JudikaturVfGH

G2/83 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 1983

Spruch

§44 des Landesgesetzes vom 19. Dezember 1972, LGBl. für Wien Nr. 11/1973, über die Regelung der Sozialhilfe (Wr. Sozialhilfegesetz - WSHG) wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. November 1984 in Kraft.

Der Landeshauptmann von Wien ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Entscheidungsgründe:

I.

"1. a) Am 13./14./17. Dezember 1973 schlossen die Bundesländer OÖ, Tir. und Vbg., jeweils vertreten durch ihre Landeshauptmänner, gemäß Art107 B-VG idF vor der Nov. BGBl. Nr. 444/1974 eine Vereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe.

Nach Art1 dieser Vereinbarung sind die Träger der Sozialhilfe eines Vertragslandes - im folgenden als "Träger" bezeichnet - verpflichtet, den Trägern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen.

Art2 der Vereinbarung bestimmt:

"Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfesuchenden

a) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder

b) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, idF BGBl. Nr. 54/1946, erwachsen."

Im Art3 Abs1 der Vereinbarung wird die Zuständigkeit wie folgt geregelt:

"Soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zugrundeliegen, zu tragen hat."

Art7 der Vereinbarung lautet:

"Über die Verpflichtung zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Trägerliegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden."

Nach Art9 der Vereinbarung steht diese zum vorbehaltlosen Beitritt durch andere Länder offen. Der Beitritt ist den Vertragsländern gegenüber schriftlich zu erklären. Er wird drei Monate nach Ablauf des Tages wirksam, an dem gegenüber allen Vertragsländern die Erklärung abgegeben ist.

b) Der (auf der Stufe eines einfachen Landesgesetzes stehende) §44 des Wr. Landesgesetzes vom 19. Dezember 1972, LGBl. Nr. 11/1973, über die Regelung der Sozialhilfe (Wr. Sozialhilfegesetz - WSHG) bestimmt:

"§44. (1) Das Land Wien hat den Sozialhilfeträgern anderer Länder nach Maßgabe der nach Art107 B-VG mit diesen Ländern abgeschlossenen Vereinbarungen unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe zu leisten.

(2) Die Vereinbarungen nach Abs1 sind vom Landeshauptmann im Landesgesetzblatt kundzumachen."

c) Im Wr. LGBl. 1974 ist unter Nr. 9 die Kundmachung des Landeshauptmannes vom 21. März 1974 betreffend den Beitritt des Landes Wien zu einer Vereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (im folgenden kurz: WSHKdm.) abgedruckt. Sie lautet:

"Gemäß §44 Abs2 des Gesetzes vom 19. Dezember 1972 über die Regelung der Sozialhilfe (Wr. Sozialhilfegesetz - WSHG), LGBl. für Wien Nr. 11/1973, wird kundgemacht:

Das Land Wien, vertreten durch den Landeshauptmann, hat den Beitritt zu der nachstehenden Vereinbarung gemäß Art107 B-VG erklärt:

..." (es folgt der Text der wiederholt erwähnten Vereinbarung)

"Die Beitrittserklärung wurde gegenüber den Vertragsländern OÖ, Tir. und Vbg. am 21. März 1974 abgegeben. Der Beitritt wird daher gemäß Art9 Abs2 der Vereinbarung am 22. Juni 1974 wirksam."

d) Das Land NÖ ist der Vereinbarung mit Wirksamkeit vom 3. Juni 1976 beigetreten (LGBl. für NÖ 9200/6-0).

2. a) Der VwGH hat aus Anlaß der bei ihm zu Z 11/0205/79 anhängigen Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG iVm. Art89 Abs2 B-VG an den VfGH den Antrag gestellt,

"Art7 der Vereinbarung zwischen den Ländern OÖ, Tir. und Vbg. vom 17. Dezember 1973 über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe als Bestandteil der Kundmachung des Landeshauptmannes von Wien vom 21. März 1974, LGBl. Nr. 9, betreffend den Beitritt des Landes Wien zu dieser Vereinbarung, als Gesetzwidrig aufzuheben".

b) Der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zugrunde:

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1978, Z MA 12-11.570/77 KE, hat die Wr. Landesregierung unter Bezugnahme auf Art7 der wiederholt erwähnten Vereinbarung, der die Bundesländer Wien und NÖ beigetreten sind (s. oben I.1.c und d), ausgesprochen, der Magistrat der Stadt Wien - Sozialamt sei nicht verpflichtet, die für Renate G "in der Zeit vom 31. Dezember 1977 bis 11. 1979 (richtig offenbar: bis 11. Jänner 1978)" im Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus W a. d. Thaya und ab 12. Jänner 1978 für die mj. Daniela-Sabine G im nö. Landes-Säuglings- und Kleinkinderheim "Sch." entstandenen Pflegegebühren und am 17. April 1978 anfallenden Pflegegelder zu ersetzen.

Gegen diesen Bescheid hat das Bundesland NÖ fristgerecht Beschwerde an den VwGH erhoben.

c) Der VwGH ist der Ansicht, daß die angefochtene Bestimmung im erwähnten Beschwerdefall präjudiziell sei.

Er vertritt weiters die Meinung, daß die WSHKdm. im Verordnungsrang stehe. Sie stütze sich auf §44 Abs2 WSHG.

Nach einer Wiedergabe des Textes des §44 WSHG legt der VwGH seine Bedenken wie folgt dar:

"Die Bestimmung des §44 WSHG enthält somit eine Regelung über den vom Bundesland Wien zu leistenden Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe an Sozialhilfeträger anderer Bundesländer, also an außerhalb des Bundeslandes Wien gelegene Sozialhilfeträger. Es wird dabei dem Grunde nach auf das Vorliegen bestimmter örtlicher Anknüpfungspunkte, die in der Person des Hilfeempfängers zum Bundesland Wien gelegen sein müssen, sowie auf das Ausmaß einer solchen sich daraus ergebenden Ersatzleistung Bezug genommen. Eine gesetzliche Anordnung darüber, wie vorzugehen ist, wenn das Bundesland Wien einen Ersatz der Kosten ablehnt, fehlt hingegen. Es wird mit keinem Wort erwähnt, daß im Streitfall der Verwaltungsweg zu beschreiten sei und eine der beiden in Betracht kommenden Landesregierungen bzw. welche von ihnen darüber zu entscheiden habe.

Im Art7 der bereits genannten Vereinbarung ist aber eine derartige Lösungsmöglichkeit für Streitfälle und im Zusammenhang damit die Schaffung einer entsprechenden Zuständigkeit normiert worden. Diese Regelung findet im §44 WSHG keine Deckung und widerspricht demnach dem Art18 Abs2 B-VG. Solche Zuständigkeiten können, da es sich hiebei zweifellos um ein wesentliches Merkmal einer Regelung handelt, nur durch den Gesetzgeber, nicht aber im Verordnungsweg, in dem lediglich Präzisierungen im Rahmen der vom Gesetzgeber bereits vorgegebenen Richtlinien zulässig sind, begründet werden. Daran hat weder die frühere Bestimmung des Art107 B-VG noch die jetzt geltende des Art15a B-VG etwas geändert, sodaß es ohne Belang ist, daß der gegenständlichen Verordnung eine Ländervereinbarung zugrundeliegt (vgl. hiezu den hg. Antrag vom 30. September 1980, Z A20/80).

Dazu kommt, daß selbst dann, wenn eine hinreichende Verordnungsermächtigung angenommen werden könnte, gegen eine solche Zuständigkeitsregelung ebenfalls Bedenken bestünden. Jede Verwaltungsbehörde darf nämlich von dem ihr nach Art18 Abs2 B-VG zustehenden Verordnungsrecht nur innerhalb ihrer sachlichen und örtlichen Kompetenz Gebrauch machen. Nun sind zwar Angelegenheiten der Sozialhilfe infolge der durch den Bund nicht ausgeschöpften Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Art12 Abs1 Z2 B-VG ('Armenwesen') in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache (vgl. das Erk. des VfGH vom 13. März 1976, Slg. Nr. 7764), jedoch in bezug auf das jeweilige Bundesland immer nur innerhalb der Landesgrenzen. Gemäß Art15a Abs2 B-VG können Vereinbarungen der Länder untereinander gleichfalls nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches getroffen werden. Nun umschließt weder das Gesetzgebungsrecht der Länder die Befugnis, Organe vorzusehen, die für mehrere Länder mit rechtsverbindlicher Kraft Entscheidungen treffen können, noch die Vollziehungsgewalt der Länder das Recht, für mehrere Länder verbindliche Entscheidungen zu fällen (vgl. Rill, Gliedstaatsverträge, 679, zur Frage vereinbarter Schiedsgerichtsbarkeit, wobei diese grundsätzlichen Überlegungen jedoch auch hier gelten). Die Schaffung einer grenzüberschreitenden Kompetenz, die sich im vorliegenden Beschwerdefall für die Wr. Landesregierung gemäß Art7 der bereits genannten Vereinbarung ergibt, steht somit nicht im Einklang mit dem B-VG."

3. Der VfGH hat aus Anlaß dieses bei ihm zu V38/81 protokollierten Verordnungsprüfungsantrages gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §44 WSHG eingeleitet.

Er hat diesen Einleitungsbeschluß wie folgt begründet:

"1. a) aa) Im Verordnungsprüfungsverfahren wurde eingewendet, die vom VwGH angefochtene Bestimmung sei keine Verordnung (s. oben I.3.a) und könnte daher nicht nach Art139 B-VG von einem Gericht beim VfGH bekämpft werden. Der Verordnungsprüfungsantrag sei daher unzulässig.

Dies scheint aus folgenden Gründen nicht zuzutreffen:

bb) Die wiederholt erwähnte Vereinbarung zwischen den Ländern OÖ, Tir. und Vbg. wurde am 13./14./17. Dezember 1973 abgeschlossen; der Beitritt des Landes Wien zu dieser Vereinbarung wurde mit 22. Juni 1974 wirksam.

Beide Schritte erfolgten also zwar noch während der Geltung des Art107 B-VG idF vor der Nov. BGBl. Nr. 444/1974. Der VfGH geht aber von der in seinem - beiliegenden Erk. vom 9. Dezember 1982 V37/80 geäußerten Ansicht aus, daß nach Inkrafttreten des durch die zitierte Nov. dem B-VG eingefügten Art15a Abs2 auch solche Vereinbarungen der Länder untereinander (im folgenden kurz: 'Vereinbarungen' oder 'Ländervereinbarungen'), die bereits früher abgeschlossen wurden, nach dieser Verfassungsbestimmung zu beurteilen sind.

Der VfGH kam im oben zitierten Erk. V37/80 zum Ergebnis, daß Ländervereinbarungen - im Gegensatz zu Staatsverträgen, die von der Republik Österreich mit anderen Völkerrechtssubjekten abgeschlossen werden - von der Bundesverfassung nicht als eigene, den einzelnen Normunterworfenen ansprechende Rechtssatztype zugelassen sind, sondern daß ihr Inhalt nur durch Gesetz oder durch Verordnung als für den einzelnen verpflichtend und ihn berechtigend erklärt werden kann.

cc) Die WSHKdm. scheint von der Absicht getragen zu sein, den Inhalt der unter I.1.a erwähnten Vereinbarung - die als solche (vorerst) nur die Vertragspartner zu binden scheint (s. die vorstehende sublitbb) - nunmehr auch für den Wr. Träger der Sozialhilfe als verpflichtend und für die in anderen Bundesländern, die Partner dieser Ländervereinbarung sind, eingerichteten Sozialhilfeträger als berechtigend zu erklären, sohin die Sozialhilfeträger zu verpflichten und zu berechtigen, nach Maßgabe dieser Vereinbarung Kostenersatz zu leisten und zu empfangen. Daran dürfte nichts ändern, daß der Wr. Sozialhilfeträger das Land Wien ist.

Nach §44 Abs2 WSHG - auf diese Bestimmung nimmt die Einleitung der WSHKdm. Bezug - sind Sozialhilfevereinbarungen mit anderen Bundesländern vom Landeshauptmann im Landesgesetzblatt kundzumachen. Gemäß §2 Abs1 des Wr. Landesgesetzes vom 30. Oktober 1945, LGBl. der Stadt Wien Nr. 1/1945, über das Gesetzblatt der Stadt Wien ist dieses Gesetzblatt ua. bestimmt zur Verlautbarung der Verordnungen des Bürgermeisters als Landeshauptmann (litc) und 'sonstiger Bestimmungen, deren rechtsverbindliche Kraft von der Verlautbarung im Gesetzblatt der Stadt Wien abhängig ist' (litd).

Der VfGH geht aufgrund dieser Überlegungen vorläufig davon aus, daß die WSHKdm. - ungeachtet dessen, daß sie sich selbst als 'Kundmachung' bezeichnet - nicht eine bloß der Information der Bevölkerung über den erfolgten Abschluß der Ländervereinbarung dienende Publikation ist, sondern daß sie Normwirkungen entfaltet. Ob diese Annahme zutrifft oder nicht, ist eine der Fragen, die im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein wird.

Der als 'Kundmachung' bezeichnete Akt samt der 'kundgemachten' Vereinbarung ist sohin anscheinend als Verordnung des Landeshauptmannes von Wien zu werten, die dadurch, daß sie als Bestandteil die Vereinbarung wiedergibt, diese als für bestimmte Sozialhilfeträger verpflichtende und berechtigende Vorschrift in Geltung setzt. Die 'Kundmachung' samt der von ihr rezipierten Vereinbarung ist daher nach der vorläufigen Annahme des VfGH eine Verordnung und daher gemäß Art139 B-VG vom VwGH beim VfGH bekämpfbar.

dd) Aus Ländervereinbarungen entstehende Streitigkeiten können dem Art138a Abs2 B-VG zufolge nur von einer beteiligten Landesregierung vor den VfGH gebracht werden. Die Bundesverfassung enthält keine Bestimmung, die Gerichte ermächtigt, eine Ländervereinbarung als solche beim VfGH anzufechten.

Der VwGH stützt den vorliegenden Antrag aber gar nicht auf Art138a Abs2, sondern auf Art139 B-VG.

Der VfGH geht vorläufig davon aus, daß sich der Anfechtungsantrag des VwGH nicht gegen Art7 der nur die Länder als Vertragspartner bindenden Vereinbarung, sondern gegen den Transformationsakt wendet, der den Inhalt dieser Vereinbarungsbestimmung zu Wr. Landesrecht macht, sohin gegen Art7 der Vereinbarung als mittelbarer Inhalt der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 9/1974.

Mögliche Zweifel, die sich aus dem Wortlaut des Antrages des VwGH ergeben könnten, scheinen durch die Begründung des Antrages ausgeräumt zu werden.

ee) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß sich der Antrag des VwGH gegen eine Verordnungsbestimmung zu richten scheint.

Der VfGH nimmt weiters vorläufig an, daß die bekämpfte Verordnungsstelle in dem beim VwGH anhängigen Beschwerdefall präjudiziell ist und daß auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, mithin, daß der Verordnungsprüfungsantrag zulässig ist.

b) Wenn diese vorläufige Annahme des VfGH zutrifft, wird er in der Sache zu entscheiden und zu prüfen haben, ob die vom VwGH gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsstelle vorgebrachten Bedenken zutreffen. Bei Lösung dieser Frage wird er anscheinend ua. auch zu untersuchen haben, ob die Verordnungsbestimmung dem §44 WSHG (Text s. oben I.1.b) entspricht, weshalb der VfGH die Gesetzesbestimmungen in diesem - offenbar zulässigen - Verordnungsprüfungsverfahren anzuwenden hat. Der - offenbar eine untrennbare Einheit bildende - §44 WSHG scheint sohin im Verordnungsprüfungsverfahren präjudiziell zu sein.

2. Der VfGH hat gegen die Verfassungsmäßigkeit des §44 WSHG die folgenden Bedenken:

a) §139 der Wr. Stadtverfassung, LGBl. Nr. 28/1968, in der zum Zeitpunkt der Erlassung des WSHG vom 19. Dezember 1972, LGBl. Nr. 9/1973, geltenden Fassung (also idF vor dem Inkrafttreten der Nov. LGBl. Nr. 33/1976), sah für die Vereinbarungen des Landes Wien mit anderen Ländern lediglich folgende Regelung vor:

'Vereinbarungen der Stadt Wien als Land mit anderen Ländern können nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches getroffen werden und sind der Bundesregierung unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.'

b) Wie oben unter 1. a dargetan wurde, geht der VfGH vorläufig davon aus, daß Ländervereinbarungen nur dann für den einzelnen Normunterworfenen Rechtswirkungen entfalten, wenn sie durch eine weitere Rechtsvorschrift zum Bestandteil der Landes-Rechtsordnung gemacht werden. Die Bundesverfassung enthält darüber, auf welche Weise diese (spezielle) Transformation in allgemeinverbindliches Landesrecht zu geschehen hat, keine ausdrücklichen Vorschriften.

Da die (spezielle) Transformation von Ländervereinbarungen nirgendwo geregelt ist, können - wieder VfGH vorläufig annimmt - zur Herstellung des vertraglich angezielten Zustandes nur jene Rechtsquellentypen zur Verfügung stehen, die unabhängig vom Vertragsabschluß zur Herstellung dieses Zustandes eingesetzt werden können (vgl. Rill, Gliedstaatsverträge, Wien-New York 1972, S 451 f.). Bestimmungen einer Vereinbarung über Gegenstände der Gesetzgebung müssen sohin anscheinend durch einfaches Landesgesetz oder Landesverfassungsgesetz transformiert werden, soweit die Vertragsbestimmungen einen Zustand herbeiführen sollen, zu dessen Herstellung unabhängig vom Vertragsabschluß die Erlassung eines einfachen Landesgesetzes bzw. eines Landesverfassungsgesetzes erforderlich ist (vgl. auch hiezu Rill, S 451). Nur dann, wenn auch sonst die Erlassung einer Verordnung zulässig wäre, scheint diese Rechtssatztype eingesetzt werden zu dürfen. Das Verhältnis zwischen Gesetz und Verordnung bestimmt sich dann nach den hiefür allgemein geltenden verfassungsgesetzlichen Regeln.

Auch wenn eine Ländervereinbarung das auslösende Moment für die Erlassung einer landesrechtlichen, allgemein verbindlichen Vorschrift ist, gilt sohin offenbar Art18 B-VG uneingeschränkt, weshalb der Umstand, daß eine Ländervereinbarung vorliegt, nicht dazu führen darf, diesen Verfassungsgrundsatz, von dem für die erwähnten Anlässe keine bundesverfassungsgesetzliche Ausnahme vorgesehen ist, zu unterlaufen.

Der VfGH nimmt daher vorläufig an, daß der wesentliche Inhalt einer - nicht auf Gesetzesstufe stehenden - generellen Landesvorschrift auch dann, wenn sie durch eine Ländervereinbarung ausgelöst ist, vom Landesgesetzgeber vorausbestimmt sein muß. Welche rechtstechnische Methode für den speziellen Transformationsakt immer angewendet werden mag, muß anscheinend stets gewährleistet sein, daß der Inhalt des so entstehenden allgemein verbindlichen Landesrechtes vom Landesgesetzgeber präformiert ist.

c) §44 Abs1 des am 19. Dezember 1972 vom Wr. Landtag beschlossenen WSHG scheint lediglich den Abschluß von Ländervereinbarungen über den Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe vorzusehen, ohne den Inhalt dieser Vereinbarungen auch nur irgendwie zu umschreiben, insbesondere auch nicht, wer im Streitfall über die Verpflichtung zum Kostenersatz zu entscheiden hat.

Anscheinend legen weder der Abs1 des §44 WSHG noch der folgende Abs2, wonach diese Vereinbarungen vom Landeshauptmann im Landesgesetzblatt kundzumachen sind, den wesentlichen Inhalt der Vereinbarung, der das Land Wien in der Folge beigetreten ist (die entsprechende Erklärung wurde am 21. März 1974 abgegeben), fest. Als Konsequenz scheint sich zu ergeben, daß dem Landeshauptmann die - durch Art18 Abs2 B-VG verbotene - 'formalgesetzliche Delegation' erteilt wurde, nach seinem Belieben Wr. Sozialhilfeträger zu verpflichten und andere Sozialhilfeträger zu berechtigen, Kostenersatz für Sozialhilfeleistungen zu erbringen und zu empfangen und auch nach seinem Belieben zu regeln, wie im Streitfall vorzugehen ist. Der VfGH hat also das Bedenken, daß §44 WSHG dem gesetzesstaatlichen Gebot der Bundesverfassung (Art18 B-VG) widerspricht.

d) Wenn jedoch - anders als oben angenommen - dem §44 Abs2 WSHG der Inhalt zukommt, den Landeshauptmann zu ermächtigen, durch seine 'Kundmachung' Ländervertragsrecht in für die einzelnen Normunterworfenen unmittelbar verbindliches Recht auf die Weise zu transformieren, daß dazu nicht die Form der Verordnung, sondern ein Rechtsquellentyp eigener Art einzusetzen ist, so besteht das Bedenken, daß damit ein Verwaltungsorgan dazu berufen wird, eine Rechtssatztype zu gebrauchen, die nach der Bundesverfassung unzulässig ist.

Gegen dieses Verbot scheint §44 WSHG zu verstoßen.

e) Schließlich hat der VfGH das Bedenken, daß §44 Abs2 WSHG - in Widerspruch zu Art101 Abs1 B-VG - nicht die Landesregierung, sondern den Landeshauptmann zur Verordnungserlassung beruft."

4. a) Die Wr. Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Antrag stellt, das Gesetzesprüfungsverfahren mangels Präjudizialität einzustellen, in eventu zu erkennen, daß §44 WSHG verfassungsmäßig ist.

Begründend führt die Wr. Landesregierung aus:

"Das Land Wien ist der Vereinbarung zwischen den Ländern OÖ, Tir. und Vbg. vom 17. Dezember 1973 über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe beigetreten. Dieser Beitritt wurde vom Landeshauptmann von Wien gemäß §44 Abs2 des Wr. Sozialhilfegesetzes im Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/1974 mit Datum vom 21. März 1974 kundgemacht.

Diese Vereinbarung stellte nicht den Akt einer Verordnungserlassung dar, sondern war als Akt der Kundmachung des Beitritts zu einer nach Art107 B-VG geschlossenen Vereinbarung gedacht, und zwar analog der Regelung im Art49 B-VG, wonach Staatsverträge vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundzumachen sind. Diese Kundmachung sollte also einen Akt der generellen Transformation bilden, womit die Vereinbarung innerhalb des Landes als eine auf Gesetzesstufe stehende Rechtsquelle eigener Art unmittelbar anwendbar wird. Folgt man nun aber der im Erk. des VfGH vom 9. Dezember 1982, V37/80, zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, wonach Ländervereinbarungen von der Bundesverfassung nicht als eigene, den einzelnen Normunterworfenen ansprechende Rechtssatztype zugelassen sind, sondern ihr Inhalt nur durch Gesetz oder Verordnung als für den einzelnen verpflichtend und ihn berechtigend erklärt werden kann, so ergibt sich daraus noch nicht ein Verordnungscharakter der gegenständlichen Kundmachung, sondern ließe sich daraus lediglich ableiten, daß unnötigerweise eine das Land Wien als Sozialhilfeträger verpflichtende Vereinbarung im Wr. Landesgesetzblatt kundgemacht wurde. Der Wille zur Erlassung einer auf §44 WSGH gestützten Verordnung war jedenfalls, wie auch schon die Formulierung der Kundmachung zeigt, nicht vorhanden. Vielmehr sollte die geschlossene Vereinbarung nur publiziert werden, was aus der vom VfGH nicht geteilten Rechtsmeinung heraus geschah, daß dadurch die im Art49 Abs1 2. Satz B-VG vorgesehenen Folgen eintreten. Treten diese Folgen (allgemeine Verbindlichkeit) nicht ein, bindet die Vereinbarung weiterhin nur das Land Wien als Sozialhilfeträger. Daraus folgt, daß die Kundmachung kein Verordnungserlaß ist, der sich auf §44 WSHG stützt. §44 WSHG ist daher für das Verordnungsprüfungsverfahren nicht präjudiziell, und es kommt dem VwGH mangels Vorliegens einer Verordnung auch keine Antragslegitimation nach Art139 B-VG zu. Die publizierte Vereinbarung nach Art107 B-VG bzw. Art15a B-VG (nach der Nov. BGBl. Nr. 444/1974) als solche kann gemäß Art138a Abs2 B-VG nur auf Antrag einer beteiligten Landesregierung und nur, wenn dies in der Vereinbarung vorgesehen ist, vor den VfGH gebracht werden.

Sollte aber nach Meinung des VfGH die Kundmachung als Verordnung des Landeshauptmannes von Wien zu werten sein, die daher gemäß Art139 B-VG vom VwGH beim VfGH bekämpfbar ist, so ist diese Verordnung durch §44 Abs1 WSHG gesetzlich gedeckt und hinreichend determiniert. Der Wortlaut des §44 Abs1 WSHG enthält den Auftrag: 'Das Land Wien hat ... Kostenersatz ... zu leisten.' Wenn das Gesetz den Auftrag gibt, Kostenersatz zu leisten, so schließt dies in sich, daß ein Verfahren zur Feststellung des genauen Umfanges der Kosten im Streitfall festgelegt werden muß. Daß im Streitfall über die Verpflichtung zum Kostenersatz die Wr. Landesregierung zur Entscheidung bestimmt ist, ergibt sich aus §132 der Wr. Stadtverfassung, wonach die Vollziehung des Landes im selbständigen Wirkungsbereich des Landes in Wien der Stadtsenat als Landesregierung ausübt. Die Bestimmung des Art7 der angefochtenen Vereinbarung, wonach im Streitfall die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden hat, ist somit verfassungsgesetzlich gedeckt. Die Entscheidung der Landesregierung bezieht sich ausschließlich auf die Frage des Bestandes oder Nichtbestandes einer Kostenersatzpflicht des beanspruchten Sozialhilfeträgers, nämlich des Landes Wien. Durch Art7 der Vereinbarung wird somit der sachliche und örtliche Wirkungsbereich der zur Entscheidung berufenen Landesregierung nicht überschritten. Wäre die Landesregierung, in deren Wirkungskreis der antragstellende Träger liegt, berufen worden, so müßte sie über die Kostenersatzpflicht eines nicht in ihrem örtlichen Wirkungsbereich liegenden Trägers eines anderen Bundeslandes entscheiden. Hinsichtlich der Bedenken gegen eine solche Zuständigkeitsregelung wird auf die diesbezüglichen Argumente von Ponzer: Vereinbarung der Länder über den gegenseitigen Sozialhilfekostenersatz, ÖJZ 1974, S 201 ff. verwiesen."

b) Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Fragen hat der VfGH nicht nur die Wr. Landesregierung zur Abgabe einer Äußerung aufgefordert, sondern auch den anderen Landesregierungen und der Bundesregierung Gelegenheit zur Stellungnahme geboten.

Hievon haben die Ktn., die Sbg. und die Vbg. Landesregierung sowie die Bundesregierung Gebrauch gemacht.

aa) Die Ktn. Landesregierung führt aus:

"1. Problemlage:

Der VfGH hat in dem zur Stellungnahme übermittelten Verfahren den Beschluß gefaßt, §44 des Wr. Sozialhilfegesetzes gem. Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen auf seine Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. In der Begründung dieses Beschlusses und in dem dabei ausdrücklich als richtungsweisend zitierten Erk. vom 9. Dezember 1982, Z V37/80, werden dabei einige grundsätzliche Fragen und Probleme iZm. dem Institut der Vereinbarung nach Art15a B-VG aufgeworfen, deren vorläufige Beantwortung durch den VfGH offensichtlich noch nicht alle in diesem Zusammenhang zu beachtende Aspekte mitberücksichtigt. Es scheint diese vorläufige Beurteilung der Verfassungsrechtslage auf Bundesebene aber auch dem Ausmaß der Gestaltungsfreiheit der Länder, im Rahmen dieser bundesverfassungsrechtlichen Normen noch nicht in jeder Hinsicht voll gerecht zu werden. Eine volle Beachtung dieser Normen unter Bedachtnahme auf das bundesstaatliche Prinzip läßt nämlich in einigen Punkten eine von der vorläufigen Rechtsmeinung des VfGH abweichende Beurteilung zu.

2. Rechtslage in Ktn.:

In Ktn. erfolgte beinahe gleichzeitig mit der Beschlußfassung des Nationalrates über die B-VG Nov. 1974, mit welcher das Institut des Art15a B-VG geschaffen wurde, eine völlige Neufassung der Landesverfassung. (Beschlußfassung im Ktn. Landtag am 5. Juli 1974, Beschlußfassung im Nationalrat am 10. Juli 1974). Man war daher in Ktn. naheliegenderweise bemüht, das Institut der Vereinbarungen, das die B-VG Nov. 1974 im Art15a B-VG schuf, bereits in der Landesverfassung mit zu berücksichtigen und dort jene Voraussetzungen zu schaffen, die eine Nutzbarmachung dieses für den kooperativen Föderalismus so bedeutsamen Instrumentes auch für Ktn. zu ermöglichen. Es wurde in diesem Zusammenhang im Art35 L-VG dem Landeshauptmann die alleinige Zuständigkeit zum Abschluß von Vereinbarungen überantwortet. Dieser Vorbehalt zugunsten des Landeshauptmannes baut auf den Regelungen des Art105 Abs1 B-VG auf und entspricht der herrschenden Lehre, wonach diese Regelung den Landeshauptmann zur staatsrechtlichen Vertretung des Landes bestimmt. Diese Übertragung der alleinigen Abschlußbefugnis für Vereinbarungen nach Art15a B-VG an den Landeshauptmann entspricht weiters dem Grundsatzerlaß des Bundeskanzleramtes betreffend die praktische Vorgangsweise beim Abschluß von Vereinbarungen nach Art15a B-VG vom 9. Mai 1978, GZ 600472/3-VI/2/78.

Neben dieser für das Außenverhältnis zwischen dem Land und anderen Vertragspartnern maßgeblichen Regelung, wurden in der Landesverfassung im Art57 weiters Bestimmungen darüber getroffen, inwieweit der Landeshauptmann beim Abschluß von Vereinbarungen nach Art15a B-VG an einelandesinterne vorausgehende Willensbildung anderer Organe, im besonderen der Landesregierung bzw. des Landtages, gebunden ist.

Diese Bestimmungen im Art57 L-VG sehen nun vor, daß Vereinbarungen des Landes, welche gesetzesergänzenden oder gesetzesändernden Charakter haben, bzw. welche inhaltlich auf die Erlassung oder Änderung von Landesgesetzen hinzielen, zu ihrer verfassungsrechtlichen Wirksamkeit der Zustimmung des Landtages bedürfen. Vereinbarungen, welche keine gesetzesergänzende oder gesetzesändernde Wirkung haben, bzw. nicht auf die Erlassung oder Änderung von Landesgesetzen hinzielen, also Vereinbarungen, deren Inhalt bereits durch den Landesgesetzgeber vorausbestimmt ist, sind dem Landtag zur Kenntnis zu bringen.

Mit diesen Regelungen ist demnach sichergestellt, daß der Abschluß von Vereinbarungen durch den Landeshauptmann, welcher in späterer Folge ein Tätigwerden des Landtages erforderlich macht bzw. substituiert, nicht ohne dessen Zustimmung Wirksamkeit erlangen kann. Der Abschluß von Vereinbarungen, deren Inhalt so ist, daß er gesetzliche Vorschriften nicht berührt bzw. ein Tätigwerden des Landtages nicht erforderlich macht, bedarf keiner Zustimmung des Landtages, es sind ihm jedoch auch solche Vereinbarungen zur Kenntnis zu bringen, um ihn darüber zu informieren, inwieweit das Land gegenüber anderen Ländern bzw. dem Bund Verpflichtungen eingegangen ist.

Es muß in diesem Zusammenhang aber deutlich festgehalten werden, daß mit dem Abschluß von Vereinbarungen keineswegs in die Rechtssetzungsautonomie des Landtages eingegriffen werden kann, gleichgültig, welcher Art eine Vereinbarung des Landeshauptmannes mit anderen Ländern und dem Bund ist, ob sie nun gesetzesergänzend oder gesetzesändernd ist, ob sie auf eine Gesetzesänderung oder -ergänzung hinzielt, oder ob im Landesbereich der Inhalt einer Vereinbarung bereits gesetzlich präformiert ist, es kann der Abschluß einer Vereinbarung keine Bindung des Landtages nach sich ziehen. Es ist vielmehr so, daß dann, wenn der Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit Maßnahmen trifft, die dazu führen, daß ein Widerspruch zu einer bestehenden Vereinbarung entsteht, dann ist das Land allenfalls vereinbarungsbrüchig bzw. ist verpflichtet, eine vereinbarungsmäßige Verpflichtung aufzukündigen, es kann aber auf diese Weise zu keiner Einengung der Rechtssetzungsautonomie des Landtages kommen.

3. Zur Frage der Zulässigkeit einer generellen Transformation von Vereinbarungen:

Die in Ktn. bestehende Rechtslage für Vereinbarungen nach Art15a B-VG schließt - in Zusammenhalt mit den einschlägigen bundesverfassungsrechtlichen Regelungen - offensichtlich nicht aus, daß es Vereinbarungen gibt, welche nicht nur Recht zwischen den Vertragsparteien schaffen, sondern darüber hinaus auch Rechtswirkungen für Rechtsunterworfene erzeugen. Dies steht nun im Widerspruch zu der Rechtsauffassung, wie sie der VfGH iZm. der gegenständlichen Gesetzesprüfung vertritt. Dort wird nämlich - zumindest vorläufig - davon ausgegangen, daß Ländervereinbarungen nur dann für einzelne Normunterworfene Rechtswirkungen entfallen können, wenn sie durch eine weitere Rechtsvorschrift zum Bestandteil der Landesrechtsordnung gemacht werden. Die Begründung, mit der man diese vorläufige Rechtsmeinung untermauert, nimmt nun Bezug auf das besondere Verhältnis zwischen Bundesverfassung und Landesverfassung und ist von der Rechtsmeinung getragen, 'daß Ländervereinbarungen - im Gegensatz zu Staatsverträgen, die von der Republik Österreich mit anderen Völkerrechtssubjekten abgeschlossen werden - von der Bundesverfassung nicht als eigene den einzelnen Normunterworfenen ansprechende Rechtssatztypen zugelassen sind, sondern daß ihr Inhalt nur durch Gesetz oder durch Verordnung als für den einzelnen verpflichtend und ihn berechtigend erklärt werden kann.'

Aus der Sicht des Landes Ktn. ist einederartige Ablehnung der Zulässigkeit einer generellen Transformation von Vereinbarungen nach Art15a B-VG unter alleiniger Bezugnahme auf die Bestimmungen der Bundesverfassung nicht angebracht. Es ist in diesem Zusammenhang zweifelsohne auch die jeweils bestehende Landesverfassungsrechtslage und die in diesem Zusammenhang allgemein anerkannte (relative) Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer mit zu berücksichtigen. Diese (relative) Verfassungsautonomie bedeutet, daß dem Landesverfassungsgesetzgeber durch die Bundesverfassung eine relativ weitgehende Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt wurde, wobei allerdings ein Widerspruch zur Bundesverfassung nicht eintreten darf (vgl dazu Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer, S 20 ff.; Pernthaler, Zeitschrift für Österreichisches Recht 1969, S 361 ff.; Morscher, Rechtliche Probleme bei der Schaffung innerstaatlicher grenzüberschreitender Einrichtungen und Organe durch die österreichischen Bundesländer, S 42). Diese Rechtsmeinungen stehen nun durchaus im Einklang mit der Spruchpraxis des VfGH, der dem Stellenwert des föderalistischen Prinzips der Österreichischen Bundesverfassung durchaus Rechnung trägt und die Verfassungsautonomie der Länder anerkennt (vgl. VfSlg. 6783). Folgerichtig hat der VfGH in seinem Erk. vom 9. Dezember 1982, Z V-37/80-20, in dieser Hinsicht klargestellt, daß 'es den Ländern mangels bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen freigestellt sei, wie sie die zur Aktualisierung der von der Ländervereinbarung intendierten Rechtswirkungen über die Bindung der Vertragspartner hinaus herbeiführen, wie sich aus einer Ländervereinbarung für die Länder als Vertragspartner ergebende Verpflichtungen erforderlichenfalls so umgewandelt (transformiert) werden, daß damit Normunterworfene angesprochen werden, daß sie damit also in gleicher Weise gebunden werden, wie durch sonstige, von Landesorganen zu setzende, an den einzelnen gerichtete Normen'.

Es muß daher als Ergebnis festgestellt werden, daß allein aufgrund der bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen eine generelle Transformation von Ländervereinbarungen in das Landesrecht nicht ausgeschlossen ist und demnach eine derartige generelle Transformationsmöglichkeit der Landesverfassungsgesetzgeber im Rahmen seiner Landesverfassungsautonomie vorsehen kann.

Daß es Fälle geben kann, wo eine derartige generelle Transformation von Vereinbarungsinhalten in die Landesrechtsordnung durchaus sinnvoll und praktikabel ist, mag am Beispiel der Vereinbarungen zwischen dem Bund und dem Land Ktn. über gemeinsame Maßnahmen zur Sicherung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Wald und Wild (BGBl. Nr. 444/1980, bzw. LGBl. Nr. 83/1980) dargestellt werden. Die in dieser Vereinbarung, insbesondere in Art2 verankerten Verpflichtungen zur Zusammenarbeit, welche in den Abs2 und 3 der genannten Bestimmung konkrete Aufträge an die Forst- und Jagdbehörden vorsehen, sind nämlich in der Praxis ohne Dazwischentreten weiterer Rechtsvorschriften wirksam gemacht worden, und zwar sowohl im Bundes- und Landesbereich.

4. Grenzen der generellen Transformation von Vereinbarungen:

Infolge der Tatsache, daß es offensichtlich doch so ist, daß eine generelle Transformation von Vereinbarungen nach Art15a B-VG vom Landesverfassungsgesetzgeber im Rahmen der Wahrnehmung seiner relativen Verfassungsautonomie ermöglicht werden kann, stellt sich natürlich die Frage, inwieweit einer solchen Vorgangsweise Grenzen gesetzt sind. Solche Grenzen ergeben sich infolge der Tatsache, daß die Verfassungsautonomie der Länder nur relativ, dh. insoweit gegeben ist, als damit keine im Widerspruch zum B-VG stehenden Regelungen getroffen werden.

Inwieweit kann es nun bei einer Direktübernahme von Vereinbarungsinhalten in die Landesrechtsordnung zu Widersprüchen mit der Bundesverfassung kommen? Aus den Ausführungen im Unterbrechungsbeschluß ist zu entnehmen, daß man seitens des VfGH vorläufig insofern Bedenken hat, als infolge einer Regelung der speziellen Transformation von Ländervereinbarungen zur Herstellung des vertraglich angestrebten Zustandes nur jene Rechtsquellentypen zur Verfügung stehen, die unabhängig vom Vertragsabschluß zur Herstellung eines solchen Zustandes eingesetzt werden können. Der VfGH geht dabei davon aus, daß Bestimmungen einer Vereinbarung über Gegenstände der Gesetzgebung sohin anscheinend durch einfaches Landesgesetz oder Landesverfassungsgesetz transformiert werden müssen, soweit die Vertragsbestimmungen einen Zustand herbeiführen sollen, für dessen Herstellung unabhängig vom Vertragsabschluß die Erlassung eines einfachen Landesgesetzes bzw. eines Landesverfassungsgesetzes erforderlich ist. Nur dann, wenn auch sonst die Erlassung einer Verordnung zulässig wäre, scheint nach Meinung des VfGH diese Rechtssatztype eingesetzt werden zu dürfen.

Der VfGH nimmt daher vorläufig an, daß der wesentliche Inhalt einer - nicht auf Gesetzesstufe stehenden - generellen Landesvorschrift auch dann, wenn sie durch einer Ländervereinbarung ausgelöst ist, vom Landesgesetzgeber vorausbestimmt sein muß. Welche rechtstechnische Methode für den speziellen Transformationsakt immer angewendet werden mag, muß anscheinend also stets gewährleistet sein, daß der Inhalt des so entstehenden allgemein verbindlichen Landesrechtes vom Landesgesetzgeber präformiert ist.

Diese Auffassung ist natürlich iZm. der vorläufig gegebenen absoluten Ablehnung der Möglichkeit einer generellen Transformation von Vereinbarungsinhalten zu sehen. Wenn diese generelle Ablehnung nun auch, wie bereits oben dargestellt wurde, nicht für überhaupt jede Art von Vereinbarungen aufrechterhalten werden kann, so stellt sich allerdings die Frage, ob es zulässig ist, daß der Landeshauptmann tatsächlich gesetzesändernde oder auch gesetzesergänzende Vereinbarungen schließt, also Vereinbarungen, die unmittelbar Gesetzeswirkung erzeugen. Wenn auch die Bestimmungen der Ktn. Landesverfassung vorsehen, daß Vereinbarungen mit einer derartigen Wirkung nur mit Zustimmung des Landtages wirksam werden können, so muß man sich doch die Frage stellen, inwieweit dies mit Art95 Abs1 bzw. mit Art97 B-VG in Einklang zu bringen ist. Die genannten Bestimmungen übertragen nämlich die Gesetzgebung der Länder ausschließlich den Landtagen bzw. normieren ausdrücklich, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine Norm als Landesgesetz in Wirksamkeit treten kann.

Der Ktn. Landtag ist zwar im Rahmen der Beschlußfassung über die Regelungen in der Ktn. Landesverfassung, die den Abschluß von gesetzesändernden oder gesetzesergänzenden Vereinbarungen durch den Landeshauptmann vorsehen, offensichtlich und in Anlehnung an die gleichartigen Bestimmungen für die Staatsverträge des Bundes davon ausgegangen, daß gleichartige Regelungen für Vereinbarungen im Rahmen der Verfassungsautonomie der Länder zulässig sein müßten, und das durch die zwingende Mitwirkung der Landtage bei der Erzeugung solcher Normen den Bestimmungen des B-VG Genüge getan wird.

Sollte jedoch der VfGH im Rahmen der Beschlußfassung im gegenständlichen Verfahren zu einer anderen Rechtsauffassung kommen, so darf seitens des Landes Ktn. um eine klare Aussage in dieser Richtung ersucht werden, damit es möglich ist, dielandesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen im erforderlichen Maß an die Rechtsauffassung des VfGH anzupassen."

bb) Die Sbg. Landesregierung äußert sich im wesentlichen wie folgt:

"Für die Beantwortung der Frage, ob die Prozeßvoraussetzungen in beiden beim VfGH anhängigen Verfahren gegeben sind - konkret die Legitimation des VwGH zur Stellung eines Antrages gemäß Art139 Abs1 B-VG bezüglich der Kundmachung des Landeshauptmannes von Wien und die Präjudizialität des §44 des Wr. Sozialhilfegesetzes im Gesetzesprüfungsverfahren -, ist entscheidend, ob der Kundmachung des Bürgermeisters von Wien betreffend den Beitritt des Landes zu einer Sozialhilfevereinbarung Verordnungscharakter zukommt. Dies scheint nach Auffassung der Sbg. Landesregierung aus folgenden Gründen nicht der Fall zu sein:

Gemäß §44 Abs2 des Wr. Sozialhilfegesetzes sind die vom Land Wien abgeschlossenen Vereinbarungen über den Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe im Landesgesetzblatt kundzumachen. Vom Wortlaut der Bestimmung her gesehen wird durch sie schlicht und einfach die Kundmachung von solchen abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtend vorgeschrieben. Durch die Verlautbarung der Vereinbarung wird nichts angeordnet oder verbindlich festgestellt, sondern allein zwischen den Vertragspartnern festgelegtes und geltendes Recht publiziert. Daß hier etwas anderes, als eine Verordnung zu verlautbaren, geregelt wird, wird nicht nur durch den Ausdruck kundzumachen nahegelegt und ergibt sich nicht nur aus der ansonsten offensichtlichen Unrichtigkeit des hiezu berufenen Organs, sondern auch daraus, daß es im gegenteiligen Fall dieser Bestimmung des §44 Abs2 im Wr. Sozialhilfegesetz gar nicht bedurft hätte, da zufolge der schon vorstehend zitierten Bestimmung des Gesetzes über das Gesetzblatt der Stadt Wien dieses Publikationsorgan ohnedies Verordnungen des Bürgermeisters als Landeshauptmann oder sonstige Bestimmungen, deren rechtsverbindliche Kraft von der Verlautbarung im Gesetzblatt der Stadt Wien abhängig ist, im Gesetzblatt für Wien zu verlautbaren sind. Unter letztgenannte fällt jedenfalls auch die hier gegenständliche Kundmachung des Landeshauptmannes, wenn man ihr Verordnungscharakter beimessen würde. Hiezu darf vergleichsweise auf die im Land Sbg. geltende Rechtslage hingewiesen werden: §2 des Gesetzes über das Landesgesetzblatt 1946 idF des Gesetzes LGBl. Nr. 72/1975 unterscheidet klar zwischen Vereinbarungen des Landes gemäß Art15a B-VG bzw. Art50 Abs1 des Landes-Verfassungsgesetzes 1945 einerseits und Verordnungen der Landesregierung oder des Landeshauptmannes bzw. deren Kundmachungen, sofern sie rechtsverbindlichen Inhalt haben, andererseits, die danach im Landesgesetzblatt zu verlautbaren sind bzw. verlautbart werden können. Mag auch die Absicht des Wr. Landesgesetzgebers eine andere gewesen sein, nämlich auf einen Akt der Transformation solcher Vereinbarungen in die auch Dritten gegenüber unmittelbar verbindliche Landesrechtsordnung gerichtet, so hat dies im Wortlaut der Bestimmung keinen Niederschlag gefunden. Es wird nicht übersehen, daß §44 Abs1 des Wr. Sozialhilfegesetzes das Land Wien zum Ersatz der Sozialhilfeaufwendungen verpflichtet respektive anderer Sozialhilfeträgern ein Recht auf diesen Ersatz einräumt, und zwar nach Maßgabe der mit anderen Ländern abgeschlossenen Vereinbarungen, und daß zur Verwirklichung dieser Verpflichtung bzw. Ansprüche daher ein weiterer Rechtsakt treten muß, der diese Vereinbarung transformiert. Es zwingt aber keine andere Norm, insbesondere auch keine Aussage des §139 der Wr. Stadtverfassung idF der Nov. LGBl. Nr. 33/1976, nach der Vereinbarungen allenfalls gesetzesändernden bzw. -ergänzenden Charakter haben könnten, zur Annahme, diesen Transformationsakt in der Kundmachung des Landeshauptmannes zu sehen. Gerade daraus, daß nach der eben zitierten Bestimmung der Wr. Stadtverfassung nur solche Vereinbarungen, die auch den Landtag binden sollen - was etwas anderes bedeutet, als daß es sich hiebei um gesetzesändernde oder -ergänzende Vereinbarungen handelt -, im Landesgesetzblatt kundzumachen sind, ist zu schließen, daß die Kundmachung nicht die Transformation der Vereinbarung in die allgemein verbindliche Landesrechtsordnung bewirkt. Würde man dieser Kundmachung einen solchen Inhalt beimessen, wäre die Voraussetzung für die Kundmachungsverpflichtung anders, nämlich bezogen auf die Verbindlichkeit der Vereinbarung auch dem Normunterworfenen gegenüber, zu formulieren gewesen. Dieses Verständnis über die Bedeutung der Kundmachung einer Vereinbarung im Landesgesetzblatt gilt aber auch für Vereinbarungen, die vor der Novellierung des §139 WrStV abgeschlossen worden sind. In der bis dann geltenden Fassung, die im übrigen wörtlich mit der des Art107 B-VG vor der Nov. 1974 übereinstimmte, war die Information der Bundesregierung vom Abschluß einer Ländervereinbarung nicht aber deren Kundmachung im Landesgesetzblatt vorgesehen. Das Fehlen eines solchen Aktes, dem bei Rechtsvorschriften, die auch den einzelnen binden, fundamentale Bedeutung zukommt, muß zu dem Schluß führen, daß von der Verfassung her niemals an Vereinbarungen als eigene, allgemein verbindliche Rechtssatztype gedacht war. Dies herbeizuführen, kann und darf dem §44 Abs2 des Wr. Sozialhilfegesetzes nicht unterstellt werden, zumal ihm auch als bloße Verlautbarungsanordnung selbständige Bedeutung als ergänzende Bestimmung zum Gesetz über das Gesetzblatt für Wien zukommt. Schließlich aber widerspricht die Annahme, in der Kundmachung der Vereinbarung einen Transformationsakt zu sehen, auch dem Gebot einer möglichst verfassungskonformen Interpretation von Rechtsvorschriften, soweit dies ihr Wortlaut zuläßt. Wenn außerdem der VfGH in dem im Verfahren V37/80 ergangenen Erk. ausführt, daß eine Vereinbarung nur die Vertragsparteien bindet, mit ihr aber keine allgemeine Verbindlichkeit verbunden sei, so folgt daraus, daß auch der Kundmachung einer solchen Vereinbarung mangels gegenteiliger gesetzlicher Aussage keine derartige Bedeutung zukommen kann.

Das anhängige Gesetzesprüfungsverfahren bezüglich §44 des Wr. Sozialhilfegesetzes wäre daher mangels Präjudizialität einzustellen, und der Antrag des VwGH auf Aufhebung der Kundmachung des Landeshauptmannes von Wien, LGBl. Nr. 9/1974, mangels Legitimation desselben zurückzuweisen."

cc) Die Vbg. Landesregierung vertritt folgende Meinung:

"1. Der VfGH geht in seinem oben genannten Beschluß vorläufig davon aus, daß Ländervereinbarungen nur dann für den einzelnen Normunterworfenen Rechtswirkungen entfalten, wenn sie durch eine weitere Rechtsvorschrift zum Bestandteil der Landesrechtsordnung gemacht werden. Eine generelle Transformation solcher Vereinbarungen ist nach der vorläufigen Ansicht des VfGH letztlich deswegen unzulässig, weil eine bundesverfassungsrechtliche Grundlage für eine solche Möglichkeit fehle.

2. Dieser vorläufigen Ansicht des VfGH stehen nach Auffassung der Vbg. Landesregierung das zur rechtlichen Grundordnung des österreichischen Staates zählendebundesstaatliche Prinzip sowie der in der Rechtsprechung (vgl. VfGH Erk. Slg. Nr. 6783/1972) und Lehre anerkannte Grundsatz der Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer entgegen. Der aus diesen Grundsätzen resultierende Gestaltungsspielraum für die Länder bietet den Landesverfassungsgesetzgebern die Möglichkeit, eine generelle Transformation von Ländervereinbarungen vorzusehen. Auf die Punkte I.1. und 2. der Äußerung der Vbg. Landesregierung vom 17. Feber 1981, PrsG-4002, zum Verfassungsgerichtshofverfahren V37/80-3 wird an dieser Stelle verwiesen (vgl. auch Öhlinger, Verträge im Bundesstaat, 1978, S 61).

3. Im Punkt I.6. der genannten Äußerung der Vbg. Landesregierung wurde auch auf die Bedeutung hingewiesen, die dem Umstand zukommt, daß für den Vorgänger des derzeit in Kraft befindlichen Art15a Abs2 B-VG betreffend die horizontalen Konkordate, nämlich für den inzwischen außer Kraft getretenen, mit der geltenden Regelung inhaltlich aber übereinstimmenden Art107 B-VG die Schweizerische Regelung Vorbild war. In der Schweiz können aber interkantonale Vereinbarungen objektives Recht auch unmittelbar begründen (vgl. Öhlinger, aaO, S 50 sowie Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1972, S 607).

4. Tatsächlich sehen auch die Landesverfassungen von Ktn. und Tir. die Möglichkeit der generellen Transformation von Ländervereinbarungen nach Art15a B-VG vor.

5. Auch die Lehre steht der Möglichkeit einer generellen Transformation von Vereinbarungen nach Art15a B-VG überwiegend positiv gegenüber (Morscher, Rechtliche Probleme bei der Schaffung innerstaatlicher grenzüberschreitender Einrichtungen und Organe durch die österreichischen Bundesländer, 1978, S 107; Öhlinger aaO, insbesondere S 70 ff.; Rill - Schäffer, Die Rechtsnormen für die Planungskoordinierung seitens der öffentlichen Hand auf dem Gebiete der Raumordnung, 1975, S 62; Walter, aaO, S 607; Walter - Mayer, Grundriß des Österreichischen Bundesverfassungsgsrechtes, 1976,

S 216; Ermacora, Bundesverfassungsgesetznovelle 1974, JBl. 1975,

S 22 ff.).

6. Die Ausführungen des VfGH in seinem Erk. vom 9. Dezember 1982, V37/80, können mit den obigen Feststellungen in Einklang gebracht werden. So hält der VfGH fest, daß es mangels bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen den Ländern freigestellt ist, wie sie die zur Aktualisierung der von der Ländervereinbarung intendierten Rechtswirkungen über die Bindung der Vertragspartner hinaus herbeiführen. Nach der Bundes(!)-Verfassung (allein) könnten Ländervereinbarungen jedenfalls nicht eine den Normunterworfenen bindende generelle Rechtsnorm sein. In diesem Zusammenhang ist auch am Rande das auf S 12 oben des Beschl. des VfGH vom 12. Dezember 1982, V38/81-15, enthaltene Zitat von Rill, Gliedstaatsverträge, 1972, S 451, klarzustellen. Die Begründung für die dort gezogene Schlußfolgerung ist nicht, daß 'die (spezielle) Transformation von Ländervereinbarungen nirgendwo geregelt ist', sondern daß 'die Transformation' solcher Vereinbarungen 'nirgendwo speziell geregelt ist'.

Die folgenden Ausführungen gelten für den Fall, daß die letzte Feststellung des VfGH allgemein und unabhängig von einer besonderen landesverfassungsrechtlichen Regelung gelten sollte: Ein wesentliches Argument für den VfGH ist die Gewährleistung des unbeschränkten Rechtsschutzes für den einzelnen gegen rechtswidrige generelle Normen. Folgt man nicht den in der Lehre für dieses Rechtsschutzproblem aufgezeigten Lösungsvorschlägen (vgl. Rill - Schäffer, aaO, S 62 und Öhlinger, aaO, S 56 ff. sowie die dort angeführten Literaturhinweise), so ist nach Ansicht der Vbg. Landesregierung eine Differenzierung vorzunehmen, ob die Vereinbarung primär Privatpersonen oder primär Organwalter verpflichtet. Bei den Vereinbarungen, die lediglich Organwalter verpflichten, entfällt das allfällige Hindernis eines Rechtsschutzmangels, sodaß jedenfalls für solche Vereinbarungen eine generelle Transformation zulässig wäre (vgl. Öhlinger, aaO, S 57 ff. und S 72). Dieses Ergebnis erscheint auch mit der oben angeführten Ansicht aus dem Erk. V37/80 vereinbar, welche sich offensichtlich auf Vereinbarungen mit an den einzelnen gerichteten Normen bezieht."

dd) Die Bundesregierung gibt folgende Stellungnahme ab:

"I.

Nach Auffassung der Bundesregierung spricht einiges für die auf S 7 des Beschl. des VfGH vom 16. Dezember 1982, V38/81-15, wiedergegebene Rechtsmeinung des Landes Wien, derzufolge die Kundmachung LGBl. Nr. 9/1974 einen Akt der generellen Transformation der Vereinbarung gem. Art107 B-VG, idF vor der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974, darstelle, womit diese Vereinbarung innerhalb des Landes als eine Rechtsquelle eigener Art unmittelbar anwendbar werde.

Eine Stütze könnte diese Rechtsmeinung insbesondere in den EB zu §44 des Entwurfes eines Landesgesetzes über die Regelung der Sozialhilfe, Beilage Nr. 17/72, finden, der dem §44 des Gesetzesbeschlusses vom 19. Dezember 1972 über die Regelung der Sozialhilfe (Wr. Sozialhilfegesetz - WSHG) entspricht. Die EB führen im hier maßgeblichen Zusammenhang folgendes aus:

'... Die nach Art107 B-VG zu schließenden Vereinbarungen werden einen für die Vollziehung unmittelbar anwendbaren Inhalt haben, sodaß es keiner Umsetzung in Landesgesetze und Landesverordnungen bedarf, sondern analog den Staatsverträgen nur die Kundmachung der Vereinbarung durch den Landeshauptmann im Landesgesetzblatt erforderlich ist ...'

Bei historischer Auslegung spricht also einiges dafür, §44 WSHG iS einer landesgesetzlichen Ermächtigung zur generellen Transformierung von Vereinbarungen gemäß Art107 B-VG idF vor der Bundes-Verfassungsgesetznov. 1974, und damit zur Schaffung unmittelbar anwendbarer landesrechtlicher Vorschriften zu deuten.

II.

Die Bundesregierung teilt die vom VfGH im Erkenntnis vom 9. Dezember 1982, V 37-80-20, vertretene Auffassung, daß Ländervereinbarungen also solche nur die Vertragsparteien, also ausschließlich die Bundesländer, berechtigen und verpflichten, nicht aber eine den Normunterworfenen bindende generelle Rechtsnorm sein können. Demgemäß verpflichtet der Inhalt solcher Ländervereinbarungen - nach übereinstimmender Auffassung des VfGH und der Bundesregierung - den Normunterworfenen nur dann, wenn er durch Gesetz oder durch Verordnung als für ihn verpflichtend erklärt wird, wobei Geltungsgrund dieser bindenden Vorschriften dann nicht die Vereinbarung, sondern das Gesetz oder die Verordnung ist, selbst wenn diese nur den Text der Vereinbarung wörtlich übernehmen.

Die Bundesregierung hält ferner auch die vom VfGH offenbar vertretene Rechtsmeinung, daß diese Überlegungen auch für Ländervereinbarungen iS des Art107 B-VG, idF vor der Bundes-Verfassungsgesetznov. 1974, gelten müßten, für vertretbar. Es ist freilich einzuräumen, daß die bis zum Inkrafttreten dieser bundesverfassungsrechtlichen Vorschrift maßgebliche Rechtslage wegen ihrer Lückenhaftigkeit einigermaßen unklar war (vgl. hiezu Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, S 606 f.).

Unter Zugrundelegung dieser vom VfGH im Erk. V37/80 entwickelten und im Beschluß vom 16. Dezember 1982, V38/81-15, wiederholten Rechtsmeinung müßten aber gegen die Bestimmung des §44 WSHG, wenn ihr der unter Punkt I dieser Äußerung angenommene Inhalt zukommt, die vom VfGH im Punkt II.2.d des eben erwähnten Unterbrechungsbeschlusses dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

III.

Die Bundesregierung will jedoch nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß §44 WSHG von seinem Wortlaut her durchaus auch eine verfassungskonforme Deutung zuließe. Dies dann, wenn Abs2 dieser Bestimmung ausschließlich als eine Kundmachungsvorschrift - und nicht etwa landesgesetzliche Ermächtigung zur generellen Transformation einer Ländervereinbarung iS des Art107 B-VG, idF vor der Bundes-Verfassungsgesetznov. 1974 -, gesehen wird. Dies hätte zur Folge, daß infolge des Fehlens eines entsprechenden Transformationsaktes der Beitritt des Landes Wien zur Vereinbarung zwischen den Ländern OÖ, Tir. und Vbg. über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe - über die Verbindlichkeit für das Land Wien als Vertragspartner hinaus - für Dritte noch keine Rechtswirkungen entfaltet hätte.

IV.

Insgesamt betrachtet meint die Bundesregierung, daß die Deutung des §44 Abs2 WSHG als Ermächtigung zur generellen Transformation von Ländervereinbarungen gemäß Art107 B-VG, idF vor der Bundes-Verfassungsgesetznov. 1974, bzw. als bloße Kundmachungsvorschrift für solche Ländervereinbarungen und damit die Deutung der Kundmachung LGBl. Nr. 9/1974 als generelle Transformation einer solchen Vereinbarung bzw. als deren bloße Kundmachung ohne Rechtswirkungen für Dritte, um einiges plausibler sind als die vom VwGH vorgenommene Deutung dieser Kundmachung als Verordnung. Müßte doch unter Zugrundelegung der vom VwGH vertretenen Rechtsmeinung nicht nur die äußere Form dieses Rechts(setzungs)aktes, sondern auch der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung, auf die er sich ausdrücklich beruft und schließlich auch die offenkundige Absicht, die mit dieser gesetzlichen Regelung verbunden war, außer Betracht bleiben. In die gleiche Richtung würde im übrigen auch die Argumentation aus dem vom VfGH zitierten §2 Abs1 des Landesgesetzes über das Gesetzblatt der Stadt Wien, LGBl. Nr. 1/1945, laufen. Zufolge dieser Vorschrift ist dieses Gesetzblatt ua. zur Verlautbarung der Verordnungen des Bürgermeisters als Landeshauptmann berufen. Hätte nun der Gesetzgeber des §44 Abs2 WSHG eine Ermächtigung zur Verordnungsgebung vor Augen gehabt, so muß ihm unterstellt werden, daß er diesfalls auf eine gesonderte Kundmachungsnorm verzichtet hätte.

Die Bundesregierung meint daher, daß der Antrag des VwGH in Ermangelung einer seiner Anfechtungslegitimation unterliegenden Rechtsnorm zurückzuweisen wäre, und zwar selbst dann, wenn der VfGH unter Zugrundelegung der in Punkt II dieser Änderung entwickelten Rechtsmeinung zum Ergebnis käme, daß die verfahrensgegenständliche landesgesetzliche Regelung gegen das verfassungsrechtliche Verbot verstößt, ein Verwaltungsorgan zu ermächtigen, eine Ländervereinbarung mittels einer nach der Bundesverfassung unzulässigen Rechtssatztype in für die einzelnen Normunterworfenen unmittelbar verbindliches Recht zu transformieren, und daher aufzuheben wäre."

II.

Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens erwogen:

1. Zunächst ist zu klären, ob der VfGH die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung (§44 WS HG) bei Entscheidung über den vom VwGH gestellten Verordnungsprüfungsantrag iS des Art140 Abs1 B-VG anzuwenden hat.

Dies ist der Fall:

Der VfGH wird im Verordnungsprüfungsverfahren V38/81 vorerst zu untersuchen haben, ob der vom VwGH gestellte Antrag zulässig ist. Voraussetzung hiefür ist ua., daß sich der Antrag tatsächlich - wie der VwGH meint - gegen eine Verordnung richtet.

Der VfGH wird also im Verordnungsprüfungsverfahren die - zwischen den Parteien strittige - Frage zu lösen zu haben, welche Rechtsqualität der bekämpften Bestimmung zukommt, ob sie etwa die bloße Publikation der Tatsache des Abschlusses der Sozialhilfevereinbarung (einer Ländervereinbarung), also eine Information der Bevölkerung ohne irgendwelche Rechtsfolgen ist, oder ob sie etwa in der Rechtsform einer Verordnung die Transformation der Ländervereinbarung in geltendes "internes Landesrecht" verfügt.

Diese Frage läßt sich nur aufgrund des §44 WSHG klären, auf dessen Abs2 sich die WSHKdm. ausdrücklich beruft; diese Gesetzesbestimmung ist also vom VfGH im Anlaßverfahren schon bei Lösung der Zulässigkeitsfrage anzuwenden.

Der - eine untrennbare Einheit bildende - §44 WSHG ist mithin zur Gänze präjudiziell in der Bedeutung des Art140 Abs1 B-VG.

2. Auch die übrigen Prozeßvoraussetzung des von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens sind gegeben. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig. Es ist deshalb zu erörtern, ob die im Einleitungsbeschluß enthaltenen Bedenken zutreffen.

III.

In der Sache hat der VfGH erwogen:

1. a) Die wiederholt erwähnte Vereinbarung zwischen den Ländern OÖ, Tir. und Vbg. wurde am 13./14./17. Dezember 1973 abgeschlossen. Der Beitritt des Landes Wien zu dieser Vereinbarung wurde am 21. März 1974 erklärt und am 22. Juni 1974 wirksam. All diese Vorgänge ereigneten sich noch während der Geltung des Art107 B-VG idF vor der Nov. BGBl. Nr. 444/1974.

Aber auch solche Vereinbarungen der Länder untereinander, die bereits vor dem Inkrafttreten dieser Nov. abgeschlossen wurden, sind nach der neuen Verfassungsrechtslage (also nach Art15a Abs2 B-VG idF der Nov. BGBl. Nr. 444/1974) zu beurteilen (s. VfGH 9. Dezember 1982 V37/80).

b) Die Ländervereinbarungen berechtigen und verpflichten als solche nur die Vertragsparteien, also ausschließlich die Bundesländer (s. auch hiezu VfGH 9. Dezember 1982 V37/80). Welches Organ unter welchen Voraussetzungen eine Ländervereinbarung abschließen darf, ist hier unerheblich und daher nicht zu erörtern.

Zu klären ist vielmehr, auf welche Weise die von einer Ländervereinbarung intendierten Rechtswirkungen über die Bindung der Vertragspartner hinaus verfassungskonform zu aktualisieren sind, wie sohin die sich aus der Ländervereinbarung für die Länder als Vertragspartner ergebenden Verpflichtungen erforderlichenfalls so umgewandelt (transformiert) werden, daß damit Dritte (hier: Sozialhilfeträger) angesprochen werden, daß also damit andere Rechtsträger (künftig: Normunterworfene) in gleicher Weise gebunden werden wie durch sonstige, von Landesorganen zu setzende, an den einzelnen gerichtete Normen.

c) Über die Eingliederung von Staatsverträgen, die zwischen der Republik Österreich und anderen Völkerrechtssubjekten abgeschlossen werden, in das österreichische Rechtssystem enthält das B-VG ausdrückliche Regelungen (s. insbesondere Art49, 50, 65 und 140a); Staatsverträge entfalten mit ihrer Kundmachung "innerstaatliche" Rechtswirkungen, also Wirkungen für den Rechtsunterworfenen, wobei die Kundmachung (im Bundesgesetzblatt) ein Teil des Rechtssetzungsaktes ist. Staatsverträge sind - neben Gesetzen und Verordnungen - eine Rechtsquelle eigener Art.

Im Gegensatz dazu enthält die Bundesverfassung derartige Regeln für Vereinbarungen nach Art15a B-VG nicht: Die Bundesverfassung sieht die Transformation von Ländervereinbarungen nicht vor. Sie kann daher nicht Grundlage für eine landesgesetzliche Bestimmung sein, die eine solche Transformation (explizit oder implizit) verfügt.

Insbesondere kann dem Wortlaut des Art15a B-VG ein den Art49 und 50 B-VG gleichartiger Inhalt nicht entnommen werden. Dagegen sprechen vor allem die Erl. zur RV, betreffend die nachmalige B-VG-Nov. BGBl. Nr. 444/1974 (182 BlgNR, XIII. GP, S 19). Es heißt dort zu Art15a B-VG, daß diese Vereinbarungen

"nicht unmittelbar verpflichtend für den Rechtsunterworfenen (seien). Der Inhalt solcher Vereinbarungen wird vielmehr in Gesetzgebungsakte oder - soweit dafür gesetzliche Grundlagen bestehen, da diese durch eine Vereinbarung nicht ersetzt werden können - in Verwaltungsakte umgesetzt werden müssen."

Zwar steht den Ländern gemäß Art99 B-VG die Verfassungsautonomie zu; die Länder können in der Landesverfassung Fragen der Aufbau- und der Ablauforganisation des Landes gestalten; sie dürfen hiebei detaillieren, was im B-VG in den Grundzügen vorgezeichnet ist und in ihren Verfassungen darüber hinaus alle vom B-VG nicht angesprochenen Belange regeln. Nicht aber darf die Landesverfassung gegen Grundsätze verstoßen, die im B-VG festgelegt sind.

Einer dieser Grundsätze ist die Beschränkung auf die von der Bundesverfassung ausdrücklich vorgesehenen oder aber vorausgesetzten Typen genereller Rechtsnormen. Ländervereinbarungen sind nun - wie ausgeführt - in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich als Rechtsquellentyp eigener Art vorgesehen. Sie wurden von ihr auch nicht historisch vorgefunden.

Vor allem aber spricht gegen die Annahme, daß das Land im Rahmen seiner Verfassungsautonomie Ländervereinbarungen im Wege der generellen Transformation (Adoption - vgl. Öhlinger, Verträge im Bundesstaat, Wien 1978, S 42, Anm. 149) in internes Landesrecht (so wie der Bund - auf die in den Art49 und 50 B-VG vorgesehene Art - Staatsverträge in innerstaatliches Recht) umgießen darf, die nach Art138a Abs2 B-VG sehr beschränkte Möglichkeit, die Entscheidung des VfGH über eine Ländervereinbarung herbeizuführen (s. hiezu VfGH 9. Dezember 1982 V37/80, S 10, letzter Absatz; vgl. auch Öhlinger, aaO, S 55 ff.).

Auch die Geschlossenheit des Rechtsschutzsystems bei generellen Rechtsnormen ist ein Grundsatz der Bundesverfassung, der durchbrochen würde, wenn Ländervereinbarungen als Rechtsquelle eigener Art eingesetzt würden. Die Normunterworfenen hätten - träfe diese Annahme zu - keine Möglichkeit, die Ländervereinbarung auf ihre Rechtmäßigkeit durch den VfGH überprüfen zu lassen, obgleich diesfalls die Ländervereinbarung die Normunterworfenen unmittelbar berechtigte und verpflichtete. Eine solche Möglichkeit für den Normunterworfenen aufgrund des Art138a B-VG ist ausgeschlossen; sie kann aber auch nicht durch eine erweiternde (nämlich analoge) Auslegung der dem VfGH sonst noch Zuständigkeiten zuweisenden Bestimmungen (etwa der Art139 bis 140a B-VG) begründet werden.

Daraus folgt, daß - entgegen von Meinungen, die in diesem Gesetzesprüfungsverfahren geäußert wurden (s. oben I.4.b) und entgegen dem Ergebnis, dem Öhlinger (aaO insbesondere S 39 ff., 61, 70 ff.) zuneigt - der Landesverfassungsgesetzgeber nicht berufen ist, eine Ländervereinbarung als eigenen, der Erzeugung von generellen - Normunterworfene bindenden - landesrechtlichen Normen dienenden Rechtsquellentypus vorzusehen. Die Frage der Erzeugungsregeln für lediglich Organe des Landes ansprechende Normen kann hier unerörtert bleiben (s. hiezu Öhlinger, aaO, S 58).

d) All dies jedoch bedeutet, daß von Verfassungs wegen zur Herstellung des von der Ländervereinbarung angezielten Zustandes nur jene Rechtsquellentypen zur Verfügung stehen, die unabhängig vom Vertragsabschluß zur Herstellung dieses Zustandes eingesetzt werden dürfen (vgl. Rill, Gliedstaatsverträge, Wien 1972, S 451 f.). Bestimmungen einer Vereinbarung über Gegenstände der Gesetzgebung müssen sohin durch einfaches Landesgesetz oder Landesverfassungsgesetz transformiert werden, soweit die Vertragsbestimmungen einen Zustand herbeiführen sollen, zu dessen Herstellung unabhängig vom Vertragsabschluß die Erlassung eines einfachen Landesgesetzes oder eines Landesverfassungsgesetzes erforderlich ist (vgl. auch hiezu Rill, S 451). Nur dann, wenn auch sonst die Erlassung einer Verordnung zulässig wäre, darf diese Rechtssatztype eingesetzt werden. Das Verhältnis zwischen Gesetz und Verordnung bestimmt sich dann nach den hiefür allgemein geltenden verfassungsgesetzlichen Regeln.

e) Da die Bundesverfassung in dieser Hinsicht dem Landesverfassungsgesetzgeber keinen Rahmen vorgibt, steht es ihm frei, die rechtstechnische Methode zu bestimmen, mit der die Umwandlung von Ländervereinbarungen in allgemein verbindliches Landesrecht zu erfolgen hat (s. Öhlinger, aaO, S 42, 45).

Wesentlich ist es in jedem Fall - welche rechtstechnische(n) Methode(n) für den Transformationsakt die Landesverfassung immer vorschreibt - zu gewährleisten, daß der Inhalt des so entstehenden generellen Landesrechtes durch formelles Landesgesetz präformiert ist.

2. Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Überlegungen erweisen sich die vom VfGH im Einleitungsbeschluß enthaltenen sekundären Bedenken - daß nämlich §44 WSHG eine der Bundesverfassung widersprechende Methode der Rechtserzeugung vorsieht - als begründet:

Aus dem Wortlaut des Abs2 des §44 WSHG und aus dem Zusammenhang mit dem vorangehenden Abs1 ergibt sich, daß damit ein dem Art49 und 50 B-VG gleichender Rechtserzeugungsprozeß angeordnet wird, also das Schaffen von Landesrecht, das (auch) für Normunterworfene unmittelbar bindend ist, durch Abschluß einer Ländervereinbarung mit nachfolgender Kundmachung im Landesgesetzblatt, wobei die Publikation die Bedeutung eines unselbständigen Teilaktes des Rechtssetzungsverfahrens (gleich der Publikation eines Gesetzes) hat (vgl. Öhlinger, aaO, S 43, 48).

Mögliche Zweifel gegen diese Auslegung der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen werden durch die im Abschnitt I der Äußerung der Bundesregierung (s. oben I.4.b dd) zitierten Erläuternden Bemerkungen zu §44 des Entwurfes des WSHG beseitigt.

Daß die Bundesverfassung nach dem oben unter III.1. Gesagten dieser Form, die Verbindlichkeit der Ländervereinbarung für Normunterworfene herzustellen, entgegensteht, ändert an dem soeben festgestellten Inhalt des §44 WSHG nichts, da eine andere Interpretation dieser Bestimmung ausgeschlossen ist und - entgegen der Position, die den im Einleitungsbeschluß primär geäußerten Bedenken zugrunde liegt - auch wenn eine verfassungswidrige Rechtserzeugungsregel die von ihr gewollten Wirkungen entfaltet, solange sie nicht (etwa als Ergebnis eines Gesetzesprüfungsverfahrens durch den VfGH) aus der Rechtsordnung beseitigt wird.

Es treffen also die vom VfGH unter Punkt 2. d des Einleitungsbeschlusses (s. oben I.3.) sekundär geäußerten Bedenken zu, daß nämlich die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung eine Methode der Rechtsschöpfung vorschreibt, die der Bundesverfassung deshalb widerspricht, weil §44 WSHG eine von dieser nicht erlaubte Rechtsquellentype installiert.

§44 WSHG ist sohin als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.

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