JudikaturVfGH

B115/86 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
15. März 1986

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung:

1. Die vorliegende "Beschwerde gemäß Art144 B-VG und den §§82 ff. VfGG" wendet sich gegen die V des Gemeinderates der Gemeinde Brunnenthal/Bezirk Schärding/OÖ vom 29. November 1985, betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution. Diese V sei den Bf. am 13. bzw. am 16. Dezember 1985 zugestellt worden. Die Einschreiter behaupten, in bestimmten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, dies ua. deshalb, weil die angefochtene Erledigung eine verschleierte Verfügung in Verordnungsform sei.

Die Einschreiter stellen die Anträge,

"der VfGH möge

a) der Beschwerde gemäß §85 Abs2 VfGG aufschiebende Wirkung zuerkennen;

b) die angefochtene Verordnung gemäß §87 VfGG als verfassungswidrig aufheben;

c) erkennen, der Bund (Gemeinde Brunnenthal) ist schuldig, die uns durch das verfassungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen;

oder

d) für den Fall daß der VfGH keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts feststellt, die Beschwerde gemäß Art144 Abs2 B-VG und §87 Abs3 VfGG an den VwGH abtreten."

2. a) Die vorliegende Eingabe ist - wie sich aus ihrem Wortlaut und ihrem Sinn eindeutig ergibt - als Beschwerde iS des Art144 B-VG zu qualifizieren.

Eine derartige Beschwerde kann nach Art144 Abs1 B-VG nur gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person erhoben werden.

Der angefochtene Beschluß des Gemeinderates vom 29. November 1985 ist nun kein solcher Verwaltungsakt, sondern ist als V, und zwar als DurchführungsV zu §2 Abs2 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl. 36/1979, idF der Novelle LGBl. 94/1985 einzustufen.

Anzumerken ist, daß es sich hiebei nicht - wie die Bf. meinen - um eine unzulässige "verschleierte Verfügung in Verordnungsform" handelt, sondern daß im Gesetz verfassungsrechtlich unbedenklich angeordnet wird, derartige Beschlüsse in Verordnungsform zu erlassen (vgl. die Rechtsprechung des VfGH zur vorher geltenden Bestimmung, nämlich zu §2 Abs3 Oö. PolStG in der Stammfassung, zB VfSlg. 10184/1984, 10185/1984, 10186/1984, 10187/1984).

Es ist daher unzulässig, die ProstitutionsV Brunnenthal mit Beschwerde nach Art144 B-VG zu bekämpfen. Sie könnte jedoch - sofern die Antragslegitimation gegeben ist - mit Antrag nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG angefochten werden (vgl. zB VfSlg. 9042/1981, 9253/1981, 9254/1981, 10185/1984).

Die vorliegende Beschwerde war demnach zurückzuweisen.

b) Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den VfGH in Betracht kommt.

Rückverweise