JudikaturVfGH

G125/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
24. November 2014

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art140 B VG begehrt die antragstellende Gemeinde Gams bei Hieflau, §4 Abs2 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), in eventu die Wortfolge "Gams bei Hieflau," in §4 Abs2 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"4.1 Zur – angeblichen – Verbesserung der Handlungsspielräume hinsichtlich der Raum- bzw Siedlungsentwicklung/Siedlungsstrukturen bzw funktionellen Verflechtung:

4.1.1 Ein Kriterium der Gemeindestrukturreform sind zusammenhängende Siedlungsstrukturen. Die ASt hat mit den Fusionspartnergemeinden Landl, Palfau und Hieflau keine zusammenhängenden Siedlungsstrukturen. Solcherart bestehen zwischen den Gemeinden auch entsprechend große Distanzen. Aufgrund der Topographie und der dazwischenliegenden großflächigen Waldgebiete sind zusammenhängende Siedlungsgebiete auch in Zukunft nicht möglich.

Die Entfernung vom Gemeindeamt der ASt zum Gemeindeamt der neuen Gemeinde Landl beträgt 6,3 km. Die Bewohner aus den Ortsteilen Gamsforst und Krautgraben haben jedoch bereits zum Gemeindeamt der ASt Wegstrecken von teilweise mehr als 8,0 km zurückzulegen. Zum Gemeindeamt Landl ergeben sich somit Entfernungen von 15,0 km […].

[…]

4.1.2 Zusätzlich zur Entfernung stellt aber die Straßenverbindung zwischen der ASt und Landl eine besondere Hürde dar: Die B 25 […] führt in diesem Bereich über die Radstatthöhe. Es handelt sich um einen steilen und sehr kurvenreichen Streckenabschnitt, der vor allem im Winter große Probleme bereiten kann.

In den Planungsunterlagen des Landes Steiermark zum Ausbau dieses Straßenstückes aus dem Jahr 1989 findet man folgende Beschreibung:

'Der derzeitige Ausbauzustand ist durch extreme Längsneigungen und durch enge, unübersichtliche Kurven charakterisiert. Bedingt durch den relativ hohen LKW-Anteil bewirken diese Anlagenverhältnisse, insbesondere im Winter, erhebliche Behinderungen im Verkehrsablauf und beeinträchtigen in hohem Maße die Lagegunst der Gemeinde Gams. Vor allem der Übergang Radstatthöhe stellt eine erhebliche Behinderung für die sichere Verkehrsabwicklung dar. Die B 25 steigt aus dem Ortsgebiet Gams mit 16 % auf die flachere Freilandterrasse, bei km 82,0 weiter stark ansteigend durch den Wald zur Radstatthöhe. Die Straße ist in diesem Bereich schmal und wenig sichtig. Die B 25 ist wegen der großen Gefälle nicht wintersicher, bei Sperrung sind große Umwege über die Landesstraße 714 erforderlich. Daraus ergeben sich erhebliche Behinderungen des privaten und gewerblichen Verkehrs.'

Daran hat sich bis heute leider nichts geändert. Von den damaligen Planungsvarianten wurde auf Grund fehlender Finanzmittel keine umgesetzt. Die Bevölkerung der ASt muss daher weiterhin mit diesem, vor allem im Winter, gefährlichen Straßenstück leben.

Darüber hinaus ist das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln ungenügend. Es besteht keine direkte Linie vom Gemeindegebiet der ASt zum neuen Verwaltungszentrum Landl.

Aufgrund der weiten Entfernungen der Orte und den topographischen Gegebenheiten sind Abwasser- und Wasserverbände nicht möglich bzw sinnvoll. Es bestehen keinerlei zusammenhängende lineare Infrastrukturen, wie beispielsweise Gemeindestraßen, Kanal- oder Wasserleitungsnetze oder sonstige gemeinsam mit den anderen Fusionsgemeinden genutzte Infrastrukturen (z.B. Gebäude udgl.).

Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen der ASt und den anderen Fusionsgemeinden ist keineswegs vorhanden. Dies wird insbesondere an der Schulsprengellösung für die geschlossene Volksschule (VS) Palfau deutlich. Hier wurden die Interessen der ASt von den Fusionspartnern völlig ignoriert und die Schüler aus Palfau in die VS Landl eingeschult. Dies obwohl die Entfernung zur VS der ASt (7 km) weitaus näher ist[…] als nach Landl (14 km) und die Palfauer Kinder bereits seit 25 Jahren den Kindergarten der ASt besuchen (gleiches Gebäude wie VS). Sogar in der Arbeitsgruppe des Landes zum Regionalen Bildungsplan, in deren Rahmen die Schulschließungen beraten und festgelegt wurden, ist man grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Kinder der Gemeinde Palfau an der nächstgelegenen Schule im Gemeindegebiet der ASt Aufnahme finden werden. Die Schüler aus Palfau wären künftig für einen sorgenfreien Bestand der VS der ASt von Bedeutung gewesen. Einige politische Akteure in der Region haben aber eine andere Entscheidung getroffen. Diese Vorgangsweise hat in der Bevölkerung die hohe Ablehnung gegen die Fusion noch verstärkt.

4.1.3 Auch die von der berufenen Regierung in das Treffen geführte – angebliche – (funktionelle) Verflechtung trifft tatsächlich nicht zu:

a) Die ASt verfügt in ihrem Gemeindegebiet selbständig über nachstehende Einrichtungen: […] Kindergarten[,] Volksschule[,] Nahversorger[,] Gasthaus[,] Arzt[,] Pfarramt[,] Bank (PSK-Postsparkasse)[,] Apotheke (Hausapotheke)[,] Postpartner

b) Darüber hinaus verfügt die ASt unter anderem noch [über] zusätzlich[e] Einrichtungen: […] eine Kinderarztpraxis[,] eine Tankstelle[,] Autohaus mit Kfz-Werkstätte[,] Schuhfachgeschäft[,] Taxi- und Busunternehmen[,] Tischlerei[,] Sägewerk (20 Mitarbeiter)[,] Reiterhof[,] Bauunternehmung (Zweigstelle)[,] Freibad[,] Schiliftanlage[,] Tennisplätze[,] Museum[,] Lehrpfad[,] Gipskristallhöhle (Schauhöhle)

Die ASt ist daher keinesfalls auf andere Versorgungszentren angewiesen.

4.1.4 Da von einer (funktionellen) Verflechtung der genannten Gemeinden folglich nicht ausgegangen werden kann, können diese Faktoren auch nicht zur Begründung der gegenständlichen Fusion herangezogen werden. Die angedachte Fusion ist somit (auch) aus diesem Grund sachlich nicht gerechtfertigt.

[…]

4.2 Zur finanziellen Lage:

4.2.1 Im Gegensatz zu den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau ist die finanzielle Lage der ASt als an sich finanzschwache Gemeinde dennoch positiv. Solcherart konnten in den Jahren 2011 bis 2013 immer Überschüsse im ordentlichen Haushalt erzielt werden[.]

[…]

4.2.2 Der Verschuldungsgrad der ASt ist im Zeitraum 2008 - 2013 kontinuierlich gesunken und liegt derzeit bei 0,9 %.

[…]

Die mittelfristige Finanzplanung bis 2018 zeigt, dass die ASt bezüglich des Gemeindehaushalts auch in Zukunft keine Probleme mit Abgängen im ordentlichen Haushalt hat. Für die AOH-Vorhaben können noch Fördermittel lukriert und damit ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht werden. Die ASt hat also auch in Zukunft keine Haushaltsprobleme. […]

4.2.3 Die ASt ist in der Lage, die Pflichtausgaben problemlos zu bestreiten[,] und konnte auch immer entsprechende Mittel für die AOH-Vorhaben (Anteilsbeträge) zur Verfügung stellen. Das ist aus dem Wert für die freie Finanzspitze ableitbar, die für das Jahr 2012 EUR 203,00 betrug. Demgegenüber lag der Durchschnittswert der steirischen Gemeinden bei (lediglich) EUR 39,00.

[…]

Der Durchschnittswert der steirischen Gemeinden bei der freien Finanzspitze war in den Jahren 2009 und 2010 sogar negativ. Es ist auch davon auszugehen, dass die freie Finanzspitze der neuen Gemeinde im Minusbereich liegen wird.

[…]

Trotz eher schwacher Finanzkraft schafft die ASt[,] eine weitaus höhere freie Finanzspitze als andere Gemeinden zu erzielen. Zurückzuführen ist das unter anderem auf erheblich geringere Personalkosten.

Die ASt ist darüber hinaus ständig bestrebt, die finanzielle Lage weiter zu verbessern. Ein Vorhaben dazu ist die Errichtung und der Betrieb eines Wasserkraftwerkes, wodurch für die ASt zusätzliche Einnahmen lukriert werden.

4.2.4 Eine Finanzanalyse der BH Liezen untersuchte die finanziellen Auswirkungen einer Gemeindevereinigung im Vergleich zum Status Quo.

Diese Untersuchung ergab, dass die ASt ihre Agenden immer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt hatte und solcherart auch die geringsten Personalkosten verzeichnete. Dadurch standen der ASt auch mehr Eigenmittel zur Verfügung, sodass sie ihre Vorhaben bis dato günstiger, also großteils ohne Aufnahme von Darlehen finanzieren konnte.

Die durchgeführte[n] Analysen im Rahmen der Fusionsüberlegungen mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau haben gezeigt, dass die ASt hinsichtlich der Finanzen zwar die geringste Steuerkraft-Kopfquote aufweist, aber den Haushalt einwandfrei im Griff hat, während die anderen Gemeinden mit zum Teil erheblichen und ständigen Abgängen zu kämpfen haben.

Auszug aus der Finanzanalyse mit den OH-Gesamtsummen Voranschlag 2012:

*Ausgaben ohne Anteilsbeträge für den AOH

4.2.5 Durch die Fusion ist ferner mit keiner Verbesserung bei den Zuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz zu rechnen. Es kommt im Gegenteil sogar insofern zu einer Verschlechterung, als die ASt derzeit einen Zuschuss nach §21 FAG von ca. EUR 38.000,00 erhält. Bei einer Fusion der 4 Gemeinden würde diese Finanzzuweisung nicht mehr zustehen, bzw in einem weitaus geringeren Ausmaß. Hinsichtlich dessen, dass der finanzielle Aufwand für die politischen Organe geringer wird, ist anzumerken, dass sich die Anzahl der Gemeinde Vorstandsmitglieder zwar reduzieren wird und damit auch die Ausgaben für die Aufwandentschädigungen verringert werden. Hinzu kommen aber die Aufwandsentschädigungen für die Ortsteilbürgermeister, die sich auf immerhin mehr als EUR 30.000,00 belaufen werden.

4.2.6 Laut dem Voranschlag für das Jahr 2012 (der Finanzanalyse der BH Liezen) konnten im Gegensatz zu den anderen Fusionspartnern auch bei den Gebühren für Wasserversorgung und Abwasser die weitaus günstigsten Gebührenansätze veranschlagt werden. Durch die geplante Fusion wären die Gemeindebürger der ASt in den kommenden Jahren aufgrund von fusionsbedingt erforderlichen Anpassungen beträchtlichen Gebührenerhöhungen ausgesetzt. Aus allen Gegenüberstellungen ist klar ersichtlich, dass die ASt mit wesentlich geringeren Gebühren (Wasser-, Kanal- und Müllgebühren) die Bürger belastet und die Bereiche aber trotzdem kostendeckend führen kann.

Ab 2014 konnten die Müllabfuhrgebühren sogar um etwa 14 % gesenkt werden.

Gebühren pro Jahr für einen Haushalt mit 4 Personen:

Wasserversorgung:

Kanalgebühren:

Müllabfuhrgebühren:

Bei einer Fusion hätten die Bürger der ASt aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Anpassungen mit wesentlich höhere[n] Abgaben zu rechnen.

4.2.7 Auch die kommunale Infrastruktur wird also bereits jetzt sehr effizient genutzt, was unter anderem aus den sehr niedrigen Personalkosten ableitbar ist. Damit verbunden sind auch die sehr günstigen Gebührensätze für die kommunalen Einrichtungen wie Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Müllabfuhr.

Die ASt verfügt überdies über gewachsene Vereinsstrukturen sowie ehrenamtliche Tätigkeiten, die Zusammenhalt der Bevölkerung der ASt demonstrieren. Die Kabel-TV-Gemeinschaft etwa[…] wurde 1989 gegründet, um den teilweise schlechten Fernsehempfang über eine Kabelanlage zu verbessern. Dabei wurden von den 170 Mitgliedern ca. 6.800 freiwillige Arbeitsleistungen erbracht, um die Baukosten zu minimieren. Dieses Gemeinschaftswerk, bei dem über 36 Kilometer Kabel verlegt wurden, ist ein Vorzeigemodell, was durch Zusammenarbeit in einem kleineren Ort geschaffen werden kann. Derzeit gibt es bereits über 200 Mitglieder. Über das Netz sind inzwischen auch Breitband-Internet und Telefonie und eine große Zahl an Fernsehprogrammen nutzbar.

Mit gleicher Begeisterung und Mithilfe aus der Bevölkerung der ASt wurde etwa 1975 der Sportverein gegründet und die Sportanlage für Fußball-Meisterschaftsspiele errichtet. Ebenso konnte unter tatkräftiger Mithilfe der Bevölkerung der ASt die Errichtung einer Schiliftanlage, der Bau eines Tennisplatzes oder auch die Errichtung des Musikheims und von drei Feuerwehr-Rüsthäusern realisiert werden.

Die ASt wurde für das Engagement und das Wirken auf verschiedenen Ebenen ausgezeichnet: Erst vor kurzem (Mai 2014) erhielt die ASt von Umweltminister Andrä Rupprechter die bundesweite Auszeichnung 'Lehrpfad des Jahres' für den geologischen Lehrpfad 'Geo-Pfad'. In den Jahren 2007 und 2009 wurde die ASt von der Wirtschaftskammer Steiermark als wirtschaftsfreundliche Gemeinde ausgezeichnet.

Eine Auszeichnung für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Umweltkultur wurde der ASt im Jahr 1990 zuerkannt. Damit wurden besondere Leistungen auf dem Gebiet der Umwelt-, Kultur- und Ortsbildpflege von der Bundesjury des Österreichischen Gemeindebundes gewürdigt.

4.2.8 Insgesamt zeigt sich, dass keine Notwendigkeit zur Fusion der ASt mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau besteht. Im Falle einer Fusion würden die Gemeindebürger der ASt zur Mitfinanzierung der hohen Aufwendungen in den anderen Fusionsgemeinden verpflichtet werden. Die Kosten der Fusionsabwicklung würden den prognostizierten (aber von der berufenen Regierung ohnehin nicht in Zahlen erfassten) – finanziellen – Nutzen übersteigen bzw zumindest aufwiegen; die angedachte Fusion ist somit auch diesbezüglich sachlich nicht gerechtfertigt.

[…]

4.3 Zum anhaltenden Widerstand:

4.3.1 Bereits oben wurde erwähnt, dass der allgemein anhaltende Widerstand der Bevölkerung zumindest ein Indiz dafür ist, dass die Gemeindevereinigung unsachlich ist/war.

4.3.2 In [sieben näher bezeichneten Stellungnahmen] kommunizierte die ASt gegenüber der berufenen Regierung stets, dass ihrer Ansicht nach kein Bedarf nach einer Zusammenlegung besteht.

4.3.3 Aufbauend auf die in Punkt 4.3.2 genannten Schritte ergab die im Gemeindegebiet der ASt nach dem Steiermärkischen Volksrechtegesetz durchgeführte Bürgerbefragung vom 20.01.2013 […] eine deutlich ablehnende Haltung der Bevölkerung der ASt hinsichtlich der Fusion mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau. Von insgesamt – zum damaligen Zeitpunkt – 473 Stimmberechtigten stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 68,7 % 280 Bürger (das sind 86,7 %) dafür, dass die Eigenständigkeit der Gemeinde Gams beibehalten bleibt. 43 Bürger (13,3 %) votierten für eine Zusammenlegung. Eine Zusammenlegung mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau wird daher – auch – von der Bevölkerung massiv abgelehnt.

In der anschließend[…] an die Bürgerbefragung anberaumten Gemeinderatssitzung vom 20.01.2013 wurde über dieses Ergebnis und die Gemeindestrukturreform beraten. Schließlich wurde nach eingehender Erörterung der Fakten über den Antrag auf Beibehaltung der Eigenständigkeit der Gemeinde Gams bei Hieflau abgestimmt und diesem Antrag einstimmig zugestimmt.

Weiters ist die ASt einer Gemeindeinitiative nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Volksrechtegesetzes beigetreten, die das Ziel verfolgte, eine Änderung des §8 der Steiermärkischen Gemeindeordnung (Stmk GemO) zu erwirken. Demnach sollte in §8 Stmk GemO unter anderem aufgenommen werden, dass für eine Gemeindefusion auch eine Volksabstimmung erforderlich ist. Dem Beitritt zu dieser Initiative wurde vom Gemeinderat mit einstimmigem Beschluss vom 09.11.2012 zugestimmt.

Aufgrund einer weiteren Gemeindeinitiative sollte in die Steiermärkische Gemeindeordnung unter anderem eine Verfassungsbestimmung aufgenommen werden, wonach vor Einbringung eines Gesetzesvorschlags in den Landtag, der den Untergang einer Gemeinde vorsieht, die geplante Fusion in jeder von der Vereinigung betroffenen Gemeinde einer gesonderten Volksbefragung zu unterziehen ist. Auch der Beitritt zu dieser Initiative wurde vom Gemeinderat der ASt einstimmig beschlossen.

Auch die Bevölkerung wehrte sich gegen die angekündigte Zwangsfusion durch Gründung einer Bürgerinitiative. Diese konnte Ende März 2014 sehr erfolgreich abgeschlossen werden. Der ASt wurden Listen mit insgesamt 439 Unterschriften (= 90 % der Wahlberechtigten) übergeben, welche solcherart für den Fortbestand der Eigenständigkeit der ASt stimmten. In einem Antrag an den Gemeinderat wurde die Forderung erhoben, den Fortbestand der Eigenständigkeit durch den Gemeinderat zu beschließen und dies nötigenfalls – für den Fall der Zwangsfusion durch das Land Steiermark – mittels Beschwerde bzw. Rechtsmittel (inklusive Rechtsvertretung) beim Verfassungsgerichtshof durchzusetzen.

Der Gemeinderat der ASt hat in zahlreichen Sitzungen über das Thema Gemeindefusion beraten und ausführlich debattiert, wobei stets eine einheitliche Linie für die Beibehaltung der Eigenständigkeit der ASt insofern erkennbar waren, als die diesbezüglichen Beschlüsse immer einstimmig waren.

4.3.4 Seit Beginn des Steiermärkischen Strukturreformprozesses ist daher der allgemein anhaltende Widerstand der ASt bzw der im Gemeindegebiet der ASt lebenden Bevölkerung dokumentiert. Es ist davon auszugehen, dass dieser Widerstand in der Bevölkerung auch nach dem 01.01.2015 anhalten wird, was ein Leben und ein Wirtschaften in der neuen Gemeinde zusehends und auf nicht überschaubare Zeit erschweren wird.

[…]

4.4 Anmerkung: zum – von der berufenen Regierung – negierten 'Parteiengehör' und zur mangelhaften Begründung des Gesetzes:

4.4.1 Eine konkrete, auf das spezielle Ansinnen der berufenen Regierung betreffend eine Zusammenlegung der ASt mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau bezogene (ausführliche) Begründung wurde der ASt nie übermittelt bzw zur Verfügung gestellt. Dies obwohl die ASt von der berufenen Regierung mehrfach eine entsprechende Informationsfreigabe forderte […].

Von der […] Landesregierung[…] wurden die 4 Fusionsgemeinden Hieflau, Landl, Palfau und die ASt für 24.06.2013 zu einem gemeinsamen Gespräch nach Graz geladen, um die ASt wieder auf 'Fusionslinie' zu bringen. Bedauerlicherweise blieben im Rahmen dieses Gesprächs konkrete Fragen hinsichtlich der Kriterien, Analysen, Bewertungen udgl für den Fusionsvorschlag unbeantwortet. Seitens der an diesem Gespräch teilnehmenden Vertreter des Landes wurde lediglich festgehalten, dass die in Rede stehenden 4 Fusionsgemeinden 'geographisch gut zusammen passen' und ein 'kompaktes und abgerundetes Gemeindegebiet' bilden, weshalb daher die Fusion sinnvoll wäre. Betont wurde auch mehrmals, dass diese Fusionskonstellation ab 01.01.2015 kommen würde und daran nicht zu rütteln sei. Konkretere Aussagen gab es jedenfalls nicht.

4.4.2 Aufgabe der berufenen Regierung war und wäre es (im Sinne einer 'Bringschuld'), eine dem Sachlichkeitsgebot entsprechende Prognose zu erstellen, mittels welcher die konkrete Fusion zu begründen ist. Bisher wurden der ASt keine Argumente bzw Prognosedaten, etwa im Sinne einer dem Stand europäische[r] Rechtsprechung entsprechenden Machbarkeitsstudie mit mittelfristiger Planung, bekannt gegeben; dies wird auch nicht in den Erläuterungen zu dem vorliegenden StGsrG 'nachgeholt', wo – beinahe bei jeder Fusion gleichlautend – mit allgemeinen Stehsätzen versucht wird, die jeweilige Fusion zu rechtfertigen. Dies lässt den berechtigten Rückschluss zu, dass seitens der berufenen Regierung im Vorfeld der Entscheidung überhaupt keine fachlich fundierte Grundlagenforschung betrieben wurde und solcherart keine dem Sachlichkeitsgebot entsprechenden Prognosewerte ermittelt wurden, welche die im konkret[en] Fall angedachte Fusion tatsächlich (und nicht nur mit allgemeinen Stehsätzen umschrieben) begründen würden.

4.4.3 Die von der berufenen Regierung im StGsrG festgelegte Zusammenlegung der ASt mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau wurde im Ergebnis weder im StGsrG noch in den diesbezüglichen Erläuterungen ordnungsgemäß begründet. Es wäre von der berufenen Regierung nämlich etwa (schriftlich) darzulegen, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden ergeben würden und warum eine Zusammenlegung mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau die einzig sinnhafte Form einer gesicherten kommunalen Entwicklung (ein Gemeindeverband iSd Art116a B VG bzw iSd §38 Stmk GemO wurde von der berufenen Regierung im Reformprozess überhaupt zur Gänze abgelehnt bzw negiert) sein kann.

4.4.4 Aufgrund der von der berufenen Regierung vorgebrachten allgemein gehaltenen 'Stehsätze' kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Zusammenlegung Verbesserungen zu erwarten sind.

4.4.5 Die ASt ist schließlich der Meinung, dass die Entscheidung des Landes Steiermark, die ASt zwangsweise zu fusionieren, nicht nachvollziehbar ist. Ähnlich 'gelagerte' Gemeinden[…] sind von einer Zwangsfusion 'verschont' geblieben. Eine nachvollziehbare Erläuterung bzw Begründung ist nicht erkennbar, und eine Ungleichbehandlung ist augenscheinlich.

Solcherart bleiben zahlreiche andere Gemeinden […], die mit der ASt gewissermaßen vergleichbar sind, durch die Gemeindestrukturreform unangetastet. Die Gemeinden Radmer, Hohentauern, Pusterwald, Wald am Schoberpaß, Wildalpen ua[…] weisen im direkten Vergleich mit der ASt sogar eine höhere Abwanderung (zB die Gemeinde Radmer mit -28,83 %) bzw – laut Prognose auch bis zum Jahr 2030 – geringere Einwohnerzahlen auf, entsprechen teilweise nicht dem Zentrale-Orte-Konzept sowie den raumordnungs- und infrastrukturellen Gesichtspunkten des Landes und hatten in den vergangenen Jahren vielfach Haushaltsabgänge zu verzeichnen. Trotzdem bleiben diese Gemeinden von der Fusion ausgenommen. Demgegenüber wird die ASt trotz 100 %iger Erfüllung aller Lebensrealitäten zwangsfusioniert.

Durch diese uneinheitliche Vorgehensweise der berufenen Regierung bei der Entwicklung und Umsetzung der Gemeindestrukturreform liegt der Schluss nahe, dass auch die Feststellung der berufenen Regierung, dass durch die gegenständliche Vereinigung der vier Gemeinden ein leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen wird, auf einer reinen Annahme, welche durch keine auf die konkrete Sachlage bezogenen Daten gestützt ist, beruht.

Auch aus diesem Grund ist die gegenständliche Fusion der ASt mit den Gemeinden Landl, Palfau und Hieflau sachlich nicht zu rechtfertigen.

[…]

4.5 Zum 'gelinderen Mittel' der Zusammenarbeit von Gemeinden im Wege eines Gemeindeverbands anstelle einer Zwangsfusionierung:

4.5.1 Zu dieser 'informationsverweigernden' und – wie dargelegt – auch nicht begründeten Haltung der berufenen Regierung kommt hinzu, dass – wie bereits erwähnt – freiwillige interkommunale Kooperationen (als mögliche Alternative zur Zwangsfusion) seitens der berufenen Regierung überhaupt nicht geprüft, ja sogar negiert wurden. Es muss daher die Frage bedauerlicherweise unbeantwortet bleiben, ob nicht etwa im jeweiligen Einzelfall ein Gemeindeverband als sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger anzusehen wäre[…] als die nunmehr angedachte Zwangsfusion.

Solcherart wurde von der ASt und den Gemeinden Altenmarkt, Landl, Palfau, St. Gallen, Weißenbach und Wildalpen im Jänner 2012 ein Vorschlag zur Kooperation erstellt, um mögliche Einsparungen und Qualitätsverbesserungen in einem gemeinsamen Verband umzusetzen.

Begründet wurde/wird der Schritt zur Kooperation (nicht aber zur Fusion) damit, dass die Bevölkerung sich sehr stark mit 'ihrer' Gemeinde identifiziert und davon auszugehen ist, dass sich die Bürger sehr klar gegen eine Fusion aussprechen würden. Da die Auflösung von Gemeinden mit Kosten verbunden ist, erscheint eine Fusion auch vor dem Hintergrund nicht zielführend zu sein, dass aufgrund der Einwohnerzahlen und der Finanzlage keine Erhöhung der Ertragsanteile zu erwarten ist. Durch die Fusion können ferner keine Vorteile, die nicht auch durch eine Kooperation zu erreichen wären, erzielt werden. Der Vorschlag auf die besagte Kooperationslösung wurde von den Bürgermeistern unterfertigt und der Landesregierung am 31.01.2012 übermittelt.

Im ersten Verhandlungsgespräch bezüglich der Gemeindefusion am 16.05.2012 bei der Bezirkshauptmannschaft Liezen wurde von den Vertretern des Landes klargestellt, dass eine Verbandslösung derzeit keine Unterstützung durch das Land Steiermark erhält.

4.5.2 Die Wahl des schärfsten Mittels (Auflösung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit) bei Vorliegen von gelinderen 'Mitteln' (der Zusammenarbeit) kann beim besten Willen nicht dem Sachlichkeitsgebot/dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Gemeindezusammenlegungen, welche nicht auf freiwilliger Basis, sondern vielmehr unter Zwang erfolgen, sind als nicht mehr zeitgemäß zu betrachten und entsprechen nach Ansicht der ASt nicht dem demokratischen Grundverständnis der Republik Österreich.

[…]

4.6 Zusammenfassung:

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass durch die Vereinigung der ASt mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau kein leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen wird; insgesamt gesehen sind keine nachhaltigen Verbesserungen zu erwarten. Die berufene Regierung belegt ihre nicht ausreichend begründete Prognose – anders als die ASt – auch nicht mit den notwendigen Zahlen und Fakten. Die ASt ist für sich alleine mehr als 'überlebensfähig' und kann die an sie gestellten Aufgaben (auch in Zukunft) bestens erfüllen. Die gegenständlich gegen den Willen der ASt angedachte Gemeindezusammenlegung geht an den 'Lebensrealitäten' der Bürger der ASt vorbei und entspricht somit nicht dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art7 Abs1 B VG) abgeleiteten Sachlichkeitsgebot." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten und den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"2.1. Die Antragstellerin führt […] aus, dass die Gemeindestrukturreform als ausschließliche 'Gebietsreform' anzusehen sei, da sie nicht von reformerischer Qualität, sondern ausschließlich von einem quantitativ motivierten Bemühen getragen werde und großteils qualitative Vorteile nicht erkennen lasse.

Diese nicht weiter dargelegten Bedenken können bereits mit Hinweis [u.a.] auf die Erläuterungen zu §4 Abs2 StGsrG[…] betreffend die Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau entkräftet werden.

[…]

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des VfGH ist die Zusammenlegung einer (aus demografischer Sicht so definierten) Kleingemeinde mit weniger als 1.000 EinwohnerInnen mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich, es sei denn, dass die Zusammenlegung auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (VfSlg 10.637/1985; 13.543/1993). Eine 'völlige Untauglichkeit' zur Erzielung einer Kommunalstrukturverbesserung wird nicht behauptet und liegt mit Verweis auf die getroffene Prognoseentscheidung des Landesgesetzgebers und die noch näheren Darlegungen in der ggst. Äußerung nicht vor, weshalb die gegenständliche Vereinigung dem Sachlichkeitsgebot entspricht.

Angemerkt sei, dass die Antragstellerin am 29. November 2012 im Gemeinderat den Beschluss gefasst hat, sich nach Abklärung offener Fragen mit den Gemeinden der gegenständlichen Konstellation zu einer neuen Gemeinde zu vereinigen […]. Auch wenn dieser Grundsatzbeschluss nach Durchführung einer Bürgerbefragung im Jänner 2013 nicht zur Umsetzung gelangte, so lässt dieser den Schluss zu, dass die Antragstellerin ursprünglich nicht von einer Unsachlichkeit der ggst. Vereinigung ausgegangen ist.

2.2.2. Die Antragstellerin wies zum maßgeblichen Zeitpunkt 1. Jänner 2013 nur 565 EinwohnerInnen auf. Der Bevölkerungsstand der Antragstellerin ist von 1981 bis 2013 stark rückläufig (-22,1 %); die Prognosen bis 2030 gehen von einem weiteren Bevölkerungsverlust auf 522 EinwohnerInnen aus.

Bei genauerer Betrachtung der Zahlen der letzten Jahre erkennt man, dass die Geburtenbilanz (Geburten minus Sterbefälle) durchwegs negativ ist (weniger Geburten als Sterbefälle) und ebenso die Wanderungsbilanz (Zuzüge minus Wegzüge). Da zu erwarten ist, dass die Geburtenbilanz in Zukunft ebenfalls negativ sein wird und für die Wanderungsbilanz auch von einer weiterhin abnehmenden Entwicklung ausgegangen wird, kommt man bei der Bevölkerungsprognose für die Antragstellerin auf einen Rückgang der Bevölkerung bis 2030 auf 522 EinwohnerInnen. Da in den letzten Jahren allerdings eine überdurchschnittlich negative Entwicklung bei den Abwanderungen stattgefunden hat, müsste man den prognostizierten Bevölkerungsstand für 2030 bei einer Neuberechnung wahrscheinlich sogar noch ein wenig nach unten korrigieren.

[…]

In den letzten 30 Jahren gab es große Veränderungen in der Altersstruktur. So gab es 1981 noch 31,3 % Kinder und Jugendliche (0 bis 19 Jahre); 2014 liegt dieser Anteil bei nur mehr 16,8 %. Die Prognosen gehen davon aus, dass sich der Anteil bis 2030 weiter auf 14,6 % verringert. Dagegen ist die Situation bei den SeniorInnen (65 Jahre und älter) völlig konträr. Waren 1981 12,7 % in dieser Altersgruppe, so sind es 2014 bereits 24,6 %. Es wird mit einer weiteren Erhöhung des Anteils auf 33,9 % im Jahr 2030 gerechnet.

[…] Wie noch auszuführen sein wird, sind durch die Vereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau Vorteile durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur, die gemeinsame Gestaltung des Raumes (z.B. Flächenausweisung, Siedlungsentwicklung) sowie Kosteneinsparungen infolge Verwaltungszusammenführungen zu erwarten.

Die Reaktion auf die sinkenden Bevölkerungszahlen der Antragstellerin sowie der Gemeinden Hieflau, Palfau und Landl und damit auf sinkende Einnahmen wird als eine zentrale Herausforderung dieser Gemeinden angesehen. Die Gemeindevereinigung zu einer neuen Gemeinde mit 2.980 EinwohnerInnen ist durch die Zusammenführung der Gemeindeverwaltungen und der gemeinsamen Nutzung der Infrastruktur eine Möglichkeit, auf diese Entwicklung zu reagieren.

2.3. Die Antragstellerin führt […] unter anderem aus, dass eine Gemeindezusammenlegung nicht allein mit finanzausgleichsrechtlichen Gründen (sachlich) gerechtfertigt werden könne. Es sei nach der Rechtsprechung ein Indiz für die Unsachlichkeit der Zusammenlegung, wenn die durch die Zusammenlegung eingetretene Stärkung der Finanzkraft die durch die Vereinigung insgesamt eingetretenen Nachteile nicht annähernd aufzuwiegen vermögen.

Hierzu wird ausgeführt, dass der Gesetzgeber die Gemeindevereinigung nicht auf solche Gründe gestützt hat. Dieses Vorbringen ist daher nicht zutreffend.

2.4. [… D]ie Antragstellerin [stellt] die Siedlungsverflechtung bzw. die funktionelle Verflechtung mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau in Abrede.

[…]

Dem ist zu entgegnen, dass in […] VfSlg 9819/1983 die Entfernung der antragstellenden Gemeinde zum Gemeindezentrum der neuen Gemeinde 9 km bzw. 12 km Luftlinie und etwa 20 Straßenkilometer betrug. Außerdem war der Motorisierungsgrad in der vom Erkenntnis betroffenen Gemeinde gering. Diese Umstände treffen auf die gegenständliche Gemeindevereinigung nicht zu. Die Gemeinden sind durch die Landesstraßen B25, Erlauftalstraße[,] und B115, Eisenstraße[,] gut miteinander verbunden. Das Gemeindeamt der Antragstellerin liegt ca. 6 km von wichtigen Infrastruktureinheiten der Zentrumsgemeinde Landl entfernt. Die Entfernung ist daher als zumutbar anzusehen.

[…] Im gegenständlichen Fall besteht darüber hinaus eine gute öffentliche Verkehrsverbindung zwischen der Gemeinde Landl und der Antragstellerin durch die Verbundlinie 922 […].

[…]

Überdies ist anzumerken, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten vieles nachhaltig geändert hat. Der Aspekt der Bürgernähe ist deshalb auch anders zu bewerten als etwa in den 70er Jahren. Besonders der erhebliche Ausbau der Infrastruktur, das verbesserte Straßennetz und der höhere individuelle Motorisierungsgrad relativieren die Überwindung von räumlichen Distanzen. Dazu kommt, dass die BürgerInnen durch die Modernisierung der Verwaltungsführung, wie etwa durch die Einführung von e-government, viele Verwaltungsangelegenheiten mit modernen Kommunikationsmitteln bewerkstelligen können und sich daher die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens im Gemeindeamt deutlich reduziert. Der Gesetzgeber kann daher davon ausgehen, dass mit zunehmender technischer Entwicklung und dem Ausbau von Infrastrukturen sowie der Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten räumliche Entfernungen heute eine weit geringere Rolle spielen.

Die Fahrzeit der genannten Strecke von der Antragstellerin bis zum Gemeindeamt Landl beträgt mit dem PKW ca. fünf Minuten […]. Die Fahrzeit über die Anbindung mit der Verbundlinie 922 beträgt sieben Minuten […].

Im Zusammenhang mit der Frage des Bürgerservices und der öffentlichen Verwaltung wird durch die Gemeindevereinigung für die Bevölkerung der neuen Gemeinde außerdem die Grundlage dafür geschaffen, etwa die Amtsstunden zu verlängern, Verwaltungsverfahren durch die Spezialisierung auf Fachgebiete professioneller abzuwickeln sowie die Durchführung von Verwaltungsverfahren qualitativ zu verbessern und zu beschleunigen.

Zur Siedlungsstruktur ist anzumerken, dass die Antragstellerin topografisch im Bereich der Ausläufer der Hochschwabgruppe liegt, der Hauptsiedlungsbereich liegt eingebettet im Tal des Gamsbach.

Durch diese topografische Lage und Nutzungsbeschränkungen aufgrund der steilen Hangsituation sowie der ausgedehnten Wald- und Almenbereiche ergeben sich einschränkend-begrenzende Rahmenbedingungen für die Siedlungsentwicklung. Bedingt durch die naturräumlichen Verhältnisse beschränkt sich die Siedlungsentwicklung vornehmlich auf den Bereich des Talbodens des Gamsbachs bzw. entlang der B25. Die Siedlungsstruktur verläuft bandartig entlang von Straßen, das dörfliche Zentrum ist der Ort Gams.

[…]

[… D]ie Gemeinde Landl und die Antragstellerin [sind] durch die Landesstraßen B25, Erlauftalstraße[,] und B115, Eisenstraße[,] miteinander verbunden. Längere Sperren oder größere Behinderungen in den letzten Jahren sind nicht bekannt. In dieser Region kommt es freilich aufgrund der Witterung auch zu winterlichen Fahrbahnzuständen; die Straße ist aber mit geeigneter Winterausrüstung sicher befahrbar.

Betreffend den Öffentlichen Verkehr ist festzuhalten, dass die Antragstellerin über die Verbundlinie 922 mit Anrufbus direkt an das Gemeindeamt Landl angebunden ist. Die Kurse verkehren bei Bedarf (Anruf erforderlich) zwischen Montag und Freitag von der Antragstellerin nach Landl zumindest viermal und in Rückrichtung sechsmal. Diese Kurse wurden in Abstimmung mit den Gemeinden der Region geplant und werden von diesen auch mitfinanziert. Aufgrund der starken (und vorbildlichen) Mitgestaltung des Öffentlichen Verkehrs in der Region ist davon auszugehen, dass dies den Bedürfnissen entspricht.

2.4.3. Die Antragstellerin ist außerdem der Auffassung, dass aufgrund der Entfernungen der Orte und den topografischen Gegebenheiten Abwasser- und Wasserverbände nicht möglich bzw. sinnvoll seien.

Es bestünden keinerlei zusammenhängende lineare Infrastrukturen, wie Gemeindestraßen, Kanal- oder Wasserleitungsnetze oder sonstige gemeinsam mit den anderen Fusionsgemeinden genutzte Infrastrukturen.

Zum Vorbringen der Antragstellerin ist zunächst festzustellen, dass im Bundesland Steiermark schon jetzt mehrere Gemeinden existieren, die in ein- und demselben Gemeindegebiet – etwa aus topografischen Gründen – zwei oder gar mehrere völlig getrennt voneinander bestehende Abwasserentsorgungssysteme betreiben. Das Nichtvorliegen eines gemeinsamen Abwasserentsorgungssystems ist daher keinesfalls als ein der Gemeindevereinigung entgegenstehendes Argument heranzuziehen.

Festzuhalten ist, dass die Antragstellerin eine eigene Kläranlage betreibt und über ein umfassendes Kanalnetz verfügt. Ähnlich stellt sich die Situation in den anderen drei Gemeinden dar. Der gemeinsame Betrieb mehrerer kleinerer Kläranlagen und Kanalnetze im Rahmen der vorgesehenen neuen Gemeinde lässt eine wirtschaftliche Optimierung erwarten. Zur Wasserversorgung ist auszuführen, dass diese sowohl von der Antragstellerin als auch von kleineren Genossenschaften bewerkstelligt wird. Optimierungspotential ist hier jedenfalls durch Zusammenführung des Betriebspersonals gegeben.

[…]

Hinsichtlich des von der Antragstellerin in Abrede gestellten Zusammengehörigkeitsgefühls ist nochmals auf den einstimmigen Gemeinderatsbeschluss der Antragstellerin vom 29. November 2012 zu verweisen, mit welchem beschlossen wurde, dass die Antragstellerin beabsichtige, sich nach Abklärung offener Fragen mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau zu vereinigen (Grundsatzbeschluss).

Die Gemeinderäte der Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau haben sich jeweils einstimmig für diese Vereinigung ausgesprochen […].

Verstärkte Verflechtungen, die für ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den vier Gemeinden sprechen, ergeben sich auch infolge der gemeinsamen Anstrengungen hinsichtlich der Erhaltung und Vermarktung der naturräumlichen Vorzüge der Region als Teil des Nationalparks Gesäuse sowie des Naturparks Eisenwurzen. Alle vier Gemeinden sind Teil des Tourismusverbandes 'Alpenregion Nationalpark Gesäuse'. Die Gemeinden Landl, Palfau und die Antragstellerin sind darüber hinaus Teil des 'Naturparks Eisenwurzen'.

Mit einer Vereinigung kann eine bessere lokale Abstimmung und eine stärkere Vertretung von (touristischen) Interessen auf regionaler Ebene erreicht werden.

In der Präsentation der Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau vom Mai 2013, an welcher die Antragstellerin bis Jänner 2013 mitgearbeitet hat […], wird zudem festgehalten, dass die Tourismuseinrichtungen in der vereinigten Gemeinde zusammengeführt werden und auch gemeinsam vermarktet werden sollen (z.B. durch gemeinsame Eintrittskarten, gemeinsame Folder etc.).

Für das Vorhandensein eines Zusammengehörigkeitsgefühls spricht außerdem, dass die Antragstellerin gemeinsam mit den Gemeinden Landl und Palfau den Pfarrverband 'Landl – Gams bei Hieflau – Palfau' bilde[t].

Weitere Verflechtungen der Antragstellerin mit den Gemeinden Landl und Palfau stellt die gemeinsame Mitgliedschaft zum Abfallwirtschaftsverband Liezen sowie zur Leader-Region 'Gesäuse-Eisenwurzen' dar.

Auch die Pendlerstatistik zeigt die Verflechtung der Antragstellerin. Laut Pendlerstatistik der Registerzählung 2011 hatte die Antragstellerin 14 ErwerbseinpendlerInnen und 167 ErwerbsauspendlerInnen, d.h. sie hatte einen negativen Pendlersaldo von 153, ist also eine Auspendlergemeinde. Von diesen 167 AuspendlerInnen pendeln laut dieser Statistik 52 Personen nach Hieflau, Landl oder Palfau, das sind knapp ein Drittel aller ErwerbsauspendlerInnen der Antragstellerin. Landl ist hier das häufigste und Hieflau das vierthäufigste Auspendelziel. Von den 14 EinpendlerInnen sind 9 aus Landl oder Palfau, d.h. in etwa zwei Drittel aller EinpendlerInnen kommen aus Landl oder Palfau.

2.4.5. Die Antragstellerin führt […] aus, dass sie über ausreichend eigene infrastrukturelle Versorgungseinrichtungen verfüge.

2.4.5.1. Die Antragstellerin habe einen Kindergarten und eine Volksschule.

Dazu ist anzumerken, dass die GesamtschülerInnenzahl der einklassigen Volksschule der Antragstellerin im Schuljahr 2013/14 20 betrug. Aufgrund der Geburtenentwicklung ist ein Rückgang der SchülerInnenzahl auf 16 im Schuljahr 2019/20 zu erwarten. In der Analyse zur Gemeindestrukturreform der Fa. ecoversum vom 11. Dezember 2012 […] wird zum Thema Volksschule ausgeführt, dass die drei Volksschulen in der neuen Gemeinde auch bestehen bleiben, wenn sich an der SchülerInnenzahl nichts ändert. Da die SchülerInnenzahlen aber eher rückläufig sind, sei laut Analyse damit zu rechnen, dass die Standorte Hieflau und der Antragstellerin mittelfristig die SchülerInnenzahlen alleine nicht halten können. Die neue Gemeinde habe hier mehr Handlungsspielraum; so sei das Ziel der vereinten Gemeinde, zumindest zwei Schulstandorte zu erhalten. Dazu wird in der Analyse ausgeführt: 'Einen zentralen Schulstandort in Landl, der gut ausgelastet ist[,] und einen zweiten Standort (dort wo es bereits Gebäude gibt) mit einem speziellen Konzept, wie z.B. eine sozialpädagogische Gruppe in Gams.'

2.4.5.2. Die Antragstellerin verfüge über einen Nahversorger, ein Gasthaus, einen Arzt, ein Pfarramt, eine Bank, eine Hausapotheke, einen Postpartner und diverse weitere Einrichtungen und Gewerbebetriebe. Sie sei daher keinesfalls auf andere Versorgungszentren angewiesen.

Dazu ist unter Hinweis auf die Erläuterungen zu §4 Abs2 StGsrG[…] auszuführen, dass die Antragstellerin zwar über eine Grundversorgung vor Ort verfügt, zentralörtlich und funktionell aber nach Landl orientiert ist. Hinsichtlich der Versorgung der BürgerInnen mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen bestehen Verflechtungen mit der Nachbargemeinde Landl.

Die angeführte Bank (PSK-Postsparkasse) ist nicht bekannt. Offenbar handelt es sich dabei um den beim örtlichen Nahversorger angelagerten Postpartner, der ein eingeschränktes Bankservice anbietet.

Die nächstgelegenen Bankfilialen befinden sich in der Gemeinde Landl. Hinsichtlich der Pfarre ist auszuführen, dass die Antragstellerin zum Pfarrverband Landl-Gams bei Hieflau-Palfau gehört.

Die Gemeinde Landl weist eine gute Ausstattung an öffentlichen und privaten Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen wie Kindergarten, Volksschule, Nahversorger (Spar-Landmarkt und zwei weitere Nahversorger in den Ortsteilen Mooslandl und Großreifling), Polizeidienststelle, Arzt, Seniorenzentrum, Banken, Gastronomie, Badesee sowie Postamt auf. Eine Versorgung mit wichtigen öffentlichen und privaten Diensten ist in der Gemeinde somit gegeben. Landl profitiert vom Trend, dass Unternehmen mehrere kleine Standorte auflassen und sich an einem verkehrsgünstig gelegenen Standort konzentrieren. In Kirchenlandl, einem Teil der Gemeinde Landl, entstand damit in den letzten Jahren ein neues Versorgungszentrum mit Bankstelle, Postverteilzentrum, (ausgebautem) Spar-Landmarkt und Haus-Gartenmarkt, womit die Gemeinde auch eine wichtige Funktion für die Umlandgemeinden einnimmt. Angesichts stark rückläufiger Bevölkerungszahlen ist damit zu rechnen, dass die Bedeutung dieses Versorgungszentrums in Zukunft für die Bevölkerung dieses Raumes weiter zunehmen wird. In der Gemeinde bestehen zudem mehrere Gewerbebetriebe.

Zentrale Zukunftsherausforderung in diesem Raum ist die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gemeinde. Die Gemeinde Landl hat bereits jetzt eine wichtige Auffangfunktion als lokaler Arbeitsplatzstandort. Durch die Vereinigung kann die Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung im Gemeindegebiet sichergestellt werden und entspricht damit einem erklärten Ziel der Gemeindestrukturreform.

Hinsichtlich der im Gemeindegebiet der Antragstellerin bestehenden infrastrukturellen Einrichtungen wird in der Präsentation der Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau vom Mai 2013 […] festgehalten, dass bspw. die bisher genutzten und betriebenen Bauhöfe erhalten bleiben, ebenso die Altstoffsammelzentren.

Durch eine breite Verfügbarkeit und Abstimmungsmöglichkeit bei Infrastruktur, Unterbringungsmöglichkeit und Personal kann auch von einem erhöhten Handlungsspielraum im Hinblick auf die Erweiterung der Versorgungsleistungen für eine alternde Gesellschaft und eine Konzentration und Rationalisierung der Basisinfrastruktur zugunsten ergänzender Einrichtungen im Jugend- und Sportbereich sowie für ältere Personengruppen ausgegangen werden. Eine professionelle Verwaltung mit einer Spezialisierung auf einzelne Verwaltungsgebiete sowie eine vernünftige Vertretungsregelung von MitarbeiterInnen, die Erhöhung des Leistungsangebotes, eine Qualitätssteigerung sowie Umnutzungspotenziale bei der Verwertung von schlecht genutzten und nicht mehr benötigten Gemeindebauten stellen weitere Vorteile dar.

2.5. Wenn die Antragstellerin […] darauf verweist, dass in den Jahren 2011 bis 2013 im ordentlichen Haushalt immer Überschüsse erzielt worden seien und sie auch in Zukunft keine Haushaltsprobleme haben werde, so ist dazu zu bemerken, dass die Antragstellerin im Beobachtungszeitraum (2008 bis 2012) immerhin Bedarfszuweisungsmittel in Höhe von EUR 601.800,00 erhalten hat […], wovon EUR 79.000,00 sogar als Härteausgleich benötigt wurden.

Wenn […] behauptet wird, dass eine Finanzanalyse der Bezirkshauptmannschaft Liezen die finanziellen Auswirkungen einer Gemeindevereinigung im Vergleich zum Status quo untersucht habe, so übersieht die Antragstellerin, dass diese Finanzanalyse im Rahmen eines Prozesses zwischen den zu fusionierenden Gemeinden stattgefunden hat. Die Ergebnisse dieser Finanzanalyse beruhen daher auf Angaben dieser Gemeinden. Das Ergebnis des Verhandlungsprozesses zwischen den zu fusionierenden Gemeinden wurde lediglich im Rahmen einer Unterstützungsleistung durch die BH dokumentiert.

Wenn die Antragstellerin […] behauptet, dass die Kosten der Gemeindevereinigung den finanziellen Nutzen übersteigen bzw. zumindest aufwiegen würden, so steht dies im Widerspruch zur Finanzanalyse der vereinigten Gemeinden, die zu einem Einsparungspotential in der Höhe von EUR 118.500,00 pro Jahr kommt. Diese Einsparungen würden sich laut der Zusammenfassung der Finanzanalyse in den Bereichen Gemeindemandatare, EDV-Kosten, Verwaltung, Ermessensausgaben sowie Bauhof ergeben […].

Die Landesregierung sieht auf Grund ihrer Prognose insgesamt ein Potential an Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 134.000,00 pro Jahr. Diese Kosteneinsparungen sind im Bereich der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter (etwa für Drucksorten, Büromaterial) (EUR 10.000,00) und im Bereich der Gemeindeorgane (EUR 114.000,00) und der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie für den Gemeindebetrieb (EUR 10.000,00) erzielbar […].

Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde in etwa 2 % bis 3 % mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen als ohne Vereinigung. Die Landesregierung weist darauf hin, dass die neue Gemeinde zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.

Wenn die Antragstellerin darauf verweist, dass sie den Haushalt einwandfrei im Griff habe, während die übrigen Gemeinden mit zum Teil erheblichen und ständigen Abgängen zu kämpfen hätten, dann übersieht sie, dass auch Gemeinden vereinig[t] werden können, die unterschiedliche finanzielle Ausgangslagen haben. Denn der Gesetzgeber bewegt sich im Rahmen des ihm von der Verfassung zugestandenen Gestaltungsfreiraumes, wenn er darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gemeinden einen Ausgleich zu schaffen[,] und er sich auch des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient (VfSlg 9668/1983; 10.637/1985).

Ziel der Gemeindestrukturreform ist es, wirtschaftlich leistungsfähige Gemeinden zu schaffen, welche in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Dies kann auch durch den Ausgleich zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gemeinden geschehen.

2.6. [Im Antrag] wird ausgeführt, dass die GemeindebürgerInnen der Antragstellerin durch die geplante Fusion in den kommenden Jahren aufgrund erforderlicher Anpassungen beträchtlichen Gebührenerhöhungen ausgesetzt werden würden. […]

Vorweg ist anzumerken, dass aus der Gebührengegenüberstellung der Antragstellerin […] ersichtlich ist, dass die Abfallabfuhrgebühren im Gemeindegebiet der Antragstellerin höher sind als jene in den Gemeinden Hieflau und Landl.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass aus der Gegenüberstellung nicht ersichtlich ist, welche Parameter für die Berechnung des 'Haushaltes mit 4 Personen' herangezogen wurde[n], zumal in den einzelnen Gebührenverordnungen derzeit unterschiedliche Gebührenmodelle, allfällige Wahlmöglichkeiten zwischen Berechnungsmodellen sowie soziale Staffelungen bestehen, die den direkten Vergleich erschweren. Eine nähere Darstellung ihrer Berechnungen bleibt die Antragstellerin […] aber schuldig, weshalb auf die Gebührengegenüberstellung im Konkreten nicht näher eingegangen werden kann.

Zum Vorbringen der Antragstellerin, dass die Gebührenbereiche kostendeckend geführt werden, ist aber festzustellen, dass die Gebührenhaushalte Abfall, Wasser und Abwasser im Zeitraum 2008 bis 2012 in Summe jeweils nicht kostendeckend geführt werden konnten […].

Generell ist im Zusammenhang mit der Gebührengestaltung festzuhalten, dass der Gemeinderat der neuen Gemeinde unter Berücksichtigung des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung sämtlicher Abgabepflichtigen im Gemeindegebiet neue Gebührenordnungen aufgrund neuer Kalkulationen zu erlassen hat. Die Neufestsetzung von Benützungsgebühren ist gemäß §11 Abs3 GemO allerdings so durchzuführen, dass sie tunlichst zu keiner außergewöhnlichen Erhöhung gegenüber der bisher von der ursprünglichen Gemeinde den Gemeindemitgliedern vorgeschriebenen Geldleistung führt. In Fällen errechneter außergewöhnlicher Erhöhungen besteht für den Verordnungsgeber die Möglichkeit, die erforderlichen Anpassungen auf längstens sieben Jahre zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat somit eine Möglichkeit geschaffen, allenfalls notwendige Gebührenanpassungen in einer für die Bevölkerung möglichst schonenden Art und Weise umzusetzen.

2.7. Die Antragstellerin verfüge außerdem über gewachsene Vereinsstrukturen sowie ehrenamtliche Tätigkeiten. Die Antragstellerin sei für das Engagement und das Wirken auf verschiedenen Ebenen ausgezeichnet worden.

In §1 Abs2 letzter Satz StGsrG ist festgelegt, dass auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden sollen.

Aus rechtlicher Sicht ändert sich durch die Vereinigung für bestehende Vereine nichts; es gilt aber darauf hinzuweisen, dass es (auch) zu den Aufgaben einer Gemeinde zählt, das Vereinsleben im Gemeindegebiet so zu unterstützen, dass in diesen Bereichen eine gedeihliche Entwicklung möglich ist. In der Präsentation der drei Gemeinden […] wird zum Bereich Vereinswesen ausgeführt, dass die Vereine mit der Vereinigung unverändert bestehen bleiben und keine Namensänderungen oder Statutenänderungen nötig sind. Aus der Präsentation geht weiters hervor, dass die Vereinsförderungen und die bestehende Infrastruktur aufrecht bleiben und ein aktives Vereinsleben weiterhin ermöglichen sollen.

In diesem Zusammenhang ist außerdem auf die Novelle zur Stmk. Gemeindeordnung durch LGBl Nr 125/2012 hinzuweisen, die u.a. identitätsstiftende Regelungen zur Vermeidung nachteiliger Effekte vorsieht, wie Gemeindewappen als Ortsteilwappen weiterzuführen und durch die Einsetzung eines Ortsteilbürgermeisters/einer Ortsteilbürgermeisterin eine engere Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Organen und Einrichtungen der Gemeinde herzustellen. Auch auf die Möglichkeit, eine Bürgerservicestelle im Gebiet der Antragstellerin einzurichten, wird in diesem Zusammenhang hingewiesen.

[…]

In allen Phasen des Gemeindereformprozesses wurde Wert darauf gelegt, kommunale Interessen zu berücksichtigen, die Gemeinden einzubeziehen, und den Prozess möglichst transparent zu gestalten.

[…]

Die Ergebnisse der Bürgerbefragung waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch bei der Antragstellerin, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – nach den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von §6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren (vgl. etwa VfSlg 13.543/1993).

Gemäß Art72 L-VG hätten (u.a.) 80 Gemeinden die Möglichkeit gehabt, zu verlangen, dass der Beschluss des Landtages über das StGsrG einer Volksabstimmung unterzogen wird. Von diesem im Zusammenhang mit Landesgesetzen zentralen direktdemokratischen Instrument wurde kein Gebrauch gemacht.

[…]

Am 16. Mai 2012 hat in der Bezirkshauptmannschaft Liezen ein Verhandlungsgespräch mit VertreterInnen der Gemeinden Hieflau, Landl, Palfau und der Antragstellerin stattgefunden. Im Protokoll des Verhandlungsgespräches wurde u.a. festgehalten, dass die Gemeinde Landl bereits jetzt Versorgungsaufgaben für die anderen Gemeinden übernimmt. Zur weiteren Vorgangsweise wurde von allen vier Gemeinden vereinbart, weitere Gespräche untereinander und mit dem Land zu führen, mit dem Ziel, eine neue gemeinsame Gemeinde aufzubauen. Aus dem Protokoll ergibt sich weiters, dass die Antragstellerin betont hat, dass bei Vorhandensein eines Änderungsbedarfs diese Konstellation die richtige für den Eintritt in die Analysephase ist. Mit Schreiben vom 4. Juli 2012 teilte die Antragstellerin dem Land mit, dass sich der Gemeinderat mehrheitlich zum Eintritt in die Analysephase entschlossen habe und es zu keiner Verschlechterung für die Antragstellerin oder ihrer GemeindebürgerInnen kommen dürfe.

Am 6. August 2012 fand ein erstes Koordinierungsgespräch mit VertreterInnen der vier Gemeinden und dem vom Land eingesetzten Koordinator in der Gemeinde Landl statt. Am 25. Oktober 2012 erfolgte ein weiteres Gespräch mit VertreterInnen der vier Gemeinden und dem vom Land eingesetzten Koordinator sowie eines Vertreters der Bezirkshauptmannschaft Liezen betreffend die Finanzanalyse.

Am 29. November 2012 hat der Gemeinderat der Antragstellerin einstimmig beschlossen, dass von der Antragstellerin beabsichtigt wird, sich nach Abklärung offener Fragen mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau zu einer Gemeinde zu vereinigen. Dies wurde dem Land mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 mitgeteilt […].

Am 14. Dezember 2012 erfolgte abermals ein Koordinationsgespräch unter Anwesenheit des Koordinators des Landes, in welchem die Ergebnisse der Analysephase präsentiert wurden.

Am 17. Jänner 2013 teilte der Bürgermeister der Antragstellerin mit, dass der Gemeinderat einen Beschluss gegen die Fusion mit den Gemeinden Hieflau, Palfau und Landl fassen wird. Dieser Beschluss wurde in der Gemeinderatssitzung am 20. Jänner 2013 gefasst.

Mit Schreiben der Abteilung 7 vom 20. März 2013 wurde die Antragstellerin eingeladen, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Gemeindevereinigung mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau abzugeben. Die Antragstellerin beantragte in ihrem Antwortschreiben vom 8. April 2013 die Bekanntgabe von maßgeblichen Kriterien und Analysen sowie der Auswirkungen der Fusion für die BürgerInnen.

Mit Schreiben der Abteilung 7 vom 27. Mai 2013 wurde auf das Verhandlungsgespräch in der BH Liezen am 16. Mai 2012 sowie auf die mehrmalige Kontaktaufnahme des Koordinators des Landes mit der Antragstellerin verwiesen und die jederzeitige Bereitschaft zu weiteren Gesprächsterminen seitens des Landes bekundet.

In ihrem Schreiben vom 20. August 2013 an das Land bezog sich die Antragstellerin auf ein am 24. Juni 2013 stattgefundenes Gespräch mit VertreterInnen des Landes und der Antragstellerin und forderte Daten und Ergebnisse zur Begründung des Fusionsvorschlages.

Mit Schreiben des Landes vom 18. Oktober 2013 wurde das Schreiben der Gemeinde Gams bei Hieflau beantwortet und insbesondere darauf hingewiesen, dass die BürgermeisterInnen in drei Konferenzen über den Stand des Reformprozesses informiert wurden. Außerdem wurde auf die gesetzten Informationsmaßnahmen wie etwa Informationsveranstaltungen im Rahmen von BürgermeisterInnenkonferenzen, weiterführende Gespräche mit GemeindevertreterInnen, die neun Informationsbriefe der beiden Gemeindereferenten über den aktuellen Stand der Gemeindestrukturreform […] und die Homepage www.gemeindestrukturreform.steiermark.at, auf der das Leitbild zur Gemeindestrukturreform sowie umfangreiches Datenmaterial in Form von Grundlagenkarten zugänglich gemacht wurde, verwiesen.

Der von der Antragstellerin mit Schreiben vom 20. September 2013 gestellte Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach dem Stmk. AuskunftspflichtG wurde am 16. Dezember 2013 bescheidmäßig erledigt […].

Am 22. November 2013 teilte die Antragstellerin dem Land mit, dass sie keine Gespräche hinsichtlich Fusion aufnehmen wird.

Zu dem von der Antragstellerin angeführten, am 24. Juni 2013 stattgefundenen[…] Gespräch ergibt sich aus dem Aktenvermerk über diese Besprechung, dass die Vertreter der Antragstellerin ihre Position dargelegt haben, aber zugesagt haben, im Gemeinderat nochmals zu erörtern, ob eine Wiederaufnahme der Gespräche erfolgt. Die nunmehr von der Antragstellerin angeführten 'Zitate' aus dieser Besprechung sind nicht nachvollziehbar […].

Hervorzuheben ist, dass sich die Gemeinderäte der Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau jeweils einstimmig für diese Vereinigung ausgesprochen haben.

2.9.3. Die Antragstellerin wirft der Landesregierung vor, im Vorfeld der Entscheidung 'überhaupt keine fachlich fundierte Grundlagenforschung betrieben' zu haben.

Dazu ist auszuführen, dass im Rahmen der Vorschlags- und Verhandlungsphase unter Einbindung der Gemeinden sowie von Gemeinde- und Städtebund entsprechende Grundlagen wie z.B. das Leitbild zur Gemeindestrukturreform erarbeitet wurden. In dieses Leitbild sind die in Auftrag gegebenen Studien von ******** ******** ********************** *** – ******* *** ***********- *** ******************** sowie von der *** **** **** […] eingeflossen. Dieses Leitbild wurde im Landtag behandelt, veröffentlicht und jeder betroffenen Gemeinde, auch der Antragstellerin, umgehend zur Kenntnis gebracht […].

2.10. [… D]ie Antragstellerin [bringt] vor, dass ähnliche Gemeinden von einer Zwangsfusion verschont geblieben seien. […]

Der Landesgesetzgeber hat basierend auf den in den Erläuterungen zu §4 Abs2 StGsrG[…] angeführten Argumenten bzw. den in der gegenständlichen Äußerung dargestellten Kriterien die Vereinigung der Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau mit der Antragstellerin beschlossen. Für die Beurteilung dieser Gebietsänderung kommt es auf die für die konkrete Gemeindekonstellation sprechende Prognoseentscheidung an. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung (VfSlg 9655/1983; 9668/1983; 13.543/1993) lässt der von der Antragstellerin hervorgehobene Umstand, dass der Landesgesetzgeber andere Gemeinden als die Antragstellerin bestehen ließ, keinen Rückschluss darauf zu, dass die gegenständliche Vereinigung unsachlich wäre.

[…]

2.11. Zum Vorbringen der Antragstellerin […], wonach freiwillige interkommunale Kooperationen seitens der Landesregierung überhaupt nicht geprüft, ja sogar negiert worden seien[,] sowie zum Vorbringen, wonach die Frage unbeantwortet geblieben sei, ob nicht im jeweiligen Einzelfall ein Gemeindeverband als sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger anzusehen wäre, unbeantwortet geblieben sei, wird Folgendes ausgeführt:

[…]

Der Landtag hat sich im Zuge der Gemeindestrukturreform in mehreren Debattenbeiträgen wie z.B. am 12. November 2012 mit der Frage beschäftigt, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn mit den freiwilligen Gemeindekooperationen oder Gemeindeverbänden die dargestellten gleichen Vorteile erzielt werden können. Es wurde daher geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.

Im Leitbild zur Gemeindestrukturreform wurden die Vor- und Nachteile von Gemeindevereinigungen und Verbandslösungen ausführlich dargestellt. […]

[…]

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012 [vgl. Holoubek/Potacs/Scholz , Art120 B VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in: KWG (Hrsg.), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region, 2012]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt somit zugunsten von Fusionen und Gebietsgemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und […] eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.'

Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Das zeigten auch die bisherigen Erfahrungen mit freiwilligen Verbänden und dem 'Regionext-Modell' zur Bildung von Kleinregionen, die mit der Novellierung (des §38a GemO, LGBl Nr 92/2008) ermöglicht wurden. Obwohl sich viele Gemeinden zu Kleinregionen zusammenschlossen, blieben die erwünschten Effekte dieser Maßnahme weit hinter den Erwartungen zurück.

Auch das immer wieder artikulierte Bedürfnis der Gemeinden nach derartigen Verbänden fand keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. […] Auch die antragstellende Gemeinde hat keinen derartigen Antrag eingebracht.

2.12. Die Antragstellerin argumentiert […], dass die Wahl des schärfsten Mittels bei Vorliegen von gelinderen Mitteln nicht dem Sachlichkeitsgebot entsprechen könne. Gemeindezusammenlegungen, die unter Zwang erfolgen würden, seien als nicht zeitgemäß zu betrachten und entsprächen nicht dem demokratischen Grundverständnis der Republik Österreich.

[…]

Ganz allgemein ist auszuführen, dass die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden (Art116 Abs1 B VG) sowie die Festlegung der Gemeindegebiete zum Gemeinderecht i.S.v. Art115 Abs2 B VG gehören und damit zur Landeskompetenz (VfSlg 7830/1976; 8219/1977). Art115 Abs2 1. Satz B VG legt die Verantwortung über die Gemeindestruktur in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung, die die Gemeindestruktur, dem Grundsatz der abstrakten Einheitsgemeinde entsprechend, nach politischem Ermessen regeln kann (VfSlg 6697/1972; 7830/1976; 8219/1977[…]). Damit ist aber keine Bestandsgarantie der einzelnen Gemeinde verbunden, die den Verlust einer entsprechenden Berechtigung für die antragstellenden Gemeinden rechtlich absichern würde. Aus den Art115 ff B VG folgt zwar die Verpflichtung der Länder, Gemeinden als örtliche Selbstverwaltungseinrichtungen zu bilden, die österreichische Bundesverfassung gewährt den Gemeinden aber dezidiert keine Bestandsgarantie. Ein 'absolutes Recht auf Existenz', gar ein Recht auf eine 'ungestörte Existenz' […] kommt grundsätzlich keiner Gemeinde zu (VfSlg 6697/1972; 8108/1977; 7830/1976).

Gesetzliche Gemeindezusammenlegungen sind somit demokratisch zustande gekommene, bundesverfassungsrechtlich legitimierte Akte.

2.13. Die Antragstellerin führt […] aus, dass durch eine Vereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Hieflau, Landl und Palfau kein leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen werde und insgesamt gesehen keine nachhaltigen Verbesserungen zu erwarten seien. Das Land belege seine Prognose nicht mit den notwendigen Zahlen und Fakten. Die Antragstellerin sei außerdem für sich alleine mehr als 'überlebensfähig' und könne ihre Aufgaben auch in Zukunft bestens erfüllen. Die angedachte Gemeindezusammenlegung gehe an den 'Lebensrealitäten' der BürgerInnen der Gemeinden vorbei und entspreche somit nicht dem aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot.

Seitens der Landesregierung werden zu diesen Bedenken die in den Erläuterungen zu §4 Abs2 StGsrG[…] sowie in der gegenständlichen Äußerung dargelegten erheblichen Vorteile, v.a. durch die bessere Gestaltung des gemeinsamen Siedlungsraumes, die erzielbaren Kosteneinsparungen bei der Zusammenlegung der Verwaltung, deren erhöhte Professionalität sowie durch die effiziente Nutzung der vorhandenen Infrastruktur für die neue Gemeinde entgegengehalten. Auch die negative Bevölkerungsentwicklung und deren Folgen sprechen für die Vereinigung. Die neue Gemeinde wird aufgrund ihrer Bevölkerungszahl von 2.980 und ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit in der Lage sein, die gesetzlichen Anforderungen an eine Gemeinde und des Stabilitätspaktes 2012 zu erfüllen.

[…]

III. Schlussbemerkungen

[…]

Der Gesetzgeber konnte bei der Beschlussfassung des StGsrG davon ausgehen, dass die gegenständliche Gebietsänderung (§4 Abs2 StGsrG) dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot sowie den in §6 Abs2 GemO normierten öffentlichen Interessen entspricht, zumal keine Umstände vorlagen, welche die gegenständliche Vereinigung vorhersehbar untauglich machen, eine Verbesserung der Kommunalstruktur zu erreichen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die antragstellende Gemeinde erstattete eine Replik auf die Äußerung der Stmk. Landesregierung.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

4. Die §§6, 8 und 11 Abs1 der Stmk. Gemeindeordnung 1967 (GemO), LGBl 115, idF LGBl 87/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§6 Gebietsänderungen

(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).

(2) Gebietsänderungen nach Abs1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.

[…]

§8 Vereinigung

(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach §6 Abs2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.

(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.

(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.

(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß §11 Abs1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.

(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.

§11 Gemeinsame Bestimmungen

(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters führt ein von der Landesregierung nach §103 einzusetzender Regierungskommissär die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte. Zu seiner Beratung ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der beteiligten Gemeinden ein Beirat zu bestellen; jeder beteiligten Gemeinde steht das Vorschlagsrecht für ein Beiratsmitglied zu. Bei den übrigen Gebietsänderungen kann die Landesregierung den Gemeinderat auflösen und binnen sechs Monaten Neuwahlen ausschreiben, wenn die Gebietsänderung eine Änderung der Einwohnerzahl zur Folge hat, durch die eine Änderung der Anzahl der Gemeinderäte (§15 Abs1) bewirkt wird, oder wenn der durch die Änderung verursachte Zu- oder Abgang an Einwohnern die bisher auf ein Gemeinderatsmandat entfallende Anzahl von Einwohnern erreicht. Bis zur Angelobung der neugewählten Gemeinderatsmitglieder und des neugewählten Bürgermeisters führen die bisherigen Gemeindeorgane die Geschäfte der Gemeinde weiter. […]"

5. Die §§1, 2, 4 und 7 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§1 Ziele der Strukturreform

(1) Ziel der Reform der gemeindlichen Strukturen im Land Steiermark ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung. Die Strukturreform soll wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden schaffen, die dauerhaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene soll gestärkt und langfristig gesichert werden, um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen im jeweiligen Gemeindegebiet abzudecken und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden.

(2) Die Reform der gemeindlichen Strukturen soll auch entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten. Bestehende Siedlungsverflechtungen sollen sich in den verwaltungsmäßigen Strukturen der Gemeinden widerspiegeln. Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.

§2 Umsetzung der Strukturreform

Die in §1 genannten Ziele werden durch Vereinigung angrenzender Gemeinden (§8 Abs3 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) und durch Aufteilung von Gemeinden auf angrenzende Gemeinden (§10 Abs2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) unter Beachtung der in §6 Abs2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 geregelten öffentlichen Interessen erreicht.

§4 Vereinigung von Gemeinden verschiedener politischer Bezirke

[…]

(2) Die im politischen Bezirk Liezen gelegenen Gemeinden Gams bei Hieflau, Landl und Palfau werden mit der im politischen Bezirk Leoben gelegenen Gemeinde Hieflau zur Gemeinde Landl vereinigt.

§7 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

Die antragstellende Gemeinde ist zur Antragstellung auf Grund des Art140 Abs1 Z1 litc B VG legitimiert: Sie wird durch die bekämpfte, gesetzlich verfügte Gemeindevereinigung entsprechend ihrem Vorbringen schon deswegen nachteilig in ihrer Rechtssphäre berührt, weil sie durch die Vereinigung mit anderen Gemeinden ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Die angefochtene Regelung greift auch unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde ein; ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes steht der antragstellenden Gemeinde nicht zur Verfügung (vgl. VfGH 23.9.2014, G44/2014, V46/2014).

1.2. Der Antrag ist durch einen entsprechenden Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates (vgl. VfGH 23.9.2014, G44/2014, V46/2014) gedeckt: Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 9. Juni 2014 einen Beschluss zur Einbringung eines Individualantrages gegen das StGsrG gefasst.

1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung des §4 Abs2 StGsrG als zulässig. Angesichts dessen ist auf den Eventualantrag nicht einzugehen (vgl. VfSlg 19.411/2011; VfGH 8.10.2014, G83/2014 ua.).

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Die antragstellende Gemeinde Gams bei Hieflau behauptet die Unsachlichkeit der durch die bekämpfte Bestimmung bewirkten Vereinigung mit den Gemeinden Landl, Palfau und Hieflau. Begründend bringt die antragstellende Gemeinde im Wesentlichen Folgendes vor: Zwischen der antragstellenden Gemeinde und den anderen Gemeinden bestünden – insbesondere auf Grund der Entfernung zwischen ihren Hauptsiedlungsschwerpunkten – keinerlei räumliche oder funktionelle Verflechtungen; sie verfüge selbst über hinreichend Grundversorgung und effizient genutzte Infrastruktur vor Ort und befinde sich im Unterschied zu den anderen Gemeinden in einer positiven finanziellen Lage. Es sei nicht zu erwarten, dass durch die bekämpfte Vereinigung ein leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen werde.

2.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes enthält die Bundesverfassung zwar eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution (vgl. insbesondere Art116 Abs1 B VG), sie garantiert der individuellen Gemeinde aber keineswegs ein Recht auf "ungestörte Existenz". Ein absolutes Recht auf Existenz kommt von Verfassungs wegen ausschließlich jenen juristischen Personen zu, die in Verfassungsnormen individuell und nicht bloß der Art nach bezeichnet sind. Maßnahmen, die bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. grundlegend VfSlg 6697/1972, 9373/1982). An dieser Rechtsauffassung hat auch die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehende und durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllende Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl 357/1988, nichts geändert, weil ein solcher Staatsvertrag keinen Maßstab für die Verfassungskonformität eines Gesetzes darstellt. Gemäß Art115 Abs2 B VG obliegt es dem Landesgesetzgeber, das Land in "Gemeinden" zu gliedern und die Gemeindegebiete festzusetzen sowie zu ändern. Insgesamt kommt dem Gesetzgeber dabei ein weitgehender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. ähnlich VfSlg 9655/1983, 9668/1983, 9669/1983, 10.637/1985); er ist aber insbesondere an das – aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende – Sachlichkeitsgebot gebunden. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindegliederung für sich genommen sachlich ist. Dem entsprechend ist es nicht seine Aufgabe, zu untersuchen, ob alternative Festlegungen zweckmäßiger gewesen wären oder bessere Auswirkungen gehabt hätten (vgl. zB VfSlg 6697/1972, 9655/1983, 13.543/1993, wonach der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen), hier etwa die Vereinigung mit anderen Gemeinden oder die Bildung eines – durch die B VG-Novelle BGBl I 60/2011 nunmehr mit einem umfangreicheren Aufgabenbereich ausgestatteten – Gemeindeverbandes gemäß Art116a B VG.

2.4. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 23. September 2014, G44/2014, V46/2014, ausgesprochen hat, bestehen seitens des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber in Verfolgung der sich schon aus §6 Abs2 Stmk. GemO, §1 StGsrG sowie den Erläuterungen zum StGsrG ergebenden Ziele Gebietsänderungen bzw. Vereinigungen von Gemeinden vorsieht, sofern jede dieser Maßnahmen dem Sachlichkeitsgebot entspricht.

2.4.1. Bei der Untersuchung der Frage, ob das StGsrG verfassungsmäßig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes betreffend die Vereinigung der Gemeinden an; dies deshalb, weil es sich dabei um eine einmalige Maßnahme handelt (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 10.637/1985, 11.629/1988, 11.858/1988, 13.543/1993). Es ist dabei unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes zu prüfen, ob sich das Gesetz im Lichte der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der Gesetzgeber zu beurteilen, ob die Gemeindevereinigung insgesamt – also nicht bloß auf die Belange der einzelnen Gemeinde bezogen – eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten lässt (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Änderung der Gemeindestruktur vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Vereinigung einer Kleingemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993), wobei es sich bei dieser Einwohnerzahl nicht um eine starre Grenze, sondern um einen Richtwert handelt (vgl. VfSlg 9668/1983).

Ausnahmen von diesem Grundsatz haben sich in jenen Fällen ergeben, in denen die Vereinigung einer Kleingemeinde – mit welcher anderen Gemeinde immer – auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 9793/1983, 9819/1983, 11.372/1987); ferner in einem Fall, in dem eine Gemeinde mit räumlich nicht geschlossenem Gemeindegebiet neu geschaffen wurde, obgleich nicht ganz besondere Umstände dazu zwangen (vgl. VfSlg 9814/1983), und in einem Fall, in dem die Vereinigung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere Gemeinden (vgl. VfSlg 9068/1981) – beispielsweise unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen – "voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Vereinigung oder Aufteilung oder auch das Belassen der Gemeinde" (vgl. VfSlg 13.543/1993).

2.4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung weiters ausgeführt, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprechen. Der Umstand alleine, dass eine Änderung der Gemeindestruktur auch Nachteile bewirkt, macht eine solche Maßnahme aber noch nicht unsachlich (so schon VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988).

2.5. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde als unbegründet:

2.5.1. Durch den bekämpften §4 Abs2 StGsrG wird die antragstellende Gemeinde Gams bei Hieflau mit den Gemeinden Landl, Palfau und Hieflau zur Gemeinde Landl vereinigt. Die antragstellende Gemeinde hatte mit 1. Jänner 2013 565 Einwohner, die Gemeinde Landl 1.279, die Gemeinde Palfau 396 und die Gemeinde Hieflau 740 (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom 28.5.2014). Die antragstellende Gemeinde ist daher als Kleingemeinde zu qualifizieren, deren Vereinigung mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist. Dem verschlägt auch der von der antragstellenden Gemeinde ins Treffen geführte Umstand nichts, dass andere Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern nicht mit anderen Gemeinden vereinigt worden sind, lassen sich daraus doch keine Rückschlüsse auf die Unsachlichkeit der vorliegenden Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit anderen Gemeinden ziehen (vgl. VfSlg 9668/1983).

Besondere Umstände, die trotz der geringen Einwohnerzahl für das eigenständige Weiterbestehen der antragstellenden Gemeinde sprächen, liegen nicht vor.

2.5.2. Der Bevölkerungsstand der antragstellenden Gemeinde ist, wie diese in ihrer Replik auf die Äußerung der Stmk. Landesregierung selbst konzediert, stark rückläufig, sodass der Landesgesetzgeber vertretbar von einem weiteren Bevölkerungsverlust bis 2030 auf 522 Einwohner ausgeht. Auch die Gemeinden Landl, Hieflau und Palfau weisen deutlich negative Bevölkerungsentwicklungen auf. Zudem legt die Stmk. Landesregierung dar, dass mit einer (weiteren) Alterung der Bevölkerung in diesen Gemeinden zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Verfassungsgerichtshof jedenfalls nachvollziehbar, wenn der Landesgesetzgeber die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gemeinden bei abnehmender und gleichzeitig fortschreitend alternder Bevölkerung als zentrale Zukunftsherausforderung erachtet (vgl. dazu die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 213 ff.). Der Annahme des Landesgesetzgebers, dass die neue Gemeinde mit insgesamt 2.980 Einwohnern (fiktiver Bevölkerungsstand vom 1.1.2013) durch die Nutzung etwa der Instrumente der Raumplanung und einen effizienteren Einsatz der vorhandenen Infrastruktur besser in der Lage sein wird, auf diese Herausforderung zu reagieren, ist die antragstellende Gemeinde nicht wirksam entgegengetreten.

2.5.3. Die von der bekämpften Vereinigung betroffenen Gemeinden nehmen eine periphere Lage östlich des Liezener Zentralraumes ein. Topographisch hat ihr Gebiet Anteil an den Ausläufern der Hochschwabgruppe sowie dem Gesäuse, nördlich schließen bereits die Ybbstaler Alpen an. Die antragstellende Gemeinde grenzt vom Süden bis zum Westen an die Gemeinde Landl und im Norden an die Gemeinde Palfau; an die Gemeinde Landl wiederum grenzt im Süden die Gemeinde Hieflau. Die bekämpfte Vereinigung führt sohin zu einem geschlossenen Gemeindegebiet. Soweit die antragstellende Gemeinde zur Darlegung der behaupteten Verfassungswidrigkeit vorbringt, es bestünden zwischen ihr und den anderen von der Vereinigung betroffenen Gemeinden keine Siedlungsverflechtungen, so ist ihr zu entgegnen, dass solche Verflechtungen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keine zwingende Voraussetzung für die Sachlichkeit einer Gemeindevereinigung darstellen. Aus raumordnungspolitischer Sicht kann es durchaus zweckmäßig sein, wenn eine Gemeinde – etwa auf Grund der vorliegenden geographischen und topographischen Gegebenheiten – mehrere geschlossene, aber räumlich voneinander getrennte Siedlungen (Ortschaften) aufweist (vgl. VfSlg 10.637/1985).

Die Gemeinden sind durch mehrere Bundes- und Landesstraßen miteinander verbunden; die antragstellende Gemeinde ist über die B 25 in die südliche Richtung an die Gemeinde Landl (weiter über die B 115 außerdem an die Gemeinde Hieflau) und in die nördliche Richtung an die Gemeinde Palfau angeschlossen. Dass der Siedlungsschwerpunkt der antragstellenden Gemeinde und jener der Gemeinde Landl circa sechs Kilometer entfernt voneinander liegen, begründet für sich allein keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung (vgl. VfSlg 9655/1983, 10.637/1985, 11.629/1988, 13.543/1993). Angesichts der topographischen Rahmenbedingungen und der dadurch bedingten losen Siedlungsstruktur in diesen Gebieten vermag der Verfassungsgerichtshof bei einer Gesamtbetrachtung auch keine Unsachlichkeit darin zu erblicken, dass die Distanz von der Gemeinde Landl zu entlegeneren Gebieten der antragstellenden Gemeinde bis zu 15 Kilometer beträgt. Auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, die B 25 führe zwischen ihr und der Gemeinde Landl über einen im Winter unwegsamen Streckenabschnitt, ist nicht geeignet, die Annahme einer hinreichenden verkehrsmäßigen Verknüpfung der betroffenen Gemeinden zu erschüttern, zumal dieser Streckenabschnitt nach Angaben der Stmk. Landesregierung mit geeigneter Winterausrüstung auch im Winter sicher befahrbar ist. Soweit die antragstellende Gemeinde in diesem Zusammenhang noch ein ungenügendes Angebot an öffentlichen Verkehrsverbindungen und das Fehlen einer "direkten Linie" von der antragstellenden Gemeinde zur Gemeinde Landl behauptet, weist die Stmk. Landesregierung auf die bestehende Verbundlinie 922 hin, mit welcher eine (telefonisch abrufbare) öffentliche Direktverbindung zwischen diesen Gemeinden hergestellt ist.

Vor dem Hintergrund dieser Gegebenheiten geht der Landesgesetzgeber vertretbar davon aus, dass sich durch die Vereinigung neue Handlungsspielräume hinsichtlich der Raumentwicklung und Raumnutzung ergeben und entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für Siedlungsraum ermöglichen, womit sich gerade in Gebieten – wie dem vorliegenden Gebiet – mit einschränkend-begrenzenden Rahmenbedingungen für die Siedlungsentwicklung Vorteile ergäben (vgl. dazu die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 213 ff.). Nach ebenso nachvollziehbarer Ansicht des Landesgesetzgebers werde mit der Vereinigung auch die Wirtschaft gestärkt, bilde sie doch die Grundlage für eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung, etwa im Hinblick auf den Tourismusschwerpunkt der neuen Gemeinde.

2.5.4. Die antragstellende Gemeinde verfügt über Grundversorgung vor Ort und ist unter anderem Volksschulstandort. Über diese Grundversorgung hinaus orientieren sich ihre Bürger – ausweislich der Gesetzesmaterialien – hinsichtlich der Versorgung mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen nach der Gemeinde Landl, die ergänzende Infrastruktureinrichtungen bietet. Auch die Gemeinden Landl und Hieflau verfügen jeweils vor Ort über eine Grundversorgung und sind Volksschulstandorte. Die Gemeinde Palfau dagegen ist mit öffentlichen und privaten Gütern unterversorgt und in dieser Hinsicht – sowie hinsichtlich der Volksschule – nach der Gemeinde Landl orientiert. Der Landesgesetzgeber geht nachvollziehbar davon aus, dass durch die Vereinigung dieser Gemeinden ein paralleler Betrieb von gering ausgelasteten, identischen Einrichtungen vermieden und auf diese Weise die vorhandene kommunale Infrastruktur effizienter genutzt werden kann. Wie die Stmk. Landesregierung darlegt, soll durch die Vereinigung gerade die Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung im Gemeindegebiet langfristig sichergestellt werden. Daran, dass der Landesgesetzgeber bei den betroffenen Gemeinden bereits an bestehende funktionelle Verflechtungen anknüpfen kann, besteht für den Verfassungsgerichtshof angesichts der von der Stmk. Landesregierung aufgezeigten Kooperationen und Verbände zwischen diesen Gemeinden sowie der Pendlerstatistik kein Zweifel. Zudem steht die antragstellende Gemeinde selbst etwa auf dem Standpunkt, dass ein Besuch ihrer Volksschule durch Schüler der Gemeinde Palfau den Schulstandort nachhaltig sicherstellen könnte bzw. hätte können.

2.5.5. Die antragstellende Gemeinde weist – wie auch die Gemeinde Palfau – trotz ihrer geringen Steuerkraftkopfquote eine positive finanzielle Lage auf. Demgegenüber ist die finanzielle Lage der Gemeinden Landl und Hieflau deutlich schwieriger; sie konnten ihre Haushalte regelmäßig nicht ausgleichen.

Der Landesgesetzgeber geht nachvollziehbar davon aus, dass durch die bekämpfte Vereinigung die politische Vertretung verkleinert und die bestehenden Gemeindeverwaltungen zusammengeführt und professionalisiert werden (vgl. dazu die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 213 ff.). Auf diese Weise sinke der finanzielle Aufwand im Bereich der politischen Organe, der Gemeindeverwaltung und der Anschaffung von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern. Zudem seien durch eine effizientere Nutzung der Infrastruktur sowie eine optimierte Raumplanung Einsparungen bzw. ein effizienterer Einsatz der vorhandenen Budgetmittel zu erwarten. Durch die Vereinigung werde die neue Gemeinde auch in finanzieller Hinsicht leichter in der Lage sein, ihre Pflichtaufgaben selbstständig zu erfüllen und daneben die notwendigen Investitionen für die Gestaltung des kommunalen Raumes und ihre Gemeindemitglieder durchzuführen. Dass die bekämpfte Vereinigung dem Grunde nach ein Einsparungspotential birgt, bestreitet auch die antragstellende Gemeinde nicht. Ein allfälliger – von der antragstellenden Gemeinde in den Raum gestellter – Rückgang der Finanzzuweisungen gemäß §21 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 verschlägt der Prognose eines ausgabenseitigen Einsparungspotentials nichts.

Soweit die antragstellende Gemeinde in diesem Zusammenhang rügt, sie werde "zur Mitfinanzierung der hohen Aufwendungen in den anderen Fusionsgemeinden verpflichtet", ist ihr entgegenzuhalten, dass sich der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums bewegt, wenn er auf einen Ausgleich zwischen einer finanziell stärkeren und einer finanziell schwächeren Gemeinde abzielt (vgl. zB schon VfSlg 9655/1983, 10.637/1985).

2.5.6. Die Behauptung der antragstellenden Gemeinde, die bekämpfte Vereinigung führe gegenüber ihren Gemeindebürgern zu einer Erhöhung der Gebühren für die Benützung einzelner Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, stützt sich im Wesentlichen auf einen Vergleich der bisher in den betroffenen Gemeinden festgelegten Gebühren; aus diesem Vergleich allein können aber keine – eine allfällige Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung begründenden – Schlüsse auf die Höhe der künftigen, durch die Gemeindevertretung der neuen Gemeinde auf Grund der gesetzlichen Vorgaben (insb. §15 Abs3 Z4 Finanzausgleichsgesetz 2008; vgl. dazu zuletzt VfGH 11.3.2014, B462/2013 ua.) festzulegenden Gebühren gezogen werden. Auch mit dieser Behauptung ist daher keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung dargelegt.

2.5.7. Zum Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass nicht geprüft wurde, ob ein Gemeindeverband zweckmäßiger wäre, ist auf Punkt 2.3. zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindevereinigung – sohin die bekämpfte Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Landl, Hieflau und Palfau – für sich genommen sachlich ist.

2.5.8. Zum Vorbringen, dass die Bevölkerung gegen diese Maßnahme eingestellt sei, genügt es auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein anhaltender Widerstand der Bevölkerung allenfalls ein Indiz für die Unsachlichkeit sein kann, für sich alleine jedoch noch keine Unsachlichkeit zu begründen vermag (vgl. VfSlg 13.543/1993 mwN).

2.5.9. Die antragstellende Gemeinde vertritt die Auffassung, dass für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer Gemeindestrukturreform eine umfassende Grundlagenforschung und Begründung erforderlich sei, eine solche jedoch nicht vorgenommen worden sei.

Wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist dem StGsrG ein mehrjähriger Gemeindestrukturreformprozess vorangegangen, in dessen Rahmen die Grundlagen für die Veränderung der Gemeindestruktur in der Steiermark (u.a. durch wissenschaftliche Studien) ermittelt und die Gemeindevereinigungen in mehreren Phasen intensiv vorbereitet wurden; in der sogenannten Verhandlungsphase vom Februar 2012 bis September 2012 wurden die Vorstellungen des Landes und die Vorschläge der Gemeinden auch mit den betroffenen Gemeinden diskutiert, und in der Entscheidungsphase vom Oktober 2012 bis Jänner 2013 wurden die Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Vorschlags- und Verhandlungsphase ebenfalls mit Gemeindevertretern besprochen. Deshalb ist auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass sie in den Reformprozess nicht eingebunden gewesen sei, nicht zutreffend: So fand beispielsweise am 16. Mai 2012 ein solches Verhandlungsgespräch mit Vertretern der antragstellenden Gemeinde, der übrigen betroffenen Gemeinden und des Landes Steiermark statt, in welchem die konkrete Gemeindekonstellation diskutiert wurde. Außerdem nahm die antragstellende Gemeinde mehrmals Gelegenheiten zur schriftlichen Stellungnahme in Anspruch, so etwa am 21. Jänner 2013, am 20. August 2013 und am 30. Oktober 2013.

Selbst wenn das StGsrG ohne vorangegangene Grundlagenforschung oder ohne Begründung erlassen worden wäre, begründete dies noch keine Unsachlichkeit des Gesetzes, solange die mit diesem Gesetz erfolgte Vereinigung der Gemeinden im Ergebnis sachlich gerechtfertigt ist (vgl. VfGH 23.9.2014, G44/2014, V46/2014).

2.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Landesgesetzgeber begründet annehmen konnte, dass durch die bekämpfte Gemeindevereinigung insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur zu erwarten ist. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wurde nicht überschritten. Die von der antragstellenden Gemeinde vorgebrachten Bedenken haben sich nicht als zutreffend erwiesen.

IV. Ergebnis

6. Der Antrag ist daher als unbegründet abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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