A5/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
1. Die Einschreiterin beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Klage gemäß Art137 B VG gegen das Land Wien wegen EUR 51.379,96. Wie aus vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bekannt ist, hat die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) der Einschreiterin nach Nichtigerklärung des zwischen ihr und ihrem verstorbenen Gatten ergangenen Scheidungsurteils mit Bescheiden vom 30. Juli 2007 und 14. September 2007 mit Wirkung vom 1. Mai 1992 rückwirkend eine Witwenpension samt Ausgleichszulage zuerkannt. Sie erhielt eine Nachzahlung an Witwenpension und Ausgleichszulage in Höhe von insgesamt EUR 92.338,01, wovon die PVA EUR 41.803,04 netto an die Antragstellerin überwiesen hat. Die Einschreiterin hatte in Zeiträumen, für die ihr nachträglich Leistungen der Pensionsversicherung zuerkannt wurden, ua. Geldleistungen nach dem Wr. Sozialhilfegesetz (WSHG), LGBl für Wien 11/1973 idF LGBl für Wien 3/2009, bezogen. Der Teilbetrag der Pensionsnachzahlung von EUR 50.534,97 wurde aufgrund der in dieser Höhe erhobenen Ersatzforderung der MA 15 vom 9. Oktober 2007 gemäß §324 iVm §327 ASVG an den Magistrat der Stadt Wien für das Land Wien als Träger der Sozialhilfe überwiesen (siehe VfSlg 19.614/2012).
2. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.614/2012 ausgesprochen hat, kann ein Streit um die ordnungsgemäße Auszahlung (Liquidierung) von bescheidmäßig rechtskräftig zuerkannten Pensionsansprüchen der gesetzlichen Sozialversicherung – anders als ein Liquidierungsstreit aus öffentlich-rechtlichen Dienst- und Pensionsverhältnissen – nicht nach Art137 B VG vor den Verfassungsgerichtshof gebracht werden, da sich der Anspruch nicht gegen eine der in Art137 B VG genannten Gebietskörperschaften richtet. Soweit ein Pensionsbezieher der Meinung ist, ihm sei ein rechtskräftig zuerkannter Pensionsanspruch nicht ordnungsgemäß ausgezahlt worden, ist daher weder ein Bescheid des Sozialversicherungsträgers zu erlassen noch das Arbeits- und Sozialgericht anrufbar, sondern gegebenenfalls der Exekutionsweg zu beschreiten. Wird aber die Gebührlichkeit des gemäß §324 iVm §327 ASVG von der Pensionsnachzahlung abgezogenen Ersatzanspruches des Sozialhilfeträgers dem Grunde oder der Höhe nach vom Sozialhilfebezieher bestritten, so trifft den Sozialhilfeträger die Verpflichtung zur Erlassung eines Bescheides über diesen Ersatzanspruch, der sodann im Rechtsweg vom Sozialhilfebezieher bekämpft werden kann.
1. Gemäß Art137 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Über die Höhe des gegenüber der Antragstellerin geltend gemachten, von ihr aber bestrittenen Ersatzanspruches gemäß §324 ASVG hat nach der wiedergegebenen Rechtsprechung der Sozialhilfeträger mit Bescheid abzusprechen. Der vom Sozialhilfeträger geltend gemachte Ersatzanspruch war durch den Pensionsversicherungsträger auf Grund eingetretener Legalzession durch Überweisung der der Antragstellerin zuerkannten Pensionsnachzahlung auf Rechnung der Antragstellerin getilgt worden. Daher wäre der Sozialhilfeträger im Bescheid über den Ersatzanspruch in jenem Ausmaß, als darin der Ersatzanspruch nachträglich allenfalls als nicht zu Recht bestehend erkannt wird, auch zur Rückzahlung der von der Pensionsversicherungsanstalt überwiesenen Pensionsnachzahlung an die Antragstellerin zu verpflichten.
Da diese Angelegenheit somit durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, wäre der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über die von der Antragstellerin beabsichtigte Klage nicht zuständig.
2. Gemäß dem nach §35 Abs1 VfGG sinngemäß anzuwendenden §63 Abs1 ZPO ist einer Partei Verfahrenshilfe so weit zu bewilligen, als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Letzteres ist aber aus oben angeführtem Grund der Fall: Eine beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Klage gegen das Land Wien wäre aus dem Grunde der offenbaren Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen da der geltend gemachte Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint daher als offenbar aussichtslos.
3. Der Antrag ist sohin mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.