JudikaturVfGH

E1857/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2015

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Mali, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13. Juni 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Reiseweg stellte das Bundesasylamt am 18. Juni 2013 an Italien ein Ersuchen um Aufnahme des Beschwerdeführers im Sinne des Art17 der Verordnung (EG) Nr 343/2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO). Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 erklärten sich die italienischen Behörden zur Aufnahme des Beschwerdeführers bereit.

1.2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 12. Juli 2013 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß §5 Abs1 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011, als unzulässig zurück und sprach aus, dass gemäß Art10 Abs2 Dublin II-VO Italien für die Führung des Asylverfahrens zuständig sei. Unter einem wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z1 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011, aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien aus und stellte gemäß §10 Abs4 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung dorthin zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. August 2013 gemäß §§5 und 10 leg.cit. als unbegründet ab.

1. Mit Urteil vom 16. Jänner 2014 erkannte das Landesgericht für Strafsachen Wien den Beschwerdeführer 1. wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs1 Z1 achter Fall, Abs3 und Abs4 Z2 SMG iVm §15 StGB sowie 2. des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs1 Z1 erster und zweiter Fall sowie Abs2 SMG für schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren. Der Beschwerdeführer verblieb auch nach Vollzug seiner Strafhaft im Bundesgebiet. Das Landesgericht für Strafsachen Wien sprach den Beschwerdeführer mit Urteil vom 6. Juni 2014 neuerlich 1. wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs1 Z1 achter Fall und Abs3 SMG iVm §15 StGB sowie 2. wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs1 Z1 erster und zweiter Fall sowie Abs2 SMG für schuldig und verurteilte ihn zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von neun Monaten. Zugleich sprach es den Widerruf der Nachsicht des bedingten Teiles der ersten strafgerichtlichen Verurteilung aus.

2. Mit Bescheid vom 3. Oktober 2014 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer von Amts wegen einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§55 und 57 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013 (im Folgenden: AsylG 2005), nicht zu. Gemäß §10 Abs2 AsylG 2005 in Verbindung mit §9 BFA-VG, BGBl I 87/2012, erließ es unter einem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs1 Z1 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013 (im Folgenden: FPG), und stellte gemäß §52 Abs9 FPG fest, dass die Abschiebung gemäß §46 FPG nach Mali zulässig sei. Gemäß §18 Abs2 Z1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gegen den Beschwerdeführer gemäß §53 Abs1 iVm Abs3 Z1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

3. Mit Erkenntnis vom "21. September 2014" (richtig wohl: 21. Oktober 2014) wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, "sofern dieser dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlässt, gemäß §§57 und 55 AsylG 2005, BGBl I Nr 100/2005 (AsylG) idgF sowie §10 Abs2 AsylG 2005 iVm §9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr 87/2012 (BFA-VG), sowie ferner, soweit dieser gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt[,] gemäß §53 Abs1 iVm Abs3 Z1. Fremdenpolizeigesetz" als unbegründet ab (Spruchpunkt A I.). Unter einem fasste das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss, den Bescheid, "soweit dieser feststellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach MALI zulässig sei", zu beheben und die Angelegenheit diesbezüglich an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen (Spruchpunkt A II.).

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht begründet Spruchpunkt A I. seiner Entscheidung damit, dass die in der Dublin II-VO vorgesehene Frist zur Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien "infolge Strafhaft von sechs auf achtzehn Monate" verlängert sei und erst am 2. Jänner 2013 ende. Daraus folge, dass sich das "Asylverfahren zum gegenwärtigen Zeitpunkt als rechtskräftig abgeschlossen erweist und nach wie vor die Zuständigkeit Italiens vorliegt". Da sich der Beschwerdeführer nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und Art8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung nicht entgegenstehe, sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines zehnjährigen Einreiseverbots lägen vor; Gründe für die Erteilung der Aufenthaltstitel nach §§55 und 57 AsylG 2005 seien nicht ersichtlich.

1.4. Soweit das Bundesverwaltungsgericht den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß §46 FPG nach Mali behebt und die Angelegenheit diesbezüglich an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverweist, hält es fest, dass §46 iVm §50 FPG eine Refoulement-Prüfung bedinge und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine aktuellen Länderberichte zu Mali eingeholt habe.

2. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144 B VG erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B VG geltend. Gemäß Art19 Abs4 Dublin II-VO sei die Frist zu seiner Überstellung nach Italien nämlich abgelaufen (was auch nach der inhaltsgleichen Bestimmung des Art29 Abs2 Dublin III-VO der Fall sei), weshalb eine gesetzwidrige Ablehnung der Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens vorliege.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013, lauten:

"Abschiebung

§46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. §97 Abs1 gilt.

(2a) – (6) […]

[…]

Verbot der Abschiebung

§50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr 210/1958, oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art33 Z1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat

§51. (1) Während eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbots, worüber der Fremde zu verständigen ist, ist auf Antrag des Fremden festzustellen, ob die Abschiebung in einen von ihm bezeichneten Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, gemäß §50 unzulässig ist.

(2) Bezieht sich ein Antrag gemäß Abs1 auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen.

(3) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in den Staat gemäß Abs1 nicht abgeschoben werden, es sei denn, der Antrag wäre gemäß §68 Abs1 AVG zurückzuweisen. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Verfahren als gegenstandslos einzustellen.

(4) […]

(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, so dass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hätte. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Antrag darf der Fremde in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag gemäß §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.

(6) […]

8. Hauptstück

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde

1. Abschnitt

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige

Rückkehrentscheidung

§52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§8 Abs3a oder 9 Abs2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) – (8) […]

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß §46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß §46 kann auch über andere als in Abs9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß §9 Abs3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß §9 Abs1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Einreiseverbot

§53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) […]

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. – 8. […]

(4) – (6) […]

[…]

Anordnung zur Außerlandesbringung

§61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß §68 Abs1 AVG oder

2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß §28 AsylG 2005 zugelassen wird."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013, lauten:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art8 EMRK

§55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine 'Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß §9 Abs2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß §14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§5 Abs2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl I Nr 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs1 Z1 vor, ist eine 'Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

[…]

'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz'

§57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß §46a Abs1 Z1 oder Abs1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des §73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§382b oder 382e EO, RGBl. Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) – (4) […]

2. Abschnitt:

Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß §55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des §9 Abs1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. §73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) – (13) […]

[…]

Übergangsbestimmungen

§75. (1) – (22) […]

(23) Ausweisungen, die gemäß §10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2012."

3. Art19 Dublin II-VO lautet:

"Artikel 19

(1) Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme eines Antragstellers zu, so teilt der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, dem Antragsteller die Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen, sowie die Verpflichtung, den Antragsteller an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, mit.

(2) Die Entscheidung nach Absatz 1 ist zu begründen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung ist anzugeben, und gegebenenfalls der Zeitpunkt und der Ort zu nennen, zu dem bzw. an dem sich der Antragsteller zu melden hat, wenn er sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begibt. Gegen die Entscheidung kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Ein gegen die Entscheidung eingelegter Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist.

(3) Die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Asylbewerber ein Laissez-passer nach dem Muster aus, das gemäß dem Verfahren nach Artikel 27 Absatz 2 festgelegt wird.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass der Asylbewerber eingetroffen ist bzw. dass er sich nicht innerhalb der vorgegebenen Frist gemeldet hat.

(4) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn der Asylbewerber flüchtig ist.

(5) Ergänzende Vorschriften zur Durchführung von Überstellungen können gemäß dem Verfahren nach Artikel 27 Absatz 2 erlassen werden."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

4. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Entscheidung mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Schließlich ist von einem willkürlichen Verhalten auch auszugehen, wenn die Rechtslage gröblich bzw. in besonderem Maße verkannt wird (zB VfSlg 18.091/2007, 19.283/2010 mwN, 19.475/2011).

5. Ein solches willkürliches Verhalten ist dem Bundesverwaltungsgericht vorzuwerfen:

1.1. Das Bundesverwaltungsgericht geht in der Begründung zu Spruchpunkt A I. seiner Entscheidung pauschal davon aus, dass der Beschwerdeführer "nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhältig" sei und "nach wie vor die Zuständigkeit der italienischen Republik" zur inhaltlichen Prüfung seines in Österreich gestellten Asylantrags vorliege, weil sich die Überstellungsfrist "von sechs auf achtzehn Monate" verlängert habe und somit zum Entscheidungszeitpunkt noch laufe.

Dabei lässt das Bundesverwaltungsgericht unberücksichtigt, dass eine Verlängerung der Überstellungsfrist von sechs auf höchstens achtzehn Monate gemäß Art19 Abs4 Dublin II-VO nur erfolgen kann, "wenn der Asylbewerber flüchtig ist". Dass sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich dem fremdenpolizeilichen Zugriff entzogen hätte, legt das Bundesverwaltungsgericht allerdings mit keinem Wort dar. Es fehlt damit eine Auseinandersetzung mit der im vorliegenden Fall entscheidungswesentlichen Frage, ob die Zuständigkeit zur inhaltlichen Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers auf Österreich übergegangen ist. Darüber hinaus lässt das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Begründung der Rechtmäßigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs1 Z1 FPG in Verbindung mit einem auf zehn Jahre befristeten Einreiseverbot gemäß §53 Abs1 und Abs3 Z1 FPG die für Überstellungen nach der Dublin-Verordnung geltende lex specialis des §61 FPG völlig außer Acht.

1.2. In Spruchpunkt A II. seiner Entscheidung behebt das Bundesverwaltungsgericht den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß §46 FPG nach Mali und verweist die Angelegenheit diesbezüglich an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück, weil §46 iVm §50 FPG eine Refoulement-Prüfung bedinge und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine aktuellen Länderberichte zu Mali eingeholt habe. Damit geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig wäre, hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Länderberichte zur aktuellen Situation in Mali eingeholt und würden diese ein in Hinblick auf eine Gefahr der Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nach Art3 EMRK unbedenkliches Bild zeichnen. An diese Rechtsanschauung ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Zuge des weiteren Verfahrens gemäß §28 Abs3 letzter Satz VwGVG gebunden.

Mit der genannten Rechtsanschauung setzt sich das Bundesverwaltungsgericht in denklogischen Widerspruch zu den Ausführungen in Spruchpunkt A I. seiner Entscheidung: Soweit es darin nämlich von der Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens gemäß der Dublin II-VO ausgeht, kann die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Mali unter keinen Umständen zulässig sein. Dies liefe ansonsten darauf hinaus, dass der Beschwerdeführer – der in Italien noch keinen Asylantrag gestellt hat – in jenen Staat abgeschoben werden könnte, in dem er seinem Antrag zufolge verfolgt werde, ohne dass dieser Antrag durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union inhaltlich geprüft worden wäre. Vor dem Hintergrund des von der Dublin II-VO vorgesehenen Systems, wonach der von einem Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gestellte Asylantrag im nach dieser Verordnung zuständigen Mitgliedstaat geprüft werden muss, und der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Italien für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers nach wie vor zuständig sei, ist die Entscheidung, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß §46 FPG nach Mali an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverweist, denkunmöglich.

1.3. Aus diesen Gründen belastete das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Willkür.

IV. Ergebnis

6. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

7. Das angefochtene Erkenntnis ist daher aufzuheben.

8. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

9. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

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