G84/2016 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag der einschreitenden Partei liegen zwei Beschlüsse des Bezirksgerichtes Mattighofen zugrunde:
1.1. Mit Beschluss vom 14. März 2016, 1 E 3872/15 b-14, hob das Bezirksgericht Mattighofen die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches der CIETAC – China International Economic and Trade Arbitration Commission, Shanghai, China, vom 18. November 2013 in der Schiedssache der klagenden Partei, die beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren ist, gegen die erstbeklagte und zweitbeklagte Partei, die Antragsteller vor dem Verfassungsgerichtshof sind, vom 30. Dezember 2015 auf (Spruchpunkt I.). Unter einem wies das Bezirksgericht Mattighofen den von den verpflichteten Parteien, die Antragsteller vor dem Verfassungsgerichtshof sind, gestellten Antrag auf Einstellung der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 30. Dezember 2015 zu Gunsten der betreibenden Partei bewilligten Exekution ab (Spruchpunkt II.). Des Weiteren wies das Bezirksgericht Mattighofen den von den verpflichteten Parteien gestellten Antrag auf Aufschiebung der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 30. Dezember 2015 zu Gunsten der betreibenden Partei bewilligten Exekution ab; im Übrigen sprach das Bezirksgericht Mattighofen aus, dass mit dem weiteren Vollzug bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung von Amts wegen gemäß §84a Abs2 EO innegehalten werde (Spruchpunkt III.).
1.2. Mit Beschluss vom 14. März 2016, 1 E 888/14 b-122, wies das Bezirksgericht Mattighofen den von den verpflichteten Parteien, die Antragsteller vor dem Verfassungsgerichtshof sind, gestellten Antrag auf Einstellung der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 4. April 2014, 1 E 888/14 b-3, zu Gunsten der betreibenden Partei bewilligten Exekution ab (Spruchpunkt I.). Des Weiteren trug das Bezirksgericht Mattighofen unter Spruchpunkt II. der betreibenden Partei im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Februar 2016 (3 Ob 208/15 d) auf, die dort angeführten, noch für die Entscheidung notwendigen Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist vorzulegen, widrigenfalls der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des internationalen Schiedsspruches abgewiesen würde.
2. Aus Anlass der gegen diese beiden Beschlüsse des Bezirksgerichtes Mattighofen erhobenen Rekurse stellen die einschreitenden Parteien den Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG, §62a Abs1 Z9 VfGG bzw. die Wortfolge "einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung" in §62a Abs1 Z9 VfGG, das Wort "rechtskräftig" in §39 Abs1 Z11 EO, das Wort "zugleich" in §84a Abs1 EO sowie §614 ZPO als verfassungswidrig aufzuheben.
2.1. Die antragstellenden Parteien legen die Bedenken, die sie zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"Die §§62a Abs1 Z9 VfGG bzw. dessen Passus 'einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung', 84a Abs1 EO, 39 Abs1 Z11 EO, sowie §614 ZPO bzw. deren Anwendung und Auslegung durch den Obersten Gerichtshof führt zu einer Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Antragsteller auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art7 Abs1 B VG und Art2 StGG, auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art5 StGG und Art1 des 1. ZP zur EMRK, auf ein faires Verfahren nach Art6 Abs1 EMRK, sowie des Rechtes auf persönliche Freiheit (BVG vom 29. 11. 1988 BGBl 684 über den Schutz der persönlichen Freiheit, Art5 EMRK) und zwar der Gestalt, dass trotz Aufhebung der Vollstreckbarerklärung des zu Grunde liegenden Schiedsspruches durch den Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 208/15g mangels Vorliegens der für einen vollstreckbar erklärbaren Schiedsspruch nach §614 ZPO zwingend vorausgesetzten Erfordernisse keine Einstellung der gegen die Beschwerdeführer zu 1 E 888/14b und 1 E 3872/15b bewilligten Exekutionsverfahren erfolgt sondern entsprechende Anträge mit Beschlüssen des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 14.03.2016, 1 E 3872/15b-14 und 1 E 888/14b-122 abgewiesen wurden.
Die Beschwerdeführer sind in Kenntnis davon, dass der Verfassungsgerichtshof zu G537/2015 u.a. vom 08.03.2016 die Wortfolge 'im Exekutionsverfahren' und in §62a Abs1 Z9 VfGG idF BGBl I. Nr 92/2014 auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass die Wortfolge 'im Exekutionsverfahren' in §62a Abs1 Z9 nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
Im Rahmen der Äußerung der Bundesregierung wurde von dieser ausgeführt, dass die wörtliche Auslegung der Ausnahmebestimmung des §62a Abs1 Z9 VfGG bereits ergäbe, dass nicht alle in der EO geregelten Verfahrensarten sondern lediglich das Exekutionsverfahren selbst, Verfahren betreffend einstweiliger Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO und Verfahren über die Vollstreckbarerklärung erfasst werden sollen.
Der Verfassungsgerichtshof selbst führt diesbezüglich aus, dass der Gesetzgeber das Exekutionsverfahren als 'Eilverfahren' konzipiert habe, um bereits in förmlicher Weise (in einem gerichtlichen Erkenntnisverfahren oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bzw. auf Grund eines Schiedsspruches oder bestimmten Notariatsaktes – §1 EO) festgestellte vollstreckbare rechtliche Ansprüche möglichst effizient und der Gefahr der Vereitelung oder Verzögerung der Vollstreckung durch zahlungsunwillige Schuldner Rechnung tragend, mit staatlichem Zwang durchsetzen zu können.
Dies zeige sich etwa an der Einseitigkeit des Verfahrens, seiner Ausgestaltung als reines Urkundenverfahren, an der im Vollzug herrschenden Offizialmaxime, der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nur in den gesetzlich vorgesehen Fällen (§3 Abs2 EO), dem Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren oder am Ausschluss der Wiedereinsetzung (§58 Abs2 EO). Zum Ausgleich stünden dem Verpflichteten oder dem Dritten eine Reihe von Rechtsbehelfe[n] sowie exekutionsrechtlichen Klagen zur Verfügung, mit denen er in eigenen, vom eigentlichen Exekutionsverfahren getrennten gerichtlichen Verfahren der materiellen Rechtslage zum Durchbruch verhelfen könne.
Der Verfassungsgerichtshof gelangt im Weiteren zum Ergebnis, dass Rechtsbehelfe wie Oppositionsklage, die Exszindierungsklage oder die Widerspruchsklage keine 'im Exekutionsverfahren' zu behandelnde Angelegenheiten darstellen.
Gleiches muss nach Ansicht der Antragsteller für die Vollstreckbarerklärung und Anerkennung von Akten und die Urkunden, die im Ausland errichtet wurden, gelten, ist es doch hier so, dass im Sinne des §84 Abs2 EO kein Neuerungsverbot gegeben ist und auch die Zweiseitigkeit des Rekurses vorgesehen ist. Im Übrigen wird die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche auch außerhalb der EO in §614 ZPO geregelt. Nach Ansicht der Antragsteller ist somit zumindest die in §62a Abs1 Z9 enthaltende Wortfolge 'einschließlich des Verfahrens über [die] Vollstreckbarerklärung', als verfassungswidrig aufzuheben.
Nach §84a EO kann mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Antrag auf Bewilligung der Exekution verbunden werden, wobei das Gericht über beide Anträge zugleich zu entscheiden hat.
Abs2 der angeführten Bestimmung besagt, dass dann, wenn bis zur Vornahme von Verwertungshandlungen über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht rechtskräftig entschieden wurde, das Exekutionsgericht von Amtswegen mit dem weiteren Vollzug bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung inne zu halten hat.
§39 Abs1 Z11 EO besagt, dass die Exekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte einzustellen ist, wenn die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels rechtskräftig aufgehoben wurde.
Dies führt dazu, dass es einem ausländischen Gläubiger wie im gegenständlichen Fall ermöglicht wird, auf Basis eines Schiedsspruches, der auf Grund mangelnder Formerfordernisse gar nicht vollstreckbar erklärt werden hätte dürfen, über mehrere Jahre Exekution gegen die verpflichteten Parteien zu führen, was zu einer unzumutbaren Einschränkung des Eigentumsrechtes führt.
So konnten in diesen zwei Jahren von der betreibenden Partei Fahrnisse, Gesellschaftsanteile und Konten gepfändet werden und Zwangspfandrechte auf Liegenschaften der Verpflichteten begründet werden, ohne dass dem ein Titel zu Grunde lag, der einer Vollstreckbarerklärung zugänglich gewesen wäre.
Die Auslegung des §614 ZPO durch den Obersten Gerichtshof erlaubt es der betreibenden Partei sogar im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens einen ordnungsgemäßen Schiedsspruch nachzureichen, der die entsprechenden Formerfordernisse erfüllt, um damit gegenständlich die seit zwei Jahren ohne vollstreckbaren Titel geführte Exekution zu rechtfertigen.
Dies stellt zum einen eine nicht nachvollziehbare Bevorzugung ausländischer Titel gegenüber inländischen Titeln dar, da es mit einem inländischen Titel, dessen Vollstreckbarkeit noch nicht bestätigt ist, nicht möglich wäre, entsprechende exekutive Handlungen zu setzen, wogegen es mit Hilfe des ausländischen Titels sogar möglich ist, einen für sich gesehen nicht vollstreckbar erklärbaren Titel, der einer Exekution zu Grunde gelegt wurde, einer Verbesserung zu unterziehen und dadurch die Exekutionshandlung auf Basis eines Titels, der nach den österreichischen und internationalen Bestimmungen nicht vollstreckbar erklärt werden hätte dürfte, zu legitimieren.
Nach Ansicht der Beschwerdeführer ist somit das im §39 Abs1 Z11 EO enthaltene Wort 'rechtskräftig' als verfassungswidrig aufzuheben, da durch die aktuelle Formulierung dieser Norm Eingriffe in das absolut geschützte Recht des Eigentums des vermeintlich Verpflichteten gerechtfertigt werden auf Basis von ausländischen Exekutionstiteln, die einer Vollstreckbarerklärung nicht zugänglich wären. Gleiches gilt für die Regelung in §84a Abs1 EO, wonach über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung und die Bewilligung der Exekution zugleich zu entscheiden ist, was dazu führt, dass Exekutionen bewilligt werden, ohne dass überhaupt feststeht, ob ein Titel vorliegt, der rechtskräftig für vollstreckbar erklärt werden kann und wäre es hier geboten, dass die Exekution erst dann bewilligt werden darf, wenn ein Titel rechtskräftig für vollstreckbar erklärt wurde.
Die aktuelle Gesetzeslage bzw. die Auslegung durch den Obersten Gerichtshof führt somit dazu, dass es betreibenden Parteien, wie im gegenständlichen Fall, ermöglicht wird, auf Basis eines Titels, der nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht für vollstreckbar erklärt werden dürfte, über zwei Jahre Exekution zu führen.
Dies hat die Verletzung folgender verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte zur Folge:
Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art5 StGG und Art1 des 1. ZP zur EMRK
Obwohl ein vollstreckbar erklärbarer Titel nicht vorliegt[,] ermöglichen es die relevierten Bestimmungen der betreibenden Partei über 2 Jahre Exekution gegen die verpflichteten Parteien zu führen und diese massiv in der Verfügungsmöglichkeit über ihr Eigentum einzuschränken (Fahrnisvollzug, Forderungsvollzug, Begründung von Zwangspfandrechten auf Liegenschaften, Pfändung von Geschäftsanteilen, Abnahme des Vermögensverzeichnisses etc.) ohne dass diese Eigentumsbeschränkungen im öffentlichen Interesse liegen. Dass die verpflichteten Parteien damit über mehrere Jahre daran gehindert sind über ihre Bankkonten, ihr Liegenschaftsvermögen, ihre (gepfändeten) Fahrnisse oder Gesellschaftsanteile zu verfügen obwohl noch kein vollstreckbarer [T]itel vorliegt ist völlig unverhältnismä[ß]ig.
Recht der Antragsteller auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art7 Abs1 B VG und Art2 StGG
Nach der stRsp liegt im verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz ein den Gesetzgeber bindendes allgemeines Sachlichkeitsgebot (VfSlg 17.266/2004). Die relevierten Bestimmungen führen zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Bevorzugung ausländischer Titel, ist es doch mit deren Hilfe möglich ohne rechtskräftige Vollstreckbarerklärung eine Exekutionsbewilligung zu erlangen und exekutive Schritte gegen den Verpflichteten zu setzen, was mit einem inländischen Titel vor Rechtskraft nicht möglich wäre.
Recht auf persönliche Freiheit (BVG vom 29. 11. 1988 BGBl 684 über den Schutz der persönlichen Freiheit, Art5 EMRK)
Die relevierten Bestimmungen ermöglichen es der betreibenden Partei die verpflichteten Parteien vor rechtskräftiger Vollstreckbarerklärung des zu Grunde liegenden ausländischen Titels zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses zu zwingen und vor Gericht vorführen zu lassen. Dies auch in Fällen wie dem gegenständlichen, wo noch gar nicht klar ist, ob der ausländische Titel überhaupt für vollstreckbar erklärt werden kann. Dies stellt einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die persönliche Freiheit der Antragsteller dar.
Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 Abs1 EMRK
§614 Abs2 ZPO regelt, dass die Vorlage der beglaubigten Urschrift oder einer Abschrift der Schiedsvereinbarung nach ArtIV Abs1 litb des New Yorker Un-Übereinkommens nur nach Aufforderung durch das Gericht erforderlich ist. Die Rechtsprechung legt §614 ZPO in Verbindung mit §84a Abs1 EO so aus, dass das Fehlen einer Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruches ein verbesserungsfähiges Formgebrechen darstellt und wird vom Gesetzgeber die Vorlage der Schiedsvereinbarung nur über Auftrag des Gerichtes gefordert, was dazu führt, dass zum einen eine Exekutionsführung ohne Vorliegen eines Titels möglich ist, der mangels formeller Voraussetzungen für vollstreckbar erklärt werden könnte und der Verpflichtete zudem bei einer 'Überprüfung der Schiedsvereinbarung von einer Anordnung auf Vorlage durch das Gericht abhängig ist, was einem fairen Verfahren widerspricht. Eine sachliche Rechtfertigung ist nicht erkennbar. Dies stellt zugleich einen Versto[ß] gegen das
Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter
dar, da wie im gegenständlichen Fall an Stelle der antragsgemäßen Einstellung der Verfahren mangels eines für vollstreckbar erklärbaren Titels ein Verbesserungsverfahren einzuleiten ist, wogegen in Folge des Fehlens eines für vollstreckbar erklärbaren Titels das Verfahren einzustellen wäre."
3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie im Wesentlichen Folgendes ausführt:
"I.
Zur Rechtslage:
1. Zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel
1.1. Gemäß §79 Abs1 EO setzt die Bewilligung der Exekution auf Grund von Akten und Urkunden, die im Ausland errichtet wurden und nicht zu den in §2 EO bezeichneten Exekutionstiteln gehören (ausländische Exekutionstitel), voraus, dass sie für Österreich für vollstreckbar erklärt wurden. Akte und Urkunden sind gemäß §79 Abs2 EO für vollstreckbar zu erklären, wenn die Akte und Urkunden nach den Bestimmungen des Staates, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind und die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch Verordnungen verbürgt ist. Dies setzt voraus, dass das Rechtssystem des Titelstaates durch Österreich einer gewissen Vorprüfung unterzogen und diesem ein gewisses Maß an Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit zuerkannt wurde. Daneben müssen die Kriterien gemäß §80 EO vorliegen und es darf keiner der in §81 EO normierten Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung gegeben sein.
Durch die Vollstreckbarerklärung wird einem ausländischen Exekutionstitel unabhängig von einem konkreten Exekutionsverfahren die Vollstreckbarkeit im Inland zuerkannt. Eine einmal erteilte Vollstreckbarerklärung hat Bindungswirkung auch für alle zukünftigen Exekutionsverfahren im Inland und stellt gemäß §84b EO den ausländischen Exekutionstitel (nach Eintritt der Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung) inländischen Exekutionstiteln gleich (vgl. Garber in Angst/Oberhammer, EO 3 §79 EO Rz 1; Slonina in Angst/Oberhammer, EO 3 §84b Rz 1).
1.2. Die Einführung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens erfolgte durch die EO-Novelle 1995, BGBI. Nr 519, aus Anlass der beabsichtigten Ratifikation des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) und des Lugano Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LGVÜ).
Während bis zum Inkrafttreten der EO-Novelle 1995 die Frage der Vollstreckbarkeit solcher ausländischer Exekutionstitel als Vorfrage der Exekutionsbewilligung zu prüfen war und dementsprechend über das Ergebnis der Prüfung keine bindende Entscheidung erging (weshalb bei jeder Exekutionsbewilligung diese Vorfrage neu zu prüfen war), ist seit Inkrafttreten der EO-Novelle 1995 über die Vollstreckbarkeit solcher Exekutionstitel im Inland in einem von der Exekutionsbewilligung losgelösten Verfahren – dem Vollstreckbarerklärungsverfahren bzw. Exequaturverfahren – zu entscheiden ( Garber in Angst/Oberhammer, EO 3 §79 EO Rz 1).
Durch die seit 10. Jänner 2015 anwendbare neue Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Nr 1215/2012 (EuGVVO) wurde das Vollstreckbarerklärungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der EU weitgehend abgeschafft. Die 'alte' EuGVVO Nr 44/2001 sah (in ihren Artikeln 38 ff.) ein gesondertes Vollstreckbarerklärungsverfahren zur Prüfung der Versagungsgründe vor, während die revidierte EuGVVO für die Prüfung der im Wesentlichen inhaltlich unverändert gebliebenen (Art34 EuGVVO alt, Art45 EuGVVO neu) Versagungsgründe ein solches Verfahren nicht mehr vorsieht; die Versagungsgründe gegen die Anerkennung des ausländischen Titels sind daher seither im Exekutionsverfahren geltend zu machen. Nach der EuGVVO geht der Vollstreckung der meisten in EU-Mitgliedstaaten ergangenen Exekutionstitel somit kein Exequaturverfahren voraus.
1.3. Gemäß §84a Abs1 EO kann der Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit dem Antrag auf Bewilligung der Exekution verbunden werden. Über beide Anträge hat das Gericht zugleich zu entscheiden. Nach §84a Abs2 EO hat das Exekutionsgericht jedoch von Amts wegen mit dem weiteren Vollzug bis zum Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung innezuhalten, wenn bis zur Vornahme von Verwertungshandlungen über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht rechtskräftig entschieden ist. Dieses 'Innehalten' stellt keine Aufschiebung der Exekution iSv §§42 EO dar. Es kommt lediglich darauf an, dass für den Verpflichteten kein endgültiger, unumkehrbarer Zustand geschaffen wird. Zulässig sind daher Sicherungsmaßnahmen aufgrund der erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärung und die Einleitung der Befriedigungsexekution, die allerdings vor dem Ergreifen von Verwertungsmaßnahmen innehalten muss. Ausgeschlossen sind Versteigerungs- oder sonstige Verwertungsmaßnahmen (RIS-Justiz RS0113114; vgl. ausführlich Slonina in Angst/Oberhammer, E0 3 §84a EO Rz 14). Wenngleich die konstitutive Vollstreckbarkeitswirkung somit gemäß §84b EO erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung eintritt (s. oben Pkt. 1.2.), kommen der Vollstreckbarerklärung im Hinblick auf §84a EO bereits vor diesem Zeitpunkt Wirkungen insofern zu, als bestimmte Maßnahmen im Exekutionsverfahren bereits gesetzt werden können, Verwertungsmaßnahmen jedoch jedenfalls ausgeschlossen sind (vgl. Slonina in Angst/Oberhammer, EO 3 §84b EO Rz 3).
Die Regelung des §84a EO dient dazu, allfällige, durch die Einführung des gesonderten Vollstreckbarerklärungsverfahrens (s. dazu oben Pkt. 1.2.) entstehende Nachteile für die Gläubiger – durch zeitliche Verzögerungen im Verfahrensablauf – zu verhindern, ohne dass vor Rechtskraft ein endgültiger, unumkehrbarer Zustand für die Schuldner entsteht. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur EO-Novelle 1995 wird dazu im Einzelnen Folgendes ausgeführt (RV 195 BIgNR 19. GP, S. 37):
'Derzeit kann auf Grund eines ausländischen Exekutionstitels mangels eines Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung direkt ein Exekutionsantrag gestellt werden. Dies ist nach Brüsseler und Lugano Übereinkommen nicht mehr zulässig. Damit dies nicht mit einer Verschlechterung für den Gläubiger verbunden ist, legt Abs1 fest, daß der Gläubiger den Exekutionsantrag mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung verbinden kann und daß über beide Anträge zugleich zu entscheiden ist. Abs2 behandelt, inwieweit Exekutionsmaßnahmen zwischen Vollstreckbarerklärung und Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung zulässig sind. Dies gilt nicht nur, wenn die Anträge auf Vollstreckbarerklärung und auf Bewilligung der Exekution zugleich gestellt werden, sondern auch wenn während eines anhängigen Vollstreckbarerklärungsverfahrens Exekution beantragt wird. Die Exekution darf in diesen Fällen zwar bewilligt werden, jedoch hat das Exekutionsgericht von Amts wegen vor der Verwertung mit dem weiteren Vollzug innezuhalten, solange die Vollstreckbarerklärung nicht rechtskräftig ist. Dies berücksichtigt Art39 des Lugano-Übereinkommens (gleichlautend Art39 des Brüsseler Übereinkommens), der nämlich die Vertragsstaaten verpflichtet, nur solche Eingriffe in das Vermögen des Schuldners zu dulden, die über Maßnahmen zur Sicherung nicht hinausgehen, solange die Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung noch läuft oder solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist. Da diese Maßnahmen zur Sicherung aber nach den Vorschriften beider Übereinkommen ohne weitere Vorrausetzungen (mit Ausnahme der in §84 Abs5 geregelten Sicherheitsleistung, wenn auch der Exekutionstitel noch nicht rechtskräftig ist) dem Gläubiger zur Verfügung stehen müssen, kommen als solche Sicherungsmaßnahmen entsprechend der österreichischen Rechtslage am besten alle Exekutionsschritte bis zur Verwertung in Betracht. Dies entspricht auch der deutschen Lehre, wonach als Sicherungsmaßnahmen etwa die Pfändung oder die Eintragung einer Sicherungshypothek zulässig sind, nicht jedoch die Versteigerung oder sonstige Verwertung ( Kropholler , Europäisches Zivilprozeßrecht: Kommentar zum EuGVÜ 3 , Rz 6). Nach Eintritt der Rechtskraft der Vollstreckbarkeitserklärung fällt die Einschränkung auf Sicherungsmaßnahmen weg. Das Verwertungsverfahren wird durchgeführt.
1.4. Gegen einen Beschluss über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann gemäß §84 Abs1 EO binnen eines Monats Rekurs erhoben werden. Nach §84c Abs1 EO kann der Verpflichtete zudem die Aufhebung oder Abänderung der Vollstreckbarerklärung beantragen, wenn der Exekutionstitel im Ursprungsstaat nach Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung aufgehoben oder abgeändert wird. Der Antrag kann mit einem Antrag auf Einstellung oder Abänderung der Exekution verbunden werden.
1.5. §39 Abs1 EO regelt verschiedene Fälle, in welchen die Exekution einzustellen ist. Nach §39 Abs1 Z11 EO ist die Exekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogene[n] Exekutionsakte einzustellen, wenn die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels rechtskräftig aufgehoben wurde.
§39 Abs1 Z11 EO wurde durch die EO-Novelle 1995 eingeführt. Die Bestimmung bezieht sich auf den Fall, dass ein ausländischer Exekutionstitel, der für vollstreckbar erklärt wurde, nach Bewilligung der Exekution aufgehoben und deshalb auch die Vollstreckbarerklärung nach §84c EO aufgehoben wird (RV 195 BIgNR 19. GP, S. 28). Wurde aufgrund der nunmehr aufgehobenen oder abgeänderten Vollstreckbarerklärung bereits eine Exekution bewilligt, so ist diese nach §39 Abs1 Z11 EO einzustellen bzw. entsprechend einzuschränken. Die Einstellung oder Einschränkung der Exekution setzt nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes jedoch die Rechtskraft des Beschlusses voraus, mit dem die Vollstreckbarerklärung aufgehoben oder eingeschränkt wurde.
Wird (wie im Anlassverfahren) der Beschluss über die Vollstreckbarerklärung im Instanzenzug aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, so berechtigt dies daher noch nicht zur Einstellung der Exekution nach §39 Abs1 Z11 EO (OGH 19.12.2007, 3 Ob 167/07s; Jakusch in Angst/Oberhammer, EO 3 §39 EO Rz 65). Die Aufhebung des Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung und die Zurückverweisung an das Erstgericht haben nämlich zur Folge, dass das Erstgericht – nach Verfahrensergänzung – neuerlich über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu entscheiden hat. Das Exekutionsgericht hat aber jedenfalls gemäß §84a Abs2 EO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Exekutionstitels von Amts wegen mit dem Vollzug inne zu halten (s. dazu oben Pkt. 1.3.)[.]
2. Zu §614 ZPO
2.1. Gemäß §614 Abs1 ZPO richten sich die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche nach den Bestimmungen der EO, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der EU anderes bestimmt ist.
Das Formerfordernis für die Schiedsvereinbarung gilt auch dann als erfüllt, wenn die Schiedsvereinbarung sowohl den Formvorschriften des §583 ZPO als auch den Formvorschriften des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts entspricht. Die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung nach ArtIV Abs1 litb des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ist nur nach Aufforderung durch das Gericht erforderlich (§614 Abs1 ZPO).
2.2. §614 ZPO wurde durch das Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006 (SchiedsRÄG 2006), BGBI. I Nr 7/2006, erlassen, trat mit 1. Juli 2006 in Kraft und gilt seither unverändert. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des SchiedsRÄG 2006 führen zu §614 ZPO Folgendes aus (RV 1158 BIgNR 22. GP, S. 29):
'Mit Abs1 wird für ausländische Schiedssprüche im Wesentlichen auf das bestehende Exequaturverfahren nach der EO verwiesen. Ergänzend wird festgelegt, dass auch Schiedssprüche, die auf einer Schiedsvereinbarung beruhen, die zwar nicht den Formerfordernissen etwa des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen entsprechen, wohl aber den österreichischen Formvorschriften, dann (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) vollstreckbar sind, wenn sie auch nach dem Recht, das auf die Schiedsvereinbarung anwendbar ist, formgültig abgeschlossen wurden.
Die Anwendung von ArtIV Abs1 litb des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen soll insoweit ausgeschlossen werden, als eine Vorlage der Urschrift der Schiedsvereinbarung oder einer beglaubigten Abschrift derselben nur über Aufforderung durch das Gericht, also bei Zweifel über das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung erforderlich sein soll (Abs2).'
2.3. Durch den Ausschluss der Anwendbarkeit von ArtIV Abs1 litb des New Yorker Übereinkommens wird freilich nur das Formalerfordernis der Vorlage der Schiedsvereinbarung (oder einer beglaubigten Abschrift) bei Stellung eines Vollstreckbarerklärungsantrags beseitigt. Die Bestimmung ändert insbesondere nichts daran, dass die Existenz der Schiedsvereinbarung nachgewiesen werden muss, wenn der Antragsgegner mit Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung Einwendungen gegen diese erhebt. Das Gesetz gibt keine Kriterien dafür vor, wann das Gericht die Vorlage fordern muss oder kann. Das Gericht hat diesbezüglich Ermessen. Es muss die Vorlage nicht zwingend verlangen, wenn der Gegner der exekutionsführenden Partei die Vorlage verlangt ( Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 §614 ZPO Rz 78 f).
3. Zu §62a VfGG:
3.1. Gemäß Art140 Abs1a B VG kann die Stellung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG durch Bundesgesetz für unzulässig erklärt werden, wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist. Auf Grundlage dieser verfassungsgesetzlichen Ermächtigung enthält §62a Abs1 VfGG eine Aufzählung jener zivil- und strafgerichtlichen Verfahren, in denen die Stellung eines Parteiantrags auf Normenkontrolle unzulässig ist.
3.2. Nach §62a Abs1 Z9 VfGG ist die Stellung eines Parteiantrags 'im Exekutionsverfahren und im Verfahren betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO, einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung' unzulässig.
3.3. In den Erläuterungen wird zu dieser Ausnahme auf die ausdrückliche Nennung dieser Verfahren in der im Bericht des Verfassungsausschusses wiedergegebenen Begründung des im Verfassungsausschuss eingebrachten gesamtändernden Abänderungsantrages AB 2380 (BIgNR 24. GP, 9) sowie in der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 2013 betreffend die Einführung einer Gesetzesbeschwerde (StenProt 207. Sitzung, 24. GP, 133) hingewiesen (RV 263 BIgNR 25. GP, 5). Laut der zitierten Entschließung sollten 'jedenfalls für Angelegenheiten des Exekutions- und lnsolvenzrechts' Ausnahmen im Sinne der verfassungsrechtlichen Ermächtigung geschaffen werden (RV 263 BIgNR 25. GP, 3).
Allgemein halten die Erläuterungen zu den Ausnahmen nach §62a Abs1 VfGG Folgendes fest (RV 263 BIgNR 25. GP, 2 f, Hervorhebungen im Original):
'Gemäß Art139 Abs1a erster Satz und Art140 Abs1a erster Satz B VG kann die Stellung eines Antrages gemäß Art139 Abs1 Z4 bzw. Art140 Abs1 Z1 litd B VG durch Bundesgesetz für unzulässig erklärt werden, wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist. In der im Bericht des Verfassungsausschusses wiedergegebenen Begründung des im Verfassungsausschuss eingebrachten gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen (AB 2380 d.B. XXIV. GP , 9) wird dazu ausgeführt, dass in bestimmten verfahrensrechtlichen Konstellationen (etwa in Provisorialverfahren) die Stellung eines Parteiantrages den Zweck des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht gefährden oder vereiteln könne. Dies gelte auch für Sachentscheidungen, etwa solche, die rasch zu ergehen hätten, oder für Rechtssachen, in welchen eine neuerliche Entscheidung auf faktische Unmöglichkeiten stoße (etwa im Insolvenz- oder Exekutionsverfahren). Wie in den vergleichbaren Bestimmungen des B VG sei der Begriff 'erforderlich' auch hier im Sinne von 'unerlässlich' zu verstehen. […]'
3.4. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 8. März 2016, (G537, 538/2015-12), ausgesprochen, dass die Wortfolge 'im Exekutionsverfahren und' in §62a Abs1 Z9 VfGG idF BGBI. I Nr 92/2014 nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Die Wendung 'im Exekutionsverfahren' erfasst nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes jedoch nur jene Vorschriften, die das eigentliche Exekutionsverfahren (die Zwangsvollstreckung) regeln (s. Rz 14 des Erkenntnisses). Insbesondere die exekutionsrechtlichen Klagen, auf die die Bestimmungen der ZPO anzuwenden sind, fallen daher nicht unter diesen Ausnahmetatbestand (s. Rz 19 ff. des Erkenntnisses).
II.
Zum Anlassverfahren und den Prozessvoraussetzungen:
1.1. Dem vorliegenden Parteiantrag auf Normenkontrolle liegen zwei Beschlüsse des Bezirksgerichtes Mattighofen zu Grunde, mit denen Anträge der verpflichtenden Parteien (die Antragsteller im gegenständlichen Verfahren) auf Einstellung der Exekution abgewiesen wurden (Beschluss vom 14.3.2016, 1 E 888/14b-122; Beschluss vom 14.3.2016, 1 E3872/15b-14).
1.2. Mit Antrag vom 20. März 2014 begehrte die betreibende Partei der Anlassverfahren die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches der CIETAC – China International Economic and Trade Arbitration Commission vom 18. November 2013 in der Schiedssache der klagenden Partei ***** ***** ***** *** gegen die nunmehrigen Antragsteller sowie die Bewilligung der Exekution. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 4. April 2014, 1 E 888/14b-3, wurde der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und die Exekution bewilligt.
Aufgrund der Anfechtung dieses Beschlusses durch die Antragsteller im lnstanzenzug (s. dazu auch OGH 18.2.2015, 3 Ob 191/14f) hat der Oberste Gerichtshof letztlich die Entscheidung über die Bewilligung der Exekution bestätigt, sie hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung jedoch aufgehoben und dem Erstgericht diesbezüglich die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen (OGH 17.2.2016, 3 Ob 208/15g).
1.3. Mit Antrag vom 10. Dezember 2015 beantragte die betreibende Partei daraufhin (versehentlich) neuerlich die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches. Das Bezirksgericht Mattighofen gab diesem Antrag mit Beschluss vom 30. Dezember 2015 zu 1 E 3872/15b-2 statt. Es erklärte den Schiedsspruch für vollstreckbar und bewilligte zugleich die beantragte Forderungsexekution.
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016 zog die betreibende Partei sodann jedoch den (zweiten) Antrag vom 10. Dezember 2015 auf Vollstreckbarerklärung des genannten Schiedsspruches mit dem Hinweis zurück, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung vom 20. März 2014 zu 1 E 888/14b unverändert aufrecht bleibe. Zugleich beantragte die betreibende Partei die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 30. Dezember 2015 zu 1 E 3872/15 erteilte (zweite) Vollstreckbarerklärung aufzuheben. Mit Beschluss vom 14. März 2016, 1 E 3872/15b-14, hat das Bezirksgericht Mattighofen diesem Antrag stattgegeben und den Beschluss aufgehoben.
1.4. Mit Antrag vom 2. März 2016 beantragten die Antragsteller die Einstellung der mit Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 4. April 2014, 1 E 888/14b-3, bewilligten Exekution. Mit Antrag vom selben Tag beantragten sie die Einstellung und die Aufschiebung der mit Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 30. Dezember 2015, 1 E 3872/15b-2, bewilligten Exekution. Die Einstellungsanträge waren auf §39 Abs1 Z9 und Z11 EO gestützt.
Diese Anträge wurden vom Bezirksgericht Mattighofen mit Beschlüssen vom 14. März 2016, 1 E 888/14b-122 und 1 E 3872/15b-14, abgewiesen. Mit letzterem Beschluss hat das Bezirksgericht Mattighofen zugleich auch die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches (aufgrund des zweiten, von den verpflichteten Parteien gestellten Antrages) ausgesprochen (s. oben Pkt. 1.3.) und festgehalten, dass gemäß §84a Abs2 EO mit dem weiteren Vollzug bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegenständlichen Antrag auf Vollstreckbarerklärung von Amts wegen innegehalten wird.
Die Abweisung der Einstellungsanträge wurde vom Bezirksgericht Mattighofen jeweils damit begründet, dass die Einstellung der Exekution nach der ausdrücklichen Anordnung des §39 Abs1 Z11 EO die Rechtskraft des Beschlusses voraussetzt, mit dem die Vollstreckbarerklärung aufgehoben oder eingeschränkt wurde. Wird die Vollstreckbarerklärung jedoch aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück verwiesen, berechtigt dies noch nicht zur Einstellung der Exekution nach §39 Abs1 Z11 EO. Hinsichtlich des Antrages gemäß §39 Abs1 Z9 EO hielt das Bezirksgericht Mattighofen fest, dass dieser Einstellungsgrund die rechtskräftige Aufhebung der erteilten Bestätigung der Vollstreckbarkeit erfordere, was aber bei einem ausländischen Exekutionstitel nicht gegeben sein könne, weil ein solcher eine Vollstreckbarkeitserklärung erfordert.
1.5. Gegen die in Pkt. 1.4. genannten Beschlüsse haben die Antragsteller Rekurse erhoben und aus Anlass dieser Rekurse den vorliegenden Parteiantrag auf Normenkontrolle gestellt.
2. Soweit mit dem Antrag die Aufhebung des Wortes 'zugleich' in §84a EO sowie des §614 ZPO begehrt wird, erweist er sich mangels Präjudizialität als unzulässig:
2.1. Ein Parteiantrag auf Normenkontrolle kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das angefochtene Gesetz vom ordentlichen Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim ordentlichen Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Der Antrag hat darzulegen, inwiefern das Gericht das Gesetz anzuwenden und welche Auswirkungen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auf die beim Gericht anhängige Rechtssache hätte. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fehlt es an der gemäß §62 Abs2 VfGG erforderlichen Präjudizialität, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die angefochtene Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (VfGH 7.10.2015, G224/2015 ua; 26.11.2015, G191/2015).
2.2. Dem vorliegenden Parteiantrag liegen Beschlüsse des Bezirksgerichts Mattighofen zugrunde, mit denen Anträge der Antragsteller auf (Aufschiebung bzw.) Einstellung bewilligter Exekutionen abgewiesen wurden.
2.3. §84a EO regelt die Entscheidung über die Bewilligung der Exekution und legt fest, dass über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung und einen Antrag auf Exekutionsbewilligung zugleich zu entscheiden ist. Die Bestimmung ist daher in Verfahren über Anträge auf Einstellung einer bewilligten Exekution von vornherein nicht anzuwenden. Sie ist insofern weder vom Gericht in den Anlassverfahren unmittelbar anzuwenden noch stellt die Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache dar.
2.4. §614 ZPO regelt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche. Gemäß §614 Abs1 ZPO gilt für ausländische Schiedssprüche das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach der EO, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Gemäß §614 Abs2 ZPO ist die Vorlage einer Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung nach ArtIV Abs1 litb des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nur nach Aufforderung durch das Gericht erforderlich. Nach Auffassung der Bundesregierung kann diese Bestimmung nur in einem Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs präjudiziell sein. Dem vorliegenden Antrag liegen jedoch Verfahren über Anträge auf Einstellung bewilligter Exekutionen zugrunde. Allein der Umstand, dass diese Exekutionen auf Grundlage von ausländischen Exekutionstiteln, die für vollstreckbar erklärt worden sind, bewilligt wurden, vermag die Präjudizialität dieser Bestimmung nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu begründen. Auch diese Bestimmung ist daher weder in den Anlassverfahren (denkmöglich) anzuwenden noch stellt die Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache dar.
Der – von den Antragstellern diesbezüglich vorgebrachte – Umstand, dass sich der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 17.2.2016, 3 Ob 208/15g, auf diese Bestimmung stütze, vermag ihre Präjudizialität ebenfalls nicht zu begründen. Im Anlassverfahren war – wie bereits mehrfach dargelegt wurde – lediglich die Frage zu beurteilen, ob ein Einstellungsgrund gemäß §39 Abs1 Z9 oder Z11 EO vorliegt. Hinsichtlich des Einstellungsgrundes gemäß §39 Abs1 Z11 EO war vom Gericht insbesondere die Frage zu prüfen, ob die Voraussetzung der rechtskräftigen Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung gegeben war. Das Gericht hatte jedoch nicht selbst über die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung zu entscheiden. Insofern ist nicht ersichtlich, inwiefern dabei der, aus dem zitierten Beschluss des Obersten Gerichtshofes folgende (und von den Antragstellern auf §614 ZPO gegründete) Umstand, dass im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung durch das Erstgericht ein Verbesserungsverfahren durchzuführen ist, von Relevanz sein sollte. Ganz abgesehen davon gehen die Antragsteller zu Unrecht davon aus, dass sich der Oberste Gerichtshof auf §614 ZPO gestützt hat. Der Oberste Gerichtshof verweist lediglich auf '3 Ob 35/08f mwN'. Diese Judikatur wird zwar in einzelnen Kommentaren zu §614 ZPO zitiert (vgl. Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 §614 ZPO Rz 48). Sie stützt sich aber nicht auf §614 ZPO, sondern geht auf den Umstand zurück, dass im Zivilverfahren Mängel der Form einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen sind (§84 ZPO).
3. Der Antrag erweist sich auch hinsichtlich der angefochtenen Wortfolge 'einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung' in §62a Abs1 Z9 VfGG mangels Präjudizialität als unzulässig:
Wie bereits dargelegt wurde, liegen dem vorliegenden Parteiantrag Beschlüsse des Bezirksgerichts Mattighofen zugrunde, mit denen Anträge der Antragsteller auf (Aufschiebung bzw.) Einstellung bewilligter Exekutionen abgewiesen wurden. Die Anträge waren zwar u.a. auf §39 Abs1 Z11 EO betreffend die rechtskräftige Aufhebung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels gestützt. Dies kann jedoch – entgegen der offensichtlichen Auffassung der Antragsteller – nicht dazu führen, dass diese Anlassverfahren unter den Ausnahmetatbestand des 'Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung' in §62a Abs1 Z9 VfGG zu subsumieren wären. Der Gegenstand der Anlassverfahren besteht in der Beurteilung, ob bereits bewilligte Exekutionen wegen rechtskräftiger Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung der betreffenden Schiedsentscheidung einzustellen sind oder nicht. Vom Gericht war daher nicht über die Vollstreckbarerklärung bzw. deren Aufhebung zu entscheiden, sondern lediglich (als Vorfrage) zu beurteilen, ob die Voraussetzung der rechtskräftigen Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels vorlag. Der vorliegende Parteiantrag wurde daher nicht in einem 'Verfahren über die Vollstreckbarerklärung' iSv §62a Abs1 Z9 VfGG gestellt. Der angefochtenen Wortfolge in §62a Abs1 Z9 VfGG mangelt es aus diesem Grund an Präjudizialität.
4. Vielmehr handelt es sich um einen Parteiantrag, der 'im Exekutionsverfahren' gemäß §62a Abs1 Z9 VfGG gestellt wurde. Die Wendung 'im Exekutionsverfahren' erfasst nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (nur) jene Vorschriften, die das eigentliche Exekutionsverfahren (die Zwangsvollstreckung) regeln (VfGH 8.3.2016, G537, 538/2015, Rz 14). Von diesem Begriff hat der Verfassungsgerichtshof lediglich jene exekutionsrechtlichen Klagen ausgenommen, auf die die Bestimmungen der ZPO anzuwenden sind (s. Rz 19 ff. des Erkenntnisses). Das ist bei Verfahren über die Abweisung von Anträgen auf Einstellung der Exekution aber nicht der Fall.
Der Parteiantrag wurde somit 'im Exekutionsverfahren' gestellt und erweist sich aus diesem Grund zur Gänze als unzulässig.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der vorliegende Antrag als unzulässig zurückzuweisen ist.
III.
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken
Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach sich der Gerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (zB VfSlg 12.592/1990, 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.050/1995 und 14.466/1996). Der Verfassungsgerichtshof beurteilt ausschließlich, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (zB VfSlg 13.704/1994 und 14.466/1996). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der vom antragstellenden Gericht vorgetragenen Bedenken.
Zur Wortfolge 'einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung' in §62a Abs1 Z9 VfGG, zum Wort 'zugleich' in §84a Abs1 EO sowie zu §614 ZPO:
2.1. Hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen des §62a Abs1 Z9 VfGG, des §84a Abs1 EO und des §614 ZPO wird auf die obigen Ausführungen zu deren mangelnder Präjudizialität im vorliegenden Verfahren hingewiesen (s. oben Pkt. II.2. und II.3.). Die Bundesregierung sieht daher davon ab, spezifisch auf die diesbezüglichen inhaltlichen Bedenken einzugehen.
2.2. Lediglich der Vollständigkeit halber wird hinsichtlich §84a Abs1 EO darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer gleichzeitigen Entscheidung über einen Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung und einen Antrag auf Bewilligung der Exekution der Effizienz des Exekutionsverfahrens im Interesse der betreibenden Parteien liegt (s. dazu oben Pkt. I.1.3.). Die berechtigten Interessen der Verpflichteten sind dabei durch §84a Abs2 EO gewahrt, wonach von Amts wegen mit dem weiteren Vollzug inne zu halten ist, wenn bis zur Vornahme von Verwertungshandlungen über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht rechtskräftig entschieden worden ist (s. dazu auch unten Pkt. 4.2.1.).
Zum Wort 'rechtskräftig' in §39 Abs1 Z11 EO:
3.1. Zu §39 Abs1 Z11 EO bringen die Antragsteller vor, dass es diese Bestimmung einem ausländischen Gläubiger ermögliche, auf Basis eines Schiedsspruches, der aufgrund mangelnder Formerfordernisse gar nicht vollstreckbar erklärt werden hätte dürfen, über mehrere Jahre Exekution gegen die verpflichteten Parteien zu führen. Dies führe zu einer unzumutbaren Einschränkung des Eigentumsrechts. Zudem läge eine sachlich nicht zu rechtfertigende Bevorzugung ausländischer Titel vor, sei es doch diesbezüglich möglich, ohne rechtskräftige Vollstreckbarerklärung eine Exekutionsbewilligung zu erlangen und exekutive Schritte gegen den Verpflichteten zu setzen, was mit einem inländischen Titel vor Rechtskraft nicht möglich sei. Zum Recht auf persönliche Freiheit bringen die Antragsteller schließlich vor, dass die betreibende Partei die verpflichteten Parteien vor rechtskräftiger Vollstreckbarerklärung des zu Grunde liegenden ausländischen Titels zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses zwingen und vor Gericht vorführen lassen könnten.
3.2. Diese Bedenken treffen nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu:
3.2.1. Gemäß §39 Abs1 Z11 EO führt nicht jede Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung sofort zur Einstellung des Exekutionsverfahrens, sondern kommt es dafür auf die Rechtskraft der Aufhebung der Vollstreckbarerklärung an. Die Regelung dient der Raschheit und Effizienz des Exekutionsverfahrens.
Könnte bereits ein noch nicht in Rechtskraft erwachsener Aufhebungsbeschluss zu einer Einstellung des Exekutionsverfahrens 'unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte' (so der Einleitungssatz des §39 Abs1 EO) führen, so müssten bei jedem Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss über die Vollstreckbarerklärung sogleich alle Exekutionsakte, wie etwa bereits vorgenommene Pfändungen, rückgängig gemacht werden und der betreibende Gläubiger müsste nach Neuerlassung der Vollstreckbarerklärung ein neues Exekutionsverfahren beantragen. Dabei könnte es auch zu Rangverlusten in der Zeit zwischen Einstellung einer Exekution und Bewilligung eines erneuten Exekutionsantrags kommen; zudem könnte ein Verpflichteter in diesem Zeitraum exekutionsvereitelnde Maßnahmen setzen.
Der Position des Verpflichteten wird dabei dadurch Rechnung getragen, dass das Exekutionsgericht gemäß §84a Abs2 EO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung von Amts wegen mit dem weiteren Vollzug inne zu halten hat. Dieses 'Innehalten' führt zwar nicht zu einem gänzlichen Aufschub des Exekutionsverfahrens, sondern können erste Sicherungsmaßnahmen gesetzt werden. Es darf jedoch für den Verpflichteten kein endgültiger, unumkehrbarer Zustand geschaffen werden. Versteigerungs- oder sonstige Verwertungsmaßnahmen sind daher jedenfalls ausgeschlossen (vgl. RIS-Justiz RS0113114; Slonina in Angst/Oberhammer, EO 3 §84a EO Rz 14; s. auch oben Pkt. I.1.3.).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Abhängigkeit der Einstellung einer bewilligten Exekution von der Rechtskraft der Aufhebung der Vollstreckbarerklärung nach Auffassung der Bundesregierung als eine ausgewogene und sachliche Regelung. Die Bedenken der Antragsteller erweisen sich als unbegründet.
3.2.2. Dem Vorbringen einer Ungleichbehandlung zwischen ausländischen und inländischen Exekutionstiteln in Bezug auf die Einstellung einer Exekution ist entgegen zu halten, dass auch die Einstellung einer bewilligten Exekution auf Grundlage eines inländischen Exekutionstitels gemäß §39 Abs1 Z9 EO davon abhängig ist, dass 'die erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit rechtskräftig aufgehoben wurde'. Eine Ungleichbehandlung liegt insofern ganz offenkundig nicht vor.
[…]"
4. Die beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bzw. die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen bestreitet.
II. Rechtslage
1. §39 und §84a EO, RGBl. 79/1896, idF BGBl I 68/2005, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Einstellung, Einschränkung und Aufschiebung der Execution.
§.39.
(1) Außer den in den §§.35, 36 und 37 angeführten Fällen ist die Execution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Executionsacte einzustellen:
1. wenn der ihr zugrunde liegende Executionstitel durch rechtskräftige Entscheidung für ungiltig erkannt, aufgehoben oder sonst für unwirksam erklärt wurde;
2. wenn die Execution auf Sachen, Rechte oder Forderungen geführt wird, die nach den geltenden Vorschriften der Execution überhaupt oder einer abgesonderten Executionsführung entzogen sind;
3. wenn die Execution auf Grund von Urtheilen oder Vergleichen, die gemäß §.2 der Civilprocessordnung ohne Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters zustande gekommen sind, auf solches Vermögen eines Minderjährigen geführt wird, auf das sich seine freie Verfügung nicht erstreckt;
4. wenn die Execution gegen eine Gemeinde oder eine als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt gemäß §.15 für unzulässig erklärt wurde;
5. wenn die Execution aus anderen Gründen durch rechtskräftige Entscheidung für unzulässig erklärt wurde;
6. wenn der Gläubiger das Executionsbegehren zurückgezogen hat, wenn er auf den Vollzug der bewilligten Execution überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, oder wenn er von der Fortsetzung des Executionsverfahrens abgestanden ist;
7. wenn der Verpflichtete im Falle des §.12 nach Bewilligung der Execution in Ausübung seines Wahlrechtes eine andere als diejenige Leistung bewirkt hat, auf welche die Execution gerichtet ist;
8. wenn sich nicht erwarten lässt, dass die Fortsetzung oder Durchführung der Execution einen die Kosten dieser Execution übersteigenden Ertrag ergeben wird;
9. wenn die erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit rechtskräftig aufgehoben wurde;
10. wenn die Exekution nicht durch einen Exekutionstitel gedeckt ist oder diesem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehlt;
11. wenn die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels rechtskräftig aufgehoben wurde.
(2) In den unter Z1, 6 und 7 angegebenen Fällen erfolgt die Einstellung nur auf Antrag, sonst kann sie auch von amtswegen erfolgen; der Einstellung von amtswegen hat jedoch in den unter Z2 und 3 angegebenen Fällen, sofern nicht schon eine rechtskräftige Entscheidung über die Unzulässigkeit der Executionsführung vorliegt, eine Einvernehmung der Parteien vorauszugehen. Wenn auf Geldforderungen Exekution geführt wird, gilt die dem Exekutionsgericht erstattete Anzeige des Drittschuldners über die Unzulässigkeit der Exekutionsführung (§294 Abs4) als Antrag auf Einstellung der Exekution. Im Falle der Einstellung nach Abs1 Z6 kann die Zustellung des Einstellungsbeschlusses an den Antragsteller unterbleiben.
(3) Wird auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung des Exekutionstitels geklagt, so kann der Antrag auf Einstellung der Exekution mit der Klage verbunden werden.
(4) Mit dem Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit kann der Antrag auf Einstellung der Exekution nach Abs1 Z9 verbunden werden. Dieser Antrag ist, wenn er nicht bei dem Gericht eingebracht wird, das die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt hat, an dieses zur Erledigung zu leiten.
[…]
Exekutionsantrag und Vollzug
§84a. (1) Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann der Antrag auf Bewilligung der Exekution verbunden werden. Über beide Anträge hat das Gericht zugleich zu entscheiden.
(2) Wenn bis zur Vornahme von Verwertungshandlungen über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht rechtskräftig entschieden ist, hat das Exekutionsgericht von Amts wegen mit dem weiteren Vollzug bis zum Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung innezuhalten."
2. Die ebenfalls angefochtene Bestimmung des §614 Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. 113/1895 , idF BGBl I 7/2006 , lautet:
"Achter Titel
Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche
§614. (1) Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche richten sich nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Das Formerfordernis für die Schiedsvereinbarung gilt auch dann als erfüllt, wenn die Schiedsvereinbarung sowohl den Formvorschriften des §583 als auch den Formvorschriften des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts entspricht.
(2) Die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung nach ArtIV Abs1 litb des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ist nur nach Aufforderung durch das Gericht erforderlich."
3. §62a Abs1 Z9 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 85/1953 , idF BGBl I 78/2016 , lautet:
"§62a. (1) Eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, kann einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben (Art140 Abs1 Z1 litd B VG). Die Stellung eines solchen Antrages ist unzulässig:
[…]
9. im Exekutionsverfahren und im Verfahren betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO, einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung;
[…]"
III. Zur Zulässigkeit
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
2. Der Verfassungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 8. März 2016, G537, 538/2015, aus, dass die Wortfolge "im Exekutionsverfahren und" in §62a Abs1 Z9 VfGG idF BGBl I 92/2014 nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
3. In den beiden gerichtlichen Ausgangsverfahren wies das Bezirksgericht Mattighofen mit zwei Beschlüssen vom 14. März 2016 die Anträge der antragstellenden Parteien auf Aufschiebung bzw. Einstellung bewilligter Exekutionen ab. Es handelt sich somit um Exekutionsverfahren, aus Anlass derer gemäß §62a Abs1 Z9 VfGG die Stellung dieses (Partei-)Antrags gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG unzulässig ist.
4. Im Gegensatz zur Auffassung der antragstellenden Parteien ist die Wortfolge "einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung" in §62 Abs1 Z9 VfGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht präjudiziell.
Die antragstellenden Parteien stützen ihre Anträge im Exekutionsverfahren auf die Bestimmung des §39 Abs1 Z11 EO betreffend die rechtskräftige Aufhebung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels (internationaler Schiedsspruch). Dabei handelt es sich aber – wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend ausführt – nicht um ein Verfahren über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels, sondern um ein Exekutionsverfahren iSd §62a Abs1 Z9 VfGG (vgl. dazu näher VfGH 8.3.2016, G537, 538/2015), aus Anlass dessen – wie ausgeführt – ein Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B VG unzulässig ist.
5. Die Zurückweisung des Antrags konnte gemäß §19 Abs4 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.