JudikaturVfGH

G542/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 2016

Spruch

Begründung

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl G378/2015 ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützter Antrag anhängig, mit dem die Antragstellerin begehrt, §63 AußStrG idF BGBl I 52/2009 und in §62a Abs1 Z4 VfGG idF BGBl I 92/2014 die Wortfolge "§52 Abs1 WEG 2002" als verfassungswidrig aufzuheben. Der Antrag wurde aus Anlass einer Zulassungsvorstellung verbunden mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen einen Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gestellt. Mit dem Sachbeschluss wurde der Rekurs gegen eine Abweisung eines Antrages auf Abrechnungsüberprüfung nach §§20 Abs3 und 34 Abs3 iVm 52 Abs1 Z6 WEG 2002 gegen die Hausverwaltung für das Abrechnungsjahr 2009 abgewiesen.

2. Bei der Behandlung des Antrages nach Art140 Abs1 Z1 litd B VG sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "§52 Abs1 WEG 2002" in §62a Abs1 Z4 VfGG idF BGBl I 92/2014 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 8. Oktober 2015 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken entgegengentritt. Die Bundesregierung beantragt, die in Prüfung gezogene Wortfolge nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Für den Fall der Aufhebung wird beantragt, eine Frist für das Außerkrafttreten von einem Jahr zu bestimmen.

4. Die Antragstellerin im Anlassverfahren vor dem ordentlichen Gericht erstattete eine Äußerung, in der sie vorbrachte, dass die Wortfolge "§52 Abs1 WEG 2002" in §62a Abs1 Z4 VfGG als verfassungswidrig aufzuheben sei.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §62a Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 85, in der Fassung des Artikel 1 des Bundesgesetzes, mit dem das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden, BGBl I 92/2014, lautet auszugsweise (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§62a. (1) Eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gleichzeitig einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben (Art140 Abs1 Z1 litd B VG). Die Stellung eines solchen Antrages ist unzulässig:

1.-3. […]

4. im Verfahren gemäß §37 Abs1 MRG, §52 Abs1 WEG 2002 und §22 Abs1 WGG;

5.-10. […]"

2. Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 2015 (VfGH 1.10.2015, G346/2015) wurde die Wortfolge "§37 Abs1 MRG," in §62a Abs1 Z4 VfGG wegen Verstoßes gegen Art140 Abs1a erster Satz B VG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Kundmachung über die Aufhebung der Wortfolge in §62a Abs1 Z4 VfGG erfolgte mit 28. Oktober 2015. §62a Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 85, idF BGBl I 124/2015, lautet nun auszugsweise wie folgt:

"§62a. (1) Eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gleichzeitig einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben (Art140 Abs1 Z1 litd B VG). Die Stellung eines solchen Antrages ist unzulässig:

1.-3. […]

4. im Verfahren gemäß §52 Abs1 WEG 2002 und §22 Abs1 WGG;

5.-10. […]"

III. Einstellung

1. Der Verfassungsgerichtshof ist in dem dem vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren zugrunde liegenden Einleitungsbeschluss vom 8. Oktober 2015 davon ausgegangen, dass §62a Abs1 Z4 VfGG idF BGBl I 92/2014 in dem Anlassverfahren präjudiziell ist.

2. Die Bestimmung wurde durch die Kundmachung vom 28. Oktober 2015, BGBl I 124/2015, jedoch verändert. Diese Fassung ist für die Beurteilung des in dem Anlassfall anhängigen Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG maßgeblich. Die Beurteilung des Anlassfalles hat nun auf Grund des §62a Abs1 Z4 VfGG, idF BGBl I 124/2015, zu erfolgen, und nur diese Bestimmung ist präjudiziell iSd Art140 Abs1 B VG (vgl. VfSlg 11.401/1987), nicht aber die Bestimmung in der Fassung, in der sie in Prüfung gezogen wurde. Aus diesem Grund ist das Gesetzesprüfungsverfahren einzustellen (siehe aber VfGH 25.2.2016, G378/2015).

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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