SV2/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, "ArtVIII Abschnitt 19 – in eventu nur dessen ersten Satz – des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation vom 11. Dezember 1957, kundgemacht im BGBl Nr 82/1958," als verfassungswidrig festzustellen.
II. Rechtslage
1. Der angefochtene ArtVIII Abschnitt 19 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation, BGBl 82/1958, (im Folgenden: "Amtssitzabkommen") lautet:
"ARTIKEL VIII
Eigentum der IAEO und Steuerfreiheit
Abschnitt 19
Die IAEO und ihr Eigentum, wo immer es liegt und in wessen Händen es sich befindet, ist von jeglicher Jurisdiktion befreit, es sei denn, daß die IAEO in einem besonderen Fall ausdrücklich auf ihre Immunität verzichtet hat. Es besteht jedoch Einverständnis, daß der Verzicht sich nicht auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erstrecken kann."
2. ArtXV der Statuten der Internationalen Atomenergiebehörde, BGBl 216/1957, (im Folgenden: "Statuten der IAEO") lautet:
"ARTIKEL XV
Privilegien und Immunitäten
A. Die Behörde genießt auf dem Hoheitsgebiet jedes Mitgliedes die Rechte, Privilegien und Immunitäten, deren sie bedarf, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
B. Delegierte der Mitglieder sowie ihre Stellvertreter und Berater, die Mitglieder des Gouverneursrates sowie ihre Stellvertreter und Berater, der Generaldirektor und das Personal der Behörde genießen jene Privilegien und Immunitäten, deren sie bedürfen, um die ihnen im Rahmen der Behörde obliegenden Aufgaben unabhängig erfüllen zu können.
C. Die in diesem Artikel erwähnten Rechte, Privilegien und Immunitäten werden in einem oder in mehreren gesonderten Abkommen zwischen der Behörde, die zu diesem Zweck von dem nach den Anweisungen des Gouverneursrates handelnden Generaldirektor vertreten wird, und den Mitgliedern festgelegt."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien (im Folgenden: "ASG") wies die Klage der Antragstellerin – welche im Zeitraum von Ende 1984 bis 31. Juli 2013 zur beklagten Partei in einem Dienstverhältnis als internationale Beamtin stand – vom 29. Jänner 2015 auf Grund dienst-, arbeits- und schadenersatzrechtlicher Ansprüche in der Höhe eines Gesamtstreitwerts von € 28.480.– mit Beschluss vom 15. September 2015, zugestellt am 18. September 2015, wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit gemäß §42 Abs1 Jurisdiktionsnorm zurück. Die Internationale Atomenergiebehörde (im Folgenden: "IAEO") als beklagte Partei sei gemäß ArtVIII Abschnitt 19 Amtssitzabkommen von jeglicher Jurisdiktion befreit und habe auf diese – wie aus der Beantwortung des vom ASG an das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres gerichteten Vermittlungsersuchens gemäß §35 Abs2 des Erlasses vom 7. Mai 2004 über die internationale Rechtshilfe und andere Rechtsbeziehungen mit dem Ausland in Zivilsachen (RHE Ziv 2004) vom 10. Juni 2015 hervorgehe – auch nicht verzichtet.
1.2. Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin am 1. Oktober 2015, an dem Tag, an dem sie auch den (Partei-)Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG stellte, Rekurs an das Oberlandesgericht Wien.
2. Die Antragstellerin behauptet in ihrem auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag, in ihren Rechten wegen Anwendung des ArtVIII Abschnitt 19 Amtssitzabkommen verletzt zu sein, weil dieser gegen Art6 EMRK verstoße.
2.1. Zur Zulässigkeit bringt die Antragstellerin insbesondere vor, das erstinstanzliche Gericht habe den zurückweisenden Beschluss mit der aus der angefochtenen Bestimmung resultierenden fehlenden inländischen Gerichtsbarkeit in Bezug auf die beklagte Partei begründet. Die angefochtene Bestimmung sei deshalb präjudiziell.
2.2. Die Antragstellerin legt die Bedenken, die sie zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"D) Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:
[…]
Die Problematik dieses und vergleichbarer ähnlicher Fälle ist schon seit längerem bekannt und in Lehre und Rechtsprechung behandelt worden. Sie besteht vorweg zusammengefasst im Konflikt zwischen der Immunität einer Internationalen Organisation des Völkerrechts einerseits und den Grundrechten derjenigen Personen, die von den Rechtsakten dieser immunen Einrichtung unmittelbar betroffen sind, insbesondere ihrer Dienstnehmer, auf Zugang zu einem Gericht und Durchführung eines fairen Verfahrens im Sinne des Art6 EMRK. Wie im Folgenden gezeigt wird, wird dieser Konflikt durch den EGMR und maßgebliche Stimmen aus der Lehre dahingehend gelöst, dass für die angeführten Rechtsunterworfenen ein den Anforderungen des Art6 EMRK gleichwertiger Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss und nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung die Immunität der Internationalen Organisation von jeder innerstaatlichen Gerichtsbarkeit keinen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht nach Art6 EMRK darstellt.
Wie im Weiteren gezeigt wird, verhält es sich im vorliegenden Fall so, dass die IAEO gesetzesgemäß Maßnahmen zur internen Streitbeilegung getroffen hat, nämlich Joint Appeals Board (JAB) und Entscheidung durch den Generaldirektor, die keine geeigneten Verfahren mit Gerichtsqualität darstellen. Auch die Berufungsinstanz gegen solche Entscheidungen, das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT) in Genf, weist keine Gerichtsqualitäten auf. Ersatzentscheidungseinrichtungen mit Gerichtsqualität im Sinne der EGMR – Entscheidung zu Waite Kennedy sind für die Antragstellerin nicht vorhanden, sodass durch die einfachgesetzliche Bestimmung des Artikel VIII Abschnitt 19 leg. cit. das verfassungsrechtlich mehrfach abgesicherte Recht der Antragstellerin auf Zugang zu Gericht samt fairen Verfahren, insbesondere nach Art6 EMRK unmöglich gemacht wird. Diese Konstellation – ein einfaches Gesetz macht die Anwendung verfassungsrechtlich garantierter Rechte unmöglich – ist rechtsstaatlich unzulässig und wird daher als verfassungswidrig bekämpft, um der Beschwerdeführerin den ihr garantierten Zugang zu Gericht samt fairen Verfahren zu ermöglichen.
[…]
In der Lehre ist diese Problematik – funktionelle Immunität einer internationalen Organisation versus Rechtsanspruch auf Zugang zu Gericht samt fairen Verfahren – schon lange bekannt. Obwohl die IAEO als internationale Organisation nur zu einem bestimmten und gegenständlich begrenzten Zweck begründet wurde, genießt sie diese funktionelle Immunität und verpflichtet sich – siehe oben – zur Einrichtung eigener Entscheidungseinrichtungen zur Streitbeilegung mit ihren Bediensteten. Siehe dazu u.a. Reinisch , wH, S. 255 ff (zit. aus Jörg Menzel, Tobias Pierlinger, Jeannine Hoffmann (Hrsg.), Völkerrechtsprechung, S 370 FN 90).
Wenn nun, wie das als Ergebnis der Beweisführung zu finden sein wird, diese eigenen Entscheidungseinrichtungen – gegenständlich JAB, Generaldirektor und ILOAT – keine Gerichtsqualität besitzen und keine Ersatzentscheidungseinrichtungen mit Gerichtsqualität vorhanden sind wie gegenständlich, dann ist mit Reinisch , 'Genießen Internationale Organisationen Immunität ?', erschienen am 21.5.2012 in Die Presse, Print-Ausgabe, abschließend festzustellen: 'Somit bedeutet jede Immunitätsgewährung für potenzielle Kläger, dass ihnen der Zugang zu Gericht verwehrt wird.'
Im Aufsatz 'In the shadow of Waite Kennedy', ILOR 2004, S. 109f, kommen August Reinisch/Ulf Andreas Weber unter IV, Conclusion, zu folgendem Ergebnis (übersetzt und approbiert von Prof. Dr. Reinisch): 'Bezüglich der Grundrechte können diese Defizite in ernsthafter Weise die nationalen Gerichte und den EGMR dazu veranlassen, ihre Bereitschaft zu überdenken und neu zu bewerten, eine unqualifizierte Immunität, die sich in der Parteistellung von internationalen Organisationen im Zivilverfahren ergibt, anzuerkennen.'
In der Abhandlung 'Das Recht auf Zugang zu Gericht und völkerrechtliche Immunitäten in Österreich', erschienen als Seiten 631 bis 648 in der FS Heinz Mayer mit dem Titel 'Vom praktischen Wert der Methode', kommt Reinisch unter VII. Resümee zu folgendem Ergebnis: 'Obwohl das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Zugang zu Gericht und der Immunität von der Gerichtsbarkeit in Österreich erst in jüngster Zeit erhöhte Aufmerksamkeit hervorgerufen hat, darf die Bedeutung dieser Problematik für den Sitzstaat Österreich nicht unterschätzt werden. Die Tatsache, dass Artikel 6 EMRK, aus dem das Recht auf Zugang zu Gericht abgeleitet wird, in Österreich Verfassungsrang genießt, unterstreicht die Notwendigkeit, dass Gerichte bei der Prüfung der Immunität die Verfügbarkeit und Adäquanz alternativer Streitbeilegungsmöglichkeiten besonders berücksichtigen.'
Reinisch betont hier wieder einmal die Notwendigkeit der durch die Gerichte notwendigerweise durchzuführenden Überprüfung der Verfügbarkeit und Adäquanz alternativer Streitbeilegungsmöglichkeiten. Diese Überprüfung hat vor der Gewährung bzw. Nichtgewährung der Immunität an eine internationale Organisation wie die IAEO zu erfolgen.
Diese Pflichtüberprüfung ist aus den Urteilen des EGMR vom 18.2.1999 zu den Fällen Waite Kennedy versus Germany, Nr 26083/94, und Beer Regan versus Germany, Nr 28934/95, abzuleiten, da Urteile des EGMR ebenso wie die EMRK sofort und vollständig innerstaatlich umzusetzen sind. Der Inhalt der beiden zitierten Entscheidungen ist gerichtsbekannt und ist seither ständige Rechtsprechung des EGMR.
In seinem Artikel 'Die Immunität internationaler Organisationen von der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit', erschienen in ZäöRV 71 (2011), Seiten 157-167, stellt Gerhard Ullrich u.a. folgendes fest:
'In den Urteilen Waite Kennedy versus Germany sowie Beer Regan versus Germany stellte der EGMR fest, eine internationale Organisation habe statt des Zugangs zu nationalen Gerichten vernünftige alternative Rechtsschutzmöglichkeiten anzubieten und dabei den Wesensgehalt des 'Rechts auf ein Gericht' und die Verhältnismäßigkeit mit den Zielen des Artikel 6 Abs1 EMRK zu beachten.'
'Internationale Organisationen sind aber trotz ihrer Immunität weiterhin dem Recht unterworfen und haben auch Rechtsschutz zu garantieren.'
'Ausgehend von seinen Grundsatzurteilen Waite Kennedy versus Germany sowie Beer Regan versus Germany vom 18.2.1999 hat der EGMR in mehreren Urteilen aus jüngster Zeit seine Rechtsprechung zur Verpflichtung der Vertragsstaaten, der EMRK in den internationalen Organisationen für einen angemessenen Rechtsschutz zu sorgen, weiterentwickelt. Die Gestaltungsfreiheit der Vertragsstaaten bei der Errichtung internationaler Organisationen befreit diese nicht von der eingegangenen Verpflichtung, einen Rechtsschutz gegen Akte der Organisationen zu gewährleisten, der mit den Anforderungen des Artikel 6 Abs1 EMRK als gleichwertig angesehen werden kann. Der Zugang zu dem Gericht muss so frei wie möglich sein, damit der Wesensgehalt des Rechts auf ein Gericht nicht beeinträchtigt wird.'
'In seinen neueren Entscheidungen hat der EGMR diese Rechtsprechung zur Rechtsweggarantie bei dienstlichen Streitigkeiten in internationalen Organisationen weiter verdeutlicht und präzisiert.'
'Unter Berufung auf vorausgehende Entscheidungen stellte der EGMR fest, dass internationale Organisationen über einen, dem Artikel 6 EMRK 'gleichwertigen' Rechtsschutz verfügen müssen. Darunter sei ein 'vergleichbarer' Rechtsschutz zu verstehen.'
'In der Entscheidung Rambus Inc. versus Germany vom 16.6.2009 hat der EGMR diese Rechtsprechung bei dienstlichen Streitigkeiten in internationalen Organisationen ausdrücklich bestätigt.'
Schon Matscher verweist in Fasching , Artikel IX EGJN, Rz 188, unter Verweis auf Waite Kennedy darauf, 'dass immer mehr die Meinung vertreten wird, dass die Aufrechterhaltung der persönlichen Immunität von der Zivilgerichtsbarkeit nur insoweit vertretbar ist, als Rechtsschutz- Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen.'
All diese wiederholt vorgetragenen und publizierten Entscheidungen und Lehrmeinungen lassen an Deutlichkeit bezüglich der Notwendigkeit der Gerichtsqualität von dienstinternen Entscheidungseinrichtungen internationaler Organisationen bzw. des Vorhandenseins adäquater Ersatzentscheidungseinrichtungen nichts zu wünschen übrig. In der Lehre ist ebenfalls die Verpflichtung nationaler Gerichte zur Überprüfung und Bewertung vor Gewährung der Immunität an eine internationale Organisation begründet.
Joint Appeals Board (JAB) der IAEO:
Nun zur funktionell immunen IAEO und den von ihr gemäß dem Artikel XIX Abschnitt 50 lita) leg.cit. anstelle der österreichischen Gerichtsbarkeit getroffenen Maßnahmen hinsichtlich geeigneter Verfahren zur Beilegung privatrechtlicher Streitigkeiten mit der IAEO als Partei.
Die Antragstellerin muss alle diese dienstinternen Entscheidungseinrichtungen durchlaufen. Daher sind diese darauf zu überprüfen, ob dort Rechtsstandards gewährt werden, die den Erfordernissen des Artikels 6 EMRK entsprechen oder ob im Sinne der Entscheidung Waite Kennedy adäquate Ersatzentscheidungsmechanismen vorhanden sind.
Die Beschwerdeführerin muss also ihre dienstinternen und dienstrechtlichen Anträge jeglicher Art, die in Österreich ansonsten vor Gerichten behandelt und entschieden werden, beim JAB verpflichtend einbringen und behandeln lassen, denn ohne diesen Vorgang nimmt das ILOAT in Genf keine Berufung gegen Entscheidungen des Generaldirektors der IAEO entgegen.
Die Aufgaben des JAB sind grundsätzlich geregelt durch die IAEO im Information Circular Nr 612 vom 30.8.2001 – The Staff Regulations of the Agency. In Article XII – Appeals – heißt es zu Regulation 12.01 (JAB): 'The Director General shall establish an administrative machinery with staff participation to advise him/her in case of an appeal by a staff member against an administrative decision.. '.
Damit sind schon per definitionem folgende wesentliche Kriterien für die Zuerkennung der Gerichtseigenschaft an den JAB nicht gegeben, und zwar das Recht auf unparteiische und unabhängige Richter infolge Besetzung des JAB mit Bediensteten der IAEO, die nicht rechtskundig sind (' .. administrative machinery with staff participation ..');
das Recht auf Entscheidung samt Begründung durch ein unabhängiges Gremium, das unabhängig und nur auf Vorschriften beruhende Entscheidungen trifft; denn der JAB berät nur den Generaldirektor, der allein entscheidet, ohne an die Vorschläge des JAB gebunden zu sein ('.. to advise the Director General ..').
Tatsächlich ist der JAB ein Gremium aus drei Bediensteten der IAEO (Vorsitz, je ein Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter). Die Mitglieder werden pro Fall ad hoc zusammengestellt und sind nicht rechtskundig. Tatsächlich musste in einem Beschwerdefall der Antragstellerin der damalige Generaldirektor El Baradei den Entscheidungsentwurf des JAB zur Verbesserung zurückverweisen, weil der JAB entgegen den dienstinternen Vorschriften einen Anspruch der Beschwerdeführerin ('.. partial disability ..') als nicht regelkonform und vorhanden bezeichnete. Der JAB machte danach einen regelkonformen Vorschlag, wonach der Generaldirektor allein entschied.
Vor allem: Der JAB macht nur Vorschläge, es entscheidet - zwingend erstinstanzlich vorgeschrieben! – der Generaldirektor, sohin ein Verwaltungsorgan! Die Antragstellerin und alle Bediensteten müssen diesen 'Rechtsweg' zwingend beschreiten und haben zudem – siehe später – nur begrenzte Akteneinsicht und müssen – nur auf die dadurch unüberprüfbare erstinstanzliche Entscheidung des Generaldirektors angewiesen – die Beschwerde an das ILOAT einbringen, das seinerseits wieder keine volle Akteneinsicht gewährt und keine mündliche Verhandlung anberaumt und daher einseitig und mit Informationsvorsprung der IAEO schriftlich entscheidet.
[…]
Folgende Umstände beweisen, dass dort – neben Organisationsmängeln wie oben dargestellt – kein fair trial abgeführt wird, wobei dieser Vorgang für die Antragstellerin infolge immer wieder eingebrachter Beschwerden noch lange nicht abgeschlossen und kein Ende absehbar ist:
Das Recht auf Waffengleichheit ist nicht vorhanden, denn der Rechtsvertreter der Antragstellerin bekam/bekommt keine Akteneinsicht, zB wurde bezüglich der Antragstellerin ein dienstintern eingeholtes Gutachten über deren tatsächliche Verwendung und tatsächliche Arbeitsleistung und folgende Einstufung nicht bekanntgegeben, obwohl der Generaldirektor – in Kenntnis dieses Gutachtens – eine für die Antragstellerin negative Entscheidung fällte, die von der Beschwerdeführerin – ohne ausreichende Information – beim ILOAT angefochten wurde.
[…]
Ferner wird von der IAEO durch JAB und den Generaldirektor die Pflicht zur Entscheidung binnen angemessener und zumutbarer Frist laufend verletzt, weil dazu keine Vorschriften vorhanden sind, der Fristlauf jedoch – siehe dazu später – ab Erstantrag bei der IAEO zählt. Unzumutbar lange Verfahren sind also schon in diesem Verfahrensabschnitt gegeben. Dienstinterne Organisationsmängel, die ausschließlich der IAEO zuzurechnen sind, sind die Gründe dafür.
[…]
All diese schweren Verfahrensmängel führen zu dem zwingenden Ergebnis: Der JAB ist kein Gericht.
In Übereinstimmung mit der Darstellung des Rechtsanwaltes Laurence Fauth Esq., des Rechtsvertreters der Antragstellerin gegenüber der IAEO, 'Appeal Process Questions', nunmehr die Beschreibung der nötigen dienstinternen Verfahrensschritte bei JAB und ILOAT, um eine Entscheidung zu erlangen. Schon aus der Aufzählung dieser nötigen Verfahrensschritte sind Menschenrechtsverletzungen im Entscheidungsfindungsprozess vor JAB und ILOAT deutlich erkennbar.
[…]
In den Verfahren vor dem JAB kann sich der Dienstnehmer zwar von einem anderen Dienstnehmer vertreten lassen, nicht jedoch von einem Anwalt. Für die Verfahren vor dem JAB sind bei der IAEO zwar dienstinterne Vorschriften vorhanden, werden den betroffenen Dienstnehmern aber nicht mitgeteilt. JAB und in der Folge der Generaldirektor verweigern dem Dienstnehmer Akteneinsicht und Aktenabschriften, weil dies nicht vorgesehen ist. (Zusatz bezüglich der Verfahren der Antragstellerin und ihres Kollegen: Die Einsicht und Abschrift von entscheidungswesentlichen Gutachten, die dem Generaldirektor vor Entscheidung vorliegen, wurden/werden verwehrt.)
[…]
Die Verfahren I. Instanz – JAB und Generaldirektor – werden nur in 'Hearings' durchgeführt. Ein Antragsteller darf an diesen Hearings, in welchen dienstinterne Auskunftspersonen befragt werden, teilnehmen, hat aber kein Fragerecht. Ferner hat der Antragsteller bei diesen anzuberaumenden Hearings keinen Einfluss darauf, welche dienstinternen Auskunftspersonen befragt werden oder nicht befragt werden, die Auswahl der befragten Personen trifft allein das JAB. Beschwerdemöglichkeiten dagegen sind nicht vorhanden.
All diese Verfahrensdefizite schon in I. Instanz, nämlich kein Zeithorizont, kein 'fair trial', keine Akteneinsicht und Aktenabschrift, keine mündliche Verhandlung unter aktiver Beteiligung der Antragstellerin, kein Frage- oder Nominierungsrecht von Auskunftspersonen, Zusammensetzung des JAB aus nicht richterlichen Bediensteten der IAEO ohne spezielle Rechtskenntnisse, Entscheidung durch den Generaldirektor als Verwaltungsorgan ohne Bindung an den Entscheidungsvorschlag des JAB, fristgerecht einzubringende Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Generaldirektors ohne Akteneinsicht und Aktenabschriften sowie Zusammensetzung des JAB als Dienstnehmer der IAEO, all das lässt nur einen Schluss zu: Das Verfahren I. Instanz – JAB und Entscheidung durch den Generaldirektor – weist derart gravierende Rechtsdefizite auf, dass JAB und die Entscheidung durch den Generaldirektor nicht als 'fair trial' im Sinne des Art6 EMRK bezeichnet werden können und dass all diesen 'Verfahren' die Gerichtsqualität fehlt und daher nicht als Gerichtsverfahren zu bezeichnen sind.
[…]
Die Antragstellerin ist des Rechtsanspruches auf 'fair trial' schon in I. Instanz beraubt.
Nochmals wird darauf hingewiesen, dass – siehe die rechtlichen Ausführungen dazu oben – nationale Gerichte die Gerichtsqualität der Verfahren I. Instanz bei internationalen Organisationen zu prüfen und zu bewerten haben ebenso wie das Vorhandensein adäquater Ersatzentscheidungseinrichtungen. Erst bei positivem Ergebnis – entweder Gerichtsqualität 1. Instanz oder Vorhandensein adäquater Ersatzentscheidungseinrichtungen – darf der jeweiligen internationalen Organisation Immunität gewährt werden. […]
Nachfolgend wird dargetan, dass schon das Fehlen von Gerichtsqualitäten der Entscheidungseinrichtungen 1. Instanz bei gleichzeitigem Fehlen von adäquaten Ersatzentscheidungseinrichtungen die Aberkennung der Immunität der internationalen Organisation zur Folge haben muss, weil fundamentale Rechtsgrundsätze der EMRK, die auch für internationale Organisationen gelten, nicht vorhanden sind. Nationale Gerichte haben bereits in diesen Fällen entschieden, der jeweiligen internationalen Organisation die Immunität entzogen und die Rechtssache der nationalen Gerichtsbarkeit zur Entscheidung zugewiesen.
Wenn wie im gegenständlichen Fall das Erstgericht die funktionelle Immunität der IAEO als Beklagte aufrecht erhält, kann dies nur die Folge einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sein, die eben durch den Verfassungsgerichtshof aufzuheben ist, zumal die genannten Rechtsdefizite I. Instanz bei gleichzeitigem Fehlen von adäquaten Ersatzentscheidungseinrichtungen deutlich erkennbar sind.
Entscheidungen nationaler Gerichte mit Aufhebung der Immunität internationaler Organisationen und gleichzeitiger Zuweisung der Rechtssache an die nationale Gerichtsbarkeit sind vorhanden und werden nunmehr dargestellt.
1. Der OGH stellt in seiner Entscheidung vom 14.2.2001 zu 7 Ob 316/00x, zitiert und kommentiert in Reinisch , FS Mayer, Seiten 647/648, die Notwendigkeit eines alternativen Rechtsschutzes zur Aufrechterhaltung der Immunität eines Staates fest, wobei dieser 'alternative Rechtsschutz' im Sinne der Entscheidung Waite Kennedy zu verstehen ist. Ist der schon in I. Instanz geforderte alternative Rechtsschutz nicht vorhanden, kann keine Immunität gewährt werden. Reinisch dazu wörtlich: 'In einem der interessantesten Immunitätsfälle der letzten Jahre hat der OGH auf die Notwendigkeit eines alternativen Rechtsschutzes hingewiesen.' Dies bedeutet im gegenständlichen Fall, dass der alternative Rechtsschutz schon in I. Instanz vorhanden sein muss, was aber nicht der Fall ist. Schon aus diesem Grund kann keine Immunität gewährt werden, um den Erfordernissen der Verfassungsbestimmung des Art6 EMRK zu entsprechen.
[…]
Das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation Adminstrative Tribunal, ILOAT):
Die Organisation des ILOAT, das zur Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gehört und als Berufungsinstanz fungiert, ist im 'Statute of the Administrative Tribunal of the International Labour Organisation' vom 9.10.1948 i.d.g.F., zitiert als Statut, geregelt. Darin befinden sich folgende Bestimmungen, worüber das ILOAT als Endentscheidungsinstanz ohne Berufungsmöglichkeit dagegen zu entscheiden hat (Article VI 1.), und zwar unter anderem über alle Folgen nach Ar- beitsunfällen (Article II 2.) und über Pensionsansprüche der Bediensteten von Internationalen Organisationen (Article II 3.).
[…]
Das ILOAT, das sich selbst 'Verwaltungsgericht' nennt, ist als letzte Instanz über Beschwerden von etwa 46.000 Personen aus insgesamt 61 Internationalen Organisationen zuständig. Als letzte Tatsachen- und Rechtsinstanz entscheidet es also über Tatsachenfeststellungen und Rechtsfragen und über die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Verfahren und der Entscheidungen der Vorinstanzen, stellt Rechtsverletzungen fest und entscheidet danach letztinstanzlich.
Umso mehr ist es daher – als erste und gleichzeitig letzte 'Gerichtsinstanz' – selbst verpflichtet, bei ihren eigenen Verfahren die Rechtsstandards der EMRK zu erfüllen, um tatsächlich als 'Gericht' bezeichnet werden zu können und sohin den Rechtsanspruch der Klägerin auf Zugang zu Gericht samt fairem Verfahren zu erfüllen.
Diese Rechtsstandards sind mehrfach in massiver Weise nicht vorhanden, wodurch mehrere Menschenrechtsverletzungen nach Artikel 6 EMRK tatbestandsmäßig erfüllt werden und was – wie nachgewiesen wird – als Folge hat, dem ILOAT die Gerichtsqualität (eigene Bezeichnung 'Verwaltungsgericht'!) abzuerkennen.
[…]
Schon die Gerichtsbestellung entspricht nicht den Erfordernissen des Art6 EMRK:
Die Richter des ILOAT werden in nicht gänzlich unabhängiger Weise bestellt (Wahrnehmungsbericht Flaherty und Hunt, S. 7; Homepage der ILO). Sie erhalten nämlich erneuerbare Kurzzeitverträge, was rechtens geschieht, wobei aber die Vertragsverlängerung nach Belieben der ILO und deren politisch besetzten und agierenden Entscheidungsgremien abhängt.
[…]
Es ist amtsbekannt und nicht in den Rules und Statuten des ILOAT vorgesehen, dass Aktenabschriften oder -einsicht an die Beschwerdeführerin erteilt werden. Siehe dazu den zuvor dargestellten notwendigen Verfahrensgang vor dem ILOAT: Die Beschwerdeführerin bringt ihre Beschwerde beim ILOAT ein. Die IAEO antwortet darauf binnen 90 Tagen. Binnen weiterer 90 Tage kann die Beschwerdeführerin auf die Gegenschrift der IAEO ohne weitere Akteneinsicht und -abschriften, welche der IAEO vorliegen und Teil der Entscheidung und der Gegenschrift sind, antworten.
Diese Nichtgewährung von Akteneinsicht bei gleichzeitigem Informationsvorsprung der IAEO als Verfahrensgegner ist eine Verletzung des Rechts auf Waffengleichheit im Zivilverfahren, weil die Gleichbehandlung aller Parteien nicht gegeben ist. Das ist natürlich auch eine Verletzung i.S. des 'fair trial' des Art6 EMRK und ein weiterer Grund, dem ILOAT Gerichtsqualität abzusprechen. Auf die Entscheidungen dazu VfSlg 13702 und 15840 wird unter einem verwiesen.
Das aus Artikel 6 EMRK abgeleitete Menschenrecht auf rechtliches Gehör wird auch laufend durch die Weigerung des ILOAT, mündliche Verhandlungen anzuberaumen, verletzt.
[…]
Die Antragstellerin hat in ihrem Verfahren vor dem ILOAT nicht auf die Anberaumung je einer mündlichen Verhandlung verzichtet, im Gegenteil diese mündliche Verhandlung in allen damals anhängigen Verfahren beantragt mit Schreiben ihres Rechtsanwaltes Laurence Fauth vom 14.10.2014 über Anberaumung jeweils einer mündlichen Verhandlung. Die Antwort des ILOAT kam per e-mail am 18.11.2014: In allen anhängigen Verfahren der Beschwerdeführerin wurde deren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ohne Begründung abgelehnt.
[...]
Dieser Umstand der Verweigerung der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung stellt schon für sich allein eine schwere Menschenrechtsverletzung, begangen durch das ILOAT, dar. Diese Menschenrechtsverletzung wiegt umso schwerer, als beispielsweise bei den Verfahren der Klägerin ebenso wie bei anderen Verfahren kein Verzicht auf die Anberaumung einer mündliche Verhandlung durch das ILOAT vorliegt, keine außergewöhnlichen Umstände für die gerechtfertigte Nichtanberaumung einer mündliche Verhandlung gegeben sind und zudem in jedem Fall eine diesbezügliche Antragstellung gegeben ist. Gerichtsinstanzen zuvor, die diese außergewöhnlichen Umstände definieren und bestimmen können, sind zumindest bei der Klägerin nicht vorhanden, weil der JAB ja kein Gericht ist. Zudem ist das ILOAT ja erste, einzige und letztentscheidende 'Gerichtsinstanz', sodass die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch das ILOAT geradezu verpflichtend und amtswegig durchzuführen ist.
Die Antragstellerin ist also sämtlicher ihr zustehenden Rechte beraubt: Sie kann ihren Fall nicht vortragen und erklären, sie kann bei der Zeugenvernehmung in keinem Verfahrensstadium mitwirken und Fragen stellen, sie kann nicht auf Beweisergebnisse reagieren und beispielsweise neue Beweisanträge zur Wahrheitsfindung stellen oder Beweiserörterungen vornehmen. Dazu kommt der ebenfalls für die Klägerin schwer nachteilig wirkende Umstand, dass der Antragstellerin in allen Verfahrensstadien Akteneinsicht und Aktenabschrift verwehrt sind und ihr also wichtige Beweisergebnisse bewusst vorenthalten werden, während der Internationalen Organisation wie der IAEO diese Beweisergebnisse zur Verfügung stehen und auch entscheidungswesentlich und entscheidungsbegründend sind.
[…]
Wie in dem EPO-Bericht, S. 1, und dem Bericht Flaherty und Hunt, S. 6, nachzulesen ist, beraumt das ILOAT statutengemäß ohne Begründung seit 1989 keine mündliche Verhandlung an, entscheidet nur nach den schriftlich eingebrachten Unterlagen und verkündet die Entscheidung öffentlich.
[…]
Das ILOAT fällt also eine endgültige Entscheidung nur aufgrund schriftlicher Unterlagen und ohne mündliche Verhandlung in jeglicher Instanz, was die Verfahren der Beschwerdeführerin betrifft. Trotz dieses Rechtsdefizites – verbunden mit anderen Rechtsdefiziten – lässt Article VI 1. des Statuts eine weitere Berufung gegen die Entscheidung des ILOAT nicht zu. Dies entspricht nicht dem Rechtsstandard der EMRK.
Es ergibt sich daher für die Beschwerdeführerin die Tatsache, dass das ILOAT als Spruchkörper ohne Gerichtsqualitäten – das ist bereits das vorweggenommene Ergebnis der langen Beweisführung – über Entscheidungen von Nichtgerichten bei den Internationalen Organisationen zuvor entscheidet, und zwar endgültig und ohne weitere Beschwerdemöglichkeit an ein wirklich unabhängiges Gericht (Statut Article VI 1.; Bericht Flaherty und Hunt, S. 6).
[…]
Nun zu weiteren Menschenrechtsverletzungen, ständig begangen durch das ILOAT ohne Aussicht auf Änderung oder Besserung infolge Weigerung der Änderung der einschlägigen Vorschriften oder Änderung der Organisationsstruktur bei ILO und ILOAT, nämlich infolge unzumutbar langer Verfahren:
[…]
Diese Verfahrensdauer kann ab Erstantrag allenfalls 10 Jahre oder länger dauern und ist daher – ab zwei Jahren wird ja oft die Verfahrensdauer in existenziell wichtigen Fällen unangemessen lang und eine Menschenrechtsverletzung! – ein Verstoß gegen Art6 EMRK!
[…]
Die Klägerin hat derzeit beim ILOAT sechs Verfahren gegen die IAEO als Beklagte anhängig. Ihr Rechtsvertreter Laurence Fauth hat mit Schreiben vom 14.10.2014 für jedes dieser Verfahren eine mündliche Verhandlung beantragt. Dieser Antrag betraf auch die am 30.6.2015 entschiedenen Verfahren, sie dazu unten. Mit e-mail vom 18.11.2014 an den genannten Rechtsanwalt hat das ILOAT in allen neun beantragten Fällen der Klägerin (AT 5-3381; AT 5-3382; AT 5-3383; AT 53632; AT 5-3675; AT 5-3679; AT 5-3695; AT 5-3756; AT 5-3774) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgewiesen.
[…]
Die unangemessen lange Verfahrensdauer bei JAB und ILOAT in rasch zu erledigenden Rechtssachen, weil berechtigte finanzielle Forderungen der Beschwerdeführerin dahinter stehen, hat für die gesamte Familie der Antragstellerin als dortige Klägerin schwere finanzielle Folgen.
[…]
Die der Antragstellerin im Rahmen der Rechtsordnung der IAEO zur Verfügung stehenden Rechtsschutzeinrichtungen entsprechen weder in organisatorischer Hinsicht noch in Bezug auf die Ausgestaltung und faktische Anwendung der den Rechtsunterworfenen eingeräumten Verfahrensrechte und ebenso wenig in Bezug auf die Dauer bis zur rk. Erledigung den Anforderungen von Art6 Abs1 EMRK. Diese Beurteilung trifft sowohl allgemein zu, weil es sich um generelle Strukturmängel handelt, als auch konkret in Bezug auf die Antragstellerin, wie dies oben ausführlich dargestellt wurde. Schon allein dadurch, dass die angefochtene Bestimmung ausschließlich auf die Immunität der Internationalen Organisation abstellt und dieser den absoluten Vorrang einräumt, ohne eine Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Interessen des Betroffenen auf Gerichtszugang und Durchführung eines 'fair trials' nach Art6 Abs1 EMRK zu ermöglichen, führt zur geltend gemachten Verfassungswidrigkeit."
3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung des Antrages begehrt; eventualiter beantragt sie die Feststellung, dass die Bestimmung nicht verfassungswidrig ist.
3.1. Die Bundesregierung hält den Antrag für unzulässig, weil der Anfechtungsumfang zu eng abgegrenzt sei (ohne die Hervorhebungen im Original):
"II.
Zum Anlassfall und zur Zulässigkeit
1. Die Antragstellerin hatte beim ASG Wien eine Klage wegen Ansprüchen aus ihrem Dienstverhältnis mit der IAEO eingebracht, welche mit Beschluss vom 15. September 2015 (GZ 36 Cga 14/15i) mangels inländischer Gerichtsbarkeit gemäß §42 Abs1 JN zurückgewiesen wurde. Anlässlich des Rekurses gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin den gegenständlichen Parteiantrag erhoben.
2. Der Parteiantrag ist aus Sicht der Bundesregierung unzulässig, da selbst bei Aufhebung der angefochtenen Bestimmung die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden würde (VfGH 2. Juli 2015, G303/2015; VfSlg 19.178/2010).
Die Immunität der IAEO ergibt sich nicht nur aus dem angefochtenen ArtVIII Abschnitt 19 IAEO-Amtssitzabkommen, sondern auch aus ArtXV der Statuten der Internationalen Atomenergiebehörde, BGBl Nr 216/1957, welcher der IAEO in jedem Mitgliedstaat, so auch in Österreich, jene Rechte, Privilegien und Immunitäten gewährt, deren sie bedarf, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Privilegien und Immunitäten umfassen nach allgemeiner völkerrechtlicher Praxis jedenfalls auch die Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit hinsichtlich des Vollzugs der von den internationalen Organisationen erlassenen internen Vorschriften, einschließlich ihres internen Arbeitsrechts, durch die Organisationen (s. Punkt. 1.1.4). Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat, stellt die Ausstattung internationaler Organisationen mit Vorrechten und Immunitäten ein unverzichtbares Mittel dar, um derart die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit solcher Organisationen, frei von einseitigem Einfluss einzelner Regierungen, sicherzustellen (Urteil vom 18. Februar 1999, Appl. 26083/94, Waite und Kennedy gg. Deutschland (GK), Rz. 63).
Die Aufhebung bloß des Abschnitts 19 IAEO Amtssitzabkommen würde somit nichts an der Immunität der IAEO und somit an der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit ändern. Der Antrag wäre daher nach Auffassung der Bundesregierung als unzulässig zurückzuweisen."
3.2. In der Sache hält sie den von der Antragstellerin erhobenen Bedenken Folgendes entgegen (ohne die Hervorhebungen im Original):
"III.
Zu den vorgebrachten Bedenken:
1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Dasselbe gilt gemäß Art140a B VG für einen Antrag auf Feststellung der Rechtwidrigkeit eines Staatsvertrags. Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
2. Die Antragstellerin behauptet eine Verletzung ihres Rechts auf Zugang zu einem Gericht sowie auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK, weil die von der IAEO getroffenen internen Maßnahmen, also das JAB, die Entscheidungen durch den Generaldirektor sowie das ILOAT, keine geeigneten Maßnahmen mit Gerichtsqualität darstellten. Wesentliche Kriterien für die Zuerkennung der Gerichtseigenschaft an das JAB seien nicht gegeben: keine Akteneinsicht, keine mündliche Verhandlung, kein Frage- oder Nominierungsrecht von Auskunftspersonen, keine rechtskundigen Mitglieder (Antrag, S. 7, 11). Bereits vor dem JAB würde es zu unzumutbar langen Verfahren kommen. Schon das Fehlen der Gerichtseigenschaft der ersten Instanz müsse die Aberkennung der Immunität zur Folge haben (Antrag, S. 11ff). Auch vor dem ILOAT gäbe es keine volle Akteneinsicht, eine unzumutbar lange Verfahrensdauer und würden keine mündlichen Verhandlungen abgehalten (Antrag, S. 7, 14ff).
3. Die Bundesregierung hält diese Bedenken nicht für begründet:
3.1.1. EMRK-Vertragsparteien ist es nicht untersagt, Hoheitsrechte an internationale Organisationen zu übertragen. Die Vertragsparteien können sich dadurch jedoch nicht aller ihrer Verpflichtungen nach der EMRK entledigen. Solange davon ausgegangen werden kann, dass die betreffende internationale Organisation in vergleichbarer Weise die Grundrechte schützt, besteht die Vermutung, dass der Staat nicht gegen seine Verpflichtungen aus der EMRK verstößt, wenn er seine Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft zur jeweiligen internationalen Organisation erfüllt. Eine solche Vermutung kann widerlegt werden, wenn im Licht der Umstände des konkreten Falls der Schutz der EMRK als offenkundig unzulänglich ('manifestly deficient') betrachtet werden muss (EGMR, Urteil vom 31. Mai 2007, Appl. 45036/98, Bosphorus Hava Yolları Turizm ve Ticaret Anonim Şirketi gg. Irland (GK), Rz. 152ff). Dabei ist hinsichtlich von internationalen Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die nicht selbst Vertragsparteien der EMRK sind, ein geringerer Standard anzulegen als hinsichtlich von Vertragsstaaten der EMRK: Es ist nur zu prüfen, ob ein Staat bei der Übertragung von Befugnissen an eine internationale Organisation in gutem Glauben davon ausgehen konnte, dass die internen Rechtsschutzmechanismen der Organisation nicht offenkundig unzulänglich sind (EGMR, Urteil vom 12. Mai 2009, Appl. 10750/04, Gasparini gg. Italien und Belgien).
3.1.2. Die Ausstattung internationaler Organisationen mit Vorrechten und Immunitäten stellt ein unverzichtbares Mittel dar, um die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit solcher Organisationen, frei von einseitigem Einfluss einzelner Regierungen, sicherzustellen. Dies ist dann mit Art6 Abs1 EMRK vereinbar, wenn dem Einzelnen zum wirksamen Schutz seiner von der EMRK gewährleisteten Rechte angemessene andere Mittel ('reasonable alternative means') zur Verfügung stehen (EGMR, Urteil vom 18. Februar 1999, Appl. 26083/94, Waite und Kennedy gg. Deutschland (GK), Rz. 59ff; Urteil vom 18. Februar 1999, Beer und Regan gg. Deutschland (GK), Appl. 28934/95, Rz. 58ff; vgl. auch Urteil vom 12. Juli 2001, Appl. 42527/98, Prinz Hans-Adam II von Liechtenstein gg. Deutschland (GK), Rz. 48; alle das Vorhandensein alternativer Streitbeilegungsmechanismen bejahend). Soweit ersichtlich gibt es bislang keine Urteile, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Vereinbarkeit der Immunität einer internationalen Organisation mit Art6 EMRK verneint hätte (vgl. Ryngaert , Belgium, in Reinisch [Hrsg.], The Privileges and Immunities of International Organizations in Domestic Courts, 2013, 55, 70).
3.1.3. Weder nach dem Urteil Gasparini noch nach dem das Urteil Waite and Kennedy und den Folgeurteilen muss der alternative Rechtsschutz einer internationalen Organisation, um deren Immunität von der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit zu rechtfertigen, jenes Schutzniveau erreichen, wie es Art6 EMRK für das innerstaatliche Rechtsschutzsystem verlangt.
3.2. Die Antragstellerin behauptet, dass schon das Fehlen der Gerichtseigenschaft des JAB die Aberkennung der Immunität zur Folge haben müsse. Diese Behauptung ist jedoch nicht zutreffend:
3.2.1. Nach Art6 EMRK reicht es aus, wenn in einem Verfahrensgang ein Gericht entscheidet. Art6 EMRK, dessen Vorgaben – wie soeben ausgeführt – überdies nur in verringerter Kontrolldichte zur Anwendung kommen, begründet keinen Anspruch auf ein Rechtsmittel gegen eine erstinstanzliche Entscheidung und damit auch keine Verpflichtung, Berufungs- oder Revisionsgerichte einzurichten (vgl. Grabenwarter , in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [8. Lfg 2007], Art6 EMRK, Rz. 77; Frowein/Peukert , Europäische Menschenrechtskonvention [2009], Artikel 6 Rz. 93).
3.2.2. Bedienstete und ehemalige Bedienstete der IAEO haben aber das Recht, in Streitsachen zwischen ihnen und der IAEO nach Erschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens das ILOAT anzurufen. Der Generaldirektor bzw. das diesen in Bezug auf Beschwerden beratende JAB unterliegen somit der überprüfenden Kontrolle des ILOAT. Das Verfahren vor dem ILOAT ist vom internen Beschwerdeverfahren unabhängig. Das ILOAT entscheidet aufgrund rechtlich festgelegter Kompetenzen und im Rahmen eines rechtlich geordneten Verfahrens ausschließlich nach Maßgabe von Rechtsnormen und -grundsätzen.
3.2.3. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hält das Beschwerdeverfahren vor dem ILOAT für rechtsstaatlich unbedenklich:
In seinem Beschluss vom 10. November 1981, Hetzel gegen EUROCONTROL, 2 BvR 1058/79, BVerfG 59,63, hat das Bundesverfassungsgericht die Angemessenheit des ILOAT im Lichte der Mindestanforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens geprüft. Laut Bundesverfassungsgericht entsprechen Status und Verfahrensgrundsätze des Gerichts einem internationalen Mindeststandard an elementarer Verfahrensgerechtigkeit, wie er sich aus entwickelten rechtsstaatlichen Ordnungen und aus dem Verfahrensrecht internationaler Gerichte ergibt; sie widersprechen insgesamt auch nicht rechtsstaatlichen Mindestanforderungen im Sinne des Grundgesetzes.
Diese Rechtsprechung wurde in späteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bestätigt, sh. etwa den Beschluss vom 28. November 2005, 2 BvR 1751/03. Im Beschluss 2 BvR 1458/03 vom 3. Juli 2006 hinsichtlich der Europäischen Patentorganisation führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass im konkreten Fall zwar der von den internen Beschwerdeausschüssen gewährte Rechtsschutz der Bediensteten des Europäischen Patentamtes (ein Organ der Europäischen Patentorganisation) nach Art106 ff. des Beamtenstatuts zur Diskussion stehe. Gemäß Art13 Abs1 Europäisches Patentübereinkommen hätten Bedienstete und ehemalige Bedienstete des Europäischen Patentamtes jedoch das Recht, in Streitsachen zwischen ihnen und der Europäischen Patentorganisation nach Erschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens das ILOAT anzurufen. Das Verfahren vor dem ILOAT sei vom internen Beschwerdeverfahren unabhängig. Das ILOAT entscheide aufgrund rechtlich festgelegter Kompetenzen und im Rahmen eines rechtlich geordneten Verfahrens ausschließlich nach Maßgabe von Rechtsnormen und -grundsätzen die ihm unterbreiteten Verfahrensgegenstände.
Seine Richter seien gemäß ArtIII des ILOAT-Statuts zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. Dementsprechend habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Status und Verfahrensgrundsätze des ILOAT sowohl dem internationalen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit als auch den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen des Grundgesetzes genügen.
3.2.4. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verweist im Urteil vom 16. Juni 2009, Appl. 40.382/04, Rambus Inc. gegen Deutschland, auf diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes: Es würde keinen 'Anlass zu einer Abweichung von der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts geben [...], dass der Schutz von Grundrechten im Rahmen der Europäischen Patentorganisation im Wesentlichen grundgesetzlichen Maßstäben entspreche'.
3.2.5. Der Vollständigkeit halber weist die Bundesregierung darauf hin, dass sich die Antragstellerin zu Unrecht auf zwei niederländische Gerichtsurteile beruft, um die Qualifikation des ILOAT-Verfahrens als angemessenen alternativen Rechtsschutz in Zweifel zu ziehen (Antrag, S. 12f). Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Den Haag vom 16. Juli 2013, Verveer gg. EPO, wurde vom Regionalberufungsgericht Den Haag mit Urteil vom 30. September 2014 aufgehoben. Die Immunität der EPO wurde von diesem Gericht ua. mit dem Hinweis bestätigt, dass die niederländischen Gerichte Zurückhaltung bei der Feststellung üben müssten, dass ein alternatives Streitbeilegungsmittel nicht den Kriterien des Art6 EMRK entspreche. Gegen das Urteil des Gerichtshofs Den Haag vom 17. Februar 2015, SUEPO gg. EPO, in welchem die Immunität der EPO zunächst nicht anerkannt wurde, wurde Berufung erhoben. Eine Entscheidung des niederländischen Höchstgerichts liegt derzeit noch nicht vor. Auch daraus kann die Antragstellerin somit nichts gewinnen.
3.3. Die Antragstellerin kann auch nicht darlegen, dass das Verfahren vor dem ILOAT in der Praxis offenkundig unzulänglich im Sinne des Urteils Gasparini wäre:
Wie die Antragstellerin auch selbst zugesteht, nimmt das ILOAT seine Kontrollbefugnis regelmäßig war (Antrag, S. 9 zum Vorwurf der langen Verfahrensdauer vor dem JAB). Wenn in den vorgeschalteten internen Verfahren der IAEO somit Verfahrensmängel gibt, werden diesen durch das ILOAT in ständiger Rechtsprechung aufgegriffen (s. auch Antrag, Beilage J, Urteil ILOAT Nr 3490). Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben elf Verfahren beim ILOAT anhängig gemacht, von denen bisher fünf entschieden wurden. In mehreren Beschwerdepunkten hat das ILOAT der Antragstellerin auch Recht gegeben und Kosten- bzw. Schadenersatz angeordnet (s. Antrag, S 23 ff).
Wenn die Antragstellerin beklagt, dass Verfahren ab Erstantragstellung 10 Jahre oder länger dauern können (Antrag, S. 18), ist auf ihre eigenen Angaben zu verweisen (Antrag, S. 23 ff), wonach die sie betreffenden Verfahren vor dem ILOAT ca. 2 bis 3 Jahre dauerten. Ihre noch nicht abgeschlossenen Verfahren wurden zwischen 24. September 2013 und 2. Mai 2014 eingebracht, sodass zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
3.4. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geht die Bundesregierung daher davon aus, dass die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens vor dem ILOAT gegen Entscheidungen der IAEO ein 'angemessenes anderes Mittel' im Sinne des Urteils Waite and Kennedy darstellt, sodass die Republik Österreich bei der Übertragung von Befugnissen auf die IAEO durch das IAEO-Amtssitzabkommen in gutem Glauben davon ausgehen konnte, dass das interne Rechtsschutzsystem der IAEO im Sinne des Urteils Gasparini nicht offenkundig unzulänglich ist. Die Immunität der IAEO von der inländischen Gerichtsbarkeit ist daher mit Art6 EMRK vereinbar.
4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass ArtVIII Abschnitt 19 des Amtssitzabkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation, BGBl Nr 82/1958, nach Auffassung der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist."
3.3. Der Verfassungsgerichtshof forderte die Bundesregierung mit Schreiben vom 5. Jänner 2016 auf, eine ergänzende Äußerung in Bezug auf die Auslegung des ArtXV der Statuten der IAEO zu erstatten, insbesondere zur Frage, ob die entsprechenden Rechte, Privilegien und Immunitäten der IAEO bereits unmittelbar auf Grund der Bestimmungen in litA. und B. des ArtXV der Statuten der IAEO abzuleiten sind, oder ob es dafür eines weiteren (gesonderten) Abkommens zwischen der IAEO und der Republik Österreich auf Basis des ArtXV litC. der Statuten der IAEO bedarf (wie etwa in Form des ArtVIII Abschnitt 19 Amtssitzabkommen).
3.4. Die Bundesregierung erstattete daraufhin eine ergänzende Äußerung, in der sie weiterhin von der Unzulässigkeit des Antrags wegen zu enger Anfechtung der als verfassungswidrig erachteten staatsvertraglichen Bestimmungen ausgeht und ihre Auffassung näher begründet:
"[…]
2. Sowohl aus dem Wortlaut der deutschen Übersetzung als auch aus jenem der – authentischen (vgl. ArtXXIII Statuten IAEO) – englischen und der französischen Fassung ergibt sich eindeutig, dass die Privilegien und Immunitäten bereits unmittelbar durch ArtXV litA Statuten IAEO zuerkannt werden (arg. 'genießt', 'shall enjoy', 'jouit').
3. Dabei handelt es sich nicht um ein Spezifikum der Internationalen Atomenergie-Organisation; vielmehr entspricht dies der Rechtspraxis in Bezug auf internationale Organisationen:
Regelmäßig enthalten bereits die Gründungsübereinkommen bzw. Statuten internationaler Organisationen allgemeine Bestimmungen darüber, dass diese Organisationen Privilegien und Immunitäten genießen. Die Privilegien und Immunitäten der Organisationen sind grundsätzlich unmittelbar aus den relevanten Bestimmungen der Gründungsübereinkommen bzw. Statuten abzuleiten (vgl. Stellungnahme des Rechtsberaters der Vereinten Nationen vom 6. Dezember 1967, abgedruckt in: United Nations Juridical Yearbook 1967, S 311-314, Abs9 und 13, betreffend Art105 der Satzung der Vereinten Nationen, BGBl Nr 120/1956, und das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946, BGBl Nr 126/1957 (Beilage); sh. auch Seidl-Hohenveldern/Loibl , Das Recht der Internationalen Organisationen, 7. Aufl. [2000] Rz. 1902).
4. Die bereits in den Gründungsübereinkommen bzw. Statuten internationaler Organisationen enthaltenen allgemeinen Bestimmungen darüber, dass diese Organisationen Privilegien und Immunitäten genießen, werden regelmäßig durch einen separaten Anhang oder ein weiteres Abkommen ergänzt (vgl. ArtXV litC Statuten IAEO).
In einem solchen separaten Abkommen, wie es etwa auch das IAEO-Amtssitzabkommen darstellt, werden die Details der Privilegien und Immunitäten festgelegt. Dadurch sollen im Einzelfall Unklarheiten vermieden werden, welcher Rechte, Privilegien und Immunitäten die IAEO 'bedarf, um ihre Aufgaben zu erfüllen'. Solche Unklarheiten könnten insbesondere in Randbereichen der nach allgemeiner völkerrechtlicher Praxis anerkannten Privilegien und Immunitäten auftreten, wie etwa hinsichtlich der Frage, wie viele der hohen Beamten Diplomatenstatus (eine rote Legitimationskarte) erhalten oder ob dazu auch eine Befreiung von der Besteuerung der Pensionen zählt.
Die Immunität internationaler Organisationen von der staatlichen Gerichtsbarkeit hinsichtlich des Vollzugs der internen Vorschriften, einschließlich ihres internen Arbeitsrechts, gehört aber zum unbestrittenen Kernbereich der Immunitäten jeder internationalen Organisation. Dies hat der EGMR in seinem Urteil im Fall Watte and Kennedy anerkannt (Urteil vom 18. Februar 1999, Appl. 26083/94, Waite und Kennedy gg. Deutschland (GK)).
5. Ergänzend weist die Bundesregierung darauf hin, dass sogar die Rechtsmeinung vertreten wird, dass internationale Organisationen in diesem Kernbereich auch ohne Vorliegen eines völkerrechtlichen Abkommens, bereits aufgrund des Völkergewohnheitsrechts Immunität genießen ( Seidl-Hohenveldern/Loibl , Das Recht der Internationalen Organisationen, Rz 1905, 1906a; in diesem Sinne sh. auch die o.z. Stellungnahme des Rechtsberaters der Vereinten Nationen vom 6. Dezember 1967, Abs13: 'Certain of the privileges and immunities [...] are defined in the Convention, whose standards and principles have been so widely accepted as to become a part of the general international law governing the relations between States and the United Nations.').
6. Zusammengefasst ergibt sich aus der Wortauslegung des ArtXV litA Statuten IAEO (unter Berücksichtigung authentischer Fassungen) im Lichte der Völkerrechtspraxis, dass die Immunität der Internationalen Atomenergie-Organisation von der staatlichen Gerichtsbarkeit hinsichtlich des Vollzugs der von ihr erlassenen internen Vorschriften, einschließlich ihres internen Arbeitsrechts, (auch) unmittelbar in dieser Bestimmung ihres Statuts begründet ist.
7. Die Bundesregierung hält daher an ihrer Auffassung fest, dass durch die beantragte Feststellung der Verfassungswidrigkeit bloß des ArtVIII Abschnitt 19 IAEO-Amtssitzabkommen die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden könnte und der Antrag daher aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen wäre."
IV. Erwägungen
Der Antrag ist unzulässig.
1. Dem mit BGBl I 114/2013 in das B VG eingefügten, mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen Art140 Abs1 Z1 litd iVm Art140a B VG zufolge erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines rechtswidrigen Staatsvertrages in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
1.1. Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist – entsprechend der Formulierung des Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", somit eines (gemäß §62a Abs1 erster Satz VfGG rechtzeitigen und auch sonst zulässigen) Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtmittels gestellt werden, was §62a Abs1 erster Satz VfGG dahin präzisiert, dass der Parteiantrag "gleichzeitig" mit dem Rechtsmittel gestellt werden muss.
1.2. Dem Erfordernis der Gleichzeitigkeit hat die Antragstellerin dadurch entsprochen, dass sie den vorliegenden Parteiantrag und den Rekurs gegen den Beschluss des ASG vom 15. September 2015, zugestellt am 18. September 2015 am selben Tag erhob und einbrachte (vgl. VfGH 3.7.2015, G46/2015; 8.10.2015, G264/2015).
1.3. Das ASG hat im Rahmen der Aktenvorlage an den Verfassungsgerichtshof am 21. Oktober 2015 die Zulässigkeit des am 1. Oktober 2015 erhobenen Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des ASG vom 15. September 2015 bejaht. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des ASG vom 15. September 2015 zulässig ist.
1.4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 19.832/2013, 19.892/2014, VfGH 9.12.2015, G165/2015), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013, VfGH 9.10.2015, G152/2015). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013, VfGH 9.12.2015, G433/2015).
1.5. Ein Gesetzesprüfungsantrag ist unter anderem nur dann zulässig, wenn die behauptete Verfassungswidrigkeit mit einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm beseitigt würde (vgl. etwa VfSlg 16.191/2001, 19.178/2010 und VfGH 2.7.2015, G303/2015).
Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungs-gerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).
Alle diese für das Verfahren nach Art140 B VG aufgestellten Grundsätze gelten ebenso für das Verfahren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen gemäß Art140 a B VG.
1.6. Der (Haupt-) Antrag und der Eventualantrag sind zu eng gefasst:
Die Antragstellerin begehrt in ihrem Antrag gemäß Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B VG die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des ArtVIII Abschnitt 19 – in eventu nur dessen ersten Satzes – des Amtssitzabkommens mit der Begründung, dass die angefochtene Bestimmung der beklagten Partei im von der Antragstellerin angestrengten Gerichtsverfahren absolute Immunität ohne Rücksicht auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Antragstellerin auf ein faires Gerichtsverfahren iSd Art6 EMRK einräume.
Die von der Antragstellerin gemäß Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B VG begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des ArtVIII Abschnitt 19 des Amtssitzabkommens bzw. in eventu (bloß) dessen ersten Satzes würde allerdings nicht zur Beseitigung der Rechtswidrigkeit führen:
Die Einrichtung der Internationalen Atomenergiebehörde ging im Rahmen eines multilateralen völkerrechtlichen Vertrags vonstatten, der am 26. Oktober 1956 von 81 Staaten – darunter Österreich – in New York einstimmig beschlossen wurde und am 29. Juli 1957 in Kraft trat. Die Kundmachung dieses Vertrags – der Statuten der Internationalen Atomenergiebehörde – erfolgte am 15. Oktober 1957 im BGBl 216/1957. Das Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergiebehörde wurde in der Folge am 11. Dezember 1957 in Wien unterzeichnet und mit BGBl 82/1958 am 21. April 1958 kundgemacht.
Beide Staatsverträge enthalten Bestimmungen über die Immunität der IAEO, wobei die Antragstellerin ihre verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art6 EMRK lediglich auf das – später in Kraft getretene – Amtssitzabkommen (ArtVIII Abschnitt 19) stützt.
Die Immunität der IAEO, die sich nicht nur auf hoheitliche Akte (vgl. Seidl-Hohenveldern , Das Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der Supranationalen Gemeinschaften 2 , 1971, Rz 1907; Novak/Reinisch , Privilegien und Immunitäten internationaler Organisationen in der Rechtsprechung österreichischer Gerichte, ÖJZ2013, 492 [499]; siehe auch OGH 21.11.1990, 9 Ob A244/90; 11.6.1992, 7 Ob 627/91; 14.12.2004, 10 Ob 53/04y; 1.12.2005, 6 Ob 150/05k) bezieht, wird, wie generell bei Internationalen Organisationen, bereits in ihren – (auch) von Österreich am 26. April 1957 ratifizierten – völkerrechtlichen Statuten in ArtXV festgelegt (vgl. Matscher , in: Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze³ I , 2013, ArtIX EGJN Rz 289).
Die nähere Ausgestaltung der bereits auf Grund der Statuten der IAEO eingeräumten Immunität kann im Rahmen besonderer Abkommen – mit dem Sitzstaat, wie im konkreten Fall, in der Regel durch Amtssitzabkommen – erfolgen. Diese Amtssitzabkommen stellen leges speciales im Verhältnis zu den allgemeinen Abkommen – im vorliegenden Fall den Statuten der IAEO – dar. Die immunitätsrechtlichen Regelungen der allgemeinen Abkommen bleiben daneben aufrecht ( Matscher , aaO, Rz 315).
Der Vollzug arbeitsrechtlicher Vorschriften gehört – wie die Bundesregierung zutreffend ausführt – zum Kernbereich der Immunität internationaler Organisationen (vgl. auch ArtVII E. der Statuten der IAEO), weshalb der Antragstellerin als Dienstnehmerin der IAEO der Rechtszug zu den innerstaatlichen Gerichten somit (nicht erst durch die angefochtene Bestimmung des Amtssitzabkommens, sondern) schon auf Grund des ArtXV A. der Statuten der IAEO verwehrt ist (vgl. allgemein dazu Seidl-Hohenveldern , aaO, Rz 1351).
Aus all dem folgt, dass die von der Antragstellerin behauptete Verfassungswidrigkeit der Immunität der IAEO (und die daraus abgeleitete Befreiung von innerstaatlicher Jurisdiktion) im Falle der alleinigen Feststellung der Rechtswidrigkeit des ArtVIII Abschnitt 19 Amtssitzabkommen und des Ausspruches, dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden sei, in Hinblick auf ArtXV A. der Statuten der IAEO weiterhin bestehen bliebe. Der von der Antragstellerin gewählte Anfechtungsumfang ist daher zu eng gewählt.
1.7. Der Antrag erweist sich aus diesem Grund als unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.