. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin sind durch die angefochtenen Entscheidungen, soweit damit die Abweisung der Beschwerde betreffend die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgesprochen wird, in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden.
Die Entscheidungen werden insoweit aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.877,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Einschreiter ist georgischer Staatsangehöriger, die Beschwerdeführerinnen gehören der Russischen Föderation an. Der Einschreiter und die Zweitbeschwerdeführerin sind die – mittlerweile geschiedenen – Eltern der am 17. April 2004 in Österreich geborenen, minderjährigen Erstbeschwerdeführerin. Sie reisten am 9. Juni 2003 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten – nach der Geburt der Erstbeschwerdeführerin auch für diese – Anträge auf internationalen Schutz. In der Folge erkannte ihnen das Bundesasylamt den Status subsidiär Schutzberechtigter zu und erteilte befristete Aufenthaltsgenehmigungen.
2. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 27. März 2012 wurden dem Einschreiter sowie den Beschwerdeführerinnen die Status subsidiär Schutzberechtigter aberkannt (Spruchpunkt I), die befristeten Aufenthaltsgenehmigungen entzogen (Spruchpunkt II) und die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgesprochen (Spruchpunkt III). Die dagegen erhobenen Beschwerden wies der Asylgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Entscheidungen vom 2. August 2013 ab.
Die Spruchpunkte I und II begründete der Asylgerichtshof im Wesentlichen damit, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Hinweise auf eine allgemeine Not- oder Gefährdungslage vorlägen, denen der Einschreiter sowie die Beschwerdeführerinnen im Falle ihrer Rückkehr in ihre Herkunftsstaaten ausgesetzt seien. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Einschreiters seien in dessen Herkunftsstaat behandelbar.
Hinsichtlich des Spruchpunktes III führte der Asylgerichtshof im Wesentlichen aus, dass ein gemeinsames Zusammenleben sowohl im Herkunftsstaat des Einschreiters als auch im Herkunftsstaat der Zweitbeschwerdeführerin möglich sei, insbesondere da die Erstbeschwerdeführerin ihre – bislang sehr erfolgreiche – schulische Ausbildung lediglich begonnen habe, über Kenntnisse der russischen und georgischen Sprache verfüge und ihre Eingliederung durch Verwandte erleichtert werden könne. Auf Grund der befristeten Aufenthaltsgenehmigung hätten weder der Einschreiter noch die Beschwerdeführerinnen auf einen Verbleib in Österreich vertrauen dürfen. Weder im Hinblick auf den wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getretenen Einschreiter noch im Hinblick auf die zwar unbescholtene und seit Oktober 2009 als Küchenhilfe tätige, jedoch nicht selbsterhaltungsfähige Zweitbeschwerdeführerin ohne Ausbildung in Österreich könne von einer gelungenen Integration gesprochen werden.
3. Gegen diese Entscheidungen richtet sich die vorliegende gemeinsame Beschwerde der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, in denen die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere auf Achtung des Privat- und Familienlebens behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen beantragt wird. Der Einschreiter stellte – wie auch die Beschwerdeführerinnen – einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylgerichtshof das Privat- und Familienleben betreffende Umstände wie Aufenthalts- und Verfahrensdauer, Integration und Sprachkenntnisse nicht ausreichend berücksichtigt habe.
4. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und verwies auf die Begründung der angefochtenen Entscheidungen.
II. Erwägungen
A. Die – zulässigen – Beschwerden sind, soweit sie sich gegen die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen aus dem österreichischen Bundesgebiet richten, begründet.
1. Ein Eingriff in das durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art8 Abs1 EMRK widersprechenden und durch Art8 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl. VfSlg 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken (vgl. VfSlg 19.612/2011).
2. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Asylgerichtshof bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerinnen unterlaufen:
2.1. Wenn der Asylgerichtshof annimmt, dass die Erstbeschwerdeführerin über Kenntnisse der russischen Sprache verfüge (zum Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse im Herkunftsstaat vgl. VfGH 27.9.2013, U2234/2012 ua.) und somit eine Integration in der Russischen Föderation möglich und zumutbar sei, so ist dies nicht nachvollziehbar. Dem Protokoll der am 17. Dezember 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung ist folgende Aussage der Mutter der Erstbeschwerdeführerin zu entnehmen: "[Meine Tochter] hat auch Probleme mit der russischen Sprache. Sie ist hier [in Österreich] geboren und aufgewachsen. Sie spricht nur deutsch und konnte früher noch ein bisschen georgisch." Bei der Beurteilung der Gefährdung des Kindeswohles im Falle einer Ausweisung erwähnt der Asylgerichtshof zwar, dies jedoch ohne nähere Auseinandersetzung und Konsequenz, dass die Erstbeschwerdeführerin in Österreich geboren wurde, deutsch als Muttersprache spricht, Zeit ihres Lebens nie außerhalb Österreichs gelebt hat, mit Erfolg am Unterricht teilnimmt und in die Klassengemeinschaft bestens integriert ist (zur Bedeutung eines dauerhaften und erfolgreichen Schulbesuches von Minderjährigen vgl. VfSlg 19.612/2011).
2.2. Der Asylgerichtshof rückt zur Integration der Zweitbeschwerdeführerin ihre mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit und eine fehlende Ausbildung in Österreich in den Vordergrund und stellt diesen Aspekten keinerlei für die Integration sprechende Gründe gegenüber. Dass derartige Gründe nach einem fast zehnjährigen Aufenthalt hervorkommen könnten, ist zumindest anzunehmen. Auch werden die wesentlichen Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2012 nicht gewürdigt, wie etwa die sozialen Kontakte, die seit Oktober 2009 bestehende Erwerbstätigkeit und das Bemühen der Zweitbeschwerdeführerin um stetige Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse.
2.3. Der Asylgerichtshof hat damit wesentliche Aspekte nicht bzw. nicht hinreichend in die Abwägung der Interessen der Beschwerdeführerinnen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung einbezogen und daher die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt.
B. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG in der mit 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Fassung). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
2. Die vorliegende gemeinsame Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
3. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
C. Der Antrag des Einschreiters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Der Einschreiter beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen die oben angeführte Entscheidung des Asylgerichtshofes .
Unter Bedachtnahme auf die dem Verfassungsgerichtshof zur Verfügung stehenden Unterlagen besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Entscheidung auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht oder dass bei der Gesetzeshandhabung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre; es ergeben sich vielmehr ausschließlich Fragen der richtigen Rechtsanwendung, die jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Verfassungsgerichtshofes fallen. Eine Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erscheint somit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage sogar die Ablehnung der Beschwerdebehandlung zu gewärtigen wäre.
Der Antrag ist sohin mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerinnen sind somit durch die angefochtenen Entscheidungen, soweit damit die Beschwerde gegen die vom Bundesasylamt verfügte Ausweisung abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden.
2. Die angefochtenen Entscheidungen sind daher insoweit aufzuheben.
3. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und der Verfahrenshilfeantrag des Einschreiters abgewiesen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz bzw. §19 Abs3 Z1 iVm §31 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 218,– und Umsatzsteuer in Höhe von € 479,60 enthalten.
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