JudikaturVfGH

G142/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
09. April 2015

Spruch

Der Antrag des **** *****, **** ************* ********, **************, **** **********, auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrages auf Aufhebung des §133a StVG als verfassungswidrig, wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit selbst verfasstem, der Sache nach auf Art140 Abs1 Z litc B VG gestütztem Antrag begehrt der in der Justizanstalt Sonnberg angehaltene Antragsteller, §133a Strafvollzugsgesetz (StVG) idF BGBl I 2/2013 als verfassungswidrig aufzuheben. Der Antragsteller erachtet sich durch diese Vorschrift, welche die Möglichkeit des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbotes regelt, für benachteiligt, weil ausschließlich auf Strafgefangene abgestellt werde, gegen die ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot bestehe; "österreichische Strafgefangene", von denen fast keiner nach Verbüßung der Hälfte oder zwei Drittel der Haftstrafe bedingt entlassen werde, würden durch dieses "Sonderrecht für ausländische Strafgefangene" dem Gleichheitssatz widersprechend benachteiligt. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes, seinen Antrag durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen, begehrte der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang.

2. Strafgefangene können gemäß §46 Strafgesetzbuch (StGB) iVm §152 Abs1 StVG von Amts wegen oder auf Antrag unter bestimmten Bedingungen vorzeitig aus der Haft entlassen werden.

Darüber hinaus ermöglicht der mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl I 109/2007, eingefügte und durch BG BGBl I 2/2013 geänderte §133a StVG in Bezug auf Verurteilte, gegen die ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, das vorläufige Absehen vom Strafvollzug.

Die Bestimmung des §133a StVG unterscheidet sich von jener des (undifferenziert für alle Strafgefangene geltenden) §46 Abs1 und 2 StGB über die bedingte Entlassung vor allem durch das Fehlen spezialpräventiver Erfordernisse (vgl. zur Rechtslage vor BGBl I 2/2013 VfSlg 18.503/2008).

3.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 Z1 litc B VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).

3.2. Da §133a StVG auf Personen mit Einreise- oder Aufenthaltsverbot abstellt, scheidet der Antragsteller, der seinem Vorbringen zufolge die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, von vornherein als Normadressat dieser Vorschrift aus; ein Eingriff in seine Rechtssphäre ist daher auszuschließen (so bereits VfSlg 18.503/2008).

3.3. Aber selbst vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller seine Betroffenheit der Sache nach aus dem Fehlen einer Regelung ableitet, die für Personen ohne Einreise- oder Aufenthaltsverbot unter den sonstigen Voraussetzungen des §133a StVG die Möglichkeit des Absehens von der weiteren Strafverbüßung vorsieht, käme ihm eine Antragsbefugnis nach Art140 Abs1 Z1 litc B VG nicht zu:

Er hätte nämlich die Möglichkeit, beim zuständigen Vollzugsgericht (§16 Abs2 Z12 StVG) einen Antrag auf bedingte Entlassung aus der Strafhaft gemäß §46 StGB (iVm §152 Abs1 StVG) – der angesichts der ins Treffen geführten gleichheitsrechtlichen Bedenken gemeinsam mit §133a StVG in den Blick zu nehmen wäre – zu stellen und seine Bedenken dem Vollzugsgericht mit der Anregung auf Einbringung eines Gesetzesprüfungsantrages gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B VG zu unterbreiten. Gleiches trifft im Ergebnis auf eine mögliche (wenngleich aussichtslose) Antragstellung beim Vollzugsgericht (§16 Abs2 Z10 StVG) auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß §133a StVG zu. Auf die materiellen Erfolgschancen einer Antragstellung bzw. eines Rechtsmittels kommt es hiebei nicht an (zB VfSlg 16.134/2001, 17.359/2004). Gemäß Art89 Abs2 B VG wäre das Vollzugsgericht – das die in Rede stehende Regelung (und sei es auch nur im Rahmen der Prüfung der Legitimation des Antragstellers) bei seiner Entscheidung (mit-)heranzuziehen hätte – zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet, sofern es die vom Antragsteller behaupteten gleichheitsrechtlichen Bedenken teilt. Teilte das Vollzugsgericht die Bedenken nicht, hätte der Antragsteller nach Abschluss des Verfahrens in erster Instanz die Möglichkeit, gleichzeitig mit dem gegen die Entscheidung des Vollzugsgerichtes erhobenen Rechtsmittel einen (Partei-)Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG an den Verfassungsgerichtshof zu richten.

Dem Antragsteller stünde also zur Geltendmachung seiner Bedenken ein zumutbarer Weg offen.

3.4. Eine Rechtsverfolgung durch Erhebung eines Individualantrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG beim Verfassungsgerichtshof erscheint somit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage sogar die Zurückweisung eines derartigen Antrages mangels Legitimation zu gewärtigen wäre (VfSlg 18.503/2008).

Der Antrag ist sohin gemäß §20 Abs1a VfGG mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

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