diese Auskünfte die begründete Annahme, dass die fortgesetzte und unveränderte Teilnahme am Spiel das konkrete Existenzminimum dieses Spielers gefährdet, bestätigt, hat die Spielbank durch besonders geschulte Mitarbeiter mit dem Spielteilnehmer ein Beratungsgespräch zu führen, in welchem der Spielteilnehmer auf die Gefahren der Spielteilnahme und der möglichen Gefährdung des Existenzminimums hingewiesen wird und sind dem Spielteilnehmer Informationen über Beratungseinrichtungen anzubieten.

b) Nimmt der Spielteilnehmer trotz dieses Beratungsgespräches unverändert häufig und intensiv am Spiel teil oder verweigert er dieses Beratungsgespräch, ist die Spielbankleitung verpflichtet, ihm den Besuch der Spielbank dauernd oder auf eine bestimmte Zeit zu untersagen oder die Anzahl der Besuche einzuschränken.

2. Ist die Einholung unabhängiger Bonitätsauskünfte nicht möglich oder sind diese nicht aussagekräftig, so hat die Spielbank

a) durch besonders geschulte Mitarbeiter mit dem Spielteilnehmer ein Beratungsgespräch zu führen, in welchem der Spielteilnehmer auf die Gefahren der Spielteilnahme und der möglichen Gefährdung des Existenzminimums hingewiesen wird und sind dem Spielteilnehmer Informationen über Beratungseinrichtungen anzubieten.

b) Im Anschluss daran ist der Spielteilnehmer zu befragen, ob seine Einkommens- und Vermögenssituation derart ist, dass durch seine Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum gefährdet ist.

c) Wird durch das Beratungsgespräch und die Befragung des Spielteilnehmers über eine allfällige Gefährdung seines Existenzminimums die begründete Annahme bestätigt, dass die fortgesetzte und nach Häufigkeit und Intensität unveränderte Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum gefährden würde, oder verweigert der Spielteilnehmer das Beratungsgespräch oder die Auskunft, ob eine Gefährdung seines Existenzminimums vorliegt, ist die Spielbankleitung verpflichtet, ihm den Besuch der Spielbank dauernd oder auf eine bestimmte Zeit zu untersagen oder die Anzahl der Besuche einzuschränken.

Eine über die Einholung der unabhängigen Bonitätsauskünfte, das Beratungsgespräch oder die Befragung des Spielteilnehmers hinausgehende Überprüfungs- und Nachforschungspflicht der Spielbankleitung besteht nicht.

Verletzt die Spielbankleitung die nach Z1 und 2 vorgeschriebenen Pflichten und beeinträchtigt der Spielteilnehmer durch die deshalb unveränderte Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum, haftet die Spielbankleitung für die dadurch während der unveränderten Teilnahme am Spiel eintretenden Verluste. Das Existenzminimum ist nach der Exekutionsordnung in der jeweils geltenden Fassung (allgemeiner monatlicher Grundbetrag) zu ermitteln.

Die Haftung ist innerhalb von drei Jahren nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen. Die Spielbankleitung haftet nicht, sofern der Spielteilnehmer bei seiner Befragung nicht offensichtlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder wenn ihr bei der Erfüllung ihrer Pflichten nur leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar ist.

Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.

(4) […]

(6) Der Konzessionär hat jeder Tätigkeit und jeder Transaktion besondere Aufmerksamkeit zu widmen und schriftlich festzuhalten, deren Art seines Erachtens besonders nahe legt, dass sie mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen könnte. Ergibt sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme,

1. dass eine Transaktion des Besuchers in der Spielbank der Geldwäscherei dient, oder

2. dass der Besucher der Spielbank einer terroristischen Vereinigung gemäß §278b StGB angehört oder eine Transaktion des Besuchers in der Spielbank der Terrorismusfinanzierung gemäß §278d StGB dient,

so hat der Konzessionär unverzüglich die Behörde (Geldwäschemeldestelle (§4 Abs2 des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl I Nr 22/2002)) in Kenntnis zu setzen. In diesen Fällen dürfen laufende Transaktionen bis zur Entscheidung der Behörde nicht abgewickelt werden. §41 Abs1 bis 4, 7 und 8 BWG sind sinngemäß auf den Konzessionär nach Maßgabe der gemäß Richtlinie 2005/60/EG für Kasinos geltenden Pflichten anzuwenden.

(7) Ergibt sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme, dass der Besucher der Spielbank nicht auf eigene Rechnung handelt, so hat der Konzessionär den Besucher aufzufordern, die Identität des Treugebers mit den gemäß §40 Abs2 BWG erforderlichen Mitteln nachzuweisen. Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen oder ist der Identitätsnachweis ungenügend, so ist der Besuch der Spielbank zu versagen und die Behörde (Geldwäschemeldestelle (§4 Abs2 des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl I Nr 22/2002)) in Kenntnis zu setzen.

(8) Ergibt sich bei einer zur Überwachung oder Beaufsichtigung der Spielbanken zuständigen Behörde der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme, dass eine Transaktion der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung dient, so hat sie die Behörde (Geldwäschemeldestelle (§4 Abs2 des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl I Nr 22/2002)) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

§25a. Der Konzessionär hat zur Vorbeugung und Verhinderung von Transaktionen, die mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, §41 Abs4 BWG nach Maßgabe der gemäß Richtlinie 2005/60/EG für Kasinos geltenden Pflichten anzuwenden. Die Behörde (Geldwäschemeldestelle (§4 Abs2 des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl I Nr 22/2002)) hat dem Konzessionär Zugang zu aktuellen Informationen über Methoden der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und über Anhaltspunkte zu verschaffen, an denen sich verdächtige Transaktionen erkennen lassen. Ebenso sorgt sie dafür, dass eine zeitgerechte Rückmeldung in Bezug auf die Wirksamkeit von Verdachtsmeldungen nach §25 Abs6 und 7 und die daraufhin getroffenen Maßnahmen erfolgt, soweit dies praktikabel ist."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller eröffnete im August 2009 bei einer Betreiberin elektronischer Lotterien (der Beklagten im Ausgangsverfahren vor dem Landesgericht Korneuburg), die ihren Sitz auf Malta hat und über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz verfügt, zum Zweck der Teilnahme am Glücksspiel einen Online-Account. Im Zeitraum von Juli 2012 bis März 2014 verspielte der Antragsteller über diesen Online-Account insgesamt € 133.972,50.

In seiner Klage an das Landesgericht Korneuburg auf Zahlung von € 70.000,– samt 4% Zinsen rügte der Antragsteller im Wesentlichen die Nichteinhaltung der allgemeinen Schutz- und Sorgfaltsbestimmungen durch die Beklagte. Mit Urteil vom 15. Juni 2016 wies das Landesgericht Korneuburg die Klage des Antragstellers ab. Begründend führte das Landesgericht Korneuburg aus, elektronische Lotterien seien vom Anwendungsbereich des §25 Abs3 GSpG nicht erfasst. Eine analoge Anwendung der Bestimmung komme mangels planwidriger Lücke nicht in Betracht.

Aus Anlass der gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg eingelegten Berufung an das Oberlandesgericht Wien vom 8. Juli 2016 stellt der Antragsteller den vorliegenden auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag auf Aufhebung der Wortfolgen "gemäß §14 Abs1" sowie "Abs6 und 8" in §12a Abs1 zweiter Satz GSpG wegen Verfassungswidrigkeit.

2. Der Antragsteller führt zur Zulässigkeit seines auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Parteiantrags aus, das Landesgericht Korneuburg habe im Urteil vom 15. Juni 2016 die Bestimmung des §12a Abs1 GSpG, insbesondere die Wortfolgen "gemäß §14 Abs1" sowie "Abs6 und 8" angewendet.

3. Der Antragsteller führt zur Präjudizialität aus, §12a Abs1 und §25 Abs3 GSpG seien für den Verfahrensausgang entscheidend gewesen. Die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, legt er wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"3. Anwendung der Normen §12a Abs1 und §25 Abs3 Glücksspielgesetz durch das Landesgericht Korneuburg / Oberlandesgericht Wien und Auswirkungen der Entscheidung auf die Rechtssache (§62 Abs2 VfGG)

[…]

Das Landesgericht Korneuburg wies meine Klage mit der Begründung ab, dass elektronische Lotterien vom Anwendungsbereich des besondere Schutz- und Sorgfaltspflichten an Spielbanken übertragenden §25 Abs3 Glücksspielgesetz ausgenommen seien. Dabei stützt sich das Landesgericht Korneuburg auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes zu 6 Ob 61/12g, wonach §25 Abs3 Glücksspielgesetz nicht analog auf elektronische Lotterien anzuwenden sei. Der Oberste Gerichtshof begründet dies mit der Regelung des §12a Abs1 Glücksspielgesetz, der die Anwendbarkeit des §25 Glücksspielgesetz auf elektronische Lotterien auf dessen Absätze […] 6 bis 8 einschränkt. §25 Abs3 Glücksspielgesetz ist demnach nicht auf elektronische Lotterien anwendbar.

Eine Anwendbarkeit des §25 Abs3 Glücksspielgesetz auf elektronische Lotterien würde diese zu strengen Überwachungspflichten gemäß §25 Abs3 Z1 und Z2 leg cit und bei Verletzung dieser Pflichten zur Haftung der Verluste bzw. eines Großteils der Verluste des Spielers verpflichten. Im gegenständlich relevanten Zeitraum Juli 2012 bis Februar 2014 wäre diese Haftung mit dem konkreten Existenzminimum beschränkt (§25 Abs2 in der Fassung BGBl I Nr 73/2010). Ab 1.3.2014 ist diese Haftungsbeschränkung weggefallen (BGBl I Nr 13/2014).

Auch in der Berufungsentscheidung wird das Oberlandesgericht Wien über meine geltend gemachten Ansprüche unter Anwendung des §12a Abs1 iVm §25 Abs3 Glücks[s]pielgesetz entscheiden. Die Anwendbarkeit des §25 Abs3 Glücks[s]pielgesetz und damit die Haftung der Beklagten für meine Spielverluste im Verfahren 2 Cg 129/14t richtet sich nach §12a Abs1 Glücks[s]pielgesetz, der verfassungswidrig für elektronische Lotterien lediglich die Absätze 6 bis 8 des §25 leg cit für anwendbar erklärt. Die Frage der Anwendbarkeit des §12a Abs1 Glück[s]spielgesetz in den unter Punkt II.2 beschriebenen Fassungen ist daher von entscheidender Bedeutung für die Berufungsentscheidung im Verfahren 2 Cg 129/14t.

Da der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 6 Ob 61/12g bereits die analoge Anwendung des §25 Abs3 Glück[s]spielgesetz auf elektronische Lotterien — wie z.B. die Beklagte — ausgeschlossen hat, ist die Aufhebung in der unter Punkt II.5 beantragten Form die einzige Möglichkeit, die Verfassungswidrigkeit der betroffenen Gesetze zu eliminieren. Es wird für die Berufungsentscheidung entscheidend sein, ob diese Ungleichbehandlung aufgrund der §12a Abs1 iVm §25 Abs3 Glück[s]spielgesetz geregelte Differenzierung zwischen Spielbanken und elektronische[n] Lotterien weiterhin besteht oder nicht.

Zur Bereinigung der Verfassungswidrigkeit sind die Wortfolgen 'gemäß §14 Abs1' sowie 'Abs6 bis 8' des 2. Satzes des §12a Abs1 in der Fassung BGBl Nr 620/1989, geändert durch BGBl I Nr 76/2011 sowie in der Fassung BGBI Nr 620/1989, geändert durch BGBl I. Nr 112/2012 aufzuheben. Der Verweis auf 'gemäß §14 Abs1' schafft eine Anwendung von Schutz- und Sorgfaltspflichten auf die Tätigkeit von Spielbanken, die eine Konzession von der Republik Österreich erhalten haben. Die Wortfolge 'Abs6 bis 8' schafft den Ausschluss der Schutz- und Sorgfaltspflichten gemäß §25 Abs3 leg cit für elektronische Lotterien und nicht konzessionierte Spielbanken sowie die darin vorgesehene Haftung im Fall der Nichteinhaltung dieser Pflichten.

So der Verfassungsgerichtshof die unter Punkt II.5 genannten Gesetzesstellen aufhebt, wäre eine gleichheitskonforme Anwendung der Schutz- und Sorgfaltspflichten gemäß §25 Abs3 Glücksspielgesetz auf den Sachverhalt der gegenständlichen Berufungsentscheidung anwendbar und daher meinem geltend gemachten Anspruch stattzugeben.

4. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Normen §12a Abs1 und §25 Abs3 Glücksspielgesetz (§62 Abs1 VfGG)

Die Differenzierung zwischen Spielbanken und elektronischen Lotterien in Zusammenschau der §12a Abs1 und §25 Abs3 Glücksspielgesetz ist im Hinblick auf den Spielerschutz unsachlich und damit gleichheitswidrig.

§25 Abs3 Glücksspielgesetz verpflichtet die Spielbanken zu umfassenden Schutz- und Sorgfaltspflichten und garantiert aufgrund der Haftung der Spielbanken in dessen zweite[m] Unterabsatz den Spielern die Wahrnehmung dieser Schutz- und Sorgfaltspflichten durch die Spielbanken. §25 Abs3 Glücksspielgesetz ist daher eine Schutzbestimmung für Spieler.

Der Gesetzgeber begründete zur Novellierung des §25 Abs3 Glücksspielgesetz durch BGBI I 2005/105 (116 BIgNR 22. GP 237 f) die eingeführte Differenzierung zwischen Spielbanken und elektronischen Lotterien betreffend der Anwendbarkeit des §25 Abs3 Glücksspielgesetz mit dem Ziel[,] den Spielern die Suchtgefahr bewusst zu machen und diese anzuregen, nicht auf andere Spielbanken oder das Internet auszuweichen.

Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Bewusstmachung der Suchtgefahr bzw. der Ausübung des Glücksspiels in terrestrischen österreichischen Spielbanken (nicht jedoch im Internet) lässt sich mit der Maßnahme, Schutz- und Sorgfaltspflichten nur für das Spielen in österreichischen Spielbanken vorzusehen, nicht rechtfertigen. Vielmehr bevorzugt der Gesetzgeber in unsachlicher Weise Spieler, die in österreichischen Spielbanken dem Glückspiel nachgehen und benachteiligt zugleich jene Spieler, die über das Internet glückspielen. Es gibt keinen Grund, dem österreichische[n] Recht unterliegenden Glücksspiel nicht im Gesamten die gleichen Schutz- und Sorgfaltspflichten beizumessen. Weder ist es für in Österreich gelegene konzessionierte Spielbanken einfacher, die Schutz- und Sorgfaltspflichten des §25 Abs3 Glücksspielgesetz einzuhalten, noch sind Spieler, die dem Glücksspiel im Internet nachgehen[,] weniger schutzbedürftig und -würdig als jene, die hierzu terrestrische Spielbanken in Österreich aufsuchen. Dem Glück[s]spiel nachgehende Spielsüchtige bedürfen unabhängig davon wie sie spielen denselben Schutz und können elektronische Lotterien diesen Schutz aufgrund der elektronischen Hilfsmittel (elektronisch einsehbare Übersicht über die Verluste des Kunden, Verlauf des Spielverhaltens über einen bestimmten Zeitraum, etc) sogar viel einfacher gewähren, als Spielbanken.

Sinn der Differenzierung zwischen Spielbanken in Österreich und elektronischen Lotterien scheint vielmehr zu sein, das staatlich auf Basis von Konzessionen vergebene Glückspiel positiv zu belegen und damit zu schützen sowie zugleich mehr Steuereinnahmen bzw. Einnahmen durch die Konzessionsvergabe mithilfe dieser Regelung zu lukrieren (' nicht auf andere Spielbanken oder das Internet auszuweichen '; siehe 116 BIgNR 22. GP 238). Ein solches Ziel mithilfe der Anwendung von einseitigen Schutz- und Sorgfaltspflichten, welche im Hinblick auf die Art des Spielens (konzessionierte Spielbank bzw. elektronische Lotterie) differenziert anzuwenden sind, kann unmöglich als sachliche Rechtfertigung gelten.

Vor diesem Hintergrund verstoßen die Bestimmungen §12a Abs1 (Wortfolgen 'gemäß §14 Abs1' sowie 'Abs6 bis 8' des 2. Satzes) in Zusammenschau mit §25 Abs3 Glücksspielgesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B VG, Art2 StGG sowie Art66 und 67 Staatsvertrag von St. Germain).

Die Aufhebung der Wortfolgen ' gemäß §14 Abs1 ' sowie ' Abs6 bis 8 ' des 2. Satzes des §12a Abs1 in der Fassung BGBl Nr 620/1989, geändert durch BGBl I Nr 76/2011 sowie in der Fassung BGBI Nr 620/1989, geändert durch BGBl I. Nr 112/2012 würde dazu führen, dass für das gesamte dem österreichischen Recht unterliegende Glücksspiel dieselben Schutz- und Sorgfaltspflichten sowie im Falle eines Verstoßes durch den Glücksspielbetreiber, dieselben Haftungsregeln der Glücksspielbetreiber gegenüber ihren Spielern gelten. Weitergehende Auswirkungen sind durch die begehrte Aufhebung nicht gegeben. Auch läge keine Unionsrechtswidrigkeit durch die Gleichbehandlung aller Glücksspielbetreiber (Spielbanken, elektronische Lotterien) in Österreich vor."

4. Die Bundesregierung erstattete folgende Äußerung zu den im Antrag erhobenen Bedenken und trat den Bedenken auch inhaltlich entgegen (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I.

Zur Rechtslage und zu den Prozessvoraussetzungen:

[…]

4. […]

Der Antragsteller hegt im Wesentlichen die Bedenken, dass §12a Abs1 GSpG gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, da dieser durch die angefochtenen Wortfolgen die Anwendung der Schutz- und Sorgfaltspflichten des §25 Abs3 GSpG für Betreiber von elektronischem Glücks[s]piel ausschließe. Es sei nicht einzusehen, warum diese Pflichten nur für konzessionierte Spielbankenbetreiber bestünden, da Spieler, die dem Glücksspiel im Internet nachgehen, nicht weniger schutzbedürftig seien als jene, die hierzu terrestrische Spielbanken in Österreich aufsuchen.

5. Die Bundesregierung teilt diese Bedenken nicht. Bevor unten (unter Teil II.) auf die Bedenken inhaltlich näher eingegangen wird, ist dem Antrag bereits auf Ebene der Prozessvoraussetzungen Folgendes entgegenzuhalten:

5.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003, VfGH 21.02.2013, G45/12).

Dieser Grundposition folgend darf im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden (vgl. zB VfSlg 8.155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Die Antragsteller haben all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011). Jedenfalls muss ein Antrag auch geeignet sein, die Verfassungswidrigkeit tatsächlich und vollständig zu beseitigen (vgl. zB VfSlg 16.711/2002).

5.2. Vor diesem Hintergrund wäre nach Ansicht der Bundesregierung der Antrag als zu eng zurückzuweisen:

Bei einer Aufhebung nur der angefochtenen Wortfolgen in §12a Abs1 GSpG würde der Wortlaut des zweiten Satzes leg. cit. wie folgt lauten: '[(1)...] Auf den Konzessionär sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des §25 und des §25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.'

Damit würde der sinngemäße Verweis auf die Bestimmungen des §25 und §25a 'über die Geldwäschevorbeugung' beschränkt bleiben. Nach Ansicht der Bundesregierung erscheint der Antrag damit nicht geeignet, die vom Antragssteller behauptete Verfassungswidrigkeit auf Grund der fehlenden Schutz- und Sorgfaltspflichten im Bereich der elektronischen Lotterien zu beseitigen. Die Folge 'Bestimmungen des §25 und des §25a über die Geldwäschevorbeugung' ist dem klaren Wortsinn nach so zu verstehen, dass weiterhin nur die Abs6 bis 8 des §25 GSpG auch auf elektronische Lotterien anzuwenden wären. Die übrigen Absätze des §25 — allenfalls mit Ausnahme des Abs1, der den Konzessionär zum Festhalten der Identität der Spielbankbesucher verpflichtet — enthalten nämlich keine Bestimmungen über die Geldwäschevorbeugung und wären daher auch bei Stattgabe des Antrags durch den Verfassungsgerichtshof weiterhin nicht anzuwenden. Die im Falle der Aufhebung der angefochtenen Verweise bereinigte Rechtslage würde somit nicht zur vom Antragsteller beabsichtigten Anwendbarkeit der Schutz- und Sorgfaltspflichten des §25 Abs3 GSpG führen. Schon aus diesem Grund erweist sich der Antrag als unzulässig.

I m Übrigen wären bei einer Aufhebung im beantragten Umfang die Bestimmungen der §§25 und 25a GSpG über die Geldwäschevorbeugung bei der Durchführung von elektronischen Lotterien nur auf den Konzessionär anzuwenden. Wenn das GSpG (nur) vom Konzessionär spricht, meint es jedoch grundsätzlich den Konzessionär gemäß §14 oder §21 GSpG, nicht jedoch auch nach ausländischen Gesetzen konzessionierte Glücksspielbetreiber. Aus dem systematischen Zusammenhang (etwa einer entsprechenden Überschrift wie vor §21 zu den Bestimmungen zu Spielbanken) geht hervor, wann mit dem Wort 'Konzessionär' nur der Spielbankkonzessionär oder nur der Lotterienkonzessionär angesprochen ist. Soll eine generelle Rechtsvorschrift des GSpG nur für die einen oder die anderen Konzessionäre gelten (vgl. etwa §41 Abs2 GSpG), so spricht das Gesetz vom 'Konzessionär' 'nach' oder 'gemäß' §14 bzw. §21. Keinesfalls meint das GSpG jedoch bei der alleinigen Verwendung des Wortes 'Konzessionär' Inhaber bloß ausländischer Konzessionen. Vielmehr liegt dem GSpG das Regelungskonzept zugrunde, dass die Glücksspiele in Spielbanken in Österreich wie auch elektronische Lotterien an Teilnehmer in Österreich nur von den Inhabern einer vom Bundesminister für Finanzen gemäß den §§14 und 21 vergebenen Konzession angeboten werden dürfen (vgl. zum Begriff der verbotenen Ausspielungen §2 Abs4 GSpG (eine solche liegt vor, wenn für die Ausspielung keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt wurde und sie auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen ist), vgl. weiters zB die Verwaltungsstrafbestimmung des §52 Abs1 Z1 GSpG ('wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht...'). Soweit der Gesetzgeber etwa die Werbung ausländischer Spielbankenbetreiber im Inland zulässt (vgl. §56 Abs2 GSpG), verwendet er die Umschreibung 'Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes' bzw. nimmt er ausdrücklich auf vergleichbare Konzessionen anderer Staaten Bezug (vgl. §56 Abs2 Z1, weiters etwa auch §14 Abs3 GSpG 'vergleichbare Konzession im Sitzland'). Folgt man der soeben dargestellten Auslegung, so wäre für den Antragsteller durch die Anfechtung der von ihm angefochtenen Wortfolgen jedoch nichts gewonnen: Die Schutzpflichten des §25 Abs3 GSpG würden kraft ausdrücklicher Anordnung des §12a Abs1 GSpG weiterhin nur für Konzessionäre nach dem GSpG (somit nach §14 oder 21 GSpG) gelten, nicht jedoch für ausländische Anbieter (Konzessionäre), die elektronisches Glücksspiel (verbotenerweise, vgl. §2 Abs4 GSpG) in Österreich anbieten, wie dies gegenständlich bei der Beklagten im Ausgangsverfahren der Fall ist. Durch die im Antrag begehrte Aufhebung würde sich die Rechtslage für den Antragsteller im Ausgangsverfahren somit nicht ändern.

6. Der Antragsteller bekämpft Wortfolgen des §12a Abs1 GSpG 'in den Fassungen BGBl Nr 620/1989, geändert durch BGBI. I Nr 76/2011 sowie durch BGBl I. Nr 112/2012'. Aus Sicht der Bundesregierung erscheint nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, welche Fassung der genannten Bestimmung der Antragsteller tatsächlich bekämpfen möchte. Wie oben dargelegt, wurde §12a Abs1 GSpG zuletzt durch das BG BGBl I Nr 73/2010 geändert.

7. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass der Anfechtungsumfang unrichtig abgegrenzt ist und der Antrag mangels hinreichender Bezeichnung des Aufhebungsgegenstandes (Fassung) zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen wäre."

IV. Zur Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Prüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Die diesbezügliche Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004 und 19.933/2014).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014).

Unzulässig ist ein Antrag aber auch dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (VfSlg 13.299/1992, 14.740/1997, 16.191/2001).

3. Im Hinblick auf die beantragte Aufhebung der Wortfolgen "gemäß §14 Abs1" sowie "Abs6 und 8" in §12a Abs1 zweiter Satz GSpG erweist sich der Aufhebungsumfang als zu eng gefasst:

Der Antragsteller erblickt die Verfassungswidrigkeit im Wesentlichen darin, dass die Schutz- und Sorgfaltsbestimmungen des §25 Abs3 GSpG auf Betreiber elektronischer Lotterien nicht anwendbar seien. Eine Differenzierung zwischen Spielbanken und elektronischen Lotterien sei im Hinblick auf den Spielerschutz unsachlich und daher gleichheitswidrig. Durch die Aufhebung der näher bezeichneten Wortfolgen würde die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt, weil sie nicht zu einer Anwendung der Schutz- und Sorgfaltspflichten des §25 Abs3 GSpG auf Betreiber elektronischer Lotterien führte: Bei Aufhebung der Wortfolge "Abs6 und 8" blieben nach der eindeutigen Anordnung des §12a Abs1 zweiter Satz GSpG weiterhin bloß die Bestimmungen des §25 und §25a GSpG "über die Geldwäschevorbeugung" – sohin die Abs6 und 8 des §25 GSpG – anwendbar.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen Prozessvoraussetzungen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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