JudikaturVfGH

E1545/2015 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
08. März 2016

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Entscheidungen wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Die Entscheidungen werden aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 3.096,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 28. November 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Dezember 2013 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Beschwerdeführer nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt II). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20. Dezember 2013 zugestellt.

Mit Schreiben vom 3. Jänner 2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Dezember 2013. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. Februar 2014 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2015 gemäß §71 Abs1 Z1 AVG abgewiesen. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2015 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Dezember 2013 gemäß §22 Abs12 AsylG 2005 als verspätet zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht werden.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23. Februar 2016, G574/2015, §22 Abs12 AsylG 2005 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht wendete bei Erlassung der angefochtenen Entscheidungen die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Das Erkenntnis und der Beschluss sind daher aufzuheben.

3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 VfGG abgesehen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 480,– enthalten.

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